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B1|A40 THE BEAUTY OF THE GRAND ROAD

DIE SCHÖNHEIT DER GROSSEN STRASSE 2014 EINE AUSSTELLUNG IM STADTRAUM DER A40 VON DUISBURG BIS DORTMUND 14.06.2014 – 07.09.2014 MAP MARKUS AMBACH PROJEKTE URBANE KÜNSTE RUHR (HG.) WIENAND

DIE SCHÖNHEIT DER GROSSEN STRASSE 2014
EINE AUSSTELLUNG IM STADTRAUM DER A40 VON DUISBURG BIS DORTMUND
14.06.2014 – 07.09.2014

MAP MARKUS AMBACH PROJEKTE
URBANE KÜNSTE RUHR
(HG.)

WIENAND

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gen am Rande der Legalität im ambivalenten<br />

Restraum neben der Autobahn, der ständig von<br />

der Erweiterung der A40 bedroht ist. Bepflanzungen<br />

und Wege, die just an der Schallschutzwand<br />

enden, erinnern an die Faktizität dieser<br />

Drohung und berichten von früheren Gärten<br />

oder Baumschulen, die nach und nach von der<br />

Autobahn vertilgt wurden.<br />

Auffällig ist auch ein schmucker Altbau, der<br />

mehr als in die Jahre gekommen ist. Das sogenannte<br />

White House liegt direkt an der A40 und<br />

deren Unterquerung in nicht gerade ruhiger<br />

Lage. Dass das Gebäude mit Denkmalschutz<br />

seinem Besitzer Schwierigkeiten bereiten<br />

könnte, ist vorstellbar, denn eine adäquate Sanierung<br />

steht ökonomisch in keinem Verhältnis<br />

zum späteren Nutzen in dieser Randlage an<br />

der A40. Ein Blick durch die Fenster offenbart,<br />

dass das Gebäude teilweise als Partylocation<br />

und Proberaum zwischengenutzt wurde und<br />

somit temporär zum informellen Kreativquartier<br />

avancierte – eine geschickte Form, mit<br />

dem Problem des Hauses umzugehen, die allerdings<br />

wenig zukunftsfähig erscheint.<br />

HEISSENER H<strong>OF</strong> In einem frappanten Szenewechsel<br />

gelangt man durch die Unterquerung<br />

der A40 direkt zum Heißener Hof, der<br />

als klassischer Familienbetrieb eine Vielzahl<br />

landwirtschaftlicher Dienst- und Genießbarkeiten<br />

gerade mal fünf bis zehn Meter neben<br />

der Autobahn anbietet. Während der Vater die<br />

Felder der Umgebung bewirtschaftet und sich<br />

gemeinsam mit den Kindern um die hofeigene<br />

Gänsezucht kümmert, betreibt Sohn Johann<br />

die Landmetzgerei mit feinsten Fleisch- und<br />

Wurstwaren aus eigener Produktion. Tochter<br />

Katharina fasst im Hofladen all die Produkte<br />

zum Verkauf zusammen und entwickelt ein<br />

Konzept der lokalen Nahversorgung direkt aus<br />

der Region. Lokale wie saisonale Produktion<br />

mit kurzen Transportwegen hat hier ihren Weg<br />

von der Theorie in die Praxis gefunden. Darüber<br />

hinaus gleicht der Hof einem Kleintierzoo,<br />

in dem Kinder und Erwachsene direkt mit den<br />

Umständen der Nahrungsmittelproduktion<br />

konfrontiert und an ihre Realitäten herangeführt<br />

werden. Die ausgebaute Scheune ist seit<br />

kurzem dazu als ländliche Veranstaltungshalle<br />

zu mieten, was den Hof mit all den anderen<br />

Angeboten zu einem multifunktionalen Betrieb<br />

macht, mit dem sich eine erfindungsreiche Familie<br />

aus der Not, direkt mit der A40 konfrontiert<br />

worden zu sein, eine Tugend gemacht hat.<br />

RENNSTRECKE Sucht man sich von dort den<br />

Weg zurück zur Station entlang von Bergarbeiterhäusern<br />

und Einfamilienhausidylle, stößt<br />

man versteckt zwischen Gärten und Schallschutzwand<br />

auf die RC-Car-Rennstrecke der<br />

Familie Kammann. Zwischen einem bewaldeten<br />

Abraumhügel der U-Bahn und der Lärmschutzwand<br />

der A40 haben sie mit Hügeln,<br />

Bodenwellen und steilen Rampen eine Miniaturrennstrecke<br />

für die ferngesteuerten Kleinfahrzeuge<br />

gebaut, um für die Meisterschaft<br />

zu trainieren. Sohn Chris war dem Titel schon<br />

mal nahe und trainiert mit Freunden auf dieser<br />

Miniaturrennstrecke, die Analogien zu Modelllandschaften,<br />

Land-Art und Minigolf nahelegt.<br />

Durchquert man nun auf illegalem Trampelpfad,<br />

den die Anwohner als Abkürzung zur U-<br />

Bahn benutzen, eine verwilderte Brachlandschaft<br />

mit Bäumen und Buschwerk, befindet<br />

man sich unversehens einen Moment lang im<br />

einheimischen Dschungel, bevor sich direkt an<br />

der Leitplanke der A40 ein faszinierender Blick<br />

auf die brutalistische Architektur der Station<br />

auftut, die von hier gesehen gleich einem vergessenen<br />

Tempel der Moderne im satten Grün<br />

des Brachlands liegt.<br />

Die U-Bahnstation Eichbaum stellt mit ihrem<br />

Umfeld ein heterogenes Terrain dar, das sich<br />

aus den prekären Auswirkungen verschiedener<br />

Verkehrsinfrastrukturen auf ihr Umfeld<br />

ergeben hat. Dass die Menschen, deren historische<br />

wie soziale Räume durch den Bau dieser<br />

Verkehrswege brutalen Zäsuren unterworfen<br />

wurden, in solch innovativer Weise mit dem<br />

zerschlagenen Raum umgehen und ihn in einen<br />

hochspannenden Raum jenseits aktueller Homogenisierungstendenzen<br />

verwandeln, muss<br />

als genuine Stärke der Region gesehen werden.<br />

MARKUS AMBACH<br />

1| Der Zirkus zeigt in verschiedenen Darstellungsformen<br />

die Beherrschung der Welt: so zum Beispiel<br />

in der Tierdressur die Beherrschung der Fauna, in<br />

der Akrobatik die Beherrschung des eigenen Körpers,<br />

beim Jonglieren die der Welt der Dinge. Sogar das Magische<br />

wird in Form der Zauberer miteinbezogen.<br />

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