CHECK Nord #2
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POTENZ<br />
MANNESKRAFT<br />
Interview: Bernd Müller<br />
Foto: Bernd Müller<br />
Seit Viagra 1998 seinen Siegeszug angetreten<br />
hat, sind Potenzsteigerer ein weltweiter<br />
Verkaufsschlager. Doch halten die Präparate,<br />
was sie versprechen – beziehungsweise was<br />
Mann sich von ihnen verspricht? Und wo lauern<br />
mögliche Gefahren? Werner Schelken, seit<br />
1999 Apotheker in der Münchner Regenbogen-<br />
Apotheke, klärt das und einiges mehr in diesem<br />
Interview.<br />
Der Wunsch nach Potenz ist vermutlich so alt<br />
wie die Menschheit …<br />
… das ist wohl wahr! Seit Jahrhunderten gibt es<br />
Mittel für die Manneskraft – die einen wirken,<br />
die meisten nicht. Die Suche nach Erkenntnis<br />
ging jedenfalls immer weiter und ließ sich gut<br />
verkaufen. Auch wir Apotheker haben daran<br />
in den letzten Jahrhunderten sehr gut daran<br />
verdient.<br />
Was hat man denn früher verabreicht?<br />
In der Pharmazie hat man ja oft versucht,<br />
die Form der Natur bestimmten Wirkungen<br />
zuzuordnen. Wenn es um Erektionen geht, hat<br />
man dementsprechend alles hergenommen,<br />
das aufragt – was beispielsweise für Nashörner<br />
keine gute Nachricht war und bis heute<br />
nicht ist. Sehr bekannt im 18. Jahrhundert war<br />
das so genannte „Einhornpulver“ aus dem<br />
gemahlenen Horn des Narwals. Und immer<br />
noch im Handel ist die „Spanische Fliege“, ein<br />
Pulver, das aus einem Giftkäfer gewonnen<br />
wurde. Unschön: Bei Überdosierung starben<br />
die Menschen. Aber die Spanische Fliege ist<br />
immer noch im Handel, dürfte aber als Placebo<br />
verabreicht werden, denn mittlerweile<br />
ist klar, dass das originale Käfergift die Zellen<br />
schädigen kann.<br />
Kommen wir ins Heute: 1998 kam Viagra auf<br />
den Markt, das scheint ein Durchbruch gewesen<br />
zu sein.<br />
Richtig. Wobei interessant ist, dass man mit<br />
dem darin enthaltenen Wirkstoff zunächst<br />
Herzkrankheiten behandeln wollte. In einer<br />
Studie wurde die Wirkung dafür aber nicht<br />
ausreichend bestätigt, also sollte abgebrochen<br />
werden. Die Frauen waren damit auch<br />
einverstanden, doch die Männer haben protestiert.<br />
Warum? Weil der Wirkstoff ihre Potenz<br />
verbesserte! Insofern war die Entdeckung eher<br />
ein Nebenprodukt, ein ausgesprochen gewinnbringender<br />
Zufall.<br />
Mittlerweile sind ja mehrere Produkte auf<br />
dem Markt. Unterscheiden sie sich?<br />
Im Prinzip funktionieren Viagra, Cialis, Levitra<br />
oder Spedra alle gleich: So genannte PDE-<br />
5-Hemmer sorgen dafür, dass sich die glatte<br />
Muskulatur, wie sie zum Beispiel im Schwellkörper<br />
vorkommt, mit Blut füllt. Alle Präparate<br />
beginnen, nach 30 bis 120 Minuten zu wirken,<br />
und entfalten ihre maximale Kraft nach etwa<br />
drei bis fünf Stunden. Danach werden sie langsam<br />
wieder aus dem Körper ausgeschwemmt.<br />
Nur bei Tadalafil (Cialis) hält die Wirkung sehr<br />
viel länger, nämlich bis zu 17 Stunden. Deshalb<br />
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