Betriebliches Gesundheitsmanagement Magazin 2020
Sonderausgabe 2020 von BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT BGM GESUND BLEIBEN! UND GEMEINSAM DURCH DIE KRISE KOMMEN
- Seite 2 und 3: Betriebliche Gesundheitsförderung
- Seite 4 und 5: ZAHLEN 76 % der Österreicher und 7
- Seite 6 und 7: BEGLEITER DURCH DIE KRISE WAS MACHT
- Seite 8 und 9: Beim Arbeitsweg liegt noch viel Pot
- Seite 10 und 11: FÜHREN WIE IM SPORT DASS IM SPORT
- Seite 12 und 13: den, mit genau geplanten Regenerati
- Seite 14 und 15: 14 BGM WER NICHT ISST, KANN AUCH NI
- Seite 16 und 17: DR. MANUELA KONRAD ist Diätologin,
- Seite 18 und 19: GEWUSST, WANN TERMINE FÜR GESUNDE
- Seite 20 und 21: HÖREN VERBINDET DAS MENSCHLICHE GE
- Seite 22 und 23: BEWEGUNG IST DER SCHLÜSSEL WENN VI
- Seite 24 und 25: GASTKOMMENTAR Dr. Gerhard Klicka is
- Seite 26 und 27: DER SCHNELLE DRAHT ZUR BGF-REGIONAL
- Seite 28: fit2work - gesund in der Arbeit BEZ
Sonderausgabe <strong>2020</strong> von<br />
BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT<br />
BGM<br />
GESUND<br />
BLEIBEN!<br />
UND GEMEINSAM DURCH DIE KRISE KOMMEN
Betriebliche Gesundheitsförderung<br />
Motiviert, fit & gesund arbeiten<br />
in Zeiten von Covid-19<br />
Das ASZ begleitet österreichweit<br />
Unternehmen aller Branchen<br />
bei der Umsetzung des Arbeitnehmer*innenschutzgesetzes<br />
(AschG) durch Beistellung von<br />
Arbeitsmediziner*innen, Sicherheitsfachkräften<br />
und Sonstigem<br />
Fachpersonal aus der Arbeitsund<br />
Organisationspsychologie,<br />
Ergonomie oder Sport- und Ernährungswissenschaft<br />
und geht<br />
dabei schon immer neue Wege.<br />
Mit „BGF goes online“ bietet das ASZ<br />
aktuell ein ganz spezielles Gesundheits-Programm<br />
für die Corona-bedingt<br />
komplexe heutige Arbeitssituation.<br />
Fitness-Workshops via Videokonferenz,<br />
persönliche Coachings mit der Ernährungsexpertin<br />
via Video Call, eine<br />
Online-Evaluierung des Home-Arbeitsplatzes<br />
oder eine psychologische Beratung<br />
sowie Online-Motivationsvorträge<br />
und Webinare für Teams sorgen für den<br />
Erhalt der Leistungsfähigkeit und den<br />
Zusammenhalt Ihrer Mitarbeiter*innen<br />
- auch ohne direkten Kontakt.<br />
Interessiert?<br />
Dann wenden Sie sich bitte an:<br />
Mag. Wolfgang Wrba, MA, Leiter ASZ<br />
Betriebliche Gesundheitsförderung,<br />
Mobil: 0664 82 19 274<br />
25
EDITORIAL<br />
10<br />
CHRISTOF DOMENIG<br />
ist Redakteur von SPORTaktiv,<br />
Österreichs größtem <strong>Magazin</strong> für Freizeitsport<br />
Fotos: Thomas Polzer, Ingrid Amon / Coverfoto: Getty Images<br />
ES GEHT NUR<br />
GEMEINSAM<br />
Unsere Arbeit bestimmt wesentlich, wer wir sind, wie wir uns fühlen,<br />
wie wir uns selbst und unsere Position in der Gesellschaft wahrnehmen:<br />
Dieser Satz stand vor einem Jahr in diesem <strong>Magazin</strong>. Und auch:<br />
Arbeitsunsicherheit, zum Beispiel ein geplanter Stellenabbau, wirkt sich<br />
auf das Innenleben von Beschäftigten fast so aus wie echte Arbeitslosigkeit.<br />
Von Corona hat man damals noch nichts geahnt. In diesem Herbst<br />
nimmt der empfundene und tatsächliche Druck jeden Tag zu, berichten<br />
viele Führungskräfte dem Psychologen Alois Kogler. Kogler, in der<br />
Öffentlichkeit vor allem als Sportpsychologe bekannt, haben wir für diese<br />
Ausgabe gefragt, was die aktuelle Krise mit der Psyche von arbeitenden<br />
Menschen macht. Und wir haben uns für die Hauptgeschichte ab Seite 6<br />
auch umgehört, wie man mit Betrieblichem <strong>Gesundheitsmanagement</strong> einen<br />
Beitrag dazu leisten kann, damit möglichst viele Menschen möglichst<br />
optimistisch, gesund und leistungsfähig bleiben. Zwei wichtige Erkenntnisse<br />
in Kurzform: Investitionen in betriebliche Gesundheit machen sich<br />
bezahlt, gerade auch jetzt. Und: Durch die Krise kommt man am besten<br />
gemeinsam. In den Zeiten des Abstandhaltens ist – im übertragenen Sinn<br />
– Zusammenstehen das Gebot der Stunde.<br />
Weil dieses SPORTaktiv-BGM-Special ein Ableger eines Freizeitsportmagazins<br />
ist, spielen Sport und Bewegung bei unseren Inhalten natürlich<br />
wieder eine große Rolle. Man weiß schließlich, dass es nicht nur körperlich<br />
gesund ist, wenn man „auf Trab bleibt“. Sondern vor allem, dass<br />
Bewegung das Innenleben beeinflusst, positives Denken und Mut genauso<br />
wie die Kreativität fördert. Alles, was man jetzt gut brauchen kann.<br />
IMPRESSUM<br />
EIGENTÜMER/VERLEGER: TOP TIMES Medien GmbH (SPORTaktiv),<br />
Gadollaplatz 1/12, 8010 Graz; Tel.: 0 316/80 63-25 80; office.sportaktiv@styria.com<br />
GESCHÄFTSFÜHRUNG: Mag. Alfred Brunner<br />
CHEFREDAKTION BGM-MAGAZIN: Mag. Christof Domenig<br />
PROJEKTLEITUNG, ANZEIGENLEITUNG: Arnold Pauly<br />
LAYOUT & PRODUKTION: Christoph Geretschlaeger<br />
DRUCK: Walstead NP Druck, 3100 St. Pölten<br />
sportaktiv.com<br />
INHALT<br />
6 BEGLEITER DURCH DIE<br />
KRISE<br />
Aufgaben und Herausforderungen für<br />
BGM in Zeiten der Corona-Pandemie<br />
10 FÜHREN WIE IM SPORT<br />
Warum der Leistungssport als Vorbild<br />
für Unternehmen taugt<br />
14 WER NICHT ISST, KANN<br />
AUCH NICHT ARBEITEN<br />
Essen und trinken als Motivationsund<br />
Kreativitätsfaktor in der Arbeit<br />
18 GEWUSST, WANN UND WO<br />
Termine rund ums Thema<br />
betriebliche Gesundheit<br />
20 HÖREN VERBINDET<br />
Gut zu hören ist ein wichtiger Schlüssel<br />
zur Kommunikation – auch im Job<br />
22 BEWEGUNG IST DER<br />
SCHLÜSSEL<br />
... für einen gesunden Rücken.<br />
Speziell auch im Homeoffice<br />
BGM<br />
3
ZAHLEN<br />
76 %<br />
der Österreicher und 73 % der<br />
Österreicherinnen bezeichneten<br />
im Jahr 2019 ihren Gesundheitszustand<br />
als sehr gut<br />
oder gut. 18 bzw. 20 % als mittelmäßig und jeweils 6 % als<br />
schlecht. Andererseits berichteten rund zwei Drittel, von<br />
zumindest einer chronischen Krankheit betroffen zu sein:<br />
Bei den unter 60-Jährigen am häufigsten wurden Allergien<br />
vor Kreuz- und Nackenschmerzen genannt.<br />
Statistik Austria, Gesundheitsbefragung 2019,<br />
veröffentlicht im Oktober <strong>2020</strong><br />
3,13<br />
auf einer Skala von 1 (kein<br />
Stress) bis 7 (sehr hoher Stress):<br />
Als so hoch wird der digitale<br />
Stresslevel am Arbeitsplatz im<br />
DACH-Raum im Mittelwert empfunden. Ein Team um Dr.<br />
René Riedl von der Fachhochschule Oberösterreich hat<br />
das Phänomen „digitaler Stress“ unter 3333 Befragten<br />
in Österreich, Deutschland und der Schweiz erhoben.<br />
Unter digitalem Stress versteht man Stress durch Nutzung<br />
und Allgegenwart von digitalen Technologien. Als<br />
belastend werden etwa die Erwartung, E-Mails sofort zu<br />
beantworten, oder die allgegenwärtige Erreichbarkeit<br />
genannt. Gering ist dagegen die Sorge, durch digitale<br />
Technologien ersetzt zu werden.<br />
René Riedl et al.: Digitaler Stress. Eine Befragungsstudie<br />
im deutschsprachigen Raum, Oktober <strong>2020</strong><br />
13,1 Tage<br />
verbrachten Österreichs unselbstständig<br />
Beschäftigte im Jahr 2018<br />
im Schnitt im Krankenstand, das<br />
waren 3,6 Prozent ihrer Arbeitszeit. Häufigste Ursachen<br />
waren Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des<br />
Atemsystems. Der Anteil von Verletzungen als Ursache<br />
nahm in den letzten Jahrzehnten deutlich ab, jene von psychischen<br />
Erkrankungen hat dagegen stark zugenommen.<br />
Interessant, was im „WIFO Fehlzeitenreport“ ein Jahr<br />
davor schwerpunktmäßig erhoben wurde: Die Hälfte<br />
der Arbeitnehmer geht zumindest einmal im Jahr krank<br />
zur Arbeit – als Hauptgründe für dieses „Präsentismus“<br />
genannte Phänomen wurden Pflichtgefühl gegenüber<br />
Kollegen, gefolgt von der Sorge um die Arbeit, die sonst<br />
unerledigt bleibt, genannt. Ebenfalls untersucht wurde<br />
damals der „Absentismus“, bei dem Verpflichtungen in der<br />
Arbeit nicht nachgekommen wird, obwohl keine Krankheit<br />
vorliegt: Auf 7 bis 13 Prozent schätzt der Fehlzeitenreport<br />
dieses Phänomen.<br />
WIFO Fehlzeitenreport 2019+2018<br />
DATEN<br />
96 %<br />
der befragten österreichischen<br />
Unternehmen haben<br />
während des Lockdowns<br />
im Frühling Homeoffice<br />
massiv genutzt – zeigt eine im Juli veröffentlichte Studie<br />
von Deloitte sowie der Universitäten Wien und Graz. In<br />
knapp 60 Prozent der Unternehmen arbeiteten nahezu<br />
alle Mitarbeiter von zu Hause aus. Die Studie wurde<br />
auch schon in den vergangenen Jahren durchgeführt<br />
– demnach waren zuvor nur in rund 75 Prozent der<br />
Unternehmen wenige Einzelpersonen oder ausgewählte<br />
Beschäftigte im Homeoffice beschäftigt.<br />
Flexible Working Studie <strong>2020</strong> – Home Office in Zeiten<br />
von COVID-19, Juli <strong>2020</strong><br />
FAKTEN<br />
KURZ UND BÜNDIG: WAS JÜNGSTE STUDIEN UND<br />
STATISTIKEN ZUM THEMA (BETRIEBLICHE)<br />
GESUNDHEIT IN ÖSTERREICH SAGEN.<br />
4 BGM<br />
1:1,3-1:4,8<br />
In dieser großen Bandbreite sehen unterschiedliche<br />
Studien die Rentabilität von Maßnahmen zur Förderung<br />
betrieblicher Gesundheit. Heißt also: Für einen investierten<br />
Euro kommt die entsprechende Anzahl zurück.<br />
Expertenpapier „Nationale Strategie – Gesundheit im Betrieb“<br />
des Bundesministeriums für Arbeit, Familie und Jugend,<br />
Februar <strong>2020</strong>
LEBE DEIN OPTIMUM!<br />
OPTIMUM® HEISST DAS INDIVIDUELLE<br />
GESUNDHEITSCOACHING MIT LANGZEIT<br />
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Regelmäßige Bewegung, gesund essen<br />
und für Entspannung sorgen: Empfehlungen<br />
für ein gesundes Leben findet<br />
man wie Sand am Meer. Allerdings sind sie im<br />
stressigen Alltag oft schwer umsetzbar – und<br />
nicht selten auch widersprüchlich. Sind<br />
Kohlenhydrate nun gut oder schlecht? Wie oft<br />
soll man wirklich trainieren? Wie verändert<br />
man Gewohnheiten? Pauschal gültige<br />
Antworten gibt es hier nicht.<br />
Genau hier setzt OPTIMUM® an: Gesundheit<br />
gibt es nicht von der Stange – sie ist<br />
Maßarbeit! Das OPTIMUM®-Coaching<br />
erfolgt von einem Team aus Sportwissenschaftern,<br />
Physiotherapeuten, Diätologen, Entspannungs-<br />
und anderen Coaches. Diese stellen für<br />
jeden Menschen das individuell passende<br />
Programm in den Bereichen Bewegung,<br />
Entspannung und Ernährung zusammen.<br />
Weil es aber Zeit braucht, bis man<br />
Gewohnheiten langfristig verändert und in<br />
den Alltag integriert, läuft das Programm<br />
über sechs Monate hinweg. Während dieser<br />
Zeit verbringen die Gäste 14 Nächte im<br />
Quellenhotel Heiltherme Bad Waltersdorf –<br />
jeder Gast entscheidet individuell, wie er<br />
diese Nächte auf das halbe Jahr verteilt.<br />
Darüber hinaus erfolgt das Coaching auch<br />
von zu Hause aus, on- oder offline.<br />
Digitale Gesundheitstools (HRV-Messungen<br />
über Vitalmonitor®, Trainings- und<br />
Ernährungs-App, BIA-Waage, Ultraschall-Fettmessung)<br />
ergänzen das Spezialprogramm,<br />
das langfristig gesund und fit<br />
hält. Während der Aufenthalte unterstützt<br />
auch das heilkräftige Thermalwasser im<br />
Quellenhotel Heiltherme Bad Waltersdorf<br />
die Erholung.<br />
BGM<br />
5
BEGLEITER<br />
DURCH DIE<br />
KRISE<br />
WAS<br />
MACHT DIE CORONA-PANDEMIE<br />
MIT UNS ARBEITENDEN MENSCHEN?<br />
WAS BRAUCHT ES, UM AUCH IN<br />
KRISENZEITEN OPTIMISTISCH UND<br />
LEISTUNGSFÄHIG ZU BLEIBEN?<br />
WOHIN MUSS SICH BETRIEBLICHES<br />
GESUNDHEITSMANAGEMENT IN<br />
UNGEWISSEN ZEITEN SELBST ENTWI-<br />
CKELN? WIR HABEN UNS UMGEHÖRT.<br />
VON CHRISTOF DOMENIG<br />
Die psychischen Folgen der Corona-Krise,<br />
beginnend mit<br />
dem ersten Lockdown im<br />
März, hat der Grazer Psychologe Alois<br />
Kogler untersucht. Laut der am Institut<br />
für Psychosomatik und Verhaltenstherapie<br />
durchgeführten Studie waren Gefühle<br />
der Ängstlichkeit und Depressivität wie<br />
auch körperliche Reaktionen – schlecht<br />
schlafen können, Schweißausbrüche,<br />
Schwindel usw. – in der unmittelbaren<br />
Phase nach dem Herunterfahren des öffentlichen<br />
Lebens sehr stark ausgeprägt.<br />
Sie gingen dann im Mai und vor allem<br />
Juni aber auch wieder deutlich zurück.<br />
Vor allem aber gelang es rund 80 Prozent<br />
der in der Studie Befragten, unter Anleitung<br />
etwas für sich und ihr Glück zu tun,<br />
etwa den Tagesablauf zu strukturieren,<br />
sich kleine Ziele zur Bewahrung ihres Alltags<br />
zu setzen.<br />
Was beachtet werden muss: Die Studie<br />
wurde mit Patientinnen und Patienten,<br />
also psychisch kranken Personen durchgeführt.<br />
Erkenntnisse daraus könne man<br />
jedoch auch auf die Arbeitswelt übertragen,<br />
betont Kogler – der in der Öffentlichkeit<br />
vor allem als Sportpsychologe bekannt<br />
ist, aber auch Arbeitspsychologe ist<br />
und Führungskräfte sowie generell Menschen<br />
im Berufsleben mental betreut.<br />
„Letztlich waren die Menschen trotz der<br />
außergewöhnlichen Situation sehr gut in<br />
der Lage, ihre Ressourcen zu aktivieren“,<br />
erklärt Kogler. Sie hätten sich auf ihre<br />
Stärken konzentriert und damit ihre Lebensqualität<br />
deutlich steigern können.<br />
Nach der Digitalisierung und dem Klimawandel<br />
ist es also die Corona-Pandemie,<br />
die als Unsicherheitsfaktor auf weite<br />
Teile der Arbeitswelt einwirkt. Stärker, als<br />
alles zuvor. Was das Ausmaß realer wirtschaftlicher<br />
Auswirkungen betrifft und<br />
vor allem auch als Bedrohungsszenario,<br />
wenn Infektionszahlen weiter ansteigen<br />
und auch staatliche Hilfen in absehbarer<br />
Zeit an ihre Grenzen stoßen. Man muss<br />
aber gar nicht gleich an (drohende) Insolvenzen<br />
und Arbeitslosigkeit denken:<br />
Schon Auswirkungen auf gewohnte Arbeitsabläufe<br />
– wie Homeoffice in Verbindung<br />
mit Kinderbetreuung – waren und<br />
sind Stressfaktoren, die die Gesundheit<br />
wie die Leistungsfähigkeit beeinflussen.<br />
Was macht so eine Krise mit unserem<br />
Innenleben? Grob ließen sich dabei Menschen<br />
in drei Gruppen teilen, sagt Psychologe<br />
Kogler: Eine im Grunde genommen<br />
sehr widerstandsfähige und „im besten<br />
Sinn“ anpassbare Gruppe, der es in<br />
schwierigen Zeiten gut gelinge, die Ärmel<br />
hochzukrempeln und „anzupacken“.<br />
Etwa 50 Prozent der Menschen fielen in<br />
diese Gruppe. Unter Unternehmern und<br />
Führungskräften sei jedoch ein deutlich<br />
höherer Prozentsatz anzunehmen. Eine<br />
zweite Gruppe brauche einen Rahmen in<br />
ihrem Leben, „mit Lockdown und<br />
Home office habe sie diesen Rahmen verloren<br />
und musste ihn erst wiederfinden.“<br />
Man könne von ca. 15 bis 20 Prozent<br />
Anteil dieser Gruppe ausgehen. Die dritte<br />
Gruppe seien „Widerständige“ (nicht zu<br />
verwechseln mit Corona-Leugnern und<br />
Fotos: Getty Images<br />
6 BGM
Verschwörungstheoretikern – die gibt es<br />
auch, sind aber eine viel kleinere Gruppe):<br />
Etwa 30 Prozent seien es, die vorrangig<br />
Ärger und Wut über die ungewollte<br />
Situation als Antrieb empfänden und daraus<br />
auch Kraft schöpften.<br />
Aber für alle drei Gruppen gelte: „Alle<br />
haben innere Kräfte – und die muss man<br />
finden.“ Das ist die Aufgabe von Führungskräften,<br />
aber auch etwa von Psychologen<br />
und Beratern. An Aufgaben in der<br />
Betrieblichen Gesundheitsförderung fehlt<br />
es zurzeit also gewiss nicht – um mit gemeinsamer<br />
Kraft möglichst viele Unternehmen<br />
möglichst gut durch die aktuelle<br />
Krise zu manövrieren.<br />
„BGM noch gar nicht angekommen“<br />
Schon eher könnte es an finanziellen Ressourcen<br />
für die Förderung von Mitarbeitergesundheit<br />
mangeln – sollte man meinen,<br />
wenn wirtschaftlich schlechte Zeiten<br />
drohen: dass an gesundheitsfördernden<br />
Maßnahmen in Unternehmen gespart<br />
wird. Eigentlich ist es ja paradox, wo gerade<br />
in schwierigen Zeiten Unterstützung<br />
gefragt wäre: „Die Gefahr besteht – auch<br />
deshalb, weil in Österreich immer noch<br />
das Betriebliche <strong>Gesundheitsmanagement</strong>,<br />
also BGM, mit Betrieblicher Gesundheitsförderung,<br />
BGF, gleichgesetzt<br />
wird“, meint Bernd Bruckmann, Gründer<br />
des Beratungsunternehmens Qi-<br />
QUADRAT in Wien. Oder überspitzt<br />
ausgedrückt: „Man sagt jetzt halt zum<br />
Obstkorb BGM statt BGF.“<br />
Dass „BGM“ aber mehr ist als einzelne<br />
gesundheitsfördernde Maßnahmen in<br />
Betrieben, war in den letzten Jahren immer<br />
wieder Thema in diesem <strong>Magazin</strong>.<br />
Bei den Unternehmen – vor allem im<br />
KMU-Bereich – sei das jedoch noch<br />
kaum angekommen. „BGM ist immer<br />
ein ganzheitliches Konzept – das neben<br />
DR. ALOIS KOGLER<br />
ist Psychologe und Unternehmer<br />
in Graz, bietet mit TEAM-<br />
SPIRIT digitales betriebliches<br />
<strong>Gesundheitsmanagement</strong> an.<br />
www.teamspirit.at<br />
MAG. BERND<br />
BRUCKMANN<br />
ist Gründer und Geschäftsführer<br />
von QiQUADRAT health<br />
management in Wien.<br />
www.qiquadrat.at<br />
DR. ROMAN<br />
HEINZLE<br />
ist Co-Gründer und CEO von<br />
MOVEEFFECT in Pasching (OÖ),<br />
das digitale Lösungen im <strong>Gesundheitsmanagement</strong><br />
bietet.<br />
www.moveeffect.com<br />
ÖSTERREICHI-<br />
SCHER BETRIEBS-<br />
SPORTVERBAND<br />
www.firmensport.at<br />
BGM<br />
7
Beim Arbeitsweg<br />
liegt noch viel<br />
Potenzial für tägliche<br />
Bewegung.<br />
Arbeitssicherheit, Arbeitsmedizin, Arbeitsverhältnissen<br />
und Prävention auch<br />
Organisation, Arbeitsprozesse, Führung<br />
und Kultur mit einbezieht. Es ist ein echtes,<br />
ganzheitliches Managementsystem“,<br />
betont Bruckmann. „Diese Differenzierung<br />
der Begriffe ist deshalb wichtig, weil<br />
‚BGF‘ in der Praxis oft wie ein Marketingbudget<br />
gesehen wird – das man in<br />
schwierigen Zeiten halt einfach kürzt.“<br />
Das BGM-Einstiegsangebot von Qi-<br />
QUADRAT, genannt „Business Resilienz“,<br />
ist deswegen auf drei Ebenen konzipiert:<br />
„Es bezieht die individuelle, organisatorische<br />
Resilienz wie auch die Resilienz<br />
des Geschäftsmodells mit ein. Denn was<br />
nützt das beste BGM, wenn das Unternehmen<br />
mit seinem Geschäftsmodell die<br />
Krise nicht meistern kann?“<br />
Roman Heinzle, Co-Gründer und Geschäftsführer<br />
von MOVEEFFECT, einem<br />
oberösterreichischen Anbieter digitaler<br />
Lösungen im Betrieblichen <strong>Gesundheitsmanagement</strong>,<br />
sieht die Problemlage<br />
grundsätzlich ähnlich: „Gesundheitsangebote<br />
funktionieren in Unternehmen zumeist<br />
nach dem Gießkannenprinzip. Was<br />
fehlt, ist eine Struktur und eine Strategie<br />
dahinter.“ Meist würden die Auswirkungen<br />
der gesundheitsfördernden Angebote<br />
auch gar nicht gemessen – was heute<br />
durch Digitalisierung und Datenanalyse<br />
aber sehr einfach möglich sei, automatisiert<br />
und ohne Personaleinsatz.<br />
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Heinzle will Unternehmen in der aktuellen<br />
Krise einerseits mit einer simplen<br />
Rechnung davon überzeugen, dass sich<br />
ein Investment in die Mitarbeitergesundheit,<br />
etwa in ein Stärken des Immunsystems,<br />
lohnt: „Mit Erkältungs- oder Grippesymptomen<br />
werden Beschäftigte heimgeschickt,<br />
müssen einen Test machen und<br />
auf das Ergebnis warten: Fünf Ausfallstage<br />
sind schnell zusammen. Man kann<br />
sich leicht ausrechnen, welche Verluste<br />
hier drohen.“ Bei den Angeboten setzt<br />
Heinzles MOVEEFFECT auf die drei<br />
Bereiche Bewegung, Ernährung und<br />
Mentales, wobei der Geschäftsführer betont:<br />
„Die Angebote müssen niedrigschwellig<br />
sein, um von möglichst vielen<br />
Beschäftigten angenommen zu werden.“<br />
Bewegung und mentale Stärke<br />
Speziell über die Rolle von Bewegung in<br />
der Betrieblichen Gesundheitsförderung<br />
machte man sich beim Österreichischen<br />
Betriebssportverband (ÖBSV) Gedanken.<br />
Konkret bei der – heuer online abgehaltenen<br />
– Fachtagung des Verbands. Wie der<br />
BGM-Experte Volker Nürnberg von der<br />
deutschen Universität Allensbach in seinem<br />
Vortrag festhielt, seien zwar einerseits<br />
vor allem psychische Erkrankungen<br />
im Steigen begriffen – aber diese auch<br />
eng mit dem allgemeinen Bewegungsmangel<br />
verknüpft: „Unsere Elterngeneration<br />
legte durchschnittlich 10 Kilometer<br />
pro Tag zurück, heute ist es im Schnitt<br />
ein Kilometer.“ Nürnberg hielt auch fest,<br />
dass mit den meisten gesundheitsfördernden<br />
Maßnahmen in Betrieben lediglich<br />
20 Prozent der Mitarbeiter erreicht würden<br />
und zwar die sowieso schon gesundheitsorientierten<br />
– also eigentlich die falsche<br />
Zielgruppe. Um auch „gesundheitsferne<br />
Gruppen“ zu erreichen, sei es die<br />
zentrale Herausforderung, Bewegung in<br />
den Arbeitsalltag zu integrieren. Ein einfaches<br />
Mittel dafür wäre, Besprechungen<br />
gehend im Freien durchzuführen.<br />
Thorsten Schmitz, CEO von Intersport<br />
Austria, verwies bei der Fachtagung<br />
gleichzeitig darauf, dass der Wert von Bewegung<br />
und Sport in der Gesellschaft<br />
deutlich im Steigen begriffen ist: Laut<br />
„Intersport Sportreport“ würden 67 Prozent<br />
der Österreicher zumindest einmal<br />
pro Woche Sport betreiben, ein Drittel<br />
mehrmals pro Woche. Vor allem aber<br />
würde sich die Wahrnehmung von Sport<br />
deutlich wandeln: „Nicht mehr über<br />
‚schneller, höher, weiter‘, sondern als tägliches<br />
Phänomen.“ Der „Sportivity“-<br />
Trend, wie ihn der Zukunftsforscher<br />
Matthias Horx bezeichne, werde durch<br />
Corona jedenfalls deutlich beschleunigt.<br />
Auch Schmitz betonte, wie entscheidend<br />
es wäre, Bewegung in den Alltag zu integrieren.<br />
Und: „Ich sehe Unternehmen in<br />
einer wichtigen, aufklärenden Rolle:<br />
Sport ja, aber richtig“, so Schmitz, der<br />
anstatt eines „Auspowerns am Wochenende“<br />
für leichte Sport- und Bewegungseinheiten<br />
zwischendurch als Ausgleich<br />
zum Arbeitsalltag plädierte. Etwa eine<br />
Laufrunde in der Mittagspause.<br />
Gregor Petri schließlich verwies bei der<br />
Tagung auf das Potenzial, Arbeitswege<br />
viel stärker bewegt zu nutzen. Der<br />
Co-Gründer von „Fluidtime“, einem<br />
Wiener Unternehmen für digitale Mobi-<br />
8 BGM
litätslösungen, erklärte, dass laut Studie<br />
des Verkehrsclubs Österreich nur 8 Prozent<br />
der Wege zur Arbeit zu Fuß und nur<br />
7 Prozent mit dem Fahrrad zurückgelegt<br />
würden. Und das, obwohl 30 Prozent<br />
der Arbeitswege kürzer als 5 und die<br />
Hälfte kürzer als 10 Kilometer wären:<br />
„Es gibt viel Potenzial fürs Fahrrad und<br />
E-Bike.“<br />
Durch digitale Lösungen könne man<br />
ein Umdenken schaffen, meinte Perti –<br />
der etwa anregte, Firmenautos durch<br />
Fahrrad- und E-Bike-Flotten zu ersetzen<br />
oder aber durch geschickt gemachte Belohnungssysteme<br />
Anreize für gesunde<br />
Arbeitswege zu schaffen. Die Themen<br />
Digitalisierung und Klimaschutz ließen<br />
sich hier ideal verknüpfen: „Grün unterwegs<br />
zu sein, ist gerade vielen Jungen ein<br />
Anliegen“, betonte Petri.<br />
Zusammenrücken gefragt<br />
Zurück zur aktuellen Lage: Natürlich<br />
gibt es kein Patentrezept, wie sowohl<br />
Unternehmen als auch alle im Berufsleben<br />
stehenden Menschen – im doppelten<br />
Wortsinn – gesund durch die schwierige<br />
Zeit kommen können. Der Psychologe<br />
Alois Kogler nennt jedoch einige<br />
wertvolle, allgemeingültige Empfehlungen:<br />
„Der erste Schritt ist ein Lob des<br />
Unternehmens“, empfiehlt Kogler allen<br />
– gerade in schwierigen Zeiten, in denen<br />
Unzufriedenheit und damit verbunden<br />
Kritik schwelen: „Wenn ich den Ort, an<br />
dem ich arbeite, abwerte, werte ich mich<br />
selber ab. Das ist wie in einer Beziehung,<br />
wenn ich meinen Partner abwerte.“<br />
Die wirtschaftlichen „Lenker“ von<br />
Unternehmen seien es generell seit<br />
zwei Jahrzehnten gewohnt, dass es Sicherheit<br />
und Stabilität in einer von<br />
Veränderung geprägten Welt nicht<br />
mehr gebe: So gesehen sei die aktuelle<br />
Krise eine Zuspitzung der Situation,<br />
aber keine wirkliche Veränderung:<br />
„Auf die Stärken des Unternehmens<br />
fokussieren, auch die gewohnte Unternehmenskultur<br />
nicht ändern, sondern<br />
stärken“, rät Kogler. Auch wichtig:<br />
„Klarheit schaffen in Rollen und Aufgaben,<br />
weil viele Konflikte aus unklarer<br />
Rollen- und Aufgabenverteilung entstehen.“<br />
Ebenfalls entscheidend:<br />
„Transparenz in der Kommunikation“.<br />
Ganz allgemein empfiehlt der Psychologe<br />
ein Zusammenrücken zwischen<br />
Führung und Belegschaft – etwa<br />
zur Frage, ob denn Maßnahmen zur<br />
Betrieblichen Gesundheitsförderung<br />
noch leistbar seien: „Es kann nicht eine<br />
Seite alle Kosten alleine schultern.“ Als<br />
Führungskraft gelte es, Zukunftsoptimismus<br />
zu vermitteln und den Blick<br />
nach vorne zu richten. Und auch<br />
Chancen zu erkennen: „Aus der ‚Corona-Müdigkeit‘<br />
entsteht auch eine Gegenströmung,<br />
dass sich Dynamik entwickelt<br />
und man Projekte voranbringt:<br />
Auch das ist etwas, wo Führungskräfte<br />
Vorbild sein können.“ Was laut Alois<br />
Kogler heute jedenfalls auch klar sein<br />
muss: „Es wird keine Zeit nach Corona<br />
geben – in dem Sinn, dass alles wird<br />
wie zuvor. Genauso, wie es keine Zeit<br />
nach der Digitalisierung geben wird.“<br />
Auch wenn<br />
alles vom<br />
Abstandhalten<br />
spricht: Im<br />
übertragenen<br />
Sinn ist im<br />
Arbeitsleben<br />
Zusammenstehen<br />
ein<br />
Gebot der<br />
Stunde.<br />
GASTKOMMENTAR<br />
Mag. Renate Krenn<br />
ist Geschäftsführerin<br />
des ASZ<br />
www.asz.at<br />
ARBEITNEHMER-<br />
SCHUTZ IN<br />
CORONA-ZEITEN<br />
DIE NEUE ARBEITSSITUATION MACHT BE-<br />
TRIEBLICHE GESUNDHEITSFÖRDERUNG<br />
UND PSYCHOLOGISCHE UNTERSTÜT-<br />
ZUNG DER MITARBEITERINNEN UND MIT-<br />
ARBEITER SO WICHTIG WIE NOCH NIE.<br />
Coronabedingt ist für viele Menschen<br />
das Homeoffice zur Arbeitsrealität<br />
geworden. Und für manche auch zum<br />
Problem. Sie leiden unter Rücken-, Nacken-,<br />
Schlaf- und Gewichtsproblemen,<br />
weil die Bewegung zu kurz kommt und<br />
der Arbeitsplatz zu Hause alles andere als<br />
optimal ist. Denn während es für Büroarbeitsplätze<br />
gesetzliche Vorschriften<br />
gibt, findet Homeoffice oft am Küchentisch<br />
oder Sofa statt.<br />
Gesetzgebung muss reagieren<br />
Das Homeoffice wird bleiben und es<br />
muss eiligst geklärt werden, welche Rahmenbedingungen<br />
die neue Arbeitssituation<br />
benötigt, damit sowohl Arbeitgeber<br />
als auch Arbeitnehmer davon profieren<br />
können. Derzeit zeigt sich, dass die Produktivität<br />
abnimmt, je länger Mitarbeiter<br />
im Homeoffice sind. Vor allem die<br />
psychische Komponente der sozialen<br />
Isolation kommt dann zum Tragen.<br />
Gesundheit goes online<br />
In der Zwischenzeit helfen wir Unternehmen<br />
mit einem flexiblen Online-Gesundheitsprogramm,<br />
in dem neben Ergonomie-,<br />
Fitness- und Ernährungsangeboten<br />
auch mit psychologischer Online-Betreuung<br />
unterstützt wird. Das<br />
sorgt für positive Stimmung, Teamgeist<br />
und Zusammenhalt, auch wenn auf<br />
Meetings, gemeinsame Mittagessen und<br />
Kaffeepausen verzichtet werden muss.<br />
Foto: ASZ<br />
BGM<br />
9
FÜHREN<br />
WIE IM<br />
SPORT<br />
DASS IM SPORT WIE IM BERUFSLE-<br />
BEN DIESELBEN ERFOLGSPRINZIPI-<br />
EN GELTEN, HAT PETER HUBER AM<br />
EIGENEN LEIB ERFAHREN. ZUVOR<br />
MUSSTE ER DURCH EIN TIEFES TAL<br />
GEHEN. IN SEINEM „LEISTUNGSZEN-<br />
TRUM FÜR POTENZIALENTFALTUNG<br />
UND BURN OUT-PRÄVENTION“ GIBT<br />
HUBER, GEMEINSAM MIT ZWEI<br />
LEISTUNGSSPORT-EXPERTEN, SEINE<br />
ERFAHRUNGEN JETZT WEITER.<br />
VON KLAUS MOLIDOR<br />
Wo ich bin, ist vorne, so hat sich<br />
Peter Huber lange gesehen.<br />
Erfolgreich im Vertriebsjob,<br />
charismatisch, begeisternd. Bis die über<br />
20 Jahre hinweg aufgebaute Fassade einstürzte<br />
und der Oberösterreicher ins<br />
Burnout schlitterte. „Du bist ständig unglücklich,<br />
trübsinnig, kannst nicht mehr<br />
schlafen, bist permanent unzufrieden<br />
mit dir und deinem Leben“, erinnert<br />
sich der heute 48-Jährige. „Ich hab das<br />
alles als Charakterschwäche definiert.“<br />
Gereizt, einsam, nur noch mit sich selbst<br />
beschäftigt: So taumelt Huber durch den<br />
Alltag. Jedes E-Mail, jedes Telefonat, alles<br />
verursacht in dieser Situation riesigen<br />
Stress.<br />
Um eine Veränderung anzustoßen,<br />
braucht es ein Schlüsselerlebnis. „Meine<br />
Schwester hat mir von ihrem Kraulkurs<br />
erzählt. So was wollte ich schon immer<br />
machen“, erzählt Huber. Zu dem Zeitpunkt<br />
war er 15 Jahre nicht mehr<br />
schwimmen, ist 20 Jahre auf keinem<br />
Fahrrad mehr gesessen. Gelaufen ist er,<br />
aber immer nur drei, vier, fünf Kilometer<br />
und dann mit Maximalpuls. Nicht<br />
als Ausgleich oder aus Freude, sondern<br />
um sich zu spüren.<br />
Auf dem Weg zur ersten Schwimmeinheit<br />
ist er noch ganz der Checker.<br />
Teurer Anzug, edle Schuhe, Markensporttasche.<br />
„Je näher ich der Halle aber<br />
gekommen bin, desto kleiner bin ich geworden.<br />
Am Beckenrand bin ich dann<br />
mit meiner Badehose gesessen und war<br />
im übertragenen Sinne nackt.“ Wieder<br />
der Stress: „Ich kann das nicht und alle<br />
Leute schauen mir zu.“ Die ersten Züge<br />
Fotos: Ingrid Amon<br />
10 BGM
DAS SIEGERPRINZIP<br />
Gemeinsam mit Robert Fritz und<br />
Michael Koller von der „Sportordination“<br />
in Wien bietet Peter Huber<br />
Kurse für Teams, Führungskräfte<br />
und Menschen an, die zum Vorbild<br />
in der neuen Arbeitswelt reifen<br />
wollen.<br />
Alle Infos dazu unter:<br />
www.siegerprinzip.com<br />
Peter Huber: „Potenzialentfaltung<br />
und Burnout-Prävention im Vertrieb.<br />
Mit den Grundsätzen des<br />
Leistungssports<br />
zur Balance zwischen<br />
Erfolg und<br />
Gelassenheit.“<br />
Springer Gabler<br />
<strong>2020</strong>, € 35,97<br />
unter Wasser waren dann auf einmal<br />
Glückseligkeit. „Die Welt ist weg, du<br />
bist ganz bei dir. Kein Stress, keine Sorgen,<br />
kein Lärm. Ich war nur bei mir, bei<br />
Händen, Hüften, Schultern, Atmung.“<br />
Von da an beginnt er wieder Sport zu<br />
treiben. „Wieder etwas zu lernen, tut<br />
gut. Grundlagen zu schaffen. Im Erwachsenenalter<br />
suchen wir doch alle Abkürzungen<br />
und rauben so unsere Ressourcen<br />
aus. Wir wollen sofort am Gipfel<br />
sein.“ Huber beginnt auch wieder<br />
mit dem Radfahren und dem Laufen. Er<br />
will einen Triathlon absolvieren, einen<br />
Halb-Ironman. Sein Schwimmtrainer<br />
organisiert ihm eine Leistungsdiagnostik<br />
in der „Sportordination“ in Wien bei<br />
Sportwissenschafter Mag. Michael Koller<br />
und Sportmediziner Dr. Robert Fritz.<br />
Wieder will er die Abkürzung zum Erfolg<br />
nehmen. Huber trainiert fortan 15<br />
Stunden die Woche. Nach vier Monaten<br />
die Kontrolluntersuchung. Fritz und<br />
Koller wissen nicht, wie sie ihrem<br />
Schützling die Nachricht überbringen<br />
sollen, denn verändert hat sich: nichts.<br />
Aus heutiger Sicht ist das gut. So finden<br />
die drei zusammen. Planen, strukturieren,<br />
verfeinern das Training. Statt 15<br />
trainiert Huber nur mehr rund 7 Stun-<br />
BGM<br />
11
den, mit genau geplanten Regenerationsphasen.<br />
Verstärkt achtet er auf<br />
Grundlagen bei Technik und Kondition.<br />
Feedback und Wegbegleiter<br />
Bald merkt das Trio: Es gibt unzählige<br />
Analogien zwischen Sport und Berufsleben:<br />
„Auch im Job hilft eine Art Leistungsdiagnostik:<br />
Zu sehen, wo man<br />
steht“, sagt Peter Huber. Um sich weiterzuentwickeln,<br />
braucht es Feedback.<br />
„Wenn du beim Schwimmen die Technik<br />
nicht beherrschst, gibt dir das Wasser<br />
unmittelbar Feedback“, zieht er einen<br />
plastischen Vergleich. Auch im Job<br />
brauche es nicht nur die Leistung, sondern<br />
auch die ehrliche Rückmeldung,<br />
um besser zu werden. Diese habe ihm<br />
selbst jedoch 20 Jahre lang gefehlt.<br />
Wieder ist es ein Schlüsselmoment,<br />
der Huber eine Analogie vor Augen<br />
führt. Diesmal die Finishline beim ersten<br />
Ironman. „Die Familie war da, mein<br />
Schwimmtrainer hat mir die Medaille<br />
umgehängt. Michael Koller hat mich auf<br />
der Laufstrecke angetrieben, als ich einmal<br />
gegangen bin. Da hab ich gespürt,<br />
ich bin ihm nicht egal. Die richtigen<br />
Wegbegleiter sind unglaublich wichtig.“<br />
Plötzlich stellt er sich die Frage, wie er<br />
sportlich in nur zwei Jahren etwas für<br />
ihn Großes erreichen konnte und im Job<br />
in 20 Jahren keinen nachhaltigen Erfolg<br />
haben konnte und daran beinahe zerbrochen<br />
wäre. „Da hab ich mich gefragt:<br />
Welche Vision habe ich, welche Talente?<br />
Wer sind meine Wegbegleiter? Wie sieht<br />
mein Lebensmodell aus? Ich hab mir<br />
durch den Sport Ziele gesetzt, ein Fundament<br />
geschaffen, ich war endlich ehrlich<br />
zu mir und meinem Potenzial.“ Das<br />
alles ist auch in der Arbeitswelt entscheidend,<br />
sagt Huber.<br />
Stärken stärken statt schulen<br />
Der Oberösterreicher hat ein Buch zu<br />
diesem Thema geschrieben. Noch mehr:<br />
Er hat gemeinsam mit seinen sportlichen<br />
Betreuern Michael Koller und Robert<br />
Fritz das „Leistungszentrum für Potenzialentfaltung<br />
und Burnout-Prävention“<br />
gegründet. Die drei bieten Seminare<br />
und Workshops an, um aufzuzeigen, wie<br />
man mit Methoden aus dem Leistungssport<br />
die Job-Performance steigern –<br />
und gleichzeitig Stress verringern kann.<br />
Oft kämen Leute in ein Seminar,<br />
fremdgesteuert, ohne persönliches Ziel<br />
oder Handlungsdruck. „Wie sollen die<br />
denn besser werden? Es braucht wie im<br />
Sport ein persönliches Ziel, den Mut, zu<br />
seinen Stärken und Schwächen zu stehen,<br />
sie auszusprechen, um dann an der<br />
Verbesserung arbeiten zu können.“<br />
Es geht auch ums Ermutigen: Untersuchungen<br />
würden zeigen, warum Aufträge<br />
im Verkauf gewonnen oder verloren<br />
würden: Zu 50 Prozent aus Überzeugungskraft,<br />
zu 40 Prozent aus Fleiß –<br />
und nur zu einem geringen Teil<br />
aufgrund von Produktwissen. „Überzeugungskraft<br />
kann ich aber nur haben,<br />
wenn ich Selbstbewusstsein habe“, sagt<br />
Huber. „Wir glauben, wir können alles<br />
lernen. Aber wir müssen die Leute vor<br />
EMOTIONALE<br />
MINENFELDER<br />
Der Masterlehrgang „Mediation,<br />
Negotiation, Communication &<br />
Conflict Management“ bei UNI for LIFE<br />
richtet sich an Personen, die ihr<br />
Verhaltensrepertoire in Konflikten<br />
erweitern möchten.<br />
Wo Menschen zusammenarbeiten,<br />
menschelt es. In jedem Unternehmen<br />
gibt es ein Konfliktpotenzial, das einen<br />
großen Einfluss auf das Unternehmen<br />
selbst, die Qualität der Produkte oder<br />
Dienstleistungen haben kann. Business<br />
ist nicht immer nur Schönwetter. Eine<br />
umfassendere und auf die Zukunft<br />
ausgerichtete Maßnahme in Konfliktfällen<br />
ist die Mediation – ein Prozess der<br />
Annäherung der Parteien, um einen<br />
gemeinsamen Nenner zu finden.<br />
Konflikte? Exit: Mediation!<br />
Der Masterlehrgang „Mediation, Negotiation,<br />
Communication & Conflict<br />
Management“, der von UNI for LIFE<br />
im März 2021 wieder angeboten wird,<br />
rückt eine systematische und geregelte<br />
Vorgehensweise bei beruflichen Konflikten<br />
unter Mithilfe von Mediator/ -innen<br />
in den Mittelpunkt. Tipp: Am 24.<br />
November findet um 18 Uhr ein<br />
kostenloses Online-Infoevent statt.<br />
INFOS UND<br />
ANMELDUNG<br />
www.uniforlife.at<br />
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12 BGM
Peter Huber mit Sportmediziner Robert Fritz und<br />
Sportwissenschafter Michael Koller (l.).<br />
allem ermutigen – auch zur Selbstreflexion.<br />
Stattdessen werden Mitarbeiter in<br />
zweitägige Schulungen geschickt und<br />
danach wird erwartet, dass sie besser geworden<br />
sind. Wo in Wahrheit nur der<br />
Druck auf sie noch mehr steigt.“<br />
Ermutigen ist für Huber auch das Gebot<br />
der Stunde in der Corona-Zeit.<br />
„Stärken stärken. Dazu braucht es eine<br />
ganz andere Offenheit im Umgang mit<br />
der eigenen Persönlichkeit.“<br />
Diese neue Offenheit sei auch in Unternehmen<br />
gefordert. Huber, Koller und<br />
Fritz empfehlen einen anderen Umgang<br />
mit Mitarbeitern. Oder wie Huber, in<br />
seiner Jugend selbst Fußballer, es plastisch<br />
erklärt: „Bayern-Spieler Joshua<br />
Kimmich hat nach dem Sieg im Champions-League-Finale<br />
auf die Frage, was<br />
Trainer Hansi Flick anders macht als<br />
Vorgänger Niko Kovac, geantwortet: Er<br />
nimmt die Spieler als Spieler wahr und<br />
benutzt sie nicht nur für sein System.“<br />
Gerade um die junge, gut ausgebildete<br />
Generation in Unternehmen zu bekommen<br />
und zu halten, sei diese neue Art<br />
von Führung gefragt, die Individualität<br />
oder auch ein Sinnerleben in den Mittelpunkt<br />
rückt.<br />
Mit sich selbst ist Huber heute im<br />
Reinen. Er hat durch den Sport gelernt,<br />
auf seinen Körper zu hören, merkt,<br />
wenn er Pausen braucht, merkt aber<br />
auch, wann er besser geworden ist. Nach<br />
einem fast lebensbedrohenden Burnout<br />
hat er den Weg in ein kraftvolles Leben<br />
in Balance geschafft, in ein selbstbestimmtes<br />
Leben. „Ich hab mir vorgenommen,<br />
viel öfter ich selbst zu sein.“<br />
GESUNDHEITS-<br />
FÖRDERUNG MIT<br />
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kommt und uns Corona<br />
weiterhin auf Trab hält, sollten<br />
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Das wissen Sie natürlich.<br />
Sie würden auch gerne ein<br />
wirkungsstarkes Programm<br />
zur Gesundheitsförderung in<br />
Ihrem Unternehmen etablieren.<br />
Bloß: Es kostet zu viel<br />
und braucht Ressourcen, die<br />
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sich durch die Bewegung körperlich<br />
und geistig besser!<br />
BGM<br />
13
14 BGM<br />
WER NICHT ISST,<br />
KANN AUCH NICHT<br />
ARBEITEN
IM JOB GANZTÄGIG HÖCHSTLEISTUNGEN ZU<br />
VOLLBRINGEN, GEHT NUR, WENN RECHTZEITIG DER<br />
RICHTIGE TREIBSTOFF NACHGEFÜLLT WIRD. DAS GILT<br />
FÜR KÖPRERLICHE GENAUSO WIE FÜR GEISTIGE ARBEIT.<br />
ÜBER ESSEN UND TRINKEN ALS MOTIVATIONS-,<br />
LEISTUNGS- UND KREATIVITÄTSFAKTOR.<br />
VON CHRISTOF DOMENIG<br />
Fotos: Getty Images, Gourmet, Manuela Konrad<br />
Reich an bunten Zutaten,<br />
an den individuellen Bedarf<br />
angepasst und frisch zubereitet:<br />
So sollte im Idealfall<br />
das Mittagessen an einem<br />
Arbeitstag sein.<br />
Zu wenig Obst und Gemüse,<br />
zu viel Fleisch, Wurst und<br />
Fette: Der österreichische Ernährungsbericht,<br />
der an der<br />
Universität Wien alle fünf Jahre erstellt<br />
wird, zeigte auch 2017 das bekannte<br />
Bild. Die andere Seite lässt sich mit<br />
freiem Auge erkennen: In der Kollegenschaft<br />
und im Bekanntenkreis, beim<br />
Blick in Speisekarten und Supermarktregale<br />
– oder im Straßenbild, in dem<br />
„alternative“, zum Beispiel vegane Restaurants<br />
in manchen Stadtvierteln zum<br />
Mainstream geworden sind.<br />
Dem hohen Gut Gesundheit wird<br />
von immer mehr Menschen ein entsprechend<br />
hoher Stellenwert eingeräumt.<br />
Und das spiegelt sich auch im<br />
Ernährungsbewusstsein und -verhalten.<br />
So weiß auch Ernährungswissenschafterin<br />
Claudia Horacek von Gourmet, einem<br />
führenden Anbieter von Unternehmensgastronomie,<br />
zu berichten:<br />
„Die Menschen wissen sehr viel über<br />
richtiges und gutes Essen, sind auch<br />
sehr experimentierfreudig. Essen soll<br />
gut duften, schmecken und zugleich<br />
der Gesundheit guttun.“ Viele würden<br />
sich als ‚Flexitarier‘ sehen, die nur zweimal<br />
in der Woche Fleisch essen und da<br />
auf hohe Qualität achten, aber auch<br />
sehr genau auf die Herkunft, sagt die<br />
Expertin auch. Das Bewusstsein, dass<br />
Fleischproduktion mit der Klima frage<br />
verknüpft ist, sei ebenso angekommen<br />
wie jenes, „dass auch ein Gemüsecurry<br />
fantastisch gut schmecken kann.“<br />
So viel Zeit muss sein<br />
Ansprüche an die alltägliche Ernährung<br />
sind also gestiegen – was absolut zu begrüßen<br />
ist: Sich am Arbeitsplatz bewusst<br />
und „bedarfsgerecht“, also den<br />
persönlichen Anforderungen entsprechend<br />
zu ernähren, wirkt sich nämlich<br />
nicht nur langfristig positiv auf die Gesundheit<br />
aus. Sondern es schlägt sich<br />
unmittelbar auf die alltägliche Leistungsfähigkeit<br />
nieder.<br />
Weder Körper noch Geist können einen<br />
Arbeitstag hindurch auf Hochtouren<br />
laufen – auch das weiß jeder aus eigener<br />
Erfahrung. Es gibt Hochs und<br />
Tiefs. Wer seine Arbeitszeit gut strukturiert<br />
und regelmäßige Pausen einplant,<br />
in denen man die körperlichen und<br />
geistigen Akkus wieder auflädt, kann in<br />
Summe mehr leisten.<br />
„Die Mittagspause ist dabei ganz wesentlich“,<br />
sagt Claudia Horacek. Was<br />
passiert, wenn man von Termin zu Termin<br />
hetzend die Mittagspause opfert?<br />
„Konzentrationsschwächen, Leistungstiefs<br />
und Heißhungerattacken sind die<br />
Folge“, erklärt Horacek. Ein schnelles<br />
Weckerl, mit Gemüse oder etwas Salat<br />
„gepimpt“, ist natürlich besser als gar<br />
kein Energienachschub. Aber es sollte<br />
kein täglicher, vollwertiger Ersatz sein.<br />
„Allein die Vielfalt an bunten Zutaten<br />
MAG. CLAUDIA<br />
HORACEK<br />
ist Ernährungswissenschafterin<br />
und Geschäftsfeldleiterin für<br />
Business-Catering-Menü-<br />
Service bei GOURMET.<br />
www.gourmet-business.at<br />
BGM<br />
15
DR. MANUELA<br />
KONRAD<br />
ist Diätologin, lehrt und<br />
forscht an der FH JOANNEUM<br />
in Bad Gleichenberg und<br />
ist Präsidentin der Österreichischen<br />
Gesellschaft für<br />
Sporternährung (ÖGSE).<br />
www.oegse.at<br />
– Gemüse, Gewürze, Kräuter – die in einem<br />
gut zubereiteten warmen Essen<br />
drinstecken, lässt schon erahnen, wie<br />
viele Nährstoffe auch drin sind. Beim<br />
‚Snacking‘ kann man dagegen zwar den<br />
Energiebedarf decken, doch die Nährstoffe<br />
kommen zu kurz.“<br />
Horacek plädiert daher für ein warmes<br />
Mittagessen als Normalfall. Der deutlich<br />
bessere Nährstoffmix und auch die höhere<br />
Nährstoffdichte sorgen dafür, dass<br />
der Körper neben der Energie auch die<br />
Vitamine und Mineralstoffe in ausreichender<br />
Menge bekommt, die er zum<br />
Funktionieren braucht. Ein gutes, hochwertiges<br />
Essen ist aber auch Seelennahrung:<br />
„Es motiviert, macht Freude und<br />
gute Laune. Das hilft wiederum, Geistesleistungen<br />
zu erbringen, kreativ zu<br />
sein – genauso wie letztlich auch Arbeitsunfälle<br />
zu vermeiden.“<br />
Klar ist auch, dass körperlich arbeitende<br />
Menschen sich anders ernähren müssen<br />
als „Kopfarbeiter“. Allein durch den<br />
höheren Kalorienverbrauch beim<br />
Körper einsatz benötigt diese Gruppe<br />
tendenziell höhere Anteile an Kohlenhydraten<br />
und auch (hochwertigen) Fetten.<br />
Geht es um geistige Leistungsfähigkeit,<br />
kommt dem Eiweißanteil eine größere<br />
Bedeutung zu. Aber auch die richtigen<br />
Vitamine sind entscheidend: Nüsse,<br />
Beeren oder Weintrauben etwa gelten als<br />
perfektes Futter fürs Gehirn. In Betriebsküchen<br />
das Passende für alle bereitzustellen,<br />
sei schon eine gewisse Herausforderung,<br />
erklärt Claudia Horacek,<br />
etwa in Produktionsbetrieben, wo sowohl<br />
harte körperliche Arbeit als auch<br />
Büroarbeit zu tun ist: „Da zu differenzieren<br />
ist sehr wichtig – das funktioniert<br />
über Portionsgrößen wie auch die Zusammenstellungen.“<br />
Nährwertangaben<br />
geben Orientierung und helfen beim<br />
Auswählen. Horacek appelliert auch an<br />
Unternehmen, die Belegschaft bei der<br />
wichtigen Frage der täglichen Ernährung<br />
nicht alleinzulassen, sondern für qualitativ<br />
gute Angebote zu sorgen.<br />
Ein Glas Wasser pro Stunde<br />
Was fürs Essen gilt, gilt aber ebenso fürs<br />
Trinken: Eine gute Flüssigkeitsversorgung<br />
ist entscheidend für die Gesundheit<br />
und Leistungsfähigkeit, Tag für Tag.<br />
Und auch das gilt wieder nicht nur für<br />
körperlich anspruchsvolle, sondern genauso<br />
für „sitzende und denkende“ Berufe.<br />
Auch wenn man es nicht durch<br />
Schwitzen merkt, geht Flüssigkeit über<br />
die Atemluft und die Hautoberfläche<br />
ständig verloren: „Ein Flüssigkeitsmangel<br />
von 1,5 Prozent wirkt sich schon negativ<br />
auf die Konzentration, die Lernfähigkeit<br />
und das Erinnerungsvermögen<br />
aus“, weiß Manuela Konrad, Diätologin<br />
und Präsidentin der Österreichischen<br />
Gesellschaft für Sporternährung. „Studien<br />
zeigen aber auch, dass negative Gefühle<br />
wie Angst und Anspannung sowie<br />
Müdigkeit durch die leichte Dehydrierung<br />
gefördert werden.“ Oder aus einer<br />
anderen Studie: „Flüssigkeitsmangel<br />
wirkt sich nicht nur negativ auf die Speicherkapazität<br />
des Kurzzeitgedächtnisses<br />
aus. Dehydrierte Personen agierten langsamer,<br />
waren weniger flexibel, verloren<br />
leichter die Übersicht und hatten größere<br />
Schwierigkeiten, komplexe Zusammenhänge<br />
zu verstehen.“ Und besonders<br />
bemerkenswert: „Die geistige Leistungsfähigkeit<br />
war am Folgetag noch stärker<br />
eingeschränkt als direkt nach dem Flüssigkeitsverlust.<br />
Um die volle Leistungsfähigkeit<br />
zu erhalten, reicht es demnach<br />
nicht aus, einen Flüssigkeitsverlust im<br />
Nachhinein auszugleichen.“<br />
Heißt als Fazit einfach: über den Arbeitstag<br />
verteilt regelmäßig trinken. An<br />
Tagen ohne Sport oder vergleichbare<br />
körperliche Anstrengung rechnet man<br />
mit einem „Nachfüllbedarf“ von 30 ml<br />
Wasser pro Kilo Körpergewicht pro Tag.<br />
Klingt kompliziert – die Beispielrechnung<br />
macht es aber leicht verständlich:<br />
Bei 70 Kilo wären das 2,1 Liter. Ein Teil<br />
kommt zwar mit fester Nahrung zurück,<br />
„aber sicher nicht mehr als 20 Prozent“,<br />
sagt die Diätologin. Entsprechend sollte<br />
über den Arbeitstag hinweg getrunken<br />
werden, etwa ein Glas pro Stunde. Ein<br />
Trinkkrug, der morgens und zu Mittag<br />
gefüllt und am Arbeitsplatz aufgestellt<br />
wird, ist ein vielfach erprobtes Mittel,<br />
um im Arbeitsstress nicht aufs Trinken<br />
zu vergessen. Neben Wasser ist auch ungesüßter<br />
Tee ein ideales Alltagsgetränk,<br />
das die Kalorienbilanz nicht belastet.<br />
16 BGM
IBG<br />
Innovatives <strong>Betriebliches</strong><br />
<strong>Gesundheitsmanagement</strong><br />
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ZWEI TAGE HOMEOFFICE<br />
PRO WOCHE SIND GENUG<br />
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CORONA HAT DIE DIGITALE HEIMARBEIT ZU<br />
EINEM BEDEUTENDEN BESTANDTEIL UNSERER<br />
ARBEITSWELT GEMACHT. THEMEN DER<br />
GESUNDHEIT AM ARBEITSPLATZ DÜRFEN DABEI<br />
NICHT UNTER DIE RÄDER KOMMEN.<br />
IBG-Geschäftsführer<br />
Dr. Gerhard Klicka<br />
Das Konzept von Homeoffice ist nicht neu.<br />
Seit einem gefühlten Vierteljahrhundert<br />
geistert die Idee der internetbasierten<br />
Heimarbeit bereits durch Zukunftsvisionen der<br />
Arbeit und HR-Workshops. Der große Durchbruch<br />
blieb dem Homeoffice-Gedanken aber<br />
lange verwehrt – bis Corona kam. Homeoffice ist<br />
unter den komplexen Rahmenbedingungen der<br />
Pandemie praktisch ohne Alternative. Allerdings<br />
bedarf es flankierender Maßnahmen, um die<br />
Standards des Arbeitsschutzes und des betrieblichen<br />
<strong>Gesundheitsmanagement</strong>s auch in den vier<br />
Wänden der Arbeitnehmer/-innen zu halten.<br />
Vom Teamwork zum Einzelkampf<br />
Arbeit bedeutet soziales Leben. Für Personen, die<br />
nicht oder nur in einem sehr überschaubaren<br />
Familienverband leben, ist die Sozialisolation im<br />
Homeoffice eine ernsthafte psychische Belastung.<br />
Die Vereinzelung bei der Homeoffice-Arbeit ist<br />
nicht gesundheitsfördernd. Unser von IBG<br />
entwickelte Human Work Index® kann sehr<br />
zuverlässig das Leistungsvermögen eines Mitarbeiters<br />
oder einer Mitarbeiterin feststellen. Dabei<br />
werden Parameter wie Arbeitsbewältigung,<br />
Sinnfindung, Zusammenarbeit oder Führungskompetenz<br />
vernetzt. All diese Faktoren gehen im<br />
Homeoffice verloren. Erfolgserlebnisse und<br />
Sinngebung von Arbeit bleiben aus naheliegenden<br />
Gründen auf der Strecke. Es ist niemand da<br />
zum Schulterklopfen. Sinnfindung und Wertschätzung,<br />
zwei zentrale Elemente der Arbeitszufriedenheit,<br />
gehen dadurch verloren.<br />
Arbeitswelt von morgen<br />
Wenn die wohnlichen Rahmenbedingungen bei<br />
den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen<br />
passen, sind maximal zwei Homeoffice-Tage pro<br />
Woche vertretbar. Dafür müssen die Voraussetzungen<br />
stimmen: Die Corona-Krise ist überstanden,<br />
die Schule ist wieder im Regelbetrieb, der<br />
Arbeitnehmer hat ausreichenden Wohnraum und<br />
kann sich auf seine Aufgaben konzentrieren.<br />
Gutes Arbeitsklima hält gesund<br />
Es gibt den schönen Spruch: Wer nicht zusammen<br />
feiern kann, kann nicht zusammenarbeiten.<br />
Zahllose Studien zeigen, dass das Kollektiv immer<br />
effektiver ist als die Summe der Einzelkämpfer.<br />
Der soziale Zusammenhalt in einem Unternehmen<br />
besitzt ein wichtiges gesundheitsförderndes<br />
Potenzial. Beim Konzept Homeoffice fällt all das<br />
weg. Diese Konsequenzen von Homeoffice gilt es<br />
in der Gesetzgebung und im Unternehmensmanagement<br />
zu berücksichtigen.<br />
BGM<br />
17
GEWUSST, WANN<br />
TERMINE FÜR<br />
GESUNDE<br />
UNTERNEHMEN,<br />
FÜHRUNGSKRÄFTE,<br />
ARBEITNEHMER.<br />
UND WO<br />
TAGUNG<br />
DREILÄNDERTAGUNG DER DEUTSCHEN,<br />
ÖSTERREICHISCHEN UND SCHWEIZERISCHEN<br />
GESELLSCHAFT FÜR ERNÄHRUNG<br />
19./20. November <strong>2020</strong><br />
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FORUM SPORTERNÄHRUNG DER<br />
ÖSTERREICHISCHEN GESELLSCHAFT FÜR<br />
SPORTERNÄHRUNG (ÖGSE)<br />
26. Februar 2021<br />
Online-Veranstaltung<br />
www.oegse.at<br />
SEMINARE<br />
BGF-PROJEKTLEITUNG BASIS<br />
1.–3. Dezember <strong>2020</strong><br />
im Hotel Stoiser,<br />
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Wir hören lange, bevor wir<br />
sehen, riechen, tasten und<br />
schmecken können. Das<br />
Hören ist damit unser erster Sinn,<br />
der die Grundlage für soziale Interaktion<br />
bildet. Nur wer gut hört,<br />
versteht auch gut. „Hören verbindet<br />
und macht Kommunikation überhaupt<br />
erst möglich. Das gilt für<br />
wichtige Meetings oder Calls im<br />
Job genauso wie für Gespräche mit<br />
Familie oder Freunden. Vor allem<br />
auch die Corona-Zeit hat gezeigt,<br />
wie wichtig das Hören im Alltag ist –<br />
zum Beispiel beim Telefonieren oder<br />
Fernsehen“, sagt Hörakustik-Meister<br />
Andreas Grill von Neuroth. Dank<br />
unserer Ohren können wir uns aber<br />
auch orientieren, Gefahren rechtzeitig<br />
erkennen und Schallsignale<br />
richtig einordnen – vor allem im<br />
Straßenverkehr.<br />
Wie sich Lärm im (Berufs-)Alltag<br />
auf das Gehör auswirkt<br />
Ob Gespräche von Kollegen,<br />
Druckergeräusche, das Klingeln des<br />
Telefons: Im Büro ist es meistens<br />
nicht nur hektisch, sondern auch<br />
laut. Die Lautstärke in Großraumbüros<br />
liegt oft bei rund 70 Dezibel, in<br />
Produktionshallen ist der Lärmpegel<br />
sogar um einiges höher. Doch nicht<br />
nur im beruflichen Alltag ist Lärm<br />
ein ständiger Begleiter, sondern auch<br />
in der Freizeit. Meist nehmen wir<br />
ihn gar nicht mehr bewusst wahr.<br />
Und das kann durchaus Folgen für<br />
unsere Gesundheit haben: „Lärmschwerhörigkeit<br />
ist die zweithäufigste<br />
Art einer Hörminderung nach der<br />
Altersschwerhörigkeit. Nicht nur die<br />
Ohren leiden unter Lärm, sondern<br />
der gesamte Körper“, sagt Grill.<br />
Hören Sie auf Ihre Ohren<br />
Neben regelmäßigen Ruhepausen ist<br />
vor allem ein passender Gehörschutz<br />
hilfreich. „Für den Alltag gibt es<br />
verschiedene Gehörschutzlösungen,<br />
die den Lärmpegel auf einen ungefährlichen<br />
Wert senken und unsere<br />
Ohren entlasten – egal, ob für die<br />
Arbeit, zum Handwerken oder zum<br />
Schlafen“, sagt Grill, der empfiehlt:<br />
„Optimal sind maßgefertigte Gehörschutzlösungen,<br />
die individuell ans<br />
Ohr angepasst werden.“<br />
Ab 40 empfiehlt es sich außerdem,<br />
einmal im Jahr vorsorglich einen<br />
Hörtest zu machen. Altersbedingt<br />
lässt das Gehör Schritt für Schritt<br />
nach und das alltägliche Klangbild<br />
wird langsam unvollständig. „Meistens<br />
setzt eine Hörminderung schleichend<br />
ein. Die Umgebung klingt<br />
zunehmend anders – als ob alles<br />
verschwimmt“, erklärt der Neuroth-<br />
Experte. Im Alter sind es in erster<br />
Linie Konsonanten bzw. hochfrequente<br />
Töne und Laute, wie „s“, „f“<br />
und „sch“, die man nur mehr schwer<br />
wahrnehmen kann, was im Berufsleben,<br />
zum Beispiel bei Meetings,<br />
mühsam werden kann.<br />
20 BGM
Hören verbindet.<br />
Das Gehör bildet<br />
die Grundlage für<br />
unsere tägliche<br />
Kommunikation<br />
und soziale<br />
Interaktion. Ein<br />
gutes Gehör ist<br />
daher vor allem<br />
im Berufsleben<br />
wichtig.<br />
ANZEIGE / Fotos: Getty Images, Neuroth<br />
Hörminderung erkennen und<br />
richtig versorgen<br />
Umso wichtiger ist es, sich rechtzeitig<br />
helfen zu lassen. Stellt man eine<br />
Veränderung beim Hören und Verstehen<br />
fest, sollte man sofort einen<br />
HNO-Arzt oder einen Hörakustiker<br />
aufsuchen. Ein professioneller Hörtest<br />
bringt Klarheit und ist der erste<br />
Schritt zum besseren Hören. Im Falle<br />
einer Hörminderung ist es wichtig,<br />
diese rechtzeitig und vor allem richtig<br />
versorgen zu lassen.<br />
Der Weg zum besseren Hören ist<br />
ein Prozess, der Geduld erfordert,<br />
diese aber auch wert ist. Ein Hörakustiker<br />
berät bei der Auswahl der<br />
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nicht nur für besseres Hören sorgen,<br />
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Mit einem Gehörschutz<br />
werden nervige Umgebungsgeräusche<br />
gedämpft, Sprache kann man aber<br />
trotzdem weiterhin gut verstehen.<br />
Um einen perfekten Sitz im Ohr zu<br />
gewährleisten, ist ein Ohrabdruck<br />
notwendig, den ein Neuroth-Hörakustiker<br />
im Fachinstitut abnimmt.<br />
Danach wird der Gehörschutz mittels<br />
Hightech-3D-Druckverfahren und<br />
feinster Handarbeit maßgefertigt.<br />
Nach nur wenigen Tagen kann der<br />
persönliche Gehörschutz im Fachinstitut<br />
abgeholt werden. Ein weiteres<br />
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BGM<br />
21
BEWEGUNG<br />
IST DER SCHLÜSSEL<br />
WENN VIELE VERSTÄRKT IM HOMEOFFICE ARBEITEN, UND DA VOR ALLEM AN<br />
MOBILEN GERÄTEN, DRÄNGT SICH DIE FRAGE AUF: WERDEN RÜCKENSCHMER-<br />
ZEN UND HALTUNGSPROBLEME, DIE SOWIESO SCHON ALS VOLKSKRANKHEITEN<br />
GELTEN, NOCH EINMAL ZUNEHMEN? WARUM RICHTIGES SITZEN WICHTIG, EIN<br />
AUSGLEICH ZUM SITZEN ABER DAS UM UND AUF IST.<br />
VON CHRISTOF DOMENIG<br />
Laut einer Umfrage des Recruiting-Unternehmens<br />
Stepstone<br />
haben die berufstätigen Österreicherinnen<br />
und Österreicher<br />
die erste Homeoffice-Phase im Frühling<br />
eigentlich gut überstanden. Etwas mehr<br />
als die Hälfte, 53 Prozent, fühlten sich<br />
in der Heimarbeit wohler als gedacht.<br />
49 Prozent gaben an, Arbeit und Privatleben<br />
ließen sich harmonischer abstimmen,<br />
immerhin 41 Prozent sagten, es<br />
ließe sich daheim mehr Arbeit bewältigen<br />
als im Büro. Die Erfahrung gefiel 64<br />
Prozent so gut, dass sie auch nach Ende<br />
der Krise gern verstärkt von daheim aus<br />
arbeiten würden. Abgefragt wurden auch<br />
die räumlichen Verhältnisse: 43 Prozent<br />
hatten einen eigenen Büroraum zur Verfügung.<br />
33 Prozent arbeiteten vom<br />
Wohnzimmer aus, 9 Prozent richteten<br />
sich in der Küche und 8 Prozent im<br />
Schlafzimmer provisorisch ein.<br />
Arbeiten mit Laptop und Smartphone<br />
am Wohnzimmertisch, auf der Couch<br />
oder einem Küchensessel statt auf einem<br />
Bürostuhl: Das alles wird es also (wenn<br />
auch nicht mehr in so einem hohen<br />
Ausmaß wie im Frühling) auch in Zukunft<br />
verstärkt geben. Gleichzeitig weiß<br />
man, dass Erkrankungen des Bewegungsapparates<br />
wie Schmerzen im Rücken-<br />
und Nackenbereich zu den häufigsten<br />
chronischen Krankheiten in der<br />
westlichen Welt gehören.<br />
Wie also damit umgehen? Gut wäre<br />
naturgemäß ein Heimarbeitsplatz, der<br />
nach ergonomischen Gesichtspunkten<br />
optimiert ist (wie es ein Büroarbeitsplatz<br />
laut Arbeitnehmerschutzgesetz übrigens<br />
sein muss). Den Vorteil in aller Kürze<br />
erklärt Wolfgang Ebner von „Triaflex<br />
Sitz- und Arbeitsplatzsysteme“ (www.triaflex.at)<br />
in Linz so: „Ein ergonomischer<br />
Bürostuhl und ein ergonomischer Tisch,<br />
zum Beispiel ein Sitz-Steh-Schreibtisch,<br />
bieten den richtigen Komfort und geben<br />
auch die Möglichkeit, zwischen Stehen<br />
und Sitzen zu wechseln. Regelmäßige<br />
Was tun, wenn<br />
beim Arbeiten<br />
am Laptop<br />
der Nacken<br />
schmerzt? Einmal<br />
aufstehen<br />
und bewegen<br />
ist oft die<br />
beste „erste<br />
Hilfe“.<br />
geistige und körperliche Bewegung während<br />
der Bildschirmarbeit sind schließlich<br />
Voraussetzung für einen produktiven<br />
Arbeitstag. Darüber hinaus ist auch<br />
ergonomisches Zubehör für einen guten<br />
Heimarbeitsplatz wichtig.“ Noch ein<br />
Tipp: Wertvolle Informationen über das<br />
Einrichten von Heimarbeitsplätzen finden<br />
Arbeitgeber wie Arbeitnehmer auch<br />
in der AUVA-Broschüre „Telearbeitsplätze“<br />
(sie findet sich zum Downloaden<br />
auf: www.auva.at)<br />
Fotos: Getty Images, Clemens Niederholzer<br />
22 BGM
Kein Sitzapparat<br />
In der Praxis werden mobile Geräte wie<br />
Laptop und Smartphone aber wohl für<br />
viele noch länger Hauptarbeitsmittel im<br />
Homeoffice bleiben. Auch unter diesen<br />
Voraussetzungen kann man etwas für einen<br />
gesunden Bewegungspparat tun, sogar<br />
mit recht einfachen Mitteln.<br />
Es fängt bei der Arbeitsplatzgestaltung<br />
an. So rät der Innsbrucker Physiotherapeut<br />
Clemens Niederholzer: „Ein Laptop<br />
sollte nicht zu nah am Körper platziert<br />
CLEMENS NIEDER-<br />
HOLZER MSC.<br />
ist Physiotherapeut, betreut<br />
auch Spitzensportler (z. B. den<br />
Radsportler Patric Grüner beim<br />
Race Across America), betreibt<br />
mit Kolleginnen und Kollegen<br />
„Physio Full Motion“ in<br />
Innsbruck.<br />
www.physiofullmotion.at<br />
sein. Einfach ein wenig weiter wegrücken,<br />
so werden die Augen auch entlastet.<br />
Zusätzlich kann man den Laptop<br />
hinten erhöhen, indem man ein Buch<br />
unterlegt. Durch die nach vorne gekippte<br />
Tatstatur können die Hände locker<br />
aufliegen, was Reizungen der Handgelenke<br />
verhindert.“<br />
Auch der Lichteinfall spielt eine Rolle:<br />
Die Lichtquelle sollte von der Seite<br />
kommen, der Tisch mit dem Laptop<br />
möglichst im 90-Grad-Winkel am Fens-<br />
BGM<br />
23
GASTKOMMENTAR<br />
Dr. Gerhard Klicka<br />
ist Geschäftsführer<br />
von IBG<br />
www.ibg.at<br />
Foto: IBG<br />
PRÄSENTISMUS:<br />
ES ZAHLT SICH<br />
NICHT AUCH<br />
Auch der Mensch ist<br />
ein Bewegungstier.<br />
Wer die Möglichkeit<br />
hat, sollte zwischendurch<br />
auch einmal im<br />
Stehen arbeiten.<br />
DAS PHÄNOMEN DES PRÄSENTIS-<br />
MUS – ALSO: TROTZ KRANKHEIT<br />
ZU ARBEITEN – HAT LEIDER IN DEN<br />
LETZTEN JAHREN ZUGENOMMEN.<br />
SPÄTESTENS ZU ZEITEN VON CO-<br />
VID-19 SOLLTE KLAR SEIN, DASS<br />
DAS EIN NO-GO IST.<br />
Wir haben im Bereich des<br />
betrieblichen <strong>Gesundheitsmanagement</strong>s<br />
in den letzten Jahren<br />
bemerkt, dass das Phänomen des<br />
Präsentismus deutlich zugenommen<br />
hat. In Zeiten von Covid-19<br />
wurde diese vorher schon schlimme<br />
Entwicklung aber zum endgültigen<br />
No-Go. Denn natürlich ist in pandemischen<br />
Zeiten die Gefahr der<br />
Ansteckung an vorderster Stelle zu<br />
nennen. Aber selbst im Homeoffice<br />
gilt es, Krankheiten zu akzeptieren<br />
und auszukurieren. Sonst werden<br />
Erkrankungen verschleppt und<br />
enden in deutlich längeren Krankenständen.<br />
Studien zeigen, dass die Gesamtkosten<br />
für Präsentismus die betriebswirtschaftlichen<br />
Ausfälle um<br />
ein Vielfaches übersteigen. Denn<br />
zur längeren Arbeitspause gesellen<br />
sich schlechte Arbeitsqualität und<br />
– im Extremfall – angesteckte Kolleginnen<br />
oder Kollegen. Manche<br />
Untersuchungen sprechen von bis<br />
zum doppelten Wert der ursprünglichen<br />
Unternehmenskosten. Es<br />
lohnt nicht – Präsentismus belastet<br />
alle und bringt keine Ergebnisse.<br />
ter stehen. Als wichtigstes Untensil am<br />
Heimarbeitsplatz sieht der Physiotherapeut<br />
den Stuhl. Bei dem sollte man<br />
nicht sparen. „Die Sitzposition etwas<br />
höher einstellen, die Arme sollen locker<br />
hängen können und die Handgelenke<br />
locker am Tisch liegen. Darauf<br />
achten, dass die Schultern nicht nach<br />
oben gezogen werden.“ Noch ein einfacher<br />
Tipp: Links wie rechts neben<br />
dem Laptop sollte etwas Raum sein,<br />
um Arbeitsunterlagen gleichmäßig<br />
positionieren zu können – das verhindert<br />
Einseitigkeit.<br />
Arbeiten an einem voll eingerichteten,<br />
ergonomischen Bildschirmarbeitsplatz<br />
mit Monitor, Tastatur und<br />
Maus sowie auf die Körpermaße abgestimmten<br />
Büromöbeln ist freilich<br />
dennoch deutlich gesünder als an den<br />
kleinen, mobilen Geräten. Interessant<br />
ist aber die Begründung des Physiotherapeuten<br />
dafür: Eine „schlechte<br />
Haltung“ – dass man etwa am Laptop<br />
in eine gebeugte Position mir zusammengesunkenen<br />
Schultern verfällt:<br />
Das sei, wie man mittlerweile wisse,<br />
nicht das Hauptproblem. Auch wenn<br />
das oft zu hören ist: Die Lehrmeinung<br />
ist überholt, sagt Niederholzer: „Die<br />
Problematik liegt eher darin, dass Bewegungen<br />
am kleinen Gerät kleinräumiger<br />
sind: Je kleiner der Bildschirm,<br />
desto weniger muss der Kopf bewegt<br />
werden. Je kleiner die Tastatur, desto<br />
weniger Bewegungspielraum haben<br />
die Hände.“ Früher habe man geglaubt,<br />
aufrechtes Sitzen sei besser als<br />
gebeugtes Sitzen – heute wisse man<br />
stattdessen: „Nicht eine bestimmte<br />
Haltung ist das Problem, sondern die<br />
fehlende Haltungsveränderung. Also:<br />
die fehlende Bewegung.“<br />
Auch wenn die Phrase schon oft gehört<br />
wurde, sie ist deswegen nicht weniger<br />
richtig: Wir Menschen haben einen<br />
Bewegungs- und keinen Sitzappa-<br />
24 BGM
at. Bürostühle etwa sind daher darauf<br />
ausgelegt, eine ständige Haltungsveränderung<br />
zu ermöglichen.<br />
Erste Hilfe, wenn es schmerzt<br />
Der Physiotherapeut empfiehlt daher<br />
auch vor allem eines – im Büro wie im<br />
Homeoffice: Bewegung in jeder Form.<br />
Als „Erste Hilfe“, wenn man bei der Arbeit<br />
Verspannungen oder einen schmerzenden<br />
Rücken verspürt, etwa: „Aufstehen<br />
und in die Küche gehen hilft oft<br />
schon.“ Auch kleine Unterbrechungen<br />
des Sitzens wie zum Kollegen ins Nachbarbüro<br />
zu gehen oder der Weg zum<br />
Drucker seien für den Körper schon gut.<br />
Viele dieser kleinen Wege fehlen im<br />
Homeoffice, weiß Niederholzer. „Umso<br />
wichtiger ist es, bewusste Pausen einzulegen<br />
und diese bewegt zu nutzen.“ Telefonate<br />
im Gehen führen, vom Sessel aufs<br />
Sofa wechseln, auch einmal einen Sitzball<br />
verwenden: Alle 20 Minuten sollte man<br />
seine Position verändern. So verläuft der<br />
TELEFONATE IM GEHEN<br />
FÜHREN, VOM SESSEL<br />
AUFS SOFA WECHSELN,<br />
AUCH EINMAL EINEN<br />
SITZBALL VERWENDEN.<br />
ALLE 20 MINUTEN<br />
SOLLTE MAN SEINE<br />
POSITION VERÄNDERN.<br />
Tag im Homeoffice gleich gesünder. Natürlich<br />
sind auch gezielte Kräftigungsund<br />
Beweglichkeitsübungen wertvoll.<br />
Verspannungsschmerzen, also etwa ein<br />
schmerzender Nacken, entstehen übrigens<br />
nicht aus einer Ursache allein. „Ich<br />
vergleiche das gerne mit einem Wasserglas:<br />
Mangelnde Bewegung ist eine Ursache.<br />
Aber auch psychische Probleme,<br />
Sorgen usw. sind von Bedeutung. Durch<br />
viele kleine Ursachen füllt sich das Glas<br />
immer mehr – dann kann ein vergleichsweise<br />
leichter Reiz ausreichen, um es<br />
zum Überlaufen zu bringen.“ Es gilt<br />
aber auch: Lassen sich Schmerzen über<br />
mehrere Tage hinweg gar nicht oder nur<br />
pharmazeutisch in den Griff bekommen,<br />
sollte man medizinische Hilfe suchen.<br />
Auch der Bewegungsumfang vor oder<br />
nach Dienstschluss ist entscheidend: Die<br />
10.000 Schritte, die man täglich tun<br />
soll, sind kein Idealmaß, sondern das in<br />
Studien festsgestellte Mindestmaß an<br />
Bewegung, weiß Niederholzer. Dieses<br />
Ausmaß schaffen jedoch nur wenige.<br />
Schrittzähler, wie ihn jedes Smartphone<br />
hat, sind zur Bewusstseinsbildung deshalb<br />
sinnvoll.<br />
Clemens Niederholzer verweist<br />
schließlich auch auf die Empfehlungen<br />
der WHO: 75 Minuten pro Woche in<br />
höherer Intensität oder 150 Minuten in<br />
niedriger Intensität sollte man sich<br />
sportlich betätigen – im Idealfall beides:<br />
„Würde das jeder schaffen, würden auch<br />
viele der Haltungsprobleme gar kein<br />
Thema mehr sein.“<br />
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Tel.: 01/50 1 65-12 601<br />
petra.streithofer@akwien.at<br />
DACHVERBAND DER ÖSTERREICHISCHEN<br />
SOZIALVERSICHERUNGSTRÄGER<br />
MAG. MARTIN BLOCK, BA<br />
Tel.: 01/71 1 32-31 12<br />
martin.block@sozialversicherung.at<br />
ÖSTERREICHISCHER GEWERKSCHAFTSBUND<br />
DR. INGRID REIFINGER<br />
Tel.: 01/53 4 44-39 181<br />
ingrid.reifinger@oegb.at<br />
WEITERE INFOS: www.netzwerk-bgf.at
fit2work - gesund in der Arbeit<br />
BEZAHLTE ANZEIGE<br />
Gesundheitliche Probleme können einen gravierenden<br />
Einschnitt für Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen<br />
und Unternehmen darstellen. Während Mitarbeiter<br />
und Mitarbeiterinnen infolge Krankheit häufig mit<br />
Existenzängsten konfrontiert sind, kann es für<br />
Unternehmen, insbesondere Klein- und Mittelbetriebe,<br />
den Verlust von wichtigem Know-How bedeuten und zu<br />
personellen Engpässen führen.<br />
fit2work bietet Information, Beratung und Unterstützung<br />
bei Fragen zur seelischen und körperlichen Gesundheit<br />
am Arbeitsplatz. Als umfassendes Beratungsangebot<br />
steht fit2work grundsätzlich allen Arbeitnehmern und<br />
Arbeitnehmerinnen sowie Unternehmen offen und stellt ein<br />
freiwilliges, vertrauliches und persönliches Angebot dar.<br />
Mihaela K. ist seit 7 Jahren in einem großen<br />
Logistikunternehmen als Disponentin tätig. Aufgrund des<br />
schwieriger werdenden Umfelds in der Logistikbranche,<br />
welche es erforderten, viele Überstunden zu leisten,<br />
wurde bei Mihaela K. ein Burn-out-Syndrom<br />
diagnostiziert, weshalb ein mehrwöchiger Krankenstand<br />
notwendig wurde. Durch die sitzende Tätigkeit über bis<br />
zu 60 Stunden pro Woche leidet sie darüber hinaus an<br />
chronischen Schmerzen im unteren Rücken.<br />
So half fit2work Mihaela K. und dem Betrieb:<br />
Im Rahmen der Beratung durch fit2work wurde Mihaela<br />
K. dabei unterstützt, eine Therapie zur Behandlung<br />
ihres Burn-Out-Syndroms zu finden, sowie weitere<br />
Maßnahmen gesetzt, um die für sie richtige Balance<br />
zwischen Arbeit und Erholung zu finden. Darüber hinaus<br />
wurden mit der Zustimmung von Mihaela K. Gespräche<br />
mit der Geschäftsleitung geführt, um das Unternehmen<br />
auf mögliche Problemfelder hinzuweisen und gemeinsam<br />
Verbesserungsmöglichkeiten zu besprechen.<br />
Frau K. zeigte sich mit der begonnenen Therapie im<br />
Rahmen des Pilotprojekts „Klinisch-psychologische<br />
Behandlung und Kunsttherapie“ sehr zufrieden. Der<br />
Betrieb erkannte durch gehäufte Krankenstände die<br />
Notwendigkeit, zusätzliches Personal einzustellen,<br />
und startete eine Einstellungsoffensive. Darüber<br />
hinaus wurde vereinbart, künftig als Leistung für<br />
die MitarbeiterInnen Beratung sowie Kurse zu<br />
Stressbewältigung und Entspannungstechniken<br />
durch Arbeitspsychologen im Betrieb anzubieten.<br />
Im Rahmen des Pilotprojekts konnte Frau K. im<br />
Rahmen einer Kunsttherapie lernen, mit schwierigen<br />
Situationen besser umzugehen. Es wurden regelmäßige<br />
„Frühwarn-Gespräche“ zwischen Geschäftsleitung und<br />
dem Betriebsrat vereinbart, um besonders belastete<br />
Abteilungen und MitarbeiterInnen frühzeitig unterstützen<br />
zu können. Darüber hinaus konnte Frau K. ihre<br />
Rückenbeschwerden durch regelmäßige Physiotherapie<br />
deutlich reduzieren.<br />
fit2work ist kompetente Informationen aus einer Hand:<br />
Egal ob Sie als Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin<br />
unter gesundheitlichen Problemen leiden, oder<br />
als Unternehmer/Unternehmerin Maßnahmen zur<br />
Gesunderhaltung ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterin<br />
ergreifen wollen: fit2work ist Ihre Drehscheibe für mehr<br />
Gesundheit am Arbeitsplatz.<br />
0800 500 118<br />
(kostenlos aus ganz Österreich)<br />
finanziert durch:<br />
© Fotoproduktion: SEE´YA<br />
Fotograf: Peter Garmusch