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Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz

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Mindestanforderungen an das Credit Management

in der Kundeninsolvenz

Version: 1.0

Stand: 2022

Bundesverband Credit Management e.V.


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Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz


Mindestanforderungen an das Credit Management

in der Kundeninsolvenz

Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz

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Impressum

1. Auflage, Version 1.0 | 2022

© 2022 Bundesverband Credit Management e.V.

Angelika Fromme CCM, Katja Janning, Rudolf Keßler CCM, Felix Koch, RA Matthias Marzluf,

Denise-Christine Röhner, Bettina Schindowski, RA Michael Schmidt

Die Mindestanforderungen dienen zu Informationszwecken und stellen keine Rechtsberatung dar.

Sie können insbesondere keine individuelle rechtliche Beratung ersetzen, welche die Besonderheiten

des Einzelfalles berücksichtigt.

Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne

Zustimmung des Bundesverband Credit Management e.V. unzulässig. Dies gilt

insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen

und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen.

Stand: 2022

Schutzgebühr: 49,50 €

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Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz


Impressum

Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz

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Inhaltsverzeichnis

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Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Vorwort 9

1.

2.

3.

4.

5.

6.

Abkürzungsverzeichnis

Glossar

Grundsätze

Mitarbeiter

Steuerung

Prozesse

Verbraucherinsolvenzverfahren (§§ 302 ff. InsO)

Insolvenzanfechtung

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11

12

12

12

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21

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Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz

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Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz


Vorwort/ Zielsetzung

Vorwort/ Zielsetzung

EinewichtigeundherausforderndeAufgabeimCreditManagement ist dieBegleitungeinerInsolvenzunddieDurchsetzung

von rechtlich legitimierten Ansprüchen.

Gerade hier liegen viele Chancen, um die Verluste für das Unternehmen – trotz einer Insolvenz – durch uneinbringliche

Forderungen zu minimieren.

Die Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz sollen dabei helfen, alle notwendigen

Maßnahmen zu ergreifen, um den rechtlichen Vorgaben zu genügen und jede Möglichkeit zu nutzen, den Schaden so

klein wie möglich zu halten. Dabei haben die Verfasser Wert darauf gelegt, die einzelnen Punkte kurz und knapp zu

formulieren, um in der betrieblichen Organisation die Insolvenzabwicklung in das tägliche Geschäft einbinden zu können.

Bei komplexeren juristischen Sachfragen sollte daher nach wie vor auf externe juristische Expertise zurückgegriffen

werden.

Die Mindestanforderungen beziehen sich nur auf die Rechtslage für Insolvenzverfahren, die in Deutschland durchgeführt

werden.

Für ausländische Insolvenzverfahren gelten die jeweiligen nationalen Regelungen, hier ist unbedingt zu beachten, dass

ausländische Verfahrensordnungen teilweise strengere Ausschlussfristen für die Forderungsanmeldung beinhalten

können. Im Zweifelsfall empfiehlt sich unbedingt, fachkundigen Rat einzuholen.

Einen ersten Überblick zu ausländischen Regelungen findet man auf nachfolgender Seite der EU:

https://e-justice.europa.eu/447/DE/insolvencybankruptcy?clang=de

Wir hoffen, dass die Mindestanforderungen in der Kundeninsolvenz den gleichen Erfolg haben wie die Mindestanforderungen

an das Credit Management (MaCM).

Wir bedanken uns für das Mitwirken bei folgenden Kolleginnen und Kollegen: Angelika Fromme CCM, Katja Janning,

Rudolf Keßler CCM, Felix Koch, Denise-Christine Röhner und Bettina Schindowski.

Rudolf Keßler CCM

Präsident

RA Michael Schmidt

Arbeitskreisleiter Insolvenzpraxis

Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz

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Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abs.

Absatz

CM

Credit Management

etc.

et cetera

ff.

fortfolgend

ggf.

gegebenenfalls

i.d.R.

in der Regel

InsO

Insolvenzordnung

MaCM

Mindestanforderungen an das Credit Management

u. a.

unter anderem

z.B.

zum Beispiel

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Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz


Glossar

Glossar

Absonderungsrecht

Aussonderungsrecht

Anfechtung

(§§ 129ff InsO)

Bargeschäft

(§ 142 InsO)

Berichtstermin

Eigenverwaltung

(§§ 270 ff InsO)

Insolvenzbekanntmachungen

Insolvenzquote

Insolvenztabelle

(§ 175 InsO)

Masselosigkeit

Masseunzulänglichkeit

Prüfungstermin

gewährt einem Gläubiger eine bevorzugte Befriedigung aus einem zur Insolvenzmasse

gehörenden Gegenstand oder Recht (z.B. bei Sicherungsübereignung oder Sicherungsabtretung)

gewährt dem Gläubiger das Recht zur Herausgabe aus der Insolvenzmasse (z.B. Eigentumsvorbehalt)

rechtliches Instrumentarium für den Insolvenzverwalter, ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen

an einzelne Gläubiger vor Insolvenzeröffnung zugunsten der Insolvenzmasse rückgängig

zu machen

Möglichkeit zur Verringerung des Anfechtungsrisikos bei Geschäften mit insolvenzgefährdeten

Unternehmen

erste Gläubigerversammlung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Verwalter stellt wirtschaftliche

Lage dar, wird in der Regel mit dem Prüfungstermin verbunden

Sonderinsolvenzverfahren, bei dem Schuldner unter Aufsicht eines Sachwalters das Unternehmen

im (vorläufigen) Insolvenzverfahren selbst verwaltet

Durch das Bundesamt für Justiz betriebenes Internetportal www.insolvenzbekanntmachungen.

de zur Unterrichtung der Öffentlichkeit über laufende Insolvenzverfahren

prozentualer Anteil der Gläubigerbefriedigung auf festgestellte Forderung nach Abschluss des

Insolvenzverfahrens

beim Insolvenzgericht einsehbares Verzeichnis sämtlicher im Verfahren angemeldeter

Forderungen

keine Deckung der Verfahrenskosten (§ 54 InsO) im eröffneten Verfahren, führt zur Einstellung des

Verfahrens (§ 207 InsO), wenn Kosten nicht durch z.B. Gläubiger vorgeschossen werden

liegt vor, wenn im eröffneten Verfahren zwar die Verfahrenskosten gedeckt sind, nicht aber die

Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO), wird öffentlich bekannt gemacht

dient der Prüfung und Erörterung aller angemeldeten Forderungen

Schlusstermin

(§ 197 InsO)

schwacher vorläufiger

Insolvenzverwalter

starker vorläufige

Insolvenzverwalter

letzte Gläubigerversammlung zur abschließenden Erörterung des Verfahrens und Zustimmung

zur Schlussverteilung

Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis verbleibt beim Schuldner, im Regelfall unter Zustimmungsvorbehalt

des vorläufigen Insolvenzverwalters, nur im vorläufigen Insolvenzverfahren

Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis geht auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über

Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz

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Grundsätze, Mitarbeiter & Steuerung

1. Grundsätze

1.1. Das Credit Management in der Insolvenzpraxis ist integraler Bestandteil des Credit Managements. Für das

Credit Management im Insolvenzfall gelten daher die unter Ziffer 1.1. bis Ziffer 1.12. der MaCM aufgestellten

Grundsätze, auf deren Wiederholung an dieser Stelle verzichtet wird.

1.2. Aufgabe und Zielsetzung des Credit Managements im Insolvenzfall ist es, bereits in der laufenden Geschäftsbeziehung

und der täglichen Geschäftspraxis durch entsprechende Vorkehrungen und Vertragsgestaltung

sicherzustellen, dass die durch ein mögliches Insolvenzereignis auftretenden Verluste für das Unternehmen

gering gehalten werden. Geeignete Sicherungsmittel sollen lange vor Eintritt einer Krisensituation vereinbart

und dem Risiko entsprechend überwacht und angepasst werden. Die Einbeziehung von Allgemeinen

Geschäftsbedingungen zwecks Vereinbarung von Eigentumsvorbehaltsrechten muss in nachweisbarer Form

vereinbart und dokumentiert werden.

2. Mitarbeiter

2.1. Die Mitarbeiter, die mit der Bearbeitung von insolvenzrechtlichen Angelegenheiten befasst sind,

müssen ihrem Aufgabengebiet entsprechende Qualifikationen vorweisen, die durch geeignete

Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen stets auf dem aktuellen Stand zu halten sind.

Die Mitarbeiter müssen sachverständig sein und durch Vorkenntnisse oder entsprechende Schulung/

Einarbeitung über das erforderliche Fachwissen verfügen, um die Aufgaben sachgerecht bearbeiten zu können.

Es muss sichergestellt sein, dass Mitarbeiter bei geänderten Anforderungen entsprechend weitergebildet

werden – beispielsweise bei Änderung der Rechtsgrundlagen.

2.2. Es bestehen definierte und dokumentierte Vertretungsregelungen.

Es ist zu regeln, welcher Mitarbeiter durch wen vertreten wird. Dabei ist sicherzustellen, dass es sich um fachlich

geeignete Personen handelt.

3. Steuerung

3.1.

3.2.

3.3.

Zur Einschätzung des aktuellen Insolvenzrisikos von Kunden wird auf die gemäß Ziffer 3.1. der

Mindestanforderungen andas Credit Management (MaCM) erhobenen Kennzahlen zurückgegriffen.

Für die Erhebung dieser Zahlen gelten die unter Ziffer 3.1. bis Ziffer 3.8. MaCM aufgestellten Grundsätze

entsprechend.

Es wird darüber hinaus sichergestellt, dass aus dem Markt, über Außendienstmitarbeiter, den Vertrieb,

Wettbewerber, Medien und soziale Netzwerke gewonnenen Informationen über Insolvenzrisiken bei Kunden

unverzüglich den Mitarbeitern des Credit Managements übermittelt und durch diese unternehmensintern

verfügbar gemacht werden.

EswirddurchdieinnerbetrieblichenWorkflowsgeregelt,wieundinwelchemUmfangdieinderKundeninsolvenz

involvierten Abteilungen (CM, Vertrieb, Rechnungswesen, Rechtsabteilung etc.) zusammenarbeiten.

Zwischen den genannten Abteilungen müssen notwendige Informationen zeitnah fließen und die Abteilungen

müssensichgegenseitiginderAbwicklungderKundeninsolvenzunterstützen.Sounterstütztz.B.derVertriebdas

CM bei der Beschaffung notwendiger Informationen für die Geltendmachung der Eigentumsvorbehaltsrechte.

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Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz


Steuerung & Prozesse

3.4. Die Prozesse für die Abwicklung einer Kundeninsolvenz sind in einem Insolvenzleitfaden geregelt und

dokumentiert. Der Insolvenzleitfaden wird regelmäßig auf seine Aktualität überprüft und bei Bedarf angepasst.

Es ist schriftlich und/ oder elektronisch zu dokumentieren, welche Arbeitsschritte in welcher Reihenfolge bei

der Abwicklung der Kundeninsolvenz zu erfolgen haben, wer für die Durchführung der einzelnen Aufgaben

innerhalb welcher Zeitvorgaben zuständig ist und welche (Arbeits-)Mittel hierfür heranzuziehen sind. Es

bietet sich an, sie zumindest jährlich auf ihre Aktualität zu überprüfen und wenn nötig, spätestens jedoch bei

Änderungen des wirtschaftlichen und rechtlichen Umfeldes zu aktualisieren.

4. Prozesse

4.1. Vorläufiges Insolvenzverfahren

4.1.1. Sicherungsmaßnahmen durch das Insolvenzgericht

Das vorläufige Insolvenzverfahren wird nach Stellung des Insolvenzantrags durch das Insolvenzgericht im Regelfall

als vorläufige Sicherungsmaßnahme bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens angeordnet.

Man unterscheidet:

• Sicherungsmaßnahmen mit Einsetzung eines schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 22 Abs. 2 InsO –

Zustimmungsvorbehalt) oder

• SicherungsmaßnahmenmitEinsetzungeinesstarken vorläufigenInsolvenzverwalters(§22Abs. 1InsO– Anordnung

eines allgemeinen Verfügungsverbotes)

DurchdasGerichtkönnenweitereSicherungsmaßnahmenangeordnetwerden(EinstellungderZwangsvollstreckung,

Postsperre, Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses, Einziehungsverbot, Aussetzung von

Absonderungsrechten).

In seltenen Ausnahmefällen werden durch das Insolvenzgericht keine Sicherungsmaßnahmen angeordnet und

lediglich ein Gutachten zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingeholt.

4.1.2. Eigenverwaltung

Auf Antrag des Schuldners kann die vorläufige Eigenverwaltung (§ 270 InsO) angeordnet werden. In diesem Fall ist

der Schuldner unter der Aufsicht eines Sachwalters berechtigt, die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu

verfügen. Die Eigenverwaltung kann auch im eröffneten Insolvenzverfahren fortgesetzt werden.

Eigenverwaltung im Eröffnungsverfahren nach § 270 b InsO nur bei Unternehmensinsolvenzverfahren möglich

Vorbereitung einer Sanierung – Eigenverwaltungsplanung nach § 270 a InsO erforderlich:

o Finanzplan für einen Zeitraum von 6 Monaten

o Sanierungskonzept in Grundzügen

o Vergleichsrechnung gegenüber Regelinsolvenzverfahren

Bei Eigenverwaltung verwaltet der Schuldnerunter Aufsichteines Sachwaltersdas Unternehmen selbst. Die Führung

der Tabelle und die Insolvenzanfechtung obliegen dem Sachwalter.

4.1.3. Kenntniserlangung/Informationsgewinnung

Unverzichtbar für ein erfolgreiches Agieren im Insolvenzfallist, dass man schnellstmöglich hiervon Kenntnis erlangt.

Ein gut informierter Außendienst, der nach Möglichkeit bereits vorab unterrichtet wird oder eine gute Vernetzung in

der Branche sind hierhilfreich. Unternehmen, die an einerWeiterbelieferung in der vorläufigen Insolvenz/Fortführung

der Geschäftsbeziehung nach erfolgreicher Sanierung interessiert sind, werden in eigenem Interesse wichtige

Lieferanten unverzüglich von einem Insolvenzantrag unterrichten.

Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz

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Prozesse

Weitere Erkenntnisquellen sind:

• https://www.insolvenzbekanntmachungen.de/

Verfügungsbeschränkungen sind gemäß § 23 InsO dort zu veröffentlichen

Auskunfteien

Warenkreditversicherung

private Insolvenzportale

Presse

Geschäfts- und Finanzierungspartner, z. B. Leasing-Gesellschaften

Insolvenzschuldner selbst

Insolvenzverwalter/Sachwalter

Inkasso-Dienstleister

4.1.4. Sofortmaßnahmen

Im Unternehmen ist für den Fall eines Insolvenzverfahrens ein Ablauf zu installieren, der sofort einzuleitenden

Maßnahmen und die betreffenden Zuständigkeiten genau regelt. Mögliche Sofortmaßnahmen sind:

• Information Warenwirtschaft: Aussetzung offener Lieferungen – Lieferstopp (in Auslieferung befindliche Ware

zurückholen)

• Zentralregulierungs-Ausschluss bei Zentralregulierern

• Credit Management-System: Neues Rating einzupflegen

• neues Kundenkonto anlegen

• Information an Außendienst

• Information an Innendienst

• Information Geschäftsleitung

• Information an Controlling

• Angebotssperre

• Wertberichtigung

• Anpassung von Stammdaten (ggfs. Adresse, Sachbearbeiter, Mahnkennzeichen etc.)

• Information an Warenkreditversicherer/Zentralregulierer

• Prüfung von internen Verrechnungskonten (Auszahlungssperre Kreditoren-Konten)

4.2. Sicherheitenverwertung in der vorläufigen Insolvenz

Bereits in der vorläufigen Insolvenz können Sicherungsrechte geltend gemacht und Sicherheiten verwertet werden.

Das Insolvenzgericht kann allerdings (§ 22 Abs. 2 Nr. 5 InsO) die Verwertungsbefugnis aussetzen. Im Einzelnen

empfiehlt sich folgendes Vorgehen:

4.2.1. einfacher Eigentumsvorbehalt

Durch einfachen Eigentumsvorbehalt gesicherte Warenlieferungen sind im Insolvenzverfahren von erheblicher

wirtschaftlicher Bedeutung.

Folgende Maßnahmen sind einzuleiten:

• Verarbeitungs- und Veräußerungsverbot aussprechen gegenüber Insolvenzschuldner und vorläufigen Verwalter,

bei Eigenverwaltung auch gegenüber Sachwalter

• Inventarisierung verlangen

• getrennte Lagerung verlangen

• Inventarisierung im Idealfall selber durchführen

• Dokumentation – Lichtbilder, Kennzeichnung der Ware

• Bereitstellung der Ware zur Abholung verlangen

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Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz


Prozesse

• bei Problemen mit Nämlichkeitsnachweis (mehrere Lieferanten gleichartiger Ware) Abstimmung mit

Wettbewerbern

• Beitritt Gläubigerpool prüfen

4.2.2. verlängerter und erweiterter Eigentumsvorbehalt/Globalzession

Das Gericht kann anordnen, dass ausschließlich der Verwalter berechtigt ist, zur Sicherung abgetretene Forderungen

einzuziehen(§ 22 Abs. 2 Nr. 5 InsO).In diesemFall erhält er die Pauschalen gemäߧ§ 170, 171 InsO.Ungeachtet dessen

empfiehlt sich immer folgende Vorgehensweise:

Widerruf der Einzugsermächtigung gegenüber Insolvenzschuldner, vorläufigenVerwalter/vorläufigen Sachwalter

Zahlungsverbot gegenüber Drittschuldner

Informationsgewinnung über Drittschuldner

Beitritt Gläubigerpool prüfen

4.2.3. weitere Sicherungsrechte

Daneben gibt es eine Reihe weiterer Sicherungsrechte, bei denen folgendes Vorgehen angezeigt ist:

Raumsicherungsvertrag (Maßnahmen wie bei 4.2.1.)

Sicherungsübereignung (Maßnahmen wie bei 4.2.1.)

Bürgschaft: Bürgen zur Zahlung auffordern

Lebensversicherung: Versicherung zur Zahlung auffordern

Grundpfandrechte: Verwertung einleiten

Gesetzliche Pfandrechte:

o

o

o

o

o

o

o

Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB)

Verpächterpfandrecht (§ 592 BGB)

Werkunternehmerpfandrecht (§ 647 BGB)

Pfandrecht des Gastwirts (§ 704 BGB)

Pfandrecht für das Kommissionsgut (§ 397 HGB)

Pfandrecht für das Speditionsgut (§ 464 HGB)

Pfandrecht für das Lagergut (§ 475b)

• Warenkreditversicherung vom Versicherungsfall unterrichten

4.2.4. Gläubigerpool

Der Gläubigerpool ist ein durch hierauf spezialisierte Kanzleien auf Eigeninitiative außerhalb des gesetzlichen

Insolvenzverfahrens organisierter Zusammenschluss von Warenkreditgebern zur gemeinsamen Durchsetzung

von Sicherungsrechten, in der Regel Eigentumsvorbehaltsrechte. Der Poolverwalter erhält hierfür eine prozentuale

Vergütung, die aus dem erzielten Erlös bestritten wird.

Zweckmäßigkeit des Beitritts ist im Einzelfall zu prüfen (Kriterien: Höhe der Forderung, Vermischung/Vermengung

der gelieferten Waren, Ermittlung der Drittschuldner schwierig).

4.3. Weiterbelieferung in der vorläufigen Insolvenz

Wenn in der vorläufigen Insolvenz der Geschäftsbetrieb fortgeführt wird, werden die Lieferanten durch den

vorläufigen Insolvenzverwalter/Geschäftsleitungdes Unternehmens aufgefordert, die Sanierung des Unternehmens

durch Weiterbelieferung zu unterstützen. Dies ist jedoch mit Risiken verbunden:

4.3.1. Absicherung Forderungsausfallrisiko

Bei einer Weiterbelieferung der Insolvenzschuldnerin in der vorläufigen Insolvenz besteht bei Vorleistung des

Lieferanten ein erhebliches Forderungsausfallrisiko, weil der Kaufpreisanspruch des Lieferanten rechtlich gesehen

für Lieferungen bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur eine einfache Insolvenzforderung ist. Etwas anderes

gilt nur, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter ein sogenannter starker vorläufiger Verwalter (siehe 4.1.1.) ist. Bei

einem schwachen vorläufigen Verwalter besteht ein Ausfallrisiko. Dem kann wie folgt begegnet werden:

Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz

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Prozesse

Vorkasse/Barverkauf

Depotzahlung zur Absicherung künftiger Lieferungen

persönliche Bürgschaft Insolvenzverwalters (eher selten!)

Bankbürgschaft

Bestellung und/oder Zahlung durch außenstehenden Dritten (Einzelfallprüfung erforderlich)

partiell erstarkter Insolvenzverwalter (Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten für einzelne

Rechtsgeschäfte) hier wichtig:

o

o

Beschluss häufig nur bei konsequentem Einfordern durch den Lieferanten

unbedingt Umfang und Inhalt der Ermächtigung prüfen (Beschluss vorlegen lassen)

4.3.2. Anfechtungsrisiko bei Weiterbelieferung ausschließen

DerInsolvenzverwalter kannindervorläufigenInsolvenzgeleisteteZahlungennachEröffnungdesInsolvenzverfahrens

anfechten. Dieses Anfechtungsrisiko kann jedoch vermieden werden. Folgende Möglichkeiten bestehen:

Grundsätze Bargeschäft (§ 142 InsO) einhalten

Ab sofort auf erweiterten Eigentumsvorbehalt für Neulieferungen verzichten

keine Vermischung mit Zahlungen auf Altverbindlichkeiten

ggfs. Anfechtungsverzicht mit vorläufigem Verwalter vereinbaren

Vorsicht bei Änderung bestehender Verträge, besser: Verträge über Unsicherheitseinrede (§ 321 BGB) aufeben

und dann neuen Vertrag abschließen

4.4. Eröffnetes Insolvenzverfahren

Im eröffneten Insolvenzverfahren liegt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ausschließlich beim

Insolvenzverwalter. Durch ihn eingegangene Verpflichtungen begründen stets Masseverbindlichkeiten.

Folgendes ist zu beachten:

4.4.1. Sicherheitenverwertung

HinsichtlichderSicherheitenverwertunggeltendieAusführungenfürdas vorläufigeInsolvenzverfahrenentsprechend.

Mit Eröffnung des Verfahrens gilt darüber hinaus:

• Verwalter darf Absonderung unterliegende Gegenstände in seinem Besitz verwerten - der Erlös steht dem

Gläubiger nach Abzug der Kosten zu (§§ 170, 171 InsO)

• Gleiches gilt für zur Sicherheit abgetretene Forderungen

• Veräußerungsabsicht ist dem absonderungsberechtigten Gläubiger mitzuteilen: dieser kann auf bessere

Verwertungsmöglichkeit hinweisen oder selbst erwerben (§ 168 InsO)

bei Forderungen Auskunftsanspruchoder Recht zur Einsicht in Bücherdes Insolvenzschuldners(§ 167 Abs. 2 InsO)

in allen anderen Fällen liegt das Verwertungsrecht beim Gläubiger

Kollision verschiedener Sicherungsrechte und Sicherungsgläubiger

4.4.2. Forderungsanmeldung und Forderungsprüfung

• Fristen zur Forderungsanmeldung sind keine Ausschlussfristen, eine nachträgliche Forderungsanmeldung ist

zulässig und führt lediglichzu einem kostenpflichtigennachträglichenPrüfungstermin(derzeitigeGerichtskosten

22EUR–StandSeptember2022).ForderungenkönnenerstmitVerfahrenseröffnung(nichtbereitsindervorläufigen

Insolvenz) angemeldet werden. Forderungsanmeldungeninder vorläufigen Insolvenz muss der Insolvenzverwalter

nicht berücksichtigen.

Bei Forderungsanmeldung ist zu prüfen, ob einer durchschnittlichen Insolvenzquote von ca. 5 % der

Verwaltungsaufwand bei kleinen Forderungen die Anmeldung lohnt.

Wichtig: Forderungsanmeldung hemmt die Verjährung für die Dauer des Insolvenzverfahrens

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Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz


Prozesse

• Formulare, beizufügende Unterlagen

Der Forderungsanmeldung sind Nachweise (Titel, Rechnungen, Zinsberechnung etc.) beizufügen. Zinsen sind

bis zum Tag vor Eröffnung anzumelden, noch nicht fällige Forderungen gelten als fällig (§ 41 InsO). Durch

den Insolvenzverwalter übersandte Formulare sind nicht zwingend zu verwenden. Bei der Anmeldung nach

Möglichkeit keine Hinweiseauf verspäteteZahlungen(Anfechtungsgefahr!) aufnehmen. Beinatürlichen Personen

gegebenenfalls Hinweis auf Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung (§ 174 Abs. 2 InsO).

Lieferscheine, sofern vorhanden und nicht zu umfangreich, können übersandt werden – andernfalls Nachfrage

des Verwalters abwarten.

• Keine Hinweise auf erhaltene Zahlungen oder Zwangsvollstreckungen. Ggfs. bei kleinen Forderungen komplett

auf die Forderungsanmeldung verzichten (wenn vorher größere Zahlungen erhalten wurden).

• Anmeldung für den Ausfall

Forderungen, für dieSicherheitenbestehen, werdenlediglichfür denAusfall angemeldet.Hierist dieAusschlussfrist

in §§ 189 Abs. 1, 190 InsO zu beachten, endgültiger Ausfall muss dem Verwalter nachgewiesen werden. Bitte

unbedingt bei Anmeldung für den Ausfall zeitnah die Werthaltigkeit der Sicherungsrechte proaktiv klären; der

Verwaltermuss nicht gesondert auffordern, den Ausfall nachzuweisen. Erfolgt diese Aufforderunglediglich unter

www.Insolvenzbekanntmachungen.de gilt eine Ausschlussfrist von 14 Tagen. Nach Ablauf dieser Frist nimmt die

angemeldete Forderung nicht an der Insolvenzquotenverteilung teil.

• Verhalten bei Bestreiten

Gläubiger, deren Forderungen festgestellt werden, werden nicht benachrichtigt (§ 179 Abs. 3 Satz 3 InsO).

BeiBestreitenistdurchNachfragebeimVerwalterzuermitteln,obdieForderungvorläufigoderendgültigbestritten

wird. Häufig erfolgt vorläufiges Bestreiten, weil noch Unterlagen fehlen oder sonstige Unklarheiten bestehen.

Können diese nicht ausgeräumt werden und die Forderung bleibt endgültig bestritten, muss auf Feststellung zur

Tabelle geklagt werden(§ 179 Abs. 1 InsO); ist bereits ein Rechtsstreit über die Forderunganhängig, geschieht dies

durch Aufnahme des Rechtsstreits. Liegt bereits ein vollstreckbarer Schuldtitel vor, muss der Bestreitende (in der

Regel der Insolvenzverwalter) gegen den Titel vorgehen.

• Tabellenauszug

Der Tabellenauszugwirkt gegenüber demInsolvenzverwalter und den Insolvenzgläubigern wieein rechtskräftiges

Urteil und schließt Einwendungen hiergegen aus.

4.4.3. Gläubigerausschuss

Der Gläubigerausschuss ist ein selbstständiges Organ der Insolvenzverwaltung, vergleichbar einem Aufsichtsrat. Er

soll den Einfluss der Gläubiger auf das Insolvenzverfahren stärken. Der vorläufige Gläubigerausschuss wirkt bei der

Verwalterbestellung mit (§ 56 a InsO). Im eröffneten Verfahren unterstützt und überwacht der Gläubigerausschuss

(§ 69 InsO) den Verwalter bei dessen Geschäftsführung und prüft den Zahlungsverkehr/Kassenbestand.

Bei Erfüllung von zwei der drei in § 22 Abs. 1 InsO Merkmale (mindestens 6.000.000 € Bilanzsumme, mindestens

12.000.000 € Umsatz in den letzten 12 Monaten vor dem Abschlussstichtag oder mindestens 50 Arbeitnehmer im

Jahresdurchschnitt) ist regelmäßig bereits in der vorläufigen Insolvenz ein Gläubigerausschuss einzusetzen.

Eine Mitgliedschaft für Gläubiger im Gläubigerausschuss macht vor allem in einem Verfahren Sinn, bei dem das

betreffende Unternehmen wirtschaftlich stärker betroffen ist.

Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz

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Prozesse

4.4.4. Gläubigerversammlung

Die Gläubigerversammlung ist das wichtigste Organ des Insolvenzverfahrens und der insolvenzrechtlichen Selbstverwaltung.

Die wichtigsten Aufgaben sind die Wahl des Insolvenzverwalters, die Entscheidungüber die Einsetzung

eines Gläubigerausschusses, die Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens, die Kontrolle des Verwalters und

die Zustimmung/Einwilligung zu besonders bedeutsamen Rechtshandlungen. Bei Vorlage eines Insolvenzplans

stimmt die Gläubigerversammlung hierüber ab. Zwingend vorgeschrieben ist die Gläubigerversammlung zum

Berichtstermin, häufig verbunden mit dem Prüfungstermin zur Prüfung der angemeldetenForderungensowie zum

Schlusstermin. Darüber hinaus finden fakultative Gläubigerversammlungen auf Initiative des Insolvenzgerichts,

des Insolvenzverwalters, des Gläubigerausschusses oder auf Antrag von Gläubigern statt, wenn die in § 75 Abs. 1

Nr. 3, Nr. 4 vorgeschriebenen Mehrheiten erreicht werden.

4.4.5. Informationsgewinnung im Insolvenzverfahren

• Berichtstermin

• Eröffnungsgutachten

• Zwischenberichte

• Gläubigerinformationssystem (GIS = durch Insolvenzverwalter geführtes Online-Portal)

• Einsicht in die Insolvenzakte

• Austausch mit anderen Gläubigern

4.5. Umgang mit laufenden Vertragsverhältnissen

4.5.1. Grundsätzliches

Verträge, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens beiderseitig nicht vollständig erfüllt sind, werden nach

Maßgabe der §§ 103 ff. InsO abgewickelt. Hier steht dem Insolvenzverwalter grundsätzlich ein Wahlrecht zu, ob

er Vertragserfüllung wählt oder die Vertragserfüllung ablehnt. Reagiert der Verwalter auf eine Aufforderung nicht

unverzüglich(ca. eine Woche Reaktionszeit), kann er nicht mehr auf Vertragserfüllungbestehen. Lehnt der Verwalter

die Vertragserfüllung ab, wandelt sichder Anspruchdes Gläubigers in einen Schadensersatzanspruchum (§ 103 Abs.

2 Satz 1 InsO). TeilbareLeistungen werden zumStichtagEröffnung des Insolvenzverfahrensaufgesplittet (§ 105 InsO).

Für bestimmte Vertragstypen bestehen Sonderregelungen.

4.5.2. Kaufverträge

Für Kaufverträge unter Eigentumsvorbehalt gilt, dassin der Insolvenz desVorbehaltsverkäufers der Käufer, der bereits

BesitzanderKaufsacheerlangthat,Erfüllungverlangenkann.ImumgekehrtenFallderInsolvenzdesVorbehaltskäufers

kann der Insolvenzverwalter mit der Ausübung des Wahlrechts nach § 103 InsO bis zum Berichtstermin (regelmäßig

1. Gläubigerversammlung) warten.

4.5.3. Mietverträge

Bei InsolvenzeröffnungbestehendeMiet-undPachtverhältnissedes Schuldnersüber unbeweglicheGegenständeoder

Räume bestehen zulasten der Insolvenzmasse fort (§ 108 InsO). § 103 InsO gelangt hier nicht zur Anwendung. Dem

Verwalter ist in der Insolvenz des Schuldners als Mieter/Pächter gemäß § 109 Abs. 1 ein Sonderkündigungsrecht mit

einerFristvon3Monaten(esseidenndievertraglicheKündigungsfrististkürzer)eingeräumt.OffeneMietzinsansprüche

aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung werden Insolvenzforderungen, eine auf Mietrückständegestützte Kündigung

des insolventen Mieters nach Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist unzulässig (Kündigungssperre nach

§ 112 InsO).

Miet- und Pachtverträge über bewegliche Gegenstände und Rechte unterfallen dem Anwendungsbereich des § 103 InsO.

In der Vermieterinsolvenz besteht bei der Veräußerung des Miet- oder Pachtobjekts durch den Insolvenzverwalter

für den Erwerber ein Sonderkündigungsrecht gegenüber dem Mieter (§ 111 InsO).

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Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz


Prozesse

4.5.4. Werkverträge

Wählt der Insolvenzverwalter die Erfüllung eines noch nicht vollständig fertig gestellten Werkes, trifft ihn auch

die Verpflichtung, den bereits erstellten Teil mangelfrei zu übergeben. Dies ist allerdings nicht unumstritten.

Aus Gläubigersicht ist wegen der Ungewissheit, ob der insolvente Bauunternehmer auch die während der

Gewährleistungsfrist auftretenden Mängel noch wird beseitigen können, hier besonderes Augenmerk auf die

Anpassung des Vertrages und die Absicherung von Gewährleistungsrisiken zu richten.

4.5.5. Dienstverträge

Dienst- und Arbeitsverträge, die der Schuldner abgeschlossenhat, können durch den Insolvenzverwalterunabhängig

von der vertraglichodertariflichvereinbarten Kündigungsfrist stets mit einerFrist von drei Monaten beendetwerden,

je nachdem, welche Frist kürzer ist.

4.5.6. Aufträge/Geschäftsbesorgungsverträge/Vollmachten

Mit demSchuldner geschlosseneGeschäftsbesorgungsverträgeoderdurchdieseerteiltenAufträge undVollmachten

mit Bezug zum Insolvenzvermögen erlöschen mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch, lediglich

Zahlungsaufträge bestehen fort. Bei Gefahr im Verzug ist der Auftragnehmer verpflichtet, Aufträge fortzuführen,

bis der Schuldner anderweitig Vorkehrungen treffen kann.

4.6. Aufrechnung und Verrechnung im Insolvenzverfahren

Grundsätzlich bleibt eine vor Insolvenzantragstellung bestehende Aufrechnungsmöglichkeit bestehen (§ 94 InsO).

Allerdings sind die Einschränkungen der § 95 InsO und insbesondere des § 96 InsO zu beachten. Es ist möglichst

schnell bei Kenntniserlangungvon einer Insolvenz zu ermitteln,inwieweit Aufrechnungsmöglichkeiten bestehenund

hiervon Gebrauch zu machen. Es gilt der Grundsatz, dass eine bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes

oder aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung bestehende Aufrechnungslage erhalten bleibt.

Nach § 96 InsO ist die Aufrechnung ausgeschlossen, wenn

• ein Insolvenzgläubiger nach Eröffnung des Verfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,

• einInsolvenzgläubigerseineForderungerst nachEröffnungdes Verfahrens voneinemanderenGläubiger erworben

hat oder

• die Aufrechnungslage durch eine anfechtbare Rechtshandlung entstanden ist.

4.7.

Einstellung mangels Masse (§ 207 InsO) und Masseunzulänglichkeit (§ 208 ff. InsO)

Deckt die Insolvenzmasse die Kosten des Verfahrens nicht (mehr), wird nach Anhörung der Gläubiger das Verfahren

mangels Masse eingestellt.

Von Masseunzulänglichkeit spricht man, wenn zwar die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt sind, die

Insolvenzmasse aktuell aber nicht ausreicht, um die fälligen Masseverbindlichkeitenzu erfüllen. In diesem Falle zeigt

der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Insolvenzgericht an. Die Masseunzulänglichkeit

wird öffentlich bekannt gemacht. Je nach Verfahrensablauf kann die Masseunzulänglichkeit auch wieder beseitigt

werden.

4.8.

Insolvenzplan (§§ 217 ff. InsO)

• Gleichberechtigte Alternative zur Regelabwicklung; mittels Insolvenzplan bleibt das insolvente Unternehmen

erhalten und kann fortgeführt werden

Gläubiger dürfen nicht schlechter gestellt werden als bei der Regelabwicklung

Auch im Verbrauchinsolvenzverfahren zulässig

Eingriff in Gesellschafterrechte möglich

Schulden können in Gesellschaftsanteile umgewandelt werden (debt-to-equity-swap), Interessante Alternative

für Gläubiger

Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz

19


Prozesse

über den Plan stimmen die Gläubiger ab (Erörterungs- und Abstimmungstermin)

Es werden für die Abstimmung Gruppen gebildet

Die fehlendeMehrheit innerhalb einzelner Gruppen kann bei Vorliegen bestimmterVoraussetzungen durch einen

Gerichtsbeschluss ersetzt werden

Plan muss durch das Gericht bestätigt werden

Minderheitenschutz setzt Widerspruch des betreffenden Gläubigers im Abstimmungstermin zu Protokoll voraus

Mit Rechtskraft der Bestätigungdes Insolvenzplans tretendessenWirkungen ein und das Insolvenzverfahrenwird

aufgehoben

Schuldner erhält Verfügungsbefugnis zurück

Gläubigerforderungen, die im Abstimmungstermin nicht angemeldet waren, verjähren spätestens binnen eines

Jahres (§ 259 b InsO)

• InsolvenzanfechtungbleibtbeiEinhaltungbestimmterVoraussetzungenauchnachVerfahrensaufebungdennoch

möglich

4.9. Aufebung/Einstellung des Insolvenzverfahrens

• Bei Massearmut (§ 207 InsO) wird das Insolvenzverfahren eingestellt

• Nach Rechtskraft eines bestätigen Insolvenzplans (§ 258 InsO) erfolgt Aufebung

• Bei Wegfall des Eröffnungsgrundes (§ 212 InsO) wird das Verfahren eingestellt

• Nach Schlussverteilung und Schlusstermin wird das Insolvenzverfahren aufgehoben (§ 200 InsO)

Nach Aufebung des Insolvenzverfahrens können die Gläubiger ihre Forderung gegen den Schuldner unbeschränkt

geltend machen. Dabei ist zu beachten:

Dies gilt nicht bei Erteilung der Restschuldbefreiung und bei einem Insolvenzplan.

Juristische Personen erlöschen infolge Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

4.10. Restschuldbefreiung

Natürliche Personen können bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens Restschuldbefreiung beantragen, Dies gilt

gleichermaßen bei Verbraucher- wie auch bei Unternehmensinsolvenzverfahren.

• Schuldner tritt ab Eröffnung des Insolvenzverfahrensfür drei Jahre die pfändbaren Einkünfte an einen Treuhänder

ab – nach Ablauf von drei Jahren kann Restschuldbefreiung erteilt werden

Schuldner hat Erwerbsobliegenheit

Restschuldbefreiung kann bei bestimmten Verstößen versagt werden (§ 290 InsO)

Restschuldbefreiung wirkt gegen alle Insolvenzgläubiger, auch solche, die ihre Forderungen nicht angemeldet

haben

• Von der Restschuldbefreiung sind u.a. Forderungen aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung

ausgenommen (§ 302 InsO) – muss bei der Forderungsanmeldung ausdrücklich mit angegeben werden

• Handlungsempfehlung: bei Vorliegen der Voraussetzungen eher auf Feststellung aus vorsätzlich begangener

unerlaubter Handlung hinwirken (Vorteil: Forderungen anderer Gläubiger gehen mit Erteilung der

Restschuldbefreiung unter)

20

Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz


Verbraucherinsolvenzverfahren & Insolvenzanfechtung

5. Verbraucherinsolvenzverfahren (§§ 302 ff. InsO)

• Findet Anwendung für natürliche Personen,

o

o

o

o

die keine wirtschaftliche selbstständige Tätigkeit ausüben oder

deren wirtschaftliche Tätigkeit beendet ist,

deren Vermögensverhältnisse überschaubar sind (weniger als 20 Gläubiger) und

gegenüber denen keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen

Außergerichtlicher Schuldenbereinigungsplan muss gescheitert sein (§ 305 a InsO)

Gläubiger sind verpflichtet, auf eigene Kosten nach Aufforderung des Schuldners eine Forderungsaufstellung

(aufgeschlüsselt nach Hauptforderung, Zinsen und Kosten) zu übersenden

6. Insolvenzanfechtung

6.1. Grundlagen Insolvenzanfechtung

• Insolvenzanfechtung dient der Rückabwicklung von Handlungen vor Insolvenzeröffnung, durch die die anderen

Gläubiger benachteiligt werden (§ 129 InsO)

die Anfechtung wird durch den Insolvenzverwalter bzw. bei Eigenverwaltung durch den Sachwalter ausgeübt

nach erfolgreicher Anfechtung lebt die ursprüngliche Forderung wieder auf, dies gilt auch für damit

verbundene Sicherungsrechte und gegenüber der Warenkreditversicherung (Anfechtung daher stets der

Warenkreditversicherung anzeigen!)

Anfechtungszeitraum je nach Tatbestand rückwirkend bis zu 10 Jahre vor Verfahrenseröffnung

Verjährung:im Regelfall3 Jahre gerechnet ab dem 31. Dezemberdes Jahres, in dem das Verfahreneröffnet wurde

Abgrenzung kongruente zu inkongruenter Deckung:

o

Gläubiger erhält die Leistung in der vertraglich vereinbarten Art und Weise, verzögerte Zahlung oder

Ratenzahlung sind kongruent

6.2. Einzelne Anfechtungstatbestände

• Kongruente Deckung (§ 130 InsO)

o

Anfechtungszeitraum 3 Monate vor Insolvenzantragstellung i. d. R. bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit

seitens des Anfechtungsgegners.

• Inkongruente Deckung (§ 131 InsO)

o beispielsweise bei Zwangsvollstreckung oder Abweichung von ursprünglich vereinbarten

Zahlungsmodalitäten.

o

o

Anfechtungszeitraum 3 Monate vor Insolvenzantragstellung.

Keine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit seitens des Anfechtungsgegners erforderlich. Objektive

Zahlungsunfähigkeit reicht aus.

o Im letzten Monat vor Antragstellung keine weiteren Voraussetzungen erforderlich.

• Vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO)

o

o

o

Anfechtungszeitraum10 Jahre rückwirkendab Insolvenzantragstellung,bei kongruenter Deckungvier Jahre

rückwirkend.

Voraussetzung: Rechtshandlung des Schuldners mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und Kenntnis des

Anfechtungsgegnershiervon, wirdauseiner Vielzahlvonder RechtsprechungentwickelterIndizienabgeleitet.

Bei Gewährung von Zahlungserleichterungen(Stundung, Ratenzahlungsvereinbarung) Vermutungsregelung

zugunsten des Anfechtungsgegners.

Mindestanforderungen an das Credit Management in der Kundeninsolvenz

21


Insolvenzanfechtung

• Unentgeltliche Leistung (§ 134 InsO)

o

Anfechtungszeitraum 4 Jahre rückwirkend ab Antragstellung, wenn Leistung Anfechtungsgegners ohne

Gegenleistung erfolgt

• Rettungsanker: Bargeschäft (§ 142 InsO)

o

Zur Vermeidung der Insolvenzanfechtungempfiehlt sichbei Kenntnis von Krisenanzeichen das Bargeschäft:

o Leistungsaustausch in engem zeitlichem Zusammenhang (in der Regel maximal 30 Kalendertage

zwischen Leistung/Lieferung und Zahlung),

o auf erweiterten Eigentumsvorbehalt verzichten,

o nicht mit Zahlungen auf Altverbindlichkeiten hierüber verbinden

(hierüber gesonderte Zahlungsvereinbarung)

6.3. Verhalten bei Insolvenzanfechtung

UnbedingtprofessionellenRat einholen;gut gemeinte Entlastungsversuche können demInsolvenzverwalter Indizien

für erfolgreiche Anfechtung liefern.

Zur Vermeidung von Anfechtung nie Zahlungsaufstellungen an den Verwalter übersenden. Rechnungen bei

Forderungsanmeldung um erhaltene Zahlungen kürzen, also nur den noch offenen Restbetrag anmelden (ohne

detaillierte Aufführung bereits erhaltener Zahlungen).

22

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