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Aus Liebe zur Natur.<br />
Nr. 38 | <strong>September</strong> – November <strong>22</strong> | CHF 7.90<br />
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Mehr ab Seite 42<br />
Natur bewahren<br />
Im Herbst spüren die<br />
Fledermäuse den Frühling<br />
Natur erleben<br />
Herbstblühen<br />
Natur erfahren<br />
Bunter Stinker<br />
Natur erfahren<br />
Wilde Malve (Käslikraut)<br />
in der Kräuterapotheke<br />
Natur bewahren<br />
Stachelige Schönheiten<br />
für naturnahe Gärten<br />
Natur erleben<br />
Herbstzeit<br />
ist Kastanienzeit
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EDITORIAL<br />
Impressum<br />
NATURZYT 10. Jahrgang<br />
Knaus Marketing- & Verlagsservice<br />
Sonnhalde 37<br />
8602 Wangen<br />
Redaktion<br />
Telefon 043 542 72 91<br />
redaktion@naturzyt.ch<br />
Anzeigen<br />
Michael Knaus<br />
Telefon 043 542 72 91<br />
michael.knaus@kmvs.ch<br />
Freie und ständige Mitarbeiter<br />
Virginia Knaus, Michael Knaus,<br />
Daniel Fleuti, Ernestine Astecker,<br />
Tobias Ryser, Olivia Scherrer,<br />
Sebastian Wagener, Dani Pelagatti,<br />
Gaby Kistler, Hubert Krättli,<br />
Helen Weiss, Katja Schönbächler<br />
Grafik & Produktion<br />
Martina Roth<br />
Bildbearbeitung<br />
Heinz Weber<br />
Veränderung<br />
Titelbild<br />
Adobe Stock<br />
Korrektorat<br />
Christoph Meyer, Basel<br />
Druck<br />
AVD GOLDACH AG, 9403 Goldach<br />
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ISSN-Nummer <strong>22</strong>96-2859<br />
© Alle Rechte vorbehalten.<br />
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit<br />
aus drücklicher Genehmigung des Verlages.<br />
Das Magazin wird in der Schweiz auf<br />
100% Recycling papier gedruckt.<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Alles im Leben verändert sich. Nicht nur<br />
die Natur beginnt sich langsam, nach<br />
einem für sie sehr «hitzigen» Sommer,<br />
zu verändern. Auch einige Vögel ziehen<br />
wieder Richtung Süden, andere bleiben<br />
aber auch hier, weil die Winter viel<br />
milder geworden sind.<br />
Meine Grossmutter meinte früher<br />
immer, wir wissen gar nicht, wie schön<br />
wir es haben. Das stimmt, das wissen<br />
wir wirklich nicht. Langsam reift aber<br />
die Erkenntnis, dass, was bis jetzt völlig<br />
selbstverständlich war, sich verändert.<br />
Die Preise für die bisher günstige<br />
Energie beginnen zu steigen, zuerst das<br />
Gas, gefolgt vom Heizöl, und jetzt wird<br />
schon von Engpässen bei der Elektrizität<br />
gewarnt. Eine Konsequenz davon wird<br />
sicher sein: Alles, was knapp ist, wird<br />
teurer.<br />
Auch gewisse Produkte sind nicht<br />
mehr «just in time» verfügbar. Langsam<br />
beginnen wir zu merken, dass der Überfluss,<br />
die günstigen Aktionspreise verschwinden.<br />
Die Preise steigen und ja,<br />
dass ist für viele wirklich schmerzhaft.<br />
Andere aber jammern auf sehr hohem<br />
Niveau und wissen gar nicht, was Verzicht<br />
heisst.<br />
Aber vielleicht ist die Veränderung,<br />
die vor uns steht, eine grosse Chance.<br />
Eine Chance, um sich wirklich Gedanken<br />
zu machen und sich zu verändern. Der<br />
Mensch ist manchmal nur in der Lage,<br />
sich weiterzuentwickeln, wenn es «eng»<br />
wird. Vielleicht stellen wir auch fest, dass<br />
das globale Vernetzte, das Importieren<br />
von Produkten und, damit auch verbunden,<br />
das Einschleppen von fremden Pflanzen<br />
und Tieren nicht nötig ist. Oder brauchen<br />
wir wirklich Erdbeeren im Winter?<br />
Veränderungen sind immer Chancen.<br />
Nicht nur für uns, sondern auch für unsere<br />
Natur. Und so wie diese sich jetzt farbenprächtig<br />
beginnt zu verändern, sollten<br />
auch wir, die Farbe und Freude des Lebens<br />
in den kleinen und lokalen Dingen wieder<br />
vermehrt schätzen lernen.<br />
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen<br />
einen schönen Herbst mit vielen kleinen<br />
Inspirationen zur Veränderung.<br />
Herzlich<br />
Ihr Michael Knaus<br />
NATURZYT 3
Seite <strong>22</strong><br />
Wilde Malve<br />
(Käslikraut)<br />
Seite 36<br />
Herbstzeit ist<br />
Kastanienzeit<br />
Seite 14<br />
Bunter Stinker<br />
Inhalt<br />
3 Editorial/Impressum<br />
4 Inhaltsverzeichnis<br />
7 Wissenswertes<br />
Warum haben Eichhörnchen einen buschigen Schwanz?<br />
Hübsch, aber giftig.<br />
8 Entdeckt & Fair<br />
Birnel unterstützt in Not und Freiluftbuffet für Tiere.<br />
10 Bastel-Tipp<br />
Herbstliche Blüten-Engel<br />
62 Zu guter Letzt<br />
Tiere in Wald und Bergen.<br />
Natur erfahren<br />
12 Homöopathie für Mensch und Tier<br />
Die faszinierende Welt der Pilze.<br />
14 Bunter Stinker<br />
Er sieht aus wie ein exotischer Vogel mit seinem prächtigen<br />
Kopfschmuck und dem orangebräunlichen Gefieder.<br />
«Du stinkst wie ein Wiedehopf», war früher eine gängige<br />
Redewendung. Woher dies wohl kommt?<br />
20 Gabys Natur-Tagebuch<br />
Gruselige Geheimnisse im dunklen Fichtenwald.<br />
<strong>22</strong> Wilde Malve (Käslikraut) in der Kräuterapotheke<br />
Die Malve hilft bei Katarrhen der Atemwege, Reizhusten,<br />
Heiserkeit und Halsentzündung. Sie wird auch bei<br />
Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt.<br />
4 NATURZYT
INHALT<br />
Seite 42<br />
Im Herbst spüren die<br />
Fledermäuse den Frühling<br />
Seite 50<br />
Herbstblühen<br />
Natur bewahren<br />
26 Tierisch gute Interviews<br />
Er liebt als Raupe Sauerampfer und fliegt als Falter durch helle<br />
Mondnächte. Bruno Brauner Bär im Gespräch mit NATURZYT.<br />
30 Stachelige Schönheiten für naturnahe Gärten<br />
Karden sind eindrückliche Pflanzen, die sowohl Mensch als<br />
auch Tier Freude bereiten.<br />
36 Herbstzeit ist Kastanienzeit<br />
Im Herbst bei herrlichen Temperaturen und prächtigen Farben<br />
eine Wanderung durch die schönsten Kastanienwege<br />
geniessen und mehr über diese Nuss in der Küche erfahren.<br />
42 Im Herbst spüren Fledermäuse den Frühling<br />
Wer jetzt in der lauen Dämmerung ein Spaziergang<br />
unternimmt, hört ein hohes Zwitschern.<br />
Natur erleben<br />
46 Schaukeln über der Schlucht<br />
Was für ein Gefühl, in hundert Metern Höhe über der<br />
Schlucht zu schweben, unter den Füssen den Wildbach<br />
zu wissen und den Gletscher im Blick zu haben. Ein<br />
Erlebnis auf der Triftbrücke, eine der eindrucksvollsten<br />
Hängebrücken der Alpen.<br />
50 Herbstblühen<br />
In brüchiger Urlandschaft wandern oder einzigartige<br />
Naturperlen entdecken. Wandern im Val Müstair, auf der<br />
Axalp, auf der Lombachalp oder durch das Justistal.<br />
58 Das Spiel mit dem Nebel<br />
Naturwärts mit Tobias Ryser in zauberhaftes Licht<br />
an der Nebelgrenze, wo sich der Nebel zuweilen verhält<br />
wie die allergrösste Diva und oft macht, was er will.<br />
NATURZYT 5
TATEN STATT WORTE NR. 111<br />
TATENDRANG<br />
MACHT BIO LOGISCH.<br />
KW 36/<strong>22</strong><br />
Wir sind Bio-Pionierin und weltweite Bio-Spitzenreiterin mit<br />
4’800 Bio-Produkten, davon 2’800 von Naturaplan.<br />
TATEN-STATT-WORTE.CH
Wissenswertes<br />
WISSEN<br />
WARUM HABEN EICHHÖRNCHEN EINEN<br />
BUSCHIGEN SCHWANZ?<br />
Jetzt, wenn langsam die bunten Blätter von den<br />
Bäumen fallen, sieht man wieder vermehrt die<br />
kleinen, süssen und meist fuchsroten Eichhörnchen.<br />
Sie sind nur gerade 250 bis 400 Gramm schwer.<br />
Auffällig ist der bis zu 25 cm lange, buschige<br />
Schwanz. Aber wieso ist dieser so buschig?<br />
Sie leben hoch oben in den Baumwipfeln und<br />
dort spielen sie auch. Sie hüpfen von Ast zu<br />
Ast oder rennen auf den Ästen und Bäumen gekonnt<br />
hin und her. Ihr buschiger Schwanz dient<br />
ihnen dazu als Steuer oder wie bei Seiltänzern<br />
als Balancierstange. Auch beim Sprung von<br />
Baum zu Baum können sie damit die «Flugbahn»<br />
korrigieren. Eichhörnchen können einen Sprung<br />
von vier bis fünf Metern zurücklegen.<br />
Der buschige Schwanz hilft ihnen aber auch<br />
draussen, wenn es zu heiss ist, als Schattenspender<br />
oder im Nest, wenn es kühler ist, als<br />
Schlafdecke. Auch zur Kommunikation mit<br />
anderen Artgenossen wird der Schwanz ein<br />
gesetzt. Zum Beispiel bei der Balz, wenn mehrere<br />
Männchen um ein Weibchen werben. Seitliches<br />
Schwanzwedeln bedeutet Nervosität<br />
und Erregung.<br />
HÜBSCH UND GIFTIG – DIE HERBSTZEITLOSE<br />
Sie blüht erst im Herbst (Spätsommer) und damit<br />
auch ausserhalb der Blütezeit der meisten anderen<br />
Pflanzen. Die Herbstzeitlose (Colchicum autumnale),<br />
aus der Familie der Zeitlosengewächse. Daher auch<br />
der Name. Sie wird aber auch Teufelwurz oder<br />
Leichenblume genannt, und damit wird auch auf<br />
ihre Giftigkeit hingewiesen.<br />
Aus den tiefsitzenden Zwiebelknollen wachsen<br />
im Mai bis Juni dunkelgrüne und lanzettförmige<br />
Blätter. Diese sind giftig und werden gerne mit dem<br />
Bärlauch verwechselt. In dieser Zeit sieht man jedoch<br />
nur die Blätter der Herbstzeitlose ohne die Blüten.<br />
Typisch für die Herbstzeitlose ist, dass sie im Frühjahr<br />
und Sommer die Laub- und Fruchtbildung macht<br />
und die sich in den Sommermonaten zurückziehen,<br />
im Herbst zeigen sich dann nur die Blüten ohne<br />
die Blätter. Sowohl die Blätter wie auch die Blüten<br />
sind hochgiftig für Mensch und Tier. Die Gefahr<br />
für den Menschen sind vor allem die Zwiebelknollen,<br />
welche verwechselt werden können mit<br />
Küchen zwiebeln, und die Blätter, die ähnlich<br />
wie der Bärlauch aussehen. Aber im Gegensatz<br />
zum Bärlauch, welcher nach Knoblauch riecht,<br />
riechen die Blätter der Herbstzeitlose nicht<br />
danach.<br />
Text Michael Knaus Foto AdobeStock<br />
NATURZYT 7
Entdeckt & Fair<br />
Freiluftbuffet für Igel und Eichhörnchen<br />
Jeder mag sie, die süssen Eichhörnchen<br />
mit ihrem buschigen<br />
Schwanz und die tapsigen Igel<br />
mit ihren Stacheln. Gerade im<br />
Herbst ist es für beide wichtig,<br />
genügend Futter für den Winter<br />
zu bekommen. Der Igel muss an<br />
Gewicht zulegen für seine Winterruhe,<br />
und das Eichhörnchen muss<br />
noch viele Vorräte für sein Winterversteck<br />
organisieren. Die Freiluft-<br />
Buffets werden in Werkstätten<br />
für Menschen mit Beeinträchtigung<br />
hergestellt und enthalten die<br />
Futterstation, Holzstäbe und Schnur<br />
für die Befestigung am Stamm oder<br />
Ast sowie 200 Gramm leckeres<br />
Futter.<br />
Die Freiluft-Buffets sind für CHF 9.90<br />
im Online-Shop changemaker.ch und<br />
in den Läden in Baden (Badstrasse 27),<br />
Basel (Marktgasse 16), Bern (Spitalgasse<br />
38), Luzern (Kramgasse 9),<br />
Schaffhausen (Vordergasse 55), Thun<br />
(Obere Hauptgasse 35), Winterthur<br />
(Obertor 33) oder Zürich (Marktgasse<br />
10 und Europaallee 43) erhältlich.<br />
Wir machen Klimaschutz<br />
Seit 30 Jahren setzen sich Solarspar-Mitglieder für die Zukunft ein:<br />
100 Solar-Anlagen sparen in der Schweiz jährlich über<br />
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Winterhilfe-BIRNEL unterstützt Menschen in Not<br />
Der Winterhilfe-BIRNEL<br />
ist ein Schweizer Naturprodukt,<br />
das aus Obst<br />
von Hochstammbäumen<br />
ge wonnen wird, ist vegan und schmeckt<br />
einfach lecker. Er kann in der süssen<br />
und salzigen Küche eingesetzt werden.<br />
Seit 1952 vertreibt die Winterhilfe<br />
den Birnel und finanziert mit dem<br />
Netto erlös einen Teil ihrer Leistungen<br />
zugunsten von Armutsbetroffenen<br />
in der Schweiz.<br />
Der Birnel hilft zweifach, da er<br />
ausschliesslich aus Schweizer Hochstammobst<br />
gewonnen wird, somit<br />
bleiben dank der Produktion unsere<br />
Hochstämme erhalten. Diese sind<br />
wichtige Nist- und Futterplätze für<br />
Vögel und Insekten. Und mit dem<br />
Nettoerlös kann die Winterhilfe<br />
in Not geratenen Menschen in der<br />
Schweiz helfen.<br />
Die Winterhilfe hilft zu jeder Jahreszeit.<br />
Mehr zur Organisation unter<br />
www.winterhilfe.ch. Die verschiedenen<br />
«BIRNEL»-Produkte können bestellt<br />
werden unter www.shop.narimpex.ch/<br />
de/winterhilfe ab CHF 2.00.<br />
Homöopathie<br />
von OMIDA.<br />
Erhältlich in Apotheken und Drogerien.<br />
Dies sind zugelassene Arzneimittel. Lesen Sie die Angaben auf der Packung.
Bastel-Tipp<br />
Herbstliche Blüten-Engel<br />
10 NATURZYT
So machen wir’s<br />
Rot, Orange, Gelb: Wohin das<br />
Auge reicht, herrscht eine fröhlich<br />
bunte Farbenpracht. Es<br />
ist schon wieder Herbst und<br />
Mutter Erde schüttet ihr Füllhorn über<br />
uns aus. Äpfel, Birnen, und Kastanien<br />
sind reif und die Spätblüher in den Gärten<br />
erfreuen mit ihren bunten Blüten unser<br />
Auge. Um den Anblick noch etwas länger<br />
zu geniessen, dekorieren wir heute ein<br />
bisschen unsere Fenstersimse mit kleinen<br />
bunten Blüten-Engeln. Und damit wir<br />
auch lange daran Freude haben, trocknen<br />
wir das Ganze dazu noch.<br />
Einen wunderschönen bunten Herbst<br />
und viel Freude bei raschelnden Herbstspaziergängen<br />
wünscht euch<br />
Euer NATURZYT-DIY Team<br />
Virginia Knaus<br />
Text/Fotos Virginia Knaus<br />
Schritt für Schritt<br />
MATERIALLISTE:<br />
• Altes Laken oder Zeitung als<br />
Unterlage<br />
• Leere Gläser, um die fertigen Blütenengel<br />
reinzustellen (optional, nur<br />
wenn man trocknen will)<br />
• Drahtschneider, Hammer, dicker<br />
langer Nagel und Brett als Unterlage<br />
• Dicker Aludraht, Pfeifenputzer<br />
• Heissleimpistole<br />
• Steine, Kastanien und verschiedene<br />
Dahlien-Blüten<br />
• Acrylstifte für die Gesichter<br />
• Silicatsand oder Katzenstreu aus<br />
Silicat zum Trocken<br />
1<br />
3<br />
5<br />
Schritte 1 und 2:<br />
Aludraht auf gewünschte Länge zuschneiden<br />
und auf einer Seite zu einer<br />
Schnecke drehen. Pfeifenputzer auf gewünschte<br />
Länge zuschneiden und beide<br />
Seiten zu einer kleinen Schnecke drehen.<br />
Aludraht mit dem zur Schnecke<br />
gedrehten Teil nach unten mit Heissleim<br />
auf einen Stein kleben. Den Nagel durch<br />
die Rosskastanie hämmern und anschliessend<br />
wieder herausziehen.<br />
Somit habt ihr nachher ein Loch zum<br />
Durchfädeln des Drahts.<br />
2<br />
Schritte 3 und 4:<br />
Die Unterseite der Blüten komplett<br />
vom Blütenstängel befreien und von<br />
der Unterseite her mit dem Nagel<br />
mittig durchbohren. Danach sofort<br />
auf den Draht aufziehen.<br />
Mit den Acrylstiften noch Augen und<br />
Mund auf die durchbohrten Rosskastanien<br />
aufmalen<br />
4<br />
Schritte 5 und 6:<br />
Nachdem ihr alle Blüten, die Arme<br />
und das Kastanienköpfchen in der gewünschten<br />
Reihenfolge und Höhe<br />
auf ge fä delt habt, könnt ihr den Draht<br />
entweder direkt am Blütenhütchen<br />
abschneiden oder ihr könnt ihnen<br />
einen kleinen Heiligenschein drehen<br />
(jedem nach seinem Geschmack).<br />
Falls ihr eure fertigen Blüten-Engel erst<br />
trocknen wollt, dann stellt sie in euer<br />
bereitgestelltes Gefäss und füllt das<br />
Ganze mit Silikat-Sand oder Katzenstreu<br />
aus Silikat auf, bis alles gut bedeckt<br />
ist. Anschliessend alles ca. 1 Woche gut<br />
durchtrocknen lassen und dann das<br />
Streu langsam und vorsichtig abgiessen<br />
und den Rest ebenso vorsichtig vom<br />
getrockneten Blüten-Engel schütteln.<br />
Danach könnt ihr euch lange an euren<br />
kleinen getrockneten Herbst-Engelchen<br />
erfreuen.<br />
NATURZYT 11
Homöopathie für Mensch und Tier<br />
Die faszinierende Welt der Pilze<br />
Auch ich gehöre zu jenen Menschen, die im Spätsommer beginnen<br />
unruhig zu werden, sich freuen, wenn es ein paar Tage regnet, um danach<br />
fiebrig durch die Wälder zu streifen … In der Hoffnung, Eierschwämme oder<br />
gar ein paar Steinpilze zu finden.<br />
Olivia Scherrer ist Tierärztin und klassische<br />
Homöopathin für Mensch und Tier.<br />
Sie arbeitet in Zürich und Kloten. Weitere<br />
Informationen auf www.oliviascherrer.ch<br />
oder 076 528 41 81<br />
EIN PILZ IST KEINE PFLANZE<br />
In den letzten Jahren sind die Pilze aus<br />
dem Verborgenen etwas ins Rampenlicht<br />
gerückt. Es wurden Berichte und Bücher<br />
geschrieben und sogar Filme gedreht über<br />
die geheimnisvolle Welt der Pilze. Weil<br />
sich Pilze nicht fortbewegen können,<br />
wurden sie früher dem Reich der Pflanzen<br />
zugeordnet. Heute weiss man, dass sie<br />
weder Pflanzen noch Tiere sind, sondern<br />
ein eigenes Reich bilden. Gemäss Schätzungen<br />
gibt es 2–4 Millionen Arten von<br />
Pilzen (zum Vergleich: Pflanzenarten<br />
werden auf eine halbe Million, Tierarten<br />
auf 10–20 Millionen geschätzt). Pilze oder<br />
Fungi, wie sie wissenschaftlich heissen,<br />
zeigen sich in einer enormen Vielfalt.<br />
Wenn wir von Pilzen sprechen, stellen<br />
wir uns meist Speise- oder Giftpilze vor.<br />
Diese sind aber nur die Fruchtkörper der<br />
Mycelpilze. Der eigentliche «Körper»<br />
dieser Pilze ist ein grosses unterirdisches<br />
Netz von Pilzfäden, das sogenannte Mycel.<br />
Das heute vermutlich grösste Lebewesen<br />
der Welt ist ein Hallimasch aus Oregon<br />
mit einer Ausdehnung von über zehn<br />
Quadratkilometern und einem Gewicht<br />
von mehreren Hundert Tonnen. Pilze<br />
können aber auch ganz klein sein. Sie<br />
kommen sehr häufig als Mikroorganismen<br />
12 NATURZYT
vor und bestehen dann nur aus einzelnen<br />
Zellen. Auch ihre Aufgaben sind äusserst<br />
vielfältig. Geschätzte 90 Prozent der<br />
Pflanzen bilden mit dem Pilzmycel eine<br />
Symbiose zum gegenseitigen Vorteil. Die<br />
Pflanze versorgt den Pilz mit Kohlehydraten,<br />
der Pilz unterstützt die Pflanze bei<br />
der Aufnahme von Mineralien aus der<br />
Umgebung. Auch Signalstoffe werden<br />
über das Mycel zwischen den Pflanzen<br />
ausgetauscht, deshalb wird dieses immense<br />
unterirdische Netzwerk auch «Wood<br />
Wide Web» genannt. Andere Pilzarten<br />
wiederum, sogenannte Saprophyten, sind<br />
für den Abbau von toten Pflanzen oder<br />
Tieren zuständig.<br />
Auch wir Menschen nutzen Pilze<br />
seit Urzeiten: angefangen beim Zunderschwamm,<br />
der zum Anfachen von Feuer<br />
gebraucht wurde, über Hefepilze zur<br />
Herstellung von Brot und Bier, den<br />
Rauschpilzen, die bei vielen Völkern eine<br />
wichtige Rolle gespielt haben, bis hin<br />
zur medizinischen Nutzung. In Zukunft<br />
werden Pilze wohl auch vermehrt<br />
eingesetzt werden, um vom Menschen<br />
verursachte Umweltgifte wieder<br />
abzubauen.<br />
PILZE IN DER MEDIZIN<br />
Es gibt Hinweise, dass schon die Neandertaler<br />
sich die antibiotische Wirkung von<br />
Pilzen zunutze gemacht haben. Aber erst<br />
seit der Entdeckung des Penicillins<br />
durch Alexander Fleming im Jahre 1928<br />
wurden Antibiotika in der modernen<br />
Medizin eingesetzt. Es blieb nicht beim<br />
Penicillin. Auch viele andere Medikamente<br />
wie Immunsuppressiva und<br />
Cholesterinsenker werden heute aus<br />
Pilzen hergestellt.<br />
In der traditionellen chinesischen<br />
Medizin sind Heilpilze schon seit<br />
Jahrhunderten bekannt. Bei uns ist<br />
die Mykotherapie eine relativ junge<br />
Therapieform, die aber zunehmend bei<br />
chronischen Krankheiten und Krebserkrankungen<br />
bei Mensch und Tier<br />
als Ergänzung zur konventionellen<br />
Medizin eingesetzt wird.<br />
PILZE IN DER HOMÖOPATHIE<br />
In der Homöopathie wurden die Pilze<br />
bisher stark vernachlässigt. Es gibt nur<br />
wenige gut geprüfte Pilzmittel, was<br />
erstaunlich ist bei dieser grossen Vielfalt.<br />
Das am besten geprüfte und wahrscheinlich<br />
am häufigsten gebrauchte<br />
Mittel ist Agaricus muscarius, der<br />
Fliegenpilz. Agaricus wird vor allem<br />
eingesetzt bei Epilepsie und anderen<br />
Krankheiten mit Muskelzuckungen,<br />
Krämpfen und Tics. Auch ist er ein wichtiges<br />
Mittel bei Erfrierungen und Frostbeulen.<br />
Typische Empfindungen, die auf<br />
dieses Mittel hinweisen, sind ein kribbelndes<br />
Jucken und das Gefühl von Kälte auf<br />
der Haut, wie wenn Eis oder Eisnadeln<br />
die Haut berühren würden. Wer schon<br />
mal unterkühlte Finger oder Zehen hatte,<br />
wird diese Empfindung, den «Chuenagel»,<br />
kennen. Übrigens, der Chuenagel hat<br />
weder mit Kuh noch mit Nagel zu tun,<br />
sondern ist eine Zusammensetzung aus<br />
zwei Begriffen. «Agle» steht für einen<br />
spitzigen Gegenstand wie eine Nadel und<br />
«Chuen» heisst so viel wie stark. So macht<br />
das Wort «Chuenagel» doch Sinn!<br />
Pilze sind nicht nur tödliches Gift<br />
oder exquisiter Gaumenschmaus. Ihre<br />
Welt ist sehr viel grösser! Wer einmal<br />
in diese Welt eintaucht, wird sich kaum<br />
wieder davon lösen können.<br />
Text Olivia Scherrer<br />
Fotos Adobe Stock<br />
Büchertipps Robert Hofrichter:<br />
Das geheimnisvolle Leben der Pilze;<br />
Merlin Sheldrake: Verwobenes Leben<br />
Die Anwendung der aufgeführten Mittel erfolgt<br />
auf eigene Verantwortung und ersetzt keinen<br />
Arztbesuch. Eine Haftung der Verfasserin<br />
bzw. der Redaktion ist ausgeschlossen.<br />
Unter der Erde bilden Pilze<br />
das sogenannte Mycel, welches<br />
mit anderen Pflanzen eine<br />
Symbiose eingehen, von welcher<br />
beide profitieren.<br />
NATURZYT 13
Bunter Stinker<br />
Er sieht aus wie ein exotischer Vogel mit seinem<br />
prächtigen Kopfschmuck und dem orangebräunlichen<br />
Gefieder. «Du stinkst wie ein Wiedehopf», war früher<br />
eine gängige Redewendung. Woher dies wohl kommt?<br />
Der etwa amselgrosse<br />
Wiedehopf fällt nicht nur<br />
wegen seines Gefieders<br />
auf, sondern auch wegen<br />
seines langen gekrümmten Schnabels<br />
und seiner gut 6 Zentimeter langen,<br />
fuchsroten Federhaube.<br />
Der Wiedehopf liebt Streuobstwiesen<br />
mit Hochstammbäumen<br />
und war früher in der Schweiz<br />
weit verbreitet. Durch die intensive<br />
Landwirtschaft und den Einsatz<br />
von Pestiziden ging sein Lebensraum<br />
verloren und heute ist er nur<br />
ein seltener Gast. Als Zugvogel verlässt<br />
er bereits ab Ende Juli sein<br />
Brutgebiet und fliegt in den warmen<br />
Süden, um zu überwintern.<br />
14 NATURZYT
NATUR ERFAHREN<br />
Ein leider in der Schweiz<br />
selten zu bestaunendes<br />
Erlebnis.<br />
NATURZYT 15
EIN SELTENER GAST<br />
Im Frühling (März, April) kehrt er auch<br />
in die Schweiz zurück, aber nur noch<br />
im Wallis, dem Gebiet um den Genfersee<br />
und im Zürcher Unterland kann<br />
man ihn mit etwas Glück noch beobachten.<br />
Kein Wunder, ist er auf der roten<br />
Liste zu finden und eine priorisierte Art<br />
bei der Artenförderung.<br />
Auch sonst stellt der schöne Vogel<br />
hohe Ansprüche an seinen Lebensraum,<br />
besonders an ein üppiges Angebot<br />
an Grossinsekten; und auch geeignete<br />
Bruthöhlen, wie zum Beispiel in<br />
alten Hochstamm-Apfelbäumen, sind<br />
wichtig.<br />
Seine Beute jagt er am Boden, nur<br />
sehr selten sieht man ihn im Flug<br />
ein Insekt schnappen. Er frisst gerne<br />
Käfer, Grillen, Heuschrecken und<br />
Schmetterlingsraupen, aber auch<br />
Spinnen, Regenwürmer oder kleine<br />
Eidechsen und Frösche stehen ab und<br />
zu auf dem Menüplan. Die auf der<br />
Oberfläche laufenden Beutetiere verfolgt<br />
er, die im Boden verborgenen<br />
werden durch Stöchern aufgespürt.<br />
Als geeignete Bruthöhlen bevorzugt<br />
der Wiedehopf vor allem natürliche<br />
Baumhöhlen als Neststandorte, ebenso<br />
genützt werden verlassene Spechthöhlen,<br />
Halbhöhlen in Bruchsteinmauern<br />
oder Holzstössen, aber auch<br />
Höhlungen unter Wurzeln oder<br />
andere Erdhöhlen. Bei der Balz sucht<br />
das Männchen, das Weibchen durch<br />
laute Rufreihen mit aufgestellter<br />
Bildlegende weiss<br />
rechts<br />
(Photo: light)<br />
Typisch ist sein wellenförmiger,<br />
schmetterlingsartig<br />
gaukelnder Flug.<br />
Auffällig ist sein fuchsroter<br />
Kopfschmuck<br />
mit schwarzen Enden.<br />
Und mit dem langen<br />
Schnabel …<br />
… lässt sich im Vorbeiflug auch<br />
am Löwenzahn «stockern»<br />
oder war da doch ein kleines<br />
Insekt?<br />
16 NATURZYT
NATUR ERFAHREN<br />
Federhaube und gesträubtem Kehlgefieder<br />
zu überzeugen. Reagiert die<br />
Auserwählte, versucht er, sie mit<br />
Futterübergaben zu überzeugen, auf<br />
die vielfach lange Verfolgungsflüge<br />
folgen. Schlüpft das Weibchen schlussendlich<br />
in seine Höhle, ist ihm der<br />
Erfolg gewiss. Nach der Paarung,<br />
welche meistens auf dem Boden<br />
stattfindet, werden 5 bis 7 Eier gelegt.<br />
Das Wiedehopf-Weibchen bebrütet<br />
diese zwischen 16 bis 19 Tage bis zum<br />
Schlüpfen. Während der Nestlingszeit,<br />
welche bis zu 30 Tage dauert, und<br />
auch während der gesamten Brutzeit,<br />
werden das Weibchen und die Jungen<br />
vom Männchen mit Nahrung versorgt.<br />
Erst nach zirka 10 Tagen nach dem<br />
Schlüpfen beteiligt sich das Weibchen<br />
an der Futtersuche. Sobald die jungen<br />
flügge sind und das Nest verlassen,<br />
werden sie noch ein paar Tage von<br />
den Eltern gefüttert, bevor sie dann<br />
das Elternrevier verlassen.<br />
BUNTER SCHMETTERLING<br />
Bekannt ist der Wiedehopf durch<br />
seine aufrichtbare Federhaube, welche<br />
fuchsrot wirkt und an ihren Enden<br />
in einen weiss-schwarzen Abschluss<br />
auslaufen. Auch seine charakteristisch<br />
schwarz-weiss gebänderten Flügel mit<br />
gelben Einschlüssen und sein schwarzweisser<br />
Schwanz sind zu seinem<br />
rostbraunroten Körper ein intensiver<br />
Farbkontrast. Auffällig ist auch sein<br />
gut 6 Zentimeter langer und gebogener<br />
Schnabel. Typisch ist auch sein wellenförmiger,<br />
schmetterlingsartig gaukelnder<br />
Flug, welcher sehr instabil und<br />
NATURZYT 17
Anflug zum Baumhöhle,<br />
wo die Jungen schon<br />
hungrig warten.<br />
Wer ist jetzt wer?<br />
Weibchen und Männchen<br />
sind nicht einfach auseinanderzuhalten.<br />
Die Insekten werden an<br />
der Bodenoberfläche oder<br />
durch Stochern gejagt.<br />
18 NATURZYT
ungleichmässig wirkt. Eine Unterscheidung<br />
zwischen Männchen und<br />
Weibchen ist schwierig. Denn sie<br />
sehen beide sehr ähnlich aus, nur<br />
ist das Weibchen etwas kleiner und<br />
in der Färbung des Gefieders etwas<br />
matter.<br />
STINKEN WIE EIN WIEDEHOPF<br />
Die grössten Feinde des Wiedehopfes,<br />
neben uns Menschen, sind plötzlich<br />
auftauchende Greifvögel. Ist die<br />
gefahrlose Flucht nicht möglich in<br />
ein Versteck, haben die Wiedehopfe<br />
und ihre Jungen einige besondere<br />
Verhaltensweisen entwickelt. Eine<br />
davon ist, mit gespreizten Flügeln und<br />
den Schwanz flach auf den Boden,<br />
nur Hals, Kopf und Schnabel sind steil<br />
nach oben gerichtet, eine Tarnstellung<br />
einzunehmen. In dieser Stellung werden<br />
sie meistens übersehen. Junge<br />
Nestlinge zischen schlangen ähnlich,<br />
wenn sie sich im Nest bedroht fühlen,<br />
ältere spritzen als Abwehr ihren Kot<br />
aus der Höhle. Auch wenn sie gepackt<br />
werden, koten sie intensiv.<br />
Das ist aber noch nicht alles. Besonders<br />
wirkungsvoll ist ein Absondern<br />
eines sehr übel riechenden Sekretes<br />
aus der Bürzeldrüse. Dieses ist während<br />
der Brutzeit bei dem Weibchen und<br />
den Nestlingen, besonders intensiv<br />
und wird regelmässig abgegeben. Von<br />
daher geht der strenge Geruch von<br />
Wiedehopfbrutstätten aus. Und kommt<br />
die Redeweise «Du stinkst wie ein<br />
Wiedehopf».<br />
Text Michael Knaus Fotos Adobe Stock<br />
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ab Seite 42
Gabys Natur-Tagebuch<br />
Gruselige Geheimnisse im<br />
dunklen Fichtenwald<br />
Von magischen weissen Hexeneiern, bleichen Leichenfingern,<br />
die sich aus dem Waldboden emporstrecken, und nach Aas stinkenden<br />
Pilzen, die aussehen wie Morcheln und doch keine sind<br />
20 NATURZYT
Huhhh, dieses Mal wird es gruselig. Ich<br />
nehme euch mit in den finsteren Fichtenwald.<br />
Darin herrscht selbst bei schönstem<br />
Wetter um die Mittagszeit beklemmend<br />
stille Düsternis. Stellt euch vor, wie ein einzelner<br />
Sonnenstrahl eine Lücke im dichten Geäst der Fichten<br />
gefunden hat. Wie ein Scheinwerfer beleuchtet er<br />
etwas hell Leuchtendes, Weisses auf dem moosigen<br />
Wald boden. Was kann das nur sein? Sieht auf den<br />
ersten Blick wie nach kugelrunden Eiern aus, leicht<br />
eingegraben in ein Bett aus Fichtennadeln. Doch<br />
welches Tier mag an diesem Ort Eier hingelegt haben,<br />
zu dieser Jahreszeit, im <strong>September</strong>?<br />
Bei näherem Betrachten löst sich das Rätsel auf:<br />
Es sind Hexeneier! Nun, das tönt jetzt auch nicht wirklich<br />
beruhigend. Doch keine Angst, man wird nicht<br />
verhext beim Anblick oder der Berührung einer dieser<br />
geheimnisvollen, weissen Kugeln. Hexeneier sind das<br />
Entwicklungsstadium einiger weniger Pilzarten. Dazu<br />
gehören beispielsweise die Tintenfischpilze oder Stinkmorcheln<br />
(Phallus impudicus). Bei diesen Eiern hier<br />
handelt es sich um das Jungstadium der Stinkmorchel.<br />
Man kann sie je nach Wetter bereits ab Ende August,<br />
Anfang <strong>September</strong> in den Wäldern entdecken.<br />
Einmal war ich «gwundrig» und habe so ein Ei vorsichtig<br />
«seziert», respektive halbiert. Zum Vorschein<br />
kam ein wahres Kunstwerk. Da sieht man im äussersten<br />
Ring eine gallertartige Schicht. Sollte es für längere Zeit<br />
nicht regnen, so verhindert sie das Austrocknen. Die<br />
olivgrüne Masse hingegen, die sogenannte Gleba, ist die<br />
Fruchtschicht und bedeckt später den Kopfteil der ausgewachsenen<br />
Stinkmorchel. In der Mitte ist der weisse Stiel<br />
zu erkennen, der noch stark zusammengepresst ist.<br />
Ist das Ei «reif», platzt die äussere Hülle und der Stiel<br />
dehnt sich, langsam schält sich die Stinkmorchel heraus.<br />
Doch was heisst da langsam, das geschieht ziemlich<br />
schnell, so, dass sie innerhalb kürzester Zeit eine Höhe<br />
von 20 Zentimeter erreichen kann. Das geflügelte Wort<br />
«wie Pilze aus dem Boden schiessen» trifft auf die<br />
Stinkmorchel im Besonderen zu. Ihr Hut ist von der<br />
dickflüssig-schleimigen, olivgrünen Sporenmasse bedeckt.<br />
Auf der Spitze des Hutes kann man einen weissen<br />
Ring erkennen. Nun heisst der Pilz nicht umsonst<br />
Stinkmorchel und verströmt einen fürchterlich nach<br />
Aas stinkenden Geruch, der so stark ist, dass man den<br />
Pilz riechen kann, lange bevor man ihn sieht. Habt<br />
ihr also einen stechenden Aasgeruch in der Nase, so<br />
folgt ihm und ihr werdet mit grosser Wahrscheinlichkeit<br />
auf diesen höchst interessanten Pilz treffen. So<br />
geht es den Insekten, welche in grosser Zahl von diesem<br />
Geruch angezogen werden. Insbesondere allerlei Gattungen<br />
Fliegen tummeln sich auf der zuckerhaltigen<br />
Porenmasse des Hutes und tragen sie oft innert weniger<br />
Stunden komplett ab. Damit sorgen sie nicht nur für<br />
die Verbreitung der Samen, sondern auch dafür, dass<br />
der Pilz seinem Namen «Leichenfinger» gerecht wird.<br />
Nachdem nämlich die olivgrüne Masse komplett abgetragen<br />
worden ist, bleibt nur noch<br />
der schneeweisse Hut auf dem<br />
weissen Stiel übrig. Von Weitem<br />
erinnert er damit im dunklen Wald<br />
ein wenig an weisse Finger, die sich Aufgeschnittenes «Hexenei»<br />
da einem aus dem dunklen Waldboden<br />
entgegenstrecken.<br />
Übrigens haben der Gestank und<br />
das an die Morchel erinnernde Aussehen der Stinkmorchel<br />
zu ihrem Namen verholfen. Den Zusammenhang<br />
mit dem lateinischen Namen Phallus impudicus<br />
muss angesichts seiner Form wohl nicht näher erörtert<br />
werden.<br />
Nächstes Mal, ich verspreche es, wird es nicht mehr so<br />
gruselig werden, bis dann, hebed en gueti (Natur-) Zyt<br />
Herzlichst, eure Gaby<br />
Text/Fotos Gaby Kistler<br />
Gaby Kistler – Naturvermittlerin mit Leib und Seele<br />
Auf ihrer Homepage www.naturtagebuch.ch<br />
und der gleichnamigen<br />
Facebook-Seite zeigt Gaby, was es im<br />
Laufe der Jahreszeiten in Wäldern und<br />
Wiesen vor unserer Haustüre so alles<br />
zu entdecken gibt. Sie lebt am Ricken -<br />
pass, wo sie einen Gemüse-, Obst-,<br />
Beeren- und Heilkräutergarten pflegt.<br />
So findet man auf ihren Seiten auch<br />
Tipps für den Garten, zum Einmachen,<br />
zur Verwertung von Wildfrüchten und<br />
vieles mehr.<br />
NATURZYT 21
Ernestines Kräuterapotheke<br />
Wilde Malve (Käslikraut) –<br />
beruhigt gereizte Haut<br />
Die Malve hilft bei Katarrhen der Atemwege, Reizhusten,<br />
Heiserkeit und Halsentzündung. In der Volksmedizin wird sie auch<br />
bei Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt.<br />
<strong>22</strong> NATURZYT
HILFT BEI REIZHUSTEN UND<br />
HEISERKEIT<br />
Malventee lindert Entzündungen der<br />
Mund- und Rachenschleimhaut sowie<br />
Erkrankungen der oberen Atemwege<br />
wie Reizhusten, Heiserkeit und Kehlkopfentzündung.<br />
Für die reizlindernde<br />
Wirkung bei Schleimhautentzündungen<br />
ist der hohe Schleimgehalt der Wilden<br />
Malve verantwortlich. Die Schleimstoffe<br />
legen sich wie ein Schutzfilm über die<br />
gereizten und entzündeten Schleimhäute,<br />
insbesondere der Atmungs organe.<br />
Dadurch kommt es zur rascheren Abheilung<br />
und Schmerzen werden gemildert.<br />
Die Schleimstoffe wirken auch hustenlösend,<br />
das zähe Bronchialsekret wird<br />
verdünnt und lässt sich besser abhusten.<br />
LINDERT GASTRITIS<br />
Auch bei Magen-Darm-Schleimhautentzündung<br />
wie Gastritis hilft der schleimhaltige<br />
Malventee. Er bindet Gifte, aber<br />
auch Nährstoffe, daher sollte der Malventee<br />
zyklisch eingenommen werden, z.B.<br />
1 Woche trinken, 1 Woche Pause machen.<br />
Auch andere Mitglieder der Malvenfamilie<br />
(Malvaceae) dienen der Heilkunde<br />
und werden genauso angewendet, insbesondere<br />
der Echte Eibisch (Althaea<br />
o ffi c i n a l , dessen i s ) Wurzel besonders viel<br />
Pflanzenschleim enthält. Die weiss bis<br />
blassrosa blühende Weg-Malve (Malva<br />
neglecta) wird in der Volksmedizin gleichwertig<br />
wie die Wilde Malve (Malva<br />
sylvestris) eingeschätzt.<br />
BERUHIGT GEREIZTE HAUT<br />
Der Tee aus den Käslikrautblättern wird<br />
für Bäder bei entzündeten Wunden,<br />
Ekzemen, Neurodermitis, Furunkeln<br />
und Nagelbettentzündung angewendet.<br />
Teeauflagen oder Kompressen wirken<br />
beruhigend auf die Haut, leicht kühlend<br />
und juckreizlindernd.<br />
INHALTSSTOFFE<br />
Neben den reizlindernden Schleimstoffen<br />
sind als Inhaltsstoffe noch ätherisches<br />
Öl, Gerbstoffe sowie in den Blüten eine<br />
Anthocyanverbindung namens Malvin<br />
bekannt. Anthocyane sind natürliche<br />
rot-blauviolette Farbstoffe, die zellschützend<br />
wirken. Anthocyane finden<br />
sich z.B. auch in Schwarzen Johannisbeeren,<br />
Heidelbeeren, roten Weintrauben.<br />
MALVEN IN DER NATUR<br />
Die Wilde Malve liebt sonnige Standorte,<br />
und wir finden Sie an Weg- und<br />
Wiesenrändern, Zäunen, auf Mauern<br />
und Schutthalden. Sie ist eine Staude<br />
und wird etwa 50 bis 120 Zentimeter<br />
hoch. Aus einer spindelförmigen Wurzel<br />
wachsen mehrere ästige, rauhaarige<br />
Stengel. Sie tragen lang gestielte, rundliche,<br />
meist fünflappige Blätter, die<br />
beiderseits behaart und am Rand gekerbt<br />
sind. In den Blattachseln entspringen<br />
büschelweise lange, ebenfalls behaarte<br />
Blütenstiele, die am Ende rosarote Blüten<br />
tragen. Die jeweils fünf Blütenblätter<br />
einer Blüte sind am Rand eingebuchtet<br />
und mit dunklen Längsstreifen versehen.<br />
Namen wie «Käsepappel» oder «Chäslikrut»<br />
nehmen Bezug auf die scheibenförmigen<br />
Früchte der Malve, die wie<br />
kleine Käselaibe aussehen. Und «Pappel»<br />
kommt vom altdeutschen «Papp», was<br />
«Brei» bedeutet. Früher wurde ein Getreidebrei<br />
aus Schrot und Malvenblättern<br />
gekocht, der sehr schleimig, das heisst<br />
«pappig» war. So bedeutet «Käsepappel»<br />
so viel wie «schleimiges Käselaibchen»<br />
und deutet auf den hohen Schleimgehalt<br />
der Pflanze hin. Der Gattungsname<br />
«Malva» leitet sich aus dem griechischen<br />
Wort «malakos» ab, was weich bedeutet.<br />
Ebenfalls ein Hinweis auf die enthaltenen<br />
Schleimstoffe, die erweichend wirken.<br />
MALVEN IM GARTEN<br />
Die Wilde Malve ist häufig in bunten<br />
Bauerngärten zu finden. Sie bevorzugt<br />
durchlässige, humose, etwas kalkhaltige<br />
Böden mit hohem Nährstoffgehalt an<br />
sonniger, windgeschützter Lage. Die Samen<br />
werden im April ins Freiland gesät oder<br />
Jungpflanzen im Abstand von 30 bis<br />
40 Zentimetern gesetzt. Malven werden<br />
häufig von Malvenrost befallen, dabei<br />
schützt und stärkt Schachtelhalmtee ins<br />
Giesswasser. Die Wilde Malve gedeiht<br />
auch im Topf auf dem Balkon. Sie braucht<br />
reichlich Wasser, verträgt allerdings keine<br />
Staunässe. Eine Unterart der Wilden<br />
Malve ist die Mauretanische Malve mit<br />
dunkelvioletten Blüten. Sie enthält mehr<br />
Pflanzenschleime und mehr zellschützende<br />
Anthocyane und ist damit heilkräftiger.<br />
ERNTE UND AUFBEWAHREN<br />
Ab Juni pflücken Sie die Blüten mit Kelch,<br />
aber ohne Stengel. Am besten ernten Sie<br />
an sonnigen Tagen vormittags täglich<br />
einige Blüten und Blätter, die zum<br />
Trocknen vorsichtig im Schatten ausgebreitet<br />
werden. Das Trocknen der<br />
Malve braucht grosse Sorgfalt, da sie<br />
besonders viel Feuchtigkeit enthält. Auch<br />
das Trocknen auf dem Dörrgerät dauert<br />
etwas länger als bei anderen Pflanzen.<br />
Während des Trocknens verfärben sich<br />
die Blüten tiefblau. Das Trockengut anschliessend<br />
in dunklen Gefässen und<br />
vor Feuchtigkeit geschützt aufbewahren.<br />
Blätter haben manchmal rot-braune<br />
Flecken, dies könnte auf einen Pilzbefall<br />
hindeuten, daher diese nicht sammeln.<br />
WAS SAGEN DIE ALTEN KRÄUTER-<br />
KUNDIGEN?<br />
Die Malve gehört zu den ältesten Heilund<br />
Nutzpflanzen. Bereits vor 5000 Jahren<br />
bei den alten Chinesen waren Malven<br />
unter dem Namen «Tung Kuei Tze» eine<br />
sehr geschätzte Heilpflanze bei Verdauungsstörungen.<br />
Auch in der Bibel findet<br />
die Malve Erwähnung, als Moses den<br />
Fieberkranken Malventee zu trinken gab.<br />
Die alten Römer nannten die Wilde Malve<br />
«omnimorbium», was «heilsam gegen<br />
alle Krankheiten» bedeutet. Das alte<br />
Sprichwort «Malve im Gemüsegarten<br />
lässt den Doktor draussen warten» drückt<br />
die grosse Wertschätzung aus, die der<br />
Malve seit früher Zeit zuerkannt wird.<br />
Kräuterkurse und Kräuterrundgänge<br />
mit Ernestine<br />
Ernestine Astecker ist kant. appr. Naturheilpraktikerin<br />
und arbeitet in eigener Gesundheitspraxis<br />
in Fruthwilen, im Thurgau. In<br />
Kräuterkursen und auf Kräuterspaziergängen<br />
gibt sie gerne ihre Begeisterung, ihr Wissen<br />
und ihre Erfahrung über Heilpflanzen weiter.<br />
Nähere Informationen zum Kursangebot<br />
unter www.eastecker.ch oder<br />
Telefon 043 3<strong>22</strong> 86 70.<br />
NATUR ERFAHREN<br />
NATURZYT 23
Malve<br />
in der Kräuterapotheke<br />
Hildegard von Bingen dagegen riet<br />
wegen des hohen Schleimgehaltes, der<br />
«dicken, giftigen Säfte», vom Genuss<br />
der rohen Pflanze ab. Sie empfahl aber<br />
die Einnahme von zermörserten Blättern<br />
bei schwachem Magen.<br />
Bei Pfarrer Künzle war die Wilde<br />
Malve hochgeschätzt. Er empfahl frische,<br />
zerquetschte Blätter als vorzügliche Auflage<br />
bei Insektenstichen, Quetschungen,<br />
da sie Brand und Entzündung nehmen<br />
und Giftstoffe ausziehen. Und er schrieb,<br />
dass Malventee heilsam bei inneren Entzündungen<br />
ist und auch Lungenkranken<br />
gut tut. Weiter ist bei Pfarrer Künzle<br />
zu lesen: «Wer schwache Därme oder<br />
Darmgeschwüre hat, geniesse Malvenblätter,<br />
die mit Gerste zusammen wie<br />
eine Suppe zubereitet werden.»<br />
HEILPFLANZE FÜR TIERE<br />
Aufgrund ihres hohen Schleimgehaltes<br />
wirkt die Malve reizlindernd und einhüllend.<br />
Malventee kann bei Tieren mit<br />
Magen-Darm-Schleimhautentzündung<br />
und leichten Durchfällen angewendet<br />
werden. Bei Beschwerden der Atemwege<br />
wie Husten wird die Malve zusammen<br />
mit Spitzwegerich als kalt angesetzter<br />
Tee genutzt.<br />
MALVE IN DER KRÄUTERKÜCHE<br />
Junge Malvenblättchen eignen sich roh<br />
für Salat, bereichern jede Kräutersuppe<br />
oder lassen sich wie Spinat dünsten.<br />
Ausserdem werden sie in der Quiche<br />
oder im Auflauf verwendet. Die Schleimstoffe<br />
wirken leicht eindickend und<br />
ersetzen das Bindemittel. Die angenehm<br />
mild schmeckenden Blüten der Malve<br />
sind eine farbenfrohe essbare Dekoration<br />
für Salate, Kräuterquark, kalte Platten,<br />
Desserts und eignen sich zum Färben<br />
fruchtiger Cocktails und Blütenlimonade.<br />
Auch die unreifen grünen Früchte, die<br />
wie kleine «Käselaibchen» aussehen, sind<br />
essbar und schmecken leicht nussig.<br />
Liebe Leserin, lieber Leser, wenn es mir<br />
gelungen ist, Sie mit diesem Kräuterartikel<br />
zu motivieren und zu ermutigen,<br />
selber das eine oder andere Rezept auszuprobieren<br />
und Erfahrungen mit den<br />
Schätzen der Natur zu gewinnen, freut<br />
mich das sehr. Ich wünsche Ihnen viel<br />
Freude und gutes Gelingen.<br />
Ihre Ernestine<br />
Text/Foto Ernestine Astecker<br />
Quellen und weiterführende Literatur<br />
Brendieck-Worm, C., Klarer, F., Stöger, E.,<br />
Heilende Kräuter für Tiere. Bühring, U.,<br />
Praxislehrbuch der modernen Heil pflanzen<br />
kunde. Fleischhauer, S.G., Spiegelberger,<br />
R., Guthmann, J., Enzyklopädie<br />
Essbare Wildpflanzen. Frohn, B., Lexikon<br />
der Heilpflanzen und ihrer Wirkstoffe.<br />
Pawlow, M., Das grosse Buch der<br />
Heilpflanzen. Vonarburg, B., Natürlich<br />
gesund mit Heilpflanzen. Wichtl, M.,<br />
Teedrogen. Willfort, R., Gesundheit<br />
durch Heilkräuter.<br />
MALVEN-TEE<br />
1 TL Malvenblüten oder eine Mischung<br />
mit Blüten und Blättern mit 1 Tasse<br />
kaltem Wasser übergiessen und 1 bis<br />
2 Stunden ziehen lassen. Gelegentlich<br />
umrühren. Abfiltrieren. 2 bis 3 Tassen<br />
täglich schluckweise trinken. So wird<br />
der Tee im Mund erwärmt und werden<br />
die Schleimhäute benetzt. Eine Woche<br />
lang durchführen, dann eine Woche<br />
Pause. Diesen Zyklus 2- bis 3-mal<br />
wiederholen. Malventee lindert Entzündungen<br />
der Mund- und Rachenschleimhaut<br />
und hilft bei Reizhusten und<br />
Heiserkeit. Ausserdem ist der Tee bei<br />
Magen- und Darmschleimhautentzündung<br />
von Nutzen.<br />
Malventee kann auch zum Gurgeln<br />
bei Halsschmerzen sowie für Waschungen<br />
und Umschläge verwendet werden.<br />
Wichtig ist, dass Malventee vor jeder<br />
Anwendung frisch hergestellt wird.<br />
Da der Tee kalt zubereitet wird, siedeln<br />
sich beim Stehen über einen ganzen<br />
Tag Keime an. Bei heisser Zubereitung<br />
(Teeaufguss) geht ein Grossteil der heilsamen<br />
Schleimstoffe verloren.<br />
Die Malve bereichert viele Tee mischungen<br />
und wird gerne in Hustenteemischungen<br />
z.B. mit Schlüsselblumen<br />
und Spitzwegerich verwendet.<br />
Sogenannter «roter Malventee»<br />
besitzt nicht die Heilkraft der Wilden<br />
Malve, den er besteht aus Hibiskusblüten.<br />
Hibiskus (Hibiscus sabdariffa)<br />
enthält keine Pflanzenschleime. Er<br />
ist säurehaltig und reizt empfindliche<br />
Schleimhäute. Medizinisch wirksam<br />
ist nur der «blaue Malventee» aus der<br />
Wilden Malve (Malva sylvestris) und<br />
der Weg-Malve (M. neglecta). Hibiskustee<br />
ist aber ein guter Durstlöscher.<br />
Die Anwendung der angeführten Rezepturen<br />
erfolgt auf eigene Verantwortung und ersetzt<br />
keinen Arztbesuch. Eine Haftung der Ver fas serin<br />
bzw. der Redaktion ist ausgeschlossen.<br />
24 NATURZYT
Herstellung Malvenöl<br />
Malvenöl beruhigt gereizte, spröde<br />
und rissige Haut. Es kann ausserdem<br />
zur Pflege trockener und empfindlicher<br />
Haut eingesetzt werden.<br />
NATUR ERFAHREN<br />
Anwendung: Nach Bedarf auf die<br />
betroffenen Hautstellen auftragen<br />
und einziehen lassen. Das Öl eignet<br />
sich auch gut zur Weiterverwendung<br />
in Heilcremes und Heilsalben.<br />
Schraubglas (Einmachglas), frische<br />
oder getrocknete Malvenblüten,<br />
Sonnenblumenöl (Bio-Qualität), kleines<br />
Sieb, Filterpapier oder Leinentuch,<br />
dunkle Flaschen mit Schraubverschluss.<br />
Das Schraubglas zu zwei Dritteln mit<br />
Malvenblüten füllen. Mit Sonnenblumenöl<br />
übergiessen und bis zur<br />
Glas-Biegung auffüllen. Alle Pflanzenteile<br />
müssen mit ÖL bedeckt sein. Das<br />
Glas 2 bis 3 Wochen an einem hellen<br />
Ort stehen lassen. Gelegentlich schütteln.<br />
Hinweis: Frische Malvenblüten<br />
neigen zum Schimmeln, daher das Glas<br />
1 bis 2 Tage lang nur mit Gaze bedecken,<br />
damit die Feuchtigkeit aus den Blüten<br />
entweichen kann. Und anschliessend<br />
mit dem Schraubdeckel verschliessen.<br />
Anschliessend das Malvenöl<br />
durch ein Sieb mit Teefilter<br />
oder Leinentuch filtrieren. In<br />
dunkle Flaschen füllen und<br />
kühl (aber nicht im Kühlschrank)<br />
aufbewahren.
Tierisch gute Interviews<br />
Interview mit Bru<br />
Wir sind nicht die einzigen Lebewesen auf diesem Planeten,<br />
doch wir sehen die Dinge immer nur aus unserer Sicht.<br />
Wie aber wäre es, wenn wir hören könnten, was unsere 4-, 8-<br />
oder 111-beinigen Mitbewohner dieser Erde uns zu sagen haben?<br />
Was würden sie wohl über uns Menschen denken, und wie<br />
würden sie ihr Zusammenleben mit uns empfinden?<br />
26 NATURZYT
no Brauner Bär<br />
Eine spannende Idee – sähen wir das ganze<br />
einmal aus ihrer Sicht und erführen, was<br />
sie uns alles zu sagen hätten. Naturzyt<br />
hat sich deshalb entschlossen, neue Wege<br />
aus zuprobieren und sich darüber Gedanken zu<br />
machen, was wäre, wenn sie wie wir sprächen und<br />
wir sie einfach fragen könnten.<br />
Sie verbringen Ihr Leben meist unentdeckt,<br />
verborgen im Dunkel der Nacht. Nur ihre Kinder<br />
in ihren pelzigen Kleidern fallen ab und an guten<br />
Beobachtern ins Auge. Lichtquellen ziehen sie des<br />
Nachts an und geben uns kleine Chancen, diese<br />
wundervollen und tagsüber so gut getarnten Wesen<br />
zu beobachten. Sie leisten uns mit ihrer Arbeit einen<br />
unschätzbaren Dienst. Die Rede ist von unseren<br />
wunder- und geheimnisvollen Nachtfaltern.<br />
Als ich bei einem Kurzbesuch mit meiner<br />
Freundin an einem hübschen See spazieren ging,<br />
sprang mir plötzlich diese wunderschöne, haarige<br />
Raupe ins Auge, und ich musste einfach innehalten<br />
und sie fotografieren. Was würde wohl für ein<br />
Schmetterling aus ihr werden? Das musste ich unbedingt<br />
herausfinden, weshalb sich ein Interview<br />
mit diesem hübschen Gesellen geradezu anbot.<br />
MEIN GOTT, BIST DU ABER EINE HÜBSCHE<br />
RAUPE. AUS DIR WIRD SICHERLICH AUCH<br />
MAL EIN GANZ SCHÖNER SCHMETTERLING.<br />
HÄTTEST DU ZEIT UND LUST, MIT MIR EIN<br />
INTERVIEW ZU FÜHREN?<br />
Hallo meine Dame, was ist denn ein Interview?<br />
Kann man das auch essen?<br />
NEIN, ESSEN KANN MAN DAS NICHT. ABER<br />
WENN DU MIR EIN BISSCHEN WAS VON<br />
DIR ERZÄHLEN WÜRDEST, DANN KÖNNTEN<br />
UNSERE LESER SICH EIN BILD VON EUCH<br />
UND EUREN BEDÜRFNISSEN MACHEN.<br />
Aha, und was sind denn Leser?<br />
ENTSCHULDIGE. ALSO ICH BIN GINI VOM<br />
NATURZYT MAGAZIN, UND ICH MACHE INTER-<br />
VIEWS – ALSO GESPRÄCHE MIT VERSCHIE-<br />
DENEN PERSÖNLICHKEITEN UND SCHREIBE<br />
DANN EINEN ARTIKEL DARÜBER. SO BRINGE<br />
ICH DEN MENSCHEN DIE NATUR UND IHRE<br />
DARIN LEBENDEN WESEN NÄHER UND SCHAFFE<br />
EIN BESSERES VERSTÄNDNIS FÜR ALLE ARTEN.<br />
DAS HOFFE ICH ZUMINDEST.<br />
Ach so, jetzt verstehe ich, was du meinst. Also<br />
ich bin Bruno Brauner Bär, freut mich, dich kennen<br />
zu lernen. Was soll ich dir denn erzählen?<br />
OH, FREUT MICH SEHR, BRUNO. BRAUNER BÄR,<br />
DAS TÖNT SEHR SPANNEND. WAS FÜR EINE<br />
ART RAUPE BZW. SCHMETTERLING BIST DU<br />
DENN?<br />
Ich bin ein Brauner Bär, wie mein Name ja andeutet.<br />
Braune Bären gehören zur Unterfamilie der Bärenspinner.<br />
Ich werde also mal ein Nachtfalter werden.<br />
Und ein ausgenommen hübscher noch dazu.<br />
EIN NACHTFALTER ALSO. DANN WERDEN DICH<br />
ABER KAUM SEHR VIELE MENSCHEN ZU GESICHT<br />
BEKOMMEN, DA DU JA DANN NACHTAKTIV BIST.<br />
DU BIST ABER AUCH EINE ZIEMLICH SCHÖNE<br />
RAUPE MIT DEINEN LANGEN HAAREN. WESHALB<br />
NENNT MAN EUCH EIGENTLICH BÄR?<br />
Das liegt wohl an unserem dichten braunschwarzen<br />
Pelz und an unseren tapsigen Bewegungen, die an<br />
einen Bären erinnern.<br />
JA, DAS TÖNT FÜR MICH LOGISCH. ERZÄHL<br />
MIR DOCH WAS ÜBER EUCH. WOVON LEBT<br />
IHR? WO LEBT IHR UND WIE LANGE LEBT IHR?<br />
Das mach ich gerne. Also ich bin aus einem Ei<br />
geschlüpft im letzten Spätsommer. Ich habe<br />
mich dann auf den Weg gemacht, um Essbares für<br />
mich zu suchen, wie alle meine Brüder und<br />
Schwestern auch. Wir ernähren uns von vielen<br />
verschiedenen Pflanzen wie z.B. verschiedenen<br />
Ampfer-Arten, Löwenzahn, Brennnesseln und<br />
Mädesüss. Auch Himbeeren, Brombeeren und<br />
Weiden, Eichen und Eschen mag ich. Die Lupine<br />
schmeckt mir nebenbei auch ganz ausgezeichnet.<br />
Für uns ist ökologische Vielfalt sehr wichtig.<br />
Wir leben gerne in strukturreichen, feuchten und<br />
kühlen Habitaten. Wie etwa an Waldwegen und<br />
Schneisen, Binnen- und Aussensäumen, Lichtungen<br />
und Kahlschlägen und feuchten Waldwiesen.<br />
NATUR BEWAHREN<br />
NATURZYT 27
Aber auch gebüschreiches Offenland, Moore,<br />
Dämme, Ufer, Böschungen, Kiesgruben<br />
und naturnahe Gärten mögen wir. Wir leben<br />
aber nur eine Generation im Jahr lang. Das<br />
heisst, nachdem ich mich nun schon mehrfach<br />
gehäutet habe, das muss ich, weil ich ja ständig<br />
wachse, wenn ich esse, werde ich mich dann<br />
so gegen Ende Juni an einem Ort am Boden verpuppen<br />
und ca. im Juli und August als Nachtfalter<br />
durch das Dunkel fliegen, um nach einer<br />
Partnerin Ausschau zu halten.<br />
Im Gespräch mit NATURZYT<br />
Bruno Brauner Bär, angehender Nachtfalter. Liebt als Raupe<br />
Sauerampfer und als Nachtfalter das Fliegen durch helle Mondnächte.<br />
WOVON ERNÄHRT IHR EUCH DENN ALS<br />
SCHMETTERLINGE? UND SEID IHRE EHER<br />
KLEIN ODER GEHÖRT IHR ZU DEN GRÖS-<br />
SEREN ARTEN?<br />
Wir nehmen als Nachtfalter keine Nahrung<br />
mehr zu uns, da unsere Saugrüssel zurückgebildet<br />
sind und wir so keinen Nektar saugen<br />
können. Wir leben lediglich, um uns zu verpaaren<br />
und damit unsere Damen ihre ca. 500<br />
perlweissen Eier auf der Unterseite von Blättern<br />
an grösseren ein lagigen sogenannten Eispiegeln<br />
ablegen. Als Raupe überwintern wir in zirka<br />
der Hälfte unserer Zyklen. Wir werden bis zu<br />
6 Zentimeter lang, bevor wir uns in einem<br />
dichten Gespinst verpuppen. Als Nachtfalter können<br />
wir eine Flügelspannweite von ca. 6,5 Zentimeter<br />
erreichen. Wir gehören also schon zu den grösseren<br />
Arten.<br />
ALSO ALS RAUPE HABE ICH DICH NUN<br />
GE SEHEN MIT DEINEM SCHÖNEN SCHWARZ-<br />
BRAUNEN PELZ, DAZU HABEN ICH EINE<br />
FRAGE. ES GIBT JA RAUPEN, WELCHE FÜR<br />
UNS MENSCHEN GEFÄHRLICH SEIN KÖNNEN,<br />
WEIL SIE BRENNHAARE HABEN, WELCHE<br />
AKUTEN ALLERGIEN AUSLÖSEN KÖNNEN.<br />
IST DAS BEI DEINEN HAAREN AUCH SO?<br />
Naja, also ich würde niemandem empfehlen, eine<br />
behaarte Raupe mit der blossen Hand anzufassen.<br />
Wir sind sicherlich nicht alle so gefährlich wie<br />
der Eichenprozessionsspinner, welcher regelrechte<br />
Asthmaanfälle und anaphylaktische Schocks<br />
auslösen kann. Aber wenn ihr uns anfasst und<br />
ein paar unserer Haare dabei abbrechen, kann<br />
das schon auch eine Allergie auslösen, da wir<br />
ein Gift in uns tragen. Am besten, ihr lasst uns<br />
einfach unserer Wege ziehen, wenn ihr uns überhaupt<br />
seht.<br />
WAS, WENN IHR EUCH MITTEN AUF EINER<br />
GETEERTEN STRASSE BEFINDET UND<br />
WIR EUCH GERNE AN EINEN SICHEREREN<br />
ORT VERSETZEN MÖCHTEN, WEIL IHR SONST<br />
GEFAHR LAUFT, ÜBERFAHREN ODER VON<br />
EINEM HUNGRIGEN VOGEL ERWISCHT<br />
ZU WERDEN?<br />
Dass ihr euch sorgt, ist aber voll lieb. Danke. Dann<br />
nehmt doch ein Taschentuch oder ein Blatt, auf<br />
das ihr uns vorsichtig schieben könnt. Dann könnt<br />
ihr uns gefahrlos umsetzen. Nur bitte nachher<br />
die Nase nicht mehr mit dem Taschentuch putzen.<br />
Angst müsst ihr aber vor uns sicher nicht haben,<br />
nur Respekt.<br />
DAS IST EINE GUTE IDEE. DANKE, UND<br />
RES PEKTIEREN SOLLTE MAN SCHLIESSLICH<br />
JA JEDES LEBEWESEN, NICHT WAHR.<br />
KANNST DU MIR SAGEN WIE IHR DENN<br />
ALS NACHT FALTER AUSSEHT?<br />
Oh, wir sind auch als Nachtfalter sehr gutaussehend.<br />
Wir haben braune Deckflügel, welche mit einem<br />
Weissen Netz überzogen sind, und weisse Fühler.<br />
Das tarnt uns während des Tages, wenn wir auf<br />
Stämmen oder in Gehölzen auf die Nacht warten.<br />
Dazu haben wir kräftige, braun-orange behaarte<br />
Körper und orange gefärbte Unterflügel mit<br />
schwarz umrandeten blauen Punkten, welche<br />
wir aber nur bei Gefahr zeigen. Das soll unsere<br />
Fress feinde wie z.B. Meisen verwirren und ihnen<br />
zeigen, dass wir giftig und somit nicht geniessbar<br />
sind. Die Taktik geht meistens auf, und wir<br />
können fliehen.<br />
DAS IST ABER EINE SEHR CLEVERE<br />
STRATEGIE.<br />
Hast du noch mehr Fragen?<br />
28 NATURZYT
EINE WICHTIGE HABE ICH NOCH. MAN HÖRT,<br />
DASS VIELE NACHTFALTER PROBLEME<br />
MIT UNSERER ZUNEHMENDEN NÄCHTLICHEN<br />
LICHTVERSCHMUTZUNG HABEN. WIE IST<br />
DAS BEI EUCH?<br />
Das ist tatsächlich ein sehr grosses Problem<br />
auch für uns. Deswegen sind wir immer mehr<br />
am Verschwinden. Nicht nur, dass eure intensive<br />
Landwirtschaft und die steigenden Einsätze<br />
von Pestiziden uns zu schaffen machen, nun<br />
verwirren uns auch eure grellblauen Lichtquellen<br />
von Strassenlaternen und Industriebeleuchtungen.<br />
Da wir uns sehr gut am Mondlicht<br />
orientieren, locken diese Lichter uns an<br />
und lassen uns unermüdlich um sie herumfliegen,<br />
was uns einerseits zur leichten Beute für Fledermäuse<br />
macht und uns andererseits so sehr<br />
erschöpft, dass wir kaum noch Energie zur Vermehrung<br />
haben. Das Ganze hat uns bereits<br />
auf die Liste der gefährdeten Arten gebracht.<br />
Jetzt erhältlich.<br />
Für jedes zehnte verkaufte Buch<br />
spenden wir 1 Buch an Kinder.<br />
NATUR BEWAHREN<br />
DAS IST ALLERDINGS EIN SEHR GROSSES<br />
PROBLEM. GIBT ES DENN IRGENDETWAS,<br />
WAS WIR FÜR EUCH TUN KÖNNTEN, UM<br />
EUCH ZU HELFEN? WAS WÜRDEST DU DIR<br />
VON UNS WÜNSCHEN?<br />
Ich fände es grossartig, wenn ihr weniger Lampen<br />
aufstellt. Oder benutzt wenigstens gelbes Licht,<br />
wie das der LED-Lampen, das zieht uns nicht an.<br />
Lasst eine Ecke im eurem Garten verwildern,<br />
so eine Ecke mit Totholz und wuchernden Brennnesseln<br />
zum Beispiel. Schneidet eure Staudenbeete<br />
erst im Frühjahr zurück. Das gibt uns lange<br />
natür liche Rückzugsmöglichkeiten. Pflanzt eure<br />
Gärten und Beete vielfältiger an. Vielleicht mit<br />
etwas Wiesen-Sauerampfer, oder Mädesüss-Büsche<br />
wie Schneeball, Sal-Weide oder Himbeere kommen<br />
unseren Bedürfnissen auch entgegen. Das wäre<br />
mein Wunsch an euch. Verwildert etwas, das tut<br />
euch und uns gut.<br />
DAS WERDE ICH UNSEREN LESERN GERNE<br />
MITTEILEN. ICH DANKE DIR FÜR DIESE<br />
INFORMATIVE UND AUFSCHLUSSREICHE<br />
GESPRÄCH, LIEBER BRUNO. ES HAT MICH<br />
SEHR GEFREUT. ICH WÜNSCHE DIR ALLES<br />
GUTE AUF DEINEM ZUKÜNFTIGEN WEG.<br />
Gerne geschehen, es war mir eine Freude, euch zu<br />
zeigen, wer wir sind.<br />
Text, Foto, Illustration Virginia Knaus<br />
Ravensong – Auch Tiere haben eine Stimme<br />
Die Autorin Virginia Knaus gibt unseren Wildtieren, vor allem<br />
den kleinen, eine Stimme. In spannenden und packenden<br />
Interviews schafft sie es, uns mehr Verständnis gegenüber<br />
unseren 4-, 8- oder 111-beinigen Mitbewohnern zu vermitteln.<br />
In 25 spannenden Interviews erzählen unsere Mit bewohner,<br />
wie beispielsweise Anton Ameise, Fritz von Schmeiss-Fliege,<br />
Karlchen Käfer und viele mehr, wer sie sind, wie sie leben<br />
und auch was sie von uns Menschen erwarten würden.<br />
Eine spannende Welt, die sich eröffnet und den kleinen<br />
Mitbewohnern ein ganz neues Gesicht verleiht. Das Buch<br />
«Ravensong – auch Tiere haben eine Stimme» ist nicht nur<br />
für kleine Leser gedacht, sondern auch für grosse. Und auf<br />
einem schönen Spaziergang lassen sich vielleicht Edgar Spidermann,<br />
Teigeer Schnegel und viele andere Interview-Partner<br />
wiederentdecken, und wer weiss, vielleicht erzählen sie euch<br />
noch weitere spannende Ereignisse aus ihrem Leben.<br />
Virginia Knaus<br />
«Ravensong – auch Tiere haben eine Stimme»<br />
mit 25 Illustrationen.<br />
176 Seiten, A5 Hardcover,<br />
Erstausgabe 2020<br />
NATURZYT Verlag<br />
ISBN 978-3-033-07896-3<br />
Preis CHF 34.90 –,<br />
für Abonnenten NATURZYT 29.90<br />
Bestellen unter www.naturzyt.ch/buch-ravensong<br />
oder T 043 542 72 91<br />
NATURZYT 29
Natur im Garten<br />
Stachelige Schönheiten<br />
für naturnahe Gärten<br />
Karden sind eindrückliche Pflanzen, die<br />
sowohl Mensch als auch Tier Freude bereiten.<br />
30 NATURZYT
NATUR BEWAHREN<br />
Schmetterlinge (wie<br />
hier ein Kaisermantel,<br />
Argynnis paphia) besuchen<br />
gerne Kardenblüten.<br />
Zu den Klassikern in naturnahen<br />
Gärten gehören<br />
unbestritten die Karden. Sie<br />
beeindrucken durch aufrechten,<br />
standfesten Wuchs und bizarre<br />
Blütenstände, die auch im verblühten<br />
Zustand noch lange attraktiv sind. Die<br />
Blüten erfreuen sich regen Insekten besuchs<br />
und die Samen locken Scharen von Stieglitzen<br />
und anderen Singvögeln an.<br />
Früher bildeten die Karden zusammen<br />
mit Skabiosen, Witwenblumen und<br />
Schuppenköpfen eine eigene botanische<br />
Familie, vor Kurzem wurden sie aber<br />
den Geissblattgewächsen (Caprifoliaceae)<br />
zugeteilt.<br />
Die bei uns vorkommenden Arten<br />
sind alle zweijährig, bilden also im<br />
ersten Jahr eine dem Boden aufliegende<br />
Blattrosette, die überwintert und aus<br />
der im zweiten Jahr die Blütentriebe<br />
emporwachsen. Typisch sind bei den<br />
meisten Arten die zapfenförmigen<br />
Infloreszenzen, in deren Mitte sich die<br />
Blüten als Ring öffnen, der sich dann<br />
teilt und nach oben und unten weiterblüht.<br />
Nach der Blüte stirbt die Pflanze<br />
ab und sorgt mit reichlich Samen für<br />
eine neue Kardengeneration. In Asien<br />
kommen auch Karden vor, die nach<br />
der Blüte weiterleben und mehrere<br />
Jahre immer wieder blühen.<br />
NATURZYT 31
32 NATURZYT<br />
Die Behaarte Karde<br />
fällt durch ihre zahlreichen<br />
kugeligen<br />
Blütenköpfe auf.
NATUR BEWAHREN<br />
Die Stachel-Karde trägt<br />
ihren Namen nicht umsonst,<br />
sie ist die wehrhafteste<br />
Vertreterin ihrer<br />
Gattung.<br />
INSEKTENFALLE UND<br />
JUNGBRUNNEN<br />
Eine Besonderheit mancher Kardenarten<br />
sind die tütenförmig verwachsenen<br />
Achseln der Stängelblätter. Hier sammeln<br />
sich Regenwasser und Tau, sodass<br />
entlang des Stängels mehrere kleine<br />
Wasserbassins entstehen, sogenannte<br />
Phytotelma. Diese Minigewässer erschweren<br />
flugunfähigen Frassfeinden<br />
den Aufstieg in obere Regionen der<br />
Karde. Es gibt auch Vermutungen,<br />
dass die Pflanze die Verwesungsstoffe<br />
der im Wasser verendeten Insekten<br />
aufnehmen.<br />
Der wissenschaftliche Gattungsname<br />
Dipsacus leitet sich vom griechischen<br />
dipsa für Durst ab und soll<br />
daher stammen, dass Vögel aus den<br />
Kardenteichlein trinken. Durstigen<br />
Wanderern sei hiermit ebenfalls geholfen,<br />
allerdings scheint die Brühe<br />
aus ertrunkenen Insekten und Nacktschnecken<br />
eher wenig appetitlich.<br />
Genauso wenig nachvollziehbar ist<br />
die Verwendung dieses Wassers in<br />
der Schönheitspflege, was sogar zur<br />
Bezeichnung Venusbad geführt haben<br />
soll. Wem᾽s gefällt …<br />
In früheren Zeiten wurden Zubereitungen<br />
aus Kardenwurzeln gegen<br />
allerlei Hauterkrankungen sowie<br />
Magen- und Leberleiden eingesetzt,<br />
heute diskutiert man über deren<br />
Wirksamkeit in der Behandlung von<br />
Borreliose.<br />
VERSCHIEDENE ARTEN<br />
Am häufigsten begegnet uns die Wilde<br />
Karde (Dipsacus fullonum). Sie wächst<br />
an gestörten Stellen, bevorzugt in nährstoffreichem,<br />
frischem Boden in sonniger<br />
Lage. Also nicht an mageren, trockenen<br />
Standorten, wie einem manchmal für<br />
den Naturgarten empfohlen wird.<br />
Denn hier entwickeln sie sich höchstens<br />
zu mickrigen Exemplaren, während<br />
sie unter idealen Bedingungen locker<br />
2 Meter Höhe erreichen.<br />
Noch höher kann die Schlitzblättrige<br />
Karde (Dipsacus laciniatus) werden.<br />
Ihre Standortansprüche entsprechen<br />
denen der vorherigen Art. Sie unterscheidet<br />
sich von ihr durch noch strafferen<br />
Wuchs, weissliche Blüten und<br />
NATURZYT 33
Wilde Karde<br />
mit Hummelbesuch.<br />
fieder teilige Blätter. Ähnlich, aber zierlicher<br />
und deutlich stacheliger ist die<br />
medi terrane Stachel-Karde (Dipsacus<br />
ferox). Sie würde sich als Bereicherung<br />
unserer Gärten eignen, leider ist davon<br />
aber kaum Saatgut erhältlich.<br />
Die Weber-Karde (Dipsacus sativus)<br />
ist heute kaum noch zu finden. Früher<br />
wurde sie wegen ihrer Samenstände<br />
feldmässig angebaut. Dank ihrer arttypisch<br />
hakig gekrümmten und sehr<br />
stabilen Spreublätter diente sie nämlich<br />
in der Textilverarbeitung als Werkzeug<br />
zum Aufrauen von Woll stoffen.<br />
Im Zuge der Industrialisierung verlor<br />
der Anbau der Weber-Karde aber an<br />
Bedeutung, was fast zum Verschwinden<br />
dieser Kulturpflanze führte. Man kann<br />
ihr noch am ehesten in botanischen<br />
Gärten begegnen.<br />
Die Behaarte Karde (Dipsacus pilosus)<br />
tanzt etwas aus der Reihe. Sie kann zwar<br />
auch 2 Meter hoch werden, ist aber von<br />
Erregung<br />
Bewegung<br />
Verführung<br />
verwegen. sanft.<br />
www.naturban.ch<br />
natUrban GmbH, Gestaltung naturnaher Räume und Gärten<br />
Pirmin Rohrer, Uerzlikon
Naturnaher Garten und Natur<br />
im Siedlungsraum<br />
Die Samenstände sind<br />
auch im Herbst und Winter<br />
noch zierend.<br />
Der Autor Dani Pelagatti ist Wissenschaftlicher<br />
Illustrator und Berater für lebendige<br />
Gärten. Kontakt: www.gartenmaldrei.ch<br />
www.bunterhund.ch<br />
dani@gartenmaldrei.ch<br />
grazilerem, weiter verzweigtem Wuchs<br />
und trägt zahlreiche kugelige, kleine<br />
Blütenstände. Ihr Lebensraum sind<br />
nährstoffreiche Krautsäume, aber man<br />
begegnet ihr hier nicht oft. Aus dem<br />
Südosten ist eine ähnliche Verwandte in<br />
Mitteleuropa als Neophyt auf dem Vormarsch,<br />
die Schlanke Karde (Dipsacus<br />
strigosus). In Deutschland hat sie sich<br />
schon ziemlich ausgebreitet, aus der<br />
Schweiz sind erst wenige Funde bekannt.<br />
Die beiden Arten sind auf den ersten<br />
Blick kaum zu unterscheiden, bei genauerem<br />
Hinsehen erkennt man aber<br />
doch deutliche Unterschiede, wie z.B.<br />
die Farbe der Staubgefässe oder die<br />
Grösse der Blütenköpfchen. Bleibt zu<br />
hoffen, dass dereinst bei Neophytenbekämpfungsmassnahmen<br />
durch<br />
Unwissen und Verwechslung neben der<br />
Schlanken Karde nicht auch Bestände<br />
der seltenen heimischen Behaarten<br />
Karde getilgt werden.<br />
WINTERZIERDE UND VOGELFUTTER<br />
Alle Karden ziehen nicht nur in voller<br />
Blüte die Blicke auf sich, sie zieren den<br />
Garten auch im dürren, abgestorbenen<br />
Zustand und sollten deshalb im Herbst<br />
möglichst stehen gelassen werden.<br />
So sorgen sie für Struktur und schöne<br />
Anblicke im winterlichen Garten und<br />
dienen gleichzeitig als Futterstation<br />
für Vögel. Ihre Samen gehören z.B.<br />
zu den Leibspeisen von Stieglitzen<br />
(Carduelis carduelis), die sich oft in<br />
ganzen Gruppen zur Kardenernte<br />
einfinden. Die dürren, meist hohlen<br />
Stängel können zudem von Insekten<br />
zur Überwinterung oder Eiablage<br />
genutzt werden.<br />
Wer Karden im Garten ansiedelt,<br />
sollte sich bewusst sein, dass sie sich<br />
auf offenem Boden üppig aussäen und<br />
für sehr viel Nachkommen sorgen können.<br />
An bewachseneren Standorten<br />
ist dies deutlich weniger der Fall, hier<br />
müssen sogar ab und zu freie Stellen<br />
geschaffen werden, damit sich die kurzlebigen<br />
Stachelriesen halten können.<br />
Ob überschüssigen Nachwuchs jäten<br />
oder für geeignete Plätze sorgen, der<br />
Aufwand lohnt sich auf jeden Fall!<br />
Jetzt im <strong>September</strong> ist der ideale<br />
Zeitpunkt, Jungpflanzen zu setzen, die<br />
im folgenden Jahr zur Blüte gelangen<br />
werden. Sebastian Wagener und Maya<br />
Michel von der Genossenschaft Meh als<br />
Gmües haben speziell für diesen Artikel<br />
einige Kardenarten ausgesät, die sie nun<br />
in ihrer Gärtnerei in Zürich Affoltern<br />
als Jungpflanzen anbieten (Anfragen<br />
via wildstauden@mehals gmues.ch).<br />
Es hät, so lang s hät!<br />
Text Dani Pelagatti Fotos Dani Pelagatti,<br />
Sebastian Wagener, Albert Krebs<br />
Obstbäume<br />
Sehr viele alte, robuste<br />
und resistente Sorten<br />
Sortenbroschüre verlangen<br />
5413 Birmenstorf AG<br />
Tel. 056 493 12 12<br />
Gerne beraten wir Sie<br />
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Moosweg 12 | 3072 Ostermundigen | T 031 934 36 38<br />
info@stolz-naturgarten.ch | stolz-naturgarten.ch<br />
Planung, Gestaltung und Unterhalt von Naturgärten
Der Kastanienweg Bergell<br />
auf der Ebene Brentan<br />
oberhalb von Castasegna.<br />
(Foto: Francesco Bergamaschi)<br />
Herbstzeit ist<br />
Geniessen Sie jetzt im Herbst bei herrlichen<br />
Temperaturen und prächtigen Farben eine Wanderung<br />
durch die schönsten Kastanienwege geniessen und mehr<br />
über diese Nuss erfahren.<br />
36 NATURZYT
NATUR ERLEBEN<br />
astanienzeit<br />
NATURZYT 37
RIGI-CHESTENE-WEG<br />
Vom Zugersee an den Vierwaldstättersee<br />
führt der Rigi-Chestene-Weg. Er beginnt<br />
bei der Hohlen Gasse in Immensee und<br />
führt bis nach Brunnen. Mehrere Tafeln<br />
am aussichtsreichen Themenweg sowie<br />
eine kostenlos erhältliche Broschüre<br />
informieren über das Vorkommen der<br />
Edelkastanie am Fuss der Rigi. Der<br />
Wanderweg führt in Etappen entlang<br />
des Rigi-Südhanges über Küssnacht,<br />
Greppen, Weggis, Vitznau, Gersau bis<br />
nach Brunnen-Ingenbohl.<br />
KASTANIENWEG MURG<br />
In Murg am Walensee stehen über<br />
1850 Edelkastanien, welche über<br />
30 Meter hoch und 100 Jahre alt werden<br />
können. Vom Dorfplatz Murg<br />
führt der gut ausgeschilderte Kastanienweg<br />
in den Murger Wald und unterwegs<br />
erfährt man viel Wissenswertes<br />
auf den Informationstafeln zu den<br />
Edelkastanien. Und wer will, darf alle<br />
Kastanien, welche bereits am Boden<br />
liegen, einsammeln und für einen<br />
feinen Genuss mit nach Hause nehmen.<br />
KASTANIENWEG BERGELL<br />
Auf den Ebenen von Brentan, oberhalb<br />
von Castasegna ist einer der<br />
grössten und schönsten Edelkastanienwälder<br />
Europas. Ein Spaziergang ist<br />
zu jeder Jahreszeit ein einzigartiges<br />
Erlebnis, aber vor allem im Herbst<br />
ein faszinierendes, wenn sich der<br />
Wald in seinen gelben-rot-orangen<br />
Tönen zeigt. Auf dem Lehrpfad<br />
erfährt man viel über die Edelkastanie<br />
und die örtliche Flora und<br />
Fauna.<br />
38 NATURZYT
Der Kastanienrundweg<br />
Malcantone ab Arosio.<br />
(Foto: Lugano Region,<br />
Antonio Ravazza)<br />
Auf dem Kastanienweg Murg<br />
dürfen am Boden liegende<br />
Kastanien gesammelt werden.<br />
(Foto Heidiland Tourismus,<br />
Thomas Kessler)<br />
Der Rigi-Chestene-Weg<br />
führt von Immensee<br />
nach Brunnen.<br />
(Foto: IG Pro Kastanien<br />
Zentralschweiz)<br />
KASTANIENWEG MALCANTONE<br />
Der Kastanienrundweg führt ab Arosio<br />
über eine Länge von 15 Kilometern durch<br />
die fünf Dörfer des Alto Malcantone,<br />
durch die Kastanienhaine und Birkenwälder,<br />
über plätschernde Bäche und herrliche<br />
Wiesen. Auf dem Weg wird über<br />
den Anbau der Kastanienhaine und<br />
über die Verarbeitungsprozesse und die<br />
Ver wendung des Holzes informiert.<br />
Kastanien-Feste<br />
Am 23. Oktober 20<strong>22</strong> von 10 bis 17 Uhr findet die 23. «Chestene-Chilbi»<br />
in Greppen am Vierwaldstättersee statt. Es ist der grösste<br />
Kastanien-Markt der Deutschschweiz mit rund 70 Ausstellern.<br />
Mehr Informationen unter www.kastanien.net<br />
Vom 1. bis 23. Oktober feiert das Bergell das 18te Kastanienfestival<br />
mit diversen Veranstaltungen in den einzelnen Dörfern.<br />
Mehr Informationen zu den Aktivitäten unter www.festivaldellacastagna.ch<br />
Text Michael Knaus<br />
NATURZYT 39
Herbstmenü mit Kastan<br />
Marroni oder Kastanie? Wo liegt denn<br />
der Unterschied zwischen Kastanien,<br />
Marroni und der Rosskastanie?<br />
Generell und vorweg: Die Rosskastanie<br />
eignet sich optimal zum Basteln von lustigen<br />
Tierchen und schönen Herbstdekorationen. Zum<br />
Essen ist sie wegen des hohen Gehalts an Gelbsäure<br />
nicht geeignet.<br />
Bei den meist einfach als Kastanien angebotenen<br />
Arten handelt es sich um eine Edelkastanie, diese<br />
kann im Gegensatz zur Rosskastanie gegessen<br />
werden. Die «Stacheln» der Edelkastanie sind feiner<br />
als jene der Rosskastanie und die Nuss hat eine<br />
einseitig abgeflachte Form. Korrekt Nuss. Denn<br />
botanisch gesehen werden die Kastanien den Nüssen<br />
zu geordnet. Verglichen mit anderen Nussarten<br />
enthalten Esskastanien wenig Fett (1,9% und sind<br />
damit verhältnismässig kalorienarm 100 g, 210 kcal).<br />
Sie sind auch sehr nährstoffreich und enthalten keine<br />
Gluten.<br />
Esskastanien und Marroni ist auch nicht das<br />
ganz das selbe. Denn Maronen sind eine Weiterzüchtung<br />
der Edelkastanie. Die Marroni hat mehr Süsse<br />
und ein intensiveres Aroma. Marroni sind etwas<br />
grösser und erkennbar sind diese auch an ihrer<br />
herzförmigen Unterseite.<br />
Egal ob Esskastanie oder Marroni. Wichtig ist,<br />
dass es frische Nüsse sind. Aber wie erkennt man<br />
dies? Legt man die Nussfrüchte in lauwarmes Wasser<br />
und sinken diese auf den Boden sind sie frisch.<br />
Schwimmen sie auf der Oberfläche, alt oder verwurmt.<br />
Die Maronen- und Esskastaniensaison beginnt<br />
Ende <strong>September</strong> und reicht bis in den Dezember<br />
hinein, wo sie vor allem geröstet an Märkten angeboten<br />
werden. Sie eignen sich aber hervorragend<br />
als Beilage zu Fleisch und Gemüsegerichten, aber<br />
auch als Suppen oder feine, bekannte Dessert wie<br />
die Vermicelles.<br />
TESSINER KASTANIENSUPPE<br />
Zutaten (für 4 Personen)<br />
1 EL Butter<br />
500 ml Gemüsebouillon<br />
200 g Kastanien frisch<br />
1 TL Masala<br />
1 EL Olivenöl<br />
1 Prise Pfeffer aus der Mühle<br />
0,5 Becher Rahm<br />
1 Prise Salz<br />
1 kleine Schalotte<br />
Zitronensaft<br />
Zucker<br />
1 Bund Peterli<br />
8 Tropfen Trüffelöl<br />
Die frischen Kastanien auf der gewölbten<br />
Seite mit einem scharfen<br />
Messer einritzen und eine halbe<br />
Stunde im Wasser kochen lassen.<br />
Danach die Kastanien mit kaltem<br />
Wasser abschrecken und schälen.<br />
Darauf achten, dass auch die braune<br />
Innenhaut mitabgezogen wird.<br />
Nun die Butter in einem Kochtopf erwärmen<br />
und das Olivenöl dazu geben.<br />
Die Schalotte schälen und klein<br />
schneiden. Danach werden die<br />
Schalotten im Kochtopf angedünstet<br />
und gepfeffert. Anschliessend die<br />
Schalotten mit der Bouillon ablöschen<br />
und die Kastanien, den Masala, den<br />
Zitronensaft, den Zucker und das<br />
Salz dazugeben. Die Suppe für<br />
ca. 10 Minuten bei schwacher Hitze<br />
köcheln lassen.<br />
Die Suppe mit dem Pürierstab<br />
pürieren, den geschlagenen Rahm<br />
hinzugeben und mit Salz und Pfeffer<br />
nochmals abschmecken.<br />
Garniert werden kann die Suppe mit<br />
Peterli. Auch ein paar ganze Kastanien<br />
können als Dekoration verwendet<br />
werden.<br />
Als Körnung können noch wenige<br />
Tropfen Trüffelöl auf die Oberfläche<br />
der Maronensuppe geträufelt werden.<br />
Weitere leckere Rezepte<br />
mit Marroni-auf www.gutekueche.ch<br />
40 NATURZYT
ien<br />
MARRONIRISOTTO<br />
Zutaten (für 4 Personen)<br />
1 Zwiebel<br />
2 Knoblauchzehen<br />
25 g Butter<br />
250 g Risotto-Reis<br />
600 ml Gemüsebouillon<br />
200 ml trockener Weisswein<br />
125 g Parmesankäse<br />
200g gegarte Marroni<br />
1 Bund Salbei<br />
Salz, Pfeffer, Zucker<br />
Zwiebel und Knoblauch schälen<br />
und fein würfeln. Butter in einem<br />
Kochtopf erhitzen. Zwiebel und<br />
Knoblauch bei schwacher Hitze<br />
glasig dünsten. Den Reis zufügen,<br />
kurz mit anschwitzen. Nach und<br />
nach Brühe und Wein dazugeben<br />
und dabei umrühren.<br />
Die Gemüsebouillon jeweils<br />
dazugeben, wenn der Reis diese<br />
aufgenommen hat. Ca. 30–35<br />
Minuten garen. Dann den Parmesan<br />
reiben und die Maronen halbieren.<br />
6 Minuten bevor das Risotto gar ist,<br />
diese dazugeben und mitköcheln<br />
lassen.<br />
Salbei waschen, trocken schütteln<br />
und von den Stielen zupfen und<br />
in feine Streifen schneiden.<br />
75 g Parmesan und Salbei unter<br />
das Risotto mengen. Mit Salz,<br />
Pfeffer und etwas Zucker<br />
abschmecken.<br />
Risotto anrichten, mit Salbei<br />
und falls gewünscht mit<br />
ge hobeltem Parmesan-Käse<br />
dekorieren.<br />
MARRONIPÜREE<br />
Zutaten (für 6 Portionen)<br />
1 kg Marroni<br />
950 ml Milch<br />
50g Puderzucker<br />
450g Rahm<br />
50 ml Rum<br />
1 Prise Salz<br />
1 Vanilleschote<br />
130g Zucker<br />
Die frischen Marroni mit einem Messer einritzen<br />
und ca. 25 Minuten in leicht gesalzenem<br />
Wasser köcheln lassen. Anschliessend<br />
kalt abgiessen und möglichst rasch schälen.<br />
Die Vanilleschote mit einem Messer längs<br />
aufschneiden und mit der Messerspitze in<br />
einem Zug das Mark auskratzen. Das<br />
Vanillemark zusammen mit der Schote mit<br />
den Marroni in einem kleinen Topf mit<br />
Milch bei niedriger Hitze ca. 50 Minuten<br />
sieden lassen.<br />
Danach wird die Vanilleschote entfernt und<br />
werden Marroni in einem Sieb abgegossen.<br />
Das Ganze anschliessend mit einem Stabmixer<br />
fein pürieren. Das Püree zusammen<br />
mit dem Zucker und Rum in einer Schüssel<br />
gründlich vermischen und für mindestens<br />
2 Stunden abkühlen lassen.<br />
Das Püree in Kugeln oder Scheiben formen<br />
und auf einem Teller anrichten. Rahm mit<br />
Puderzucker und 1 Prise Salz mithilfe des<br />
Mixers steif schlagen und das Marronipüree<br />
damit garnieren.<br />
NATURZYT 41
Fledermäuse schützen – Balz und Paarung<br />
Im Herbst spüren<br />
Fledermäuse den Frühling<br />
Wer jetzt in der lauen Dämmerung am baumbestandenen<br />
Ufer einen Spaziergang unternimmt,<br />
kann mit etwas Glück ein feines,<br />
hohes Zwitschern hören. Es handelt sich vermutlich<br />
um balzende Abendseglermännchen,<br />
die um die Gunst vorbeifliegender Weibchen<br />
buhlen.<br />
Während Menschen vielleicht<br />
eher bereit sind,<br />
sich im Frühjahr zu<br />
verlieben, finden Balz<br />
und Paarung bei Fledermäusen im Spätsommer<br />
und Herbst statt. Unter den<br />
30 einheimischen Fledermausarten ist<br />
das Paarungsverhalten des Grossen<br />
Abendseglers wohl am besten erforscht.<br />
«FLÄDERMÜÜS IM BUCH»<br />
Die mehrheitlich einzelgängerischen<br />
Männchen dieser grossen Fledermausart<br />
suchen sich ab Mitte August einen geeigneten<br />
Unterschlupf, von dem sie sich<br />
versprechen, dass er attraktiv für paarungswillige<br />
Weibchen ist. Meist ist es eine<br />
42 NATURZYT
Grosse Abendsegler können<br />
in der Dämmerung gut an<br />
ihrer Flugsilhouette erkannt<br />
werden.<br />
nächsten Männchen. So konnten denn<br />
bei Zwillingen auch schon unterschiedliche<br />
Väter nachgewiesen werden.<br />
Zur Balzzeit haben Abendseglermännchen<br />
zwei auffallend helle Polster<br />
im Mund, die so genannten Buccaldrüsen.<br />
Deren Funktion ist nicht restlos geklärt,<br />
da es sich nicht um typisches Drüsengewebe<br />
handelt, wie man es von anderen<br />
Säugetierarten her kennt. Vermutlich<br />
dienen die Buccaldrüsen als optische<br />
Merkmale, um sich nähernden Weibchen<br />
die Paarungsbereitschaft anzuzeigen.<br />
SPERMIENSPEICHERUNG IM<br />
WINTERSCHLAF<br />
Im Unterschied zu vielen anderen<br />
Artgruppen findet bei unseren Fledermäusen<br />
nach der Kopulation zeitnah<br />
keine Befruchtung statt. Die Spermien<br />
werden in der Gebärmutter gespeichert<br />
– und das sogar über den ganzen Winterschlaf<br />
hinweg. Spermium und Eizelle<br />
verschmelzen erst im Frühjahr mite inander,<br />
danach beginnt der Embryo<br />
zu wachsen, bis im Frühsommer die<br />
Jungen zur Welt kommen.<br />
SCHLAFEND ENERGIE SPAREN<br />
Im Unterschied zu anderen Säugetierarten<br />
gibt es bei Fledermäusen aber<br />
keine festen Tragzeiten. Unsere heimlichen<br />
Königinnen der Nacht können<br />
nämlich bei Nahrungsengpässen bzw.<br />
bei schlechter Witterung eine sogenannte<br />
Tagesschlaflethargie durchführen: Sie<br />
kühlen dazu ihre Körpertemperatur<br />
auf wenige Grad über die Umgebungstemperatur<br />
ab. Dadurch lässt sich viel<br />
Energie sparen, denn gerade kleine Tiere<br />
verwenden wegen ihrer im Vergleich<br />
zum Volumen grossen Körperoberfläche<br />
viel Energie, um die normale Körpertemperatur<br />
aufrechtzuerhalten. Je kühler<br />
die Körpertemperatur in Tagesschlaflethargie,<br />
desto grösser ist die Energieersparnis.<br />
Das Problem dabei: Nicht<br />
nur die Energieumsatzrate wird gesenkt,<br />
NATUR BEWAHREN<br />
Jedes Abo hilft …<br />
NATURZYT abonnieren<br />
und mit uns unsere Natur<br />
schützen.<br />
Grosse Abendsegler<br />
singen bei der Balz oft<br />
aus Baumhöhlen.<br />
Baumhöhle oder ein Fledermauskasten<br />
an einem hohen Baum, manchmal auch<br />
ein Rollladenkasten an einem Gebäude.<br />
Häufig befinden sich diese Balzquartiere<br />
in den Jagdgebieten der Weibchen oder<br />
in deren Nähe. Bereits am Nachmittag<br />
rufen die Junggesellen lautstark und<br />
unermüd lich aus ihren Balzhöhlen.<br />
Lässt sich ein Weibchen von dem<br />
betörenden Gesang bezirzen und fliegt<br />
die Baumhöhle an, wird es vom<br />
Männchen mit einem<br />
Balztriller freudig begrüsst. Über ein<br />
Dutzend Weibchen kann ein Männchen<br />
in seinen Harem aufnehmen und begatten.<br />
Die Weibchen indes ziehen nach<br />
dem Schäferstündchen oft weiter zum<br />
Das Magazin NATURZYT schreibt nicht nur über unsere Natur, damit Sie diese näher<br />
erfahren und erleben können, sondern damit Sie, gemeinsam mit uns, unsere Natur<br />
besser bewahren und schützen lernen. Deshalb unterstützt NATURZYT auch wichtige<br />
Naturprojekte mit einem Teil der Abo-Einnahmen. Seit Januar 20<strong>22</strong> unterstützen wir<br />
mit unseren Abonnenten unsere Fledermäuse zusammen mit der Stiftung Fledermausschutz.<br />
Mit einem Teil der Abo-Einnahmen werden die medizinische Versorgung,<br />
die Pflege sowie der Betrieb der Fledermaus-Notstation finanziert.<br />
Mehr zur Stiftung Fledermausschutz unter naturzyt.ch/fledermaeuse-schuetzen<br />
Jedes Abo hilft! Von Januar 20<strong>22</strong> bis Juli 20<strong>22</strong> konnten CHF 3262.20 an die<br />
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auf der Rückseite des Magazins – oder online unter naturzyt.ch/abonnieren<br />
NATURZYT 43
sondern es wird auch das Tempo der<br />
Jungenentwicklung reduziert. Damit die<br />
Trächtigkeit voranschreitet, ohne viel<br />
Energie für die Erhaltung der Körpertemperatur<br />
aufzuwenden, suchen sich die<br />
trächtigen Weibchen deshalb warme Quartiere<br />
und bilden Kolonien, um sich gegenseitig<br />
zu wärmen und möglichst wenig<br />
Tagesschlaflethargie durchzuführen. Man<br />
nennt diese Quartiere Wochenstuben. Die<br />
Männchen hingegen bevorzugen in dieser<br />
Zeit eher kühle Quartiere, um eine effiziente<br />
Tagesschlaflethargie durchzuführen.<br />
WEHR- UND HILFLOS<br />
Wer eine Fledermaus in dieser Tagesschlaflethargie<br />
findet, erlebt sie als lethargisch<br />
und langsam. Wird sie in diesem Zustand<br />
gestört, kann sie angesichts einer eventuellen<br />
Bedrohung nur das Maul aufreissen<br />
oder fauchen, ansonsten ist sie<br />
aber hilflos, bis sie ihre Normaltemperatur<br />
erreicht hat. Diese erzielt sie durch<br />
Muskelzittern, ganz ähnlich wie wir<br />
zittern, wenn wir zu kalt haben. Nach ein<br />
paar Minuten ist die Betriebstemperatur<br />
erreicht und unsere Fledermaus wieder<br />
agil und flugbereit.<br />
ANDERE ARTEN, ANDERE SITTEN<br />
Balz und Paarung spielen sich bei<br />
unterschiedlichen Fledermausarten<br />
etwas anders ab. So balzen die Männchen<br />
der Zweifarbfledermaus nicht nur um<br />
die Gunst von Weibchen, sondern führen<br />
zusätzlich noch Showflüge durch. Bei<br />
Arten der Gattung Myotis wie der<br />
Wasserfledermaus, dem Mausohr oder<br />
der Bechsteinfledermaus findet auf den<br />
ersten Blick keine eindeutige Balz statt.<br />
Die Tiere sammeln sich im Herbst oft<br />
in grosser Zahl vor Höhleneingängen,<br />
wozu sie aus grosser Entfernung hergeflogen<br />
sein können. In der Dämmerung<br />
schwärmen sie lange vor diesen<br />
Höhlen. Dabei finden nachweislich auch<br />
Paarungen statt.<br />
PAARUNGSSTRATEGIE DER<br />
FLEDERMÄUSE<br />
Seien es Vögel, Reptilien, Amphibien<br />
oder auch Säugetiere – die meisten<br />
einheimischen Tierarten paaren sich<br />
im Frühjahr. Fledermäuse und ein<br />
paar andere Tierarten haben Balz und<br />
Paarung hingegen in den Spätsommer<br />
und Herbst verlagert. Aus evolutiver<br />
Sicht ist diese Strategie sinnvoll: Durch<br />
die Vorverlagerung der Paarungszeit<br />
muss nach dem langen Winterschlaf<br />
im Frühjahr keine Zeit für die Partnersuche<br />
aufgewendet werden. Bei den<br />
Weibchen kann sofort die Trächtigkeit<br />
einsetzen. Dadurch ist es möglich, die<br />
Jungenaufzucht in den Zeitraum mit dem<br />
höchsten Nahrungsaufkommen, also<br />
in den Frühsommer, zu legen.<br />
ENERGETISCH SINNVOLL<br />
Aber auch aus energetischer Sicht macht<br />
die Verlagerung der Paarung in den<br />
Spätsommer und Herbst für Fleder mäuse<br />
Sinn: Während die Weibchen im Frühjahr<br />
und Sommer viel Energie in den<br />
Nachwuchs investieren, können sie sich<br />
im Herbst unentbehrliche Fettreserven<br />
für den Winterschlaf anfressen. Die<br />
Männchen hingegen haben den grössten<br />
Energieverbrauch zur Balzzeit, im Frühjahr<br />
und Sommer hingegen ist er deutlich<br />
geringer als bei den Weibchen. Eventuell<br />
damit sich die Männchen auch<br />
noch ausreichend Fettreserven für den<br />
Winterschlaf anfressen können, sie<br />
sich also nicht komplett mit der Balz<br />
verausgaben, ist ihr Spermienvorrat aber<br />
begrenzt. Die Spermienbildung wird<br />
nämlich bereits im Hochsommer abgeschlossen.<br />
Für die Begattungen müssen<br />
die bestehenden Spermien vorräte<br />
reichen.<br />
Text Hubert Krättli<br />
Fotos Stiftung Fledermausschutz<br />
Die Männchen der<br />
Zweifarbfledermaus singen<br />
nicht nur, sondern<br />
imponieren den Weibchen<br />
auch mit Showflügen.<br />
Wasserfledermäuse<br />
schwärmen vor Höhlen,<br />
wo auch Paarungen<br />
stattfinden. Eine eigentliche<br />
Balz ist aber oft<br />
nicht beobachtbar.<br />
44 NATURZYT
Grosser Abendsegler<br />
Kleiner Abendsegler, Riesenabendsegler und Grosser Abendsegler (v.l.n.r.):<br />
Die drei Arten sehen sich zum Verwechseln ähnlich, können jedoch aufgrund ihrer<br />
unterschiedlichen Körpergrösse gut voneinander unterschieden werden.<br />
Stiftung Fledermausschutz<br />
Beispiele von Zugrouten des<br />
Kleinen (graue Pfeile) und Grossen<br />
Abendseglers (schwarze Pfeile).<br />
Das Hauptanliegen der Stiftung Fledermausschutz<br />
ist die Sympathiewerbung<br />
für Fledermäuse, denn nur wer Fledermäuse<br />
kennt, kann Fledermäuse schätzen<br />
und schützen.<br />
Die Stiftung Fledermausschutz ist<br />
die Drehscheibe für fledermauskundliche<br />
Informationen in der Deutschschweiz<br />
und im Tessin. Sie berät<br />
Behörden, Fachpersonen und die<br />
Bevölkerung bei der Umsetzung der<br />
bundesrechtlichen Schutzbestimmungen.<br />
Am Zoo Zürich unterhält sie die<br />
Ausstellung «Fledermaus-Welt» und<br />
bietet für die interessierte Bevölkerung<br />
zahlreiche Ausbildungslehrgänge und<br />
Events an, an denen sie Fledermäuse<br />
hautnah erleben kann. Die Stiftung<br />
Fledermausschutz betreibt mit Unterstützung<br />
des Zoos Zürich und des<br />
Zürcher Tierschutzes das Fledermausschutz-Nottelefon<br />
und die Fledermaus-<br />
Notpflegestation. Darüber hinaus<br />
engagiert sie sich für die Umsetzung<br />
konkreter Schutzprojekte.<br />
Helfen Sie uns, unseren Fledermäusen<br />
zu helfen!<br />
Spendenkonto: PC 80-7<strong>22</strong>3-1,<br />
IBAN CH71 0900 0000 8000 7<strong>22</strong>3 1<br />
Stiftung Fledermausschutz<br />
Zürichbergstrasse <strong>22</strong>1, 8044 Zürich<br />
Sekretariat: 044 254 26 80<br />
Fledermausschutz-Nottelefon:<br />
079 330 60 60<br />
www.fledermausschutz.ch<br />
fledermaus@zoo.ch<br />
Gleich drei verschiedenen Abendseglerarten<br />
kommen in der Schweiz vor. Der<br />
Grosse Abendsegler (Nyctalus noctula)<br />
ist zwar nicht die grösste der drei, gehört<br />
aber trotzdem zu den grössten einheimischen<br />
Fledermausarten. Jedes Frühjahr<br />
ziehen die Weibchen nach dem Winterschlaf<br />
nach Nordosteuropa, um dort ihre<br />
Jungen auszutragen und aufzuziehen. Ab<br />
Mitte August kommen sie mit dem flüggen<br />
Nachwuchs zurück, um zunächst einen<br />
Partner für die Fortpflanzung auszuwählen<br />
und danach den Winterschlaf in der<br />
milderen Schweiz abzuhalten. Die Männchen<br />
hingegen sind mehrheitlich standorttreu<br />
und warten ab August sehnsüchtig<br />
auf die Weibchen.<br />
Grosse Abendsegler jagen oft im freien<br />
Luftraum nach grösseren und schwärmenden<br />
Insekten wie Eintags- oder Köcherfliegen.<br />
Oft sind sie nur in der Abend- und<br />
Morgendämmerung jeweils eine Stunde<br />
auf der Jagd. Da Abendsegler bereits in<br />
der frühen Dämmerung ausfliegen, kann<br />
man sie gut gegen den noch hellen Abendhimmel<br />
beobachten. Aufgrund ihrer Jagdstrategie<br />
werden Abendsegler oft Opfer von<br />
Windkraftanlagen, wenn diese bei Anwesenheit<br />
von Fledermäusen nicht abgeschaltet<br />
werden.<br />
Porträt<br />
Name:<br />
Bestand Schweiz:<br />
Grosser Abendsegler<br />
(Nyctalus noctula)<br />
unbekannt<br />
Gefährdungsstatus: potenziell gefährdet<br />
Schutzstatus: geschützt nach Naturund<br />
Heimatschutzgesetz<br />
Tagesschlafverstecke: Baumhöhlen, Fledermauskästen<br />
und Spalten<br />
an Gebäuden; auch in<br />
Brückenhohlräumen<br />
Jagdlebensraum: oft in Gewässernähe<br />
oder über Wäldern<br />
Zugverhalten: Langstreckenzieher;<br />
Distanz zwischen<br />
Sommer- und Winterquartier<br />
bis über 1500 km<br />
Spannweite: 320–450 mm<br />
Gewicht:<br />
16–45 g<br />
Verbreitung: Im Mittelland v.a. entlang<br />
von Gewässerläufen<br />
und Seen. Im Herbst<br />
und Frühjahr auch Zug<br />
über die Alpen<br />
NATURZYT 45
Luft anhalten und drüber:<br />
In 100 Metern Höhe wird<br />
auf der Hängebrücke die<br />
Triftschlucht überquert.<br />
Schaukeln über der Schlucht<br />
Was für ein Gefühl, in hundert Metern Höhe über der Schlucht<br />
zu schweben, unter den Füssen den Wildbach zu wissen und<br />
den Gletscher im Blick zu haben. Das Erlebnis gibt es auf der Triftbrücke,<br />
eine der eindrucksvollsten Hängebrücken der Alpen.<br />
46 NATURZYT
Ob mit dem Bähnli oder<br />
zu Fuss: Durch die<br />
Triftschlucht geht es<br />
hoch zur Underi Trift.<br />
Treuer Begleiter: Das<br />
Triftwasser im Aufstieg<br />
zur Hängebrücke und<br />
dem Triftsee.<br />
Schreck, ist das hoch. Und luftig. Vorsichtig<br />
setze ich einen Fuss vor den anderen, ab und<br />
zu wage ich einen Blick über das Brückengeländer.<br />
Unter mir schäumt das Triftwasser,<br />
rechterhand posiert der Triftgletscher mit seinem See.<br />
Ich schaukle auf der Trifthängebrücke, ein einmaliges<br />
Erlebnis und eine kleine Mutprobe dazu. Mit ihren<br />
170 Metern Länge und 100 Metern Höhe ist die Seilbrücke<br />
eine der spektakulärsten der Alpen, und eine<br />
der bekanntesten. So wundert es nicht, hat sich heute<br />
früh das Postauto bei der Haltstelle Triftbahn schlagartig<br />
geleert. Wanderer, Alpinisten und Touristen<br />
stürmten die kleine Kraftwerksbahn, die gerade mal<br />
40 Personen pro Stunde zur Unteren Trift befördert,<br />
wo die Bergtour zur Hängebrücke startet. Gut, können<br />
die Plätze online vorbestellt werden. Ansonsten steht<br />
man sich an der Talstation die Beine in den Bauch.<br />
VIEL HERRLICHKEIT FÜR DIE ANSTRENGUNG<br />
Ich war der Einzige, der im Postauto sitzen blieb. Die<br />
Hängebrücke gibt es auch ohne Bähnlirummel zu<br />
haben; der einsame Bergweg durch die wilde Triftschlucht<br />
startet im Weiler Fuhren. Rasch rückt die<br />
Sustenpassstrasse in den Hintergrund, stattdessen<br />
sorgen ein munterer Bergbach und eine Herde Rinder<br />
mit ihrem Glockengebimmel für Bergidylle. Dazu<br />
kommt die Sicht auf das Gadmertal und die Bergkette<br />
zwischen Tällistock und Titlis, wegen ihrer Form als<br />
Gadmer Dolomiten bezeichnet. Der Vergleich mit<br />
den Südtiroler Berühmtheiten mag kühn erscheinen,<br />
doch eine gewisse Ähnlichkeit ist nicht von der Hand<br />
zu weisen. Schaftellouwi heisst der Steilhang, der dem<br />
Wanderer die Herrlichkeit beschert. Dafür fordert<br />
er beherzten Tritt und viele Schweisstropfen.<br />
Ganz schön eindrücklich:<br />
Ausblick auf den<br />
Triftgletscher im Aufstieg<br />
zur Windegghütte.<br />
Die Szenerie ändert nach der ersten Wanderstunde<br />
abrupt. Wie durch ein Tor betritt man die Welt der<br />
Triftschlucht, hier führen Abgründe und Tobel das<br />
Zepter. Nahezu 500 Meter geht es bei der Horigchälen<br />
neben dem Weg in die Tiefe, der Beese Graben hält<br />
wenig später ebenfalls, was er verspricht. Das Schild,<br />
das vor Murggängen und Steinschlag warnt und zu<br />
zügigem Schritt rät, sollte man ernst nehmen. Ein<br />
Blick in die Höhe sei trotzdem gestattet. Dort schweben<br />
jene über des Wanderers Kopf, die für den Aufstieg die<br />
kleine rote Gondel gewählt haben.<br />
NATURZYT 47
Gemütlich und mit<br />
gutem Essen:<br />
die Windegghütte.<br />
Der Pass ist geschafft, vom<br />
Furtwangsattel geht’s<br />
anschliessend steil hinunter<br />
nach Guttannen<br />
GLETSCHER AUF RASCHEM RÜCKZUG<br />
Bei der Bergstation treffen sie aufeinander, der Schluchtenwanderer<br />
und die Seilbahnfahrer. Es sind viele, die<br />
sich auf den weiteren Weg ins enge Tal machen, um<br />
die Hängebrücke zu sehen und hundert Meter über<br />
dem Abgrund zu schweben. Die Triftbrücke ist seit<br />
der Eröffnung 2004 ein beliebtes Ausflugsziel. Ihr Bau<br />
wurde nötig, um das Überleben der Trifthütte zu<br />
sichern. Der Hüttenweg führte ursprünglich über den<br />
Triftgletscher. Die Klimaveränderung setzte dem<br />
Eispanzer aber dermassen zu, dass er sich allein<br />
zwischen 2002 und 2005 um 500 Meter zurückzog.<br />
Wo vor zwanzig Jahren noch die Gletscherzunge<br />
lag, breitet sich heute ein riesiger Gletschersee aus.<br />
Eine einfache Hängebrücke sollte es richten, zudem<br />
gaben die Kraftwerke Oberhasli ihre Werkbahn<br />
für Publikumsfahrten frei.<br />
Tipps & Infos<br />
Wanderroute: Gadmen Fuhren–Schaftellouwi–Underi Trift–<br />
Bosslis Stein–Triftbrücke–Windegghütte (Übernachtung)–Tälliseewli–<br />
Furtwangsattel–Wysstanni–Guttannen.<br />
Varianten: Statt zu Fuss mit der Seilbahn nach Underi Trift, spart knapp<br />
zwei Stunden. Fahrausweise online kaufen, um lange Wartezeiten zu<br />
vermeiden (www.grimselwelt.ch). Von der Triftbrücke statt auf dem<br />
spektakulären, gesicherten Chetteliweg auf dem einfachen Familienweg<br />
zur Windegghütte. Verzichtet man auf den Furtwangsattel, lässt sich<br />
die Brücke in einem Tag entdecken.<br />
Anforderungen: Die Bergwanderung erfordert Kondition, sicheren Tritt<br />
und stabiles Schuhwerk. Der Weg ist gut markiert und bestens unterhalten,<br />
schwierige Stellen sind gesichert. Der Aufstieg von Fuhren via<br />
Triftbrücke zur Windegghütte dauert gut vier Stunden, der anschliessende<br />
Übergang über den Furtwangsattel nach Guttannen gut fünf<br />
Stunden. Achtung: 1500 Höhenmeter Abstieg.<br />
An- und Rückreise: Mit Zug und Bus über Meiringen und Innertkirchen<br />
nach Gadmen Fuhren. Zurück ab Guttannen Post nach Meiringen.<br />
Einkehr und Übernachtung: Gasthäuser in Gadmen und Guttannen,<br />
Getränke und Snacks bei der Bergstation Triftbahn. Übernachtung mit<br />
Halbpension in der SAC Windegghütte.<br />
Reservation: Tel. 033 975 11 10 oder www.windegghuette.ch<br />
Karten: Swisstop-Wanderkarten 1:50 000, Blatt Sustenpass (255T);<br />
Swisstopo-Landeskarte 1:25 000, Blätter Innertkirchen (1210) und<br />
Guttannen (1230).<br />
Die Planer hatten die Rechnung ohne die Ausflügler<br />
gemacht. Bald einmal tummelte sich Krethi und Plethi<br />
im einsamen Tal, schlecht ausgerüstet und mit den<br />
anspruchsvollen Brückenzugängen und der stark<br />
schwankenden Brücke überfordert. Lange schauten die<br />
Verantwortlichen dem Treiben nicht zu. Im Frühjahr<br />
2009 war eine neue Brücke fertiggestellt. Sie ist einfacher<br />
zugänglich, gerät dank seitlichen Verstrebungen<br />
kaum in Bewegung und ist erst noch 30 Meter höher<br />
und 70 Meter länger als die alte.<br />
AM CHETTELI ZUR HÜTTE<br />
Der Tag ist weit fortgeschritten, als ich auf der Triftbrücke<br />
stehe. Nach vier Uhr hat man sie ganz für sich,<br />
die Tagestouristen sind längst auf dem Rückweg.<br />
Zauberhaft ist die Ruhe in der unberührten Landschaft.<br />
Schwer vorzustellen, wie es hier aussehen wird, sollte der<br />
Gletschersee tatsächlich zum Stausee umgebaut werden,<br />
um die Wassermassen zur Stromerzeugung zu nutzen.<br />
Noch ist das Zukunftsmusik. Meine Realität für<br />
die letzte halbe Wanderstunde heisst «Chetteliweg».<br />
Eine Sicherungskette nach der anderen leitet zu<br />
Kaffee, Kuchen, Gemüsespaghetti und Bett in die<br />
Windegghütte. Wem das Chetteligehen zu anspruchsvoll<br />
ist, wählt den einfacheren Familienweg.<br />
ENDLICH DIE BEINE AUSSTRECKEN<br />
Das reichhaltige Hüttenfrühstück schätzt man am<br />
zweiten Wandertag sehr. Der Aufstieg auf den Furtwangsattel<br />
dauert zwar «nur» zweieinhalb Stunden,<br />
der Weg hat es jedoch in sich. Bis zum fotogenen<br />
Tälliseeli kann man sich im einfachen Geröllwandern<br />
üben, danach geht es richtig zur Sache. Über kleine und<br />
grosse Gesteinsbrocken kraxele ich dem 2560 Meter<br />
hohen Pass entgegen, hinter meinem Rücken sagen der<br />
Bergsee und die Gletscherarena leise Tschüss. Der<br />
Furtwangsattel ist der einfachste Übergang von der<br />
Trift zur Aussenwelt – schön zu wissen, wenn man<br />
endlich oben steht und staunt ob der Rundumsicht auf<br />
Haslital, Grimselgebiet und Wetterhorn.<br />
1500 Höhenmeter weiter unten schlummert<br />
Guttannen unter der Mittagssonne. Ist man nach zweieinhalb<br />
Stunden Zickzack-Abstieg unten, gibt es nur<br />
noch eines: Beine ausstrecken und entspannen.<br />
Text/Fotos Daniel Fleuti<br />
48 NATURZYT
Mehr Naturferien auch auf<br />
www.NATURZYT.ch<br />
Natur- und Wanderferien<br />
NATUR ERLEBEN<br />
GENUSS UND NATUR IM<br />
HOTEL RISCHLI<br />
Eine imposante Bergkulisse, feinste<br />
Gastronomie, ein Wellnessbereich zum<br />
Träumen und herzliche Gastgeber. Das<br />
erwartet unsere Gäste im Hotel Rischli.<br />
Im Winter direkt neben dem Skilift und<br />
im Sommer der perfekte Ausgangspunkt<br />
für Ausflüge. Sei es für eine entspannende<br />
Auszeit zu zweit, Wander- oder Skiferien,<br />
bei uns finden Sie sicher das passende<br />
Angebot. Im Herbst bieten wir Wildspezialitäten<br />
aus der einheimischen<br />
Jagd an. Weitere Informationen unter<br />
www.hotel-rischli.ch<br />
APARTHOTEL MUCHETTA –<br />
WANDERN MIT AUSSICHT<br />
Im Bergdorf Wiesen zwischen Davos und<br />
dem grössten Naturpark der Schweiz<br />
– dem Parc Ela – erleben Sie die intakte<br />
Natur von der Haustüre weg. Im Muchetta<br />
wohnen Sie im Ein, Zwei- oder gar<br />
Drei-Zimmer-Apartment. Hotelrestaurant<br />
oder Selbstverpflegung.<br />
Kleiner Wellness bereich für Erwachsene<br />
mit Sauna, Dampfbad und Softube.<br />
Kleine Gruppen willkommen. Pauschale<br />
ab CHF 420.–/Studio/Frühstück/<br />
2 Pers/3 N. Mehr unter T 081 410 41 00,<br />
www.aparthotel-davos.ch<br />
AUSZEIT IM VITZNAUERHOF<br />
Das charmante Boutique Hotel Vitznauerhof<br />
mit stilvollen Zimmern sowie exklusive<br />
Restaurants laden zum Geniessen<br />
ein. Ganzheitliches Wohlbefinden verspricht<br />
der Vitznauerhof Spa. Highlight:<br />
Cheese Ahoi Package für eine Übernachtung<br />
in einem schönen Doppelzimmer,<br />
inklusive Frühstücksbuffet,<br />
Spa- Zugang und einem 3-Gang-Fondue-<br />
Menü zum Abendessen auf dem Fondueschiff,<br />
Vitznauerhof-Fondue und zwei<br />
Give -aways nach Wahl zum Mitnehmen.<br />
Ab CHF 338.– p/P.<br />
Weitere Info www.vitznauerhof.ch<br />
NATURZYT 49
Herbstblühe<br />
In brüchiger Urlandschaft wandern oder einzigartige Naturperlen entdecken.<br />
50 NATURZYT
Silsersee im Engadin an einem<br />
schönen Herbsttag<br />
n<br />
Eine der spektakulärsten Touren<br />
im Val Müstair sei entlang<br />
der bröckelnden Steilhänge<br />
der Sassa Marscha, weiss<br />
Thorsten Frohn vom Naturpark Biosfera.<br />
Belohnt werde man mit einen atemberaubenden<br />
Panorama-Ausblick. Eine<br />
Wanderung auf der Axalp, auf der<br />
Lombachalp oder durch das Justistal,<br />
erzählt Janine Perroulaz von Interlaken<br />
Tourismus, sind einzigartige Naturperlen<br />
in der Region. Zwei Regionen<br />
präsentieren NATURZYT ihre Herbstwanderungen.<br />
Text Michael Knaus Foto AdobeStock<br />
NATURZYT 51
IN BRÜCHIGER URLANDSCHAFT DES VAL MÜSTAIR<br />
Begleiten Sie uns auf eine der spektakulärsten Touren im Val Müstair.<br />
Entlang der bröckelnden Steilhänge der Sassa Marscha geniesst man einen<br />
Panoramablick über das Tal, den es sonst nirgends gibt.<br />
Die Steilflanke der Sassa<br />
Marscha – zu Deutsch<br />
fauler Stein – hat es in sich.<br />
Wer diese schwierige<br />
Passage meistert, wird mit allerhand<br />
Natur juwelen belohnt, darunter der<br />
Bergsturz des Val Schais, die Dolinenlandschaft<br />
am Piz Chalderas und das<br />
urtümliche Val Pisch samt 80 Meter<br />
hohem Wasserfall. Die einzigartige<br />
Aussicht über das ganze Tal gibt es<br />
gratis dazu. Doch Vorsicht: Die Tour<br />
ist anspruchsvoll. Trockene Verhältnisse,<br />
Schwindel freiheit, sicherer Tritt<br />
und gute Orientierung sind zwingend.<br />
Ist dies alles erfüllt, erlebt man einen<br />
unvergess lichen Wandertag.<br />
Wir befinden uns in der Biosfera<br />
Val Müstair, einem regionalen Naturpark<br />
von nationaler Bedeutung. Vom<br />
malerischen Sta. Maria aus blicken<br />
wir zunächst 600 Meter nach oben,<br />
zum Abbruch des Val Schais. Bedrohlich<br />
hängt dieser über dem Ort. Keine<br />
andere Rüfe des Val Müstair ist so<br />
dominant und furchteinflössend.<br />
Manch einer wird sich fragen: Da oben<br />
soll man durch? Und heil ankommen?<br />
– ein scheinbar unüberwindbares<br />
Hindernis. Doch der Schein trügt. Denn<br />
die wahre Herausforderung wartet an<br />
anderer Stelle.<br />
Wir nehmen zunächst das Postauto<br />
in Richtung Umbrailpass. Kurve um<br />
Kurve schraubt sich der Bus nach oben,<br />
links und rechts rücken die Berge<br />
immer näher. Schliesslich erreichen<br />
wir die Haltestelle Val Gronda (2089 m),<br />
wo unsere Tour beginnt. Der Weg zum<br />
52 NATURZYT
NATUR ERLEBEN<br />
Von der Alp Prasüra schweift<br />
der Blick über die herbstliche<br />
Bilderbuchlandschaft<br />
des Val Müstair.<br />
(Foto: Tobias Cueni)<br />
ersten Etappenziel, der Alp Prasüra,<br />
ist zunächst harmlos. Doch schon bald<br />
fordert der Pfad volle Konzentration.<br />
Das Gelände wird abschüssig, die Tiefblicke<br />
beklemmend. Das eine oder<br />
andere Mal nehmen wir die Hände zu<br />
Hilfe. Eine gute halbe Stunde dauert<br />
die Kraxelei, dann haben wir die Alp<br />
Prasüra (<strong>22</strong>11 m) erreicht. Die weite<br />
Alp ist überzogen mit Alpenrosen,<br />
Heidelbeeren und Lärchen. Die Alp<br />
selbst und die Aussicht sind so schön,<br />
man möchte gar nicht mehr weg von<br />
hier. Blickt man weiter in Richtung<br />
Sassa Marscha, wird schnell klar,<br />
warum.<br />
Die Sassa Marscha ist zweifelsohne<br />
die Knacknuss des Tages. Die Hänge<br />
bestehen aus rutschigen und bröseligen<br />
Rinnen. Bei intensiven Regenfällen<br />
gerät hier einiges ins Rutschen und<br />
kleinere Steine rollen zu Tal. Wer hier<br />
durch will, benötigt trockenen Boden,<br />
gutes Wetter, sicheren Tritt und gute<br />
Nerven. Schwierig zu passieren sind<br />
lediglich fünf, sechs Stellen. Die haben<br />
es aber in sich. Dazwischen meint es<br />
die Sassa Marscha gut mit einem und<br />
zähmt sich ein wenig. Nach einer<br />
Dreiviertelstunde ist die Knacknuss<br />
g e s c h a fft .<br />
Nun wartet der Höhepunkt: der<br />
Abbruch des Val Schais und die traumhafte<br />
Aussicht aufs Val Müstair.<br />
Das ganze Tal vom Ofenpass bis ins<br />
Vinschgau überblickt man. Gewaltig<br />
ist auch der Blick in den schneeweissen<br />
Bergsturz. Das Gelände ist stark gipshaltig<br />
und instabil, was die Rüfetätig-<br />
NATURZYT 53
Willkommene Abkühlung<br />
an heissen Tagen –<br />
der Wasserfall<br />
Cascada da Pisch.<br />
(Foto: Gaudenz Danuser)<br />
Der eindrückliche<br />
Bergsturz des Val Schais<br />
oberhalb von Sta. Maria,<br />
von der anderen Talseite<br />
betrachtet.<br />
(Foto: Gaudenz Danuser)<br />
keit erklärt. Der weitere Wegverlauf<br />
an der Abbruchkante entlang ist zum<br />
Glück harmlos. Der Weg schlängelt<br />
sich weiter durch die eindrückliche<br />
Dolinenlandschaft des Piz Chalderas.<br />
Auf Pin Grond (2360 m) endet<br />
die Höhentour. Was nun folgt, sind<br />
1100 Meter Abstieg durchs Val Pisch.<br />
Der geht in die Beine, dafür unterhält<br />
die urtümliche Landschaft mit einem<br />
Rätselreigen. Es gilt den Weg zu finden,<br />
denn der Pfad ist teilweise mit Heidelbeeren<br />
und jungen Lärchen überwachsen.<br />
Nach einer Weile wird der Weg<br />
deutlicher und ist bald nicht mehr zu<br />
verfehlen. Es geht durch dichten Wald<br />
bis Belvair (1481 m) und von dort<br />
weiter zum Wasserfall Cascada da Pisch.<br />
80 Meter tief stürzt er zu Tal. Von zwei<br />
Aussichtskanzeln lässt sich das Schauspiel<br />
gut beobachten. Unten angelangt,<br />
geleitet uns der Rombach nach Müstair<br />
(1247 m). Ein würdiger Abschluss einer<br />
grandiosen Tour. Besuchen auch Sie<br />
den Naturpark Biosfera Val Müstair<br />
und machen Sie sich auf, die schönsten<br />
Wanderungen selbst zu entdecken.<br />
Mehr Informationen unter:<br />
www.val-muestair.ch<br />
Text Thorsten Frohn<br />
54 NATURZYT<br />
Wie durch einen Trichter<br />
geht es durchs einsame<br />
Val Pisch talwärts.<br />
(Foto: Daniel Fleuti)
Mehr Natur erleben auch<br />
auf www.NATURZYT.ch<br />
Natur im Herbst erleben<br />
TIERISCH TRAUMHAFTER HERBST<br />
Die Blätter des Tierparkwaldes verfärben<br />
sich langsam, die Tiere geniessen<br />
die spätsommerlichen Sonnenstrahlen<br />
und einige bereiten sich schon auf<br />
den Winter vor. In der märchenhaften<br />
Bergsturzlandschaft herrscht emsiges<br />
Treiben. Entdecken Sie einheimische<br />
und europäische Tierarten wie Bär, Wolf,<br />
Bartgeier, Mufflons oder Hirsche und<br />
besuchen Sie den neuen Grosswijer- Hof<br />
mit Eseln, Schweinen, Kühen und Co.<br />
Der perfekte Herbstausflug, um vom<br />
Alltag abzuschalten.<br />
www.tierpark.ch<br />
WEITSICHT VOM HÖCHSTEN<br />
LUZERNER BERG<br />
Wanderfreunde und Naturliebhaber<br />
kommen auf dem Brienzer Rothorn<br />
ganz auf ihre Kosten. Ein Panorama der<br />
Spitzenklasse gibt es zu bewundern –<br />
über 690 Gipfel, ein türkisblauer See und<br />
der Weitblick in die UNESCO Biosphäre<br />
Entlebuch. Entlang der steilen Felsen,<br />
schroffen Grate und Weideflächen lassen<br />
sich viele Wildtiere wie Stein böcke aus<br />
nächster Nähe beobachten. Die Luftseilbahn<br />
ab Sörenberg bringt Sie in 10<br />
Minuten auf den Aussichtsberg.<br />
www.soerenberg.ch<br />
GOLDENER HERBST IN DER VIAMALA<br />
Charmante Bergdörfer inmitten von<br />
goldenen Lärchen und kristallklaren<br />
Bergseen. Frühmorgens hängt ein<br />
feiner Dunst in den Talebenen, welcher<br />
die Sonne schon bald zu verbrennen<br />
vermag. Die Natur zeigt sich von der<br />
schönsten Seite und die unzähligen<br />
Aktivitäten stehen einem für den Tag<br />
offen. Erlebe die einzigartige Bündner<br />
Gastfreundschaft bei uns in der<br />
Viamala. Jetzt deine Auszeit im Herzen<br />
Grau bündens buchen:<br />
Viamala Tourismus,<br />
www.viamala.ch<br />
NATUR ERLEBEN<br />
HINAUF – INS NATUR- UND<br />
WANDERPARADIES<br />
In acht Minuten bringt Sie die Luftseilbahn<br />
von Dallenwil hinauf nach<br />
Niederrickenbach, auf 1200 m ü.M.<br />
Familien finden zwischen Buochserhorn,<br />
Musenalp und Haldigrat das dichteste<br />
Netz betreuter Feuerstellen. Für<br />
Erholungsuchende ist es ein idealer<br />
Ausgangspunkt für Spaziergänge, Pilgerinnen<br />
und Pilger schöpfen Mut und<br />
Zuversicht in der Wallfahrtskirche und<br />
Berggänger begeben sich auf schöne Wanderungen<br />
im Einzugsgebiet des Brisen.<br />
www.maria-rickenbach.ch<br />
AUF DEN SPUREN DER WALSER<br />
Der 34 Kilometer lange Walserweg<br />
Safiental Nr. 735 folgt weitgehend<br />
historischen Wegen und führt in drei<br />
Etappen von Versam bis nach Thalkirch<br />
Turrahus. Mit dem buchbaren Wanderangebot<br />
mit Gepäcktransport ist man<br />
drei Tage lang ganz entspannt unterwegs.<br />
Das von der Land- und Alpwirtschaft<br />
geprägte Safiental zieht jeden<br />
Besucher und jede Besucherin in den<br />
Bann – leise und ruhig, aber voller<br />
Kraft und Energie.<br />
www.safiental.ch/walserweg<br />
WELTERBE ERLEBEN<br />
Das UNESCO-Welterbe Schweizer<br />
Alpen Jungfrau-Aletsch gehört zu den<br />
schönsten Bergregionen der Welt und<br />
lädt mit myswissalps.ch zur Entdeckung<br />
ein. Welterbe erleben kann man auch<br />
im Besucherzentrum WNF in Naters,<br />
fünf Gehminuten vom Bahnhof Brig.<br />
In der Ausstellung entdeckt man das<br />
Gebiet mit allen Sinnen und taucht in<br />
die spannende und vielseitige Alpenwelt<br />
ein. Mit faszinierenden Filmen, interaktiven<br />
Erlebnisstationen und modernster<br />
Technologie wird der Forschergeist<br />
von Gross und Klein geweckt.<br />
NATURZYT 55
FARBENPRÄCHTIGE WANDERUNGEN<br />
AUF DER LOMBACHALP<br />
Gepflegte Landschaften, bunte Alpweiden, frischer Wind und<br />
goldgelbe Herbstblätter. Wandern in idyllischen Naturkulissen und auf<br />
versteckten Alpen in der Ferienregion Interlaken.<br />
Herbstzeit ist Wanderzeit.<br />
Die tiefgrünen Wälder<br />
verfärben sich langsam<br />
in leuchtende Gelb-,<br />
Orange- und Rottöne. Das Herbstlaub<br />
raschelt und ein erfrischender Wind<br />
lässt die bunten Herbstblätter in<br />
der Luft tanzen. Während der goldenen<br />
Jahreszeit ist die Luft besonders klar.<br />
Die Konturen der Naturlandschaften<br />
sind messerscharf und die Fernsicht ist<br />
über wältigend. Auf verschiedenen<br />
Pano ramawanderungen, Rundtouren<br />
und faszinierenden Höhenwegen rund<br />
um den Thuner- und Brienzersee<br />
lassen sich einzigartige Berg- und<br />
Naturkulissen hautnah erleben.<br />
AXALP – NATURBELASSENE<br />
LANDSCHAFTEN<br />
Weniger bekannt als die grossen Alpenpässe<br />
im Berner Oberland, aber ebenso<br />
lohnenswert ist die Bergwanderung von<br />
Axalp nach Grindelwald. Die naturreinen<br />
Wege führen durch wilde Naturlandschaften<br />
und bieten mit der Alp Tschingelfeld<br />
zugleich ein kulturlandschaftliches<br />
Juwel. Abseits des Rummels kann man<br />
auf der fast vierstündigen Wanderung<br />
das einzigartige Bergpanorama mit<br />
grandiosem Blick auf den türkisfarbenen<br />
Brienzersee geniessen. Unterwegs liegt<br />
das urchige Alpbeizli am Tschingelfeld-<br />
Oberberg, welches mit herzhaften regionalen<br />
Spezialitäten überzeugt.<br />
LOMBACHALP – ENT DECKUNGSTOUR<br />
IM MOORPARADIES<br />
Eine der grössten Moorlandschaften<br />
der Schweiz befindet sich in der Ferienregion<br />
Interlaken. Zwischen Hohgant<br />
und dem Brienzer Rothorn erstrecken<br />
sich riesige Hoch- und Flachmoore.<br />
Oberhalb von Interlaken und Habkern<br />
liegt die Lombachalp mit ihren mystischen<br />
Alpmooren, urwüchsigen Fichten<br />
und Bergföhren, einem sanften Bächlein<br />
und bizarren Karrenfeldern. Das<br />
idyllische Naturgebiet zieht jede Besucherin<br />
und jeden Besucher in seinen Bann.<br />
Die besten Meringues auf der Alp,<br />
so weiss der Kenner, geniesst man im<br />
Restaurant Jägerstübli.<br />
56 NATURZYT
Auf der Axalp mit einzig artigem<br />
Ausblick auf den türkisfarbenen<br />
Brienzersee.<br />
Farbenprächtige<br />
Wanderungen auf der<br />
Lombachalp.<br />
Herbstwanderung quer durch<br />
das idyllische Justistal.<br />
JUSTISTAL – TRADITIONELLE<br />
ALPLANDSCHAFT<br />
Auf der 7,5 Kilometer langen Wan derroute<br />
quer durch das majestätische<br />
Justistal können Wanderinnen und<br />
Wanderer zwischen <strong>September</strong> und<br />
Oktober röhrende Hirsche hören und<br />
das Rudel der weiblichen Tiere entdecken.<br />
Eine begleitete Wanderung<br />
mit einem lokalen Wildtierspezialisten<br />
durch das friedsame Tal bis ins idyllische<br />
Eriz ist ein besonderes Erlebnis.<br />
Er kennt die Plätze der Hirsche und<br />
mit etwas Glück kann man einen<br />
action reichen Kampf zwischen zwei<br />
Männchen um die Gunst des Weibchens<br />
beobachten.<br />
Die traditionelle Alplandschaft<br />
begeistert nicht nur mit steilen Felspartien<br />
und durchzogenen Hängen,<br />
sondern auch mit kulinarischen<br />
Köstlichkeiten aus der Region. Im<br />
Alpbeizli Lilis auf dem Mittelberg<br />
können Wanderinnen und Wanderer<br />
Ferienregion Interlaken – mehr als Wandern<br />
die weltbesten Käseschnitten und den<br />
schmackhaften Justistaler Alpkäse<br />
geniessen.<br />
Text Janine Perroulaz<br />
Fotos Interlaken Tourismus<br />
Egal ob eine Panoramawanderung, eine Rundtour oder ein faszinierender<br />
Höhenweg gewählt wird, in der Ferienregion Interlaken wird aktive Gastfreundschaft<br />
inmitten einzig artiger Berg- und Naturkulisse gepflegt und gelebt.<br />
Mehr Informationen: www.interlaken.ch/ landschaftsperlen<br />
NATURZYT 57
Naturwärts – auf den Spuren der Natur<br />
Das Spiel<br />
mit dem Nebel<br />
Steht der Herbst vor der Tür, beginnen für mich die<br />
Nebelspiele. Denn für mich als Naturfotograf<br />
gibt es kaum etwas Schöneres, als an der Nebelgrenze<br />
das zauberhafte Licht einzufangen.<br />
Um die Nebelgrenze zu treffen, benötigt man nebst einer<br />
stimmigen Wetterprognose einen ausgezeichneten Spürsinn<br />
und einiges an Erfahrung. Denn der Nebel verhält sich<br />
zuweilen wie die allergrösste Diva und macht oft, was er will.<br />
Top oder Flop liegen jeweils darum ganz nah beieinander.<br />
Von stundenlangem Ausharren im dichten Nebel bis zu<br />
den surrealsten Lichtstimmungen habe ich schon alles erlebt.<br />
Manchmal gewinne ich und manchmal eben der Nebel.<br />
Ich wünsche Ihnen einen farbenfrohen Herbst an oder<br />
über der Nebelgrenze.<br />
Text/Fotos Tobias Ryser<br />
58 NATURZYT
Die Bise drückt<br />
den Nebel<br />
an die Voralpen.<br />
NATUR ERLEBEN<br />
Zauberhafte Lichtstimmung<br />
knapp über dem Nebel.<br />
NATURZYT 59
Goldenes Morgenlicht<br />
an der Nebelgrenze.<br />
Goldenes Nebellicht im<br />
Hallenbuchenwald.
Der Autor<br />
Tobias Ryser arbeitet als selbstständiger<br />
Fotograf mit Schwerpunkt Natur- und Landschaftsfotografie.<br />
Auf der Suche nach dem<br />
perfekten Moment legt er grossen Wert auf<br />
eine ästhetische Bildkomposition und atemberaubendes<br />
Licht.<br />
Tobias Ryser zählt zu den erfolgreichsten<br />
Naturfotografen der Schweiz, seine Bilder<br />
werden regelmässig publiziert und wurden<br />
bereits mehrfach ausgezeichnet in diversen<br />
nationalen und internationalen Wettbewerben.<br />
NATUR ERLEBEN<br />
Mehr Informationen:<br />
www.tobias-ryser.ch, www.naturwaerts.ch<br />
Der Nebel wabert<br />
im Wald umher.
Zu guter Letzt<br />
Tiere in Wald und Bergen<br />
Buch: Tiere in Wald und Bergen<br />
Christine und Markus Hänni<br />
44 Seiten, <strong>22</strong> x <strong>22</strong> cm<br />
Gebunden, Hardcover<br />
40 Illustrationen<br />
ISBN 978-3-03818-383-9<br />
CHF 25.–<br />
Bestellen unter<br />
www.markushaenni.com und<br />
nachhaltige Projekte im Bereich Naturund<br />
Artenschutz unterstützen.<br />
Ein Mutter-Sohn-Projekt?<br />
Ein kunstvolles Bilderbuch?<br />
Ein Kinderbuch? Ein Buch<br />
mit informativen Kurzbeschrieben<br />
der heimischen Tierwelt?<br />
«Tiere in Wald und Bergen»<br />
soll die Leserinnen und Leser, vor<br />
allem die jüngeren, aber auch Junggebliebene<br />
auf eine spannende<br />
Reise durch die wundervolle Natur,<br />
die malerischen Landschaften und<br />
in die faszinierende Tierwelt mit -<br />
nehmen und Ver gnügen be reiten,<br />
meint Markus Hänni.<br />
Das Motto der Familie Hänni: Mit<br />
schönen Dingen Freude bereiten und<br />
Gutes tun. Dieser Grundsatz gilt auch<br />
für den Verkaufserlös dieses Buches,<br />
welcher für nachhaltige Projekte im<br />
Bereich Natur- und Artenschutz eingesetzt<br />
wird. Insbesondere die der Schweizer<br />
Vogelwarte, da damit dazu beigetragen<br />
wird, dass das harmonische Vogelgezwitscher<br />
an den Frühlingsmorgen nicht<br />
verstummt.<br />
Tiere im Wald und Bergen, meint<br />
NATURZYT, zeigt auf illustrative Art<br />
und Weise unsere heimische Tierwelt,<br />
welche Mutter Hänni mit kunstvollen und<br />
detailgetreuen Zeichnungen einfängt.<br />
Dank einem kurzen, informativen Kurzbeschrieb<br />
können verschiedene heimische<br />
Berg- und Waldtiere zu Hause oder auch<br />
bei naturnahen Wald- und Bergspaziergängen<br />
bestimmt werden.<br />
«Tiere im Wald und Bergen» ist nicht<br />
nur ein schönes Mutter-Sohn-Projekt,<br />
ein kunstvolles Bilder- und Kinderbuch,<br />
sondern auch ein naturnaher Begleiter<br />
durch die heimische Flora und Fauna. Ein<br />
Buch ganz im Sinne von NATURZYT.<br />
Aus Liebe zur Natur.<br />
Text Michael Knaus<br />
62 NATURZYT
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