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44 b | finest health Ein Schlückchen in Ehren kann niemand verwehren! von PROF. DR. MED. UWE NIXDORFF Ist dieses altbekannte Sprichwort auch in Hinsicht auf die Gesundheit zutreffend? In vino veritas? Ist nicht hinreichend die gesundheitsschädliche Wirkung von chronischem Alkoholgenuss durch dramatische Folgen wie die des Leberversagens (alkoholische Fettleber/Leberzirrhose), Herzversagens (alkoholische Kardiomyopathie), Hirneintrübung (alkoholische Enzephalopathie als auch Demenz) und anderen Nervenstörungen (alkoholische Polyneuropathie) pathologisch gezeigt worden? Was, wenn der Rebensaft in lediglich moderaten Dosierungen, in mediterraner Gewohnheit zum Essen und nicht im sog. »binge drinking« mit reihenweiser Betrunkenheit erfolgt? Nun, bereits Hippokrates (460 – 375 v. Chr.) führte Wein in seiner reinen Form in die Heilkunde ein. Später wurde Galen (129 – 200 n. Chr.) noch konkreter und therapierte unterschiedliche Erkrankungen mit entsprechenden Weinarten. Sicherlich meinte Johann Wolfgang von Goethe es auch in psychosozialer Integrität, wenn er sagte »Der Wein erfreut des Menschen Herz«. Immerhin fand sich in Goethes Haushaltsbuch von 1829 unter dem Stichwort »Weinerwerb« eine Summe, die 20 Prozent der Gesamtausgaben ausmachte. Und in wiederum psychomentaler Hinsicht bestätigte William Shakespeare »Wein macht das Gehirn sinnig, schnell und erfinderisch, voll von lebendigen, feurigen und ergötzenden Gedanken.« In der Neuzeit wurden günstige Gesundheitswirkungen des Weins von Raymond Pearl (1879
finest health | 45 b – 1940) in »Alcohol and Longevity« beschrieben. Die eingangs genannten, desaströsen Folgen des chronischen Äthylismus insbesondere des 19. Jahrhunderts wurden vor ca. 30 Jahren vom Paradigmenwechsel des »French Paradox« (Renaud SC, et al. Lancet 1992; WHO-MONICA-Studie 2000) gefolgt. Es wurde kenntlich, dass in mediterranen Ländern der gefällige Alkoholumgang (trotz z.T. mehr fettreicher Ernährung) mit erheblicher Reduktion von Herzinfarkt-Todesfällen einherging, ganz im Gegensatz zu dem in den angelsächsischen Ländern (eine kürzliche Studie aus England – Knott CS, et al. BMI 2015 – wollte die ungünstigen Effekte nochmals bestätigt wissen; allein das hier erfolgte »binge drinking« stand dem mediterranen entgegen). Grundsätzlich wichtig bleibt die Dosis, die auch wissenschaftlich untersucht wurde, u.a. in einer Langzeitbeobachtung der Harvard University, der großen Health Professional Study. Bei Männern geht das relative Risiko des chronischen Koronarsyndroms bis 30 g/Tag (2 – 3 Drinks) hochsignifikant runter, danach aber wieder hoch. Das wurde durch sehr viele weitere Studien einheitlich so bestätigt. Es besteht also graphisch entlang der Alkoholdosis zur Erkrankung(svermeidung) eine Glockenkurve (bell shape curve). In der Augsburger Monica-Studie wurde die Sterblichkeitsrate von Abstinenzlern erst über 80 g/Tag wieder erreicht. Bei Frauen besteht – ohne chauvinistische Hintergründe – der Grenzwert bei der Hälfte. Frauen verfügen – übrigens auch Asiaten – nur über die Hälfte der Alkoholdehydrogenase, einem alkoholabbauenden Enzym in der Leber. Beachtenswerter Weise wurde die bislang älteste Frau der Welt, Jeanne Calment (1875 – 1997) 122 Jahre alt. Sie stammte aus dem Weingebiet Vallée du Gers und trank täglich Wein (»Wine, I am in love with that«). Nebenbei hörte sie mit 117 Jahren mit dem Rauchen auf. Warum besteht eine antiatherosklerotische Wirkung (Vorsorge vor Verdickung und Verkalkung von Gefäßen) bei moderatem Weingenuss? Nun, es ist belegt, dass eine antientzündliche Wirkung besteht, was an allen Entzündungsparametern des Blutes messbar wird, voran der des sogenannten C-reaktiven Proteins. Weiterhin werden die Blutplättchen gehemmt als auch das Gerinnungsystem an vielen Stellschrauben, sodass weniger Gerinnsel in den Gefäßen entstehen. Auch die sog. Insulinsensitivität wird verbessert; antidiabetische Effekte (im Gegensatz zur früheren Warnung von Alkohol bei Diabetikern) ist belegt. Ein wissenschaftliches Problem zum Weingenuss muss bei diesen Feststellungen immer vorsichtig abgewogen werden, i.e. des Confoundings, der Einflussfaktoren. In der Gruppe von Weintrinkern gegenüber Gruppen anderer alkoholi
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Ein Schlückchen in Ehren kann<br />
niemand verwehren!<br />
von PROF. DR. MED. UWE NIXDORFF<br />
Ist dieses altbekannte Sprichwort auch in Hinsicht auf<br />
die Gesundheit zutreffend? In vino veritas? Ist nicht<br />
hinreichend die gesundheitsschädliche Wirkung von chronischem<br />
Alkoholgenuss durch dramatische Folgen wie die<br />
des Leberversagens (alkoholische Fettleber/Leberzirrhose),<br />
Herzversagens (alkoholische Kardiomyopathie), Hirneintrübung<br />
(alkoholische Enzephalopathie als auch<br />
Demenz) und anderen Nervenstörungen (alkoholische<br />
Polyneuropathie) pathologisch gezeigt worden? Was, wenn<br />
der Rebensaft in lediglich moderaten Dosierungen, in mediterraner<br />
Gewohnheit zum Essen und nicht im sog. »binge<br />
drinking« mit reihenweiser Betrunkenheit erfolgt?<br />
Nun, bereits Hippokrates (460 <strong>–</strong> 375 v. Chr.) führte Wein in<br />
seiner reinen Form in die Heilkunde ein. Später wurde Galen<br />
(129 <strong>–</strong> 200 n. Chr.) noch konkreter und therapierte unterschiedliche<br />
Erkrankungen mit entsprechenden Weinarten.<br />
Sicherlich meinte Johann Wolfgang von Goethe es auch<br />
in psychosozialer Integrität, wenn er sagte »Der Wein erfreut<br />
des Menschen Herz«. Immerhin fand sich in Goethes<br />
Haushaltsbuch von 1829 unter dem Stichwort »Weinerwerb«<br />
eine Summe, die 20 Prozent der Gesamtausgaben ausmachte.<br />
Und in wiederum psychomentaler Hinsicht bestätigte<br />
William Shakespeare »Wein macht das Gehirn sinnig,<br />
schnell und erfinderisch, voll von lebendigen, feurigen und<br />
ergötzenden Gedanken.« In der Neuzeit wurden günstige<br />
Gesundheitswirkungen des Weins von Raymond Pearl (1879