flip-Joker_2022-04
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ITALIEN KULTUR JOKER 29
Es ist wieder Eissaison!
In der schönen Jahreszeit locken die italienischen gelaterie Eisfans nicht nur aus Freiburg
Der Frühling zieht dieses Jahr
früh ein und die Schlangen vor
den italienischen Eisdielen in
Freiburg wecken die Vorfreude
auf die schöne Jahreszeit.
Wie die Historikerin Maren
Möhring gezeigt hat, vermittelt
seit den 1950er Jahren das
Eiscafé ein wohliges Urlaubsgefühl:
die italienischen Eismacher
haben nämlich die Außengastronomie
hierzulande
populär gemacht und auf diese
Weise der deutschen Klientel
die Atmosphäre einer Piazza
nähergebracht. Diese wurde
gerade in den Jahren des westdeutschen
Wirtschaftswunders
als Sehnsuchtsort einer lockereren
Lebenseinstellung (la dolce
vita) als diejenige stilisiert,
welche für den Arbeitsalltag
in der Bundesrepublik prägend
war. In dieser Phase stammten
die meisten gelatieri noch aus
der Provinz Belluno in Veneto.
Sie folgten demselben Migrationsmuster,
das bereits in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
für die norditalienischen
Eiskonditoren charakteristisch
war: es handelte sich um eine
temporäre Migration, denn
sie arbeiteten in der Regel von
März bis Oktober im Ausland,
den Winter verbrachten die
Bellunesi in der Heimat. Nach
und nach sind jedoch viele Eismacherfamilien
dauerhaft nach
Deutschland gezogen, und da
wo die hier aufgewachsenen
Kinder das Eiscafé nicht weiterführen
wollten, sind zunehmend
Süditaliener ins Geschäft
eingestiegen, die nicht selten
zuvor als Gastarbeiter eingewandert
waren. Wenn sich die
Herkunft der gelatieri zum Teil
geändert hat, ist in alle den Jahren
die Qualität des handwerklich
hergestellten italienischen
Speiseeises weitgehend hoch
geblieben, sodass die Branche
der Konkurrenz durch die industrielle
Eisproduktion ab den
80er gut zu trotzen vermochte.
Die Begeisterung für das italienische
Eis lässt nicht nach.
Schon bei den ersten Frühlingsanzeichen
zieht es viele
zum Eiscafé. Das kann man
im sonnigen Freiburg bestens
beobachten, wo sowohl in der
Innenstadt als auch in den anderen
Stadtteilen für jeden Geschmack
sich die passende Eissorte
finden lässt. In der unmittelbaren
Nähe des Martinstors
befindet sich seit 2006 Incontro
mit seiner die Passanten einladenden
Eisvitrine. Der Inhaber
Michele Scarpone kommt
aus Salerno und gehört einer
Eismacherfamilie an, die seit
über 50 Jahren handwerkliches
Speiseeis produziert und Läden
auch in anderen deutschen
Städten wie Jena betreibt. Für
Das Eiscafé Nart bietet eine bunte und leckere Auswahl klassischer
wie ungewöhnlicher Eissorten
Foto: Eiscafé Nart
die Zubereitung seiner Spezialitäten
in den eigenen Herstellungsräumen
und nach traditionellen
Familienrezepten verwendet
der Eiskonditor nur frische
Zutaten und spart nicht mit
Milch und Sahne. Natürlich ist
Fertig eispulver hier verbannt,
die große Sortenauswahl umfasst
vegane sowie glutenfreie
SEIT 1979
ZÄHRINGERSTR. 336
79108 FREIBURG
TEL: 0761 52 311
Versionen. Neben den Eiskugeln
im Becher oder in der Waffel
wartet Incontro mit Frozen
Joghurt auf, der mit den verschiedensten
Toppings serviert
wird sowie Kaffeekreationen
und hausgemachtes Tiramisu.
Diese kann man im Lokalinneren
mit 14 Sitzplätzen oder auf
der geräumigen Terrasse in der
Die Terrasse des Eiscafés Incontro mitten im Stadtzentrum
Foto: Eiscafé Incontro
Niemensstraße genießen, deren
Lebendigkeit ein wenig an das
Gewimmel einer italienischen
Gasse erinnert.
Gleichsam in eine belebte
italienische Piazzetta verwandelt
sich jedes Jahr von März
bis Oktober die Terrasse des
Eiscafé Nart in der Zähringer
Straße, das trotz der etwas dezentralen
Lage Eisschmecker
aus der ganzen Stadt lockt. Die
Eisdiele existiert seit 1979, damals
war der Inhaber Antonio
Nart schon dabei: er kam mit
nur 16 Jahren nach Freiburg aus
Belluno, 1987 übernahm er die
Eisdiele, die er zusammen mit
seiner Frau Aneta betreibt. Täglich
wird das Eis im hinteren
Eislabor manuell hergestellt,
dabei experimentiert Nart gerne
mit neuen Kreationen und
ungewöhnlichen Zutaten wie
Sellerie, verzichtet dabei dezidiert
auf jegliche Farb- und
Zusatzstoffe und konzentriert
sich bis auf Kaffeespezialitäten
ausschließlich auf das Speiseeis.
Diese Schlichtheit der Eiskarte
wird von den zahlreichen
Stammgästen geschätzt und die
appetitlich präsentierten Eissorten
in der Theke haben 2016 der
kleinen gelateria gegenüber der
Straßenbahnhaltestelle Reutebachgasse
den StadtBESTEN
Award als das beste Eiscafé
Freiburgs eingebracht.
Luca Marras