23.12.2012 Views

HIDDEN PLACES - ORCO Germany

HIDDEN PLACES - ORCO Germany

HIDDEN PLACES - ORCO Germany

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Wirkt die heute vereinte Stadt Berlin genauso inspirie-<br />

rend, wenn man sie schon seit jeher kennt?<br />

Ja, diese Energie ist für mich immer noch jeden Tag und<br />

überall spürbar. Das können auch Kleinigkeiten sein. Ich<br />

erinnere mich zum Beispiel noch, als ich das erste Mal ein<br />

Sofa vor einem Café auf der Kastanienallee stehen sah.<br />

Das sind Dinge, die gab es damals wirklich nur in Berlin.<br />

Kleinigkeiten, aber bezeichnend für die Stadt und ihren<br />

Charakter.<br />

Welchen Einfluss haben solche Erlebnisse auf deine kre-<br />

ative Arbeit?<br />

Ich empfinde mich dabei als Medium, das Einflüsse auf-<br />

nimmt, bewertet, verarbeitet und wieder in Output umwan-<br />

delt. Im Falle des Sofas könnte es zum Beispiel sein, dass<br />

ich bei einer Rolle als Schauspielerin dieses bestimmte<br />

Lebensgefühl von Freiheit, das dazu führt, ein Sofa auf die<br />

Straße zu stellen, umzusetzen versuche. Ich denke im Üb-<br />

rigen, dass das jeder Kreative so macht.<br />

Viel mehr als als Schauspielerin kennt man dich aber<br />

heute als Autorin, regisseurin und Fotografin. Wie unterscheidet<br />

sich die Arbeit vor und hinter der Kamera<br />

für dich?<br />

Als Schauspielerin ist man immer sehr direkt angreifbar.<br />

Kritik bezieht sich dabei sehr stark auf einen selbst. Wenn<br />

es zum Beispiel heißt, du bist zu dick, dann ist das schon<br />

eine sehr persönliche Sache. Wenn man sich aber mit anderen<br />

über eine Idee für einen Film oder über ein Foto unterhält<br />

und ein negatives Feedback bekommt, kann man sich<br />

immer sagen, dass man einfach unterschiedlicher Meinung<br />

war. Das ist weniger aufreibend und tut auch nicht so weh.<br />

Was sind die Projekte, die dich gerade beschäftigen?<br />

Ich habe gerade in Zusammenarbeit mit meinem fabel-<br />

All portraits were done by a photographer<br />

who is on exceptionally intimate terms with<br />

Jany, her ten year old son, Konstantin. We<br />

don‘t only think they are well done, but they<br />

are also a good example of genetics.<br />

haften Produzenten Martin Lehwald unter dem Arbeitstitel „Die Großen Lügen”<br />

mein Kino-Debüt als Regisseurin abgedreht. Es ist eine Geschichte über die Hoffnung<br />

auf Liebe. Eine Hoffnung, die immer als Letztes stirbt, und darüber, dass man,<br />

wenn man immer nur versucht, seine Träume zu verfolgen, ohne darauf zu achten,<br />

dass Dinge sich auch ändern können, ganz schön auf die Nase fallen kann. Gedreht<br />

haben wir den Film übrigens hier im Kiez. Und auch die Geschichte hat viel vom<br />

Leben in Berlin.<br />

Inwiefern?<br />

Nicht zuletzt durch die Protagonistin, die mit ihrem Umfeld ein exemplarisches<br />

Berliner Leben führt – in einer Hundepension arbeitet, versucht ihre Träume zu<br />

verwirklichen und sich mit ihrer besten Freundin, einer Langzeit-Kellnerin, durchs<br />

Leben schlägt. Der Bezug zu Berlin entsteht im Film aber auch durch einen besonderen,<br />

architektonischen Blick. Mir geht es immer darum, Details zu zeigen, Farben,<br />

Stimmungen, besondere Perspektiven – dies alles sind meine Mittel, diesen Kiez so<br />

abzubilden, wie er tatsächlich ist, poetisch, ästhetisch und manchmal auch auf eine<br />

ehrliche Art melancholisch.<br />

Was zeichnet Berlin für dich als Ort des Schaffens aus?<br />

Vor allem die Dynamik, das ausgeprägte Improvisationstalent und der Idealismus,<br />

der hier zu finden ist. Ein Low-Budget-Projekt wie unser Film kann beispielsweise<br />

eigentlich nur entstehen, wenn man die Möglichkeit hat, unkompliziert, schnell und<br />

unbürokratisch und ohne immer gleich das Scheckbuch zücken zu müssen, auf Produktionsmittel,<br />

Locations etc. zuzugreifen. Die Bereitschaft, auch uneigennützig an<br />

Projekten mitzuwirken und auch mal einen unkonventionellen Weg zu suchen, ist in<br />

Berlin einfach sehr groß.<br />

Was zeichnet Berlin für dich als Stadt zum Leben aus?<br />

Berlin ist mein Zuhause. Und ich denke, anders als in anderen Großstädten hat man<br />

hier die Möglichkeit, sehr schnell in Kontakt zu anderen Menschen zu kommen. Wenn<br />

man hier in ein Café geht, sitzen die Menschen zwar überall mit ihren Laptops an den<br />

Tischen – jeder allein und auf den ersten Blick irgendwie einsam –, aber oft genügt<br />

es schon, an der gleichen Stelle ein Loch in der Hose zu haben, um sich anzulächeln<br />

– und vielleicht kurz ins Gespräch zu kommen. Was Berlin, und vor allem Mitte, für<br />

mich ausmacht, ist deshalb nicht zuletzt die Offenheit seiner Bewohner.

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!