CHECK Nord #2
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COMMUNITY<br />
WENN IDEALBILDER<br />
ZU HORRORVISIONEN WERDEN<br />
Interview: Bernd Müller<br />
Foto: Bernd Müller<br />
Schöne Menschen, schöne Landschaften, schöne Körper<br />
– in Zeiten von Instagram & Co. fast schon eine Selbstverständlichkeit.<br />
Doch in der Realität passen die meisten<br />
Menschen nicht zu diesem Ideal. Viele von ihnen werden<br />
schlecht gemacht und diskriminiert. Wir sprachen mit Nico<br />
Erhardt, Berater bei der Münchner Aids-Hilfe, über das Phänomen<br />
Bodyshaming und die Folgen für Betroffene.<br />
Nico, wie würdest du den Begriff<br />
Bodyshaming beschreiben?<br />
Als Bodyshaming bezeichnet man eine Form<br />
der Diskriminierung aufgrund des Aussehens.<br />
Das kann ganz unterschiedliche Dimensionen<br />
betreffen: Da geht es in erster Linie um<br />
Körperfülle, also darum, ob jemand als zu dick<br />
oder zu dünn erscheint. Es kann aber auch alle<br />
anderen äußerlichen Merkmale eines Menschen<br />
betreffen, von der Größe über die Frisur<br />
bis zur Kritik an einzelnen Körperteilen.<br />
Warum ist der Körper in unserer modernen<br />
Gesellschaft so wichtig?<br />
Der Körper an sich hat in jeder Gesellschaft zu<br />
allen Zeiten eine bedeutende Rolle gespielt.<br />
Heute haben wir aber jede Menge Medien, die<br />
diese Körperbilder kommunizieren. In der Zeit<br />
vor dem Internet gab es gedruckte Darstellungen<br />
in Zeitschriften oder in der Kunst, die nicht<br />
so dauerpräsent waren. Heute ist ein Idealbild<br />
des Körpers ständig verfügbar und es wird<br />
immer wieder reproduziert. Auf allen Kanälen<br />
findet ein Vergleich statt. Ein Vergleich, der<br />
uns in unserem Körperbild beeinträchtigen<br />
kann, uns aber in jedem Fall seine Idealvorstellungen<br />
geradezu aufzwingt, und uns täglich<br />
mit ihm konfrontiert.<br />
Woher kommt dieses Körperbild?<br />
Diese Bilder werden gesellschaftlich produziert.<br />
Wir interagieren sozial und handeln<br />
tagtäglich miteinander eine Norm aus. Diese<br />
Norm beschreibt aber nicht etwa den Durchschnitt<br />
einer Gesellschaft, sondern deren<br />
Ideal, also eine Wunschvorstellung. Diese<br />
wiederum legen wir bei der Kommunikation<br />
als Maßstab zugrunde – ein hoher Maßstab,<br />
mit dem man künftig alle Menschen misst.<br />
Wo findet Bodyshaming statt?<br />
Tendenziell kann jede*r betroffen sein, der/<br />
die an der Öffentlichkeit partizipiert. Das kann<br />
bei Events im öffentlichen Raum passieren.<br />
In erster Linie begegnet man dem Phänomen<br />
aber in sozialen Medien, hier vor allem bei<br />
Instagram als sehr visueller Plattform.<br />
Wer ist davon betroffen?<br />
Vor allem Jugendliche. Bis vor zehn Jahren<br />
standen eher weiblich gelesene Personen mit<br />
Themen wie Essstörungen im Fokus, inzwischen<br />
trifft es auch männliche. Bei ihnen ist<br />
es vor allem der Fitnessboom, der mittlerweile<br />
auch die Jüngeren ab 14 Jahren erreicht hat<br />
und bestimmte Ideen von Selbstoptimierung<br />
und Männlichkeit auf sie projiziert.<br />
Ist dieser Druck in der LGBTIQ*-Community<br />
besonders spürbar?<br />
Hier muss man differenzieren. Schwule<br />
Männer* beispielsweise haben relativ früh angefangen,<br />
sich online zu daten sowie Apps und<br />
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