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277.TIROL - April 2022

Ausgabe 6, April 2022

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1<br />

S'GEMEINDEBLATTL,<br />

DIE AMTSTAFEL,<br />

DER BÜRGERMEISTER UND<br />

DER GEMEINDESEKRETÄR<br />

Wie sich Kommunikation, Information und Bürger*innenservice<br />

in den Gemeinden verändert haben<br />

GEMEINDESTRATEGIE<br />

MITEINANDER ENTWICKELN<br />

AUSGABE 6 | APRIL <strong>2022</strong><br />

VIA LIVESTREAM IN DER<br />

ERSTEN REIHE SITZEN


Verlässlicher<br />

2<br />

Partner<br />

3<br />

für Tiroler Gemeinden<br />

bezahlte Anzeige<br />

Tratzbergsiedlung, Jenbach<br />

Multifunktionsgebäude mit 10 Mietwohnungen, 8 Kindergartengruppen,<br />

2 Kinderkrippengruppen, 2 Gewerbeeinheiten<br />

Wohn­ und Pflegeheim Haus Maria, Natters<br />

40 Pflegebetten, 8 Tagesbetreuungsplätze, 14 Einheiten<br />

für betreubares Wohnen, 1 Arztpraxis<br />

Haus der Generationen, Volders<br />

Multifunktionsgebäude mit 13 betreubaren Mietwohnungen,<br />

8 Kindergartengruppen, 4 Kinderkrippengruppen,<br />

Vereinsräumlichkeiten<br />

Kindergarten Elisabethinum, Axams<br />

6 Kindergartengruppen, 2 Kinderkrippengruppen<br />

Sozialzentrum „Gepflegtes Wohnen“, Mayrhofen<br />

80 Pflegebetten, Räumlichkeiten für Sozialsprengel<br />

und Tagespflege, Zentralgarage für Gemeinde<br />

Kindergarten St. Paulus, Innsbruck<br />

3 Kindergartengruppen, 2 Kinderkrippengruppen<br />

Fotos: NHT/2quadr.at, Oss, Pauli, Vandory, Renderwerk<br />

Die GemNova bemüht sich um eine<br />

gendersensible Sprache in all ihren<br />

Texten. Dies umfasst die Ansprache<br />

nicht nur des männlichen und weiblichen<br />

Geschlechts, sondern auch<br />

des dritten Geschlechts. Dies sind<br />

Personen, die sich nicht in das binäre<br />

Geschlechtssystem „männlich“ und<br />

„weiblich“ einordnen lassen (wollen).<br />

Betreubares Wohnen, Haiming<br />

18 betreubare Mietwohnungen<br />

Einsatzzentrum, Schönwies<br />

Einsatzzentrum für die Feuerwehr und Bergrettung<br />

Sozialzentrum „Ankematen“, Kematen<br />

21 betreubare Mietwohnungen, Räumlichkeiten für Lebenshilfe,<br />

Sozialsprengel und Physiotherapie, 1 Arztpraxis<br />

NEUE HEIMAT TIROL: Erste Adresse für Tirols Gemeinden<br />

Nicht nur wenn es um leistbaren Wohnraum für die Tirolerinnen und Tiroler geht, ist die NEUE HEIMAT TIROL<br />

die erste Wahl für die Tiroler Gemeinden. Auch bei der Errichtung von kommunalen Einrichtungen ist sie ein<br />

gefragter und verlässlicher Partner.<br />

Regionalität und Umweltverträglichkeit<br />

sind uns ein Anliegen.<br />

NEUE HEIMAT TIROL Gemeinnützige WohnungsGmbH . Gumppstraße 47 . 6020 Innsbruck . neueheimat.tirol


INHALT<br />

16<br />

MODERNE<br />

BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION<br />

GEMEINDE-<br />

STRATEGIEN<br />

GEMEINSAM<br />

ENTWICKELN<br />

GemNova.inside<br />

06 Mann, war das heuer<br />

schon aufregend...<br />

MODERNE<br />

BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION<br />

tirol.hat Recht<br />

35 Unterstützung<br />

im Vergaberecht<br />

38 Whistleblower<br />

40 Videoüberwachung<br />

tirol.sucht Menschen<br />

74 Der ganz normale Alltag<br />

in der Gemeindeverwaltung<br />

tirol.sportlich und gesund<br />

Immer mehr Gemeinden setzen<br />

bei der Entwicklung von Strategien,<br />

aber auch bei Infrastrukturprojekten<br />

auf die Kraft der Vielen.<br />

08 S'Gemeindeblattl, die<br />

Amtstafel, der Bürgermeister*<br />

und der<br />

Gemeindesekretär*<br />

42 Was für ein Zustand!<br />

tirol.ist schön<br />

76 Die Projektpartner der<br />

„Gesunden Gemeinde<br />

Tirol“...<br />

78 Geh’ weiter, geh’ immer<br />

weiter<br />

28<br />

54<br />

44 Neues Kinderzentrum in<br />

St. Johann und die Drehscheibe<br />

Lans<br />

tirol.bunt und vielfältig<br />

84 Drei Monde in<br />

den Mokassins<br />

14 Via Livestream in der<br />

ersten Reihe sitzen<br />

16 Gemeindestrategie<br />

miteinander entwickeln<br />

tirol.modern und innovativ<br />

86 Atract fliegt jetzt<br />

tirol.denkt weiter<br />

18 Kommunale Aufgaben<br />

effizient und (rechts)sicher<br />

erledigen<br />

20 Qualität macht erfolgreich<br />

und zukunftsfit<br />

52 Matty? Matty was?<br />

54 Nachhaltiges Bauen<br />

tirol.investiert<br />

88 Back to<br />

the green roots<br />

tirol.modern und innovativ<br />

NACHHALTIGES<br />

BAUEN<br />

tirol.Politik<br />

22 Gemeindepolitik<br />

Die Herausforderungen<br />

sind breit gefächert<br />

26 Die Kraft des Neuen<br />

60 Blackout:<br />

Vorsorge-Vorbild Bad Häring<br />

62 Blackout: Trotz eigener<br />

Photovoltaik-Anlage<br />

ohne Strom?<br />

64 Fördermöglichkeiten<br />

richtig nutzen<br />

90 Vorreiter in Sachen<br />

Klimasschutz:<br />

Virgen/Osttirol<br />

tirol.bildet<br />

tirol.Wissen<br />

WIE DIE GEMEINDE<br />

ZU IHREM „KNÖDEL“<br />

KOMMT<br />

Zukunftsfähiges Bauen, „enkeltaugliches“<br />

Bauen, nachhaltiges Bauen – Begriffe, die sich<br />

gerade häufen, im Trend sind, ein Gebäude<br />

auf der Höhe der Zeit erscheinen lassen<br />

wollen. Doch was bedeuten diese Begriffe<br />

wirklich?<br />

tirol.Wissen<br />

tirol.kulturell<br />

92 Chancengerechtigkeit<br />

als Chance für Alle<br />

28 Wie die Gemeinde zu<br />

ihrem „Knödel“ kommt...<br />

tirol.kooperiert<br />

30 Frühjahrsputz in der Natur<br />

32 Gemeinsam für alle<br />

67 Zeit ist relativ<br />

68 Acht lesenswerte Bücher<br />

tirol.mobil<br />

72 Digitales Parken per App<br />

94 Kunterbunte Expertise<br />

GemNova.Menschen<br />

96 я зараз тут<br />

78<br />

tirol.sportlich und gesund<br />

GEH’ WEITER,<br />

GEH’ IMMER<br />

WEITER


6 GemNova.inside<br />

GemNova.inside 7<br />

Mann, war<br />

das heuer<br />

sch0n<br />

aufregend...<br />

Spätestens seit den Stichwahlen sind nun<br />

in allen Tiroler Gemeinden die Verhältnisse<br />

geklärt. Die Wählerin und der Wähler haben<br />

gesprochen. Selbst in Matrei am Brenner, der<br />

jüngsten Gemeinde Tirols, wurde gewählt und<br />

entschieden, wer die Gemeinde die nächsten<br />

sechs Jahre führen soll. Allen gewählten Mandatar*innen<br />

und Bürgermeister*innen wünschen<br />

wir alles Gute!<br />

Nun gut, die Sache mit Matrei am Brenner<br />

hat für uns ja dazu geführt, dass<br />

wir unser Magazin von 279.TIROL in<br />

<strong>277.TIROL</strong> umbenennen mussten. Wir<br />

hoffen, dass es in den nächsten Jahren<br />

ruhig bleibt, sonst müssen wir uns hier<br />

überhaupt was Neues überlegen.<br />

Nichts Neues aber trotzdem interessant:<br />

Abraham Lincoln, der 16. Präsident der Vereinigten<br />

Staaten, hat mal gesagt: „Der Stimmzettel<br />

ist stärker als die Kugel.“ Trotz teilweiser<br />

martialischer Rhetorik gilt es jetzt, die<br />

Waffen zu begraben und konstruktiv zusammenzuarbeiten.<br />

Zum Wohle der Bürger*innen<br />

der Gemeinde. Für das konstruktive Miteinander<br />

bieten wir übrigens Workshops in unterschiedlichen<br />

Formaten an.<br />

Was bei diesen Wahlen klar erkennbar war:<br />

Die Kommunikation hat sich seit den letzten<br />

Wahlen stark verändert und ist mit den<br />

Wahlen 2016 und 2010 überhaupt nicht mehr<br />

vergleichbar. Kommunikation ist heute vielfältiger,<br />

komplexer und damit wesentlich herausfordernder<br />

geworden. Von Videos, Hybridveranstaltungen,<br />

Social-Media-Beiträgen bis hin<br />

zum Podcast haben die Wahlkämpfer*innen<br />

in diesem Jahr kommunikativ alles gegeben.<br />

Diese Vielfalt an Kommunikation sollte aber<br />

nach den Wahlen nicht stoppen. Die Bürger*innen<br />

sind heute viel anspruchsvoller<br />

als früher, was Kommunikation, Information,<br />

Beteiligung anlangt. Somit wird sie für jede<br />

Gemeinde ein zentrales Thema bleiben, sollte<br />

nicht dem Zufall überlassen werden und<br />

muss daher strategisch geplant werden.<br />

„Moderne Bürger*innen-Kommunikation“<br />

heißt das bei GemNova. Und wir wissen aus<br />

Erfahrung, wie schwierig und aufwendig es<br />

ist, mit all den Kommunikationsmöglichkeiten<br />

erfolgreich am Zahn der Zeit zu bleiben.<br />

Darüber lesen Sie in diesem Magazin mehr.<br />

Das kann und wird auch den Unterschied<br />

in der Zukunft ausmachen. Den Unterschied<br />

zum Beispiel zwischen einem guten<br />

und einem schlechten Projekt. Den Unterschied,<br />

ob sich Bürger*innen wohlfühlen oder<br />

nicht. Den Unterschied, ob sich Bürger*innen<br />

beschweren oder nicht. Aber auch den<br />

Unterschied, wie viel Zeit die Verwaltung in<br />

Kommunikation investieren muss oder nicht.<br />

Ja, das hängt manchmal nur an der Art und<br />

Weise der Kommunikation!<br />

P.S.: Natürlich birgt das obige Zitat von Lincoln<br />

durchaus eine gewisse Ironie in sich: Er<br />

wurde nämlich am 15. <strong>April</strong> 1865 nicht durch<br />

den Stimmzettel abgewählt, sondern durch<br />

eine Kugel ermordet. Aber das gehört in<br />

unseren Gefilden wohl der Vergangenheit an.<br />

Alois Rathgeb<br />

Niki Kraak


8<br />

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION 9<br />

s'Gemeindeblattl,<br />

die Amtstafel,<br />

der Bürgermeister * und<br />

der Gemeindesekretär *<br />

…oder wie sich Kommunikation,<br />

Information und Bürger*innenservice<br />

in den Gemeinden in<br />

den letzten 30 Jahren verändert<br />

haben.<br />

ZUM AUTOR<br />

ALOIS RATHGEB<br />

Alois Rathgeb ist Gründer und<br />

Geschäftsführer der GemNova.<br />

Im Titel habe ich bewusst geschrieben:<br />

der Bürgermeister*. Vor 30 Jahren hat<br />

es tatsächlich noch keine Bürgermeisterin<br />

in Tirol gegeben. Erst 1994 wurde in<br />

Lienz Helga Machne zur ersten Bürgermeisterin<br />

Tirols gewählt. Zu dieser Zeit<br />

sagte man zum Amtsleiter/zur Amtsleiterin<br />

noch Gemeindesekretär*. Damit<br />

wusste jeder, wer gemeint war. Sogar<br />

in Ranggen, wo die Lisi nachweislich<br />

kein Mann war, war sie doch die Mutter<br />

eines meiner besten Kollegen.<br />

S´Gemeindeblattl, die Amtstafel, der Bürgermeister<br />

und der Gemeindesekretär<br />

waren zu der Zeit wirklich DIE Informationsquellen<br />

der Gemeinde. Wann der Müll<br />

abgeholt wird, stand in der Gemeindezeitung<br />

(eigentlich wusste man das eh).<br />

Wann Sitzung war, erfuhr man offiziell von<br />

der Amtstafel (inoffiziell wusste man es<br />

ja schon aus dem Gasthaus). Wenn man<br />

einen Meldezettel benötigte, ging man<br />

zum Gemeindesekretär und wenn man<br />

ein Anliegen hatte zum Bürgermeister<br />

(oder ins Gasthaus). Alles Sonstige – wer<br />

mit wem im Gemeinderat grad streitet,<br />

wieso der Stall keine Baugenehmigung<br />

bekommen hat (manchmal hat einfach<br />

der Falsche angesucht) und vieles mehr<br />

– wusste man einfach.<br />

Kein E-Government, keine GemeindeApp,<br />

kein Facebook oder gar Video. Keine Servicekarte<br />

und kein offizielles Beschwerdemanagement.<br />

All das ist noch sehr jung und wird vom<br />

Bürger und der Bürgerin erwartet oder<br />

sogar gefordert. Und wie sieht die aktuelle<br />

Entwicklung aus? Eigene App für jedes<br />

und alles, Karte hier und dort, von der Saisonkarte<br />

fürs Schwimmbad bis zur Gutscheinkarte<br />

der regionalen Wirtschaft,<br />

Anwendung diese und jene, vom Bund,<br />

vom Land, von den Gemeinden. Infos über<br />

alle Social-Media-Kanäle, Gemeindezeitung,<br />

Newsletter und mehr. Die vielen<br />

Wünsche und die zahlreichen Möglichkeiten<br />

haben vielfach zu einem Wildwuchs<br />

geführt. Und selbstverständlich gibt und<br />

gab es viele Lieferant*innen von digitalen<br />

Services, die kurzfristig gute Geschäfte<br />

machen bzw. gemacht haben.<br />

Aus der Wirtschaftstheorie kennt man die<br />

Aussage „Angebot schafft Nachfrage“. Das<br />

mag vielfach stimmen, in dem Fall aber<br />

ganz und gar nicht. Vor allem, wenn das<br />

Angebot nicht strukturiert, nicht in sich<br />

greifend und unzusammenhängend ist.<br />

Aber wie schafft man es nun das Ganze<br />

zu entwirren und eine „Moderne Bürger*innen-Kommunikation“<br />

aufzubauen?<br />

Wir haben darüber bereits in anderen<br />

Ausgaben unseres Magazins geschrieben<br />

und verweisen möchten wir hier vor<br />

allem auch auf den „Masterplan Digitalisierung“,<br />

den wir im Auftrag des Landes<br />

Tirol und des Tiroler Gemeindeverbandes<br />

entwickeln durften und welcher in Kürze<br />

veröffentlicht wird.


10 TIROL.DIGITALISIERT MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION<br />

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION<br />

TIROL.DIGITALISIERT 11<br />

Bürger*innen müssen<br />

d0rt erreicht werden,<br />

w0 sie sich am liebsten<br />

(0nline) bewegen.<br />

Beginnen möchte ich mit Grundlagen<br />

einer "Modernen Bürger*innen-Kommunikation“.<br />

Moderne Bürger*innen-Kommunikation<br />

muss immer bidirektional<br />

möglich sein. Der/die Bürger*in muss die<br />

Möglichkeit haben, mit der Gemeinde zu<br />

interagieren. Sei es durch einfache Likes<br />

oder über innovative Chat Bots.<br />

Bürger*innen müssen dort erreicht werden,<br />

wo sie sich am liebsten (online) bewegen.<br />

Gerade das ist heute sehr herausfordernd,<br />

weil es so viele Möglichkeiten gibt.<br />

Der eine nutzt Social Media, die andere<br />

Mail und die Dritte diverse Videokanäle.<br />

Wenige wollen sich aktiv irgendwo Infos<br />

holen. Sie wollen sie dort bekommen, wo<br />

sie sich bewegen. „Headless CMS“ ist<br />

hierbei ein Schlagwort, von dem wir noch<br />

viel hören werden.<br />

Ein wesentlicher Baustein moderner Bürger*innen-Kommunikation<br />

sind saubere<br />

Daten in der Gemeinde. E-Government<br />

oder auch sonstige Serviceleistungen der<br />

Gemeinde funktionieren nur, wenn das<br />

Gegenüber klar identifizierbar ist.<br />

Die Begrifflichkeit des One-Stop-Shop<br />

spielt in dem Zusammenhang eine<br />

wesentliche Rolle. Eine Plattform, eine<br />

Identifikation, alle Leistungen. Das heißt,<br />

man muss Systeme entwickeln, die alle<br />

E-Government-Leistungen, alle sonstigen<br />

Serviceleistungen einer Gemeinde und<br />

alle kommunikativen Leistungen bündeln<br />

und der Bürgerin und dem Bürger zur fügung<br />

Verstellen.<br />

Informationen zu den Bürger*innen werden<br />

dabei nur einmal erfasst und über<br />

verschiedene Kanäle ausgespielt. Sei es<br />

die Gemeinde-Service-Plattform, Social-<br />

Media-Kanäle, die Website, der Newsletter,<br />

die Gemeindezeitung oder das GemeindeTV.<br />

Das heißt, keine mehrfache Datenpflege,<br />

sondern einmal erfassen und multimedial<br />

ausspielen.<br />

Ein physisches Medium – die Bürger*innen-Servicekarte<br />

oder künftig auch<br />

Uhr oder Handy – setzt Leistungen der<br />

Gemeinde reell um. Dieses öffnet den<br />

Schranken beim Müll genauso wie das<br />

Drehkreuz im Schwimmbad oder den<br />

Zugang zum Vereinslokal. Zudem soll<br />

dieses Medium auch mit einer integrierten<br />

Bezahlmöglichkeit ausgestattet sein,<br />

wodurch es zugleich zum Zahlungsmittel<br />

wird. Damit können dem Bürger und der<br />

Bürgerin Guthaben bzw. Gutscheine auf die<br />

jeweiligen Bürger*innenkonten gutgebucht<br />

werden, welche in den Akzeptanzstellen<br />

in der Gemeinde einlösbar sind. Die Bürger*innen<br />

können damit im Ort einkaufen<br />

oder essen gehen, wodurch die regionale<br />

inf0b0x<br />

Grundlagen moderner<br />

Bürger * innen-Kommunikation:<br />

Bidirektional<br />

Zielgenau und individuell<br />

Eindeutig<br />

Daten einmalig erfassen<br />

multimedial ausspielen<br />

One-stop-Shop<br />

Multifunktionsmedium<br />

Bezahlmöglichkeit<br />

Überregional anwendbar<br />

Wertschöpfung gestärkt wird. Last but not<br />

least sollte es ein System sein, welches<br />

überregional anwendbar ist und damit<br />

Kooperationen ermöglicht. Der Bürger und<br />

die Bürgerin sollten, egal wo sie und er<br />

wohnen, die gleiche Plattform nutzen und<br />

das gleiche Medium nutzen können.<br />

Daraus lässt sich eine Vision formulieren,<br />

die in etwa so lauten könnte:<br />

Die Gemeinde erreicht die Bürger*innen<br />

dort, wo sie sich jeweils am wohlsten<br />

fühlen. Sie bietet alle Services und Informationen<br />

gebündelt über eine Gemeinde-Service-Plattform<br />

an und tritt mit der<br />

Bürgerin und dem Bürger in einen Austausch.<br />

Er/sie kann nach dem One-Stop-<br />

Shop-Prinzip mit einer einmaligen Identifikation<br />

diese Leistungen finden und<br />

abrufen. Ein Medium mit Bezahlfunktion<br />

öffnet die physische Welt aller Gemeindeservices.<br />

Alle Services sind überregional<br />

vernetzbar und schaffen so für die Bürgerin<br />

und den Bürger eine Welt, welche<br />

ortsunabhängig erlebbar wird.<br />

Diese Vision stellt für die Gemeinde aber<br />

auch die Bürger*innen eine riesige Winwin-Situation<br />

dar. Die Gemeindeverwaltung<br />

wird stark entlastet, weil zum Beispiel<br />

über die Bürger*innen-Servicekarte<br />

Müllsäcke beim Automaten 24/7 ausgegeben<br />

werden, und die Bürger*innen finden<br />

sich in der Vielfalt der kommunalen<br />

Dienstleistungen zurecht.<br />

Sämtliche Gemeindeservices können<br />

wie in einem Baukastensystem Schritt<br />

für Schritt digital zur Verfügung gestellt<br />

und zugänglich gemacht werden. Dabei<br />

wäre natürlich ein tirolweiter, gemeinsamer<br />

Auf- und Ausbau wesentlich günstiger<br />

als kommunale Einzellösungen. Viele Dinge<br />

sind skalierbar und man muss sie nur<br />

einmal entwickeln. Gemeinden können an<br />

dieses System andocken und modulartig<br />

ihre Serviceleistungen einbinden.<br />

Klingt gut,<br />

ist gut! Aber wie<br />

kÖnnte das in der<br />

Praxis aussehen?


12<br />

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION<br />

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION<br />

13<br />

aus sicht<br />

der gemeinde<br />

Die Gemeinde Immergut i.T. bietet jetzt<br />

schon viele Services für die Bürger*innen<br />

an. Neben einer Müllkarte gibt es die Saisonkarte<br />

für das Schwimmbad und Bürger*innen<br />

erhalten bei Kauf eines Öffi-<br />

Jahrestickets einen 70 Euro Gutschein.<br />

Kommuniziert wird über eine App, die<br />

Website und das Immergut-Blattl. Natürlich<br />

postet die moderne Gemeinde auch<br />

immer wieder was auf Facebook. Nun<br />

möchte die Gemeinde künftig noch einen<br />

Müllsackautomaten aufstellen, älteren<br />

Menschen einen vergünstigten Taxitarif<br />

zur Verfügung stellen, den Besuch im<br />

örtlichen Museum ermöglichen und ein<br />

Buchungssystem inkl. digitalem Schließsystem<br />

für Co-Working-Spaces anbieten.<br />

Auch eine E-Bike-Sharing-Station aufzubauen<br />

wäre cool und diese mit dem Carsharing<br />

zu verbinden. Gemeinsam mit der<br />

heimischen Wirtschaft sollte zudem ein<br />

Gutscheinsystem installiert werden.<br />

Im schlimmsten Fall hätte die Gemeinde<br />

mehr als 10 Apps und eine große<br />

Anzahl an unterschiedlichen Karten,<br />

wenn sie das alles machen würde.<br />

Hier kommt die oben beschriebene Vision<br />

der Gemeinde-Service-Plattform ins<br />

Spiel. Dort kann die Gemeinde andocken.<br />

Der sichere Login ist integriert und die<br />

Gemeinde Immergut kann modulartig ihre<br />

Serviceleistungen digital zur Verfügung<br />

stellen, vom digitalen Gutscheinsystem<br />

über den Zutritt zum Recyclinghof inkl.<br />

automatisierter Verrechnung bis hin zur<br />

Buchungsplattform. In einer modernen<br />

Kommunalsoftware laufen viele dieser<br />

Prozesse vollautomatisch durch, d.h. die<br />

Gemeinde hat nach einmaliger Einrichtung<br />

damit sehr wenig Arbeit. Die wichtigsten<br />

Fragen und Antworten werden über Chat<br />

Bots abgewickelt und den Bürger*innen<br />

werden über ihren Lieblingskanal die neuesten<br />

Infos der Gemeinde zugestellt.<br />

Aus Sicht der Bürgerin und des Bürgers<br />

Georg und Lisi mit ihren drei Kindern, bisher<br />

wohnhaft in einem Nachbarbundesland,<br />

ziehen nach Immergut i. T. Sie melden<br />

sich in der Gemeinde an – vermutlich<br />

schon online – und erhalten wenige Tage<br />

später ihr Willkommens-Paket mit einer<br />

persönlichen Grußkarte der Bürgermeisterin.<br />

Dort finden sie ihre Bürger*innen-Karten.<br />

Alles natürlich datenschutzrechtlich<br />

vollkommen konform. Eh klar.<br />

Sie gehen auf die Gemeinde-Service-<br />

Plattform und suchen ihre neue Gemeinde<br />

Immergut i.T. Dort sehen sie dann alle<br />

Leistungen, welche die Gemeinde anbietet,<br />

also all jene, die wir oben beschrieben<br />

haben. Dort finden sie aber auch das<br />

GemeindeTV und alle sonstigen Medien<br />

einer Gemeinde. So könnte die Welt der<br />

„Modernen Bürger*innen-Kommunikation“<br />

aussehen. Und so weit sind wir davon<br />

nicht entfernt. Was wir dazu benötigen?<br />

Einen Schulterschluss der Tiroler den und ein Bekenntnis zu Bürgernähe,<br />

Gemein-<br />

überregionaler Herangehensweise und<br />

damit niedrigeren Kosten. Das Gute daran?<br />

Wir als GemNova bauen bereits mit<br />

einigen Gemeinden an dieser Welt und<br />

haben einige Module bereits fertiggestellt<br />

und für andere nutzbar gemacht.<br />

LEITARTIKEL<br />

gemeinde<br />

immergut<br />

ZUTRITT RECYCLINGHOF<br />

E-CAR-SHARING<br />

GEMEINDE TV<br />

E-GOVERNMENT<br />

glauben<br />

sie, das<br />

gelingt?<br />

gemeinde<br />

bergluft<br />

Haben Sie noch Bedenken oder Fragen?<br />

Wir kommen gerne in Ihre Gemeinde<br />

oder Ihren Gemeinderat. Dort stellen<br />

wir Ihnen den „Masterplan Digitalisierung“<br />

vor und erarbeiten mit Ihnen<br />

gemeinsam Umsetzungswege für Ihre<br />

Gemeinde. Wenden Sie sich an Ihre<br />

Gemeindebetreuerin / Ihren Gemeindebetreuer<br />

oder auch direkt an mich:<br />

Alois Rathgeb, Geschäftsführer<br />

a.rathgeb@gemnova.at<br />

Tel. 0699 15 74 29 00<br />

gemeinde-service-plattf0rm<br />

MÜLLAUTOMAT<br />

GUTSCHEINSYSTEM<br />

E-GOVERNMENT<br />

BUCHUNG CO-WORKING SPACE<br />

bund<br />

land<br />

BÜRGER*INNEN GREIFEN MIT<br />

SMARTPHONE/LAPTOP/KARTE<br />

AUF DIE PLATTFORM ZU UND<br />

WÄHLEN IHRE LEISTUNGEN<br />

gemeinde<br />

weitblick<br />

VERWIEGUNG RECYCLINGHOF<br />

E-GOVERNMENT<br />

MOBILITÄTSBONUS<br />

MÜLLAUTOMAT<br />

deine<br />

gemeinde?<br />

deine<br />

individuellen<br />

m0dule


14 MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION<br />

15<br />

VIA LIVESTREAM IN<br />

DER ERSTEN REIHE SITZEN<br />

Die erlebnis.film, ein Tochterunternehmen der GemNova, hat mit seinen Videoproduktionen<br />

einen speziellen Fokus auf die kommunalen Bedürfnisse gelegt. Die Tiroler<br />

Gemeinden werden seit einigen Monaten erfolgreich bei vielen Aufgaben in den Bereichen<br />

Kommunikation und Außendarstellung unterstützt. Ein Flaggschiff-Produkt ist<br />

dabei die Durchführung von komplexen Streaming-Lösungen.<br />

Gemeint sind damit Live-Übertragungen<br />

von Events via Internet. Das heißt,<br />

die gesamte Bevölkerung kann eingebunden<br />

werden, nicht nur das anwesende<br />

Publikum. Um bei Sitzungen<br />

oder Gemeindeversammlungen weder<br />

auf räumlich abwesende Gemeinderät*innen<br />

noch auf die interessierte<br />

Öffentlichkeit verzichten zu müssen,<br />

bietet erlebnis.film rasch umsetzbare,<br />

günstige und unkomplizierte Streaming-Lösungen<br />

in höchster Qualität.<br />

Auch Wahldiskussionen, Diskussionen<br />

im Rahmen von Bürgerbeteiligungsverfahren<br />

und ähnliche Veranstaltungen<br />

lassen sich problemlos mit dieser<br />

umfangreichen Technik durchführen.<br />

Boom bei Hybridveranstaltungen<br />

Hybridveranstaltungen sind derzeit in<br />

aller Munde. Das ist natürlich auch der<br />

Covid19-Situation geschuldet, die sich<br />

als Treiber für derartige moderne Lösungen<br />

erweist. Diesen gehört zweifellos die<br />

Zukunft. „Hochqualitative Livestreams, die<br />

allen rechtlichen Voraussetzungen entsprechen,<br />

sind ein sehr wichtiger Beitrag<br />

für die Zukunft der kommunalen Kommunikation“,<br />

schildert Bernhard Garber. Der<br />

Produktionsverantwortliche bei erlebnis.<br />

film war lange Jahre in gleicher Funktion<br />

beim ORF für Westösterreich und Italien<br />

VON MANFRED SCHIECHTL<br />

zuständig. Nun stellt er seine umfangreiche<br />

Expertise den Tiroler Gemeinden<br />

zur Verfügung:<br />

„Ein wichtiger Punkt<br />

in Sachen Kommunikation auf<br />

Gemeindeebene<br />

wird sein, mit den neuen<br />

technischen Möglichkeiten die<br />

Bürgerinnen und Bürger immer<br />

stärker in das Gemeindegeschehen<br />

einzubinden.“<br />

DEM<br />

EINSATZ<br />

DER AUS-<br />

G EFEILTEN<br />

STREAMING-<br />

LÖSUNG<br />

SETZT<br />

NUR DIE<br />

FANTASIE<br />

GRENZEN.<br />

Datenschutzkonforme<br />

und rechtssichere Übertragungen<br />

Die Streaming-Lösung von erlebnis.<br />

film war zuletzt bei zwei kommunalen<br />

Großereignissen erfolgreich im Einsatz.<br />

Dabei kamen unterschiedliche Module<br />

des umfangreichen Produkts zum Einsatz,<br />

das auf einem modularen Baukastenprinzip<br />

aufgebaut ist. Die Lösung wird<br />

nämlich individuell auf die Bedürfnisse<br />

eines Events zugeschnitten. In Hall in Tirol<br />

begleitete die Mannschaft von erlebnis.<br />

film die Gründungssitzung des Leader-<br />

Vereins Innsbruck-Land. Dabei erfolgte<br />

eine bidirektionale Einbindung für Stimmberechtigte<br />

mit Zutrittscode für Abstimmungen.<br />

Insgesamt 90 Stimmberechtigte,<br />

darunter 56 Bürgermeister*innen, die<br />

zum Großteil wegen der Covid19-Situation<br />

nicht physisch zum Event im Veranstaltungssaal<br />

des Kurhauses Hall in<br />

Tirol anreisten konnten, nutzten diese<br />

Möglichkeit. „Selbstverständlich datenschutzkonform,<br />

um eine rechtlich haltbare<br />

Abstimmung zu garantieren“, so<br />

Garber. Anwesende Bürgermeister*innen<br />

stimmten indes vor Ort ab. Parallel<br />

dazu wurde in einem weiteren Stream die<br />

gesamte Veranstaltung via Internet live<br />

übertragen. Der Bezirkshauptmann von<br />

Innsbruck-Land, Michael Kirchmair, war<br />

mit der Durchführung dieser Hybridveranstaltung<br />

(also vor Ort und via Internet)<br />

sehr zufrieden: „Trotz großer Komplexität<br />

hat technisch alles einwandfrei funktioniert.<br />

Auch die Abstimmung hat perfekt<br />

geklappt.“ Der Event wurde als Mehrkamera-Livestream<br />

(vier Kameras) umgesetzt,<br />

um auch für abwechslungsreiche<br />

Bilder bei der Liveübertragung zu sorgen.<br />

In der Marktgemeinde Zirl wurde für eine<br />

von Denise Neher moderierte Diskussion<br />

aller Listen-Spitzenkandidat*innen für die<br />

Gemeinderatswahlen sogar ein Mehrkamera-Livestream<br />

im Veranstaltungszentrum<br />

B4 durchgeführt. Wesentliche<br />

Punkte bei dieser Umsetzung waren eine<br />

gewünschte umfangreiche grafische Aufbereitung<br />

des Events.<br />

Auch eine eingeblendete<br />

Redezeitbegrenzung<br />

von drei Minuten für die<br />

Diskutant*innen wurde<br />

umgesetzt. Ebenfalls<br />

übernommen hat erlebnis.film<br />

die planerische<br />

Vorbereitung aufgrund<br />

der aktuellen Pandemiesituation.<br />

Inkludiert<br />

war etwa die Erstellung<br />

des Covid19-Präventionskonzepts,<br />

die<br />

Stellung des Covid19-<br />

Beauftragten sowie die<br />

Durchführung der Eingangskontrollen.<br />

Spektakulär<br />

war die Einbindung des amtierenden<br />

Bürgermeisters Thomas Öfner via<br />

Internet in einem „Stream im Stream“,<br />

da dieser zu diesem Zeitpunkt unter Quarantäne<br />

stand:<br />

„Trotz der besonderen<br />

Situation fühlte ich mich aus<br />

dem Homeoffice bestens in<br />

die Live-Diskussion im<br />

Veranstaltungszentrum<br />

B4 eingebunden.“<br />

„Trotz meiner Nicht-Präsenz ist aus meiner<br />

Sicht alles gut abgelaufen.“ Dem<br />

schlossen sich auch alle anderen Protagonist*innen<br />

an. Sie bedankten sich<br />

nach dem Event für die ausgezeichnete<br />

Umsetzung. Auch von Zuseher*innen der<br />

Liveübertragung kam ein gutes Feedback.<br />

Livestreams mit dem gewissen „Extra“<br />

Dem Einsatz der ausgefeilten Streaming-<br />

Lösung setzt nur die Fantasie Grenzen.<br />

Aktuell eingesetzt wird das Produkt von<br />

erlebnis.film beispielsweise auch bei<br />

vielen Sport-Liveübertragungen in Tirol.<br />

Die Vielseitigkeit hat ihren Grund in der<br />

umfangreichen Funktionalität. Möglich<br />

sind beispielsweise auch die Einbindung<br />

einer Chatfunktion, sämtliche Zuschaltungen<br />

wie Grafiken, Abstimmungsergebnisse,<br />

Redezeitanzeigen, Einspieler, Zeitlupe,<br />

Live-Chats und Videokonferenzen, beispielsweise<br />

über Microsoft Teams. Auch<br />

Barrierefreiheit ist ein großes Thema. Ein<br />

Gebärdendolmetscher kann im Bild mitverarbeitet<br />

werden. Eine zusätzliche Visualisierung<br />

zum Livestream auf Großbildleinwänden,<br />

sogar auf unterschiedlichen<br />

Monitoren in einem ganzen Haus, sind<br />

umsetzbar. Außerdem können Livestreams<br />

auf Wunsch mit der Live-U-Technologie<br />

auch Medienanstalten zugänglich<br />

gemacht werden. Und alle, die weder vor<br />

Ort noch via Livestream bei einem Event<br />

dabei sein konnten, haben die Möglichkeit,<br />

dies später über eine Mediathek nachzuholen.


16<br />

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION<br />

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION<br />

17<br />

Gemeindestrategie<br />

miteinander<br />

entwickeln<br />

Immer mehr Gemeinden setzen bei der Entwicklung von Strategien, aber<br />

auch bei Infrastrukturprojekten auf die Kraft der Vielen. Dabei geht es<br />

nicht darum jeden Wunsch zu erfüllen, sondern im strukturierten Rahmen<br />

Ideen, Lösungen und langfristige Ziele zu erarbeiten, die eine kleinere Gruppe<br />

von Menschen vielleicht in dieser Vielfalt nicht hervorgebracht hätte.<br />

Warum soll beispielsweise die Gemeindestrategie<br />

nicht auch unter Beteiligung<br />

der Bürger*innen erarbeitet werden?<br />

Oftmals werden die vielen Expert*innen<br />

(von Web, über Handwerk, bis hin zu Fachleuten<br />

in exotischen Aufgabengebieten…)<br />

vergessen, die im eigenen Ort wohnen<br />

oder arbeiten und mit ihrem Fachwissen<br />

maßgeblich für das Gelingen einer Strategiefindung<br />

und der daraus resultierenden<br />

Maßnahmen beitragen könnten. Die<br />

immer höheren Anforderungen an die<br />

Gemeinden können durch eine bessere<br />

Zusammenarbeit mit den Gemeindebürger*innen<br />

effizienter gelöst werden.<br />

Je größer der Konsens unter den relevanten<br />

Dialoggruppen, desto besser werden<br />

strategische Ziele, Zukunftsvisionen, Neubauprojekte,<br />

Umgestaltungen usw. von<br />

der Gemeinschaft mitgetragen. Denn<br />

Gemeinde sind alle, die in der Gemeinde<br />

wohnen, arbeiten oder einen Großteil<br />

ihrer Zeit dort verbringen. „Das Vertrauen<br />

in die Politik, die Nachvollziehbarkeit von<br />

Entscheidungen auf Gemeindeebene, das<br />

Mitwirken im Heimatort und somit der<br />

Zusammenhalt werden auf wohl eine der<br />

schönsten Arten gestärkt – im Miteinander“,<br />

erklärt Klaus Kandler, Bereichsverantwortlicher<br />

der GemNova Gemeindeund<br />

Verwaltungsentwicklung.<br />

Voraussetzungen für einen erfolgreichen<br />

Prozess sind ein sehr gut strukturierter<br />

Prozessablauf und der individuelle<br />

Zuschnitt auf die jeweilige Gemeinde,<br />

ihre Stärken, Herausforderungen und ihr<br />

Umfeld. Neben einem maßgeschneiderten<br />

Konzept kann die Bevölkerung durch eine<br />

zielgerichtete Kommunikationsstrategie<br />

mobilisiert werden. Der Prozess muss<br />

ZUR AUTORIN<br />

MAG. (FH)<br />

MARTINA RIZZO<br />

Martina Rizzo hat bereits etliche Tiroler<br />

Gemeinden als Prozessbegleiterin in<br />

unterschiedlichsten Prozessen begleitet.<br />

Ihr Expertinnenwissen auch in den Bereichen<br />

Öffentlichkeitsarbeit und Kinderbildung/<br />

-betreuung machen sie zu einer<br />

Hauptansprechpartnerin in Fragen der<br />

Beteiligung.<br />

Kontakt: m.rizzo@gemnova.at<br />

Viele Gemeindeverantwortliche<br />

sind<br />

überrascht, welch<br />

effiziente und wohlüberlegte<br />

Ideen<br />

bereits Kinder im<br />

Volksschulalter hervorbringen.<br />

in der Folge professionell begleitet und<br />

die Ergebnisse umfänglich dokumentiert<br />

werden. Auch externe Expert*innen können<br />

bei Bedarf hinzugezogen werden,<br />

um einen neutralen Blick auf fachlich<br />

anspruchsvolle Themen zu werfen.<br />

„Äußerst spannend und gewinnbringend<br />

ist auch die Beteiligung von Kindern und<br />

Jugendlichen. Viele Gemeindeverantwortliche<br />

sind überrascht, welch effiziente und<br />

wohlüberlegte Ideen bereits Kinder im<br />

Volksschulalter hervorbringen“, berichtet<br />

Martina Rizzo aus dem Team der GemNova<br />

Gemeinde- und Verwaltungsentwicklung<br />

von ihren Erfahrungen. So sollte es bereits<br />

Usus sein, Schüler*innen beim Umbau/<br />

Neubau einer Schule zu befragen, genauso<br />

wie auch Kindergartenkinder dazu befragt<br />

werden können, was sie möchten und was<br />

nicht. Aber erst das Zusammenspiel von<br />

allen Menschen, die sich in den Gebäuden<br />

aufhalten, darin arbeiten oder dieses in<br />

Stand halten, schafft ein rundes Bild. Diese<br />

umfassende Sichtweise bietet Möglichkeiten<br />

der Optimierung und lässt im Endergebnis<br />

einen Ort entstehen, in dem sich<br />

alle wohlfühlen.<br />

Mit einer gemeinsamen Strategie entwickelt<br />

sich die gesamte Gemeinde zu<br />

einem Ort des Miteinanders, der vom<br />

gegenseitigen Respekt, dem gegenseitigen<br />

Verständnis und einer erhöhten<br />

Akzeptanz geprägt ist. Dabei sind Konflikte<br />

ganz normal. Sie können durch gutes<br />

Hinhören, Annehmen sowie eine respektvolle<br />

Moderation aufgenommen und in<br />

eine befruchtende Diskussion aus verschiedenen<br />

Blickwinkeln geleitet werden.<br />

Es lohnt sich, sich neben den klassischen<br />

Prozessen wie Strategieentwicklung,<br />

Gemeindeklausuren und Infrastrukturprojekten<br />

auch bei ungewöhnlicheren<br />

Themen oder Projekten begleiten zu lassen<br />

und sich den extra Mehrwert über die<br />

Beteiligung von Bürger*innen und anderen<br />

Stakeholdern zu holen.<br />

Infobox<br />

Das bringt eine professionelle<br />

Prozessbegleitung einer<br />

Gemeinde kurz zusammengefasst:<br />

• Verbesserung der Zusammenarbeit<br />

durch Einbeziehung aller<br />

relevanten Dialogpartner*innen<br />

und damit breiter Konsens<br />

• Verbesserung der Kommunikation<br />

durch zielgerichtete Öffentlichkeitsarbeit<br />

• Sicherstellung der Erreichung<br />

der gesteckten Ziele<br />

• Entlastung der Gemeindebediensteten<br />

Und das bekommen Sie von uns:<br />

• Auf die Gemeinde maßgeschneidertes<br />

Gesamtkonzept<br />

• Prozess- und Ergebnisdokumentation<br />

• Zielgerichtete Kommunikationsstrategie<br />

• Professionelle Begleitung und<br />

Erarbeitung der Ergebnisse<br />

• Externer Expert*innenblick auf<br />

das Projekt und dessen Ziele<br />

Und das Beste kommt zum<br />

Schluss. Sofern der Prozess gewisse<br />

Voraussetzungen erfüllt (Förderrichtlinien<br />

zur Lokalen Agenda 21),<br />

werden bis zu 75 % der anrechenbaren<br />

Kosten gefördert und auch<br />

Umsetzungsmaßnahmen können<br />

mit bis zu 50 % gefördert werden.<br />

Auch hier unterstützen wir gerne.


18 MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION<br />

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION<br />

19<br />

KOMMUNALE AUFGABEN<br />

EFFIZIENT UND<br />

(RECHTS)SICHER ERLEDIGEN<br />

ZUM AUTOR<br />

MANFRED SCHIECHTL<br />

25 Jahre Medienerfahrung in verschiedensten<br />

Bereichen bei der<br />

Tiroler Tageszeitung und dem<br />

Kurier sind die Basis für seine<br />

umfangreiche Expertise in allen<br />

Kommunikationsbelangen.<br />

Kontakt: m.schiechtl@gemnova.at<br />

Tirols Gemeindeverwaltungen müssen Tag für Tag immer umfangreichere<br />

Aufgaben stemmen. Die heimischen Amtsleiter*innen stehen bei<br />

diesen täglichen Herausforderungen an vorderster Front. Bernhard<br />

Scharmer, Amtsleiter von Tirols drittgrößter Gemeinde Telfs, hat sich<br />

für einen Vortrag beim Kommunalwirtschaftsforum vor einigen Jahren<br />

die Mühe gemacht, all diese Aufgaben zusammenzufassen: „Herausgekommen<br />

ist ein Excel-Blatt mit rund drei Metern Höhe und rund eineinhalb<br />

Metern Breite.“<br />

Der Landesobmann des FLGT, des Fachverbandes<br />

der leitenden Gemeindebediensteten<br />

Tirols, erklärt weiter: „Das<br />

Datenblatt enthält zwischen 1.200 und<br />

1.500 Aufgaben und Produkte, die jede<br />

Gemeinde ständig auf Trab halten.“<br />

Sehr intensiv haben sich auch zwei<br />

ehemalige langjährige Amtsleiter mit<br />

der Thematik beschäftigt. Sie haben<br />

sich die Frage gestellt, wie all diese<br />

Aufgaben kostensparend, effizient und<br />

trotz geringer Personalressourcen in<br />

hoher Qualität erledigt werden können.<br />

Die Rede ist vom Juristen und Verwaltungsexperten<br />

Christian Lechner, 18 Jahre lang<br />

Amtsleiter, Bauamtsleiter und Finanzverwalter<br />

in der Gemeinde Kolsass, und Klaus<br />

Kandler, zuletzt 16 Jahre Amtsleiter bei der<br />

Marktgemeinde Rum und dort in den letzten<br />

fünf Jahren auch Geschäftsführer der<br />

Immobiliengesellschaft sowie Geschäftsführer<br />

des Wohn- und Pflegeheims.<br />

Beide wirken mittlerweile mit ihrem<br />

Wissen weit über ihre ursprünglichen<br />

Gemeinden hinaus. Über die GemNova,<br />

dem Unternehmen der Tiroler Gemeinden,<br />

unterstützen sie all ihre Kolleginnen<br />

und Kollegen in ganz Tirol, wenn es gilt,<br />

mit Lösungen und Methoden zur Effizienzsteigerung<br />

den stetig wachsenden<br />

Herausforderungen Rechnung zu tragen.<br />

Vor allem drei Bereiche haben großes<br />

Entwicklungspotenzial: die Optimierung<br />

von Prozessen als Teil einer Verwaltungsentwicklung,<br />

gepaart mit professionellem<br />

Qualitätsmanagement sowie dem Einsatz<br />

von sinnvoller und echter Digitalisierung.<br />

CHRISTIAN LECHNER: „Ich bin in der<br />

GemNova mittlerweile seit vier Jahren in<br />

verschiedensten Bereichen tätig. Als Jurist<br />

bin ich zuständig für die Datenschutzgrundverordnung<br />

in den Gemeinden und<br />

betreue diese als externer Datenschutzbeauftragter.<br />

Als Verantwortlicher im Bereich<br />

Digitalisierung und Personaldienstleistung<br />

koordiniere ich Gemeindeprojekte.“<br />

KLAUS KANDLER: „ Ich bin ganz frisch<br />

in der GemNova und leite den Bereich<br />

Gemeinde- und Verwaltungsentwicklung.<br />

Mein bisheriger Arbeitgeber, die Marktgemeinde<br />

Rum, ist mit knapp 9.500 Einwohnerinnen<br />

und Einwohnern eine der großen<br />

Gemeinden in Tirol. Ich habe dort sehr<br />

viel mit Organisation und Verwaltung zu<br />

tun gehabt und meinen Fokus entwickelt.<br />

In meinem zukünftigen Berufsweg bei<br />

der GemNova kommt daher das Thema<br />

Verwaltungsentwicklung besonders zum<br />

Tragen.“<br />

LECHNER: „Das Thema Digitalisierung<br />

liegt der GemNova sehr am Herzen. Wieso?<br />

Wir haben gesehen, dass in der Digitalisierung<br />

sehr viel Potenzial liegt, besonders<br />

was die Effizienz der Gemeindearbeit<br />

betrifft. Die Verwendung von Standardregistern<br />

bietet einen Mehrwert sowie<br />

Erleichterungen für die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter und auch die Bürgerinnen<br />

und Bürger. Zu den Standardregistern<br />

zählen vor allem das Zentrale Melderegister<br />

(ZMR), das Unternehmensregister (UR),<br />

das Adress-Gebäude-Wohnungsregister<br />

(AGWR) und die medienbruchfreie Verwendung<br />

von Daten aus den Bundesplattformen<br />

(z.B. FinanzOnline). Was die daraus<br />

abzuleitende Rechtssicherheit anbelangt,<br />

sind die registerbasierende Eindeutigkeit<br />

der Datensätze und die Umsetzung der<br />

einschlägigen Verfahrensbestimmungen<br />

wie der Bundesabgabenordnung (BAO)<br />

oder des Verwaltungsverfahrensgesetzes<br />

(AVG) beispielhaft zu nennen. Neben der<br />

Digitalisierung eröffnet aber auch eine<br />

schlagkräftige Verwaltungsentwicklung<br />

viele Möglichkeiten. Dabei sind Themen<br />

wie Prozessabläufe, Daten, eine Kostenund<br />

Leistungsrechnung sowie ein durchdachter<br />

Personaleinsatz sehr wesentlich.“<br />

KANDLER: „Das wichtigste Werkzeug<br />

für die Optimierung von Prozessen ist<br />

das Qualitätsmanagement. Dies ist eine<br />

unserer Kernleistungen im Zuge der Verwaltungsentwicklung.<br />

Wie gehen wir dabei<br />

vor? Ausgehend von der Strategie bzw.<br />

den Visionen und Zielen brechen wir alle<br />

Vorgänge herunter auf die Prozesse. Die<br />

RECHTS: Durch ihre<br />

langjährige Tätigkeit in der<br />

Amtsleitung kennen Christian<br />

Lechner und Klaus Kandler<br />

die vielfältigen Aufgaben der<br />

Gemeindeverwaltung ausgesprochen<br />

gut und beraten<br />

nun Gemeinden im Bereich<br />

Verwaltungsentwicklung und<br />

Digitalisierung. (© GemNova)<br />

Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter muss<br />

den Prozess, die Logik dahinter, verstehen.<br />

Man muss wissen, wer verantwortlich ist.<br />

Nur so kann dann die Schnittstelle digital/<br />

analog aus meiner Sicht gut funktionieren.<br />

Ein nächstes wichtiges Produkt, das<br />

wir anbieten, ist die Kosten- und Leistungsrechnung.<br />

Was ist der Hintergrund?<br />

Der kommt oft schon vom Rechnungshof.<br />

Ich habe unlängst einen Bericht des<br />

Landesrechnungshofs zu einer Gemeinde<br />

gelesen, in dem empfohlen wurde, eine<br />

kostenrechnerische Kalkulation durchzuführen<br />

und anhand dieser Berechnungen<br />

festzusetzen. Aus der eigenen Arbeit weiß<br />

ich, dass kostenrechnerische Kalkulationen<br />

in den wenigsten Gemeinden zur<br />

Anwendung gelangen. Es gibt das externe<br />

Rechnungswesen unter Zugrundelegung<br />

der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung<br />

2015 (VRV 2015), aber<br />

das interne Rechnungswesen ist bei den<br />

meisten Gemeinden noch nicht angekommen.<br />

Dabei wollen wir unterstützen und<br />

den Gemeinden weiterhelfen. Wir wollen<br />

das wirklich klein und fein machen,<br />

deshalb vorerst auch nur die Betriebe<br />

gewerblicher Art wie Wasser, Kanal, Abfall,<br />

Kinderbetreuungseinrichtungen sowie<br />

Wohn- und Pflegeheime. Mit einer Kosten-<br />

und Leistungsrechnung können wir<br />

viel mehr Informationen für die Führung<br />

zur Verfügung stellen.“<br />

„WIR HABEN<br />

GESEHEN, DASS IN<br />

DER DIGITALISIERUNG<br />

SEHR VIEL POTENZIAL<br />

LIEGT, BESONDERS<br />

WAS DIE EFFIZIENZ<br />

DER GEMEINDEARBEIT<br />

BETRIFFT.“<br />

CHRISTIAN LECHNER<br />

Doch dies ist noch lange nicht alles,<br />

worin Lechner und Kandler ihre Kolleginnen<br />

und Kollegen unterstützen. Der<br />

dritte wichtige Bereich ist die Prozessbegleitung.<br />

Da geht es viel um Moderation<br />

und die Zukunft. Beispielsweise<br />

um die Frage, wo die Gemeinde hin will.<br />

Lechner und Kandler helfen dabei mit<br />

Visions- und Strategieprozessen. Der<br />

vierte Bereich ist das Thema Personal<br />

und Dienstleistung. Wenn es einmal<br />

brennt, werden den Gemeinden Mitarbeiter*innen<br />

zur Verfügung gestellt,<br />

die kurzzeitig oder mittelfristig aushelfen.<br />

Der fünfte Bereich ist die Lohnverrechnung.<br />

Das ist eine jener Agenden,<br />

die relativ leicht auslagerbar ist,<br />

und die Gemeindeverwaltung dadurch<br />

ungemein entlastet.


20<br />

MODERNE BÜRGER*INNENKOMMUNIKATION<br />

TIROL.DIGITALISIERT 21<br />

QUALITÄT MACHT ERFOLG-<br />

REICH UND ZUKUNFTSFIT<br />

Status Quo: Gemeinden werden mit immer mehr Aufgaben und Herausforderungen im kommunalen<br />

Umfeld konfrontiert, die es zu bewältigen gilt. Das Leistungsspektrum wird aufgrund der zunehmenden<br />

Komplexität der Rahmenbedingungen (Anzahl der Gesetze, EU-Verordnungen, etc.) umfangreicher<br />

und der Anspruch der Bürger*innen an eine moderne Kommunalverwaltung immer höher. Dabei<br />

kann ein Qualitätsmanagementsystem die Gemeinde unterstützen.<br />

Was ist Qualitätsmanagement<br />

Qualitätsmanagement (QM) umfasst alle<br />

Maßnahmen zur Planung, Steuerung und<br />

Optimierung von Prozessen anhand vorgegebener<br />

Anforderungen. Dabei werden<br />

unterschiedliche Aspekte wie Wirtschaftlichkeit,<br />

Gesetzgebung, Umwelt, Sicherheit<br />

und die Anforderungen der Bürger*innen<br />

berücksichtigt. Das Ziel ist es, die Dienstleistungsqualität<br />

und damit die Zufriedenheit<br />

der Bürger*innen zu verbessern und<br />

gleichzeitig die Effizienz zu steigern. Die<br />

zentrale Funktion übernimmt das Qualitäts-Management-Handbuch<br />

(QMH), in<br />

dem neben der normkonformen Darstellung<br />

der Gemeinde das Organigramm,<br />

die Prozesse samt Prozesslandkarte, Verfahrensanweisungen<br />

sowie die Zuständigkeiten<br />

und weitere Regeln abgebildet sind.<br />

Was bringt die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems<br />

den Gemeinden:<br />

WIE SCHAUT DAS MODELL DER<br />

QUALITÄTSVERBESSERUNG AUS?<br />

PLANEN (PLAN)<br />

IST-ANALYSE MIT<br />

DER FÜHRUNGSEBENE<br />

UMFASSENDE<br />

BESTANDSAUFNAHME<br />

QM-HANDBUCH<br />

Organigramm, Prozesslandkarte,<br />

Checklisten, Verfahrensanweisungen,<br />

Funktionsbeschreibungen<br />

Die Einführung von QM hat den Status<br />

eines Projekts. Für dieses Projekt wird ein<br />

QM-Team gebildet, in dem alle relevanten<br />

Bereiche der Verwaltung vertreten sein<br />

sollten. In der Planungsphase erarbeitet<br />

das QM-Team gemeinsam die Ausgangssituation,<br />

Rahmenbedingungen und Ziele.<br />

Es wird eine Selbstbewertung durchgeführt,<br />

um die Verbesserungspotentiale herauszufiltern.<br />

Die Selbstbewertung macht<br />

die Mitarbeiter*innen mit der Struktur des<br />

QM-Systems vertraut. Sie hinterfragt, wie<br />

die Verantwortlichkeiten geregelt sind und<br />

ob die Prozesse reibungslos laufen.<br />

In der Phase der Durchführung werden<br />

Workshops zu allen zentralen Inhalten<br />

des Qualitätsmanagements durchgeführt,<br />

parallel dazu werden die Prozesse<br />

erfasst. In der Prozesslandkarte werden<br />

die Bezüge der Prozesse untereinander<br />

festgehalten. Die meiste Zeit nimmt die<br />

Dokumentation der Prozesse in Anspruch.<br />

In der Abschlussphase geht das QM in den<br />

Betrieb. Damit startet der kontinuierliche<br />

Verbesserungsprozess, der die Gemeinde<br />

nachhaltig begleiten soll.<br />

Zertifizierung<br />

Der Abschluss des Einführungsprozesses<br />

kann in einer Zertifizierung münden. Eine<br />

akkreditierte Zertifizierungsorganisation<br />

bestätigt die normkonforme Anwendung<br />

des Qualitätsmanagements (ÖNORM EN<br />

ISO 9001). Ein QM-Zertifikat verbessert<br />

die Außendarstellung der Gemeinde und<br />

führt sehr oft auch zu einem zusätzlichen<br />

Motivationsschub für die Mitarbeiter*innen.<br />

Die Zusammengehörigkeit wächst,<br />

da eine externe Organisation bestätigt,<br />

dass die Verwaltung alle Anforderungen<br />

eines anerkannten Qualitätsmanagementsystems<br />

erfüllt. Das tut auch dem<br />

Image gut.<br />

DURCHFÜHREN (DO)<br />

SCHULUNG DER<br />

MITARBEITER*INNEN<br />

DURCHFÜHRUNG DER PROZESSE<br />

ARBEITSHANDELN UND<br />

DOKUMENTATION<br />

ERFASSUNG VON INDIKATOREN<br />

UNSER ANGEBOT<br />

Je nachdem wie intensiv die<br />

Gemeindeführung den Prozess<br />

vorantreibt, ist ein Jahr<br />

ein realistischer Zeitrahmen<br />

für die Einführung eines QM-<br />

Systems, kleinere Gemeinden<br />

benötigen weniger Zeit. Nachdem<br />

die Kommunen meist aufgrund<br />

fehlender Kapazitäten<br />

ein QM-System nicht selbst<br />

einführen können, hat die<br />

GemNova ein spezielles Kommunalpaket<br />

entwickelt, das<br />

sich zur Schaffung von schlanken<br />

und unbürokratischen Systemen<br />

auf das Wesentliche<br />

konzentriert. Sämtliche für den<br />

Aufbau eines QM-Systems<br />

erforderlichen Tätigkeiten<br />

werden von uns durchgeführt,<br />

der zusätzliche Aufwand für<br />

die Mitarbeiter*innen wird auf<br />

ein Minimum reduziert. Unser<br />

Angebot beinhaltet die Erstellung<br />

einer kompletten, normkonformen<br />

Dokumentation,<br />

internes Audit und alle sonst<br />

erforderlichen Maßnahmen bis<br />

zur Zertifizierung.<br />

• Erhöhung der Dienstleistungsqualität<br />

• Erhöhung der Bürger*innenzufriedenheit<br />

• Verbesserung der Außendarstellung<br />

• Entlastung der Mitarbeiter*innen<br />

durch die Verbesserung interner Abläufe<br />

• (Rechts)sicherheit (Risikosenkung)<br />

• Qualitätsbewusstsein der Mitarbeiter*innen<br />

wird geschärft<br />

UMSETZEN (ACT)<br />

UMSETZUNG VON<br />

VERÄNDERUNGEN<br />

TEAMSITZUNGEN<br />

VERÄNDERUNGSPROJEKTE<br />

PRÜFEN (CHECK)<br />

DATENANALYSE UND<br />

ERGEBNISPRÜFUNG<br />

INTERNES AUDIT<br />

MANAGEMENTBEWERTUNG<br />

ZUM AUTOR<br />

DR. KLAUS KANDLER<br />

MBA (MCI)<br />

Klaus Kandler war 16 Jahre lang Amtsleiter<br />

in der Marktgemeinde Rum und<br />

ist Experte in der Gemeinde- und Verwaltungsentwicklung.<br />

Seit Jänner <strong>2022</strong><br />

ist er in der GemNova verantwortlich<br />

für diesen Bereich.<br />

Kontakt: k.kandler@gemnova.at


22 tirol.Politik tirol.Politik<br />

23<br />

GEMEINDEPOLITIK<br />

DIE HERAUSFORDERUNGEN<br />

SIND BREIT GEFÄCHERT<br />

DIE VERWALTUNGS-<br />

KUNST HAT UNGEAHNTE<br />

HÖHEN ERREICHT.<br />

© Land Tirol/Cammerlander<br />

Gemeinderat – das<br />

Parlament der Gemeinde.<br />

Fließendes Wasser, gut ausgebaute<br />

Straßen, Kinderbetreuung, Pflegeheime<br />

– all das und vieles mehr fällt in<br />

den vielseitigen Aufgabenbereich der<br />

Gemeinden. Sie sind außerdem für<br />

öffentliche Sport- und Freizeitanlagen,<br />

eine funktionierende Müllabfuhr<br />

und Kanalisation sowie kulturelle Einrichtungen<br />

zuständig und schaffen<br />

Wohnraum. Darüber hinaus ist im Sinne<br />

der Sicherheit auch die Feuerwehr<br />

eine kommunale Kernaufgabe.<br />

Die eigene Gemeinde ist der unmittelbare<br />

Lebensraum, der Zusammengehörigkeit<br />

und Verbundenheit bedeutet.<br />

Die Politik regelt das Zusammenleben.<br />

Jedoch hat die Bevölkerung im Rahmen<br />

der Bürgermeister*innen- und Gemeinderatswahl<br />

entschieden, wer die Politik<br />

macht. Die enge Partnerschaft von<br />

Land und Gemeinden ist jedenfalls der<br />

Grundstein für eine hohe Lebensqualität<br />

in unserem Land. Das wissen sowohl<br />

die Gemeinden als auch das Land Tirol<br />

– dementsprechend ist auch mir als<br />

Gemeindereferent der persönliche und<br />

laufende Austausch mit den Gemeinden<br />

enorm wichtig.<br />

Die Herausforderungen in der Gemeindepolitik<br />

und für die Bürgermeisterinnen<br />

und Bürgermeister sind breit gefächert.<br />

Eine wesentliche Aufgabe ist es, stets<br />

den aktiven Austausch mit den Bürger*innen<br />

zu suchen und darauf aufbauend<br />

Projekte umzusetzen, die im Sinne<br />

der Bevölkerung sind.<br />

Der Gemeinderat wird in Tirol alle sechs<br />

Jahre direkt gewählt und wirkt wie ein<br />

Parlament in der Gemeinde. Ob langgedient<br />

oder frisch gewählt: Gemeinderät*innen<br />

bringen sich in ihre Gemeinde<br />

ein, sind stark vernetzt und übernehmen<br />

Verantwortung. Sie sind Ansprechpartner*innen<br />

für die Bevölkerung und<br />

haben für deren Anliegen ein offenes<br />

Ohr. Schließlich berichten die Gemeinderätinnen<br />

und -räte gegenüber dem<br />

Gemeinderat und geben Empfehlungen<br />

für Maßnahmen ab, die mit Mehrheitsbeschluss<br />

beschlossen werden. Wer<br />

sich davon ein Bild machen will, darf<br />

als Bürgerin und Bürger bei den meisten<br />

Gemeinderatssitzungen zuhören.<br />

Um die für die Bevölkerung besten Projekte<br />

umzusetzen, arbeiten Gemeinderät*innen<br />

und Bürgermeister*innen eng<br />

zusammen.<br />

Ihr LR Mag. Johannes Tratter<br />

© Julia Moll<br />

Es gilt, schnell<br />

schwimmen zu lernen.<br />

Eine Vielzahl an neuen Bürgermeister*innen<br />

und Gemeinderät*innen<br />

haben nach den Gemeinderatswahlen<br />

<strong>2022</strong> ihr Amt angetreten. Sie<br />

haben sich in den kommenden Monaten<br />

und Jahren als gewählte Volksvertretung<br />

den umfangreichen Herausforderungen<br />

zu stellen, die die<br />

Regulierungs- und Ordnungsmanie<br />

des Gesetzgebers für sie bereithält.<br />

Funktionär*innen, die bereits länger<br />

im Amt stehen und wieder gewählt<br />

wurden, können ein Lied davon singen.<br />

Der Respekt der Bevölkerung<br />

gegenüber all jenen Mitbürger*innen,<br />

die sich für politische Ämter<br />

auf Gemeindeebene zur Verfügung<br />

stellen, ist also redlich verdient.<br />

Denn die Verwaltungskunst hat ungeahnte<br />

Höhen erreicht. Und Jahr für Jahr<br />

scheint es weiter nach oben zu gehen.<br />

Das damit einhergehende gesetzliche<br />

Regelwerk ist extrem umfangreich und<br />

mittlerweile äußerst engmaschig. Die<br />

Chance, sich in diesem komplexen Netz<br />

zu verfangen, steigt laufend. Unliebsame<br />

Begegnungen mit den Aufsichtsbehörden<br />

sind leider keine Seltenheit. Um<br />

zu bestehen und nicht unterzugehen –<br />

das betrifft vor allem die Neulinge – gilt<br />

es, schnell schwimmen zu lernen. Wir<br />

sollten daher diesen mutigen Menschen<br />

für ihr unbezahltes, oft auch unbedanktes<br />

Einbringen ihres Engagements in<br />

das Gemeindeleben dankbar sein. Denn<br />

nur so kann dieses in der Art funktionieren,<br />

wie wir alle uns dies wünschen.<br />

Es ist ein steigendes Interesse insbesondere<br />

von jungen Menschen zu spüren,<br />

die sich aktiv in die Gemeindepolitik<br />

einbringen möchten. Das haben auch<br />

die Gemeinderatswahlen <strong>2022</strong> gezeigt.<br />

Ab sofort gilt es – für altgediente wie<br />

auch frischgebackene Gemeindefunktionär*innen<br />

– mit Vollgas ihre Talente<br />

auszuspielen. Wie bereits erwähnt, sind<br />

die anstehenden Aufgaben gewaltig. Ob<br />

Budget, Finanzen, Pflege, Raumordnung,<br />

Kinderbetreuung, auch Sport und Kultur<br />

– das politische Geschehen in jedem<br />

Dorf, in jeder Marktgemeinde oder<br />

Stadt wird in den Gemeinderatssitzungen<br />

bestimmt. Die Arbeit der Gemeinderät*innen<br />

betrifft daher das tägliche<br />

Leben der Bürger*innen in wesentlicher<br />

Form.<br />

Ihr Bgm. Mag. Ernst Schöpf


24<br />

tirol.Wissen<br />

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />

tirol.Wissen 25<br />

Leistbaren<br />

Wohnraum schaffen<br />

EINE HERKULESAUFGABE FÜR GEMEINNÜTZIGE<br />

© GHS / Berger<br />

Wir gratulieren<br />

zum Wahlerfolg!<br />

Wir gratulieren allen Bürgermeister*innen und<br />

Gemeinderät*innen ganz herzlich zur Wahl!<br />

Für die Umsetzung Ihrer Vorhaben in der Gemeinde<br />

wünschen wir Ihnen Weisheit, Ausdauer und breite<br />

Unterstützung von allen Fraktionen!<br />

Gemeinnützige Hauptgenossenschaft<br />

des Siedlerbundes regGenmbH<br />

www.ghs-wohnbau.com<br />

Die GHS ist ein gemeinnütziger Wohnbauträger, der in der vergangenen<br />

70 Jahren über 300 Projekte in mehr als 80 Tiroler Gemeinden erfolgreich<br />

verwirklicht hat. Die Herausforderung leistbaren Wohnraum für Gemeindebürger*innen<br />

im ländlichen und städtischen Raum zu schaffen wird zusehend<br />

schwerer, der Vorstand des Siedlerbundes DI (FH) Mag. (FH) Martin Mimm<br />

und Dr. Peter Heiss hat aber Ansätze dafür parat.<br />

Was sind aus ihrer Sicht die größten<br />

Aufgaben/Herausforderungen für die<br />

GHS in den nächsten Jahren?<br />

HEISS: Das ist mit Sicherheit leistbare<br />

Grundstücke für den geförderten Wohnbau<br />

zu akquirieren. Dazu kommen dann noch<br />

die derzeit hohen Preise für den Bau der<br />

Anlagen selbst, da die Auftragslage für Professionisten<br />

gut ist und dadurch wenig Verhandlungsspielraum<br />

bleibt.<br />

MIMM: Leistbarer und qualitätsvoller<br />

Wohnraum für die Bewohnerinnen und<br />

Bewohner unserer Anlagen ist das Markenzeichen<br />

der GHS. Sowohl der Preis pro m²<br />

Grundfläche als auch die Baukosten pro m²<br />

Wohnnutzfläche sind durch die Vorgaben<br />

der Tiroler Wohnbauförderung "gedeckelt".<br />

Diese Bestimmungen der Wohnbauförderung<br />

garantieren einerseits, dass unsere<br />

Wohnungen günstig bleiben, machen es<br />

aber schwierig, zu förderungswürdigen<br />

Grundstücken zu kommen und/oder nicht<br />

möglich, das Bauvorhaben infolge zu hoher<br />

Baukosten zu starten.<br />

Wie kann diesen Entwicklungen begegnet<br />

werden? Und von wem?<br />

HEISS: Das Land und die Gemeinden müssen<br />

– auch bei schon vorhandenen Bauland<br />

– die bestehenden Instrumente anwenden,<br />

wie z.B. die Vertragsraumordnung, Abgaben<br />

für brach liegende Baugrundstücke<br />

einfordern, Rückwidmung von nicht bebauten<br />

Baugrundstücken sanktionieren, um<br />

die Spekulation von Grund und Boden in<br />

Tirol einzubremsen. Wenn das Zinsniveau in<br />

Europa allenfalls wieder steigt, könnte das<br />

den Trend "statt Sparbuch ins Grundbuch"<br />

zumindest bremsen.<br />

Was kann sich eine Gemeinde bei der<br />

Zusammenarbeit mit der GHS erwarten?<br />

HEISS: Wir haben immer schon versucht<br />

die Gemeinden weitestgehend in die Entwicklung<br />

unserer Projekte einzubeziehen.<br />

Dazu sind Besprechungen auf Augenhöhe<br />

und ein wertschätzendes Miteinander<br />

die grundlegenden Voraussetzungen. Dann<br />

sind beiderseitige Vorstellungen auch in<br />

der Umsetzung möglich. Wir haben noch<br />

kein Projekt gebaut, bei dem wir uns<br />

nicht bereits im Vorfeld mit der jeweiligen<br />

Gemeinde nach deren Bedarf und Vorstellungen<br />

erkundigt haben. Darum passen<br />

auch die Ergebnisse unserer Arbeit. Unsere<br />

Handschlagqualität und die Einhaltung von<br />

Absprachen sind auch die Basis für Folgeprojekt<br />

in den zufriedenen Kommunen.<br />

Klimaverbesserung ist in aller Munde.<br />

Welche baulichen Maßnahmen setzt man<br />

bei der GHS, um dazu beizutragen?<br />

MIMM: Natürlich halten auch wir uns an<br />

den Grundsatz "Raus aus Öl und Gas" und<br />

die Umstellung von fossilen Heizungssystemen<br />

auf klimafreundliche Wärmeversorgung.<br />

Dies wird bei allen Neubauten<br />

durch Einbau von Pelletsheizungen, Hackschnitzelheizungen,<br />

Wärmepumpen, Photovoltaik<br />

und andere moderne Heizsysteme<br />

verwirklicht. Bei unseren Sanierungen<br />

achten wir ebenso auf die Verbessrung<br />

der thermischen und energetischen Eigenschaften<br />

des Gebäudes. Auch hier realisieren<br />

wir Umstellungen auf klimafreundliche<br />

Wärmeversorgung. Wir legen großen Wert<br />

darauf, bei Sanierungen in Abstimmung<br />

und Einklang der Bewohner/Eigentümer<br />

einer Anlage die geplanten Vorhaben<br />

umzusetzen.<br />

Der Bau von Wohnprojekte ist die Kernaufgabe<br />

der GHS, welche baulichen Maßnahmen<br />

gibt es darüber hinaus?<br />

HEISS: Der Bedarf der Gemeinden ist<br />

vielfältig. In der Altersversorgung sind<br />

Projekte für betreubares oder betreutes<br />

Wohnen, die wir kürzlich in Wenns und<br />

Scheffau verwirklicht haben, aktuelle<br />

Themen. Aber auch Alters- und Studentenheime<br />

oder Wohnbauten für Mitarbeiter<br />

von Krankenhäusern – aktuell für das<br />

Schwesternheim in Lienz – entwickeln wir<br />

gemeinsam mit den Gemeinden. Dabei<br />

kombinieren wir Wohnanlagen sinnvoller<br />

Weise auch mit Geschäftsräumlichkeiten<br />

für den Nahversorgungsbereich.<br />

Die Verwaltung der Objekte – wird die<br />

durch die GHS selber vorgenommen?<br />

MIMM: Die Verwaltung unserer Objekte<br />

zählt zu den Kernaufgaben der GHS. Wir<br />

sind sehr stolz drauf, unsere Wohnanlagen<br />

über Jahrzehnte betreuen zu dürfen. Natürlich<br />

wollen wir nicht nur verwalten, sondern<br />

wir kümmern uns intensiv um die Werterhaltung<br />

der Objekte über Jahrzehnte. Dies<br />

gilt sowohl für die Mietobjekte als auch<br />

für Eigentumsobjekte. Unser Know-How<br />

ermöglicht uns die Kunden bzw. Bewohner<br />

in allen Belangen rund ums Wohnen zu<br />

unterstützen. Uns ist auch wichtig, unsere<br />

Qualität weiterzuentwickeln und den<br />

Service für unsere Bewohner zu steigern.<br />

Unser Online-Kundenportal hat uns hier<br />

einen großen Schritt nach vorne gebracht.


26<br />

tirol.Politik tirol.Politik 27<br />

„Ich bin ja ein gebürtiger Thierseer,<br />

hab eigentlich mein ganzes bisheriges<br />

Leben hier verbracht. Und ich möchte<br />

auch nirgendwo anders leben.“ Wenn der<br />

45-jährige Rainer Fankhauser über seine<br />

Gemeinde spricht, kommt er fast ins<br />

Schwärmen. Von 2004 bis 2016 war er<br />

bereits als Gemeinderat politisch aktiv,<br />

bevor er sich dann die vergangenen sechs<br />

Jahre ganz bewusst eine politische Auszeit<br />

genehmigte. „Ich wollte einfach mehr<br />

Zeit für meine Familie, für meine beiden<br />

Kinder haben. Außerdem war ich in dieser<br />

Zeit Fußballtrainer bei den Kindern, auch<br />

Obmann des Fußballvereins.“<br />

© Privat<br />

Rainer<br />

Fankhauser<br />

die kraft<br />

des neuen<br />

In einigen Orten Tirols blieb nach den Gemeinderatswahlen kein<br />

Stein auf dem anderen. In Hall, Schwaz, Völs, Wattens, Wörgl oder<br />

Zams etwa. Wir haben uns weiter umgesehen und stellen eine<br />

Bürgermeisterin und zwei Bürgermeister vor, die neu im Amt sind.<br />

Melanie Zerlauth in Pfunds, Thomas Gschösser in Reith im Alpbachtal,<br />

Rainer Fankhauser in Thiersee.<br />

VON REINHOLD OBLAK<br />

Im Herbst des vergangenen Jahres wurde<br />

Fankhauser dann immer wieder auf<br />

die bevorstehenden Gemeinderatswahlen<br />

angesprochen. Und mitunter recht direkt<br />

gefragt, ob er nicht auch als Bürgermeister<br />

zur Verfügung stehen würde. „Ich habe<br />

mir die Entscheidung wirklich nicht leicht<br />

gemacht, Vor- und Nachteile abgewogen<br />

und mich erst spät, Ende November,<br />

zur Kandidatur entschlossen.“ Mangels<br />

Gegenkandidaten war seine Wahl freilich<br />

zu 100 Prozent sicher.<br />

Dass in Thiersee so viele unterschiedliche<br />

Listen kandidieren, hat auch historische<br />

Gründe, wie der Neo-Bürgermeister<br />

erklärt. „Wir haben hier vier Ortsteile,<br />

jeder Ortsteil tritt mit einer eigenen Liste<br />

an. Das hat nichts mit Parteipolitik zu tun,<br />

sondern mit den ganz speziellen Interessen<br />

des jeweiligen Ortsteiles. Ich selbst<br />

bin mit einer überparteilichen Bürgermeisterliste<br />

angetreten, die bewusst<br />

das Ganze, das Gemeinsame in den Vordergrund<br />

gestellt hat.“ Als größtes, als<br />

wichtigstes Projekt für die nächsten sechs<br />

Jahre nennt Fankhauser die Energiewende.<br />

„Wir haben in der Bevölkerung eine<br />

Umfrage gemacht, da war das Energiethema<br />

on top. Auch mir persönlich ist das<br />

außerordentlich wichtig, jeder Einzelne<br />

muss seinen Beitrag dazu leisten. Hier in<br />

Thiersee denken wir an den Ausbau der<br />

Photovoltaik, an E-Car-Sharing, auch an<br />

den Einsatz von Biomasse.“<br />

Abseits der Politik tritt der neue Bürgermeister<br />

nach wie vor gerne die runde<br />

Kugel. Noch im letzten Jahr kickte der<br />

damals 44-Jährige aushilfsweise in der<br />

Kampfmannschaft des SV Thiersee. Mit<br />

großem Engagement und einigen blauen<br />

Flecken, wie es heißt. Aber gut, auch in<br />

der Politik soll es zuweilen das eine oder<br />

andere Foul geben.<br />

Melanie Zerlauth in Pfunds<br />

„Ja, ich war überrascht. Weil eigentlich<br />

habe ich gedacht, ich werde nach der<br />

Wahl meinen Mitbewerber zum Bürgermeisteramt<br />

gratulieren. Dass ich nun<br />

selbst die neue Bürgermeisterin von<br />

Pfunds bin, freut mich natürlich umso<br />

mehr.“ Was Melanie Zerlauth nicht dazu<br />

sagt: Die Pfundser Bevölkerung hat sie<br />

mit riesengroßem Abstand in ihre neue<br />

Funktion gewählt, außerdem ist sie damit<br />

die erste Bürgermeisterin im ganzen<br />

Bezirk Landeck. Hat ohnehin viel zu lange<br />

gedauert.<br />

© Marin Gspan<br />

Melanie<br />

Zerlauth<br />

Dass Zerlauth nicht nur den eigenen<br />

Kirchturm im Blickwinkel hat, zeigt auch<br />

ihr bisheriges Leben. Nach der Handelsschule<br />

in Landeck zog sie aus privaten<br />

Gründen für zwei Jahre nach Wiener<br />

Neustadt, später arbeitete sie in Scuol<br />

im schweizerischen Engadin. Mittlerweile<br />

ist die 43-Jährige in Pfunds verheiratet,<br />

hat zwei Töchter und ist seit neun Jahren<br />

als Assistentin im örtlichen Kindergarten<br />

beschäftigt. Von 2010 bis 2017<br />

war sie außerdem bereits im Gemeinderat<br />

tätig, zog sich dann allerdings nach<br />

einem schweren Bandscheibenvorfall aus<br />

der Politik zurück.<br />

„Vergangenen Winter haben die Gespräche<br />

begonnen. In unserer Liste wurde hin<br />

und her überlegt, wer als Bürgermeisterkandidat<br />

antreten soll. Immer mehr haben<br />

dann zu mir gesagt: mach´s, mach´s,<br />

mach´s. Meine Antwort: Nein, die wollen<br />

keine Frau. Irgendwann hab ich dann<br />

gesagt, gut, ich mach´s, ihr findet eh niemand<br />

anderen.“ Dass es von der zweiten<br />

Liste in Pfunds noch einen anderen Bürgermeisterkandidaten<br />

gegeben hat, störte<br />

Zerlauth überhaupt nicht.<br />

In den kommenden sechs Jahren will<br />

die neue Bürgermeisterin vor allem im<br />

Sozialbereich ihre Spuren hinterlassen.<br />

Ihre Vision, ihr großes Ziel: ein eigenes<br />

Altersheim in Pfunds. Die Pflege<br />

der Angehörigen, das betreute Wohnen –<br />

alles Themen, die sie sehr stark bewegen.<br />

Vor der Wahl hat sich Zerlauth naturgemäß<br />

genau im Ort umgehört, auch eine<br />

eigene Umfrage „Melanie will´s wissen“<br />

durchgeführt. „Da bin ich der Bevölkerung<br />

natürlich im Wort, deren Anliegen gehören<br />

umgesetzt.“<br />

Und wie verbringt Melanie Zerlauth<br />

eigentlich ihre Freizeit? Natürlich beim<br />

Wandern, beim Skifahren, eh klar. Andererseits:<br />

„Ich hab ein großes Haus, einen<br />

Garten, zwei Kinder. Ich arbeite im Kindergarten,<br />

engagiere mich ehrenamtlich<br />

in verschiedenen Initiativen, jetzt bin ich<br />

auch noch Bürgermeisterin. Viel Freizeit<br />

wird mir da wohl nicht bleiben.“ Ob es bei<br />

ihren männlichen Bürgermeisterkollegen<br />

auch so zugeht?<br />

Thomas Gschösser, Reith im Alpbachtal<br />

Mit Politik ist Thomas Gschösser so<br />

irgendwie ganz selbstverständlich aufgewachsen.<br />

„Mein Opa war schon im<br />

Gemeinderat, aber das ist schon recht<br />

lange her, und mein Papa war Obmann<br />

im Tourismusverband. Da hab ich dann<br />

natürlich schon mitbekommen, worum es<br />

bei uns in Reith so geht. Im Positiven wie<br />

im Negativen.“<br />

2010 – Gschösser ist damals gerade mal<br />

23 Jahre jung – schafft er auf der Bürgermeisterliste<br />

den Einzug in den Gemeinderat.<br />

Zwölf Jahre lang bestimmt er so die<br />

Politik in Reith mit, zuerst als Gemeindevorstand,<br />

dann als Gemeinderat. So<br />

wirklich viel bewegen konnte er als einfacher<br />

Mandatar zwar nicht, sagt er heute,<br />

gleichzeitig habe er aber viel gelernt.<br />

Bei der Listensitzung im November des<br />

Vorjahres dann die politische Gretchenfrage:<br />

Wer soll dem Langzeitbürgermeister<br />

Johann Thaler nachfolgen? „Eigentlich<br />

wollte niemand, doch dann haben immer<br />

mehr in meine Richtung geschaut. Gleichzeitig<br />

hat die andere Liste einen Bürgermeisterkandidaten<br />

aufgestellt. Ich hab<br />

dann einige Nächte drüber geschlafen.<br />

Zum Schluss gab es für mich nur zwei<br />

Optionen: Entweder ich kandidiere als<br />

Bürgermeister oder ich scheide komplett<br />

aus dem Gemeinderat aus.“<br />

Das Ergebnis ist mittlerweile bekannt:<br />

Zwar verlor seine Liste insgesamt zwei<br />

Mandate, gleichzeitig wurde Thomas<br />

Gschösser von der Reither Bevölkerung<br />

recht eindrucksvoll zum Bürgermeister<br />

gewählt. Mit doch recht großem Abstand<br />

zu seinem Mitbewerber. Erklärtes Ziel<br />

des Neo-Bürgermeisters für die nächsten<br />

sechs Jahre: vorhandene Unstimmigkeiten<br />

im Gemeinderat auszuräumen,<br />

das Gemeinsame zu betonen, die vielen<br />

Projekte zügig umzusetzen.<br />

In seiner Freizeit, die nun freilich etwas<br />

schmäler ausfallen wird, ist Gschösser<br />

vor allem sportlich sehr aktiv. Im Sommer<br />

sitzt er abwechselnd am Rennrad oder<br />

am Mountainbike, im Winter ist er viel auf<br />

Skitouren unterwegs. Als staatlich geprüfter<br />

Skilehrer – seinem Vater gehört die<br />

örtliche Skischule - kommt er nur mehr<br />

aushilfsweise zum Einsatz, seine ehrenamtliche<br />

Tätigkeit bei der Feuerwehr will<br />

er indes keinesfalls aufgeben.<br />

Ach ja, Geselligkeit ist dem neuen Reither<br />

Bürgermeister ebenfalls sehr wichtig. „Ich<br />

hab auch in den schwierigen Corona-Zeiten<br />

unsere Gastronomie im Ort immer<br />

wieder besucht und somit auch privat<br />

unterstützt“, erklärt er lächelnd.<br />

© Simon Fischler<br />

Th0mas ..<br />

Gsch0sser


28<br />

tirol.Wissen tirol.Wissen 29<br />

WIE DIE GEMEINDE<br />

ZU IHREM „KNÖDEL“ KOMMT …<br />

Die Arbeit in den Gemeinden ist in den vergangenen Jahrzehnten immer komplexer geworden. Einerseits ist es<br />

die Verrechtlichung unserer Gesellschaft, die viel Spezialwissen erfordert. Andererseits bringt es die Vernetzung<br />

mit Bundes- und Landesregelungen und -finanzierungen mit sich, dass man sich oft erst mühsam ein Bild<br />

davon machen muss, was man als Gemeinde selbst umsetzen kann und wofür es Partner*innen braucht.<br />

Mit dem Nachschlagewerk<br />

„Gemeinde ABC“ haben wir 99<br />

Begriffe definiert, die in der<br />

Gemeindearbeit eine Rolle spielen,<br />

und mit Hintergrundwissen<br />

„aufgeladen“. Der Projektkoordinator<br />

und Mitautor Georg<br />

Keuschnigg erzählt etwas über<br />

die Entstehung des ABC’s und<br />

als kleinen Vorgeschmack gibt es<br />

auch einen Auszug aus dem Buch.<br />

GemNova: Lieber Georg, du bist<br />

Mitautor des Gemeinde ABC‘s<br />

und hast maßgeblich zur Entstehung<br />

dieses Werkes beigetragen.<br />

Wie wurde denn die Idee dazu<br />

geboren?<br />

Die Idee wurde im Rahmen des<br />

Strategieprozesses „ZUKUNFT<br />

GEMEINDE – Agenda 2030“ geboren,<br />

weil die Arbeit in den Gemeinden<br />

extrem vielschichtig ist und<br />

vielfach Bundes- und Landesrecht<br />

zur Anwendung kommen. Das ist<br />

selbst für Profis oft schwierig zu<br />

überblicken. Die Idee ist, den Praktiker*innen<br />

in den Gemeinden eine<br />

leicht verdauliche Erstinformation<br />

zur Verfügung zu stellen.<br />

Inwiefern können diese 99 ausgewählten<br />

Begriffe die Tätigkeit<br />

als Gemeinderätin oder Gemeinderat<br />

erleichtern?<br />

Gemeinderät*innen müssen über<br />

eine Vielzahl von Materien entscheiden,<br />

und es ist einfach ein<br />

Vorteil, wenn man eigenes Wissen<br />

hat. Niemand kann sich überall<br />

auskennen, aber einen groben<br />

Überblick kann man sich erarbeiten.<br />

Und auch das Wissen, wo die<br />

Informationen zu finden sind.<br />

Von A wie AGWR bis Z wie Zersiedelung<br />

wird in diesem Buch<br />

vieles erklärt. Was sind aus<br />

deiner Sicht Begriffe, die alle<br />

Gemeinderät*innen kennen sollten?<br />

Das hängt von den Vorlieben der<br />

Gemeinderät*innen ab. Da es in<br />

den Gemeinden immer auch um<br />

das liebe Geld geht, sollte man<br />

ungefähr wissen, wie die Gemeinde<br />

zu ihrem „Knödel“ kommt. Das wird<br />

in den Begriffen „Finanzausgleich“<br />

und „abgestufter Bevölkerungsschlüssel“<br />

erklärt. Lebensnäher<br />

sind vielleicht die Begriffe, die sich<br />

mit der Daseinsvorsorge befassen,<br />

von der Kinderbildung und -betreuung,<br />

über den öffentlichen Verkehr<br />

bis zur Wasserversorgung.<br />

Interesse?<br />

Sie haben Interesse am<br />

Gemeinde ABC? Schreiben Sie uns eine<br />

Nachricht an office@gemnova.at<br />

VON ANGELIKA RAFETZEDER<br />

?<br />

Bei der Finanzierung meiner<br />

Gemeinde spielt der<br />

abgestufte Bevölkerungsschlüssel<br />

eine große Rolle.<br />

Was bedeutet dieser<br />

Begriff?<br />

Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel<br />

kommt bei<br />

der Verteilung der Erträge<br />

der vom Bund eingehobenen<br />

gemeinschaftlichen Bundesabgaben<br />

auf die einzelnen<br />

Gemeinden (Gemeindeertragsanteile)<br />

zur Anwendung.<br />

Dabei werden die Gemeinden<br />

bevölkerungsmäßig in<br />

vier Größenklassen unterteilt.<br />

Diese Unterteilung<br />

erfolgt auf Basis der Einwohner*innenzahl<br />

einer Gemeinde,<br />

die mit einem gesetzlich<br />

festgelegten Wert multipliziert<br />

wird. Somit bekommen<br />

Gemeinden mit einer größeren<br />

Einwohner*innenzahl<br />

auch mehr Geld pro Einwohner*innen.<br />

?<br />

Wie finanziert sich meine<br />

Gemeinde? Die Finanzkraft<br />

spielt dabei eine große Rolle.<br />

Was bedeutet sie?<br />

Die Finanzkraft einer Gemeinde<br />

wird im Wesentlichen aus der<br />

Summe der eigenen Steuereinnahmen<br />

und der den Gemeinden<br />

zugekommenen Ertragsanteile an<br />

den gemeinschaftlichen Bundesabgaben<br />

ermittelt. Es werden zwei<br />

Varianten unterschieden:<br />

Die Finanzkraft nach § 25 Abs<br />

2 Finanzausgleichsgesetz (FAG)<br />

2017 wird aus dem Aufkommen<br />

an der Grund- und Kommunalsteuer<br />

des zweitvorangegangenen<br />

Jahres ermittelt. Sie wird u.a. der<br />

Aufteilung der Finanzzuweisungen<br />

nach dem Finanzausgleichsgesetz<br />

zugrunde gelegt. Die Finanzkraft<br />

nach § 25 Abs 3 FAG 2017 wird<br />

aus dem Aufkommen an Grundsteuern,<br />

Kommunalsteuer und den<br />

Ertragsanteilen für das zweitvorangegangene<br />

Jahr ermittelt.<br />

Die als Finanzkraft II bezeichnete<br />

Finanzkraft nach § 21 Abs 5 des<br />

Tiroler Mindestsicherungsgesetzes<br />

wird aus der Grundsteuer<br />

auf land- und forstwirtschaftliche<br />

Betriebe, der Grundsteuer auf allgemeine<br />

Grundstücke, einem Teil<br />

der Erträge der Kommunalsteuer<br />

sowie aus Teilen der Abgabenertragsanteile,<br />

jeweils des zweitvorangegangenen<br />

Jahres, ermittelt.<br />

Sie wird u.a. der Ermittlung und<br />

Aufteilung des Kostenbeitrages<br />

der einzelnen Gemeinden an das<br />

Land für die Mindestsicherung,<br />

Grundversorgung, stationäre und<br />

mobile Pflege, Behinderten-, Kinder-<br />

und Jugendhilfe zugrunde<br />

gelegt.<br />

„Bürger*innenbeteiligung“ –<br />

Was ist konkret damit gemeint?<br />

Unter dem Begriff der Bürger*innenbeteiligung bzw. Öffentlichkeitsbeteiligung<br />

versteht man die Möglichkeiten für Bürger*innen,<br />

sich an öffentlichen Planungsprozessen oder an<br />

Verwaltungsverfahren zu beteiligen, aber auch, sich mit ihren<br />

Anliegen direkt an die gewählten Organe (Parlament, Landtag,<br />

Gemeinderat) zu wenden. Bei großen Planungsprozessen,<br />

vor allem im Bereich der überörtlichen Raumordnung und bei<br />

großen Infrastrukturprojekten, welche einer Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

unterliegen, ist eine Bürger*innenbeteiligung<br />

zum Teil bereits gesetzlich vorgeschrieben. So sieht z.B. das<br />

Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz die Beteiligung der<br />

Öffentlichkeit an solchen Verfahren ausdrücklich vor. Innerhalb<br />

der Auflagefrist kann jede*r zum Vorhaben und zur<br />

Umweltverträglichkeitserklärung eine schriftliche Stellungnahme<br />

an die Behörde abgeben. Auch das Tiroler Umweltprüfungsgesetz<br />

und das Tiroler Raumordnungsgesetz sehen für<br />

die Ausarbeitung von bestimmten Plänen und Programmen<br />

zwingend eine Beteiligung der Öffentlichkeit vor.<br />

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30 tirol.kooperiert tirol.kooperiert 31<br />

Früh-<br />

jahrsputz in<br />

der Natur<br />

Hier eine Plastikflasche, dort eine Aludose: Achtlos<br />

weggeworfene Abfälle stören das Landschaftsbild<br />

und schaden der Umwelt. In vielen Tiroler Gemeinden<br />

befreien heuer wieder unzählige Freiwillige die Natur<br />

von Müllsünden – eine Aktion, bei der es nur<br />

Gewinner*innen gibt.<br />

Es ist ein sonniger Frühlingstag, der letzte Schnee ist<br />

geschmolzen, die Natur erwacht aus dem Winterschlaf.<br />

Viele Menschen verbringen den Tag im Freien. Grüppchenweise<br />

gehen sie einem beliebten Spazierweg entlang.<br />

Statt den Blick in die Ferne schweifen zu lassen<br />

und die Landschaft zu genießen, haben sie die Augen<br />

jedoch fest auf den Boden vor ihnen gerichtet. Ausgestattet<br />

mit Müllsäcken, Handschuhen und Greifzangen<br />

sind sie auf der Suche nach achtlos weggeworfenen<br />

Abfällen, die sie im Rahmen der Flurreinigungsaktion<br />

einsammeln und entsorgen. Der Frühjahrsputz in der<br />

Natur ist in vielen Tiroler Gemeinden ein Fixpunkt im<br />

Veranstaltungskalender. Die Umwelt und das Gemeinschaftsgefühl<br />

sind die großen Gewinner – und alle<br />

Freiwilligen, die nach so einem Tag mit einem positiven<br />

Gefühl nach Hause gehen.<br />

Littering richtet Schaden an<br />

Littering, also das achtlose Wegwerfen von Abfällen<br />

in der Natur, schadet der Umwelt, beeinträchtigt das<br />

Ortsbild und verursacht hohe Kosten für die Allgemeinheit.<br />

Das Land Tirol spricht von rund 1.000 Tonnen an<br />

Abfällen, die allein entlang des Landesstraßennetzes<br />

BILD:<br />

Die Kampagne „Tirol<br />

klaubt auf!“ der ATM lädt<br />

mit Motiven wie diesem<br />

augenzwinkernd zum<br />

Mitmachen bei der Flurreinigung<br />

ein. (© ATM/<br />

Matthias Betz)<br />

ZUM AUTOR<br />

ABFALLWIRTSCHAFT TIROL MITTE GMBH<br />

Die ATM koordiniert und unterstützt als Umweltserviceorganisation<br />

für die 102 Gemeinden der Bezirke Innsbruck-Land und<br />

Schwaz seit über 20 Jahren Flurreinigungsaktionen in der Region.<br />

Die Kampagne „Tirol klaubt auf!“ schafft Bewusstsein für die<br />

negativen Umweltauswirkungen von Littering.<br />

www.atm-online.at<br />

OBEN:<br />

Die Natur von achtlos weggeworfenen<br />

Abfällen befreien:<br />

Das ist das Ziel einer Flurreinigungsaktion.<br />

(© ATM/Berger)<br />

jedes Jahr beseitigt werden müssen. Im Auftrag der<br />

Abfallwirtschaft Tirol Mitte (ATM) führte die Universität<br />

Innsbruck 2018 eine Analyse des eingesammelten<br />

Abfalls durch: Rund die Hälfte davon sind Wertstoffe,<br />

die bei richtiger Entsorgung umwelt- und kostenschonend<br />

verwertet werden könnten. Stattdessen landen<br />

Plastik- und Glasflaschen oder Getränkedosen häufig<br />

in der Natur. Sie sind eine Gefahr für Wildtiere, können<br />

mit dem Futter aber auch vom Feld in den Stall<br />

gelangen und dort Schaden anrichten. Wind und Wetter<br />

setzen den Abfällen zu, Partikel lösen sich und verunreinigen<br />

die Böden.<br />

Erfolgreiche Freiwilligenaktion<br />

„Man braucht nicht darauf zu warten, dass sich der<br />

Müll und somit das Problem von selbst in Luft auflöst:<br />

Studien zeigen, dass sich eine PET-Flasche je<br />

nach Witterung rund 300 Jahre in der Natur hält. Die<br />

errechnete Verrottungsdauer einer Getränkedose liegt<br />

sogar bei 500 Jahren“, erklärt Alexander Würtenberger,<br />

Leiter der Umwelt- und Abfallberatung bei der ATM.<br />

Seit mehr als zwanzig Jahren unterstützt die ATM<br />

die Gemeinden in den Bezirken Innsbruck-Land und<br />

Schwaz bei der Durchführung von Flurreinigungen.<br />

Der Frühjahrsputz in der Natur ist zu einer riesigen<br />

Freiwilligenaktion geworden, schildert Alexander Würtenberger:<br />

„Teilweise haben wir bis zu 8.000 Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer in unseren zwei Bezirken<br />

verzeichnet. In den allermeisten der 102 Gemeinden<br />

gehört die Flurreinigung einfach jedes Jahr dazu. Dieses<br />

große Engagement freut uns sehr.“<br />

Das Bewusstsein wächst<br />

Bei den groß angelegten Aktionstagen hilft vielerorts<br />

die ganze Dorfgemeinschaft zusammen: Schulklassen<br />

und Vereine sind genauso dabei wie Vertreter*innen<br />

der Gemeindepolitik und Einzelpersonen, denen die<br />

Umwelt am Herzen liegt. Interessierte Bürger*innen<br />

können sich an die jeweilige Gemeinde wenden – sie<br />

UNTEN:<br />

Gut für die Umwelt, das<br />

Ortsbild und die Gemeinschaft:<br />

In vielen Tiroler<br />

Gemeinden packen alle<br />

mit an, um in der Natur aufzuräumen.<br />

(© ATM/Berger)<br />

kümmert sich meist um die Organisation vor Ort. Für<br />

die ATM ist neben dem Einsammeln der gelitterten<br />

Abfälle vor allem Bewusstseinsbildung ein zentraler<br />

Aspekt der Flurreinigung, erklärt Alexander Würtenberger:<br />

„Wenn man sieht, was alles in der Natur landet,<br />

wird man automatisch sensibler für das Thema. Viele<br />

Freiwillige erzählen ihrem Umfeld davon und nehmen<br />

damit eine wichtige Rolle als Botschafter*innen ein.“<br />

Für Schulen bietet die ATM eigene Workshops an, in<br />

denen die Folgen von Littering kindgerecht vermittelt<br />

werden. Das Angebot wird sehr gerne angenommen<br />

und die Aufklärungsarbeit der letzten Jahrzehnte<br />

zeigt ihre Wirkung. „Das Bewusstsein für die negativen<br />

Auswirkungen von achtlos weggeworfenen Abfällen<br />

wächst. Irgendwann – in einer perfekten Welt – liegt<br />

vielleicht gar kein Müll mehr in der Landschaft. So<br />

weit sind wir aber leider noch nicht“, sagt Alexander<br />

Würtenberger. Auf einen Rückgang der gelitterten<br />

Abfallmenge lässt das angekündigte Pfand auf Einweg-<br />

Getränkeverpackungen hoffen. Das neue Abfallwirtschaftsgesetz<br />

sieht vor, dass in Österreich ab 2025<br />

ein Pfand auf Plastikflaschen und Aludosen eingehoben<br />

wird. Mit der leeren Flasche würde künftig auch der<br />

dafür bezahlte Einsatz im Gras landen – daraus ergibt<br />

sich ein monetärer Anreiz, Getränkeverpackungen ordnungsgemäß<br />

zu entsorgen.<br />

Motivation zum Umweltschutz<br />

Die gemeinschaftliche Flurreinigung in der Gemeinde<br />

ist auch ein unmittelbarer Beitrag zum Umweltschutz<br />

und somit zu einem Thema, das oft als abstrakt gilt.<br />

Mit dem Frühjahrsputz in der Gemeinde wird es auf<br />

eine lokale und greifbare Ebene geholt. Man hat sofort<br />

ein Erfolgserlebnis. Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

sehen, dass sich ihr Engagement gelohnt hat – die<br />

vollen Müllsäcke und die saubere Landschaft sprechen<br />

für sich. Diese Motivation und das positive Gefühl übertragen<br />

sich bestenfalls auf andere Lebensbereiche und<br />

sorgen für noch mehr Umweltbewusstsein im Alltag.


32<br />

tirol.kooperiert tirol.kooperiert 33<br />

Gemeinsam<br />

Ein Gespräch<br />

mit Mag.a<br />

Christine Salcher,<br />

der Leiterin der<br />

Abteilung Gemeinden<br />

beim Land Tirol.<br />

für alle<br />

Das Land Tirol und die Gemeinden<br />

GemNova: Die Gemeinderats- und Bürgermeister*innenwahlen<br />

<strong>2022</strong> haben<br />

eine Reihe neuer Bürgermeister*innen<br />

und Gemeinderät*innen hervorgebracht.<br />

Welche Berührungspunkte haben<br />

die Neugewählten mit der Abteilung<br />

Gemeinden?<br />

Unabhängig davon, ob die Kandidat*innen<br />

schon vor der Wahl im Gemeinderat<br />

vertreten waren oder nicht, bot die<br />

Abteilung Gemeinden Beratung und<br />

Information für Bürger*innen, Kandidat*innen<br />

sowie Mitarbeiter*innen in<br />

Bezug auf die Wahlen an. Bei der Angelobung<br />

der Bürgermeister*innen fand<br />

eine weitere Kontaktaufnahme statt,<br />

da dieser Festakt von unserer Abteilung<br />

mitorganisiert wird. Der Abteilung<br />

Gemeinden ist es ein Anliegen, im persönlichen<br />

Austausch mit den Bürgermeister*innen<br />

zu stehen.<br />

In welcher Form kann die Abteilung<br />

Gemeinden bei der Amtsübernahme<br />

sowie Einarbeitung unterstützen?<br />

Unsere Abteilung steht mit Rat zur Seite,<br />

wenn am Anfang der kommunalen Tätigkeit<br />

Fragen oder Probleme auftauchen. Wir<br />

informieren über rechtliche Grundlagen<br />

ebenso wie über haushaltswirtschaftliche<br />

Fragestellungen. Das Merkblatt für die<br />

Gemeinden Tirols, das monatlich erscheint<br />

und auch auf der Website des Landes Tirol<br />

veröffentlicht wird, bietet eine wichtige<br />

Informationsquelle. Im März erscheint in<br />

Zusammenarbeit mit dem Tiroler Gemeindeverband<br />

und dem Föderalismusinstitut<br />

die neue Ausgabe des Kommentars zur<br />

Tiroler Gemeindeordnung. Darin werden<br />

die gesetzlichen Bestimmungen praxisorientiert<br />

beschrieben.<br />

Für welche Aufgaben ist die Abteilung<br />

Gemeinden zuständig? Welche Leistungen<br />

werden für die Tiroler Gemeinden<br />

erbracht?<br />

Zu den Aufgaben zählen u.a. organisatorische<br />

und finanzielle Angelegenheiten, das<br />

Dienst- und Personalvertretungsrecht, die<br />

Wirtschaftsaufsicht sowie das Reklamationsverfahren<br />

nach dem Meldegesetz.<br />

Das Land Tirol übt gegenüber den Gemeinden<br />

ein Aufsichtsrecht aus, das in der Verfassung<br />

verankert ist. Inhaltlich gilt es darauf<br />

zu achten, dass die Gemeinden die<br />

Gesetze und Verordnungen des Bundes<br />

und des Landes nicht verletzen und ihren<br />

Wirkungsbereich nicht überschreiten. Um<br />

diese Aufgabe erfüllen zu können, sind die<br />

Aufsichtsbehörden berechtigt, sich über die<br />

Gemeinden zu informieren und in Unterlagen<br />

Einsicht zu nehmen. Ein weiterer<br />

Bereich ist die Gebarungsprüfung. Die Aufsichtsbehörden<br />

sind berechtigt, die Gebarung<br />

der Gemeinden auf Sparsamkeit,<br />

Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu<br />

Unsere Aufgaben sind ähnlich<br />

umfangreich wie die der Gemeinden<br />

und haben denselben Fokus: Serviceorientierung<br />

und Bürgernähe.<br />

prüfen sowie die Übereinstimmung mit<br />

den geltenden Vorschriften zu überwachen.<br />

Einen anderen wesentlichen Bereich stellt<br />

die Verordnungsprüfung dar. Verordnungen,<br />

die eine Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich<br />

aus dem Bereich der Landesverwaltung<br />

erlässt, müssen der Landesregierung<br />

bekanntgegeben werden.<br />

Welche Herausforderungen gilt es in der<br />

Arbeit mit den Tiroler Gemeinden zu<br />

meistern?<br />

Unsere Aufgaben sind ähnlich umfangreich<br />

wie die der Gemeinden und haben denselben<br />

Fokus: Serviceorientierung und Bürgernähe.<br />

Es ergeben sich z.B. immer wieder<br />

Fragen zu rechtlichen Bestimmungen oder<br />

der richtigen Berechnung von Gebühren<br />

und Abgaben. In all diesen Fragen können<br />

sich die Gemeinden an uns wenden.<br />

Wie hat sich das komplexe Themenfeld<br />

rund um die Gemeinden aus Ihrer Sicht<br />

über die Jahre verändert?<br />

Die Aufgaben sind vielfältiger geworden.<br />

Fragen zur Raum- bzw. Bauordnung, die<br />

gesamte Infrastruktur für die Bevölkerung<br />

oder die Krisenbewältigung stellen die<br />

Gemeinden vor große Herausforderungen.<br />

Dabei ist immer die Finanzierung der Aufgabenerfüllung<br />

ein zentraler Punkt. Damit<br />

die Lebensqualität und die Chancen für<br />

die Bürger*innen ausgebaut und gesichert<br />

werden können, bedarf es großer Anstrengungen<br />

aller handelnden Akteure, immer<br />

auch unter dem Gesichtspunkt, den sozialen<br />

Zusammenhalt in der Gemeinde zu<br />

stärken und einer Abwanderung gerade<br />

der jungen Menschen entgegenzuwirken.<br />

In 273 Tiroler Gemeinden wurde am<br />

27.02.<strong>2022</strong> ein neuer Gemeinderat<br />

gewählt. Die drei Gemeinden Matrei a.<br />

B., Mühlbachl und Pfons haben fusioniert,<br />

wodurch die Wahlen erst am<br />

20.03.<strong>2022</strong> stattgefunden haben. In<br />

der Zwischenzeit hat ein Amtsverwalter<br />

die Geschäfte der Gemeinde geführt.<br />

Wann kommt ein Amtsverwalter zum<br />

Einsatz und wie sehen seine Tätigkeiten<br />

aus?<br />

Im konkreten Fall ist der Einsatz eines<br />

Amtsverwalters durch die Vereinigung<br />

der betreffenden Gemeinden zu einer<br />

neuen begründet. Für den Zeitraum zwischen<br />

Wirksamwerden der Vereinigung<br />

bis zur Konstituierung des neu gewählten<br />

Gemeinderates ist ein Amtsverwalter zu<br />

bestellen, der im Namen der Gemeinde<br />

die täglichen Geschäfte führt. Ebenso ist<br />

ein Amtsverwalter einzusetzen, wenn sich<br />

der Gemeinderat vor Ablauf der Funktionsperiode<br />

durch einen Beschluss selbst<br />

aufgelöst hat. Ein weiterer Fall ist die<br />

Auflösung des Gemeinderates durch die<br />

Landesregierung, wenn der Gemeinderat<br />

dauernd beschlussunfähig ist oder eine<br />

ordnungsgemäße Führung der Geschäfte<br />

bzw. die Erfüllung der Aufgaben nicht<br />

mehr gewährleistet ist. Die Tätigkeit des<br />

Amtsverwalters hat sich auf die laufenden<br />

und die unaufschiebbaren Angelegenheiten<br />

zu beschränken.


34 tirol.hat Recht ENTGELTLICHE tirol.kooperiert EINSCHALTUNG 34<br />

tirol.hat Recht 35<br />

VERLÄSSLICHER PARTNER<br />

DER TIROLER GEMEINDEN:<br />

DER MASCHINENRING<br />

Unterstützung<br />

im Vergaberecht<br />

Für die Schneeräumung im Winter genauso wie<br />

für Baumpflege und Grünraumdienstleistungen im<br />

Sommer oder Naturraum-Services das ganze Jahr<br />

über: Der Maschinenring arbeitet seit mehr<br />

als 20 Jahren als verlässlicher Partner für<br />

viele Tiroler Gemeinden.<br />

Die Aufgaben, die Gemeinden erfüllen<br />

müssen, sind mannigfach – Tendenz steigend.<br />

Der Maschinenring kennt die spezifischen<br />

Bedürfnisse der Tiroler Kommunen und steht<br />

mit einem breiten Dienstleistungsangebot<br />

bereit: Ob es darum geht, Straßen und<br />

Wege zur rechten Zeit von Schnee und Eis<br />

zu befreien, Bäume professionell auf Herz<br />

und Nieren zu prüfen, einen Baumkataster<br />

anzulegen, Problembäume zu entnehmen<br />

oder Grünanlagen zu pflegen – bestens<br />

ausgebildete Spezialisten übernehmen die<br />

Aufgaben.<br />

Aber auch im Forstbereich ist der Maschinenring<br />

mit dem Forstservice Tirol geschätzter Dienstleister<br />

und bringt auch Geld in die Gemeindekasse:<br />

Von der Aufforstung über die Pflege bis hin zur<br />

Vor- und Endnutzung bzw. Vermarktung reicht<br />

das landesweite Komplettangebot.<br />

Mit der klimafitten Aufforstung, der<br />

Unkrautbekämpfung mittels Heißschaum oder<br />

den bienenfreundlichen Tiroler Blumenwiesen<br />

setzt der Maschinenring einen Schwerpunkt im<br />

Bereich der Nachhaltigkeit. Dank der Erfahrung<br />

und mit qualifizierten Mitarbeitern aus der<br />

Region bieten die Profis vom Land für Gemeinden<br />

Naturraum-Services und sind da, wenn es darum<br />

geht, Naturgefahren zu begegnen – proaktiv<br />

genauso wie im Schadensfall.<br />

Regionale Wertschöpfung sichern<br />

Aber auch wenn das eigene Personal nicht ausreicht,<br />

ist der Maschinenring als Marktführer<br />

im Bereich Personalleasing die erste Adresse<br />

für Gemeinden: Flexibel einsetzbare Landwirte<br />

oder Fachkräfte, die aus der Region stammen,<br />

werden schnell vermittelt, um die Gemeinde-<br />

Mannschaft zu verstärken.<br />

Mit seinen sechs Geschäftsstellen im ganzen<br />

Land steht das Unternehmen der Tiroler Bauern<br />

in jeder Hinsicht für gelebte Regionalität: Wenn<br />

man auf den Maschinenring setzt, wird Wertschöpfung<br />

in der Region, im Ort geschaffen. Egal<br />

ob es der Landwirt ist, der sich ein Zusatzeinkommen<br />

erwirtschaftet oder der Arbeitnehmer,<br />

der einen sicheren Job findet – sie alle investieren<br />

wiederum in und für ihre lebenswerte<br />

Heimatgemeide.<br />

Infos zu allen<br />

Dienstleistungen & Kontakt zu den<br />

regionalen Maschinenringen:<br />

www.maschinenring.tirol<br />

Wusstest<br />

du, dass der<br />

Maschinenring<br />

über...<br />

7.100<br />

Mitglieder in<br />

Tirol hat?<br />

200<br />

Gemeinden im Jahr<br />

2021 zu seinen<br />

Kunden zählte?<br />

7.000<br />

Bäume im Rahmen<br />

der Baumkontrolle<br />

im Vorjahr<br />

betreut hat?<br />

Die GemNova durfte auch letztes Jahr<br />

zahlreiche öffentliche Auftraggeber,<br />

insbesondere Gemeinden, bei den verschiedensten<br />

Vergabeverfahren begleiten<br />

und dabei ihre Expertise einbringen.<br />

Ziel ist neben der Einhaltung der<br />

rechtlichen Vorgaben auch die Stärkung<br />

des Wettbewerbs.<br />

Die Vielfalt der Beschaffungsvorhaben<br />

und Verfahrensarten zeigt sich anhand<br />

einiger exemplarischer Beispiele von<br />

Ausschreibungen. Diese umfassen insbesondere<br />

diverse Bauausschreibungen<br />

wie gewerksweise Vergaben unter<br />

Berücksichtigung der Los-Regel (Direktvergabe<br />

mit vorheriger Bekanntmachung,<br />

Verhandlungsverfahren, offene Verfahren<br />

etc.) und darüber hinaus Generalplanerleistungen,<br />

aber auch General- und Totalunternehmer-Vergaben.<br />

Zu einem solchen Vergabe-Projekt zählte<br />

beispielsweise der vom Bezirkskrankenhaus<br />

St. Johann in Tirol geplante Umbau<br />

der Zentralküche. Der Auftragswert<br />

befand sich im Oberschwellenbereich<br />

(über den damaligen € 5,35 Mio. netto).<br />

Unter Anwendung der Los-Regel wurde<br />

von der GemNova eine gewerksweise Vergabe<br />

zur Stärkung der Regionalität via<br />

elektronischer Vergabeplattform durchgeführt.<br />

Die Bestbieterkriterien wurden eng<br />

mit Auftraggeber und Fachplanern abgestimmt.<br />

Die besondere Herausforderung<br />

bestand hier in der Umsetzung innerhalb<br />

einer sensiblen Infrastruktur. Dies wurde<br />

(vergabe)rechtlich entsprechend abgebildet,<br />

um den Auftraggeber abzusichern.<br />

Weitere Ausschreibungen betrafen<br />

unter anderem Lieferleistungen, wie die<br />

Beschaffung von (Feuerwehr)fahrzeugen,<br />

Dienstleistungen aus dem Bereich IT für<br />

eine sensible Infrastruktur, Produktion/<br />

Layout, Druck und Versand eines Magazins,<br />

Reinigungsleistungen und andere<br />

Dienstleistungen wie z.B. Laborleistungen.<br />

Auch Restmülltransporte wurden<br />

beschafft. Die Gemeinde Wildschönau<br />

plante z.B. den Auftrag zur Sammlung<br />

von Restmüll im Gemeindegebiet sowie<br />

die anschließende Verbringung zur Übernahmestelle<br />

mehrjährig zu vergeben. Da<br />

der geschätzte Auftragswert im Oberschwellenbereich<br />

(über den damaligen<br />

€ 214.000 netto) angesiedelt war, wurde<br />

ein offenes Verfahren (EU-weit) gewählt.<br />

Die Abwicklung des Verfahrens erfolgte<br />

über die elektronische Vergabeplattform.<br />

Der Zuschlag wurde einem Tiroler Unternehmen<br />

erteilt.<br />

Die Tabelle auf Seite 36/37 veranschaulicht,<br />

ohne ins Detail zu gehen, den Ablauf<br />

der gängigsten Vergabeverfahren. Dabei<br />

sind einige Details zu beachten, die aus<br />

Platzgründen nicht ausgeführt werden<br />

können.<br />

ZU DEN AUTOREN<br />

Mag. a Magdalena Ralser, Mag. Martin<br />

Schonger und Mag. Alexander Sporer<br />

wickeln im Bereich "Infrastruktur &<br />

Recht" insbesondere Vergabeverfahren<br />

ab.<br />

wies0<br />

IST AUSZUSCHREIBEN?<br />

Das Ziel ist die Stärkung des<br />

Wettbewerbs und ein sorgsamer<br />

Umgang mit öffentlichen Geldern<br />

gemäß TGO. Öffentliche Auftraggeber<br />

(z.B. Gemeinden, Gemeindeverbände)<br />

müssen deshalb u.a. das<br />

Bundesvergabegesetz 2018 einhalten.<br />

wann<br />

IST AUSZUSCHREIBEN?<br />

Grundsätzlich sind alle Beschaffungen<br />

– konkret Bau-, Liefer- und<br />

Dienstleistungen – auszuschreiben.<br />

Dabei gibt es einige Ausnahmen.<br />

Eine Direktvergabe darf nur unter<br />

Einhaltung der vergaberechtlichen<br />

Grundsätze erfolgen.<br />

Wie<br />

IST AUSZUSCHREIBEN?<br />

Je nach Auftragswert stehen einerseits<br />

verschiedene Verfahrensarten<br />

zur Verfügung, teilweise muss EUweit<br />

ausgeschrieben werden. Auch<br />

dort mit oder ohne Verhandlungsmöglichkeit.<br />

Andererseits können u.a.<br />

Bauleistungen auch unterschiedlich<br />

vergeben werden: gewerksweise<br />

Vergabe, Generalunternehmer, Totalunternehmer<br />

usw.


36<br />

tirol.kooperiert<br />

tirol.hat Recht tirol.hat Recht 37<br />

ablauf<br />

DIREKTVERGABE<br />

DIREKTVERGABE<br />

MIT VORHERIGER<br />

BEKANNTMACHUNG<br />

VERHANDLUNGS-<br />

VERFAHREN<br />

OHNE VORHERIGE<br />

BEKANNTMACHUNG<br />

VERHANDLUNGS-<br />

VERFAHREN<br />

MIT VORHERIGER<br />

BEKANNTMACHUNG<br />

NICHT OFFENES<br />

VERFAHREN<br />

OHNE VORHERIGE<br />

BEKANNTMACHUNG<br />

NICHT OFFENES<br />

VERFAHREN<br />

MIT VORHERIGER<br />

BEKANNTMACHUNG<br />

OFFENES<br />

VERFAHREN<br />

Aufforderung zur<br />

Angebotslegung<br />

Bekanntmachung<br />

schalten<br />

Aufforderung zur<br />

Angebotslegung<br />

Bekanntmachung<br />

schalten<br />

Aufforderung zur<br />

Angebotslegung<br />

Bekanntmachung<br />

schalten<br />

Bekanntmachung<br />

schalten<br />

Teilnahmefrist<br />

Teilnahmefrist<br />

Bewerbungsunterlagen<br />

versenden<br />

Bewerbungsunterlagen<br />

versenden<br />

Teilnahmeantrag<br />

Teilnahmeantrag<br />

allfällige Eignungsprüfung<br />

Eignungsprüfung<br />

Eignungsprüfung<br />

Eignungsprüfung<br />

Auswahlentscheidung<br />

Auswahlentscheidung<br />

Ausschreibungsunterlagen versenden<br />

Wie unterstützt<br />

die<br />

GemNova<br />

konkret?<br />

ANGEBOTSFRIST<br />

ANGEBOT<br />

ANGEBOTSFRIST<br />

ANGEBOT<br />

• Beratung hinsichtlich aller<br />

möglichen Beschaffungsvorhaben<br />

• Individuelle Beratung in<br />

neutraler Weise hinsichtlich<br />

der möglichen Vergabe<br />

interne Öffnung<br />

Verhandlungen<br />

Angebotsprüfung<br />

Öffnung<br />

Verhandlungsverbot<br />

• Prüfung, ob eine Ausnahme<br />

vom Bundesvergabegesetz<br />

2018 vorliegt<br />

Bestbieterermittlung<br />

• Erarbeitung einer passenden<br />

Lösung je nach Ausgangslage<br />

und Ziel: z.B. mit<br />

einer gewerksweisen Vergabe<br />

gemäß Los-Regel, um die<br />

Regionalität zu stärken<br />

Mitteilung der Zuschlagsentscheidung<br />

STILLHALTEFRIST<br />

• elektronische Vergabe<br />

(zum Teil verpflichtend<br />

einzuhalten!)<br />

AUFTRAG VERGEBEN<br />

AUFTRAG VERGEBEN


38<br />

tirol.hat Recht tirol.hat Recht 39<br />

Whistleblower<br />

Die EU verabschiedete mit<br />

dem Ziel der besseren Durchsetzung<br />

des Unionsrechts die<br />

Richtlinie (EU) 2019/1937 zum<br />

Schutz von Hinweisgebern<br />

(Whistleblower-RL). Während<br />

in Österreich der Bund mit<br />

der Umsetzung säumig ist<br />

und die Europäische Kommission<br />

bereits ein Vertragsverletzungsverfahren<br />

eingeleitet<br />

hat, setzte Tirol die Richtlinie<br />

mit dem Unionsrechtsverstöße-Hinweisgebergesetz<br />

(UVHG) um.<br />

TIROL ALS VORREITER BEIM<br />

HINWEISGEBERSYSTEM<br />

WOZU HINWEISGEBER-<br />

SYSTEME?<br />

Whistleblowing dient dazu, Kenntnis<br />

von Verstößen zu erlangen, um<br />

rechtzeitig auf internes Fehlverhalten<br />

reagieren und Schaden abwenden<br />

zu können. Grundsätzlich sollen mit<br />

Hinweisgebersystemen sowohl europaweite<br />

Mindeststandards als auch<br />

der bisher oft vernachlässigte Schutz<br />

für Hinweisgeber*innen sichergestellt<br />

werden, um mehr Meldungen<br />

über Verstöße gegen Unionsrecht zu<br />

erhalten und aufzuklären. Einerseits<br />

werden betroffene Unternehmen, das<br />

Land und Gemeinden vor große Herausforderungen<br />

bei der Umsetzung<br />

geeigneter Hinweisgebersysteme<br />

gestellt. Andererseits bietet die Einrichtung<br />

von Meldestellen die Chance,<br />

dank rechtzeitiger Information über<br />

Verstöße zeitnah Schaden begrenzen<br />

und öffentliche Skandale vermeiden<br />

zu können, weil Hinweisgeber*innen<br />

regelmäßig vor der Entscheidung stehen,<br />

Meldungen intern oder bei (Strafverfolgungs-)<br />

Behörden abzugeben.<br />

WER MUSS?<br />

Nach dem UVHG sind das Land Tirol,<br />

Gemeinden mit mindestens 10.000<br />

Einwohner*innen, Gemeindeverbände<br />

und durch Landesgesetz eingerichtete<br />

Selbstverwaltungskörper oder<br />

juristische Personen mit mindestens<br />

50 Dienst- bzw. Arbeitnehmer*innen<br />

zur Einrichtung einer internen Meldestelle<br />

verpflichtet. Die externe Meldestelle<br />

ist beim Landesvolksanwalt<br />

eingerichtet. Die Hinweisgebersysteme<br />

sind mit 1. <strong>April</strong> <strong>2022</strong> wirksam<br />

einzurichten.<br />

WAS MELDEN?<br />

Die Whistleblower-RL bzw. das UVHG<br />

zielt auf Verstöße gegen das Unionsrecht,<br />

insbesondere: öffentliches Auftragswesen;<br />

Finanzdienstleistungen,<br />

Finanzprodukte und Finanzmärkte<br />

sowie Verhinderung von Geldwäsche<br />

und Terrorismusfinanzierung;<br />

Produktsicherheit und –konformität;<br />

Verkehrssicherheit; Umweltschutz;<br />

Strahlenschutz und kerntechnische<br />

Sicherheit; Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit,<br />

Tiergesundheit und<br />

Tierschutz; öffentliche Gesundheit;<br />

Verbraucherschutz; Schutz der Privatsphäre<br />

und personenbezogener Daten<br />

sowie Sicherheit von Netz- und Informationssystemen;<br />

finanzielle Interessen<br />

der Union und Binnenmarktvorschriften.<br />

Ausgenommen sind Vorschriften zum<br />

Schutz von Verschlusssachen oder<br />

der anwaltlichen, notariellen und ärztlichen<br />

Verschwiegenheitspflicht und<br />

von Strafverfahren.<br />

WER KANN MELDEN?<br />

Zugang zum internen Hinweisgebersystem<br />

haben nur aktive oder ehemalige<br />

Dienst- oder Arbeitnehmer*innen,<br />

wenn sie im Zusammenhang mit<br />

ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen<br />

über Verstöße erlangt haben.<br />

Zugang zum externen Hinweisgebersystem<br />

haben alle Personen, die im<br />

Zusammenhang mit ihrer beruflichen<br />

Tätigkeit Informationen über Verstöße<br />

erlangt haben. Dazu zählen u.a.<br />

aktive, ehemalige und künftige Dienstoder<br />

Arbeitnehmer*innen, weiters<br />

Selbstständige, Anteilseigner*innen<br />

und Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane<br />

sowie Freiwillige und<br />

Praktikant*innen.<br />

INTERNE UND EXTERNE<br />

MELDESTELLEN<br />

Das interne Meldesystem kann als<br />

E-Mail-Postfach oder webseitenbasierte<br />

Plattform ausgestaltet werden.<br />

Letztere hat den Vorteil der anonymen<br />

Meldung, sodass die Vertraulichkeit<br />

gewährleistet wird und auch<br />

Hinweisgeber*innen angeregt werden,<br />

Meldungen intern zu erstatten.<br />

Dadurch kann die Meldung intern<br />

bearbeitet und ein möglicher Verstoß<br />

ohne Involvierung Dritter behoben<br />

werden.<br />

Dem Landesvolksanwalt obliegt die<br />

externe Meldestelle für Verstöße<br />

gegen Unionsrecht in Angelegenheiten<br />

der Landesgesetzgebung. Eine<br />

externe Meldung kann nach oder<br />

ohne vorherige Nutzung des internen<br />

Hinweisgebersystems erfolgen.<br />

Hinweisgebersysteme müssen sicher<br />

konzipiert, eingerichtet und betrieben<br />

sein, um die Vertraulichkeit der Identität<br />

des/der Hinweisgeber*in und<br />

anderer in der Meldung erwähnter<br />

Personen zu wahren. Unbefugte dürfen<br />

keinen Zugriff auf die Meldungen<br />

haben; sogar die Möglichkeit<br />

des Zugriffs eines IT-Administrators<br />

/ einer IT-Administratorin verletzt<br />

die Vertraulichkeit. Zur einfacheren<br />

Umsetzung können interne Meldestellen<br />

gemeinsam von Gemeinden oder<br />

von gemeinsamen Behördendiensten<br />

betrieben werden.<br />

MELDUNG EINGELANGT:<br />

WAS NUN?<br />

Nach einer mündlichen oder schriftlichen<br />

Meldung – sofern diese nicht<br />

anonym erfolgte – ist das Einlangen<br />

binnen sieben Tagen an den/<br />

die Hinweisgeber*in zu bestätigen,<br />

zu dokumentieren und zu prüfen<br />

sowie erforderliche Folgemaßnahmen<br />

zu ergreifen und dem/der<br />

Hinweisgeber*in schließlich innerhalb<br />

von drei Monaten darüber eine Rückmeldung<br />

zu erstatten. Bei Bedarf ist<br />

der/die Hinweisgeber*in um Informationen<br />

oder Präzisierung zu ersuchen.<br />

Auch anonyme Meldungen sind zu<br />

dokumentieren und zu prüfen, um<br />

allenfalls entsprechende Folgemaßnahmen<br />

zu ergreifen. Abhängig vom<br />

gemeldeten Sachverhalt besteht<br />

jedenfalls ein zeitlicher Druck zur<br />

raschen Aufarbeitung.<br />

SCHUTZ FÜR<br />

HINWEISGEBER*INNEN<br />

Bei einer personenbezogenen Meldung<br />

sind die DSGVO, das DSG und<br />

arbeitsrechtliche Regelungen einzuhalten,<br />

sodass die Identität der<br />

Person vertraulich bleibt. Auch darf<br />

ein/eine Hinweisgeber*in in keiner<br />

Weise benachteiligt werden, sodass<br />

Repressalien (Suspendierung oder<br />

Entlassung, Mobbing, Versagung einer<br />

Beförderung, negative Leistungsbeurteilung<br />

etc.) bei sonst hohen Verwaltungsstrafen<br />

verboten sind.<br />

ZUM AUTOR<br />

MAG. SEVERIN PLATTNER<br />

RA Mag. Severin Plattner ist Experte<br />

bei Heid & Partner Rechtsanwälte für<br />

Corporate, Immobilienprojekte und<br />

Prozessführung. Er ist Autor und<br />

Vortragender in den Bereichen Baurecht<br />

und Compliance.


40<br />

tirol.hat Recht tirol.hat Recht 41<br />

Illegale Müllablagerungen an Müllsammelstellen<br />

(Recyclinghof, Müllsammelinsel),<br />

Beschädigungen an solchen Einrichtungen<br />

oder anderem öffentlichen Gut und<br />

Verschmutzungen öffentlicher Orte oder<br />

Einrichtungen, die einen unverhältnismäßig<br />

hohen Reinigungs- und Instandhaltungsaufwand<br />

mit sich bringen. Das sind Phänomene,<br />

die immer wieder in kleineren<br />

dörflichen Gemeinschaften auftreten.<br />

Es liegt im Interesse der Gemeinschaft<br />

solchen Verhaltensweisen Einhalt zu<br />

gebieten. Dieses Interesse ist nachvollziehbar<br />

und gerechtfertigt. Als Mittel zur<br />

BILD: Beschädigungen<br />

und Verschmutzungen<br />

öffentlicher Orte<br />

stören nachweislich das<br />

Sicherheitsempfinden.<br />

(© unsplash)<br />

Videoüberwachung<br />

Big Brother und Sicherheitsmaßnahmen vs.<br />

Freiheitsrechte und Persönlichkeitsschutz<br />

Durchsetzung dieses Interesses liegt derzeit<br />

die Videoüberwachung von betroffenen/gefährdeten<br />

Orten sehr hoch im Kurs.<br />

Sie dient der Prävention und zielt auf die<br />

Angst der Täter*innen mittels dieser Überwachung<br />

überführt zu werden.<br />

Die überwiegende Anzahl der Menschen in<br />

unserem Land möchte allerdings in einer<br />

freien demokratischen Zivilgesellschaft<br />

leben, wofür der Schutz persönlicher Freiheitsrechte<br />

essenziell ist und in unser aller<br />

Interesse liegt. Gerade nach den vergangenen<br />

zwei Jahren mit Grundrechtseingriffen<br />

zur Pandemiebekämpfung herrscht wohl<br />

auch Konsens, dass Eingriffe in Grundrechte<br />

nicht leichtfertig stattfinden dürfen.<br />

Sicherheit vs. Freiheitsrechte<br />

Die Abwägung dieser beiden Interessen<br />

(Sicherheit vs. Freiheitsrechte und Persönlichkeitsschutz)<br />

ist auch die juristische<br />

Methode, mit der in jedem Einzelfall<br />

die Zulässigkeit einer Videoüberwachung<br />

geprüft werden muss. Auf eine Waagschale<br />

legt man die Wahrscheinlichkeit eines<br />

Schadenseintritts, abgeleitet von Erfahrungswerten,<br />

die mögliche Schadenshöhe<br />

und die Frage nach anderen Präventionsmaßnahmen<br />

bezüglich Kosten und Effizienz.<br />

Gibt es nämlich weniger eingriffsintensive<br />

Mittel, die wirtschaftlich vertretbar<br />

sind (z.B. Absperrungen), muss auf solche<br />

zurückgegriffen werden.<br />

Hier eine Anmerkung: In allen Fällen, in<br />

denen ich bisher als Datenschutzbeauftragter<br />

mit dieser Thematik befasst war, wurde<br />

von den Gemeindeverantwortlichen als<br />

Tätergruppe für Beschädigungen und Verschmutzungen<br />

von öffentlichen Orten/Einrichtungen<br />

die eigene Dorfjugend benannt.<br />

Für eine mittel- und langfristige Prävention<br />

sollte daher auch an eine zielgerichtete<br />

Jugendarbeit (allenfalls auch gemeindeübergreifend)<br />

gedacht werden.<br />

Die Dauer<br />

der Speicherung<br />

der Bilddaten<br />

darf max.<br />

72 Stunden<br />

betragen. Für eine<br />

längere Speicherung<br />

bräuchte<br />

es gewichtige<br />

nachvollziehbare<br />

Gründe.<br />

Auf eine andere Waagschale wird die Intensität<br />

des Eingriffs gewichtet. Wie schwer<br />

die Intensität zu gewichten ist, hängt von<br />

mehreren Variablen ab: Größe des überwachten<br />

Raums, Widmung des Raums,<br />

Anzahl der durchschnittlich im Raum erfassten<br />

Personen, Dauer des Aufenthalts im<br />

Raum usw. Kleine Anpassungen bei einzelnen<br />

Variablen können dabei gewaltigen<br />

Einfluss auf die Eingriffsintensität haben<br />

(z.B. Videoüberwachung im Recyclinghof<br />

nur außerhalb der Öffnungszeiten). Wenn<br />

regelmäßige Schäden zu erwarten sind<br />

oder ein schwerer Schaden, was jeweils<br />

hohe Kosten bedeutet, so besteht ein großes<br />

Interesse an der Schadensabwehr. Ist<br />

gleichzeitig das Risiko für von der Videoüberwachung<br />

betroffene Personen bzgl. der<br />

Einschränkung ihrer Rechte und Freiheiten<br />

gering, weil z.B. nur relativ wenige Personen<br />

bei widmungsmäßiger Nutzung des überwachten<br />

Raums nur kurz zu unverfänglichen<br />

Tätigkeiten dort sind, dann überwiegt<br />

das Interesse der Schadensabwehr durch<br />

die Überwachung jenes des Schutzes vor<br />

dieser konkreten Überwachung. Rechtlich<br />

ergibt das ein „berechtigtes Interesse“, was<br />

dann auch gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO<br />

(Datenschutz-Grundverordnung) die Rechtsgrundlage<br />

oder den „Erlaubnistatbestand“<br />

für die Videoüberwachung ist.<br />

Der rechtliche Rahmen<br />

Der österreichische Gesetzgeber hat zur<br />

„Bildverarbeitung“ eigene Paragraphen ins<br />

DSG (Datenschutzgesetz) 2018 eingefügt;<br />

nämlich die §§ 12 und 13. Dort verankert<br />

sind deutlich konkretere Regelungen zur<br />

Zulässigkeit sowie formale Vorgaben zur<br />

Umsetzung. Das BVwG (Bundesverwaltungsgericht)<br />

hat dazu entschieden, dass<br />

der österreichische Gesetzgeber hierzu<br />

keine Kompetenz hatte mangels einer Öffnungsklausel<br />

in Art. 6 DSGVO und dass die<br />

Zulässigkeit einer Videoüberwachung nur<br />

nach Art. 5 und 6 DSGVO zu beurteilen ist.<br />

Die österreichische Datenschutzbehörde<br />

hat bereits mitgeteilt, sich an diese Rechtsprechung<br />

zu halten. Der OGH (Oberste<br />

Gerichtshof) hat nach dieser Entscheidung<br />

des BVwG die §§ 12 und 13 DSG 2018 weiter<br />

angewendet, sodass hier eigentlich noch<br />

Unklarheit herrscht, die meines Wissens<br />

nach noch nicht endgültig geklärt ist.<br />

Für die Praxis ist das jedoch zweitrangig.<br />

Die §§ 12 und 13 DSG 2018 legen relativ<br />

hohe Standards fest, sodass der Verantwortliche<br />

für die Videoüberwachung mit der<br />

oben beschriebenen Interessensabwägung<br />

und der Einhaltung der §§ 12 und 13 DSG<br />

2018 rechtlich auf der sicheren Seite steht.<br />

Die Bestimmungen sind also mindestens<br />

als Leitlinie hilfreich und es empfiehlt sich<br />

sie zu beachten.<br />

Bei der konkreten Umsetzung der Videoüberwachung<br />

ist nach dieser Leitlinie zu<br />

beachten, dass die Dauer der Speicherung<br />

der Bilddaten max. 72 Stunden betragen<br />

soll. Für eine längere Speicherung bräuchte<br />

es gewichtige nachvollziehbare Gründe. Die<br />

Videoüberwachung muss gekennzeichnet<br />

werden. Dies wird wohl im Interesse des<br />

Verantwortlichen liegen, schließlich erhofft<br />

man sich Prävention durch Abschreckung.<br />

Dem weiteren Transparenzgedanken dahinter<br />

entsprechend sollte auch eine Datenschutzerklärung<br />

zur Videoüberwachung<br />

zugänglich sein. Diese kann bei der Kennzeichnung<br />

angebracht werden oder man<br />

verweist dort darauf, dass die Datenschutzerklärung<br />

auf der Homepage des Verantwortlichen<br />

zu finden ist.<br />

Schließlich kann es noch sein, dass die<br />

Installation einer Videoüberwachung eine<br />

Datenschutz-Folgenabschätzung gemäß<br />

Art. 35 DSGVO erforderlich macht. Die beiden<br />

Verordnungen der Datenschutzbehörde<br />

zur Frage, wann es jedenfalls keine Datenschutz-Folgenabschätzung<br />

braucht bzw.<br />

wann es jedenfalls eine braucht, haben im<br />

Ergebnis nur dazu geführt, dass auch hier in<br />

jedem Einzelfall diese Frage geprüft werden<br />

muss. Dabei gibt es Einzelfälle, für welche<br />

die Verordnungen klare und damit schnelle<br />

Antworten liefern, aber es gibt auch Sachverhalte,<br />

bei denen eine ähnliche Abwägung<br />

erfolgen muss, wie die Interessensabwägung<br />

zur Zulässigkeit der Überwachung.<br />

Der technische Fortschritt hat im Bereich<br />

der Videoüberwachung dazu geführt,<br />

dass bessere und billigere Systeme<br />

zur Verfügung stehen, sodass auch für<br />

kleine Bereiche/Einrichtungen mit einem<br />

verhältnismäßigen Aufwand solche<br />

Systeme installiert werden können. Es gibt<br />

in Tirol kompetente Anbieter für solche<br />

Systeme. Bei der Umsetzung sollte jedoch<br />

nicht nur aus rechtlicher Notwendigkeit,<br />

sondern auch aus gesellschaftlicher<br />

Verantwortlichkeit, die Eingriffsintensität<br />

auf das notwendige Mindestmaß<br />

beschränkt bleiben. Insgesamt sind einige<br />

rechtliche Fragen bei der Umsetzung zu<br />

beachten, sodass, weil gerade zu diesem<br />

Thema immer wieder viele Beschwerden<br />

bei der Datenschutzbehörde einlangen,<br />

immer der/die Datenschutzbeauftragte<br />

eingebunden werden sollte, wenn man<br />

eine Videoüberwachung installieren will.<br />

ZUM AUTOR<br />

MAG. NILS RAUCH<br />

Nils Rauch ist seit <strong>April</strong> 2018 bei der<br />

GemNova als Unternehmensjurist und<br />

als externer Datenschutzbeauftragter<br />

für über 50 Tiroler Gemeinden sowie<br />

für mehrere gemeindenahe Einrichtungen<br />

tätig. Davor sammelte er berufliche<br />

Erfahrungen als Rechtsanwalt und<br />

wissenschaftlicher Mitarbeiter an der<br />

Universität Innsbruck.<br />

ACHTUNG<br />

eoüberwachung


42 tirol.hat Recht tirol.hat Recht 43<br />

Alles aus<br />

einer Hand<br />

ZUM AUTOR<br />

DR. WOLFGANG RAUTH<br />

Wolfgang Rauth ist Leiter des Objekt &<br />

Facility Managements der Bundesimmobiliengesellschaft<br />

in Tirol.<br />

Kontakt: wolfgang.rauth@big.at<br />

Was<br />

für ein<br />

Zustand!<br />

Die GemNova und die Expert*innen der BIG<br />

Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. bieten eine<br />

vertiefte Zustandserfassung und die Planung<br />

von Instandhaltungsmaßnahmen einer Immobilie<br />

an. Damit können Schwachstellen frühzeitig<br />

erkannt und die Wertsteigerung der Immobilie<br />

durch eine optimale Planung in wenigen Schritten<br />

erreicht werden.<br />

Unter der Zustandserfassung und<br />

Maßnahmenplanung versteht man die<br />

objektive, systematische Analyse eines<br />

Gebäudezustandes und die fundierte<br />

Ermittlung des Instandhaltungsbedarfes<br />

der Immobilie.<br />

TGA<br />

VERKEHRSFLÄCHEN<br />

TECHNIKFLÄCHEN<br />

NEBENNUTZFLÄCHEN<br />

Objektzustand<br />

Dabei erfolgt eine objektive und ganzheitliche<br />

Beurteilung des baulichen Zustandes<br />

eines Objektes durch die intelligente<br />

Nutzung statistischer Daten und systemische<br />

Unterstützung auf Basis des sogenannten<br />

epiqr®-Verfahrens. Die Elemente<br />

eines Gebäudes werden typ- und gruppenmäßig<br />

erfasst und die vorgefundenen<br />

Bauteile anhand von objektiven Beschreibungen<br />

vier möglichen Zuständen zugeordnet.<br />

Die Geometrien der Gebäudehülle<br />

und der Räume werden aufgenommen<br />

und dienen AiBATROS® zur automatischen<br />

Berechnung weiterer Massen und<br />

Dimensionen. In einem einzigen Diagramm<br />

können die wesentlichen Mängel<br />

und somit die Verbesserungserfordernisse<br />

rasch abgelesen werden. Auf Grundlage<br />

der Zustandsdaten werden dann auf<br />

Basis von detaillierten Kennwerten abgerechneter<br />

Instandhaltungsmaßnahmen<br />

Standardmaßnahmenpakete ermittelt,<br />

die je Strategie für die Budgetvorschau<br />

der kommenden Jahre herangezogen<br />

werden können.<br />

Die Zustandsbeurteilung und Maßnahmenplanung<br />

erfolgt in höchster Qualität<br />

durch eigens ausgebildetes und zertifiziertes<br />

Personal. Die Daten des Gebäudes<br />

werden je nach Detaillierungsgrad – der<br />

kann in unterschiedlichen Teilbereichen<br />

auch durchaus voneinander abweichen<br />

– dem Prozess der Zustandserfassung<br />

und Maßnahmenplanung zugrunde gelegt.<br />

Auf Basis der konkret erfassten Daten<br />

und der im System hinterlegten, bereits<br />

abgerechneten Projekte können Kostenkennwerte<br />

für die Instandhaltung bzw.<br />

Instandsetzung des Gebäudes vorgenommen<br />

und gegebenenfalls laufend angepasst<br />

werden. Grundsätzlich stehen drei<br />

Planungsstrategien zur Verfügung – von<br />

der Notinstandhaltung über den Werterhalt<br />

bis zur Modernisierung. Je nach<br />

Strategie und Zustandserfassung werden<br />

verschieden hohe Kostengrundlagen<br />

AUSSENANLAGE<br />

GEBÄUDEHÜLLE<br />

HAUPTNUTZFLÄCHE<br />

Für viele Tiroler Gemeinden<br />

ist ein fachgerechtes<br />

und gesetzeskonformes<br />

Gebäudemanagement aufgrund<br />

der ohnehin schon<br />

vielfältigen Aufgaben herausfordernd.<br />

Aus diesem<br />

Grund bieten die Bundesimmobiliengesellschaft<br />

und die GemNova Facility<br />

Management, Service und<br />

Wartung für Gemeindeimmobilien<br />

an.<br />

Bei Interesse steht Ihnen<br />

Mag. Nikolaus Kraak<br />

(n.kraak@gemnova.at) für<br />

Anfragen zur Verfügung.<br />

ermittelt. Die so berechneten Kosten können<br />

dann zur Umsetzung in Jahresbauraten<br />

zerlegt und den finanziellen Möglichkeiten<br />

der Gemeinde angepasst werden.<br />

Nikolaus Kraak, Prokurist bei GemNova,<br />

sieht in diesem Instrument einen klaren<br />

Mehrwert für die Tiroler Gemeinden: „Sie<br />

erhalten rasch, in einheitlicher Form und<br />

klar einen Überblick über den Zustand<br />

der eigenen Gebäude mit der Möglichkeit<br />

einer Gegenüberstellung unterschiedlicher<br />

Instandhaltungsstrategien einschließlich<br />

Maßnahmenpaketen als Basis für die Investitionsentscheidungen.<br />

Das ermöglicht<br />

zudem eine nachvollziehbare Budgeterstellung<br />

mit transparenter Kommunikation.“<br />

Wie die Maßnahmenplanung im Detail<br />

erfolgt und welches Instrument dabei zum<br />

Einsatz kommt, wird in der nächsten Ausgabe<br />

von <strong>277.TIROL</strong> berichtet.


44<br />

tirol.ist schön tirol.ist schön 45<br />

NEUES KINDER-<br />

ZENTRUM IN ST. JOHANN<br />

KiM – Kinder im Mittelpunkt. So lautet der Name des neuen<br />

Kinderzentrums in St. Johann. Diese drei Buchstaben<br />

können auch als Willkommensgruß im heimischen Dialekt<br />

verstanden werden – „kim eicha“ – und stehen für sich.<br />

ZUM FOTOGRAFEN<br />

MICHAEL PUTZLOCHER<br />

Michael Putzlocher ist Fotograf und Digital Creator. Sein<br />

Studium absolvierte er an der FH MultiMediaArt in Salzburg.<br />

In Michaels Studio in Telfs und On-Location fertigt<br />

er ausdrucksstarke, positive und wirkungsvolle Porträts<br />

für Menschen, Orte und Unternehmen.


46<br />

tirol.ist schön tirol.ist schön 47<br />

8 Mio<br />

Gesamtinvestment<br />

7<br />

Gruppen<br />

Kindergarten<br />

4<br />

Gruppen<br />

Kinderkrippe<br />

Das KiM in St. Johann ist ein wahres Schmuckkästchen. Seit dem Vorjahr haben hier<br />

die Kinderkrippe mit vier Gruppen sowie der, Kindergarten mit sieben Gruppen ein<br />

neues Zuhause gefunden. In den wärmeren Monaten bieten großzügige Garten- und<br />

Außenspielflächen auch draußen ausreichend Platz für Spiel und Spaß.


48 tirol.ist schön tirol.ist schön 49<br />

DIE DREH-<br />

SCHEIBE LANS<br />

Mit dem Neubau der Volksschule,<br />

des Kindergartens und der Kinderkrippe<br />

setzt die Gemeinde<br />

Lans ein starkes Ausrufezeichen.<br />

Auch, weil es sich im Herzen des<br />

Ortes befindet.<br />

2.000<br />

m 2<br />

Holzfußboden schaffen<br />

Behaglichkeit<br />

11 Mio Gesamtinvestment<br />

Kinder Haus Lans: Der perfekte Platz<br />

für Kinder, großzügig ausgestaltet,<br />

gleichzeitig auf viele kleine Details achtend.<br />

Ein heimeliger Ort zum Wohlfühlen,<br />

zum Spielen, zum Lernen. Kinder sind<br />

die Zukunft unserer Welt


50<br />

tirol.ist schön tirol.bildet 51<br />

Innovative Hygiene.<br />

VERNETZTE DESINFEKTION & HYGIENE<br />

im Waschraum<br />

fürs Gebäude<br />

3.200<br />

G e s a m t n u t z fl ä c h e<br />

m 2<br />

Digitale Spenderdaten<br />

bringen 25 % weniger<br />

Serviceaufwand<br />

und 30 % mehr<br />

Kundenzufriedenheit.<br />

Reinigungslösungen und<br />

VAH-gelistete Desinfektionsmittel<br />

exakt dosieren<br />

für 30 % mehr Zeit und<br />

30 % weniger Ausgaben.<br />

Eine gelungene Verbindung<br />

von Pädagogik, Bauwerk und Ausstattung<br />

Die Idee von Lernclustern: Eine variable Möblierung,<br />

eine zweckdienliche Ausstattung, hohe<br />

Qualität. Kinder sollen spielerisch lernen, ihre<br />

Erfahrungen machen, viele positive Beispiele<br />

sehen. Vor allem aber ganzheitlich gefördert<br />

und gefordert werden.<br />

Mit einer Dosieranlage bis<br />

zu vier Waschmaschinen<br />

versorgen.<br />

Sorgenfrei-sauberes<br />

Geschirr, 24/7/365<br />

mit einer App.<br />

für die Wäsche<br />

in der Küche<br />

3.200 m² Gesamtnutzfläche schaffen<br />

Raum für kuschelige Spielecken<br />

für Kinder. Dabei gilt es immer wieder<br />

auf die Besonderheiten und Vielfalt<br />

unserer Kleinsten Rücksicht zu<br />

nehmen. Leise Stimmen haben den<br />

selben Stellenwert wie die lauten.<br />

DIGITALISIERUNG SCHAFFT<br />

EFFIZIENZ UND NACHHALTIGKEIT<br />

www.hagleitner.com


52<br />

tirol.modern und innovativ tirol.modern und innovativ 53<br />

MATTY?<br />

MATTY WAS?<br />

Wer von Ihnen hat schon mal den Namen „Matty“ gehört? Ja, „Matty“. Und was könnte<br />

sich hinter diesem Namen verbergen? Ich hatte aber so was von keine Ahnung. Wahrscheinlich<br />

wird es Ihnen gleich ergehen. Des Rätsels Lösung? „Matty“ steht für ein Tiroler<br />

Unternehmen, welches erst 2020 gegründet wurde, mittlerweile aber schon höchst<br />

erfolgreich ist. Am besten, Sie lesen gleich weiter.<br />

Aller Anfang ist schwer. „Du, ich hab<br />

diese Woche überhaupt keine Zeit, ich<br />

bin total eingedeckt, lass uns nächste<br />

Woche telefonieren.“ Eine Woche später.<br />

„Du, ich hab diese Woche überhaupt<br />

keine Zeit, ich bin total eingedeckt,<br />

lass uns nächste Woche telefonieren.“<br />

Nein, so nicht, denke ich mir und sage:<br />

„Schade, dann wird´s leider nichts mit<br />

unserer Geschichte.“ Kurzes Schweigen.<br />

„Warte mal, Donnerstag um neun,<br />

da hätte ich eine halbe Stunde Zeit.“<br />

„Tut mir leid, wir brauchen mindestens<br />

eine Stunde – mindestens,“ meine Antwort.<br />

„Ok, die krieg ich wohl auch noch<br />

zusammen. Also Donnerstag um neun.“<br />

Aller Anfang ist schwer. Als ich wie vereinbart<br />

um neun anrufe: „Du, ich sitz gerade<br />

im Auto, bin am Weg ins Büro. Kann ich<br />

dich in zehn Minuten anrufen?“ Eine halbe<br />

Stunde später klappt es dann endlich.<br />

Georg Foidl, der Gründer, Eigentümer und<br />

Geschäftsführer von Matty ruft an, nimmt<br />

sich nunmehr Zeit, über sich und sein<br />

Unternehmen zu erzählen. Am darauffolgenden<br />

Montag sitzen wir uns dann auch<br />

noch persönlich gegenüber, in Innsbruck.<br />

„Über mich magst was wissen? Hör auf,<br />

ich bin doch gar nicht wichtig.“ Deshalb<br />

nur im Schnelldurchgang. Der gebürtige<br />

Waidringer, mittlerweile 30 Jahre jung,<br />

absolvierte seine dreijährige Kochlehre<br />

im Vitalhotel Berghof in Erpfendorf bei<br />

Kirchdorf, um dann in diesem Hotel gleich<br />

als Sous Chef zu beginnen.<br />

Über ein namhaftes Hotel in Fieberbrunn,<br />

„dort war ich sogar Küchenchef“, gelangte<br />

er nach Braz. Braz, werden Sie sich fragen,<br />

wo bitte schön ist denn das? Braz<br />

ist eine Ansammlung weniger Häuser in<br />

der Nähe von Bludenz mit einem renommierten<br />

Haubenlokal und Golfhotel. „Ein<br />

Jahr lang war ich dort als Beilagenkoch<br />

tätig, wobei die Sprache schon wild war.<br />

Anfangs hab ich nicht einmal meinen<br />

Küchenchef verstanden.“ Ja, das Vorarlbergische<br />

ist für all jene, die aus Ländle-<br />

Sicht hinter dem Arlberg wohnen, also<br />

dem Rest Österreichs, tatsächlich nur<br />

schwer verständlich.<br />

„Georg – weißt keinen Koch für mich?“<br />

2019 – die fünf Jahre davor war Georg Foidl<br />

in der IT-Branche tätig, verkaufte Informationssysteme<br />

an Vier- und Fünf-Sterne-<br />

Hotels in der Schweiz und in Österreich.<br />

2019 dann die große Erleuchtung, die<br />

bahnbrechende Idee. „Die Tiroler Hotellerie<br />

ist ja ein Dorf, da kennt jeder jeden.<br />

Immer wieder wurde ich auf das Gleiche<br />

angesprochen: Du, Georg, weißt keinen<br />

Koch für mich, wir bekommen keinen. Da<br />

hab ich dann gedacht, warum bietet denn<br />

niemand den Hotels verschiedene Menüs<br />

an? Da hätten doch beide Seiten etwas<br />

davon.“<br />

Zuvor gab es freilich noch ein kleines<br />

Problem: Die Finanzierung jener Großküche,<br />

die für Hotels an bestimmten Tagen<br />

eine ganze Bandbreite von Menüs frisch<br />

zubereiten und liefern sollte. „Wir haben<br />

dann eine Investorengruppe in Kramsach<br />

gefunden. Denen hat unsere Idee gefallen.<br />

Danach sind wir uns rasch einig geworden.“<br />

Im Jänner 2020 wird Matty gegründet (der<br />

Name steht für „Menus are transported to<br />

BILD: Georg Foidl,<br />

der Kopf von Matty, in<br />

seiner Großküche. Erst<br />

vor wenigen Wochen<br />

wurde das Unternehmen<br />

mit dem Innovationspreis<br />

des Landes<br />

Tirol ausgezeichnet.<br />

(© fancy tree films)<br />

you“), im Dezember<br />

gleichen Jahres wird<br />

die 1,5 Mio. € teure<br />

Großküche in Buch<br />

bei Jenbach eröffnet.<br />

„Das war damals die<br />

modernste Großküche<br />

Österreichs“,<br />

freut sich Foidl auch<br />

noch heute.<br />

Dezember 2020,<br />

Sie erinnern sich<br />

noch? Corona, Jahr<br />

eins. Strenger Lockdown,<br />

fast alles<br />

geschlossen, Ausgehverbote.<br />

„Jetzt<br />

hatten wir eine tolle<br />

Großküche, die freilich<br />

nichts produzieren<br />

konnte, weil<br />

alle Hotels zu hatten.<br />

Wir haben uns<br />

dann überlegt, wie<br />

wir das zum Laufen<br />

kriegen. Na ja, und dann kam die Idee,<br />

gesundes Essen für Beschäftigte aus den<br />

unterschiedlichsten Bereichen zuzubereiten.<br />

Im März 2021 wurden die ersten<br />

Essen für Betriebe ausgeliefert, von der<br />

Drei-Mann-Firma bis hin zu Unternehmen<br />

mit 600 Beschäftigten. Der Start<br />

war endlich geglückt.“<br />

2.000 Essen täglich<br />

Am 19. Mai des Vorjahres durften die<br />

Hotels in Tirol wieder öffnen. Bereits ein<br />

paar Tage später lieferte Matty die ersten<br />

Menüs aus. „Gute Köche waren und sind<br />

nicht so leicht zu bekommen, darum wurden<br />

wir mit offenen Armen empfangen.<br />

Wir stellen den Hotels an zwei bis drei<br />

Tagen die Woche fertige Menüs zur Verfügung,<br />

oder auch nur die Vor-, Hauptoder<br />

Nachspeise. In dieser Zeit können<br />

sie ihren Köchen freigeben, eine geregelte<br />

Arbeitswoche anbieten. Gute Köche sind<br />

immer gefragt, nur bestehen diese zu<br />

Recht auch auf ihre Freizeit. Wenn alles<br />

zusammenpasst, bleiben sie auch längerfristig<br />

im Hotel beschäftigt.“<br />

In der eigenen Großküche in Buch beschäftigt<br />

Foidl mittlerweile zwölf Köche, dazu<br />

vier Personen im Back Office. Personalprobleme<br />

kennt er keine. „Wir zahlen gute<br />

Löhne, weit über dem Kollektivvertrag. Es<br />

gibt durchgehende Arbeitszeiten, keine<br />

Teildienste, keine stundenlangen Leerzeiten.<br />

Außerdem gibt´s bei uns keine Saisonarbeit,<br />

sondern eine Jahresstelle. Das<br />

Gesamtpaket ist einfach sehr attraktiv.“<br />

Die Essenszubereitung<br />

erfolgt bei uns ausschließlich<br />

in Handarbeit.<br />

Da gibt es also keine<br />

Maschinen, die etwa<br />

Knödel machen.<br />

Aktuell werden über zehn Hotels in Tirol<br />

regelmäßig beliefert, dazu kommen noch<br />

knapp sechzig Betriebe, deren Beschäftigte<br />

mit Mahlzeiten versorgt werden. Rund<br />

2.000 Essen werden derzeit täglich frisch<br />

zubereitet, in den nächsten zwei bis drei<br />

Jahren sollen es 10.000 Essen täglich sein.<br />

Was Foidl besonders herausstreicht:<br />

„Die Essenszubereitung erfolgt bei uns<br />

ausschließlich in Handarbeit. Da gibt es<br />

also keine Maschinen, die etwa Knödel<br />

machen.“ Offensichtlich kommt diese Art<br />

der Kooperation, der Essenslieferung in<br />

den Hotels gut an. Das Interesse ist groß,<br />

die Nachfrage steigt. „Das Allermeiste läuft<br />

über Mundpropaganda, über Empfehlungen.<br />

Wir beliefern derzeit ausschließlich<br />

Hotels im Vier-Sterne- und Vier-Sterne-<br />

Plus-Bereich. Da ist gehobene Küche<br />

gefragt, Qualität das zentrale Kriterium.“<br />

Kindergärten und Seniorenheime<br />

Eine weitere Tür wurde kürzlich auch in<br />

Richtung Kindergärten und Seniorenheime<br />

geöffnet. So werden etwa die Kindergärten<br />

in Stams und Aschau mit frisch zubereiteten<br />

Matty-Mahlzeiten beliefert, ebenso wie<br />

Seniorenheime in Münster und anderen<br />

Gemeinden. Dort spielt der Preis natürlich<br />

eine wichtigere Rolle. Foidl´s Credo: „Das<br />

Kind isst unsere Mahlzeiten im Kindergarten,<br />

die Mutter in der Firma, der Papa in<br />

der Werkstatt, der Opa und die Oma im<br />

Seniorenheim. Und wenn die ganze Familie<br />

dann auf Urlaub fährt, kommt das Menü<br />

ebenfalls von uns.“ Klingt gut, setzt freilich<br />

voraus, dass die Familie dann mindestens<br />

in einem Vier-Sterne-Hotel nächtigt. Und<br />

auch die entsprechenden Preise bezahlen<br />

kann.<br />

Für Matty und die Investorengruppe<br />

beginnt sich diese Idee langsam zu rechnen.<br />

Am 31. Dezember 2021 wurde bereits<br />

der Break Even erreicht, auch im Jänner<br />

konnte ein Gewinn erzielt werden. Und das<br />

in diesen herausfordernden Corona Zeiten<br />

– eine wirklich bemerkenswerte Leistung.<br />

Kein Wunder, dass die kurz- und mittelfristigen<br />

Planungen erweitert werden. Expansion<br />

ist angesagt, wenngleich man nicht zu<br />

schnell zu rasch wachsen will.<br />

Wirft man einen kurzen Blick in die Business-Pläne,<br />

so versteht man langsam<br />

auch die Foidl´sche Rastlosigkeit. In naher<br />

Zukunft soll eine zweite Großküche in München<br />

eröffnet werden, danach sollen noch<br />

weitere Großküchen folgen. „Vergangenen<br />

Monat musste ich einem großen Hotel<br />

absagen, einfach weil wir aktuell keine<br />

Kapazitäten mehr haben. Die Nachfrage<br />

ist einfach zu groß.“ Gut, diese „Probleme“<br />

würden sich andere Unternehmen wohl<br />

auch wünschen.<br />

Übrigens: Nach diesen Gesprächen mit<br />

Georg Foidl nehme ich sein „Du, ich hab<br />

diese Woche überhaupt keine Zeit.“ nicht<br />

mehr persönlich. Der Kerl hat offensichtlich<br />

wirklich sehr viel um die Ohren. Bei der<br />

Frage nach seinem Privatleben etwa lacht<br />

er laut auf. „Das ist derzeit echt schwierig.<br />

Ich bin zwar frisch verliebt, hab aber<br />

sehr wenig Zeit. Zum Glück sitzt meine<br />

Freundin in Wien, hat ebenfalls einen herausfordernden<br />

Job, auch nicht so viel Zeit.<br />

Sehen tun wir uns derzeit also vor allem<br />

über Videokonferenzen.“<br />

VON<br />

REINHOLD OBLAK


54 tirol.modern und innovativ<br />

55<br />

Nachhaltiges<br />

Bauen<br />

EINE ANNÄHERUNG<br />

projekt werden bis zu 15 (!) SDG-Ziele angesprochen.<br />

Vom Beginn der konkreten Arbeit<br />

auf EU-Ebene (CEN TC 350) im Jahr 2005<br />

bis zur heute gültigen ÖNORM EN 15643<br />

(2021) wurden umsetzbare Grundlagen für<br />

nachhaltiges Bauen in Österreich entwickelt.<br />

Wie die rechts angeführten Fakten zeigen,<br />

beeinflusst die Bauwirtschaft die globalen<br />

Material- und Energieströme sehr stark. Sie<br />

hat wesentlichen Einfluss auf die Ressourcennutzung<br />

bei der Errichtung (Investition).<br />

Beim Betrieb der Gebäude wird ein noch<br />

viel höherer Mitteleinsatz erforderlich. Und<br />

am Ende der Lebensdauer entsteht ein verhältnismäßig<br />

großer Anteil des weltweiten<br />

Abfalls. Nachhaltiges Bauen, das heißt achtsames<br />

und sinnvolles Entwickeln, Planen,<br />

Bauen, Nutzen, Betreiben, Instandhalten und<br />

Rückbauen, ist ein wirkungsvoller Hebel und<br />

kann einen großen Beitrag zu einer „enkeltauglichen“<br />

Zukunft leisten.<br />

Nachhaltiges Bauen ist per Definition in<br />

drei Bereiche gegliedert, integriert damit<br />

den Blick auf das Gebäude/das Quartier<br />

aus möglichst vielen Richtungen:<br />

die soziokulturelle Nachhaltigkeit<br />

die ökonomische Nachhaltigkeit<br />

die ökologische Nachhaltigkeit<br />

Nachhaltiges Bauen will Bauen ganzheitlich<br />

betrachten. Es umfasst alle Betroffenen<br />

(Stakeholder) inklusive unserem Ökosystem.<br />

Um Handlungsfelder für die drei Bereiche<br />

unterscheiden zu können, wurden jeweils<br />

Schutzziele und Schutzgüter genannt.<br />

~90 %<br />

verbringen wir<br />

in Innenräumen,<br />

Gebäude haben<br />

einen enormen<br />

Einfluss auf uns<br />

11,4 %<br />

Erhöhung des Baupreisindex<br />

Hochbau<br />

im 4. Quartal von<br />

2020 auf 2021<br />

24,1 %<br />

Schutzgüter<br />

1<br />

2<br />

Ökologie Ökonomie Soziokulturelles<br />

natürliche Ressourcen<br />

natürliche Umwelt<br />

natürliche Ressourcen<br />

globale und lokale Umwelt<br />

Kapital/Werte<br />

ökon. Leistungsfähigkeit<br />

menschliche Gesundheit<br />

soz. und kult. Werte<br />

Kapital/Werte Gesundheit<br />

Nutzerzufriedenheit<br />

Funktionalität<br />

kult. Werte<br />

Plus des Energiepreisindex<br />

der<br />

österreichischen<br />

Energieagentur<br />

im Dezember 2021<br />

gegenüber dem<br />

Vorjahr<br />

Zukunftsfähiges Bauen, „enkeltaugliches“ Bauen, nachhaltiges Bauen – Begriffe, die sich gerade häufen, im<br />

Trend sind, ein Gebäude auf der Höhe der Zeit erscheinen lassen wollen. Doch was bedeuten diese Begriffe<br />

wirklich? Auf welchen Grundsätzen beruhen sie? Und wie werden sie nachvollziehbar angewendet? Der<br />

rasche Wandel des Klimas hat die Notwendigkeit des Umdenkens verstärkt und beschleunigt. Nachhaltigkeit<br />

als Gebot der Stunde bietet Alternativen an, zeigt Defizite auf und hat das Ziel, unsere Welt für<br />

nachfolgende Generationen lebenswert zu erhalten.<br />

Der Begriff der Nachhaltigkeit existiert<br />

schon viele Jahre. Er stammt aus der Forstwirtschaft<br />

und wurde im 18 Jhd. von Hans<br />

Carl von Carlowitz erstmals schriftlich formuliert.<br />

Die Entwicklungen seit der Aufklärung<br />

– mit einem zum Teil bis heute ungebrochenen<br />

Glauben an den Fortschritt durch Technik –<br />

führten zu ersten nachdenklichen Stimmen in<br />

den 1960/70er Jahren. Als Beispiele seien hier<br />

die Urbanistin und Schriftstellerin Jane Jacobs<br />

sowie der Bericht „Grenzen des Wachtums“<br />

des Club of Rome aus dem Jahr 1972 genannt.<br />

Weitere Meilensteine sind die Aufnahme des<br />

Gedankens der nachhaltigen Entwicklung in<br />

die Vereinten Nationen mit dem Brundtland-<br />

Bericht 1987 bzw. bei der Rio-Konferenz 1992<br />

(als „Centre for Our Common Future“ reaktiviert).<br />

Nach den im Jahr 2000 beschlossenen Milleniumsentwicklungszielen<br />

(MDGs) sprechen seit<br />

2015 die Vereinten Nationen von den 17 SDGs<br />

(Sustainable Development Goals). Um damit zum<br />

nachhaltigen Bauen zu kommen: Je nach Bau-<br />

Schutzziele<br />

1<br />

2<br />

Schutz der natürlichen Ressourcen<br />

und sparsamer und<br />

schonender Umgang<br />

Effizienzsteigerung<br />

Reduktion von Schadstoffbelastungen/Umwelteinwirkungen<br />

Schutz der Erdatmosphäre,<br />

des Bodens, des Grundwassers<br />

und der Gewässer<br />

Förderung einer umweltverträglichen<br />

Produktion<br />

Schutz der natürlichen<br />

Ressourcen<br />

Schutz des Ökosystems<br />

Lebenszykluskosten senken<br />

Verringerung des Subventionsaufwandes<br />

Schulden verringern<br />

Förderung einer verantwortungsbewussten<br />

Unternehmerschaft<br />

Schaffung nachhaltiger<br />

Konsumgewohnheiten<br />

Schaffung dynamischer<br />

und kooperativer internat.<br />

wirtschaftlicher Rahmenbedingungen<br />

Reduzierung der Lebenszykluskosten<br />

Verbesserung der<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

Erhalt von Kapital/Wert<br />

1 = Nachhaltigkeit allgemein, 2 = Nachhaltiges Bauen<br />

Schutz und Förderung<br />

menschlicher Gesundheit<br />

sozialen Zusammenhalt und<br />

Solidarität stärken<br />

kulturelle Werte erhalten<br />

Chancengleichheit<br />

Sicherung von Erwerbsfähigkeit<br />

und Arbeitsplätzen<br />

Armutsbekämpfung<br />

Bildung/Ausbildung<br />

Gleichberechtigung<br />

Integration<br />

Sicherheit/<br />

lebenswertes Umeld<br />

Bewahrung von Gesundheit,<br />

Sicherheit und Behagen<br />

Gewährleistung von<br />

Funktionalität<br />

Sicherung der gestalterischen<br />

und städtebaulichen<br />

Qualität<br />

~<br />

Die klimaschädlichen<br />

CO2-Emissionen,<br />

verursacht<br />

durch den Bausektor,<br />

waren noch<br />

nie so hoch.<br />

2/3<br />

des österreichischen<br />

Abfallaufkommens<br />

verursacht<br />

der Bausektor


56 tirol.modern und innovativ tirol.modern und innovativ<br />

57<br />

Diese Schutzgüter und Schutzziele führen zu<br />

einer großen Anzahl von Handlungsfeldern, beispielhaft<br />

sind in den Factboxes einige genannt.<br />

IM KREISLAUF<br />

ökologische Nachhaltigkeit<br />

Primärenergiebedarf<br />

verwendete Materialien,<br />

Kreislaufwirtschaft<br />

CO2-Emissionen<br />

Ausschluss klimaschädliche<br />

Substanzen<br />

Flächenverbrauch<br />

Ökobilanzierung<br />

Versiegelungsgrad<br />

Lage und Mobilität<br />

FÜR DIE MENSCHEN<br />

soziokulturelle Nachhaltigkeit<br />

Baukultur (kultureller und<br />

eventuell denkmalpflegerischer<br />

Wert)<br />

wohltuende Innen- und<br />

Außenräume<br />

Barrierefreiheit<br />

Behaglichkeit<br />

Innenraumluftqualität<br />

Schallschutz, Akustik<br />

Tageslicht, Kunstlicht<br />

Sicherheit<br />

Handlungsfelder<br />

IM LEBENSZYKLUS<br />

ökonomische Nachhaltigkeit<br />

Planungsqualität<br />

Prozessqualität<br />

Nutzungsflexibilität<br />

Struktur des Baukörpers<br />

Flächeneffizienz<br />

Gebäudeluftdichtheit<br />

Lebenszyklusberechnungen<br />

Energieverbrauchs-<br />

Monitoring<br />

Nachhaltiges<br />

Bauen versucht<br />

die Bedürfnisse,<br />

Wünsche und<br />

Ziele von uns<br />

Menschen sowie<br />

die ökonomischen<br />

und ökologischen<br />

Anforderungen<br />

zusammengefasst<br />

in einem Gebäude<br />

zu verwirklichen.<br />

Es gilt der Anspruch, dass die Zusammenarbeit<br />

in den betroffenen Bereichen frühund<br />

gleichzeitig erfolgen muss. Die Digitalisierung<br />

gibt uns die Möglichkeiten dazu.<br />

Planungen, Erfahrungen und Berechnungen<br />

greifen zur selben Zeit ineinander, um ein<br />

ausgereiftes Projekt bei der Erstellung, beim<br />

Betrieb, bei der Instandhaltung und beim<br />

Rückbau umzusetzen. Ziel ist ein Gebäude<br />

entlang der erwarteten Bedingungen<br />

zu errichten, die dem Menschen guttun,<br />

den Wert hochhalten und der moralischen<br />

Pflicht gegenüber den kommenden Generationen<br />

gerecht werden. Der ganzheitliche<br />

Ansatz erlaubt den notwendigen Überblick,<br />

den steuernden Eingriff in die Prozesse und<br />

die breite Einbeziehung der Betroffenen<br />

zum richtigen Zeitpunkt über den gesamten,<br />

möglichst langen Lebenszyklus.<br />

Nachhaltiges Bauen beginnt mit der allerersten<br />

Idee, lebt vom breiten Miteinander<br />

(integraler Arbeitsprozess) und ist sich<br />

der Verantwortung bewusst, dass ein<br />

Bauwerk in seiner Gesamtheit nur durch<br />

hervorragende Baukultur, durch immense<br />

Flexibilität und durch die Anwendung der<br />

jeweils aktuell gültigen Kenntnisse (über<br />

den gesamten Lebenszyklus) gelingt. Es<br />

betrachtet ab den ersten Schritten der Entwicklung<br />

den Betrieb, die Instandhaltung<br />

und den Rückbau als Teil des Ganzen.<br />

Nachhaltiges Bauen versucht die Bedürfnisse,<br />

Wünsche und Ziele von uns Menschen<br />

sowie die ökonomischen und ökologischen<br />

Anforderungen zusammengefasst<br />

in einem Gebäude zu verwirklichen. Das ist<br />

eine große Herausforderung, aber mit den<br />

heutigen Kenntnissen und Mitteln schaffbar.<br />

Noch dazu mit einem Ergebnis, das<br />

uns und die nachfolgenden Generationen<br />

bereichert, zum Wohlbefinden beiträgt und<br />

nicht zuletzt den Wert hochhält.<br />

Warum bauen wir also nicht schon längst<br />

nur noch nachhaltige Gebäude?<br />

Möglichkeiten zur Umsetzung von NACH-<br />

HALTIGEM Bauen lest ihr in der nächsten<br />

Ausgabe! Bei Fragen stehe ich gerne zur<br />

Verfügung: a.ilmer@gemnova.at<br />

ZUM AUTOR<br />

DI ALOIS ILMER, M.ENG<br />

Alois Ilmer lebt mit seiner Familie in einer Reihenhausanlage<br />

in Holzmassiv-Bauweise in Sistrans, hat<br />

Architektur studiert, viele Jahre als Angestellter und<br />

später Selbständiger im Bereich Entwicklung, Planung<br />

und Umsetzung gearbeitet, immer mit dem Fokus<br />

auf einer umfassenden Betrachtung der Aufgabe<br />

und ein qualitätvolles Ergebnis. In den Jahren 2013<br />

bis 2015 hat er das Masterstudium „Nachhaltiges<br />

Bauen“ absolviert, war einige Jahre an der Universität<br />

Innsbruck als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig und<br />

ist seit März 2020 Projektverantwortlicher bei der<br />

GemNova.<br />

Digitales Parken mit Parkster<br />

Parken mit Parkster heißt für Autofahrer: einfaches und<br />

schnelles Bezahlen ihrer Parkgebühren – bequem, kontaktlos<br />

und sicher am Smartphone. Als Kommunen oder private<br />

Parkplatzbetreiber können Sie dank der Parkster Lösungen die<br />

Kosten Ihrer Parkraumbewirtschaftung nachhaltig senken.<br />

Imagewirksam, bürgerfreundlich und wirtschaftlich<br />

Mit der Parkster App ermöglichen Sie Autofahrern Handy-<br />

Parken ohne Zusatzkosten. So können Sie schnell hohe Nutzungsquoten<br />

beim digitalen Parken erreichen, während Sie<br />

Kosten für Bargeldhandling und Parkraumbewirtschaftung,<br />

beispielsweise für die Wartung und mittelfristig sogar für die<br />

Neuanschaffung von Parkautomaten, einsparen.<br />

Ihre Vorteile im Überblick<br />

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Attraktive<br />

Konditionen<br />

für GemNova<br />

Partner!<br />

Die Parkster Erfolgsformel: keine Zusatzgebühren für<br />

die App-Nutzer für weniger Aufwand und nachhaltige<br />

Einsparungen beim Management Ihrer Parkplätze<br />

Rechnungsstellung und risikofreies Clearing<br />

der digital gelösten Parkscheine durch Parkster<br />

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Pilotphase im Tannheimer-Tal: Zöblen, Grän<br />

und Schattwald sind bereits dabei. Sie auch?<br />

Fragen? Wir beraten Sie<br />

gerne: vertrieb@parkster.at<br />

Foto: Adobe Stock / chathuporn


58 tirol.denkt weiter<br />

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG 59<br />

Umrüstung der<br />

Außenbeleuchtung in Weer<br />

LED-Außenbeleuchtung<br />

Die IKB ist der regionale Experte und zudem Marktführer in Tirol<br />

im Bereich Außenbeleuchtung. Wenn Sie eine moderne und wirtschaftliche<br />

Beleuchtung haben wollen, dann ist die IKB der<br />

richtige Partner für Sie.<br />

Unser Produkt<br />

• Straßenbeleuchtungen<br />

• Platzbeleuchtungen<br />

• Sportstättenbeleuchtungen<br />

• Objektanstrahlungen<br />

Unsere Leistungen<br />

• Ist-Analyse<br />

• Beratung mit individueller Planung<br />

• Materialbeschaffung<br />

• Baustellenkoordination<br />

• Errichtung und Inbetriebnahme<br />

• Licht- und elektrotechnische Überprüfung samt Protokoll<br />

• Dokumentation von Leitungen, Schaltstellen, Lichtpunkten<br />

• Fehlermessungen samt Störungsbehebung<br />

• Wartungsarbeiten<br />

• Mithilfe bei der Förderabwicklung<br />

Der Weg zur LED-Außenbeleuchtung<br />

1. 2. 3. 4.<br />

Beratung &<br />

Planung<br />

Unsere Preise<br />

Angebot<br />

Umsetzung<br />

Betriebsphase<br />

Die Kosten richten sich nach Ihren Anforderungen und Wünschen. Sie<br />

erhalten von uns ein entsprechendes Angebot. Gerne unterstützen wir Sie<br />

mit attraktiven Finanzierungsmodellen.<br />

Ihre Vorteile auf<br />

einen Blick<br />

• alles aus einer Hand: von der Planung bis zur<br />

Inbetriebnahme<br />

• höchste Energieeffizienz und niedrige<br />

Energie- und Betriebskosten<br />

• höhere Lichtqualität und hohe<br />

Lebensdauer<br />

• Garantie bis zu 10 Jahren<br />

• Reduktion des CO 2 -Ausstoßes<br />

• Erhöhung des Sicherheitsgefühls<br />

Ihrer Bürger/-innen, Gäste, Mitarbeiter/-innen<br />

und Kunden<br />

• rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr ist<br />

unsere Störungsbehebung für Sie erreichbar<br />

Auszug unserer Kunden, die uns ihr Vertrauen<br />

geschenkt haben<br />

• Straßenbeleuchtung: Innsbruck und über 40 Gemeinden<br />

in Tirol<br />

• Platzbeleuchtungen: Sandoz, DEZ, Fachmarktzentrum<br />

Telfs, Gewerbepark Kematen<br />

• Sportstätten: Innsbruck, Hall, Absam<br />

• Objektanstrahlungen: Rauchmehl, Kirche St. Leonhard<br />

Kundl, Kirche St. Jakob Vals<br />

Für eine kostenlose Beratung kontaktieren Sie uns<br />

am besten noch heute – wir freuen uns auf Sie<br />

Martin Angerer<br />

Geschäftsbereich:<br />

Energieservices<br />

0512 502-5234<br />

martin.angerer@ikb.at<br />

www.ikb.at<br />

2016 beauftragte die Gemeinde Weer die<br />

Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB) mit einer<br />

Ist-Analyse und anschließenden Umstellung<br />

der Außenbeleuchtung entlang der<br />

Bundesstraße und am Kathreinweg auf modernste<br />

LED-Technologie.<br />

Bei der Analyse der bestehenden Straßenbeleuchtung<br />

stellte sich heraus, dass die Ausleuchtung der Straße und<br />

der Gehwege nicht der aktuellen Norm entsprach. Für<br />

Gemeinden ist es unabdingbar, diese Norm zu erfüllen,<br />

denn bei Nicht-Erfüllung kann im Falle eines Unfalls den<br />

Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin eine (Mit)-Schuld<br />

treffen.<br />

32 neue LED-Leuchten für die Gemeinde<br />

2017 wurden – im Zuge der Sanierung der Bundesstraße<br />

und des Kathreinwegs – die bestehenden Beleuchtungsmasten<br />

samt veralteter Leuchtmittel entfernt und durch<br />

die IKB neue modernste LED-Leuchten auf „Grashalm-<br />

Masten“ installiert. Zusätzlich zu den 22 bestehenden<br />

Leuchten wurden 10 neue montiert, um die Straße gemäß<br />

Norm ausleuchten zu können.<br />

Damit wurden einerseits die Sicherheit der Bewohnerinnen<br />

und Bewohner in Weer erhöht und gleichzeitig das<br />

Gefahrenpotential durch eine bessere Ausleuchtung der<br />

Schutzwege verringert. Mit den neuen LED-Leuchten werden<br />

Straßen und Plätze gezielt beleuchtet, das Licht wird<br />

genau dorthin gerichtet, wo es gebraucht wird, die Lichtverschmutzung<br />

wird gesenkt und die Anwohnerinnen und<br />

Anwohner werden nicht geblendet.<br />

Durch die Umstellung auf moderne LED-Technik konnten der<br />

Stromverbrauch – trotz Erhöhung der Leuchtenanzahl von<br />

22 auf 32 – für die Außenbeleuchtung und in weiterer Folge<br />

auch die Stromkosten um 22 Prozent reduziert werden.<br />

Kurz und knapp: teilweise Umstellung der Außenbeleuchtung<br />

in der Gemeinde Weer<br />

• Erhöhung der Sicherheit durch<br />

normgerechte Beleuchtung<br />

• Senkung der Stromkosten um 22 Prozent,<br />

obwohl die Anzahl der Leuchten um 45 Prozent<br />

erhöht wurde (22 auf 32 Lichtpunkte)<br />

• Verringerung des Gefahrenpotentials vor<br />

allem auf den Schutzwegen durch eine punktgenaue<br />

Ausleuchtung kritischer Bereiche<br />

• Verringerung der Lichtverschmutzung<br />

durch moderne Leuchtmittel<br />

Modernste LED-Beleuchtung für<br />

Innsbruck und Tiroler Gemeinden<br />

Auch das komplette Innsbrucker Stadtgebiet wurde mit<br />

über 11.000 Lichtpunkten seit dem Beginn der Umrüstung<br />

im Jahr 2015 auf LED-Technologie umgestellt . Der Energieverbrauch<br />

für die Beleuchtung konnte damit um über 50<br />

Prozent reduziert werden. Zudem erstrahlen auch in den<br />

Tiroler Gemeinden Radfeld, Trins, Gschnitz, Kaltenbach,<br />

Völs und einigen weiteren Gemeinden wie Thaur, Mutters<br />

etc. modernste LED-Leuchten von der IKB.<br />

Stand: Februar 2021


60<br />

tirol.investiert tirol.investiert 61<br />

Blackout<br />

VORSORGE-VORBILD BAD HÄRING<br />

Unsere Gesellschaft war noch nie so abhängig von elektrischer Energie wie heute. Das Schreckensszenario<br />

schlechthin ist daher ein Blackout, also ein überregionaler Stromausfall. Immer mehr Tiroler<br />

Gemeinden treffen Vorsorgemaßnahmen, damit die Bevölkerung im Ernstfall nicht mit blanken Händen<br />

dasteht. Erleichtert wird dies mittlerweile auch durch Förderungen des Landes Tirol.<br />

Sehr früh hat man sich in der<br />

Gemeinde Bad Häring dieser<br />

Thematik gestellt. Die Unterländer<br />

haben ihre Blackout-Vorbereitungen<br />

bereits abgeschlossen.<br />

Sie setzen auf eine mobile<br />

Notstrom-Lösung. Ziel ist es,<br />

eine Notfallversorgungsstruktur<br />

für die Bevölkerung aufzubauen.<br />

Einbezogen sind dabei eine Reihe<br />

von Gemeindeeinrichtungen.<br />

Etwa die Schule, der Kindergarten<br />

und das Altenwohnheim. Die Notstromversorgung<br />

kann innerhalb<br />

kürzester Zeit aufgebaut werden<br />

und Stromausfälle von bis zu einer<br />

Woche abfedern. Sollte ein Blackout<br />

länger dauern, kann das mobile<br />

Notstromgerät auch zum Speicher<br />

für die Trinkwasserversorgung des<br />

Ortes verlegt werden. Mit Hilfe des<br />

Notstroms wird der leere Speicher<br />

dann über eine Grundwasserbohrung<br />

wieder aufgefüllt.<br />

Bürgermeister Hermann Ritzer ist<br />

zurecht stolz auf die innovative<br />

Lösung: „Die Gemeinde Bad Häring<br />

befasst sich schon seit längerer<br />

Zeit mit dem Thema Blackout, das<br />

ja immer wieder in den Medien und<br />

der Bevölkerung aufpoppt. Im Zuge<br />

der Sanierung des Gemeindeamtes<br />

haben wir das Thema neu aufgegriffen.<br />

Wir haben uns entschlossen<br />

eine Vorsorge-Lösung bei der<br />

Sanierung umzusetzen. Diese ist<br />

mittlerweile fertig. Wir haben sie<br />

getestet und sie funktioniert hervorragend.<br />

Wir haben nun die großartige<br />

Situation, dass wir – sollte<br />

der Ernstfall eintreten – eine<br />

Woche mit diesem Gerät unter<br />

Volllast durchfahren können. Wir<br />

hoffen natürlich, dass ein Blackout<br />

nicht länger als eine Woche dauert.<br />

So lange haben wir nämlich mit<br />

dem Dieselvorrat vorgesorgt.“ Wer<br />

weitere Tiroler Gemeindelösungen<br />

in der Blackout-Vorsorge kennen<br />

lernen möchte, dem sei die Doku<br />

„Ernstfall Blackout – wenn die<br />

Lichter ausgehen“ empfohlen. In<br />

diesem Video wird auch aufgezeigt,<br />

welche Auswirkungen eine derartige<br />

Krise auf das Bundesland hat.<br />

GemNova begleitet Umsetzung<br />

Die Umsetzung des Projekts in<br />

Bad Häring wurde von der GemNova<br />

begleitet. Beschaffungsexperte<br />

Mario Foidl erklärt den Ablauf:<br />

BILD: Im Untergeschoß<br />

des Gemeindeamtes wird<br />

das mobile Aggregat an<br />

das interne Leitungsnetz<br />

angedockt . (© GemNova)<br />

VON<br />

MANFRED SCHIECHTL<br />

BILD: Das mobile Aggregat<br />

kann auch zum Trinkwasserspeicher<br />

verlegt<br />

werden, um diesen aufzufüllen.<br />

(© GemNova)<br />

INTERALPINE ENERGIE- & UMWELTTAGE<br />

VERSORGUNGS-<br />

SICHERHEIT<br />

IM ALPENRAUM<br />

09.06.<strong>2022</strong> / ACHENSEE<br />

Diskussion & Austausch mit Keynotespeakern<br />

wie Dr. Erich Entstrasser, Mag. Ernst Schöpf,<br />

Dr. Axel Friedrich und vielen<br />

weiteren Fachexpert:innen<br />

www.ibi-kompetenz.eu<br />

„Nach Vorgesprächen mit den Verantwortlichen<br />

seitens der Gemeinde<br />

wurden klare Spezifikationen<br />

und Anforderungen für dieses Gerät<br />

definiert. Daraufhin haben wir diverse<br />

Lieferanten und Hersteller kontaktiert.<br />

Resultierend daraus haben<br />

sich mehrere Varianten und Angebote<br />

ergeben. Die Gemeinde Bad<br />

Häring hat sich dann schlussendlich<br />

das am besten geeignetste Aggregat<br />

aussuchen können.“<br />

Für Gemeinden, die ein ähnliches<br />

Vorhaben wie Bad Häring planen,<br />

gibt es seit Anfang dieses Jahres<br />

auch finanzielle Unterstützung<br />

durch das Land Tirol. Für die Förderung<br />

von Blackout-Vorsorgemaßnahmen<br />

zur Aufrechterhaltung der<br />

Infrastruktur von Gemeinden und<br />

Gemeindeverbänden wird nämlich<br />

aus dem Gemeindeausgleichsfonds<br />

im Rahmen eines Blackout-<br />

Programmes für die Jahre <strong>2022</strong> bis<br />

2024 ein Betrag in Höhe von jährlich<br />

1,5 Millionen Euro zur Verfügung<br />

gestellt. Zur Gemeindeinfrastruktur<br />

zählen laut Landesrat Johannes<br />

Tratter beispielsweise Wasserverund<br />

Abwasserentsorgungsanlagen,<br />

Altenwohn-und Pflegeheime, betreutes<br />

Wohnen, Kinderbetreuungseinrichtungen,<br />

Schulen sowie sonstige<br />

gemeindeeigene Gebäude. Fördergegenstand<br />

ist die Anschaffung von<br />

Notstromaggregaten sowie die aufgrund<br />

dieser Anschaffung erforderlichen<br />

baulichen bzw. elektrotechnischen<br />

Maßnahmen. „Die GemNova<br />

unterstützt Gemeinden jederzeit<br />

bei der Umsetzung eines derartigen<br />

komplexen Beschaffungsprojekts“,<br />

so Beschaffungsexperte Foidl.<br />

DIE VERSORGUNGSSICHERHEIT<br />

IST DER DREH- UND ANGELPUNKT<br />

UNSERES GESELLSCHAFTSLEBENS.<br />

Fachexpert:innen und Entscheidungsträger:innen<br />

diskutieren offen über die<br />

anstehenden Herausforderungen des<br />

Energiesektors und präsentieren mögliche<br />

Wege für eine neue Versorgungssicherheit<br />

in den Alpen.<br />

Seien Sie dabei und tauschen Sie sich<br />

aus!<br />

< ALLE INFOS -<br />

PROGRAMM<br />

& ANMELDUNG HIER!<br />

ANMELDEN & MITREDEN


62<br />

tirol.investiert tirol.investiert 63<br />

BLACKOUT: TROTZ<br />

EIGENER PHOTOVOLTAIK-<br />

ANLAGE OHNE STROM?<br />

Viele Besitzer*innen von Photovoltaik-Anlagen – auch Gemeinden – wähnen sich im Falle eines Blackouts<br />

auf der sicheren Seite. Doch das kann ein Trugschluss sein. Nur unter bestimmten Voraussetzungen ist<br />

ein Blackout mit eigenem durch Sonne erzeugten Strom „überbrückbar“. Ist eine Photovoltaik-Anlage nicht<br />

entsprechend ausgerüstet, so trifft auch die Besitzer*innen einer solchen ein allgemeiner Stromausfall.<br />

OBEN:<br />

Bürgermeister<br />

Martin Mayerl bei der<br />

Arbeit in seinem Mutterkuh-<br />

und Rindermastbetrieb.<br />

(© Tanja Cammmerlander/Martin<br />

Mayerl)<br />

Zur Senkung der Stromkosten und um<br />

etwas unabhängiger vom Stromnetz zu<br />

sein, lassen sich immer mehr Gemeinden,<br />

Eigenheimbesitzer*innen und Gewerbebetriebe<br />

eine Photovoltaik-Anlage montieren.<br />

Solange die Sonne scheint, wird eigener<br />

Strom produziert. Das schont nicht<br />

nur das Geldbörsl, sondern ebenso die<br />

Umwelt. Was viele nicht wissen: Bei einem<br />

Stromausfall im großen Stil stehen selbst<br />

sie im Dunkeln. Denn bei einem Blackout<br />

trennt sich eine Solaranlage unverzüglich<br />

vom Netz, weil sich der in der Regel darin<br />

installierte sogenannte Wechselrichter<br />

abschaltet. Jede Solaranlage ist mit dem<br />

örtlichen Stromnetz verbunden, und so<br />

dient diese automatische Trennung bei<br />

einem Blackout vor allem dem Schutz derjenigen,<br />

die zum Zeitpunkt des Ausfalls an<br />

der Wiederherstellung des Stromnetzes<br />

arbeiten. Erst wenn das Netz wieder einsatzfähig<br />

ist, fängt auch die Solaranlage<br />

wieder an Strom zu produzieren.<br />

LINKS:<br />

Am Wirtschaftsgebäude<br />

wurde eine moderne,<br />

dach-integrierte Photovoltaik-Anlage<br />

installiert,<br />

die Hof und Speicher mit<br />

Energie versorgt.<br />

(© sun.e-solution,<br />

Dölsach)<br />

Mit einem Speicher lässt sich eine<br />

gewisse Zeit überbrücken.<br />

Wurde eine Photovoltaik-Anlage aber schon<br />

im Hinblick auf einen gewissen Grad Autarkie,<br />

also Stromunabhängigkeit, ausgelegt,<br />

kann ein Stromausfall durchaus überbrückt<br />

werden. Voraussetzung dafür ist ein ins<br />

System integrierter Speicher und ein dafür<br />

ausgelegtes Energiemanagement, das sich<br />

bei einem Stromausfall nicht automatisch<br />

abschaltet. Allerdings kann nur der Strom<br />

verwendet werden, der von der Anlage auch<br />

gespeichert wurde. Wie lang die gespeicherte<br />

Energie ausreicht, ist von mehreren<br />

Faktoren abhängig. Entscheidend ist<br />

auf jeden Fall die Kapazität des Speichers.<br />

Dann kommt es darauf an, wie viele und<br />

welche Stromverbraucher mit Energie versorgt<br />

werden müssen. Das kann über ein<br />

intelligentes Energie-Managementsystem<br />

gesteuert werden. Schließlich spielt der<br />

Faktor Zeit eine Rolle: Für wie lange soll<br />

ein Stromausfall überbrückt werden?<br />

Dazu ein Fallbeispiel aus Dölsach / Osttirol:<br />

Bürgermeister Martin Mayerl hat neben<br />

seinem Amt einen Mutterkuh- und Rindermastbetrieb.<br />

Er interessierte sich früh für<br />

Photovoltaik – auch weil sein Hof für diese<br />

Technologie günstig gelegen ist. Bereits<br />

2010 installierte er mit Hilfe von Förderungen<br />

eine 6 KW-Photovoltaik-Anlage am<br />

Wohnhaus seines Hofs. Mittlerweile hat<br />

sich die Investition amortisiert und die<br />

Anlage erzielt nach wie vor optimale Stromerträge.<br />

„Allerdings war ein weiterer Ausbau<br />

der Photovoltaik besonders im Hinblick<br />

auf Speichertechnologie bislang in puncto<br />

Wirtschaftlichkeit und Förderungen relativ<br />

uninteressant. Eine Erweiterung in dieser<br />

Hinsicht hatte ich aber immer im Hinterkopf“,<br />

erzählt der Dölsacher Bürgermeister.<br />

Wie viel Komfort darf es sein?<br />

Vor zwei Jahren ergab sich die Chance,<br />

dieses Vorhaben anzugehen, weil dafür<br />

ein Förderpaket speziell für die Landwirtschaft<br />

aufgelegt wurde. Auch die Möglichkeit,<br />

eine AWS-Prämie zu nutzen, führte<br />

zu dem Entschluss, eine ergänzende<br />

Photovoltaik-Anlage inklusive Speicher<br />

am Wirtschaftsgebäude zu installieren.<br />

Martin Mayerl ließ sich durch einen Photovoltaik-Fachbetrieb<br />

beraten. Da in Osttirol<br />

in den letzten drei Jahren Windbruch und<br />

Schneechaos immer wieder zu längeren<br />

Stromausfällen führten, hatte Mayerl den<br />

Wunsch, die Speicherkapazitäten für eine<br />

Überbrückung dahingehend auszulegen.<br />

Dieser Punkt muss bei der Planung einer<br />

Photovoltaik-Anlage unbedingt berücksichtigt<br />

werden, damit die benötigte Leistung<br />

und entsprechend das komplette System<br />

daraufhin ausgelegt werden kann. „Nicht<br />

nur Eigenheimbesitzerinnen und -besitzern<br />

oder Gewerbetreibenden ist das oft<br />

unbekannt, sondern auch Betreiberinnen<br />

und Betreibern von öffentlichen Anlagen,<br />

wie ich durch die Beratung erfahren habe“,<br />

sagt Bürgermeister Martin Mayerl.<br />

UNSER SYSTEM IST SO AUSGELEGT,<br />

DASS BEI EINEM STROMAUSFALL IN<br />

DER NACHT NOCH 20 % IM SPEICHER<br />

BLEIBEN, DIE FÜR DEN START IN DER<br />

FRÜH REICHEN. MIT ZUNEHMENDEM<br />

TAGESLICHT WIRD OHNEHIN WIEDER<br />

STROM PRODUZIERT.<br />

Dabei ist die Entscheidung zentral, was<br />

abgesichert sein muss und was Komfort<br />

ist. Entsprechend ergeben sich daraus die<br />

Investitionskosten und ihr Verhältnis zum<br />

tatsächlichen Nutzen – die Wirtschaftlichkeit<br />

also. „Für uns war wichtig, bei einem<br />

Stromausfall die Funktion der Heizungsanlage,<br />

der Kühl- und Gefriertruhen und des<br />

Lichts sicherzustellen. Die Absicherung für<br />

den Heukran hingegen haben wir hintenangestellt.<br />

Solche Dinge können wir konventionell<br />

überbrücken. Unser System ist so<br />

ausgelegt, dass bei einem Stromausfall in<br />

der Nacht noch 20 % im Speicher bleiben,<br />

die für den Start in der Früh reichen. Mit<br />

zunehmendem Tageslicht wird ohnehin<br />

wieder Strom produziert“, führt Bürgermeister<br />

Mayerl aus. Seit letztem Juli ist<br />

seine Zusatzanlage in Betrieb und rechnet<br />

sich bereits deutlich – begünstigt durch die<br />

gestiegenen Einspeisungstarife.<br />

Ein Totalausfall ist nur mit Notstromaggregat<br />

zu vermeiden.<br />

Ist jedoch die Energie im Speicher aufgebraucht,<br />

beginnt die Anlage erst zu arbeiten,<br />

wenn entweder Strom über das Netz<br />

wieder verfügbar ist oder die Photovoltaik-<br />

Anlage durch Sonnenenergie wieder Strom<br />

produziert und sich dadurch der Speicher<br />

nach und nach aufladen kann. Hierzu merkt<br />

der Photovoltaik-Fachmann Martin Kollnig<br />

der Dölsacher Firma „sun.e-solution“ an:<br />

„Wesentlich ist dabei die ‚Schwarzstartfähigkeit‘<br />

der Anlage. Darunter versteht man<br />

das Hochfahren eines stromproduzierenden<br />

Systems unabhängig vom Stromnetz.<br />

Ist diese Möglichkeit nicht gegeben, startet<br />

die Anlage nur mit externem Strom<br />

erneut. Was vielen auch nicht bewusst ist:<br />

Photovoltaik-Anlagen in Verbindung mit<br />

einem Speicher sind keine Notstromlösungen<br />

im eigentlichen Sinne. Das wird nur in<br />

Kombination mit einem konventionellen<br />

Notstromaggregat möglich. Sinnvoll ist das<br />

für sensible Bereiche wie Krisenzentren,<br />

Spitäler oder Sicherheitsanlagen.“<br />

Zusammengefasst bedeutet das: Auch<br />

Betreiber*innen einer Photovoltaikanlage<br />

können von einem großflächigen Stromausfall<br />

betroffen sein. Mit genügender Speicherkapazität<br />

lässt sich aber eine gewisse<br />

Zeit überbrücken. Wer auf der sicheren<br />

Seite sein will – wenn es zum Beispiel um<br />

sensible Bereiche geht – sollte ein speicherunterstütztes<br />

Photovoltaiksystem<br />

um ein konventionelles Aggregat ergänzen.<br />

Der tatsächlich notwendige Bedarf<br />

– das Must-have – ist dabei grundsätzlich<br />

zu klären. Das hängt davon ab, ob man<br />

Eigenheimbesitzer*in, Gewerbetreibende*r<br />

oder öffentliche Institution wie eine<br />

Gemeinde ist. Aspekte des Nice-to-have<br />

kommen erst nach der notwendigen<br />

Grundversorgung. Wie viel einem ein solcher<br />

Komfort im Falle eines Blackouts wert<br />

ist, liegt im Auge des Betrachters.<br />

ZUM AUTOR<br />

JAN SCHÄFER<br />

Jan Schäfer ist Experte für Marketing<br />

und Kommunikation. Er unterstützt<br />

seit 2020 die GemNova als Gemeindebetreuer<br />

in Osttirol und war zuletzt<br />

maßgeblich bei der Entstehung des<br />

neuen “Gemeinde ABC‘s” beteiligt.<br />

Kontakt: j.schaefer@gemnova.at


64<br />

tirol.investiert<br />

..<br />

F0rderm0glichkeiten<br />

richtig nutzen ...<br />

..<br />

65<br />

Bei der Finanzierung und Umsetzung von<br />

Projekten sind Gemeinden aufgrund der<br />

oft eingeschränkten finanziellen Mittel<br />

auf Förderungen angewiesen. Förderungen<br />

für Projekte zu erhalten, gestaltet sich<br />

jedoch viel schwieriger, wie auf den ersten<br />

Blick oft angenommen wird. Die Förderlandschaft<br />

wird zudem immer komplexer.<br />

Von der Analyse der Möglichkeiten über<br />

die fachlich richtige Antragstellung und<br />

Prozessabwicklung bis hin zur korrekten<br />

Abrechnung von Förderungen ist es ein<br />

langer Weg. Unzählige Fragen werfen sich<br />

dabei für Gemeinden auf:<br />

Raum zum Wohlfühlen<br />

Ideal als langfristige oder temporäre Raumlösung<br />

(z.B. Kindergärten und Schulen)<br />

Angenehmes Raumklima dank<br />

optimaler Wärmedämmung<br />

Brandschutz (R)EI30 serienmäßig<br />

www.containex.com<br />

OIB6<br />

konform *<br />

* U-Werte gem. OIB RL6<br />

Ist das<br />

Pr0jektv0rhaben<br />

f0rderfähig?<br />

Welche<br />

F0rderqu0te ist<br />

m0glich?<br />

Welche<br />

F0rdergeber<br />

gibt es?<br />

ist die<br />

Gemeinde<br />

antragsberechtigt?<br />

Wie erf0lgt die<br />

richtige Antragstellung,<br />

um den<br />

maximalen Output<br />

zu erzielen?<br />

CTX_Inserat_279.tirol (195x135)_122-rz.indd 1 17.03.22 14:27<br />

Welche<br />

Fristen sind zu<br />

beachten?<br />

Auf all diese Fragen versuchen wir eine Antwort<br />

zu geben und die Gemeinden vollumfänglich<br />

zu unterstützen. Gerade in Zeiten<br />

wie diesen, wo alle Fördermöglichkeiten<br />

maximal ausgeschöpft werden sollen, um<br />

das ohnehin schon angespannte Budget zu<br />

entlasten und um Investitionen tätigen zu<br />

können, ist es essenziell, den Überblick im<br />

Förderdschungel zu bewahren. Ob bei Infrastrukturprojekten,<br />

im Bereich der Digitalisierung<br />

oder in Thematiken rund um Umwelt,<br />

Mobilität und Klima, das<br />

Spektrum an unterschiedlichen<br />

Förderprogrammen auf den<br />

diversen Ebenen (Land, Bund, EU) ist weitreichend.<br />

Zudem entscheiden oft Nuancen<br />

über einen positiven oder negativen Förderbescheid<br />

sowie über die Höhe der Förderung.<br />

Gerne unterstützen wir mit unserer<br />

Erfahrung die Gemeinden dabei, sämtliche<br />

Förderpotentiale bestmöglich zu<br />

nutzen.<br />

Wie erf0lgt die<br />

k0rrekte Abrechnung,<br />

um alle zugesagten<br />

Mittel auch tatsächlich<br />

abh0len zu k0nnen?<br />

K0ntakt<br />

Maximilian Huber, MA<br />

m.huber@gemnova.at<br />

+43 660 296 89 69


66 tirol.sportlich und gesund<br />

66<br />

tirol.kulturell 67<br />

Zeit<br />

Mahlzeit!<br />

Mit Jausengeld.at, dem<br />

intelligenten Essensgutschein.<br />

ist relativ.<br />

AUTOR GABRIEL CASTANEDA<br />

Und ich meine das jetzt nicht im streng wissenschaftlichen Sinn, weil erstens hab‘ ich<br />

von solchen Dingen nicht den blassesten Schimmer und zweitens ist Zeit auch für den<br />

wissenschaftlichen Laien oft relativ. Fünf Minuten Wurzelbehandlung und fünf Minuten<br />

länger schlafen können, sind zwei völlig unterschiedliche Zeitspannen.<br />

www.jausengeld.at<br />

Aber nicht nur da ist Zeit relativ.<br />

Nehmen wir die Zeit, in der<br />

durchschnittliche Minister*innen<br />

in Österreich ihren Dienst verrichten.<br />

Mittlerweile ist ja jeder<br />

Dschungelkönig länger im Amt<br />

und man wünscht sich auf so<br />

manch einem Posten lieber<br />

eine Evelyn Burdecki oder einen<br />

Filip Pavlovic als die amtierenden<br />

Personen. Die Leute in den<br />

Ministerien wechseln mittlerweile<br />

in einer Geschwindigkeit,<br />

dass selbst Menschen die sich<br />

eigentlich für Politik interessieren,<br />

Mühe haben, das aktuelle<br />

Personal der Regierung beim<br />

Namen nennen zu können.<br />

Oder nehmen wir die vergangenen<br />

Wochen des Gemeinderatswahlkampfes.<br />

Es ist diese<br />

relativ kurze Zeit, wo plötzlich<br />

alles möglich scheint. Von der<br />

kinderfreundlichen Wohnanlage<br />

für Jungfamilien über die nagelneue<br />

Feuerwehrhalle inklusive<br />

Fuhrpark und Drohne bis hin zum<br />

Senior*innenbetreuungszentrum<br />

mit integriertem Inklusions-Kindergarten.<br />

Danach folgen nicht<br />

selten relativ lange Zeiträume<br />

der Ernüchterung.<br />

Zeit ist für uns Menschen relativ<br />

und mit zunehmendem Alter<br />

vergeht sie leider oft wie im<br />

Flug. Zumindest so lange man<br />

noch aktiv und gesund am<br />

Leben teilnehmen kann. Und in<br />

jedem Leben geht’s mal auf- und<br />

mal abwärts, es gibt gute und<br />

schlechte Zeiten. Doch unterm<br />

Strich leben wir seit 70 Jahren<br />

in der besten Zeitspanne.<br />

Wir genießen Wohlstand (im<br />

Überfluss), Sicherheit, Reichtum<br />

(ja, wir sind alle reich) und Friede.<br />

Und dann knallt’s plötzlich ganz<br />

dicht vor unserer Haustür und<br />

all das beginnt zu wanken und<br />

wir merken, Zeit ist relativ, aber<br />

der Friede ist es nicht. Friede ist<br />

absolut und absolut unverzichtbar.<br />

Für alle. Denn wie sagte der<br />

große Willy Brandt vollkommen<br />

richtig: „Der Frieden ist nicht<br />

alles, aber alles ist ohne den<br />

Frieden nichts.“<br />

Castañeda<br />

2021<br />

07.04. Kufstein (T)<br />

13.05. Imst (T)<br />

20.05. Pertisau (T)<br />

14.09. Längenfeld (T)<br />

15.09. Breitenwang (T)<br />

16.09. Landeck (T)<br />

17.09. Telfs (T)<br />

21.09. Hohenems (V)<br />

24.09. Hochfilzen (T)<br />

30.09. Salzburg (S)<br />

04.11. Pertisau (T)<br />

www.castaneda.tv


ese<br />

Was fällt Ihnen ein, wenn Sie<br />

Es ist der Stil, die Schreibe,<br />

die wirklich feine<br />

Ganz spontan, drei Begriffe<br />

das Wort „Chanson“ hören?<br />

Feder des Autors, welche<br />

nur. Ja, auch Namen, Interpreten,<br />

Liedtexte. Fragen<br />

dieses Buch besonders<br />

auszeichnen. Außerdem<br />

Sie auch Ihre Freundinnen,<br />

die Herangehensweise,<br />

die vielen Gespräche<br />

Worte werden am häufigsten<br />

Freunde. Und – welche drei<br />

mit Zeitzeug*innen, mit<br />

genannt? Bei mir, in meinem<br />

deren Nachkommen, mit<br />

Freundeskreis sind es...<br />

anderen Beteiligten, die<br />

für zusätzliche Dynamik<br />

Wer dieses Buch in Händen hält, wird gleich merken, wie schwer es ist.<br />

sorgen. Im Zentrum die-<br />

Klar, bei rund 250 großformatigen Seiten. Großartig ist auch das Cover,<br />

ses Werks stehen zwei<br />

ebenso wie der Inhalt, die vielen Fotos. Großes, ganz großes Kino. Eine<br />

Personen: der bekannte<br />

wunderschöne, mit viel Herzblut und wirklich feiner Feder verfasste Tour<br />

und politisch fehlgeleitete<br />

d'Horizon durch und über die Geschichte des Chansons. Dazu Kurzbio-<br />

Dichter Ezra Pound (1885-<br />

grafien über herausragende, höchst unterschiedliche Interpretinnen und<br />

Lois Hechenblaikner ist ein Mahner, ein Wachrüttler,<br />

einer, der mit aller Vehemenz Fehlter,<br />

Mary de Rachewiltz,<br />

Jacques Brel – um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Wer ihre, wer<br />

1972) sowie dessen Toch-<br />

Interpreten. Über Edith Piaf natürlich, über Charles Aznavour, Dalida oder<br />

entwicklungen aufzeigt. Vor allem im Tiroler<br />

mittlerweile auch schon<br />

seine Nase in dieses Buch steckt, wird sie wohl lange nicht mehr herausziehen.<br />

Die Gründe dafür liegen zwischen den beiden Buchdeckeln.<br />

Tourismus. Auch deshalb werden seine Bücher –<br />

zarte 96 Jahre alt. Es war<br />

darunter „Hinter den Bergen“, „Volksmusik“ oder<br />

wohl eine zuweilen recht<br />

„Ischgl“ – von den einen gelobt, von den anderen verdammt. In vorliegendem Werk, fürwahr ein wuchtiges Buch, setzt er sich mit „Besonderhei-<br />

seine<br />

charakterisiert wurden.<br />

knap-<br />

frei-<br />

Anti-<br />

Ver-<br />

„Besonderheiēse<br />

ese<br />

ten“ im schweizerischen Grand Hotel Waldhaus<br />

im Engadin auseinander. Abermals legt er<br />

Finger in offene Wunden, zeigt detailliert auf,<br />

wie Gäste dort seinerzeit bespitzelt, belauscht,<br />

Neben den ausgezeichneten Textbeiträgen –<br />

von Martin Suter oder von Hans Heiss – sind es<br />

vor allem die Karteikarten, die mit ihren<br />

pen Bemerkungen überraschen, abstoßen,<br />

lich auch zum Schmunzeln Anlass geben.<br />

knapēse<br />

seinese<br />

Antiēse<br />

Verēse<br />

68<br />

tirol.kulturell tirol.kulturell 69<br />

388<br />

Seiten<br />

€ 53,46<br />

Edition Patrick Frey<br />

März 2021<br />

Lois<br />

Hechenblaikner:<br />

Olaf Saliè:<br />

Keine Ostergrüße<br />

mehr<br />

Chanson<br />

240<br />

Seiten<br />

€ 50,-<br />

mühsame Spurensuche,<br />

Prestel Verlag<br />

die der Autor hier gekonnt<br />

November 2021<br />

unternommen hat.<br />

Besonders hervorzuhe-<br />

ben sind die Gespräche,<br />

die Begegnungen mit, die<br />

Erinnerungen von Mary de<br />

Rachewiltz, auch die Leich-<br />

Es ist ein beeindruckendes Buch, es sind fürwahr beeindruckende Fotografien, die<br />

tigkeit, mit der diese in<br />

uns hier vorgelegt werden. Knapp 140 Schwarz-Weiß-Aufnahmen, allesamt rund<br />

den Text einfließen. Seite<br />

150 Jahre alt. Es ist eine Zeitreise ins letzte Viertel des 19. Jahrhunderts. Erst kurz<br />

für Seite wird damit eine<br />

davor tuckerte die erste Dampflokomotive über den Brenner, löste damit endgültig<br />

Brücke in die Vergangen-<br />

Edith<br />

die Postkutsche ab, läutete eine neue Zeit ein. Fotografien von Innsbruck, Salzburg,<br />

heit errichtet, über die wir<br />

Hessenberger:<br />

Vorarlberg, Bayern, Südtirol. Bemerkenswert, wie es dort damals ausgesehen hat.<br />

Fotografische<br />

semitische Äußerungen sind darin ebenso zu leichtfüßig wieder in die<br />

Tempi passati. Unwiederbringlich.<br />

Zeitreise durch<br />

finden wie Informationen zu persönlichen Gegenwart zurückkehren.<br />

freiēse<br />

Tirol<br />

hältnissen oder politischen Ansichten. Zu Erich Ein äußerst beeindrucken-<br />

Noch faszinierender sind die Fotografien aus den Stubaier, den Ötztaler Alpen, vom<br />

Neumann, Staatssekretär in Hermann Görings des Buch, wunderschön zu<br />

Arlberg. Unberührte Berglandschaften, gewaltige Gletscher, da und dort mal ein Bret-<br />

Behörde und Teilnehmer an der berüchtigten Helmut Luther:<br />

lesen. Chapeau!<br />

terverschlag. Und heute, wie stellt sich uns dieser Blick heute dar? Dazu bietet die<br />

Wannsee-Konferenz am 20. Jänner 1942, heißt Mary de Rachewiltz<br />

180<br />

Autorin informative, erklärende Texte an, sachlich nüchtern geschrieben, dennoch mit<br />

es etwa: „Hohes Tier im Dritten Reich. Badrutt<br />

Seiten<br />

viel Herzblut versehen. Edith Hessenbergers’s Buch ist ein weiteres Kleinod aus der<br />

hat ihn ins Palace gelotst. – 1945. Das Tier wird<br />

Schriftenreihe der Ötztaler Museen. Lesenswert. Betrachtenswert. Empfehlenswert.<br />

wohl kleiner geworden sein.“<br />

€ 20,46<br />

208<br />

€ 22,62<br />

Studien Verlag<br />

Athesia-Tappeiner Verlag<br />

Dezember 2021<br />

Seiten<br />

Dezember 2021<br />

ACHT LESENS-<br />

WERTE BÜCHER


216<br />

Sarah Biasini:<br />

Seiten<br />

Vorab: Annemarie Schwar-<br />

Die Schönheit<br />

zenbach war gerade mal<br />

des Himmels<br />

€ 20,46<br />

21 Jahre jung, als sie dieses<br />

Buch mit großer Lei-<br />

Haymon Verlag<br />

Manfred Krug:<br />

November 2021<br />

Abgehauen<br />

denschaft schrieb. Noch<br />

Hans Haid:<br />

bemerkenswerter: Sie tat<br />

es kann sein,<br />

dies vor knapp hundert<br />

dass dann die<br />

272<br />

Das<br />

gro-<br />

Jahren, im Jahr 1929, in<br />

schatten kommen<br />

Seiten<br />

ße Unglück<br />

einer Zeit also, die, zumal<br />

von<br />

Kin-<br />

in der Schweiz, nicht als<br />

Ist es tatsächlich ein Roman, den<br />

dern berühmter Eltern ist es, immer<br />

besonders liberal galt.<br />

Hans Haid (1938-2019) hier bruch-<br />

wieder an diesen gemessen, auf diese<br />

Doch Annemarie Schwar-<br />

stückhaft verfasst hat? Ist es nicht<br />

angesprochen zu werden. Andererseits:<br />

zenbach konnte, wollte<br />

vielmehr Ausdruck seines labyrinthhaften<br />

Denkens, seines intensiven<br />

Was für ein bemerkenswertes, faszinierendes,<br />

dieser Kinder öffentlich überhaupt nicht<br />

sie auch bis zu ihrem frü-<br />

Ohne deren Berühmtheit würden einige<br />

nicht aus ihrer Haut – wie<br />

Gefühlslebens? Sind es nicht seine<br />

ja, herausragendes Buch. Über eine Zeit, als es<br />

wahrgenommen werden. Was freilich<br />

hen Tod immer wieder<br />

zuweilen wirren, uns verwirrenden<br />

die DDR noch gab. Über den Riss zwischen der<br />

kein Nachteil sein muss. Sarah Biasini<br />

eindrucksvoll bewiesen<br />

Gedanken, die er hier laut ausgesprochen<br />

und immer wieder aufs Neue<br />

der anderen Seite. Über eine geheim aufgenom-<br />

Buch eindrucksvoll gelungen, aus dem<br />

Nomenklatura auf der einen, den Intellektuellen auf<br />

ist es auf alle Fälle mit vorliegendem<br />

hat.<br />

niedergeschrieben, zusammengesetzt,<br />

also komponiert hat? Ist es<br />

vier nervenaufreibenden Wochen zwischen dem<br />

Warum? Na ja, für die Antwort auf diese<br />

Schwarzenbach:<br />

besonders auffällt: die mitmene,<br />

streng vertrauliche Sitzung. Über die rund<br />

großen Schatten ihrer Mutter zu treten.<br />

Annemarie<br />

Was bei diesem Buch<br />

überhaupt wichtig, ob es ein Roman<br />

19. <strong>April</strong> und dem 20. Mai 1977. Über das detaillierte<br />

Protokoll eines informellen Stasi-Mitarbeiters,<br />

zu sehen<br />

ne, rationale Sprache, die<br />

Frage empfiehlt es sich, das Buch lesen.<br />

Eine Frau<br />

unter sachliche, nüchter-<br />

oder eine sehr persönliche Erregung,<br />

ein lauter, permanenter Aufschrei<br />

Manfred Krug betreffend. Es ist, als würde man<br />

Eigentlich, so sagt es die Autorin, sind<br />

zuweilen langen Sätze, die<br />

ist? Hans Haid, so viel steht auf alle<br />

den schweren, dicken Vorhang zur Seite schieben<br />

diese knapp 200 Seiten vor allem an ihre<br />

doch im großen Gegensatz<br />

112<br />

Fälle fest, hat mit diesem Buch post<br />

und ins nackte Herz des Systems blicken. Der eine<br />

kleine Tochter gerichtet. Als Erklärung<br />

zum emotionalen Inhalt<br />

mortem ein starkes Ausrufezeichen<br />

oder die andere vielleicht auch in einen Spiegel.<br />

für ihr Leben, ihre Ängste, Verletzlichkeiten,<br />

wohl auch für ihre Suche nach<br />

war dies auch ihre Art, die<br />

Seiten<br />

stehen. Aber gut, vielleicht<br />

gesetzt.<br />

Was dieses Buch ebenfalls auszeichnet, ist die<br />

längst Vergangenem, unwiederbringlich<br />

Verlorenem. Sarah Biasini taucht<br />

Kein & Aber Verlag Ausdrucksweise, um laut<br />

€ 10,29<br />

ihr richtig erscheinende<br />

Romane haben üblicherweise eine<br />

direkte, schnörkellose, ungewohnt offene Sprache.<br />

Handlung, eine solche fehlt hier völlig.<br />

Stattdessen zornige, verzweifelkehrt.<br />

Bemerkenswert auch, wie schonungslos<br />

mit ganz feiner Feder, ungewohnt offen<br />

beziehen, sich Gehör zu<br />

Manfred Krug schreibt, wie er denkt. Und umge-<br />

in ihre Geschichte ein und beschreibt<br />

Mai 2020<br />

und deutlich Stellung zu<br />

te, depressive, kritische, polemische,<br />

offen er den Charakter von Weggefährten und<br />

und selbstkritisch, ihre Beziehungen, ihre<br />

verschaffen. Und ja, sie<br />

nüchterne, zugespitzte, sich wieder-<br />

Begleiterinnen beschreibt. Auch da spricht er<br />

Konflikte, ihr Erwachsenwerden. Natürlich<br />

überhöht sie ihre Eltern, gleichzei-<br />

der, in faszinierender Wei-<br />

hat dies in beeindruckenholende,<br />

heftig herausgeschriebene<br />

Klartext, zuweilen durchaus verbittert und ent-<br />

Eruptionen. Erinnerungen an das alte<br />

täuscht. Wer liest,<br />

tig widersteht sie der Versuchung, den<br />

se gemacht. Chapeau!<br />

Ötztal, an den Dialekt, die Sagen, die<br />

so heißt es, ist für<br />

Voyeurismus wohl vieler zu bedienen.<br />

Bräuche und Sitten. Dann wieder die<br />

die Dummheit verlo-<br />

Ein schönes Buch, auch wenn sie auf den<br />

Nazi-Zeit, das Hermann Göring Haus<br />

ren. Auch deswegen<br />

letzten Seiten doch wieder zu sehr auf<br />

vulgo Martin Busch Hütte, das juden-<br />

sei dieses Buch aus-<br />

ihre berühmte Mutter zurückfällt.<br />

freie Ötztal, das Geheimprojekt Zitter-<br />

drücklich empfohlen.<br />

aal-Stollen. Natürlich die Saligen Fräulein<br />

und die Wally, die harte Arbeit am<br />

192<br />

Hof, die Mutter, Freunde, die tausenden<br />

Schafe. Die letzten beiden Sätze<br />

Seiten<br />

des Buches: „Blase das Himmelslicht<br />

€ 22,62<br />

aus und gehe enk.“ipps<br />

schlafen. Pfiet<br />

€ 12,33<br />

Zsolnay Verlag<br />

Ullstein Verlag<br />

Oktober 2021<br />

EMPFOHLEN VON<br />

September 2003<br />

REINHOLD OBLAK<br />

ipps<br />

70<br />

tirol.kulturell tirol.kulturell 71


72<br />

tirol.mobil tirol.mobil 73<br />

Digitales<br />

Parken per App<br />

Wie Smartphone-basiertes Parken Städte, Gemeinden<br />

und andere Parkraumbewirtschafter beim Parkraummanagement<br />

entlastet.<br />

Wer schon einmal einen Parkschein auf<br />

die klassische Art gelöst hat, kennt‘s:<br />

Geldtasche suchen, möglichst passendes<br />

Kleingeld rauskramen, denn der<br />

Automat rechnet jeden eingeworfenen<br />

Cent in Parkzeit um. Der Blechkiste ist<br />

es egal, dass der/die Autofahrer*in<br />

eigentlich gar nicht so lange stehenbleiben<br />

möchte. Hat man bezahlt, geht<br />

es zurück zum Auto: Tür auf, gedruckter<br />

Parkschein rein, Tür zu – und endlich<br />

erledigen, was eigentlich auf dem<br />

Plan steht. Wenn das länger dauert als<br />

gedacht, heißt es zurück zum Parkplatz<br />

spurten, Geldtasche suchen, … das ganze<br />

Spielchen nochmal von vorn.<br />

Wer den Parkschein dagegen per App löst,<br />

braucht weder Kleingeld noch einen Parkautomat,<br />

sondern nur ein Smartphone.<br />

BILD: Per App lässt sich<br />

der digitale Parkschein<br />

noch direkt im Auto oder<br />

schon auf dem Weg ins<br />

Freizeitvergnügen lösen.<br />

(© Parkster)<br />

Einfach im Auto den Parkplatz in der App<br />

auswählen, gewünschte Parkdauer einstellen,<br />

Kennzeichen eingeben und losparken.<br />

Die App meldet sich per Push-Mitteilung,<br />

wenn die Parkzeit knapp wird. Der Parkschein<br />

kann dann direkt am Smartphone<br />

verlängert werden, ohne dass man zum<br />

Parkplatz zurückgehen muss. Praktisch,<br />

wenn es unterwegs noch ein Kaffee sein<br />

darf oder es im Wartezimmer länger dauert.<br />

Andersherum funktioniert’s genauso:<br />

Ist alles schneller erledigt, kann der digitale<br />

Parkschein vorzeitig beendet werden<br />

und man spart so unnötige Parkgebühren.<br />

Digitales Parken ist deshalb nicht nur bei<br />

Autofahrer*innen beliebt, sondern auch<br />

bei der Parkraumüberwachung. Die Mitarbeiter*innen<br />

können alle digital gelösten<br />

Parkscheine in Echtzeit auf ihren Handgeräten<br />

einsehen. Eine Kennzeicheneingabe<br />

genügt und die Kontroll-Software<br />

verrät, ob ein gültiger digitaler<br />

Parkschein vorliegt.<br />

VORTEILE FÜR KOMMUNEN<br />

UND PRIVATE PARKRAUMBE-<br />

TREIBER<br />

Städte, Gemeinden und andere<br />

Parkraumbewirtschafter sind<br />

durch das digitale Parken mittelfristig<br />

in der Lage, die Neuanschaffungszyklen<br />

ihrer Parkscheinautomaten<br />

zu verlängern.<br />

Weitere Kosteneinsparungen<br />

BILD: Die<br />

Architektur der<br />

Parkster App<br />

ist so flexibel,<br />

dass auch<br />

verschiedene<br />

Parktarife parallel<br />

angeboten<br />

werden können.<br />

(© Parkster)<br />

bringt der digitale Parkschein insbesondere<br />

beim Bargeldhandling. Je mehr Autofahrer*innen<br />

ihre Parkscheine per App lösen,<br />

desto seltener müssen die Automaten<br />

geleert und die schweren Münzkassetten<br />

zum Einzahlen zur Bank gebracht werden,<br />

wo oft Gebühren für die Entgegennahme<br />

der Münzen anfallen. Dies setzt auch personelle<br />

Ressourcen frei, die an anderer<br />

Stelle sinnvoll eingesetzt werden können.<br />

WARUM HIGHTECH-PARKAUTOMATEN<br />

MEIST KEINE ALTERNATIVE SIND<br />

Hohe Anschaffungskosten sowie fehlende<br />

infrastrukturelle Voraussetzungen – etwa<br />

an abgelegenen Standorten – sprechen<br />

häufig gegen die Installation von Parkautomaten.<br />

Auch die Aufrüstung schon<br />

bestehender Münzparkautomaten birgt<br />

oft mehr Risiken als Vorteile. So sind<br />

sie ein beliebtes Ziel von Vandalismus.<br />

Die Gefahr von Diebstahl sollten Parkraumbewirtschafter<br />

nicht unterschätzen.<br />

Gerade Automaten, die über Bauteile<br />

zur Scheinannahme verfügen, sind<br />

beliebt bei Langfingern. Aus einem einfachen<br />

Grund: Scheine sind leichter als<br />

Münzen, es lässt sich also mit wenig Aufwand<br />

eine hohe Beute erzielen. Kaputte<br />

oder beschädigte Geräte verursachen<br />

außerdem hohe Reparaturkosten und<br />

längere Ausfallzeiten. Letztere verärgern<br />

vor allem die Nutzer*innen und es<br />

kommt obendrein zu Einnahmeeinbußen.<br />

ZUSATZKOSTEN – DER KNACKPUNKT<br />

BEIM DIGITALEN PARKEN<br />

„Oft schmälern im Kleingedruckten versteckte<br />

Preisaufschläge und Zusatzkosten<br />

die Akzeptanz- und Nutzungsquote bei digitalen<br />

Parkscheinen. Ist das der Fall, verpuffen<br />

auch die Einsparungen der Parkraumbewirtschafter.<br />

Ganz zu schweigen von<br />

negativen Kommentaren in den sozialen<br />

Medien und unliebsamen Diskussionen in<br />

der Lokalpresse“, erklärt Keven Lehmann,<br />

Vertriebsleiter der Parkster GmbH. „Wir<br />

sind daher überzeugt: Erfolgreiches digitales<br />

Parken gibt es nur ohne Zusatzkosten<br />

für die Autofahrerinnen und Autofahrer.“<br />

Parkster, Anbieter für Handy-Parken in<br />

Deutschland, Österreich und Schweden,<br />

ist seit 2018 auf dem deutschen Markt<br />

aktiv und rollt seine Lösungen seit vergangenem<br />

Jahr in Österreich aus. Kern<br />

des Parkster-Konzepts: Autofahrer*innen<br />

parken mit der Parkster App zum gleichen<br />

Preis wie am Parkautomaten. Wer<br />

möchte, kann darüber hinaus kostenpflichtige<br />

Zusatzservices hinzubuchen wie ein<br />

Familienkonto oder die Unterstützung<br />

eines Klimaschutzprojekts.<br />

PILOTPROJEKT TANNHEIMER TAL MIT<br />

DER APP „PARKSTER“<br />

GemNova startet nun in eine Kooperation<br />

mit Parkster. Martin Schädle, Bürgermeister<br />

von Grän, hat die Zusammenarbeit initiiert.<br />

Er sieht digitales Parken als weiteren<br />

Mosaikstein auf dem Weg zur digitalen<br />

Gemeinde. Geplant ist eine langfristige<br />

Zusammenarbeit mit Parkster, die Pilot-<br />

Phase ist zunächst auf vier Jahre angelegt.<br />

Auch Karina Konrad, Bürgermeisterin der<br />

Gemeinde Jungholz im Bezirk Reutte und<br />

Koordinatorin der vier Planungsverbände<br />

im Außerfern, steht hinter dem Projekt: „In<br />

den vergangenen Wochen hat es in unserer<br />

Region einige Gespräche mit Parkster<br />

gegeben. Das digitale Parken funktioniert<br />

offensichtlich gut. Wir haben uns deshalb<br />

entschieden, hier im Tannheimer Tal ein<br />

Pilotprojekt zu starten. Bisher sind die<br />

Gemeinden Schattwald, Zöblen und Grän<br />

fix dabei. Gut möglich, dass noch die eine<br />

oder andere Gemeinde dazukommt.“<br />

VORBILD IN SACHEN KOOPERATION:<br />

PARKSTER IM OBERALLGÄU<br />

Vergleichbar ist die Kooperation im Tannheimer<br />

Tal mit der im deutschen Oberallgäu.<br />

Bereits seit 2019 besteht dort die<br />

Zusammenarbeit zwischen Parkster und<br />

der OberAllgäu Tourismus Service GmbH<br />

(OATS). Inzwischen haben sich über die<br />

OATS mehr als 15 Gemeinden für den digitalen<br />

Parkschein mit Parkster entschieden,<br />

darunter Immenstadt, Oberstaufen und auf<br />

österreichischer Seite das Kleinwalsertal.<br />

Auch die Oberstdorf Kleinwalsertal Bergbahnen<br />

und das Berg-Naturerlebnis Grasgehren<br />

bieten auf ihren Parkplätzen das<br />

Parken per App an.<br />

INTEGRATION TOURISMUSSPEZIFI-<br />

SCHER LÖSUNGEN<br />

Die Oberstdorf Kleinwalsertal Bergbahnen<br />

und einige weitere Gemeinden im Oberallgäu<br />

ermöglichen auf ihren Parkplätzen<br />

das rabattierte Parken, z. B. für Besitzer*innen<br />

einer Allgäu-Walser-Card oder eines<br />

Bergbahntickets. Auch dies lässt sich in<br />

der Parkster App abbilden. Autofahrer*innen<br />

geben hierfür beim Parkvorgang die<br />

Nummer der Gästekarten, der Saisonkarte<br />

oder des Bergbahntickets in die Parkster<br />

App ein. Über eine Schnittstelle zwischen<br />

Parkster und dem System des Kartenanbieters<br />

wird diese Nummer automatisch<br />

auf ihre Gültigkeit geprüft und daraufhin<br />

der vergünstigte Tarif berechnet.<br />

Erfolgreiches<br />

digitales Parken<br />

gibt es nur ohne<br />

Zusatzkosten<br />

für die Autofahrerinnen<br />

und<br />

Autofahrer.<br />

KEVEN LEHMANN,<br />

VERTRIEBSLEITER DER<br />

PARKSTER GMBH<br />

Über<br />

Parkster<br />

Parkster ist ein innovativer Full-Service-Anbieter<br />

im Bereich „Digitales<br />

Parken“. Das Unternehmen ermöglicht<br />

es Autofahrer*innen, Parkgebühren<br />

mit dem Smartphone minutengenau<br />

und auf Rechnung zu<br />

bezahlen. Parkster entwickelt und<br />

vermarktet Lösungen zur On- und<br />

Off-Street-Parkraumverwaltung für<br />

kommunale und gewerbliche Parkraumbewirtschafter<br />

sowie zur Parkgebührenabrechnung<br />

für Mitarbeiter*innen<br />

in Unternehmen. Parkster<br />

wurde 2010 im schwedischen Lund<br />

gegründet. Parken mit der Parkster<br />

App ist heute in über 370 Städten in<br />

Deutschland und Österreich sowie in<br />

mehr als 200 schwedischen Kommunen<br />

verfügbar.<br />

Kooperation<br />

mit Parkster:<br />

Sonderkonditionen<br />

für alle GemNova-<br />

Partner<br />

Durch die Kooperation mit Parkster<br />

können alle GemNova-Partner die<br />

Parkster-Lösungen zu Sonderkonditionen<br />

nutzen. Bei Fragen zur Kooperation<br />

und zur Einführung von Parkster<br />

in Ihrer Gemeinde stehe ich gerne zur<br />

Verfügung: m.foidl@gemnova.at.<br />

ZUM AUTOR<br />

MARIO FOIDL<br />

Mario Foidl ist seit Mai 2019 bei der<br />

GemNova und Bereichsverantwortlicher<br />

für Mobilität & Beschaffung.<br />

Kontakt: m.foidl@gemnova.at


74<br />

tirol.sucht Menschen tirol.sucht Menschen 75<br />

Der ganz n0rmale<br />

Alltag in der<br />

Gemeindeverwaltung<br />

„Gemeindeverwaltung kann<br />

doch jeder und was macht man<br />

denn schon als Amtsleiter*in?<br />

Kann doch ein jeder lernen.“<br />

So oder so ähnlich klingt es<br />

landauf landab, wenn man<br />

mit Personen spricht, die sich<br />

weniger mit der Gemeinde<br />

auseinandersetzen. Wenn<br />

man dies aber genauer betrachtet,<br />

dann sieht die Sache<br />

schon etwas anders aus – und<br />

vielleicht doch nicht so einfach.<br />

Es braucht Spezialist*innen in<br />

der Verwaltung und das sind<br />

die 277 Amtsleiter*innen,<br />

sowie die Mitarbeiter*innen<br />

im Bauamt, in der Finanzverwaltung,<br />

im Meldewesen und<br />

noch vielen weiteren Bereichen.<br />

ZUM AUTOR<br />

MAG. GEORG HOCHFILZER<br />

Georg Hochfilzer ist seit 2019 bei der<br />

GemNova. Er studierte Politik- und<br />

Rechtswissenschaften und arbeitet seit<br />

2015 täglich mit den Tiroler Gemeinden<br />

zusammen. Er ist Teil des Teams<br />

Digitalisierung & Personaldienstleistung.<br />

Kontakt: g.hochfilzer@gemnova.at<br />

M0ntag<br />

Der Montag beginnt um 07:00<br />

Uhr mit der wöchentlichen<br />

Dienstbesprechung mit den Mitarbeitern<br />

des Gemeindebauhofs.<br />

Ein Wasserschaden am Wochenende,<br />

Straßenschäden und auch<br />

eine Baustelle sind die Kernthemen<br />

der Woche. Gemeinsam<br />

geht man das Programm durch.<br />

Kurz darauf erscheint der Waldaufseher,<br />

welcher ebenfalls ein<br />

Anliegen hat. Die Gemeinde Reith<br />

i.A. verfügt über ein großflächiges<br />

Gemeindegebiet und gemeinsam<br />

mit der Wildbach- und Lawinenverbauung<br />

stehen Arbeiten an.<br />

Eine gute Abstimmung und Koordination<br />

sind dabei essenziell.<br />

Montagnachmittag ist Parteienverkehr<br />

in der Gemeinde. Das<br />

bestehende Team der Verwaltung<br />

wird im Tagesgeschäft unterstützt.<br />

Dies umfasst aktuell neben<br />

einfachen Anfragen zu Genesungszertifikaten<br />

auch Unterstützungsleistungen<br />

im Bürgerservice<br />

oder Anfragen zur anstehenden<br />

Gemeinderatssitzung.<br />

dienstag<br />

Ein Todesfall ereignete sich in der<br />

Nacht. Nach Absprache mit der<br />

Pfarre wurde ein geeigneter Platz<br />

gefunden. Die Gemeinde ist von<br />

der Geburt bis zum Todesfall für<br />

die Bürger*innen zuständig, somit<br />

fällt auch dieser verwaltungstechnische<br />

Aspekt in das Arbeitsfeld<br />

der Gemeinde. Es folgt ein Termin<br />

bzgl. Breitbandinternet. Das Land<br />

Tirol unterstützt den Ausbau, die<br />

Gemeinden fördern den Zugang<br />

durch niedrige Anschlussgebühren.<br />

Die Planung für <strong>2022</strong> wird<br />

mit dem zuständigen Techniker<br />

in der Gemeinde besprochen.<br />

Am Nachmittag stehen Gespräche<br />

mit Mitarbeiterinnen der Kinderbetreuungseinrichtungen<br />

an.<br />

Die Gemeinde bietet im Sommer<br />

Ferienbetreuung an, die Planung<br />

erfolgt jedoch schon jetzt. Es<br />

gilt die Ferienbetreuung von der<br />

Anmeldung bis hin zur Abwicklung<br />

und Abrechnung zu nieren.<br />

koordi-<br />

Mittw0ch<br />

Eine Abstimmung der Gemeindeverwaltung<br />

mit dem Bürgermeister<br />

steht am Programm.<br />

Gemeinsam koordiniert man die<br />

politischen und verwaltungstechnischen<br />

Termine. Goldene Hochzeiten<br />

und auch Geburtenfeiern<br />

stehen wieder an. Im Rahmen<br />

der täglichen Emails ergaben sich<br />

auch Anfragen bzgl. gratis WLAN<br />

und zu diversen Bauprojekten in<br />

der Gemeinde.<br />

Anschließend geht es zu einer<br />

Besprechung über den Hochwasserschutz.<br />

Der Hochwasserschutz<br />

Mittleres Unterinntal zielt<br />

in der Gemeinde Reith i.A. auf die<br />

Ortsteile St. Gertraudi und Weng<br />

ab und schützt eine Vielzahl an<br />

Objekten und auch Flächen im<br />

Falle eines Hochwassers.<br />

BILD: Die Gemeinde<br />

Reith im Alpbachtal mit<br />

ihren 2668 Einwohner*innen<br />

liegt am Eingang des<br />

Alpbachtales auf einem<br />

Plateau über dem Inntal.<br />

(© GemNova/Georg<br />

Hochfilzer)<br />

d0nnerstag<br />

Sitzungstag in der Gemeinde Reith i.A. Alles ist vorbereitet. Tagsüber<br />

folgen wieder Besprechungen. Ein Projekt in der Gemeinde ist die Errichtung<br />

eines neuen Einsatzzentrums, welches Teil eines Großprojektes<br />

wird. Das Bauamt arbeitet derzeit federführend an der Realisierung<br />

dieses Vorhabens.<br />

Zusätzlich steht ein Abstimmungstermin zwischen der Gemeindeverwaltung<br />

und der Heimleitung an. Die Gemeinde betreibt im Gemeindeamt<br />

das Wohn- und Pflegeheim „Marienheim“. Diverse Reparaturarbeiten,<br />

Belegung, Personalthemen – all das findet sich auf der Agenda.<br />

Abends findet die Gemeinderatssitzung statt. Jemand aus der Gemeindeverwaltung<br />

übernimmt das Schreiben des Protokolls und auch die Unterlagen<br />

werden allen bereitgestellt. Allfällige Fragen werden gemeinsam<br />

mit dem Bürgermeister geklärt.<br />

freitag<br />

Letzter Tag der Woche. Das Protokoll<br />

der Gemeinderatssitzung wird<br />

fertiggestellt und mit dem Bürgermeister<br />

besprochen. Zusätzlich<br />

gilt es Förderanträge für Bauvorhaben<br />

vorzubereiten und mit dem<br />

Land Tirol einen KAT-Schaden zu<br />

besprechen. Hierzu wird noch mit<br />

den zuständigen Stellen des Tourismusverbandes<br />

abgestimmt, da<br />

der Schaden touristische Infrastruktur<br />

betrifft. Kurz vor 12:00<br />

Uhr erscheint noch ein Gemeindebürger<br />

mit einer Anfrage zum<br />

Thema Freizeitwohnsitzabgabe.<br />

Der Tag endet.<br />

Auch wenn dies nur einen Bruchteil<br />

der Woche darstellt, zeigt es,<br />

dass die Tätigkeit in der Gemeindeverwaltung<br />

alles umfasst,<br />

auch Dinge, mit denen man nicht<br />

rechnet. Das Tagesgeschäft<br />

erstreckt sich von Abfallfragen,<br />

Bürger*innenanliegen, Emails,<br />

Finanzierungen, Straßenerhaltung,<br />

Wasserleitungen u.v.m.<br />

bis hin zur Zukunftsvorsorge<br />

des Ortes. Es gilt die Gemeinde<br />

als Betrieb zu führen, zukunftsorientiert<br />

und doch immer mit<br />

einem Auge für die Anliegen der<br />

Gemeindebürger*innen Altes zu<br />

erhalten und Neues zu schaffen.<br />

Ein Beruf, der eine Berufung<br />

darstellt, und kein einziger Tag<br />

ist wie der Gestrige. Das sind<br />

meine Eindrücke, welche ich im<br />

Rahmen der Unterstützung der<br />

Gemeindeverwaltung in Reith im<br />

Alpbachtal gewinnen konnte.


76<br />

tirol.sportlich und gesund tirol.sportlich und gesund 77<br />

Die Pr0jektpartner<br />

der Gesunden<br />

Gemeinde Tir0l“...<br />

“<br />

Die ARGE Gesunde Gemeinde Tirol besteht aus dem avomed, der GemNova und dem Verein<br />

Sicheres Tirol und wurde gegründet, um mit gebündelter Expertise Gemeinden auf dem Weg zur<br />

Gesunden Gemeinde zu begleiten (www.gesunde-gemeinde.tirol).<br />

ESSEN FÜR DIE KNOCHEN<br />

rein vegane Ernährung sehr viel lebensmit-<br />

Osteoporose ist eine Erkrankung der<br />

telbezogenes Wissen voraus. Durch eine<br />

Knochen, bei der es zu einer Abnahme<br />

bunte, abwechslungsreiche Ernährung in<br />

der Knochenmasse und -qualität kommt.<br />

Kombination mit Bewegung kann man das<br />

Dadurch steigt die Gefahr für Knochenbrü-<br />

Osteoporoserisiko senken.<br />

che. Sie entwickelt sich unbemerkt über<br />

Der avomed, ein Verein, der<br />

Jahre, tritt aber meist erst im Alter auf.<br />

Gewichtsbelastende körperliche Aktivitä-<br />

von der Tiroler Ärztekam-<br />

Dabei spielen z. B. die Vererbung, Ernähten<br />

stellen eine wesentliche Voraussetzung<br />

mer gegründet wurde und<br />

rungsgewohnheiten, Bewegungsverhalten<br />

für die Knochengesundheit dar. Besonders<br />

hauptsächlich durch Mittel<br />

und die Sonnenexposition (Vitamin D) eine<br />

zu empfehlen ist gezieltes Krafttraining<br />

des Landes Tirol und der<br />

Rolle.<br />

bzw. Funktionstraining, das abwechselnd<br />

Sozialversicherungsträger<br />

die wichtigsten Muskelgruppen fördert,<br />

(v.a. der ÖGK Tirol) finan-<br />

Das fettlösliche Vitamin D regelt die Cal-<br />

weil Belastung den Knochen stärkt. Frei<br />

ziert wird, setzt gezielte<br />

ciumaufnahme aus dem Darm und fördert<br />

nach dem Motto „use it or lose it“ muss<br />

Angebote in den Berei-<br />

dessen Einbau in die Knochen. Der Körper<br />

der Knochen benutzt werden. Er passt sich<br />

chen Vorsorgemedizin und<br />

kann Vitamin D selbst bilden, wenn unsere<br />

an die an ihn gestellten Anforderungen an.<br />

Gesundheitsförderung wie<br />

Haut ausreichend Sonnenlicht ausgesetzt<br />

z.B. Zahngesundheitsvor-<br />

wird. Wichtigster Baustein für die Knochen<br />

sorge, Diabetesschulungen,<br />

ist das Calcium. Damit das Skelett gesund<br />

Bewegungs- und Ernäh-<br />

und stabil aufgebaut werden kann bzw.<br />

rungsprogramme, Betreuung<br />

damit der altersbedingte Abbau möglichst<br />

chronisch kranker Kinder in<br />

hinausgezögert wird, muss über die Nah-<br />

AUTOR*INNEN:<br />

Bildungseinrichtungen oder<br />

rung täglich genügend Calcium aufgenom-<br />

SIDS-Prophylaxe uvm.<br />

men werden.<br />

Die weitaus besten Calciumlieferanten<br />

sind Milch und Milchprodukte. Empfehlenswert<br />

sind drei Portionen Milch oder Milchprodukte<br />

pro Tag. Eine Portion für einen<br />

Erwachsenen entspricht ca. 200 ml Milch,<br />

MAG. NIKOLAUS GRIESSER<br />

Joghurt oder Topfen sowie ca. 60 g Schnitt-<br />

PROJEKTBETREUER<br />

BEWEGUNGSPROGRAMM<br />

oder Hartkäse. Auch Nüsse und andere<br />

Lebensmittel wie calciumreiche Mineral-<br />

MARIE HANSER, BSC.<br />

wässer, Hülsenfrüchte, Vollkornbrot oder<br />

PROJEKTBETREUERIN<br />

Broccoli liefern Calcium, jedoch setzt eine ERNÄHRUNGSPROGRAMME<br />

... stellen<br />

sich v0r!<br />

Wussten sie,<br />

dass ...<br />

CA. 80.000<br />

80 %<br />

der Unfälle im Haushalt, in der zeit und beim Sport zu verzeichnen<br />

sind (Verkehr 9 %, Arbeit 11 Frei-<br />

%)?<br />

DIE 65.000<br />

Unfälle in Tirol jährlich im Krankenhaus<br />

behandelt werden müssen?<br />

Haushalts-, Freizeit- und<br />

Sportunfälle zu 42 % in der<br />

Freizeit und beim Sport passieren<br />

4 VON 5<br />

und zu 37% im Haushalt?<br />

Unfällen im Haushalt, in der Freizeit<br />

und beim Sport und nicht im Verkehr<br />

oder bei der Arbeit passieren?<br />

Unfälle im Verkehr und bei der<br />

Arbeit im Abnehmen sind, jene<br />

im Haushalt, in der Freizeit und<br />

beim Sport aber zunehmen?<br />

DIE VEREINSSTRATEGIE<br />

ZUR UNFALLVERMEIDUNG:<br />

AUTOR<br />

• Keine neuen Gebote oder Verbote, sondern<br />

auf die Eigenverantwortung setzen<br />

• Bewusstseinsbildung durch Öffentlichkeitsarbeit<br />

über Medien, soziale<br />

Netzwerke, Kurse Messen, usw.<br />

• Verstärkte Zusammenarbeit mit privaten<br />

„Wir geben Tipps, um Tirol<br />

und gesetzlichen Unfallversicherungen sicher zu erleben, und setzen<br />

dabei auf Bewusstseins-<br />

• Aufnahme der Unfallprävention in das bildung, Information und Eigen-<br />

Gesundheitsvorsorgeprogrammes des<br />

verantwortung.“<br />

Landes Tirol<br />

DR. KARL MARK,<br />

• Verstärkte Zusammenarbeit mit den<br />

PRÄSIDENT VEREIN SICHERES<br />

Tiroler Gemeinden<br />

TIROL, BEZIRKSHAUPTMANN A.D.<br />

TIROL SICHER ERLEBEN<br />

Unfälle im Wohn-, Freizeit-<br />

und Verkehrsbereich durch<br />

Bewusstseinsbildung und<br />

Prävention bei Jung und Alt<br />

zu vermeiden, dafür tritt der<br />

Verein SICHERES TIROL<br />

seit 23 Jahren ein.<br />

Die wichtigsten Projekte auf<br />

einen Blick:<br />

• Schulstartpaket: Alle (ca.<br />

8.600) Tiroler Volksschulkinder<br />

bekommen einen<br />

Turnbeutel mit Sicherheitsweste<br />

für den Schulweg,<br />

Sicherheitstools,<br />

Kinderbüchlein „Sicher im<br />

Verkehr“, usw.<br />

• Babysicherheitsbox mit<br />

Sicherheitstools<br />

als<br />

Geschenk von Gemeinden<br />

für die neugeborenen<br />

Gemeindebürger*innen<br />

• StreetBuddy, das<br />

Sicherheitstool<br />

für<br />

die<br />

Aufmerksamkeit<br />

der Autofahrer*innen<br />

gegenüber Kindern im<br />

Straßenverkehr<br />

• Sicheres Wohnen:<br />

Broschüre mit Tipps<br />

zu Stolperfallen und<br />

Sicherheitseinrichtungen<br />

zur Unfallvermeidung<br />

• ARGE Gesunde Gemeinde<br />

Tirol uvm.


78<br />

tirol.sportlich und gesund tirol.sportlich und gesund 79<br />

Geh’<br />

weiter, geh’<br />

immer<br />

weiter<br />

Seit rund 60 Jahren kenne<br />

und korrespondiere ich<br />

mit Kurt Diemberger. Ich<br />

habe vor ihm als großen<br />

Bergsteiger großen Respekt.<br />

Und er ist ja noch<br />

immer kräftig unterwegs.<br />

Wishing Kurt a Very Happy<br />

90th Birthday!<br />

CHRIS BONINGTON<br />

LINKS:<br />

„Gerannt bin ich nie, das<br />

hab ich gerne den anderen<br />

überlassen“, erklärt Kurt.<br />

Den Grund dafür schreibt<br />

er mir gleich auf.<br />

(© GemNova)<br />

Kurt war als Einziger dabei, als mein Vater an<br />

der Chogolisa über die Wächte trat und in den<br />

Abgrund gerissen wurde. Danach hatte er die<br />

schreckliche Mission, meiner Mutter Generl die<br />

letzten Habseligkeiten meines Vaters zu übergeben.<br />

Vor allem die Tagebücher. Seitdem ist er<br />

ihr schicksalhaft verbunden, ist ein guter und<br />

treuer Freund geworden. Wann immer er in Salzburg<br />

weilte, hat er auch meine Mutter besucht<br />

und unterstützt. Respekt zu seinem Leben!<br />

KRIEMHILD BUHL MIT<br />

MUTTER GENERL UND<br />

SCHWESTER SILVIA<br />

Das erste Mal haben wir uns im vorigen Jahrhundert<br />

getroffen. Bei irgendeinem Bergfilmfestival.<br />

In Trient, in Salzburg, in St. Anton am Arlberg, wir<br />

wissen es beide nicht mehr. Seitdem sind wir in<br />

Kontakt geblieben. Ab und zu ein Telefongespräch,<br />

eine E-Mail. Am 16. März feierte Kurt Diemberger<br />

seinen 90. Geburtstag. Er, der Erstbesteiger von<br />

zwei Achttausendern. Ein schöner Grund, in Calderino<br />

bei Bologna dieses Interview zu führen.<br />

Als Bergsteiger bist du Extremsituationen<br />

gewohnt. Wie bist du eigentlich<br />

durch die Corona-Pandemie gekommen?<br />

Zuerst bin ich einfach hineingeschwommen,<br />

hab mir nicht viele Gedanken<br />

gemacht. Dann ließ ich mich sofort drei<br />

Mal impfen. Hier in unserer Gegend, vor<br />

allem auch in Mailand, war es ja am<br />

Anfang besonders schlimm. Mit der Zeit<br />

ist mir dieses Virus dann schon ziemlich<br />

auf die Nerven gegangen. Aber ich war<br />

und bin sehr vorsichtig, passe auf, meide<br />

die Menschen. Dass du hier bist, ist eine<br />

große Ausnahme. Eigentlich mag ich das<br />

nicht. Ich möchte niemanden anstecken,<br />

gleichzeitig gehöre ich mit 90 ohnehin zur<br />

Risikogruppe.<br />

Mit 90 darf man schon einen Rückblick<br />

machen. Was hast du in deinem Leben<br />

falsch, was richtig gemacht?<br />

Das jetzt spontan festzustellen, ist<br />

unmöglich, das kann ich nicht. Ich lass<br />

einfach noch ein paar Jahre vergehen, bis<br />

ich ein abschließendes Urteil fälle. Aber<br />

natürlich hab ich vieles falsch, freilich<br />

auch vieles richtig gemacht. Und ja, es<br />

gab in meinem Leben sehr viele prägende<br />

Momente. War es am K2 wirklich richtig<br />

noch weiterzugehen? Hätten wir früher<br />

umdrehen sollen? Ich weiß es nicht.<br />

Du hast in Wien studiert, hast dann<br />

fünf Jahre als Lehrer in Salzburg unterrichtet.<br />

Du hattest also einen sicheren<br />

Job und bist dennoch in die Berge ausgebrochen.<br />

Warum? Würdest du das<br />

heute auch noch so machen?<br />

(Denkt kurz nach.) Ja, ich würde wohl<br />

wieder Bergführer werden. Weil ich gerne<br />

etwas weitergebe, weil mir die Berge<br />

so viel bedeuten. Eigentlich sind mir die<br />

Berge genau so nahe wie die Menschen.<br />

Dabei geht es mir nicht nur um die Achttausender,<br />

nein, mir geht es um den Berg<br />

an sich. Es gibt da so eine Schwingung,<br />

ein – wie sage ich das bloß – eine Anziehungskraft,<br />

die mich mit dem Berg verbindet.<br />

Heute steige ich nicht mehr auf<br />

Berge, hoffe aber mit meinen Vorträgen<br />

Ich habe Kurt vor einigen Jahren bei einem Vortrag<br />

in Brixen kennengelernt. Da habe ich vor<br />

lauter Lachen fast geweint. Er hat so eine schöne,<br />

so eine packende Art zu erzählen. Ich könnte<br />

ihm da stundenlang zuhören. Er ist schon eine<br />

ganz besondere Persönlichkeit.<br />

TAMARA LUNGER<br />

und Büchern doch noch einiges weitergeben<br />

zu können.<br />

Du bist neben Hermann Buhl der einzige<br />

Mensch, der zwei Achttausender<br />

erstbestiegen hat. 1957 den Broad<br />

Peak, 1960 den Dhaulagiri. Hat das<br />

heute für dich noch eine Bedeutung?<br />

Durchaus. Das waren einmalige Erlebnisse.<br />

Dort zu sein, wo vor dir noch niemand war.<br />

Beinahe in die Seele des Berges hineinschweben<br />

zu dürfen. Diese Gipfel hatten<br />

dort oben eine doppelte Wolke. Sie erschienen<br />

mir wie die Schwünge des Geistes der<br />

Berge. Und diesem Kraftfeld durfte ich bei<br />

meinen Expeditionen immer wieder nahekommen.<br />

Dafür bin ich auch heute noch<br />

sehr dankbar. So etwas vergisst man nicht.<br />

Nach dem Broad Peak wolltest du<br />

mit Hermann Buhl noch die Chogolisa<br />

besteigen. Du gingst zehn, zwanzig<br />

Meter voraus, plötzlich war dein<br />

Gefährte weg. Wächtenbruch. Wie lange<br />

hast du daran noch gekiefelt?<br />

Lange, sehr lange. Ein einziger falscher<br />

Schritt, der zwischen Leben und Tod ent-


80<br />

tirol.sportlich und gesund<br />

81<br />

Was mich am Berg so<br />

fesselt, ist das Unbekannte,<br />

das große Rätsel<br />

hinter einer sich ganz langsam<br />

öffnenden Türe.<br />

scheidet. Hermann war viel erfahrener<br />

als ich, konnte mehr, wusste mehr. Und<br />

dann, ein verhängnisvoller Schritt in die<br />

falsche Richtung, in den Tod. Zum Glück<br />

waren wir nicht angeseilt, sonst wäre<br />

auch ich heute nicht hier. Später hab ich<br />

dann immer nach dem Grund gesucht,<br />

nach einem möglichen Fehler. Aber den<br />

gibt es nicht, weil in solchen Situationen<br />

alles blitzschnell geht. Leben. Oder Tod.<br />

Dazwischen gibt es nichts.<br />

1986 ist dir dann mit Julie Tullis endlich<br />

die Besteigung des K2 gelungen. Mit<br />

einem tragischen Ende.<br />

Julie war mein alpiner Lebensmensch. Insgesamt<br />

sind damals in wenigen Stunden<br />

fünf Menschen am K2 gestorben, nur der<br />

Willi Bauer und ich haben den Weg zurück<br />

ins Basislager geschafft. Ein paar Fingerkuppen<br />

mussten mir danach amputiert werden.<br />

Und es ist dieser eine Satz, ich weiß<br />

nicht mehr, wer ihn mir zugerufen hat, den<br />

ich nie mehr vergessen werde: „Heute Nacht<br />

ist uns die Julie gestorben.“ Meine Julie.<br />

Als ich ganz jung war, hab ich sein Buch „Gipfel<br />

und Gefährten“ gekauft und immer wieder gelesen.<br />

Ich hab´s schön in Nylon eingepackt, damit es ja<br />

nicht kaputt geht. Er war und ist ein ganz Großer,<br />

ein wirkliches Vorbild für mich. Außerdem<br />

ist er ein wirklich kreativer Mensch, mit dem<br />

Fotoapparat, der Filmkamera, der Feder. Ich wünsche<br />

ihm nur das Allerbeste – und mir, dass wir<br />

uns bald mal wieder sehen.<br />

HANS KAMMERLANDER<br />

Dein Stil beim Höhenbergsteigen war<br />

ein völlig anderer als jener von Messner,<br />

Habeler oder Kammerlander. Du<br />

hast gerne lange geschlafen, hast dir<br />

bewusst viel Zeit gelassen, dann auf<br />

den Gipfeln der Achttausender auch<br />

Filme gedreht.<br />

Mein Credo war immer: Wer langsam<br />

geht, geht gut. Gerannt bin ich nie, das hab<br />

ich gern den anderen überlassen. Ich hab<br />

vor allem nach meinem Gespür gehandelt,<br />

war grundsätzlich vorsichtig, hatte auch<br />

sehr viel Glück. Vielleicht lebe ich auch<br />

deshalb noch. Wobei: Beim Abstieg war<br />

ich immer schnell, ich bin ja meist am<br />

Hintern abgerutscht. Weil unten, also im<br />

Basislager, wollte ich immer ganz schnell<br />

sein. Auch des guten Essens wegen.<br />

Reinhold Messner beklagt immer wieder<br />

den Verlust des „traditionellen<br />

Bergsteigens“. Wie siehst du das?<br />

BILD:<br />

„Warte, ich muss dir noch<br />

etwas zeigen“, sagt Kurt.<br />

Und spaziert dann gemütlich<br />

ins Haus, um etwas zu<br />

holen. (© GemNova)<br />

Da hat der Reinhold – und auch andere<br />

– schon recht. Was mich am Berg so fesselt,<br />

ist das Unbekannte, das große Rätsel<br />

hinter einer sich ganz langsam öffnenden<br />

Türe. Als junger Kerl wurde ich „Tiefenschürfer“<br />

genannt, weil ich in der Tiefe,<br />

in der Höhe, vor allem in mir selbst, Neues<br />

entdecken wollte. In den Kletterhallen,<br />

auf den ganzen Normalwegen wird man<br />

genau das nicht finden. Darum hoffe ich,<br />

dass das Pendel wieder zurückschlägt<br />

und die Jungen sich vermehrt auf die<br />

Suche nach dem wirklichen Abenteuer<br />

machen. Es gibt ja noch so viel zu tun.<br />

Aber draußen, in der Natur, in den Bergen.<br />

Seit über 40 Jahren bist du mit Teresa<br />

zusammen, lebst hier in der Nähe von<br />

Bologna in deinen Hügeln. Bist du noch<br />

immer täglich zu Fuß unterwegs?<br />

(Lacht.) Ja, ich gehe jeden Tag bis zur Straße<br />

runter und wieder zurück. Ich nenne das „la<br />

posta“, weil dort unten ist der Postkasten. Ich<br />

schaue immer nach der Post, schließlich will<br />

ich ja wissen, was es Neues gibt. Und dann<br />

gibt es noch etwas, mein tägliches inneres<br />

Mantra: Geh’ weiter, geh’ immer weiter.<br />

Hast du eigentlich nie daran gedacht,<br />

wieder zurück nach Österreich, in die<br />

Berge, zu kommen?<br />

(Lacht.) Ich bin ja immer wieder in Österreich.<br />

Am Ossiachersee in Kärnten hab<br />

ich ein Haus, in Salzburg eine Mietwohnung.<br />

Und viele Vorträge hab ich ja ebenfalls<br />

in Österreich gemacht. Aber die<br />

Hügel von Bologna, du siehst es ja selbst,<br />

haben schon einen ganz besonderen Reiz.<br />

Wenn ich von hier heroben ins Tal schaue,<br />

von einem Hügel zum anderen, ist es fast<br />

so, also würde ich am K2 stehen und über<br />

die Welt blicken. Grenzen haben für mich<br />

ja keine Bedeutung. Erst Corona hat die<br />

Grenzen wieder zugemacht. Nicht nur die<br />

zwischen den Staaten. Leider.<br />

Eine letzte Frage noch. Hast du eigentlich<br />

Angst vor dem Tod?<br />

Nein, warum denn? Es gibt ja keinen Grund<br />

dazu. Warum sollen wir vor etwas Angst<br />

haben, dass doch nicht zu ändern ist?<br />

Kurt wird nicht müde, auch die kühler werdende<br />

Temperatur scheint ihm nicht viel<br />

auszumachen. „Ich glaub, wir können die<br />

Maske jetzt kurz abnehmen“, sagt er dann.<br />

Es ist ruhig hier, hoch über Calderino. Der<br />

Blick geht über die Hügel, da und dort zeigt<br />

Als Kurt „seine“ Achttausender<br />

erstbestieg, war ich 13 bzw.<br />

16 Jahre alt. Hermann Buhl war<br />

ein Freund meines Großvaters,<br />

er war oft bei uns zu Hause und<br />

ich kann mich erinnern, dass er<br />

erzählte, Kurt sei bei seiner<br />

nächsten Expedition zum Broad<br />

Peak dabei. Ich habe sie beneidet!<br />

1967 habe ich meine Bergführerausbildung<br />

gemacht, und<br />

plötzlich war auch der Kurt da.<br />

Als Teilnehmer. Das war einfach<br />

unglaublich: der berühmte Kurt<br />

Diemberger mit mir im gleichen<br />

Bergführerkurs. 1974 haben wir<br />

uns im Makalu Basislager erneut<br />

getroffen, auch lange miteinander<br />

geredet. Und dann halt immer<br />

wieder. Kurt ist eine Legende,<br />

ein Vorbild.<br />

WOLFGANG NAIRZ<br />

sich ein Fels. „Ab und zu sehe ich den jungen<br />

Leuten beim Klettern zu. Schon beeindruckend,<br />

was die können. Aber gut, die<br />

meisten kennen mich ja gar nicht.“ Wir<br />

sitzen gemütlich im Freien, machen es uns<br />

nicht in seinem Haus bequem. „Weil meine<br />

Frauen wollen das nicht, Eintritt verboten,<br />

sozusagen.“ Langsam wird es dunkel, Zeit,<br />

uns zu verabschieden. Leicht fällt es nicht.<br />

Ich gehe durchs schwere Tor, das sich<br />

langsam hinter mir schließt. Noch ein Blick<br />

zurück, Kurt steht vor dem Haus, lächelt,<br />

winkt, ruft noch kurz: „Bis zum nächsten<br />

Mal, pfiat di.“<br />

DAS GESPRÄCH FÜHRTE<br />

REINHOLD OBLAK<br />

Gratulation zu<br />

70 Jahren<br />

traditionellem<br />

Alpinismus<br />

und Storytelling.<br />

REINHOLD MESSNER<br />

Kurt hat nicht nur Alpingeschichte<br />

geschrieben, sondern<br />

diese auch gelebt. Als<br />

er etwa bei der Erstbesteigung<br />

am Broad Peak bereits am<br />

Gipfel war, zum unvergessenen<br />

Hermann Buhl abgestiegen und<br />

dann mit ihm nochmals zurück<br />

zum Gipfel ist. Das zeigt<br />

schon eine ganz besondere<br />

menschliche Größe, Hut ab.<br />

Ich durfte mit Kurt und seiner<br />

Bergpartnerin Julie Tullis<br />

am K2 (1984) und am Nanga<br />

Parbat (1985) das Base Camp<br />

teilen, da kommen wunderschöne<br />

Erinnerungen auf. Alles<br />

Gute Kurt, bleib g´sund.<br />

PETER HABELER<br />

STEVE HOUSE<br />

Der größte Erfolg eines<br />

Bergsteigers, einer Bergsteigerin<br />

ist ein hohes<br />

Alter zu erreichen. In<br />

dieser Hinsicht wünsche<br />

ich mir, deinen Spuren<br />

folgen zu dürfen, Kurt.<br />

Genauso, wie auch andere<br />

deinen Spuren in den Alpen,<br />

im Himalaya, im Karakorum<br />

gefolgt sind. Alles<br />

Gute zum Neunziger!<br />

Mehr<br />

zu Kurt<br />

Diemberger


82 tirol.sportlich und gesund<br />

tirol.bildet 83<br />

Zur Person<br />

Kurt Diemberger<br />

Kurt, du bist Bergsteigerlegende,<br />

Schriftsteller,<br />

Fotograf, Kameramann,<br />

Dokumentarfilmer und vor<br />

allem ein Mann, der träumen<br />

kann. Dein bewegtes<br />

Leben: um die Welt reisen,<br />

immer wieder die „Grenze“<br />

überschreiten, um das<br />

verborgene und unbekannte<br />

Gesicht der Berge kennenzulernen.<br />

Stets mit der<br />

Neugier, zu entdecken, was<br />

auf der anderen Seite ist.<br />

Herzlichen Glückwunsch zu<br />

diesen wunderbaren, so intensiv<br />

gelebten 90 Jahren.<br />

NIVES MEROI<br />

Kurt Diemberger wurde am 16. März 1932<br />

in Villach geboren. Nach der Matura in Salzburg<br />

studierte er an der Hochschule für<br />

Welthandel in Wien Betriebswirtschaft. Mit<br />

den Bergen erstmals in Berührung kam er<br />

als Kristallsucher. Fünf Jahre lang arbeitete<br />

er als Lehrer an der Fremdenverkehrsakademie<br />

in Salzburg, zwischendurch legte er<br />

die Bergführerprüfung ab. Ende der 1960er<br />

Jahre gab er seinen Beruf endgültig auf und<br />

widmete sich nur mehr dem Bergsteigen.<br />

Nach der kontroversiell diskutierten Erstbesteigung<br />

der sogenannten „Schaumrolle“ an<br />

der Königsspitze-Nordwand wurde Hermann<br />

Buhl auf Diemberger aufmerksam und lud<br />

ihn zur Broad Peak Expedition ein. Nach der<br />

Erstbesteigung des Broad Peaks gelang<br />

Diemberger außerdem die Erstbesteigung<br />

des Dhaulagiri. Insgesamt bestieg er sechs<br />

Achttausender. Des Weiteren gelang ihm die<br />

Erstbesteigung des Tirich Mir IV im Alpinstil<br />

oder des Shartse am Lhotse-Nuptse-Kamm.<br />

Gemeinsam mit Julie Tullis gründete Diemberger<br />

das höchste Filmteam der Welt.<br />

Beeindruckende Filme folgten, unter anderem<br />

„K2 – Traum und Schicksal“. Darüber<br />

hinaus verfasste er eine erkleckliche Anzahl<br />

von Büchern. Als knapp 70-Jähriger bestieg<br />

er noch den ca. 6.000 Meter hohen Cotopaxi<br />

in Südamerika. Diemberger lebt mit<br />

seiner Frau Teresa und deren Schwester in<br />

Calderino, über den Hügeln von Bologna. Er<br />

hat zwei Söhne, zwei Töchter sowie zwei<br />

Enkelkinder.<br />

„Kein Alter, kein Geschlecht,<br />

kein Stand, keine Nation ist von<br />

den Vorteilen ausgeschlossen,<br />

welche die Spar-Casse jedem<br />

Einlegenden anbietet.“<br />

Auszug aus der Gründungsurkunde der Sparkassen.<br />

AUF GEHT’S.<br />

WEITER GEHT’S!<br />

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84<br />

tirol.bunt und vielfältig tirol.bunt und vielfältig 85<br />

Eine indianische Weisheit lautet: „Wandere drei Monde in den Mokassins des anderen und du wirst ihn verstehen<br />

lernen.“ Guter Ansatz, dachte ich mir, und setzte mich in einen Anfängerkurs für Deutsch. Wie ist es<br />

wohl, in einem Land zu leben, in dem man die Sprache nicht versteht. Und wie gelingt es, ebendiese Sprache<br />

möglichst rasch zu erlernen. Ein kleiner Erfahrungsbericht.<br />

Neugierige, ratlose, verunsicherte, ängstliche,<br />

gespannte Gesichter. Sieben Frauen,<br />

neun Männer. Payanda, Shekeba oder<br />

Negina aus Afganistan zum Beispiel. Oder<br />

Hossen, Khaled, gleich drei Mohammads<br />

aus Syrien. Ebenso wie Ebyan, Adna, Zenab<br />

oder Farah aus Somalia. Um nur ein<br />

paar Namen zu nennen. Vor uns steht eine<br />

lächelnde, sympathisch wirkende Frau, Kitty<br />

Kaas, sie wird uns in den nächsten Wochen<br />

Deutsch beibringen. Aufgrund der hohen<br />

Teilnehmer*innenzahl wird der Kurs gesplittet.<br />

Mehr als acht Personen sollten nicht<br />

in einem Kurs sitzen. Wir alle sind nun im<br />

dritten Stock eines Gebäudes gleich gegenüber<br />

dem Innsbrucker Hauptbahnhof versammelt.<br />

In einem mit „Südtirol“ bezeichneten<br />

Raum. Es ist ein Mittwoch, 8.30 Uhr<br />

morgens. Wie all die anderen wohl hierher<br />

gefunden haben? Einige kennen sich<br />

untereinander, flüstern in ihrer Sprache, vielleicht<br />

Farsi, schauen sich immer wieder an,<br />

suchen Geborgenheit, Sicherheit, Nähe.<br />

„Guten Morgen, ich bin Kitty.“ Allgemeines<br />

Schweigen, große Augen, was hat sie<br />

gesagt? Stellen Sie sich bitte einfach vor, in<br />

einem Chinesischkurs zu sitzen. Und es wird<br />

ausschließlich Chinesisch gesprochen. Wie<br />

es Ihnen da wohl geht, wie Sie sich dabei<br />

wohl fühlen? Kitty wiederholt ihre ersten<br />

Worte, sehr langsam, ganz deutlich. „Guten<br />

Morgen, ich bin Kitty.“ Keine Reaktion von<br />

den anderen. Die Spannung, die Unsicherheit<br />

liegen schwer in der Luft, sind förmlich<br />

spürbar, greifbar. Kitty lächelt noch mehr,<br />

versucht eine Verbindung, eine Beziehung<br />

drei M0nde<br />

in den M0kassins<br />

herzustellen. Willkommen im Anfängerkurs<br />

für Deutsch.<br />

Kitty Kaas<br />

Kitty Kaas. Ein Name wie aus einem Hollywood-Film.<br />

Dabei ist sie gar kein Filmstar,<br />

vielmehr eine couragierte Deutschlehrerin.<br />

Geboren und aufgewachsen ist sie in Holland,<br />

direkt an der Küste, an der belgischen<br />

Grenze. Im Alter von 16 Jahren zog sie mit<br />

ihren Eltern nach Tirol, besuchte die Handelsakademie<br />

in Kitzbühel. Über 20 Jahre<br />

war sie dann im Tourismus tätig, konnte<br />

dort auch ihre Sprachkenntnisse – Holländisch,<br />

Deutsch, Französisch, Englisch – entsprechend<br />

anwenden. Anfang 2021 kam sie<br />

schließlich zur GemNova, als Sprachtrainerin,<br />

als Deutschlehrerin. Jetzt sitzt sie also<br />

mitten unter uns, versucht uns die deutsche<br />

Sprache näherzubringen.<br />

Nicht alle können schreiben, lesen.<br />

In ihrem Herkunftsland hatten sie<br />

einfach nicht die Möglichkeit eine<br />

Schule zu besuchen.<br />

Mittlerweile haben wir die Tische im Raum<br />

zu einem großen Kreis zusammengestellt.<br />

Alleine schon diese Tätigkeit hat die Starrheit<br />

gelöst, lächelnde Gesichter überwiegen.<br />

Vor uns liegt ein Blatt Papier, ein Stift. Kitty<br />

schreibt am Whiteboard ihren Vornamen<br />

auf, weist uns mit großer Gestik darauf hin,<br />

selbiges zu tun. Adna versteht es sofort,<br />

nimmt den Stift, schreibt ihren Vornamen<br />

auf das Blatt Papier. Neugierige Blicke, dann<br />

verständnisvolles Nicken. Es raschelt im<br />

Raum, die meisten Blätter weisen nun einen<br />

Namen auf, einige wenige bleiben leer. Der<br />

Grund: Nicht alle können schreiben, lesen.<br />

In ihrem Herkunftsland hatten sie einfach<br />

nicht die Möglichkeit eine Schule zu besuchen.<br />

Auch das ist eine wichtig zu verstehende<br />

Realität.<br />

Man hilft sich gegenseitig, wenige Minuten<br />

später sind alle Zettel beschriftet. „Das ist<br />

auch deswegen wichtig, damit ich die Leute<br />

direkt mit dem Vornamen ansprechen<br />

kann“, erklärt Kitty. Und wir uns untereinander<br />

auch. Wobei ich die ähnlichen Anfangsschwierigkeiten<br />

habe, die Namen meiner<br />

neuen Bekannten richtig auszusprechen,<br />

wie auch umgekehrt. Reinhold – was für ein<br />

komplizierter Name auch, selbst Italiener<br />

haben mit der richtigen Aussprache ihre<br />

Probleme.<br />

Brücke in die Vergangenheit<br />

Kitty hat inmitten aller Tische kleine Gegenstände<br />

deponiert, die sie von zu Hause mitgebracht<br />

hat. Ein Buch, eine Kaffeetasse, ein<br />

Spielzeugauto, ein Stofftier, ein Glas. Nun<br />

fordert sie uns auf, „intuitiv“ (dieses Wort<br />

versteht fast jeder) etwas zu nehmen. Hossen<br />

greift sofort zum Spielzeugauto, streichelt<br />

fast sanft darüber, lächelt und scheint<br />

glücklich. Was ist denn jetzt los, denke ich<br />

mir. Einige Wochen später verstehe ich sein<br />

Verhalten. In seinem Heimatland war er<br />

Automechaniker, mit diesem Spielzeugauto<br />

hat er eine Brücke in die Vergangenheit<br />

gebaut. Und er hat ein vertrautes Thema,<br />

über das er einige Wochen später erzählen<br />

wird können. Mohammad wiederum hat<br />

sich sofort das Buch geschnappt. Auch bei<br />

ihm wird es noch Monate dauern, bis er<br />

seine persönliche Geschichte dazu erzählen<br />

kann. Dass er eben leidenschaftlich gerne<br />

liest, um so in andere Welten eintauchen<br />

zu können. Dass lesende Menschen<br />

in seiner ursprünglichen Heimat nicht allzu<br />

gerne gesehen waren, dass viele Bücher<br />

nicht erhältlich, verboten waren. Und dass<br />

dieses von Kitty mitgebrachte Buch eben<br />

all das wieder in Erinnerung rief. Darum<br />

sein Lächeln.<br />

Mein großes Ziel ist es, diesen<br />

Menschen hier bei der Integration<br />

zu helfen. Mit der Sprache, aber<br />

auch mit dem Selbstverständnis,<br />

gleichberechtigt zu sein<br />

KITTY KAAS<br />

„Kleine Dinge bringen oft eine große Wirkung<br />

mit sich“, erklärt mir Kitty Kaas später.<br />

„Denn das Wichtigste ist, Vertrauen zu<br />

schaffen, auf die anderen zuzugehen, sich<br />

empathisch zu zeigen. Mit Bildern, mit Fotos,<br />

mit Gegenständen erreicht man oft mehr<br />

als mit Worten. Mein großes Ziel ist es, diesen<br />

Menschen hier bei der Integration zu<br />

helfen. Mit der Sprache, aber auch mit dem<br />

Selbstverständnis, gleichberechtigt zu sein.“<br />

Gleichberechtigung<br />

Negina kommt aus Afghanistan, einem<br />

Land, in dem Frauen noch weit, sehr<br />

weit, von jeder Gleichberechtigung entfernt<br />

sind. Heute noch mehr als noch vor<br />

wenigen Monaten. Wenn man sie im Kurs<br />

beobachtet, wird klar, dass sie neugierig,<br />

wissbegierig ist. Gleichzeitig ist sie ruhig,<br />

zurückgezogen, getraut sich nicht, aus sich<br />

herauszugehen. Sie meldet sich nicht zu<br />

Wort, beteiligt sich kaum an auflockernden<br />

Übungen und Spielen. „Negina ist kein Einzelfall“,<br />

sagt Kitty, „viele Frauen sind nach<br />

wie vor in alten Mustern, in ihrer alten Kultur<br />

gefangen. So wie natürlich auch viele<br />

Männer, die ebenfalls erst langsam Gleichberechtigung<br />

verstehen müssen. In unseren<br />

Kursen lernen wir nicht nur Deutsch,<br />

sondern versuchen auch eine Kultur des<br />

Miteinanders, der Gleichwertigkeit<br />

auf allen Ebenen zu<br />

vermitteln. Das ist eine sehr<br />

große Herausforderung – für<br />

alle Beteiligten.“<br />

Auch ich lerne in diesem Kurs<br />

sehr viel. Dass Selbstverständlichkeiten<br />

eben keine Selbstverständlichkeiten<br />

sind, zum<br />

Beispiel. Mohammad etwa,<br />

der zweite mit diesem Namen,<br />

scheint beim Lesen große Probleme<br />

zu haben. Klar, denke<br />

ich mir, er hat in seinem Heimatland<br />

keine Schule besucht.<br />

Ein anderer Kursteilnehmer,<br />

ich hab mir seinen Namen<br />

nicht merken können, sieht<br />

schlichtweg sehr schlecht,<br />

hat auch keine Brille, hat in<br />

seinem Leben noch nie eine<br />

gehabt hätte sich weder eine<br />

Brille, noch einen Arztbesuch leisten können.<br />

Oder ein anderer Teilnehmer: Sein Verhalten<br />

wird wohl etwas mit seinen traumatischen<br />

Verhältnissen in Syrien zu tun haben,<br />

mit dem Krieg, mit den vielen Toten, die er<br />

dort gesehen hat. Wie lautet das indianische<br />

Sprichwort? Genau: „Wandere drei Monde<br />

in den Mokassins des anderen und du wirst<br />

ihn verstehen lernen.“<br />

eine<br />

banane<br />

ein<br />

Kugelschreiber<br />

Adresse? Was ist eine Adresse?<br />

Der erste Kurs – 60 Einheiten á 45 Minuten<br />

– wird diesen Monat abgeschlossen.<br />

Dann folgen Kurs zwei und Kurs drei, ebenfalls<br />

im dritten Stock des großen Gebäudes<br />

gegenüber vom Innsbrucker Hauptbahnhof.<br />

In den vergangenen vier Jahren haben rund<br />

4.000 Menschen einen Deutschkurs bei den<br />

Sprachtrainerinnen und Sprachtrainern der<br />

GemNova absolviert. Eine bemerkenswerte<br />

Zahl, die doch nichts über das jeweilige<br />

Einzelschicksal aussagt. „Nach dem<br />

ersten Kurs sind bereits Minidialoge möglich“,<br />

erzählt mir Kitty. „Wie heiße ich, woher<br />

komme ich, wo wohne ich, wie lautet meine<br />

Telefonnummer. Die Allermeisten wissen<br />

am Anfang ja gar nicht, was eine Adresse<br />

ist. Diese Selbstverständlichkeiten müssen<br />

erst langsam, mitunter auch recht mühsam<br />

ein<br />

glas eine<br />

kaffeetasse<br />

ein<br />

buch<br />

BILD: Ein Glas, eine Kaffeetasse, ein Kugelschreiber,<br />

eine Banane, ein Buch. Deutsche Worte anhand mitgebrachter<br />

Gegenstände lernen ( © GemNova/rawpixels)<br />

gelernt werden.“ Natürlich gibt es innerhalb<br />

der Gruppen zuweilen auch große Unterschiede.<br />

Überspitzt formuliert lernen Junge<br />

schneller als Ältere, auch deswegen, weil<br />

viele Ältere in ihrer alten Heimat keine Möglichkeit<br />

hatten, eine Schule zu besuchen.<br />

Nach einem Jahr, so Kitty Kaas, könnten sich<br />

alle schon recht gut verständigen. Aber gut,<br />

so weit sind wir hier noch lange nicht. In<br />

der heutigen Stunde lernen wir das richtige<br />

Grüßen hier in Tirol. Dass man in der Früh<br />

„Guten Morgen“ sagt, nach einem Behördengang<br />

etwa „Auf Wiedersehen.“ Dass<br />

man sich beim Reden in die Augen schaut,<br />

ja, auch die Frauen, wie Kitty eindrücklich<br />

sagt. Plötzlich zücken drei Teilnehmer ihre<br />

Handy´s, tippen irgendetwas ein. Ich ziehe<br />

abermals die falschen Schlussfolgerungen,<br />

wie ich später von Kitty erfahre. „Nein, die<br />

haben nicht ihre Mails abgerufen. Sie haben<br />

das Wort ‚Auf Wiedersehen‘ in ihr Handy<br />

getippt, um mit Hilfe eines Übersetzungsprogramms<br />

zu erfahren, was das in ihrer<br />

Muttersprache bedeutet.“<br />

VON<br />

REINHOLD OBLAK


86 tirol.bunt und vielfältig tirol.bunt und vielfältig 87<br />

Atract<br />

fliegt jetzt<br />

Die Ausgangslage ist bekannt: Im Tourismus fehlen tausende<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine private Initiative aus Tirol<br />

versucht nun europaweit Lösungen zu finden. „Atract“ ist genossenschaftlich<br />

organisiert und will den eklatanten Personalmangel<br />

in Hotellerie und Gastronomie schrittweise beheben.<br />

Karin Lindner ist das sympathische<br />

Gesicht von „Atract“. Gemeinsam mit<br />

Josef Kirchmair und Alexander Prachensky<br />

stellte sie Ende 2019 das Projekt auf die<br />

Füße, erweckte „Atract“ zum Leben. „Wir<br />

haben bereits viele Vorarbeiten geleistet,<br />

waren voller Tatendrang und Energie, doch<br />

dann kam Corona. In weiterer Folge gab es<br />

Lockdown um Lockdown, Hotels mussten<br />

schließen, Gäste blieben aus, Beschäftigte<br />

wurden entlassen oder in die Kurzarbeit<br />

geschickt.“ Gleichzeitig wurden den Hotels<br />

und Gastronomiebetrieben beträchtliche<br />

Förderungen und Unterstützungen seitens<br />

des Staates gewährt. Was indes allen<br />

Beteiligten fehlte, war eine konkrete Perspektive.<br />

Nahezu zwei Jahre lang. „Klar, das<br />

war eine äußerst schwierige Zeit, doch wir<br />

wollten unser Projekt unbedingt zum Fliegen<br />

bringen“, so Lindner heute.<br />

Die Idee dahinter ist rasch erklärt: „Atract“<br />

ist genossenschaftlich organisiert, Hotels<br />

und Gastronomiebetriebe können beitreten<br />

und nach Unterzeichnung einer Fairnesserklärung<br />

aus einem großen Personalpool<br />

ihre künftigen Beschäftigten aussuchen.<br />

Also etwa Köchinnen, Kellner, Reinigungskräfte,<br />

Küchenpersonal, Rezeptionisten,<br />

Handwerkerinnen usw. Diese wiederum<br />

werden europaweit gesucht, entsprechend<br />

geschult, trainiert, auf den Job vorbereitet.<br />

Oberstes Gebot dabei: Es soll ein faires<br />

Miteinander geben, die unattraktiven<br />

Arbeitsverhältnisse im Tourismus auf vielerlei<br />

Ebenen aufgewertet und interessant<br />

gemacht werden. Fürwahr keine leichte<br />

Aufgabe. Wohl auch deswegen, weil viele<br />

im Tourismus beschäftigte Menschen<br />

mittlerweile in anderen Bereichen ihr Geld<br />

verdienen.<br />

Crew-Scouts<br />

Vor einem knappen Jahr war es dann endlich<br />

so weit: „Atract“ ging in den Echtbetrieb<br />

über, die ersten Tourismusbetriebe<br />

beteiligten sich an der Genossenschaft.<br />

Das Kinderhotel Kröller in Gerlos zum Beispiel,<br />

die Bergbahnen Zauchensee mit vier<br />

Gastronomie- und Hotelbetrieben oder das<br />

Biohotel Grafenast am Pillberg. Zwischenzeitlich<br />

war das Interesse so groß, dass<br />

sogar ein Aufnahmestopp verhängt werden<br />

musste. Der Grund: Im Personalpool von<br />

„Atract“ befanden sich zu wenige künftige<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für<br />

Hotellerie und Gastronomie. Schnee von<br />

gestern: Heute ist der Personalpool mit<br />

rund 100 Personen sehr gut gefüllt. Und<br />

laufend kommen neue dazu.<br />

Mittlerweile sind eigene Crew-Scouts,<br />

die in unterschiedlichen Ländern Europas<br />

leben, für „Atract“ unterwegs. Deren zentrale<br />

Aufgabe: Motivierte Menschen zu finden,<br />

die sich vorstellen können, abermals oder<br />

erstmals im Tourismusbereich zu arbeiten.<br />

Insbesondere aus Ländern mit einer<br />

BILD: Tourismusunternehmen<br />

suchen händeringend<br />

qualifiziertes Personal.<br />

„Atract“ kann ihnen die<br />

entsprechenden Hilfs- und<br />

Fachkräfte zur Verfügung<br />

stellen. (© Atract)<br />

hohen Arbeitslosigkeit oder schlechten<br />

Arbeitsbedingungen. „Eigentlich ist es eine<br />

Win-win-Situation für alle Beteiligten. Wir<br />

bringen diese Leute mit Tourismusunternehmen<br />

zusammen, bereiten sie vorher in<br />

unseren Trainingscamps entsprechend vor,<br />

begleiten sie und achten vor allem auf faire,<br />

wertschätzende Dienstverhältnisse hier in<br />

Österreich, speziell in Tirol“, erklärt Lindner.<br />

Doch aus welchen Ländern kommen nun<br />

die Menschen, die künftig im Tourismusbereich<br />

quer durch Österreich arbeiten wollen?<br />

Die meisten stammen aus Spanien,<br />

Italien, Rumänien. Selbst aus Argentinien,<br />

wo eine große spanische und italienische<br />

Community beheimatet ist, gibt es immer<br />

wieder Anfragen und Bewerbungen. Auch<br />

von ausgewiesenen Fachkräften. Allein im<br />

heurigen Jahr plant „Atract“ acht Trainingscamps<br />

abzuhalten, etwa im Zillertal und<br />

Stubaital. „In diesen Trainingscamps werden<br />

diese Hilfs- und Fachkräfte speziell<br />

geschult. Es gibt Deutschkurse, wir helfen<br />

bei der Integration, für Quereinsteiger<br />

gibt es die Möglichkeit, in Bereichen wie<br />

Küche, Service, Housekeeping usw. hineinzuschnuppern“,<br />

erklärt Lindner. Derzeit laufen<br />

außerdem Gespräche, um einen eigenen<br />

„Atract-Campus“ in Tirol zu errichten.<br />

Deutschkurse vor Ort<br />

Viele Beschäftigte im Tourismus kommen<br />

aus dem nicht deutschsprachigen Ausland.<br />

Gerade deswegen sind Sprachkurse auch<br />

nach dem Jobstart notwendig. Die Landessprache<br />

zu sprechen und zu verstehen,<br />

hilft nicht nur im Job, sondern fördert auch<br />

die soziale Integration. „Wir selbst können<br />

das nicht machen, darum haben wir uns<br />

nach einem Kooperationspartner umgesehen,<br />

der dies kompetent umsetzt und<br />

auch eine langjährige Erfahrung mitbringt“,<br />

so Lindner. So wurde dann die GemNova<br />

Akademie und ihre Deutschtrainerinnen<br />

und -trainer zentraler Teil von „Atract“.<br />

Allein in den vergangenen vier Jahren<br />

absolvierten rund 4.000 Personen die<br />

Deutschkurse der GemNova Akademie.<br />

Diese kamen aus allen Teilen der Welt,<br />

unter anderem aus Ungarn, Afghanistan,<br />

der Slowakei, Syrien, Griechenland, Italien,<br />

Somalia, Tschechien, Polen, Rumänien<br />

usw. Besonders wichtig dabei: Diese<br />

Deutschkurse finden direkt in den Hotels<br />

und Gastronomiebetrieben vor Ort statt,<br />

somit müssen deren Beschäftigte keine<br />

stundenlangen Anfahrtszeiten zu den Kursen<br />

auf sich nehmen.<br />

„Außerdem werden die Kurse und Unterlagen<br />

speziell auf das jeweilige Unternehmen<br />

abgestimmt“, wie Sandra Wimmer von der<br />

GemNova Akademie erklärt. „Da geht es<br />

auch um spezielle Dialektausdrücke, um<br />

bestimmte Begriffe aus den Speisekarten.<br />

So gab es bei den Hotelgästen schon<br />

öfter große Augen, wenn etwa eine dunkelhäutige<br />

Kellnerin eine Speise auf Tirolerisch<br />

erklärt. Da kann es dann schon mal<br />

passieren, dass auch das Trinkgeld etwas<br />

höher ausfällt.“<br />

Langfristig und nachhaltig<br />

Sternschnuppen sind schön anzusehen,<br />

verschwinden aber naturgemäß wieder<br />

rasch, sind nicht von Dauer. Mehr Schein<br />

als Sein, wie so vieles andere auch. „Unsere<br />

Idee ist nachhaltig, somit auch langfristig<br />

angelegt“, sagt Karin Lindner. So<br />

sollen gemeinsam gleich mehrere große<br />

Ziele erreicht werden. Etwa das Image im<br />

Tourismus signifikant zu verbessern. Die<br />

Zukunft der Hotellerie und Gastronomie in<br />

Österreich langfristig zu sichern. Für faire,<br />

ausgewogene, wertschätzende Arbeitsverhältnisse<br />

zu sorgen. Klingt alles ganz<br />

wunderbar, ist freilich nur in kleinen, ganz<br />

konkreten Schritten zu erreichen. Das weiß<br />

selbstverständlich auch die Atract-Gründerin.<br />

„Die Tourismusbranche befindet sich<br />

jetzt nach mehr als zwei Jahren Corona<br />

im Umbruch. Es gilt neue Türen zu öffnen,<br />

neue Arbeitsverhältnisse zu diskutieren,<br />

sich auf Augenhöhe zu begegnen.<br />

Begleitendes Coaching ist gefragt, ebenso<br />

wie ehrliche, saubere, langfristige Dienstverhältnisse.<br />

Nicht nur den Kunden und<br />

Gästen, auch den Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern muss etwas geboten werden.<br />

Unsere Aufgabe dabei ist es, die richtigen<br />

Menschen mit den richtigen Fähigkeiten<br />

für die richtigen Arbeitgeber zu finden, zu<br />

begleiten und zu unterstützen.“<br />

Karin Lindner und ihr Team ist in diesen<br />

Wochen auch deswegen sehr viel unterwegs.<br />

Es gilt Kontakte zu knüpfen, Fragen<br />

zu beantworten, Kooperationen abzuschließen.<br />

Beim Reden, so heißt es, kommen die<br />

Leute zusammen. Oder wie es Lindner<br />

formuliert: „Natürlich muss immer wieder<br />

neu am Zahnrad gedreht werden, um etwa<br />

mehr Gäste zu bekommen. Dabei darf freilich<br />

nicht darauf vergessen werden, dass<br />

sich in diesem Fall auch immer andere<br />

Räder bewegen müssen. Und eine Kette<br />

ist bekannterweise nur so stark, wie deren<br />

schwächstes Glied.“<br />

ZUM AUTOR<br />

MAG. REINHOLD OBLAK<br />

Aufgewachsen in Kärnten studierte er an den<br />

Universitäten Wien und Perugia, Italien. Er war<br />

viele Jahre Journalist, Konzernsprecher, Vorstand<br />

und Aufsichtsrat. Seit 2018 ist er bei der<br />

GemNova für die Unternehmenskommunikation<br />

zuständig.<br />

Kontakt: r.oblak@gemnova.at<br />

Zu<br />

Atract<br />

Gegründet Ende 2019 als<br />

Genossenschaft. Derzeit gehören<br />

ihr rund 40 Hotels und<br />

Gastronomiebetriebe in Tirol<br />

und Salzburg an. In den nächsten<br />

Wochen sollen weitere<br />

Tourismusbetriebe im Süden<br />

Österreichs und in der Stadthotellerie<br />

dazukommen. Erklärtes<br />

Ziel ist es, den offensichtlichen<br />

Personalmangel im Tourismusbereich<br />

zu beheben. Laut Institut<br />

für Höhere Studien müssen<br />

in Österreich bis 2023 rund<br />

60.000 Stellen im Tourismus<br />

neu besetzt werden. Mit den<br />

eigenen Crew-Scouts sowie in<br />

Kooperation mit Tourismusschulen<br />

und Arbeitsämtern werden<br />

europaweit Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter gesucht, die<br />

dann entsprechend vorbereitet<br />

und trainiert werden. Deutschkurse,<br />

Persönlichkeitsschulung,<br />

individuelles Fachtraining inklusive.<br />

Die beteiligten Hotels und<br />

Gastronomiebetriebe verpflichten<br />

sich zu einer wertschätzenden<br />

Unternehmenskultur<br />

und fairen Arbeitsbedingungen.<br />

Oberstes Ziel sind nachhaltige<br />

und langfristige Arbeitsbedingungen<br />

im Tourismus.<br />

www.atract.at


88 tirol.denkt weiter tirol.denkt weiter 89<br />

back t0<br />

the green<br />

r00ts<br />

Wer durch die Innsbrucker Museumstraße<br />

spaziert, kommt in einem Abstand von 150<br />

Metern an vier Filialen gängiger Supermarktketten<br />

vorbei. In jeder einzelnen erstreckt<br />

sich das Angebot von frisch aufgebackenem<br />

Brot, Obst und Gemüse aus aller Welt bis zu<br />

verschiedenen Non-Food-Artikeln. Ein ganzer<br />

Einkauf in einem Laden. Der Gang zum Bäcker<br />

oder Gemüsehändler nebenan wird überflüssig.<br />

In den Regalen reihen sich Plastik an Karton<br />

an Dose – Verpackungen, die oftmals<br />

vermeidbar wären und in Österreich einen<br />

wesentlichen Anteil des Haushaltsmülls<br />

ausmachen. Die Zero Waste Bewegung<br />

sagt diesem Zustand den Kampf an. Sie<br />

sucht alternative Lösungen und zeigt Möglichkeiten<br />

für ein ressourcenschonendes<br />

Konsumverhalten. Der 2018 gegründete<br />

verpackungsfreie Laden „greenroot“ (ebenfalls<br />

in der Museumstraße) bietet ebendies.<br />

Die grüne Wurzel<br />

Der Wunsch, Lebensmittel „so wie früher“<br />

anzubieten, ließ den greenroot-Gründer<br />

und Geschäftsführer Engin Dogan die<br />

Zero Waste Bewegung entdecken. Die<br />

Produkte offen und ohne Verpackung<br />

anzubieten, vermeidet nicht nur Müll,<br />

sondern ermöglicht den Kund*innen auch<br />

die genau benötigte Menge zu erwerben<br />

und beugt so Lebensmittelverschwendung<br />

vor. Eben zurück zu den grünen Wurzeln<br />

(engl. roots) – wie früher im Tante-Emma-<br />

Laden, als unsere Eltern und Großeltern<br />

ihre Lebensmittel in Säcke und Behälter<br />

abfüllten. Ganz ohne Verpackungsmüll.<br />

Gerade Obst und Gemüse bringen<br />

doch ihre eigene Verpackung von Natur<br />

aus mit. Da verwundert es, dass der<br />

BILD: Wie von<br />

Natur erschaffen –<br />

verpackungsfreies<br />

Gemüse aus der Region<br />

(© greenroot )<br />

Mensch dem Apfel oder der Zucchini<br />

eine „zweite“ Verpackung verabreicht,<br />

damit sie im Supermarkt schneller ins<br />

Auge stechen. Eine Verpackung, die es<br />

eigentlich nicht braucht und die unter<br />

Ressourcenaufwand hergestellt und<br />

entsorgt wird. Kritisch betrachtet ist das<br />

reine Ressourcenverschwendung. Die<br />

Verpackungen unterschiedlicher Produkte<br />

summieren sich österreichweit zu jährlich<br />

über 1,4 Millionen Tonnen Verpackungsmüll.<br />

Im Jahr 2018 das altbewährte Tante-<br />

Emma-Konzept in Innsbruck neu umzusetzen,<br />

brachte einige Herausforderungen mit<br />

RECHTS: Engin<br />

Dogan bei der Abfüllung<br />

von Nüssen – natürlich<br />

in Bio- und Fairtrade-<br />

Qualität (© greenroot )<br />

sich. Über manch eine Wurzel wäre man<br />

fast gestolpert, denn es gab keine Anknüpfungspunkte<br />

oder Interessensverbände, die<br />

einem den Weg weisen konnten. Der Zero<br />

Waste Gedanke war im Lebensmittelhandel<br />

noch nicht wieder angekommen. So<br />

steckte Engin Dogan viel Zeit und Energie<br />

in Recherchen und suchte den Dialog mit<br />

Lieferant*innen. Dabei verlor er nie seinen<br />

ganzheitlichen Blick: „Wir lehnen uns nicht<br />

zurück und sagen Zero Waste reicht. Wir<br />

wollen so nachhaltig wie möglich agieren;<br />

Nachhaltigkeit aus verschiedenen Perspektiven<br />

sehen und durchleuchten.“ So sind biologische<br />

Landwirtschaft, Regionalität, faire<br />

Arbeitsbedingungen entlang der gesamten<br />

Lieferkette und ressourcenschonender<br />

Transport nur ein Auszug der Themen,<br />

für die sich der Unternehmer mit seinem<br />

Laden unermüdlich einsetzt.<br />

Denkt an die Kleinen<br />

Doch oftmals werden genau diese Läden,<br />

die mit viel Mühe und Herz geführt werden,<br />

übersehen. Unser Landschaftsbild<br />

ist geprägt von Supermärkten. Das sogenannte<br />

„One-Stop-Shopping“, welches alle<br />

notwendigen Produkte in einem einzelnen<br />

BILD: Von A wie<br />

gedörrter Apfel bis Z<br />

wie Zimtstangen<br />

(© greenroot )<br />

Laden erwerben lassen, ist heutzutage die<br />

bevorzugte Wahl. In Zeiten der Pandemie<br />

und Kontaktbeschränkungen hat diese<br />

Form des Einkaufs einen zusätzlichen Aufschwung<br />

erlebt. Bäckereien, Metzgereien,<br />

Obst- und Gemüsehändler verschwinden<br />

unterdessen immer mehr von der Bildfläche.<br />

In der Stadt ist diese Entwicklung noch<br />

stärker als auf dem Land zu beobachten.<br />

„Ich glaube am Land herrscht noch die<br />

nötige Atmosphäre für kleinere Strukturen.<br />

Man kennt sich, man kann fragen, woher<br />

die Produkte kommen. Die Vertrauensebene<br />

ist größer als in der Stadt. Jede*r Einzelne<br />

kann mit dem eigenen Einkauf einen<br />

Beitrag leisten, lokale Anbieter aufrecht zu<br />

erhalten.“ Die Macht der Konsument*innen<br />

das Angebot zu steuern, dürfe nicht unterschätzt<br />

werden. Einen deutlichen Appell<br />

richtet Engin Dogan auch in Richtung Politik.<br />

Es benötige mehr Engagement für kleine<br />

Betriebe, sowohl in der Bewusstseinsbildung<br />

der Konsument*innen als auch in der<br />

Schaffung von Rahmenbedingungen, die ein<br />

gutes Arbeiten ermöglichen und nicht nur<br />

ein Überleben. Er wünscht sich einen Austausch<br />

auf Augenhöhe. Andernfalls stünden<br />

die Interessen der kleinen Geschäfte<br />

immer im Schatten großer Anbieter.<br />

Schritt für Schritt<br />

Jeder Schritt zählt. Das betont Engin Dogan<br />

immer wieder. So hat er das greenroot zu<br />

dem gemacht, was es heute ist: einem<br />

modernen Zero Waste Shop mit breiter<br />

Produktpalette und einem Zero Waste Café<br />

nebenan. Das Geheimnis dahinter? Sein<br />

Ehrgeiz und die kontinuierliche Weiterentwicklung<br />

ohne Kompromisse. So könne auch<br />

jeder Konsument und jede Konsumentin<br />

Schritt für Schritt das Leben nachhaltiger<br />

gestalten. Es beginne bei kleinen Alltagsentscheidungen:<br />

in der Eisdiele die Waffel statt<br />

green<br />

r00t<br />

... ist ein Zero Waste Shop<br />

im Herzen Innsbrucks.<br />

Kund*innen können die Produkte<br />

in der jeweils benötigten<br />

Menge in eigene Behältnisse<br />

abfüllen. Die Behälter<br />

werden davor gewogen und<br />

das Leergewicht berücksichtigt.<br />

Man bezahlt nur den<br />

Inhalt, keine Verpackung,<br />

keinen Müll. Das Geschäft<br />

steht für nachhaltigen<br />

Konsum und setzt ein Zeichen<br />

für den Klimaschutz.<br />

www.greenroot.at<br />

des Bechers wählen, den Kaffee in Ruhe aus<br />

der Tasse trinken statt im Einweg-To-Go-<br />

Becher und regional und saisonal einkaufen.<br />

So entwickele sich aus dem Kleinen<br />

etwas Großes. „Wenn jede*r ein bisschen<br />

darauf schaut, dann werden wir die Herausforderungen<br />

des Klimawandels gemeinsam<br />

bewältigen. Es hängt von uns Einzelnen ab.<br />

Jede*r trägt mit seinen/ihren Entscheidungen<br />

und Handeln dazu bei.“ So setzt Engin<br />

Dogan beständig seine Schritte und lädt<br />

alle ein mitzugehen.<br />

ZUR AUTORIN<br />

JULIA WOLF, MSC<br />

Julia Wolf ist seit 2019 als Koordinatorin<br />

im GemNova Bildungspool tätig. Ihr<br />

ist es ein Anliegen ihren Beitrag für<br />

den Klimaschutz zu leisten, denn jeder<br />

Schritt zählt.<br />

Kontakt: j.wolf@gemnova.at


Virgen<br />

90<br />

tirol.denkt weiter tirol.denkt weiter 91<br />

Vorreiter in Sachen<br />

Klimaschutz<br />

GEMEINDE VIRGEN / OSTTIROL<br />

BILD: Bereits 2005<br />

installierte die Gemeinde<br />

Virgen das „Virger<br />

Mobil“, ein Fahrservice<br />

für die Bürger*innen.<br />

(© Gemeinde Virgen)<br />

DIE GEMEINDE<br />

VIRGEN LIEGT AUF<br />

1.194<br />

IM NATIONALPARK<br />

HOHE TAUERN,<br />

AM FUSSE DER<br />

VENEDIGERGRUPPE<br />

2.215<br />

EINWOHNER*INNEN<br />

m<br />

Im vergangenen Herbst wurde die Gemeinde Virgen in Osttirol bereits zum fünften Mal<br />

als „e5-Gemeinde“ mit der höchsten Auszeichnung „5e“ prämiert und erhielt das dritte<br />

Mal Gold beim „European Energy Award“. Aber Virgen ist schon länger Vorreiter in Sachen<br />

Umweltschutz und Energieeffizienz – in ganz Österreich. Von den Anfängen bis heute war es<br />

ein langer Weg, doch visionäres Denken und Einfallsreichtum machten ihn möglich.<br />

VON JAN SCHÄFER<br />

Noch bevor das „e5-Programm“ zur Förderung<br />

von Gemeinden bei ihrer Energie- und<br />

Klimapolitik ins Leben gerufen wurde, ging<br />

die Gemeinde Virgen die ersten Schritte<br />

in diese Richtung. Bereits in den 1980er<br />

Jahren begannen kreative Virger*innen in<br />

Form von Selbstbaugruppen erste thermische<br />

Solaranlagen zu errichten, was wohl<br />

auch auf die sonnenbegünstigte Lage der<br />

Gemeinde zurückzuführen ist. Um eine<br />

Grundlage und wissenschaftliche Werte<br />

für weitere Überlegungen und Planungen<br />

zu schaffen, wurde 1993 gemeinsam mit<br />

der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie<br />

und Geodynamik) eine Klimastation installiert.<br />

Ein Jahr später führte Virgen als erste<br />

Gemeinde Österreichs eine Förderung für<br />

Solaranlagen ein.<br />

„Das waren alles Vorläufe, bevor wir 1996<br />

dem Projekt ‚Energieautarke Gemeinde‘<br />

der ARGE Alp und dem Klimabündnis<br />

beitraten. Schon ein Jahr darauf bauten<br />

wir unser erstes Wasserkraftwerk am<br />

Virgerbach. Außerdem beschäftigten wir<br />

uns schon zu dieser Zeit mit dem Thema<br />

Biogasanlagen und der Frage, wie man<br />

die biogenen Abfälle der Gemeinde zur<br />

Energiegewinnung nutzen kann“, erinnert<br />

sich Virgens Bürgermeister Dietmar Ruggenthaler,<br />

der seit 1992 im Amt ist.<br />

Wenn Umweltziele auch der Gemeinschaft<br />

zugutekommen<br />

In den darauffolgenden Jahren führten die<br />

Virger*innen eine umfangreiche Energieanalyse<br />

durch. Ehrenamtlich sammelten und<br />

erhoben die Bürger*innen Daten zu jedem<br />

Haus und jedem Gebäude. Die Motivation<br />

für die rege Beteiligung war, dass jeder<br />

herausfinden wollte, wo man den „Schilling“<br />

am geschicktesten einsetzen kann, um<br />

Energie und damit auch Geld zu sparen.<br />

Letztlich führten diese Aktivitäten 1999<br />

zur Beteiligung am „e5-Programm“, das in<br />

jenem Jahr initiiert wurde. „Wenig später<br />

setzten wir uns mit der Straßenbeleuchtung<br />

auseinander, die damals noch mit<br />

Quecksilberdampflampen betrieben wurde.<br />

LED-Leuchten kamen erst langsam auf. So<br />

beschlossen wir auf Natriumdampflampen<br />

umzusteigen. Doch diese waren recht<br />

teuer. Der Gemeindevorarbeiter, Gregor<br />

Stadler, hatte die Idee, diese Leuchtmittel<br />

selbst herzustellen. Nach einigem Tüfteln<br />

und in Zusammenarbeit mit einem regionalen<br />

Elektriker entstand eine Leuchte,<br />

die wir statt der alten Lampen verwenden<br />

konnten. Das war nicht nur ein Beitrag zur<br />

Reduktion des Stromverbrauchs um gute<br />

47 %. Das Licht war für die nachtaktiven<br />

Insekten ebenfalls besser und zudem profitierte<br />

die örtliche Wertschöpfungskette<br />

davon“, erzählt Ruggenthaler. Mit diesem<br />

Projekt, das auch von der Universität Innsbruck<br />

begleitet wurde, gewann die Osttiroler<br />

Gemeinde den „Ford-Award“ und<br />

schaffte es damit auf die Titelseite des<br />

„Wall Street Journal“. Inzwischen stellt Virgen<br />

seine Straßenbeleuchtung sukzessive<br />

auf LED um.<br />

Einen weiteren Meilenstein setzte die<br />

Gemeinde mit der Biomasseförderung<br />

für private Haushalte. Ausgangspunkt war<br />

die fiktive Holzeinschlagszahl von 6.000<br />

m3/p.a. zur Erhaltung eines gesunden<br />

Waldbestands. Holzeinschlag ist wichtig,<br />

denn junge, vitale Bäume tragen zu einer<br />

besseren Schutzfunktion bei und regulieren<br />

den Wasserhaushalt des Waldes<br />

effektiver. Tatsächlich wurden aber nur ca.<br />

2.000 m3 Holz aus dem Wald geholt. Der<br />

Rest verrottete ungenutzt. Daraufhin wurde<br />

durch die Errichtung einer Hackschnitzelanlage<br />

und den Anschluss von privaten<br />

und öffentlichen Gebäuden an das entsprechende<br />

Heizwärmesystem die Nahwärmeversorgung<br />

ausgebaut. Auch diese<br />

umfangreiche Maßnahme wirkte sich<br />

positiv auf mehrere Aspekte aus: Beitrag<br />

für den Wald, Förderung der heimischen<br />

Holzwirtschaft, Reduktion von Heizöl und<br />

Kohlebriketts sowie weitere Steigerung der<br />

regionalen Wertschöpfungskette.<br />

Meilenstein Gemeindemobil Virgen<br />

Parallel dazu wurden zahlreiche öffentliche<br />

und zudem private Gebäude energetisch<br />

saniert und die Installation von<br />

Solaranlagen ausgebaut. Aber auch bei<br />

der Mobilität war Virgen aktiv und hat<br />

eine Vorreiterrolle eingenommen, wie<br />

der Virger Bürgermeister zu berichten<br />

weiß: 2005 erstellten wir eine eigene<br />

Fallstudie zum Thema „Mobilität“. Zwei<br />

Punkte standen dabei im Fokus: Die<br />

generelle Mobilität – gerade bei älteren<br />

Bürger*innen - und der Aspekt „Zweitwagen“.<br />

Aufgrund dieser Analyse entschlossen<br />

wir uns einen Fahrservice<br />

einzurichten. Wir kauften also ein Auto<br />

– damals noch einen Verbrenner, weil die<br />

E-Autos erst im Kommen waren – und<br />

das Gemeindemobil war geboren.“ Hier<br />

mussten einige rechtliche Fragen geklärt<br />

werden: gewerbliche Aspekte oder der<br />

Umgang mit dem Kraftfahrtliniengesetz<br />

– das alles war Neuland. Entsprechende<br />

praktische Lösungen wurden jedoch<br />

gefunden. 2014 stieg Virgen mit dem<br />

Gemeindemobil auf ein E-Auto um. Drei<br />

Jahre später trat die Gemeinde dem Osttiroler<br />

E-Car-Sharing „FLUGS“ bei. Auch<br />

das Thema „Radfahren“ wurde forciert.<br />

Selbstverständlich erfolgte dieser Ausbau<br />

im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherheit<br />

und aller verkehrstechnischen<br />

sowie infrastrukturellen Überlegungen.<br />

Zudem entstanden neben Ladestationen<br />

für E-Autos auch solche für E-Bikes. Um<br />

all diese Umweltthemen und -maßnahmen<br />

ins Bewusstsein der Virger*innen zu rükken,<br />

haben diverse Aktionstage, regelmäßige<br />

Bürger*innenbefragungen und auch<br />

Gesundheitsprojekte beigetragen, denn<br />

Umwelt und Gesundheit sind eng miteinander<br />

verbunden. Letztlich steigert dieses<br />

Zusammenspiel aller Maßnahmen die<br />

Lebensqualität in einer Gemeinde.<br />

Schaut man auf die Anfänge und den langen<br />

Weg der Gemeinde Virgen zurück,<br />

stellt man fest: Es braucht das Mitwirken<br />

und den Weitblick der Bürger*innen und<br />

letztlich auch vom Bürgermeister.<br />

„So etwas kann nie<br />

einer allein schaffen<br />

und es geht<br />

auch nie auf<br />

einen allein<br />

zurück.<br />

Mein persönliches Engagement ist<br />

sicherlich darauf zurückzuführen, dass<br />

ich mich schon früh mit Umweltthemen<br />

befasst und mich fortgebildet habe. Doch<br />

erst wenn man Mitstreiter*innen findet,<br />

mit denen man sich austauschen kann,<br />

kommen die Ideen, die zu Visionen werden.<br />

Und ohne die Beteiligung der Virger<br />

Bürger*innen wären diese Visionen nicht<br />

Realität geworden. Es ging dabei immer<br />

um das Zusammenspiel von Umwelt,<br />

Wirtschaft und Gemeinschaft. Es ist ein<br />

Kreislauf. Der Lohn für unsere gemeinsamen<br />

Anstrengungen sind nicht die Auszeichnungen,<br />

sondern das gute, gesunde<br />

Leben mit Respekt zur Natur in unserer<br />

Gemeinde“, zieht Bürgermeister Dietmar<br />

Ruggenthaler als Fazit.<br />

BILD: Die Gemeinde Virgen ist<br />

aufgrund der sonnigen Lage<br />

prädestiniert für die Nutzung von<br />

Sonnenenergie (© Hannes Berger)<br />

DER NAME „VIRGEN“ STAMMT<br />

AUS DEM SLAWISCHEN UND<br />

BEDEUTET<br />

sonniges<br />

Plätzchen


92<br />

tirol.bildet tirol.bildet 93<br />

ZUR AUTORIN<br />

MAG. NINA<br />

REDLICH-ZIMMER-<br />

MANN, MA ECED<br />

Nina Redlich-Zimmermann<br />

koordiniert den Fachbereich<br />

Elementarbildung im Gem-<br />

Nova Bildungspool und steht<br />

insbesondere für Fragen rund<br />

um das Thema Kinder- und<br />

Sprachenrechte zur Verfügung.<br />

Kontakt:<br />

n.redlich@gemnova.at<br />

Chancengerechtigkeit<br />

als<br />

Chance für ALLe<br />

Der Weg hin zu Bildungschancen führt über die SPRACHE –<br />

was Kinder und Familien brauchen und wie wir sie als Gemeinde<br />

in ihrem Lebensumfeld begleiten können.<br />

Es ist beachtlich zu lesen, dass in den<br />

Wahlprogrammen zu den Gemeinderatsund<br />

Bürgermeister*innenwahlen <strong>2022</strong> in<br />

Tirol vielerorts im Sinne der Chancengerechtigkeit<br />

der Fokus auf die Teilhabe,<br />

das heißt auf die Mitbestimmung und<br />

Mitgestaltung, von Kindern und Jugendlichen<br />

gelegt wurde. Darüber hinaus findet<br />

sich häufig als Zielformulierung für<br />

ein gelingendes Zusammenleben in der<br />

Gemeinde der differenzierte Blick auf die<br />

Vielfalt an Familien und deren Lebenssituationen<br />

sowie individuellen Bedürfnisse.<br />

Gemeinden beweisen damit, dass<br />

sie nicht nur als Träger von Kinderbildungs-<br />

und Betreuungseinrichtungen eine<br />

Schlüsselfunktion beim Schaffen idealer<br />

Rahmenbedingungen für das Gelingen institutioneller<br />

Bildung übernehmen, sondern<br />

als Drehscheibe auch im unmittelbaren<br />

Familien- und Lebensumfeld von<br />

Kindern und Jugendlichen bedürfnisorientierte<br />

Angebote setzen möchten, um so<br />

Bildungschancen für alle zu ermöglichen.<br />

In diesem ersten Beitrag zur dreiteiligen<br />

Reihe zum Thema Chancengerechtigkeit<br />

in der Kinderbildung und -betreuung widmen<br />

wir uns dem ersten Vielfaltsmerkmal,<br />

welches die Heterogenität in unserer heutigen<br />

Gesellschaft als Normalität kennzeichnet:<br />

Mehrsprachigkeit und kulturelle<br />

Vielfalt. Darauf basierend hat jede<br />

Gemeinde, als Lebensmittelpunkt von<br />

Familien, Kindern und Jugendlichen, bzw.<br />

jeder Gemeindeverband die Möglichkeit<br />

zu erheben und einzuschätzen, welchen<br />

Bedürfnissen und Bedarfen das Gemeindenetzwerk,<br />

bestehend aus Vereinen, Bildungsträgern<br />

sowie Sozial- und Gesundheitseinrichtungen,<br />

gerecht werden muss.<br />

Die Vielschichtigkeit an Herausforderungen<br />

im Kontext der Diversität erkennen.<br />

Eine Bürger*innenbefragung, die seitens der<br />

GemNova 2020 tirolweit durchgeführt wurde,<br />

lieferte für den umfassenden Bereich<br />

„Bildung und Betreuung“ für die Zielgruppe<br />

0-18 Jahre qualitative Daten darüber,<br />

welchen Bedarf Familien und Kinder bzw.<br />

Jugendliche aufgrund der Herausforderungen,<br />

die sich für sie im Zusammenhang mit<br />

ihrer mehrsprachigen bzw. interkulturellen<br />

Lebenssituation ergeben, haben. Außerdem<br />

konnten auf Basis einer Inhaltsanalyse<br />

damit zusammenhängende Risiken in<br />

Bezug auf Chancengerechtigkeit sichtbar<br />

gemacht werden.<br />

Was fehlt aus Sicht von Bürger*innen<br />

bzw. Familien aktuell (noch) im Bereich<br />

Bildung und Betreuung von Kindern und<br />

Jugendlichen?<br />

bewusstseinsbildung<br />

Sprachliche Teilhabe für alle<br />

Kinder und Jugendlichen<br />

Bildungsangeb0te<br />

Schnuppertage in Berufen,<br />

internat. Filmabende<br />

Sprachliche<br />

Unterstützung<br />

im Alltag<br />

Sprachbuddys,<br />

Hausübungsbetreuung<br />

F0rderung v0n<br />

Mehrsprachigkeit<br />

..<br />

Alle Erstsprachen einbinden<br />

(Bibliothek, Jugendtreff)<br />

Vorhandenes Praxiswissen aus den<br />

Gemeinden und fachliche Expertise nutzen<br />

und vernetzen. Eine regelmäßige Vernetzungsarbeit<br />

mit und unter Gemeinden<br />

bzw. Planungsverbänden schafft die Möglichkeit,<br />

unterschiedliche wirksame Praxiskonzepte<br />

im Sinne eines Wissensmarktplatzes<br />

miteinander zu teilen. Auf diese Weise<br />

kann von bereits erprobtem Erfahrungswissen<br />

profitiert und das eigene Verantwortungsbewusstsein<br />

hinsichtlich der Chancengerechtigkeit<br />

von Kindern und Jugendlichen<br />

immer wieder aufs Neue geschärft werden.<br />

Durch das Einrichten einer sozialpädagogischen<br />

Koordinationsstelle können<br />

neben dem Bündeln von vorhandener<br />

Fachexpertise und dem Durchführen<br />

von Bedarfserhebungen für den Sozialraum<br />

zielführende Handlungsstrategien<br />

zur Sicherstellung von Chancengerechtigkeit<br />

von Kindern und Jugendlichen<br />

laufend evaluiert und weiterentwickelt<br />

werden. Die folgenden Best-Practice-Ideen<br />

fokussieren die sprachliche und kulturelle<br />

Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in<br />

ihrem alltäglichen Lebensumfeld.<br />

Gelebte interkulturelle Kompetenz. Ehrenamtliche<br />

„Brückenbauer*innen“ sowie die<br />

mobile Jugendarbeit sind wertvolle Ressourcen<br />

für jede Gemeinde. Sie können niederschwellige<br />

Angebote setzen und damit<br />

Barrieren überwinden, z.B. im Aufsuchen<br />

von Familien bzw. Kindern und Jugendlichen<br />

an öffentlichen Plätzen (Spielplatz, Supermarkt,<br />

Arzt etc.) oder zuhause, wo das nötige<br />

Vertrauen, das Familien brauchen, um<br />

für Angebote in der Gemeinde zugänglich<br />

zu werden, hergestellt wird. Diese Form des<br />

Beziehungsaufbaus bildet die Grundlage<br />

einer „Willkommenskultur“.<br />

Vereinsleben als Bildungschance. Vereine<br />

sorgen mit ihren unterschiedlichen<br />

Schwerpunkten für ein aktives Miteinander<br />

und können mit einer Schwerpunktsetzung<br />

im Bereich Kinder- und Jugendarbeit einen<br />

wertvollen Beitrag als interkulturelle Brückenbauer*innen<br />

sowie Sprachbuddys leisten.<br />

Egal, ob bei der Feuerwehr, im Trachtenverein,<br />

Fußballclub oder im Kinder- und<br />

Jugendchor, das Setzen sprachlicher Anreize<br />

gelingt bei jedem gemeinsamen Tun und<br />

öffnet Türen für den interkulturellen Dialog.<br />

Binnendifferenzierung bei Sprachangeboten.<br />

Ein vielfältiges, niederschwelliges<br />

Informations-, Beratungs- und Vernetzungsangebot<br />

für Familien im Rahmen der<br />

Erziehung schafft Vertrauen im Sinne einer<br />

Bildungspartnerschaft auf Augenhöhe und<br />

gibt Sicherheit, dort, wo kulturell-sprachliche<br />

Unsicherheiten vorhanden sind. So können<br />

beispielsweise auf der Homepage Informationsvideos<br />

oder Aushänge in einfacher deutscher<br />

Sprache bzw. in den vorherrschenden<br />

Erstsprachen in der Gemeinde aufbereitet<br />

werden. Auch freiwillige Helfer*innen, die<br />

als Sprachbuddys zur Verfügung stehen,<br />

können die Integration von Menschen mit<br />

anderen Herkunftssprachen durch sprachliche<br />

Unterstützung im Alltag mitgestalten<br />

(z.B.: Begleitung von Erwachsenen bei Amtswegen,<br />

Wohnungssuche etc.).<br />

Bewusstseinsbildung im Sinne der<br />

Chancengerechtigkeit von Kindern und<br />

Jugendlichen. Die Gemeinde übernimmt<br />

als Schnittstelle aller Bildungs- und Kulturträger<br />

eine wichtige Vorbildfunktion, wenn<br />

sie kontinuierliche Sensibilisierungsarbeit<br />

leistet, mit dem Ziel, dass Bildung und<br />

Betreuung von Kindern und Jugendlichen<br />

von allen Mitgestalter*innen innerhalb<br />

einer Gemeinde als verbindlicher Auftrag<br />

wahrgenommen wird. Das Thema<br />

Sprachbildung und Mehrsprachigkeit ist<br />

nicht ausschließlich im Kindergarten bzw.<br />

in der Schule zu verorten, sondern wird<br />

von allen, die mit Kindern und Jugendlichen<br />

arbeiten, als Förderauftrag alltagsintegriert<br />

mitgedacht.<br />

Bildungsübergänge gemeinsam gestalten.<br />

Die bundesweit gesetzlichen sprachdiagnostischen<br />

Testungen am Übergang vom<br />

Kindergarten in die Volksschule schaffen<br />

bei Familien und Kindern mit anderen Erstsprachen<br />

häufig Verunsicherung oder verursachen<br />

sogar massive Ängste vor der<br />

Einschulung. Elementarpädagog*innen<br />

und Lehrpersonen haben die Möglichkeit,<br />

den Bildungsweg von Kindern abseits der<br />

Testverfahren mit pädagogischem Fingerspitzengefühl<br />

und im engen Austausch mit<br />

Familien so zu gestalten, dass der Fokus<br />

auf die sprachlichen Ressourcen und Entwicklungspotenziale<br />

von Kindern gewahrt<br />

bleibt bzw. diese maximal genutzt werden.


94<br />

tirol.bildet tirol.bildet 95<br />

Vor mittlerweile sechs Jahren wurde der GemNova Bildungspool im Auftrag<br />

des Landes Tirol gegründet. Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen,<br />

sich im Detail anzusehen, welch vielfältige Bereiche dort täglich abgedeckt<br />

werden – von Menschen aller Altersgruppen, die aus insgesamt<br />

31 verschiedenen Staaten unserer Erde kommen.<br />

Die grundsätzliche Ausgangslage ist heute<br />

noch die gleiche wie im Jahre 2016.<br />

„Wir verstehen uns vor allem als eine<br />

kompetente Serviceeinrichtung, als jene,<br />

welche die Tiroler Gemeinden bei der<br />

Freizeit- und Ferienbetreuung sowie der<br />

Schulassistenz professionell unterstützen.<br />

Unser gesamtes Team umfasst rund<br />

500 Kolleg*innen, alle sind hochmotiviert<br />

und freuen sich jeden Tag darauf, an den<br />

Pflichtschulen unterstützend und gestaltend<br />

tätig zu sein“, so Manuel Rott vom<br />

GemNova Bildungspool.<br />

Unser Fokus dabei: den Tiroler Pflichtschulen<br />

die entsprechende Anzahl<br />

von Freizeitpädagog*innen und<br />

Schulassistent*innen zur Verfügung zu<br />

stellen. Noch konkreter: Der Bildungspool<br />

übernimmt im Auftrag der Gemeinden<br />

an den Pflichtschulen die Organisation,<br />

Koordination und Durchführung ebendieser<br />

Freizeitbetreuung und Schulassistenz.<br />

Außerdem wird in der Freizeitbetreuung die<br />

Förderabwicklung mit Bund und Land übernommen<br />

und so der administrative Aufwand<br />

für die Gemeinden spürbar reduziert.<br />

RECHTS: Sind Teil des Teams (hinten v.l.n.r.):<br />

Manuel Scheiber, Kathrin Malina, Marlene Froidl,<br />

Marisa Warum, Stephen Neill, Mario Kreutzer und<br />

(vorne v.l.n.r.) Katharina Lentz, Julia Wolf, Mai Nguyen-<br />

Feichtner und Kim Victoria Wegener (© GemNova)<br />

Kunterbunte<br />

expertise<br />

Dynamisch. Engagiert. International.<br />

Was beim großen Team des Bildungspool<br />

gleich ins Auge springt, ist zum einen die<br />

jugendliche Frische und Begeisterung.<br />

„Innerhalb der GemNova nimmt der Bildungspool<br />

einen ganz besonderen Stellenwert<br />

ein“, so GemNova Gründer und<br />

Geschäftsführer Alois Rathgeb. „Das ist<br />

ein dynamisches, engagiertes Team von<br />

Expert*innen. Alle sind mit großer Begeisterung<br />

dabei, man sieht förmlich das<br />

Lachen in ihren Augen.“ Zum anderen ist<br />

da auch noch die Internationalität. Unsere<br />

Kolleg*innen kommen aus insgesamt 31<br />

verschiedenen Staaten der Welt. Von A<br />

wie Ägypten oder Albanien über C wie<br />

Chile, I wie Iran oder Irland, L wie Lettland<br />

oder Luxemburg, M wie Mexiko, S<br />

wie Syrien bis hin zu U wie Ukraine oder<br />

Ungarn. Um nur zwölf der insgesamt 31<br />

Länder zu nennen. Und jeder einzelne<br />

Bildungspool-Mensch bringt damit auch<br />

seine eigene Geschichte, seine eigene<br />

Kultur, seine eigene Persönlichkeit mit.<br />

Rathgeb: „Das ist ein ungeheurer Erfahrungsschatz,<br />

den wir natürlich gerne den<br />

Gemeinden zur Verfügung stellen. Die<br />

Welt ist bunt. Diese Vielfältigkeit bilden<br />

wir im Bildungspool in jeder Hinsicht ab.<br />

Das ist eine weitere ganz große Stärke<br />

von uns.“<br />

Junge Menschen, so wird gesagt, haben<br />

noch viel Feuer in ihren Herzen, sind mit<br />

großer Begeisterung bei ihrer Arbeit,<br />

wollen ein Stück weit auch die Welt verändern.<br />

In Verbindung mit den älteren<br />

Kolleg*innen, die ein gerütteltes Maß an<br />

Erfahrung und Lebensweisheit mitbringen,<br />

ist dies die optimale Kombination. Oder,<br />

um nochmals Manuel Rott zu Wort kommen<br />

zu lassen:<br />

„Wir vom Bildungspool möchten<br />

einen wertvollen Beitrag für<br />

die Gesellschaft leisten, insbesondere<br />

im Kindergarten und<br />

Pflichtschulbereich.“<br />

Dafür brennen wir, darum versuchen wir<br />

Tag für Tag unsere zentralen Werte wie<br />

Wertschätzung, Vertrauen und Verantwortung<br />

mit den Kindern zu teilen.<br />

Wertschätzung<br />

Wie wichtig ein wertschätzender Umgang<br />

ist, zeigt sich unter anderem in der<br />

Schulassistenz. Hier unterstützen die<br />

Schulassistent*innen des Bildungspools<br />

jene Schüler*innen, die mit physischen<br />

oder psychischen Beeinträchtigungen<br />

durchs Leben gehen müssen. Natürlich ist<br />

das eine herausfordernde Aufgabe, aber<br />

man bekommt sehr viel ganz direkt zurück.<br />

Je nach Bedürfnis des Kindes oder eventuell<br />

auftretender gesundheitlicher Probleme<br />

braucht es oftmals auch spezielle ärztliche<br />

Unterweisungen.<br />

Für den Präsidenten des Tiroler Gemeindeverbandes<br />

Ernst Schöpf steht freilich noch<br />

ein anderer Punkt weit oben: der laufende<br />

Ausbau des guten Dienstleistungs- und<br />

Serviceangebots in den Gemeinden. Die<br />

Bürger*innen würden sich dies zu Recht<br />

von ihrer Gemeinde erwarten, so Schöpf.<br />

Zu diesem Angebot zählen selbstverständlich<br />

auch die Freizeitbetreuung und Schulassistenz<br />

sowie die Sprachberatung in<br />

den Kindergärten. „Dabei geht es auch um<br />

Familienfreundlichkeit, um die Vereinbarkeit<br />

von Familie und Beruf. Die Fachleute<br />

des GemNova Bildungspools unterstützen<br />

uns Bürgermeister*innen dabei. Wir sollten<br />

dieses Angebot annehmen und gemeinsam<br />

die Zukunft unserer Kinder mitgestalten“,<br />

so Schöpf.<br />

Stimmen aus<br />

den Gemeinden<br />

„Seit Herbst 2019 gibt es bei uns in Neustift die schulische<br />

Tagesbetreuung. Die Freizeitbetreuung wird seither personell<br />

von der GemNova abgedeckt. Früher, als es bei uns<br />

noch einen Hort gab, waren die Freizeitpädagog*innen direkt<br />

bei der Gemeinde angestellt. Für den Betreuungswechsel<br />

hat man sich aber bewusst entschieden, um auch im Falle<br />

von Krankenständen auf einen größeren ‚Vertretungs-Pool‘<br />

zurückgreifen zu können. Die für die Planung verantwortlichen<br />

Mitarbeiter*innen bei der GemNova sind auch tatsächlich<br />

immer bemüht, personelle Ausfälle nach Möglichkeit zu kompensieren<br />

bzw. nachzubesetzen, auch wenn das in Pandemiezeiten<br />

nicht immer ganz einfach ist. Die Kommunikation<br />

zwischen den Ansprechpartner*innen des Bildungspools und<br />

uns Schulleiter*innen funktioniert jedenfalls ausgezeichnet!“<br />

RAIMUND LEITNER,<br />

SCHULLEITUNG VOLKSSCHULE NEUSTIFT IM STUBAI<br />

„Die Zusammenarbeit mit der für uns zuständigen Mitarbeiterin<br />

in der GemNova ist ausgezeichnet, wir sind im regelmäßigen<br />

Austausch. Ich bin über das GemNova Springersystem<br />

sehr froh. Krankenstandsvertretungen sind dadurch für uns<br />

kein Problem, da bis jetzt im Bedarfsfall immer ein Ersatz<br />

möglich war. Ich möchte mich für die sehr gute Zusammenarbeit<br />

einfach bedanken.“<br />

ROSWITHA SAUGSPIER,<br />

SCHULLEITUNG HANS HENZINGER<br />

SCHULE IN KUFSTEIN<br />

„Wir haben im Sommer 2019 Neuland betreten und erstmals<br />

eine Ferienbetreuung angeboten. Das Interesse war enorm,<br />

sechs Wochen lang wurden rund 30 Kinder im Alter von<br />

sechs bis zehn Jahren intensiv betreut. Und das den ganzen<br />

Tag über – Mittagessen inklusive. Alleine hätten wir das als<br />

Gemeinde nicht geschafft. Das gesamtpädagogische Konzept<br />

der GemNova war einfach hervorragend.“<br />

HANSJÖRG PEER,<br />

BÜRGERMEISTER MUTTERS<br />

K0ntakt<br />

bildungspool@gemnova.at


96<br />

GemNova.Menschen GemNova.Menschen 97<br />

я зараз тут *<br />

BILD: Oksana Duda vor<br />

dem Hauptbahnhof in<br />

Innsbruck. Im Alter von 22<br />

Jahren kam sie nach Tirol,<br />

mittlerweile ist sie hier<br />

verheiratet und fühlt sich<br />

zu Hause. (© GemNova)<br />

„Guten Morgen, ich bin jetzt da.“ Vor einiger Zeit schon haben wir dieses Treffen vereinbart, jetzt steht<br />

Oksana pünktlich um neun Uhr morgens vor der Türe, wartet auf mich. Was für ein offenes, freundliches,<br />

sympathisches Gesicht. Lachende Augen. Oksana Duda ist 26 Jahre jung, stammt aus der Ukraine und ist<br />

bereit, mir ihre Geschichte zu erzählen.<br />

VON REINHOLD OBLAK<br />

Lemberg. Kennen Sie Lemberg? Ja, die<br />

seinerzeitige Hauptstadt Galiziens, die<br />

viertgrößte Stadt der Habsburgermonarchie,<br />

weniger als 800 Kilometer östlich von<br />

Wien gelegen. Wo an den Schulen Deutsch<br />

unterrichtet und gesprochen wurde, wo<br />

viele „österreichische“ Beamtinnen und<br />

Beamte ihren Dienst versahen. Jene Stadt<br />

also, die über eine der größten jüdischen<br />

Gemeinden in der Monarchie verfügte.<br />

Ende des 19. Jahrhunderts, um nur ein<br />

Beispiel zu nennen, gab es in Lemberg<br />

14 Synagogen und 80 Bethäuser. Kurz vor<br />

dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges<br />

lebten dort rund 110.000 Jüdinnen und<br />

Juden. Dann kam die Shoah, der Holocaust<br />

. . .<br />

„Lemberg war für mich immer die schönste<br />

Stadt der Welt, die Familie meines Opas<br />

kommt von dort. Mein Opa hat in der Schule<br />

noch Deutsch gelernt. Auch ich selbst<br />

war immer wieder dort, das letzte Mal erst<br />

im vergangenen Sommer.“ Oksana‘s Augen<br />

strahlen, wenn sie von Lemberg erzählt.<br />

Heute heißt Lemberg freilich Lwiw, ist die<br />

siebtgrößte Stadt der Ukraine und rund 150<br />

Kilometer von Luzk entfernt, jener Stadt im<br />

Westen der Ukraine, in der Oksana geboren<br />

wurde und aufgewachsen ist. „Hier in<br />

Tirol kennt natürlich niemand Luzk, obwohl<br />

Luzk fast doppelt so viele Einwohner wie<br />

Innsbruck hat.“ Gut, die wenigsten wissen<br />

wohl auch, dass die Ukraine nach Russland<br />

der flächenmäßig größte Staat Europas ist.<br />

* ist kyrillisch und bedeutet<br />

vom Ukrainischen<br />

ins Deutsche übersetzt "Ich<br />

bin jetzt da." Mit diesen<br />

Worten begrüßte mich Oksana<br />

um neun Uhr morgens<br />

lächelnd in Innsbruck.<br />

Ins Zentrum der Ukraine<br />

Aufgewachsen ist Oksana in einer Akademikerfamilie,<br />

der Vater hat Geschichte, die<br />

Mutter Steuerrecht studiert. Bildung war<br />

in der Familie Duda sehr wichtig, somit<br />

auch Fremdsprachen, Kultur, andere Sichtweisen.<br />

„Mit dem Englischen hab ich mich<br />

immer recht schwer getan, aber Deutsch<br />

kannte ich ja schon etwas über meinen<br />

Opa. Nachdem meine Eltern beide gearbeitet<br />

haben, bin ich mit 14 ins Internat<br />

gekommen. Dort hat mir eine Lehrerin die<br />

Leidenschaft für die deutsche Sprache vermittelt.<br />

Ich habe acht Stunden die Woche<br />

Deutsch gelernt, in dieser Sprache auch<br />

maturiert.“ Während der Internatszeit gab<br />

es einen dreitägigen Schulausflug nach<br />

Wien. Natürlich nur für jene, deren Eltern<br />

sich dies auch finanziell leisten konnten.<br />

Oksana gehörte zu den Privilegierten,<br />

konnte mitfahren. „Wien hat mich sofort<br />

an Lemberg erinnert. Alles war so sauber,<br />

ganz viel Licht, die schönen Häuser,<br />

die gepflegten Straßen, die ganze Atmosphäre.“<br />

Nach der Matura zieht Oksana<br />

ins Zentrum der Ukraine, nach Kiew, 400<br />

Kilometer östlich von Luzk, um dort Germanistik<br />

und Lehramt Deutsch zu studieren.<br />

„Ich hab in einem Studentenwohnheim<br />

gewohnt, mich unglaublich wohl gefühlt<br />

und bin eigentlich nur einmal im Jahr nach<br />

Hause gefahren. Das war für mich schon<br />

eine sehr beeindruckende Zeit.“ Vier Jahre<br />

später schließt sie ihr Studium in Kiew ab<br />

und . . . begibt sich auf eine große Reise.<br />

Ins Herz der Alpen<br />

Knapp 2.000 Kilometer liegen zwischen<br />

Kiew, der Hauptstadt der Ukraine, und Innsbruck,<br />

dem Herz der Alpen – und noch viel<br />

mehr kulturelle, soziale, politische Unterschiede.<br />

„Mit 22 bin ich nach Innsbruck<br />

gekommen, als Au pair Mädchen. Ich hab<br />

bei einer Familie in der Templstraße auf<br />

ihren kleinen Sohn aufgepasst. Insgesamt<br />

drei Jahre lang. Ich wollte einfach noch<br />

besser Deutsch lernen, eine andere Welt<br />

kennenlernen.“ Womit Oksana freilich nicht<br />

gerechnet hat, war der Tiroler Dialekt. „Das<br />

kann ja nicht Deutsch sein, hab ich mir<br />

zuerst gedacht. Und als Zweites: Welche<br />

Sprache hab ich denn in Kiew eigentlich<br />

studiert? War das wirklich Deutsch? Am<br />

Anfang hab ich etwa überhaupt nicht verstanden,<br />

was man mir eigentlich sagen<br />

will. Zum Glück hab ich mich dann recht<br />

schnell an das Tiroler Deutsch gewöhnt.<br />

Als weitere Fremdsprache sozusagen.“<br />

Die Gastfamilie war überaus nett, zeigte<br />

der jungen Ukrainerin die Sehenswürdigkeiten<br />

der Stadt, des Landes. „Vom Goldenen<br />

Dachl war ich fast etwas enttäuscht, ich<br />

hab es mir viel, viel, viel größer vorgestellt.<br />

Dafür war ich von den Bergen begeistert.<br />

Was für eine gewaltige Landschaft! In der<br />

Ukraine ist der höchste Berg ja gerade mal<br />

zweitausend Meter hoch. Und die Menschen<br />

hier haben viel mehr gelächelt als in<br />

der Ukraine. Das hat mir sofort sehr gefallen.“<br />

Um ihr Deutsch weiter zu perfektionieren,<br />

beginnt Oksana in dieser Zeit ein<br />

zusätzliches Studium der Germanistik an<br />

der Uni Innsbruck. „Ich hab´s aber noch<br />

nicht abgeschlossen“, räumt sie gleich mit<br />

einem schelmischen Augenzwinkern ein.<br />

Am Fuße des Patscherkofels<br />

Das Leben in Tirol gefällt Oksana – die<br />

Pünktlichkeit des öffentlichen Verkehrs, die<br />

gute Infrastruktur, die Berge. „Und es gibt<br />

hier keine Korruption.“ Sie zieht in ein Studentenheim<br />

in Hall, belegt zusätzlich einen<br />

Lehrgang für Freizeitpädagogik. „Ich hab<br />

so viele junge Leute kennengelernt, auch<br />

meinen Freund Philipp. Er ist Tiroler, hat<br />

ebenfalls Germanistik studiert.“ Im Vorjahr<br />

zieht sie dann zu ihm, nach Vill, an den Fuß<br />

des Patscherkofels. „Ich konnte mir früher<br />

überhaupt nicht vorstellen, in so einem<br />

kleinen Dorf zu wohnen. Aber es ist so<br />

wunderschön ruhig, überhaupt nicht fad,<br />

das ist eben Lebensqualität.“<br />

Auf Facebook sieht Oksana dann für sich<br />

eine Jobmöglichkeit: Freizeitpädagogin bei<br />

der GemNova, einem Unternehmen, welches<br />

Menschen aus 31 verschiedenen Nationen<br />

beschäftigt. Sie bewirbt sich, führt<br />

einige Gespräche und wird angestellt. Seit<br />

einem knappen Jahr ist sie nun halbtägig<br />

als Freizeitpädagogin an der Volksschule<br />

in Gries am Brenner tätig, unternimmt mit<br />

einer kleinen Gruppe von drei bis sechs<br />

Kindern die unterschiedlichsten Aktivitäten.<br />

Nachdem sie keinen Führerschein besitzt,<br />

erfolgt die tägliche Anreise von Vill nach<br />

Gries – und zurück – mit öffentlichen Verkehrsmitteln.<br />

Durchaus eine persönliche<br />

Herausforderung, wie sie lächelnd verrät.<br />

Um gleich danach die Begründung nachzureichen.<br />

„Eigentlich bin ich ein bisschen tollpatschig.<br />

Es kann schon passieren, dass ich<br />

in den falschen Zug, in den falschen Bus<br />

einsteige oder dass ich zu einem Termin<br />

am falschen Tag komme. Im Vorjahr wollte<br />

ich etwa mit dem Zug von Innsbruck<br />

nach Wien fahren, um von dort in die Ukraine<br />

zu fliegen. Aufgrund des Hochwassers<br />

war Kufstein überschwemmt, der Zug fuhr<br />

nicht. Ich hab mir also ein Taxi von Innsbruck<br />

nach Salzburg bestellt – das war<br />

um drei Uhr in der Früh gar nicht so einfach<br />

– um dann dort in den Zug einsteigen<br />

zu können. Ich hab dafür 400 € bezahlt,<br />

aber ich wollte eben unbedingt mal wieder<br />

meine Eltern sehen. Seitdem benutze ich<br />

allerdings kein Taxi mehr. Ich kann es mir<br />

einfach nicht mehr leisten.“<br />

„Schlafes Bruder“<br />

Mittlerweile ist Oksana mit Haut und Haaren<br />

in Tirol angekommen, spricht auch<br />

den hiesigen Dialekt. Und sie liest sehr<br />

gerne, sehr viel. Ihr bisher letztes Buch<br />

war „Schlafes Bruder“ vom Vorarlberger<br />

Robert Schneider, ein fürwahr beeindruckender,<br />

höchst erfolgreicher Roman, der<br />

in 36 Sprachen übersetzt wurde. „Ich hab<br />

das Buch natürlich auf Deutsch gelesen.<br />

Aber so ganz einfach war das nicht, weil<br />

Schneider immer wieder vorarlbergische<br />

Dialektworte verwendet hat. Und die hab<br />

ich doch nicht alle sofort verstanden.“ Na<br />

ja, mit dem Vorarlbergischen hätten wohl<br />

auch andere Menschen außerhalb des<br />

Ländles ihre Schwierigkeiten.<br />

Wo sich Oksana Duda in zehn Jahren<br />

sieht? „Ich möchte in Tirol bleiben, die<br />

Ukraine ist mittlerweile mein zweites Heimatland<br />

geworden. Hier in Innsbruck gibt<br />

es eine ukrainische Gemeinde, rund 100<br />

Leute. Viele wandern aus der Ukraine aus,<br />

weil dort die Lebensverhältnisse, auch die<br />

Freiheiten, ganz andere sind. Seit 2014<br />

gibt es im Osten der Ukraine außerdem<br />

Krieg, viele Tote, die Krim ist von Russland<br />

besetzt. Ich hätte außerdem gerne mehr<br />

Stunden als Freizeitpädagogin, ich möchte<br />

mehr arbeiten.“ Kurze Nachdenkpause.<br />

„Vor kurzem haben Philipp und ich ja geheiratet.<br />

Da wird es wohl nicht mehr zehn Jahre<br />

dauern, bis wir auch Eltern werden.“<br />

Dieser Artikel wurde vor dem<br />

Einmarsch Russlands in die<br />

Ukraine verfasst. Auf die<br />

aktuelle Situation wird darum<br />

kein Bezug genommen.


98<br />

99<br />

IMPRESSUM:<br />

Wir<br />

bleiben wir<br />

selbst.<br />

Wir sind davon überzeugt, dass Menschen selbstbestimmt handeln können. Wir erwarten von allen<br />

Kolleg*innen, dass sie Verantwortung übernehmen und ihr Tun darauf ausrichten, einen gesellschaftlichen<br />

Beitrag zu leisten. Wir sind alle gleich, wir unterscheiden nicht nach Funktion und<br />

Verantwortlichkeit und begegnen allen mit Wertschätzung. Wir lieben und leben Vielfalt in all ihren<br />

Farben und bleiben bei unserem Handeln authentisch. Jede Person, die diese Grundsätze mitträgt,<br />

kann innerhalb unseres Rahmens mitgestalten, sich einbringen, eigenverantwortlich und eigenorganisiert<br />

handeln und dabei individuelle Wege wählen.<br />

WIR ALLE SIND GEMEINDE.<br />

Wir<br />

vertrauen<br />

einander.<br />

Herausgeber, Medieninhaber<br />

und Verleger: GemNova Dienstleistungs<br />

GmbH | Adamgasse 7a,<br />

A-6020 Innsbruck, office@gemnova.<br />

at, +43 (0) 50 4711, www.gemnova.<br />

at, © <strong>2022</strong>. Herstellung und Druck:<br />

Alpina Druck GmbH, www.alpinadruck.com.<br />

Auflage: 11.000 Stück.<br />

Anzeigenverkauf: Mag. Bernhard<br />

Müssiggang, www.bmw-agentur.at.<br />

Konzept & Gestaltung: Mitspieler<br />

– Kommunikation & Gestaltung,<br />

www.mitspieler.at. Textkorrekturen:<br />

Natalie Nagl, MA. Redaktionsschluss:<br />

07.03.<strong>2022</strong>. Mit „Entgeltliche<br />

Einschaltung“ gekennzeichnete<br />

Artikel sind bezahlte Informationenund<br />

fallen nicht in die Verantwortlichkeit<br />

der Redaktion.


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