jb2019
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- Page 8 and 9: Empfehlungen des RKI nach und halte
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- Page 14 and 15: „Unverzichtbar ist dabei nach wie
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- Page 50 and 51: Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel
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1. Geschäftsbericht für das Jahr 2019 4
2. Beratung 24
2.1 Einleitung 24
2.2 Die Angebote der AIDS-Hilfe im Sektor Beratung 24
2.2.1 Persönliche Beratung 24
2.2.2 Telefonische Beratung 25
2.2.3 Die Bundesweite Telefonberatung 25
2.2.4 Die Telefonberatervernetzung im Ruhrgebiet 26
2.2.5 E-Mail Beratung 26
2.3 Danksagung 27
3. Begleitung 28
3.1 Positivenfond 30
3.2 Zusammenarbeit mit Kooperationspartner*innen 30
3.3 Angebote für Menschen mit HIV und Aids 31
3.4 Trauerarbeit 31
4. Öffentlichkeitsarbeit 32
4.1. AG Öffentlichkeitsarbeit 36
4.2. Veranstaltungen 36
4.3. Benefiz-Veranstaltungen 40
4.4. Veranstaltungen zum Welt-AIDS-Tag 2019 43
4.5. Berichterstattung in den Medien 47
4.6. Sonstige Aufgaben und Tätigkeiten 48
5. Zielgruppenspezifische Prävention 50
5.1 HIV und AIDS Prävention bei Schwulen und Männern
die Sex mit Männern haben 51
5.2 Drogen und Substitution 58
5.2.1 Primär- und Sekundärprävention 60
5.2.1.1 Spritzenaustauschprogramm 60
5.2.1.2 Suchtprävention bei Partydrogen 60
5.2.2 Substitution 60
5.2.2.1 Entwicklung der Wochenendvergabe 60
5.2.2.2 Psychosoziale Begleitung Substituierter (PSB) 61
5.2.3 Niedrigschwellige Arbeit mit illegalisierten
Drogengebraucher*innen 61
5.2.4 „Nationaler Gedenktag für verstorbene
Drogengebraucher*Innen“ am 21. Juli 63
5.2.5. „International Overdose Awareness Day“
Tag gegen Überdosierung am 31.8 65
5.2.6 Teilnahme an Arbeitskreisen 66
5.2.7 Teilnahme an JES-Mitgliederversammlung 67
Seite
2
5.3 HIV und Strafvollzug 68
5.3.1 Einführung 68
5.3.2 Überregionale Aktivitäten 69
5.3.3 Lokale Arbeit des Projektes ,HIV und Strafvollzug’ 69
5.3.4 Gesundheitliche Belastungen von Inhaftierten 69
5.3.5 Primär- und Sekundärprävention 70
5.3.6 Begleitung 71
5.3.7 Resümee 71
5.4. Frauen und HIV /Aids – Prävention bei Frauen
in besonderen Lebenslagen 72
5.5. Frauen und HIV / Aids / Migration 73
5.6 Youthwork / Prävention in der Allgemeinbevölkerung 76
5.6.1 Veranstaltungsinhalte 81
5.6.2 Schulische Prävention / Youthwork 82
5.6.3 (Präventions-) Veranstaltungen
für Jugendliche und Multiplikator*innen 84
5.6.4 Multiplikator*innen- und Erwachsenenbildung 85
5.6.5 Berufsspezifische Erwachsenenbildung 86
5.6.6 Sonstige Aufgaben und Tätigkeiten 87
5.7. SCHLAU Duisburg 88
6. SELF Duisburg / Kreis Wesel 90
7. Ehrenamtliche Mitarbeit 94
7.1. Schulung und Fortbildungen
für ehrenamtliche Mitarbeiter*innen 95
7.2 Externe Fortbildungen 95
8. Controlling 96
Seite
3
1. Geschäftsbericht für das
Jahr 2019
HIV ist unter stabiler Therapie nicht
übertragbar!
Diese nunmehr über zehn Jahre alte, inzwischen
völlig unbestrittene Erkenntnis, war
nach einer repräsentativen Umfrage der Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung
(BZgA) aus dem Jahre 2017 nur bei etwa zehn
Prozent der deutschen Bevölkerung bekannt.
Im Verbund mit unseren Verbandsstrukturen
sind auch wir angetreten, das Wissen darüber
mindestens zu verdoppeln, die Formel n
= n! (HIV-Viruslast nicht nachweisbar = nicht
übertragbar!, s. Jahresbericht 2018) ins Land
und in unsere Region zu tragen – nicht zuletzt
um endlich mehr Entspannung im Umgang
mit HIV und AIDS und damit auch eine
deutliche Senkung der bedeutungsvollsten
Testbarriere zu erreichen, nämlich den Abbau
von Stigmatisierung und Diskriminierung von
Menschen mit HIV und AIDS voranzutreiben.
Das haben wir im Berichtsjahr 2019 dann
auch intensiv gemacht – mit welchem Erfolg?
Insbesondere im Rahmen unserer Öffentlichkeitsarbeit
sowie bei nahezu allen
Präventionsveranstaltungen haben wir n =
n thematisiert und entsprechende Umfragen
vorangestellt. Dabei konnten wir zumeist die
(maximal) zehn Prozent von Wissenden bestätigt
finden. Inzwischen können wir sagen,
dass es gelungen ist, die Quote der Wissenden
erheblich zu steigern. Aber vermutlich
sind wir noch ein ganzes Stück vom Verdoppelungsziel
entfernt. Also: es ist weiterhin
noch viel zu tun! Und: Alleine werden wir es
nicht schaffen.
Unterstützen Sie uns, verehrte Leser*innen,
dabei, unseren Mitmenschen unnötige Ängste
vor einer HIV-Übertragung zu nehmen und
den Tendenzen von Zurückweisung und Stigmatisierung
entgegenzuwirken! Und schreiben
Sie gemeinsam mit uns die Präventionserfolgschichte
in Deutschland und unserer
Region fort!
Ja – es ist eine Erfolgsgeschichte, denn wir
sind auch in den Jahren 2018 und 2019 bei
4
den HIV-Nachhaltigkeitszielen der WHO (und
der Bundes- und Landesregierung) vorangekommen.
Sie erinnern sich: Bis 2030 weltweit
und bis 2020 in Deutschland sollten 90%
Diagnosen erreicht werden, davon 90% unter
HIV-Therapie und davon wiederum 90%
unter die sog. Nachweisgrenze gebracht werden.
In Deutschland sind wir nah dran, wie
das Robert-Koch-Institut (RKI) im Berichtsjahr
für das Jahr 2018 dokumentiert, wonach
wir bei 88% Diagnosen sind, davon 93% der
Menschen unter Therapie und davon wiederum
95% unter der Nachweisgrenze! (Die WHO
hat inzwischen ihre Ziele (SDG`s) nach oben korrigiert
und will bis 2030 95-95-95 erreichen.)
Wir sind also auf einem guten Weg, aber
noch lange nicht am Ziel: So hat uns etwa die
DRUCK-Studie des RKI (2016) gezeigt, dass
z. B. die Versorgungsquote bei HIV-positiven
Drogengebrauchenden nur bei 55% liegt. Wir
müssen insbesondere in besonders riskierten
Zielgruppen und in noch unterversorgten Regionen
nachlegen und die Versorgungs- und
Präventionsinfrastrukturen nachhaltig verbessern.
Dazu zählt in Teilen leider auch unsere
Region.
Richtig ist, dass wir noch erhebliche Anstrengungen
unternehmen müssen, um das Mögliche
zeitnah erreichen zu können. Klar ist, dass
wir dazu eine adäquate Infrastruktur, insbesondere
zu Beratungs- und Testmöglichkeiten,
aber auch bei der medizinischen Versorgungslage
benötigen. Dort, wo dies gegeben
ist, wo also etwa Checkpoints mit Beratungsund
Testangeboten, mit interdisziplinärer
Fachlichkeit zum Themenfeld der sexuellen
Gesundheit entstanden sind, verzeichnen wir
seit ein paar Jahren deutliche Effekte – im
Sinne einer Reduzierung der HIV-Inzidenzen
– insbesondere in der besonders relevanten
Gruppe der MSM (Männer, die Sex mit Männern
haben). Das ist allerdings zumeist nur in
einzelnen großstädtischen Räumen der Fall.
Epidemiologische Eckdaten in Deutschland
Mit HIV leben nach den Angaben des Robert-Koch-Institutes
(RKI, Epidemiologisches Bulletin
46/2019 vom 14.11.2019 in Deutschland immer
mehr Menschen (2018 etwa 87.900)
5
mehr oder weniger gut. Etwa 2/3 davon sogar
so gut, dass sie der Unterstützung durch die
AIDS-Hilfen kaum noch bedürfen. Es bleibt
allerdings gut ein Drittel, die aufgrund von diversen,
oft prekären Lebenssituationen auch
aufgrund der HIV-Infektion dringend auf Unterstützung,
Rat und Hilfe durch AIDS-Hilfen
angewiesen sind. Und das zumindest phasenweise
sehr intensiv.
Dies gilt insbesondere für die Gruppe der sogenannten
„late presenter“, der Menschen
also, die erst sehr spät ihre Erstdiagnose bekommen
und sich dann bereits in sehr ernst zu
nehmenden gesundheitlichen Problemlagen
befinden – nicht selten mit sehr fortgeschrittenem
Immundefekt (in 2018 immer noch
etwa 1.000 = 32% der Fälle und 460 = 15%
bereits im Stadium AIDS). Sie tauchen erst so
spät auf, weil sie bis dahin vielleicht nur wenig
gesundheitliche Probleme hatten, weil sie
bis dahin kein Risikobewusstsein entwickelt
haben, weil sie sich aus diffusen Ängsten heraus
bewusst gegen einen Test entschieden
haben oder weil sie Stigmatisierung oder/und
diskriminierende Folgen befürchten oder weil
ihnen schlichtweg die Informationen fehlen.
Oder weil sie bis dahin auf schlecht informierte
oder nicht sensibilisierte Mediziner gestoßen
sind und sie somit keine Testempfehlung
bekommen haben.
Leider sind auch in 2018 über 450 Todesfälle
von HIV-Infizierten zu verzeichnen.
Für das Berichtsjahr 2018 geht das Robert-Koch-Institut
(RKI; für 2019 kommen
belastbare Daten erst Mitte 2020) zudem davon
aus, dass von den etwa 87.900 HIV-Infizierten
in Deutschland ungefähr 10.600
Menschen noch nicht getestet sind und somit
keine Ahnung von ihrem Status haben können.
Und dabei sind die zugewanderten Menschen
mit Migrationshintergründen (wie etwa
Geflüchtete) nicht (mehr) berücksichtigt, weil
das RKI sich zurzeit dazu außer Stande sieht,
seriöse Angaben zu machen.
Und diese Gruppe der Ungetesteten spielt
wiederum eine wesentliche Rolle hinsichtlich
der Zahl von HIV-Neuinfektionen (für das Berichtsjahr
2018 etwa 2.400 = ca. 4% weniger
als in 2018), denn diese sind vermutlich für
einen großen Teil der Übertragungen verantwortlich.
Für das Jahr 2018 verzeichnet das RKI ca.
3.100 Neudiagnosen (gesicherte Diagnosen,
die nicht zwingend alle aus 2018 stammen
müssen, hier werden z.T. auch ältere Infektionszeiten
inkludiert, die aber in 2018 gemeldet
wurden). Die HIV-Neuinfektionen (2.400)
verteilen sich wie folgt auf die „Transmissionsgruppen“:
66,7 % MSM = Männer, die Sex mit
Männern haben (Rückgang gegenüber den
Vorjahren); HETerosexuelle: 22,1 % (leichter
Rückgang bei Frauen, leichter Anstieg bei
Männern); intravenös verabreichter Drogenkonsum
–IVDU- 12,9 % (deutliche Anstiege
seit 2012!); Mutter-Kind-Übertragungen in
2018 = weniger als 10 Fälle gesamt.
Auffällig bei der weitergehenden Analyse der
regionalen Verteilung war laut RKI, dass die
absoluten Zahlen der HIV-Neudiagnosen bei
MSM insgesamt weiter gesunken sind (von
2.200 in 2013 auf 1.600 in 2018), was das
RKI „primär auf die effektive und frühere Behandlung
von HIV-Infizierten und die gestiegene
Testbereitschaft und frühere Diagnosen
von Infektionen“ (Quelle für alle Daten: Epidemiologisches
Bulletin, Nr. 46, 14.11.2019)
zurückführt. Diese Entwicklungen zeigen sich
allerdings vorwiegend in den Regionen mit
einer guten Präventions- und Versorgungsinfrastruktur
–vorwiegend in Großstädten über
500.000 Einwohnern und eindeutig nicht in
ländlichen Bereichen.
Das RKI empfiehlt hier u.a. eine zielgruppenspezifische
Bewerbung von HIV-Selbst-
6
tests (s.u.).
Hinzuzurechnen wären auch noch die nicht
erfassten HIV-Neudiagnosen bei Geflüchteten,
wovon gemäß Königsberger Schlüssel
eben auch die meisten NRW zugewiesen wurden.
Da es sich aber epidemiologisch betrachtet
um keine auffälligen Herkunftsregionen
handelt, sprechen wir hier sicher nicht über
„Massen“. So sind wir auch im Berichtsjahr
2019 mit geringeren Fallzahlen als noch in
2016 und 2017, dann aber auch sehr intensiv
beschäftigt gewesen.
Das RKI zieht im Bulletin vom November
2019 ein Fazit, in dem es unter anderem
heißt: „Die aktuellen Daten legen die
Schlussfolgerung nahe, dass der Ausbau
von zielgruppenspezifischen Testangeboten
und ein früher Behandlungsbeginn
auch in Deutschland Erfolge zeigen.
Dieser Weg sollte konsequent fortgesetzt
werden, insbesondere durch eine
weitere Verbesserung der Testangebote
und die Gewährleistung des Zugangs zur
Therapie für alle in Deutschland mit HIV
lebenden Menschen.“
(Epidemiologisches Bulletin Nr. 46, Robert-Koch-Institut,
14.11.2019, S. 483)
Wie erhofft und erwartet hat sich die Wiedereinrichtung
und –besetzung einer vollen
Stelle „AIDS-Koordination“ ab November
2017 im Folgenden sehr positiv ausgewirkt.
Neben dem insgesamt zu verzeichnenden Zugewinn
an Ressourcen, Kapazitäten und Synergien
durch kooperative Zusammenarbeit
ergab sich auch eine weitere Entlastung der
AIDS-Hilfe bei koordinativen Aufgaben in der
Netzwerkarbeit.
Ganz besonders begrüßen wir die Ausweitung
und Etablierung des Beratungs- und Testangebotes
in Kooperation mit unserem „Herzenslust-Projekt“
vor allem für die Zielgruppe der
Männer, die Sex mit Männern haben (MSM)
durch den „Herzenslust-Checkpoint in der
AIDS- und STD-Beratungsstelle des Duisburger
Gesundheitsamtes“ in zentraler
Citylage und zu kundenfreundlichen Zeiten
(s. 5.1.).
Sehr erfreulich ist neben dem HIV-Testangebot
auch das breite Angebotsspektrum zu
weiteren STI`s, deren Berücksichtigung aus
der HIV-Prävention nicht mehr wegzudenken
ist.
Epidemiologische Eckdaten aus der Region
Auch hier können wir nur die Datenlage zum
Jahr 2018 wiedergeben. Wie bereits erwähnt
sind erste halbwegs valide Daten für das Jahr
2019 erst ab Mitte 2020 zu erwarten.
Für die Stadt Duisburg ist unseres Erachtens
insgesamt ein erkennbarer Effekt der verbesserten
Beratungs- und Testangebote zu konstatieren.
Von der hohen HIV-Inzidenz-Rate
(HIV-Erstdiagnosen / 100.000 Einwohner)
im Jahre 2016 in Höhe von 6,31 ist ein steter
Rückgang auf 3,61 in 2017 und auf 2,81
in 2018 zu verzeichnen – und das bei einer
deutlichen Steigerung der Testungen.
Es bleibt dabei: der HIV-Test ist keine Schande,
sondern eine Chance!
Unsere Pläne, mit dem begleiteten Beratungs-
und Testangebot in Verbindung mit
dem sog. HIV-Heim- bzw. Selbsttest in
der AIDS-Hilfe ein weiteres, ergänzendes
niedrigschwelliges und qualifiziertes Testangebot
– einmal monatlich in den Abendstunden
und mit zeitlichem Abstand zum
Checkpoint-Angebot umzusetzen, konnten
im Berichtsjahr realisiert werden. Seit März
2019 wird das Angebot einmal monatlich an einem
Mittwoch-Abend zwischen 18 und 20 Uhr umgesetzt.
Hier wird der Test mit einer qualifizierten
Beratung durch Expert*innen angeboten,
damit niemand alleine im stillen Kämmerlein
mit den Ergebnissen klarkommen muss.
Wenngleich wir dieses Angebot bewusst nicht
nur für besondere Zielgruppen bewerben,
sondern offen halten, kommen wir damit den
7
Empfehlungen des RKI nach und halten ein
wichtiges, die Regelangebote der Gesundheitsämter
ergänzendes Angebot vor, das
durch die Abendzeiten auch noch mal niedrigschwelliger
ist. Nach Vereinbarung können
Nachfrager*innen zudem auch in den regulären
Öffnungszeiten bedient werden. Inzwischen
wird auch dies konstant gut angenommen,
obwohl wir diesen Test nicht (mehr)
kostenfrei vorhalten können. Die allermeisten
„Kunden“ sind aber gerne bereit, die verlangten
17,- Euro dafür zu entrichten.
Auch im Kreis Wesel verzeichnen wir nach
schwierigen Jahren eine zarte Verbesserung
der Angebotslage im Fachdienst Gesundheitswesen.
Wenngleich wir das Angebot nach wie
vor für zu schmal und zu hochschwellig halten,
sollen die deutlichen Bemühungen der
Verantwortlichen hier positiv hervorgehoben
werden. Wissen wir doch auch um die Schwierigkeiten,
heute geeignetes Fachpersonal zu
gewinnen und zu binden.
So konnte im Frühjahr 2019 eine ärztliche
Stelle im Bereich des Infektionsschutzes, die
eben auch die Funktion der „AIDS-Koordination“
beinhaltet, wiederbesetzt werden. In der
Folge wurde auch das Testangebot dadurch
verbessert, dass es neben dem Angebot in
Moers (Montags zw. 14 und 16 Uhr) seither
auch rechtsrheinisch in Wesel nun ein wöchentliches
Angebot (Dienstags zwischen 14
und 15.30 Uhr) regelhaft gibt – immerhin.
Anders als in Duisburg sind allerdings über
die Aufgabenwahrnehmung der Pflichtaufgabe
der AIDS-Koordination (§ 23 ÖGDG)
neben dem Testangebot nur wenige weitere
Ressourcengewinne zu erwarten, da der vorgesehene
Stellenanteil eher als „Alibi“ (nur
0,1 VZÄ) zu bezeichnen ist. Leider hat der
Gesetzgeber es versäumt, den Umfang der
Pflichtaufgabe zu regeln.
Das ist gemessen an der Größe des Kreises
und seiner Einwohnerzahl nach wie vor
äußerst bescheiden! Und hier geht es ja schon
lange nicht mehr „nur“ um HIV und AIDS, sondern
in zunehmendem Maße auch um andere STI`s, bei
denen wir leider andere epidemiologische Zahlen
konstatieren müssen – nämlich zum Teil deutliche
Anstiege – auch in der sog. Allgemeinbevölkerung
(s. RKI-Daten).
Während die Investitionen in die Präventionsund
Testinfrastruktur in Duisburg sich u.a.
durch eine deutliche Steigerung der Testungen
ausgezahlt haben, sind im Kreis Wesel
nur sehr leichte Steigerungen zu verzeichnen.
Da wir aus vielfach beschriebenen Gründen
für den Kreis Wesel keine wirklich belastbaren
Daten generieren können, sind wir hier
noch mehr auf Schätzungen angewiesen.
Es erscheint allerdings realistisch, dass sich
die HIV-Inzidenzen bei den Erstdiagnosen in
2018 im Bereich von 2,19 (= ca. 12 Fälle)
wie in anderen ländlichen Regionen in NRW -
und damit auf einem recht niedrigen Niveau
bewegen.
Das hat aber gewiss auch mit dem schwächeren
Testangebot zum einen wie auch mit dem
Umstand zu tun, dass nicht wenige Testsuchende
aus dem Kreisgebiet lieber die höhere
Anonymität in den umliegenden Großstädten
suchen.
Gemeinsam gegen AIDS
Angesichts der ambitionierten aber erreichbaren
Ziele erachten wir es für entscheidend,
dass die partnerschaftliche und partizipative
Kooperation zwischen staatlichen Strukturen
(hier die unteren Gesundheitsbehörden)
und den freien Trägern (hier also wir, die
AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel als einzige
Fachorganisation in der Region) erhalten und
günstigenfalls gestärkt wird.
8
Dies alles erfordert natürlich personelle und
materielle Ressourcen, verbunden mit zeitlichen
Perspektiven. Nur so können einerseits
nachhaltige Effekte erzielt werden und andererseits
flexible Anpassungsprozesse an
epidemiologische und soziodemographische
Entwicklungen insbesondere in der Vor-Ort-
Arbeit erfolgen. Vor allem auch, weil die Erfordernisse
für Netzwerkarbeit stetig anwachsen,
diese allerdings nur dann auch effektiv
wirken können, wenn hier personelle Kontinuität
gewährleistet werden kann.
Das gilt natürlich auch für die Versorgungslage
von Menschen mit HIV und AIDS in unserer
Region. Im Berichtsjahr blieb es leider
auch dabei, dass wir mit Dr. Friedhelm Kwirant
nur noch einen einzigen HIV-Schwerpunktbehandler
im Duisburger Süden haben, mit dem
wir allerdings sehr zufrieden sind und der im
Verbund mit seinem Praxisteam enorm viel
leistet. Diesem Team gilt unser tiefer Respekt
und großer Dank!
Eine weitere Erosion der spezifischen Ressourcen
zu verhindern erfordert wiederum
mehr zeitliche Investitionen in die Gremien-
und Netzwerkarbeit, um drohenden
Know-how-Verlusten vorzubeugen und das
Mögliche zu tun, damit zumindest etablierte
Standards erhalten werden können.
Ob dies im erforderlichen Maße gelingen mag,
ist weiterhin mehr als fraglich. Wir werden
uns voraussichtlich eher mit der Verhinderung
von weiteren Erosionen befassen müssen
– und zwar im personellen wie auch im
finanziellen Bereich, denn die Deckelungen
der öffentlichen Förderung werden sich weiter
sehr ungünstig auf den Erhalt der vorhandenen
Kapazitäten auswirken!
Nach vielen Jahren des Stillstandes hat sich
im Berichtsjahr auch das Land NRW bewegt.
Während die längst fällige Anpassung der
Landesgrundförderung weiterhin ausgeblieben
ist, konnte das Ministerium für Arbeit,
Gesundheit und Soziales (MAGS NRW) immerhin
–gemäß der Ankündigungen im Zusatzprotokoll
der → Rahmenvereinbarung mit
den Kommunalen Spitzenverbänden und denen
der Wohlfahrtspflege- neben der Förderung
der zielgruppenspezifischen Prävention
(ZSP) weitere Projektmittel aus dem Gesundheitsministeriumsbudget
freischaufeln und
zum Jahresbeginn 2019 ausschreiben. Damit
sollten analog den Empfehlungen des RKI
spezielle Netzwerke entstehen und gefördert
werden können, bei denen etwa schwer erreichbare
Zielgruppen sowie unterversorgte,
eher ländlich geprägte Regionen besonders
im Fokus stehen sollten. Trotz eines sehr engen
und ambitionierten Zeitplanes konnten
im Laufe des Jahres fünf Netzwerke an den
Start gehen.
Wir freuen uns sehr, dass auch wir und unsere
Region dabei sein können. Dank der sehr kooperativen
und synergetischen Zusammenarbeit
mit den Kolleg*innen der AIDS-Hilfe
Essen, denen auch die Federführung des Projektes
obliegt, konnte das Netzwerk „Sexualität,
Gesundheit und Sucht“ im westlichen
Ruhrgebiet ab dem 01.09.2019 an den
Start gehen. Im Fokus steht hier die Gruppe
der Drogengebrauchenden (v.a. IVDU, aber
auch Chemsexuser u.a. Suchtbelastete) in
den Städten Essen, Duisburg und dem Kreis
Wesel, die –wie beschrieben, s. DRUCK-Studie-
zu den von HIV und HCV besonders riskierten
Gruppen zählen, aber eine noch sehr
kleine Zahl an Diagnosen stellen (s.o.).
Hier geht es im Kern darum, die Suchthilfestrukturen
bei der Thematisierung der sexuellen
Gesundheit und bei der Transparentmachung
von Versorgungsstrukturen und
Versorgungspfaden aktiver als bisher einzubeziehen
und mit ihnen zusammen zu arbeiten.
Wir freuen uns sehr, dass es gelingen
konnte, alle entsprechenden Beratungsstellen
aus unserer Region sowie die kommunalen
Sucht- und Psychatriekoordinationsstellen
zu einer Unterstützung dieses Projektes
gewinnen zu können. Es ist ein hoch interessantes
Netzwerk entstanden, in dem
Sucht- und AIDS-Hilfen mit der Selbsthilfe
(JES NRW und JES Duisburg), medizinischen
Versorgungseinrichtungen (Praxis Kwirant,
Uniklinik Essen, LVR-Klinikum Essen, …), den
ÖGD-Strukturen sowie Trägern der kommunalen
Sozialhilfe engagiert sind und sich in-
9
terdisziplinär sowie sektorenübergreifend
austauschen und kooperieren.
In einem der ersten Schritte sollen die spezifischen
Bedarfe der Zielgruppe wie der beteiligten
Einrichtungen (Fortbildungen o.a.)
erhoben werden. Perspektivisch sollen auch
Peers aus den Zielgruppen gefunden, ausgebildet
und aktiv einbezogen werden und
natürlich soll dieses Netzwerk auch über den
Förderzeitraum von immerhin 30 Monaten hinaus
aktiv bleiben können. Für uns bedeutet
dieses Projekt natürlich mehr Arbeit, die allerdings
einen wichtigen Beitrag zu unserem
strukturellen Präventionsauftrag leistet und
auch vergütet wird und somit die Landesförderung
quasi dezent erhöht. Das ist ein wichtiges
Signal auch für die kommunalen Gremien.
Allerdings führt auch diese leichte Erhöhung
der Öffentlichen Förderung bei weitem noch
nicht zur Aufhebung unseres strukturellen Finanzierungsdefizits!
Unsere Haushaltslage und die Folgen
Die seit vielen Jahren gedeckelten Landes-
und kommunalen Fördermittel führen
auch bei unserer AIDS-Hilfe dazu, dass die
Schere zwischen öffentlicher Förderung und
Haushaltsbedarfen immer weiter auseinanderdriftet
und darüber allein schon die Aufrechterhaltung
unseres Angebotsspektrums
immer schwieriger wird. Zu betonen ist, dass
ein ganz überwiegender Teil dieser Angebote
kommunale Pflichtaufgaben abdeckt, deren
Umfang allerdings eben vom Gesetzgeber
nicht geregelt wurde.
Selbst bei stabiler öffentlicher Förderung
wächst der Eigenmittelanteil alleine durch
tarifrechtliche Steigerungen im Personalkostenetat
sowie stetig steigender Sachkostenausgaben
(Mehrwertsteuer, technische Ausstattung
durch z.B. online-taugliche Medien,
Fahrtkosten, vom Land geforderte, aber nicht
refinanzierte Qualitätssicherungsmaßnahmen,
Nebenkosten für den Gebäudeunterhalt,
Personalbeschaffungs- und Fortbildungskosten,
Mitgliedsbeiträge bei Dachverbänden
und vieles mehr).
Um einen einigermaßen ausgeglichenen
Haushalt hinzubekommen, benötigen wir
mittlerweile über 50.000 Euro per anno aus
nicht-öffentlichen Drittmitteln. Das macht
zwischen 15 und 20 % unseres Haushaltsvolumens
aus. Und dabei ist der „Gegenwert“
von ca. 2800 Stunden ehrenamtlicher (entgeltfreier,
aber nicht kostenfreier!) Arbeit per
anno (entspricht ca. 3 Vollzeitäquivalenten!)
noch nicht eingerechnet!
Allerdings mussten wir auch im Berichtsjahr
weitere Einbrüche bei den Drittmitteln (Spenden,
Sponsoring und sonstige Einnahmen)
verzeichnen. Da unsere Betriebsmittelrücklagen
inzwischen aufgebraucht werden mussten,
wären wir schon im ersten Quartal 2018
nicht mehr in der Lage gewesen, die Gehälter
und Sachkosten auszuzahlen, wenn uns nicht
eine unverhoffte Erbschaft zur rechten Zeit
über den Berg und letztlich auch knapp über
das Berichtsjahr 2019 gebracht hätte.
Wie im letzten Jahresbericht erwähnt, haben
bilaterale Kooperationsgespräche zwischen
den ÖGD-Strukturen der Stadt Duisburg und
des Kreises Wesel zu einem abgestimmten Ergebnis
für die Jahre 2019 bis 2021 geführt. Für
diesen Zeitraum ist nunmehr ein unterschiedlicher
Anteil der kommunalen Ergänzungsfinanzierung
ausgehandelt worden, wonach die Stadt Duisburg
fortan 58% und der Kreis Wesel 42% und zwar in
Form einer Festbetragsfinanzierung trägt.
Obwohl die Gesamtförderung nach wie vor
deutlich unterhalb einer Deckung unserer
Personalkosten und ohne Berücksichtigung
von Overhead- und anderen Sachkosten für
–wohlgemerkt- kommunale Pflichtaufgaben
bleibt, haben wir dieser Vereinbarung schweren
Herzens zugestimmt, weil wir ansonsten
das Gesamtkonstrukt gefährdet hätten. So
erhielten wir für das Jahr 2019 ff zumindest
eine gewisse Planungssicherheit auf eindeutig
zu niedrigem Niveau.
Die in dieser Vereinbarung prognostizierte
zehnprozentige Landesförderung ist mit Ausnahme
der Netzwerk-Projektmittel (ab Sep-
10
tember 2019) erneut ausgeblieben, die Eigenmittelquote
(maximal 20%) wurde im Laufe
des Berichtsjahres absehbar überschritten,
vor allem Tarifsteigerungen konnten nicht
aufgefangen werden. Darüber haben wir die
Dezernate bereits im Februar und wiederholt
Anfang März des Berichtsjahres hingewiesen
und Gesprächsbedarfe angetragen – ohne Reaktion!
Die erneute Anmeldung zu problemlösenden
Initiativen zum Jahresende führte
leider auch noch nicht zu einer Planungssicherheit
für das Jahr 2020. Die Hinweise der
Dezernenten auf jeweils verabredete Doppelhaushalte
und eine damit verbundene Begrenzung
der Spielräume ist nachvollziehbar,
aber hilft in keinster Weise! Es deutet sich
an, dass unsere Vereinbarung und die damit
verbundenen Nachbesserungsmöglichkeiten
nichts wert sein könnten! Wenn es hier keine
Bewegung geben wird, ist die Existenzsicherung
im Jahre 2020 akut gefährdet.
Es bleibt eine große Herausforderung, allein
den Status quo zu erhalten. Und diesen müssen
wir paradoxerweise vorhalten, weil wir
vom Land NRW, von der Stadt Duisburg und
dem Kreis Wesel über Zuwendungsverträge
und die → Rahmenvereinbarung mit dem
Land dazu verpflichtet sind. Zu betonen ist
an dieser Stelle sicherlich auch einmal mehr,
dass auch das Land NRW sich seit 30 Jahren
(!) nicht adäquat bewegt und die geforderte
Weiterentwicklung nicht hinreichend fördert.
Wie weit die Förderungsregelung nachhaltig
tragen wird, ist leider nicht mehr offen, wie
wir es noch im letzten Jahresbericht geschrieben
haben, sondern relativ klar: sie wird für
das Jahr 2020 nicht reichen!
So sind wir weiterhin zu erheblichen Anstrengungen
im Bereich der Drittmittelakquise genötigt,
welche Kapazitäten von den eigentlichen
Aufgaben abziehen – ohne kalkulierbare
Erfolgssicherheiten. Das ist angesichts der
fachlichen Herausforderungen und Entwicklungen
äußerst bedauerlich! Die Frage sei erlaubt,
wie Land, Stadt und Kreis bei anderen
Pflichtaufgaben, die sie ausgelagert haben,
vorgehen? Natürlich ist hier auch die Landesund
Kommunalpolitik gefordert, sich zu positionieren
–nicht nur weil 2020 Kommunalwahlen
anstehen.
Natürlich waren wir hier nicht untätig, sondern
haben weitere Kraftanstrengungen unternommen
und Ressourcen weit über das
normale Maß hinaus eingesetzt. Dabei war
und ist uns wichtig, dass wir zum einen satzungsgemäß
agieren wollen und müssen und
entsprechend im Sinne unseres Auftrages der
strukturellen HIV- und STI-Prävention nach
Fördermöglichkeiten für sinnhafte Angebote
Ausschau halten und zum anderen nicht über
Gebühr unsere Kernaufgaben vernachlässigen.
Dazu zählt der Aufbau unseres Angebotes
der Eingliederungshilfe „SELF Duisburg /
Kreis Wesel“, das angesichts der klar umrissenen
Zielgruppe von Sucht- und/oder psychisch
Erkrankten mit oder ohne HIV-Infektion
primär- und sekundärpräventive Effekte
im Sinne unseres Auftrages erfüllt und zum
Teil die reguläre Begleitungsarbeit entlasten
kann. Dieses Angebot muss sich allerdings
wirtschaftlich selbst tragen, was u.a. dank einer
Förderung durch die Aktion Mensch auch
gelingt.
Dazu zählt weiter das schon erwähnte Projekt
Netzwerk „Sexualität, Gesundheit
und Sucht“ im westlichen Ruhrgebiet,
welches neben einiger zusätzlicher Arbeit seit
September des Berichtsjahres auch zusätzliche
Landesprojektmittel einspielt.
Und dazu zählt auch die Entwicklung einer
weiteren Projektidee für die Zielgruppe
aktiv drogengebrauchender Menschen,
nämlich der Aufbau von Arbeitsgelegenheiten
(AGH), welches federführend unsere Vorständin,
Daniela Niemczyk, konzipiert hat
und das der Sucht- und Psychatriekoordinator
der Stadt Duisburg konstruktiv begleitet
und von weiteren etablierten Kooperationspartnern
(Nikolausburg und die Alexianer
Bürgerhütte) getragen werden könnte. Die
Abstimmung der Kooperationspartner ist im
Berichtsjahr weit gediehen und steht vor der
Präsentation mit dem Jobcenter als Finanziererin
sowie im Nachgang dann vor der Suche
11
eines Rechtsträgers, einem erforderlichen
Bildungsträger. Wir sind zuversichtlich.
Trotz einer erneut sehr umsichtigen Haushaltsführung,
die bei Werner Garbe und Susanne
Renner in besten Händen liegt, mussten
auch wir uns in den letzten Jahren konkret
mit eigenen Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen
beschäftigen und äußerst schmerzliche
Einschnitte vollziehen (s. Vorjahresberichte).
Es zeigt sich deutlich, dass wir damit
schon an die Grenzen des Machbaren gegangen
sind und wir darüber kaum Entlastung
erfahren konnten.
Leider sind auch im Berichtsjahr weitere –erklärbare-
Einbrüche bei den Drittmitteln
zu verzeichnen. So lässt die Spendenbereitschaft
der Bevölkerung weiter nach, was in
erheblichem Maße sicherlich mit den enormen
Fortschritten in der Behandelbarkeit zu erklären
ist – dieses „Schicksal“ teilen wir etwa
auch mit der Deutschen AIDS-Stiftung. Auch
beim „Solibären-Vertrieb“ (s. 4.4) gehen die
„Umsätze“ etwas zurück.
Durch das Ausscheiden eines substituierenden
Arztes in Duisburg sind die Zahl der substituierten
Patient*innen im Rahmen unserer
Kooperation für die Vergabe an den Wochenenden
und Feiertagen und damit anteilige
Einnahmen gesunken. Seine Nachfolgerin ist
erfreulicherweise in die Kooperationsvereinbarung
eingestiegen, hat aber nur eine halbe
Stelle und damit einfach weniger Patient*innen
in der Versorgung.
An dieser Stelle gilt unser herzlichster Dank
Herrn Dr. Eberhard Hander für seine langjährige
Zusammenarbeit und Unterstützung
beim Aufbau, der Organisation und Umsetzung
dieser nach wie vor wichtigen Maßnahme,
die in erheblicher Weise zu einer Stabilisierung
der Lebenssituation von ansonsten
besonders infektionsgefährdeten Menschen
beiträgt.
Es wäre äußerst wünschenswert, wenn weitere
substituierende Ärzt*innen Interesse an
dieser Kooperation entwickeln könnten, welche
sie ja auch bei den Diensten an Wochenenden
entlasten kann.
Wir können mehr!
Und wir wollen mehr und wir müssten mehr,
denn die Möglichkeiten der strukturellen
HIV-Prävention sind einfach gewachsen. Allerdings
sind die Strategien auch komplexer
geworden und damit steigen die Anforderungen
an fundierte Aus- und Fortbildungen
unserer ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter*innen
und ihrer Qualifikationen.
Safer Sex 3.0
Die Instrumente der Prävention sind heute
vielfältiger und müssen kommuniziert werden.
Mit der unumstrittenen Strategie des
„Schutzes durch Therapie“ (SDT oder
„treatment as prevention“) und der für manche
Zielgruppen sinnvollen „Präexpositionsprophylaxe“
(PrEP), die im September
2019 für Menschen mit signifikanten Expositionsrisiken
sogar zur Kassenleistung geworden
ist (!) sind wichtige neue Möglichkeiten
des Schutzes vor HIV-Infektionen der alten
–und nach wie vor unerlässlichen- Kondomstrategie
hinzugefügt worden. Neue Testformate,
wie HIV-Heim- oder Selbsttests
sind im Oktober 2018 auf Initiative des Bundesgesundheitsministers,
Jens Spahn, zugelassen
worden und sogar über Apotheken
und Drogeriemärkte beziehbar. Sog. Home-
Sampling-Tests gehen in Pilotprojektphasen
u.a.m. Das eröffnet weitere Chancen auf frühe
Diagnosen und mehr und frühere Therapieeinstiege.
Wir wollen uns diesen neuen Optionen
stellen und sie konstruktiv aufgreifen
und haben dies auch bereits umgesetzt durch
das Angebot des begleiteten Selbsttests in
der AIDS-Hilfe (im Berichtsjahr jeden dritten
Mittwoch im Monat und nach Terminvereinbarung).
Damit einher geht allerdings ein eher gesteigerter
Beratungsbedarf – und gute Beratung
gehört eindeutig zu unseren Kernkompetenzen
– hier sind wir mehr denn je gefragt und
gewillt, diese einzubringen.
Die anderen sexuell übertragbaren Infektionen
(STI`s) sind gleichsam originäre Be-
12
standteile der HIV-Präventionsthemen geworden
und nicht mehr wegzudenken. Die
Bearbeitung der Testbarrieren, wie insbesondere
das enorme Stigmatisierungs- und
Diskriminierungspotential und anderes mehr
sind weiterhin „dicke Bretter“ für die Präventionsarbeit.
Wir könnten die Liste der (relativ)
neuen thematischen Herausforderungen für
eine „Präventionsarbeit auf aktuellem Anforderungslevel“
noch weiter fortführen, wollen
es aber an dieser Stelle dabei belassen. Es
ist einfach viel Bewegung in der Landschaft
– und das macht die Arbeit ja durchaus auch
spannend, nie langweilig und unterstützt uns
bei der motivierten Zielverfolgung von „Kein
AIDS für alle! Bis 2020!“
Auch wenn wir die staatlichen Strukturen
nicht aus ihrer Verantwortung für die pflichtige
Arbeit entlassen wollen, tuen wir gut
daran, weiter auch nach entlastenden Kooperationen
oder Ergänzungen unseres Aufgabenspektrums
und/oder nach alternativen
Einnahmequellen Ausschau zu halten.
Vor dem Hintergrund der verbesserten Behandlungsoptionen
und der gestiegenen Lebenserwartung
bleibt die Zahl unserer Begleitungsverhältnisse
auf stabil hohem Niveau.
Während uns eindeutig immer mehr Menschen
mit HIV immer weniger „nötig“ haben,
wächst leider auch die Zahl derjenigen
Klient*innen, die aufgrund vielfältiger lebenspraktischer
Problemlagen eine besonders
hohe Beratungs- und Begleitungsintensität
benötigen. Hinzu kommt, dass in der Bevölkerung
insgesamt, aber in unserer Klientel in
besonderem Maße die Zahl und Vielfalt der
psychischen (Begleit-) Erkrankungen wächst.
Hier stießen wir zunehmend an Kapazitätsund
Qualifikationsgrenzen und haben uns intensiv
mit Lösungsmöglichkeiten beschäftigt.
Einen Meilenstein in der jüngeren Geschichte
der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel stellt
die Erweiterung unseres Angebotsspektrums
mit dem Aufbau des Projektes zum Ambulant
Betreuten Wohnen nach § 53 ff SGB XII
(Eingliederungshilfe, ab 01.01.2020 §§ 113 ff
SGB IX) unter dem Dach der AIDS-Hilfe dar.
Nach vielen Jahren der Beschäftigung mit
der Thematik und der Planung, konnten wir
im März 2018 dank der Unterstützung durch
mit der Imple-
Fördermittel der
mentierung von
beginnen und eine volle Stelle der Fachlichen
Leitung sowie einer ¼-Stelle für die spezifische
Verwaltung einrichten. Nach umfänglichen
und aufwendigen Vorbereitungen durch
Marie Schellwat erhielten wir zum 01. November
2018 die Zulassung durch den Landschaftsverband
Rheinland (LVR). Leider zunächst
nur für die Stadt Duisburg. Im Kreis
Wesel hätten wir einen (Büro-) Standort vorhalten
müssen. Umso mehr bedauern wir die
notwendige Aufgabe unseres Büros in Wesel
Ende 2016. Aber aufgeschoben ist auch hier
nicht aufgehoben. Wir bleiben dran, das Angebot
alsbald auszubauen, denn nach unserer
Beobachtung ist der Bedarf eindeutig da.
Im Juli 2019 konnten wir angesichts der erfreulichen
Entwicklung und Annahme des Angebotes
in der Anbieterlandschaft mit Annika
Schreibert eine hoch qualifizierte zweite Fachkraft
und stellvertretende Leitung einstellen.
Für die Aufrechterhaltung des originären
AIDS-Hilfe-Leistungsspektrums bleibt es allerdings
dabei: Ohne Spenden- und Sponsoring
durch verschiedene zivilgesellschaftliche
Gruppierungen und Einzelpersonen wäre die
Aufrechterhaltung unseres regulären Angebotes
schon lange nicht mehr denkbar.
Der vorliegende Jahresbericht wird über eine
Vielfalt von derartigem Engagement Auskunft
geben. Da halten wir es gerne mit Erich Kästner
und wollen über gutes Tun reden (s. 4.).
13
„Unverzichtbar ist dabei nach wie vor die Primärprävention
für Kinder und Jugendliche
(s. 5.6.). Wichtig ist, HIV/AIDS-Prävention
als Teil von Gesundheitsförderung und Sexualaufklärung
zu verstehen und Jugendliche
frühzeitig zu Beginn ihrer sexuellen Aktivität
zu erreichen“ (Landeskonzept „Weiterentwicklung der
HIV/AIDS-Prävention in Nordrhein-Westfalen“, 2013, S. 10; s.
auch 5.6. im vorliegenden Jahresbericht).
Um den Ziel der Minimierung von HIV-Neuinfektionen
näher zu kommen, der Umsetzung
des Menschenrechtes auf Gesundheit, Information
und Aufklärung gerecht zu werden
und um die adäquate Versorgung von Menschen
mit HIV und AIDS sicher zu stellen,
werden entsprechende Ressourcen benötigt.
Angesichts der epidemiologischen Situation
in Deutschland müssen Präventionsmittel
und –maßnahmen insbesondere dort zur
Verfügung stehen, wo sie besonders benötigt
werden – z.B. in Bereichen von (Beschaffungs-)
Prostitution (s. 5.4.), bei Menschen
mit bestimmten Migrationshintergründen (s.
5.5.) oder bei der Versorgung von Suchterkrankten
(s. 5.2.) und eindeutig im Bereich
von homo- und bisexuellen Männern und
Männern, die Sex mit Männern haben (MSM)
(s. 5.1.). Eine weitere sehr wichtige Zielgruppe
stellen Menschen in Haft dar, wo wir leider
immer noch höhere Infektionsgefährdungspotentiale
(besonders bzgl. der Hepatitiden B
und C, aber durchaus auch bezogen auf HIV)
konstatieren, die im Wesentlichen in den hygienisch
höchst bedenklichen (Drogen-) Konsumbedingungen
begründet sind (s. 5.3.).
Offenbar müssten angesichts der Anstiege der
letzten Jahre auch die Aufklärungs- und Präventionsanstrengungen
bei Heterosexuellen
wieder verstärkt werden, das gilt zumindest
für die Männer (s.o.) und das gilt insgesamt
vor allem für den Bereich der STI-Prävention.
Nicht zuletzt durch den langjährigen Einsatz
des Sprecher*innenkreises der „Youthworker*innen
NRW“, zu denen auch unser
Youthworker, Dietmar Heyde, gehört, konnte
im Berichtsjahr ein wichtiger Impuls auf
Landesebene gesetzt werden durch die
Implementierung einer Projektleiterstelle
(halbe Vollzeitstelle) zur Weiterentwicklung
der „Perspektiven der Sexualpädagogik
mit dem Schwerpunkt HIV/STI-Prävention
in Nordrhein-Westfalen“, welche seit dem
01.10.2019 bei der AG Aidsprävention NRW
in Köln angesiedelt werden konnte. Unser
Wunsch wäre es seit Jahren angesichts der
Größe unseres Zuständigkeitsgebietes, eine
weitere Youthwork-Stelle in die Region zu bekommen.
Als ein bedeutsamer Erklärungsansatz für die
nur „langsame“ Reduktion der HIV-Neuinfektionen
gelten die Infektionszahlen anderer
STI`s (sexuell übertragbare Infektionen, wie
etwa die Syphilis-, Gonokokken- und Chlamydieninzidenzen),
was wiederum die zwingende
Verbindung von HIV- mit STI-Prävention
untermauert und eine Intensivierung der
Arbeit vor allem in der Zielgruppe (junger)
schwuler Männer und Männern, die Sex mit
Männern haben (MSM) nach sich ziehen sollte.
Das RKI weist hier darauf hin, dass die
Syphilis die HIV-Übertragungswahrscheinlichkeit
auch dann erhöht, wenn sich am (insgesamt
sehr guten) Risikoverhalten (s. Daten
der EMIS-Studie) nichts ändert.
Dazu sollten sich der Zugang und die Abrechnungsmöglichkeiten
für STI-Screenings
deutlich verbessern. Regelmäßige Checks auf
STI`s sollten auch für sexuell aktive Menschen
ohne Symptome zur Kassenleistung
werden, denn dies ist eine wichtige Maßnahme
im Rahmen der HIV-Prävention und auch
zur Vermeidung von sehr hohen Folgekosten
Auf Seiten der Ärzte wie auch der Patient*innen
erfordert dies allerdings einen tabuf-
14
reieren, offenen Umgang mit dem Thema
Sexualität, denn nur wenn offen darüber
kommuniziert werden kann, können diagnostische
und therapeutische Maßnahmen zur
Anwendung kommen. Sehr wünschenswert
wäre an dieser Stelle auch ein Paradigmenwechsel
in der Abrechnungsmöglichkeit für
Ärzt*innen und eine Aufwertung der „sprechenden
Medizin“ umgesetzt würde, denn Diagnostik
kann oft nur zum Tragen kommen,
wenn Indikationen geklärt sind. Let`s talk
about Sex!
Der Ansatz der strukturellen Präventionsarbeit
im Kontext von Gesundheitsförderung
hat sich dazu ganz eindeutig bewährt.
Angesichts der epidemiologischen Daten in
Deutschland und der positiven Effekte komplementärer
Präventionsstrategien (SDT und
PrEP) erweist sich die zielgruppenspezifische
Präventionsarbeit als immer bedeutungsvoller,
damit die richtigen Menschen mit den
passenden Botschaften und Maßnahmen lebenswelt-
und akzeptanzorientiert erreicht
werden können und die Ansätze nicht ins
Leere greifen, denn: Nur wer sich schätzt,
schützt sich und andere!
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. –
Fachstelle für sexuelle Gesundheitsförderung
- arbeitet von Beginn an nach diesem Grundsatz
und bietet – mit einem für die Größe des
Zuständigkeitsgebietes und der Einwohnerzahl
vergleichsweise kleinen Team von ehrenund
hauptamtlichen Mitarbeiter*innen - ein
umfassendes Projektspektrum dazu.
So gibt der vorliegende Bericht vor allem Auskunft
über die konkrete Arbeit der AIDS-Hilfe
Duisburg / Kreis Wesel e.V.- Fachstelle für sexuelle
Gesundheitsförderung- im Jahre 2019.
Wir wünschen anregende Lektüre!
Wir beginnen mit einer der wichtigsten Netzwerkaufgaben,
der Analyse und Koordination
der Versorgung von Menschen mit HIV und
AIDS und derer, die davon betroffen sind oder
sein können in unserer Region. Die Zusammenarbeit
im Rahmen des „Runden Tisches
zur HIV-Versorgung“, in dem neben Dr.
Kwirant auch die Gesundheitsämter der Stadt
Duisburg, der Stadt Oberhausen und des
Kreises Wesel (dieser allerdings zuletzt eher
als passives Mitglied) sowie die AIDS-Hilfen
Duisburg / Kreis Wesel und Oberhausen vertreten
sind, gestaltet sich weiterhin stabil
und aktiv. Hier übernehmen wir im Wechsel
mit den Kolleg*innen der AIDS-Hilfe Oberhausen
–wie in manch anderen Feldern- die
Koordination und Organisation in Absprache
mit den AIDS-Koordinatorinnen aus Duisburg
und Oberhausen (s. § 23 ÖGDG).
Wir pflegen den verbindlichen Austausch, der
15
wichtige Anhaltspunkte für die Situation in
der Region und daraus resultierender Steuerungsaspekte
ergibt und treffen uns in dieser
Runde in der Regel zweimal im Jahr. In diesem
Kreise wird unter anderem auch das alljährliche
Fachgespräch zur HIV-Therapie geplant
und vorbereitet. Die Bewerbung dessen wird
unter anderem auch dazu genutzt den Strukturen
der medizinischen Versorgungssysteme
Kenntnis über die spezifische Infrastruktur zu
vermitteln und so der Versuch unternommen,
das Thema HIV / AIDS u.a. STI`s wach zu
halten.
Wie bereits beschrieben können wir für die
Stadt Duisburg (wie auch in Oberhausen)
eine spürbar gesteigerte Aktivität von Seiten
der kommunalen Gesundheitsämter – insbesondere
durch die volle(n) Stelle(n) der
kommunalpflichtigen „AIDS-Koordination“
verzeichnen. In konstruktiven Planungsgesprächen
wurde die Aufgabenteilung und die
synergetische Zusammenarbeit neu aufgeteilt
und umgesetzt. Darauf lässt sich aufbauen
– wir sind wieder auf dem „Gemeinsam
gegen AIDS“- Kurs.
Wir hoffen sehr, dass der Zugewinn an Kapazitäten
nachhaltig verankert bleibt. Und
wir hoffen natürlich weiterhin, dass auch der
Kreis Wesel hier deutlich nachbessert. Wie in
vielen anderen Bereichen des Gesundheitswesens
wird es auch darauf ankommen, die
Stellenattraktivität zu steigern, um die erforderlichen
Fachkräfte im System zu halten
und/oder neue gewinnen zu können.
Wir werden uns nach Kräften dafür einsetzen
und uns auch weiterhin bei der Wahrnehmung
der „AIDS-Koordination“ unterstützend
und kooperativ einbringen. Das machen wir
seit vielen Jahren, auch wenn wir dafür keine
Refinanzierung erfahren, weil es aber unerlässlich
ist, um die fachlichen Standards so
gut es geht zu halten und Weiterentwicklung
vor dem Hintergrund der sich stetig verändernden
Anforderungen grundsätzlich möglich
zu machen.
Vor dem Hintergrund der heutigen medizinischen
Optionen muss es unser gemeinsames
Ziel sein, möglichst auch denjenigen HIV-Positiven
Zugang zu medizinischer Versorgung
zu ermöglichen, die diesen bisher noch nicht
hatten. Darüber hinaus gilt es, die noch nicht
Getesteten zu möglichst früher Diagnosestellung
zu bewegen und somit u.a. die Problematik
der „late presenter“ zu verringern.
Unsere Aufgabe diesbezüglich besteht dabei
darin, zum einen ein Risikobewusstsein in der
Bevölkerung zu schärfen und die Testbereitschaft
zu erhöhen. Dieser Komplex benötigt
dann aber eben auch eine entsprechende Infrastruktur
der strukturellen Prävention und
eben auch eine adäquate HIV-spezifische medizinischen
Versorgung und bestenfalls funktionierende
sektorenübergreifende Netzwerke
zum Themenkomplex „Sexualität
und Gesundheit“. Aber auch hier konnte im
Berichtsjahr ein Meilenstein gesetzt werden
(s.o.).
Die Erhaltung unseres Angebotsspektrums
sowie die stete Weiterentwicklung
dessen als erstes Ziel sind in erster Linie
nur deshalb noch möglich, weil wir trotz immer
wiederkehrender Konfrontation mit Kürzungsszenarien
und manch anderer Ernüchterungen
(Wegfall wichtiger Personen in den
Netzwerken, Erhöhung des bürokratischen
Aufwandes u.a.) ein immer noch hochmotiviertes
ehren- und hauptamtliches Team haben.
Eine der wichtigsten Pfunde und Ressourcen
für die Aufrechterhaltung unserer Angebotspalette
sind und bleiben dabei unsere
ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, denen
einmal mehr ein riesiges „Dankeschön!“
gilt.
Angefangen beim Vorstand über nahezu alle
anderen Arbeitsfelder können wir hier auf
eine sehr stabile wenn auch vergleichsweise
kleine „Mannschaft“, bauen. Allerdings gibt
es leider auch nur überschaubaren Andrang
von neuen Interessent*innen.
Wir möchten Sie, verehrte Leserinnen und
Leser, an dieser Stelle bitten, potentiell interessierte
Menschen auf uns aufmerksam zu
machen, denn: AIDS-Hilfe-Arbeit ist spannend,
kann intensiv und unter Umständen
16
Der Vorstand seit Mai 2019: Peter Külpmann, Daniela Niemczyk und Joachim Müller
belastend sein, aber auch dankbar und für
die eigene Persönlichkeitsentwicklung gewinnbringend.
Das gilt nach wie vor auch für
die ehrenamtliche Mitarbeit auf allen Ebenen
(s. www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de/
Ehrenamt).
Wenn wir immer wieder vom „ehren- und
hauptamtlichen Team“ der AIDS-Hilfe reden,
so ist dies keine Floskel. Wir sind ein Verein
und wir arbeiten partnerschaftlich und partizipativ
gemeinsam – jede*r im Rahmen
seiner*/ihrer* Möglichkeiten und alle im Sinne
unseres Vereinszweckes und der verfolgten Ziele.
Das gilt insbesondere für die gute Zusammenarbeit
von Vorstand und hauptamtlichem
Team.
Bestätigung und Rückhalt für unsere Arbeit
und Entwicklung erfuhren wir einmal mehr auf
der diesjährigen Jahreshauptversammlung
am 20. Mai 2019, die allerdings nicht sehr
gut besucht war, dafür aber rekordverdächtig
kurz und effektiv. Insgesamt verzeichnen wir
leider einen fortschreitenden Rückgang an
beitragszahlenden und aktiven Mitgliedern.
Der amtierende Vorstand wurde einmal mehr
einstimmig entlastet und für seine umfassende
Arbeit gewürdigt. Leider standen auch
im Berichtsjahr unsere Haushaltsprobleme
ganz oben auf der Agenda. Daneben gab
es eine Reihe von nicht vergnüglichen Themen
zu bearbeiten, wie die Umsetzung der
Datenschutzgrundverordnung, verschärfte
Auflagen durch die Berufsgenossenschaft,
Diebstähle, Umstellung von Versicherungen,
die Bearbeitung von Diskriminierungsfällen
u.a.m.
Sich damit ehrenamtlich aber höchst verantwortlich
zu beschäftigen, verdient unseren
größten Respekt und den Dank der Mitarbeiter-
und Mitgliederschaft!
Erfreulicherweise gab es auch eine ganze
Reihe von positiven Themenfeldern für die
Vorstands- und Geschäftsführungsarbeit, die
mit nennenswerten Erfolgen verbunden waren,
wie etwa die Projektimplementierung
des Netzwerkes „Sexualität, Gesundheit und
Sucht“ (s.o.), die Weiterentwicklung unseres
„BeWo-Projektes SELF“, die Etablierung verbesserter
Beratungs- und Testangebote, die
nahtlose Wiederbesetzung der Stelle von Anika
Walther mit der Sozialpädagogin, Hanife
Kayadelen, die Ermöglichung der Fortbildung
von Nadine Bolte für die Beratung von Gehörlosen,
die wir im kommenden Jahr wohl anbieten
können und die Fortführung und Weiterentwicklung
von vielem Bewährten.
Es ist und bleibt einfach eine spannende und
vielfältige Arbeit in einem tollen Team. Bitte
weiterempfehlen!
Leider gehören nach wie vor auch traurige
17
Ereignisse zum AIDS-Hilfe Dasein, so auch
immer noch die Auseinandersetzung mit der
Vergänglichkeit des Lebens. So haben uns im
Berichtsjahr zwei langjährige Klienten verlassen
müssen und wir haben auch wieder etwas
mehr Drogentote zu beklagen.
Ganz besonders erschüttert hat uns der Tod
unserer langjährigen stellvertretenden Vorsitzenden,
Silke Stützel, die über 15 Jahre nicht
nur im Vorstandsamt, sondern weit darüber
hinaus für die AIDS-Hilfe aktiv und eigentlich
überhaupt nicht wegzudenken war. Ihr
Einsatz für Menschen mit HIV und AIDS und
insbesondere für drogengebrauchende Menschen
war enorm und stand für sie immer im
Vordergrund – nicht selten so weit, dass sie
die Fürsorge für sich selbst gelegentlich vernachlässigte.
Ebenso hatte sie immer ein offenes
Ohr für die Belange der Hauptamtlichen
und hat ihr Vorstandsamt sehr ernsthaft und
mit Freude und Überzeugung ausgefüllt. Am
21. Oktober 2019 haben die Lebenskräfte sie
nach längerer schwerer Krankheit verlassen.
Ihre Sterbephase und ihr Tod hat uns alle tief
bewegt und vor Augen geführt, dass das Leben
manchmal ein zu kurzes Geschenk ist,
das wir so gut es geht pflegen sollten.
Liebe Silke, Du wirst immer einen festen Platz
in der AIDS-Hilfe-Familie und in unseren Herzen
haben. Wir verneigen uns vor Deiner Lebensleistung
und sagen Dank dafür, dass wir
einen langen Weg mit Dir gemeinsam gehen
durften!
Unsere Gedanken begleiten Dich auf Deiner
Reise und wir wünschen Dir, Ruhe und Frieden
zu finden.
Personelle Struktur
Stete Fort- und Weiterentwicklung einer Organisation
kann nur da gut gedeihen, wo auch
spezifische Kompetenzen und Erfahrungen
vorhanden sind, wo Bewährtes den erforderlichen
Wandel konstruktiv, kritisch begleitet.
Kontinuität bei der Personalstruktur ist einer
der wichtigsten Faktoren für die Aufrechterhaltung
des Leistungsspektrums und das
Funktionieren auch der Kooperations- und
Netzwerkarbeit, auf die wir in vielfältiger Weise
angewiesen sind. Ganz zu schweigen von
der enormen Bedeutung möglichst fester Ansprechpartner*innen
in der Begleitungsarbeit
mit Klient*innen.
Das Berichtsjahr 2019 zeichnete sich erfreulicherweise
durch weitestgehende personelle
Stabilität im hauptamtlichen Team aus – ein
Segen!
Eine besondere Stabilität und Kontinuität bietet
seit über 15 Jahren, unser „Graf Zahl“ und
„Mann für alle Fälle“, unsere Verwaltungsfachkraft
Werner Garbe. Wir sagen DANK für
die tolle Arbeit, die weit über die eigentlichen
Verwaltungsaufgaben hinausgeht und an vielen
Stellen den „Laden zusammenhält“. Entlastung
und beste Unterstützung in der Verwaltung
leistet Susanne Renner, worüber wir
auch flexibler in Sachen Vertretungszeiten
und –erfordernissen geworden sind – auch
wenn wir bisher nur eine ¼ Vollzeitstelle einrichten
konnten.
Mit Marie Schellwat als Fachliche Leitung
des BeWo-Projektes freuen wir uns über die
stetige Etablierung des Angebotes der Eingliederungshilfe.
Im Juli des Berichtsjahres
konnten wir hier mit Annika Schreibert eine
zweite hoch qualifizierte Fachkraft einstellen,
die auch für die Leitungsstellvertretung vorgesehen
ist.
Unserem Herzenslust-Koordinatoren, Raphael
Diaz Fernandez gilt nicht nur Dank und
Anerkennung für seine Kerntätigkeit, sondern
auch für seinen unermüdlichen Einsatz an
der EDV- und IT-Front. Wenn wir diese Leistungen
einkaufen müssten, wäre das einfach
18
eine Katastrophe!
In diesem Kernfeld der zielgruppenspezifischen
Prävention ist es gut und unerlässlich,
dass wir auf Uwe Altenschmidt und sein fast
zwanzigjähriges Erfahrungswissen zurückgreifen
können. Die Etablierung des Herzenslust-Checkpoints
und das Stemmen vieler
Präventionsveranstaltungen wäre ohne diese
geringfügige Beschäftigung nicht leistbar gewesen.
Erfreulicherweise konnte schon im Berichtsjahr
die nahtlose Nachfolge von Annika
Walther für die Bereiche „Youthwork“ und die
„Psychosoziale Begleitung“ geklärt werden.
Um aber überhaupt Chancen auf eine Fachkraft
zu bekommen, mussten wir die bisherige
1/4-Stelle auf eine halbe Stelle aufstocken.
Damit kommen wir allerdings zum
alten Besetzungsstand zurück und Beschäftigung
gibt es reichlich. Die Sozialpädagogin,
Hanife Kayadelen, unterstützt uns seit dem
01.01.2019 tatkräftig.
Weiterhin erfreut uns die stete Weiterentwicklung
und Etablierung des SCHLAU Duisburg-Projektes.
Hier hat der Koordinator,
Kai-Uwe Diel, mit unglaublicher Akribie, Kreativität
und Fleiß sowie dank seiner enormen
Fähigkeiten und Affinitäten bei der Nutzung
der sozialen Medien und Netzwerke ein Team
für die LSBTIQ*-Aufklärungsarbeit aufgebaut,
das sich vor Nachfragen kaum noch retten
kann. Wir sind stolz, Träger dieses Projektes
mit seinem immer bedeutungsvoller werdenden
antirassistischen Ansatzes zu sein und
hoffen inständig, dass es sich wirtschaftlich
dauerhaft tragen kann, denn das muss es.
Wir bedanken uns beim Jugendamt und dem
Jugendhilfeausschuss der Stadt Duisburg für
eine Sachkostenförderung aus dem Aktionsprogramm
zum Kinder- und Jugendschutz sowie
der Stiftung „Demokratie leben“ für die
Förderung im Berichtsjahr.
Ein herzlicher Dank der Geschäftsführung und
des Vorstandes gilt einmal mehr den ehrenund
hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen,
die Ihre Arbeit weit über das erwartbare
„business as usual“ hinaus wahrnahmen. Und
das in einem Jahr mit erneut hohen Intensitäten
und wachsenden Sorgen über die Erhaltung
des Status Quo. DANKE!
Dass wir trotz zum Teil demotivierender Umstände
und zusätzlichen Arbeitsbelastungen
unsere angestammten Arbeitsbereiche und
–angebote in gewohnter Form und Qualität
fast durchgehend vorhalten konnten, darüber
legt der vorliegende Jahresbericht (und die
Controlling-Daten im Anhang) Zeugnis ab.
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So ist etwa von einem wichtigen Primärpräventionsbereich,
der Duisburger Substitutionsregelung,
welche nicht unbedingt zum
Kernbereich zählt, zu berichten, dass dieses
Angebot, wenngleich mit recht deutlich gesunkenen
Teilnehmerzahlen (s.o.), recht stabil
weiter läuft. Diese Regelung ist nicht nur
für die Klient*innen von hohem gesundheitlichen
und psychosozialen Nutzen ist, sondern
auch für die AIDS-Hilfe ein finanzieller Segen.
Hier gilt den Ärzten Dr. Hander und Frau
Stech, Herrn Harzem, Dr. Stark und Dr. Gudat
sowie unseren begleitenden Ehrenamtler*innen
ein ganz großes Dankeschön! (s. 5.2.2.).
Die Arbeit im Bereich der Drogenarbeit in
Duisburg hat sich im Berichtsjahr erneut nicht
unerheblich verändert, diesmal allerdings mit
einigen positiven Entwicklungen, über die
wir oben schon ansatzweise berichtet haben.
Großen Anteil daran hat unsere höchst engagierte
Kollegin, Nadine Bolte, die sich unermüdlich
weiterhin für die Belange von drogengebrauchenden
Menschen einsetzt.
Die Aufrechterhaltung der JES- (Junkies, Ehemalige
und Substituierte) Selbsthilfegruppe
verlief im Berichtsjahr alles in allem auch
erfreulich. Die aufsuchende Arbeit in Hamborn
hat sich eindeutig bewährt und wurde
regelmäßig fortgesetzt. Für die aufsuchende
Arbeit in der Stadtmitte zeichneten sich zum
Jahresende nach Fertigstellung der Arbeiten
am und im Kantpark zarte Verbesserungen
ab. Zumindest ein Teil der Szene ist wieder
anzutreffen.
Darüber hinaus sind wir bzw. ist Frau Bolte
auf gutem Wege, ihre Basisqualifikation im
Bereich der Gebärdensprache so aufzufrischen
und weiterzuentwickeln, dass wir in
absehbarer Zeit ein spezifisches Beratungsangebot
für Gehörlose vorhalten können. Das
hat sich bereits bundesweit herumgesprochen
und Frau Boltes Expertise wurde schon
vom Bundesverband abgerufen für die Entwicklung
von Beratungsvideos.
Auch im Bereich der Präventions-, Beratungsund
Begleitungsarbeit in den Justizvollzugsanstalten
konnte die erfreuliche Kooperation
im Berichtsjahr nicht im gewünschten Maße
umgesetzt werden. Das lag im Wesentlichen
an erheblichen personellen Engpässen
und Wechseln in den Zuständigkeiten in den
JVA-Strukturen begründet. Wir haben dies im
letzten Jahr zum Anlass genommen, um mit
der Leitung und dem Sozialdienst darüber zu
sprechen, wie die Kooperation wieder verbessert
werden kann. Im Berichtsjahr rumpelte
es anfänglich noch etwas, wurde aber im
Laufe des Jahres immer stabiler. Die JVA-Duisburg-Hamborn
ist mit der Arbeit von Rüdiger
Wächter sehr zufrieden. So wurde der
Kooperationsvertrag einmal mehr verlängert,
worüber auch Fördermittel des Justizministeriums
NRW abgerufen werden können, die
zumindest Teile der Personalkosten decken
können. Indiz für die hohe Wertschätzung
unserer Arbeit in diesem Bereich sind die regelmäßigen
Anfragen an Rüdiger Wächter, als
Referent bei Fachkongressen (s. 5.3).
Es freut uns ganz besonders, dass im Bereich
der Frauenarbeit mit Janina Boers die wichtige
Arbeit (XXelle-Kampagne, PSB bei Frauen
mit HIV u.a.m.) mit einer festen Ansprechpartnerin
stabil fortgeführt werden konnte.
Ist es doch die einzige fachspezifische Stelle
in unserem großen Zuständigkeitsgebiet. Die
Frauenquote in unserer AIDS-Hilfe ist gewachsen
– und das ist gut so. Eine ganze Reihe von
neuen Beratungs- und Begleitungskontakten
ergaben sich insbesondere durch die gute
Vernetzung mit der HIV-Schwerpunktpraxis
von Dr. Kwirant. Besonders intensiv waren im
Berichtsjahr einmal mehr die Begleitungsfälle
von Frauen mit Migrationshintergründen –
auch aus der Gruppe der Geflüchteten.
Darüber hinaus funktioniert die landesweite
und überregionale Vernetzungsarbeit im landesgeförderten
XXelle-Projekt hervorragend
(s. 5.4.).
Zudem waren und sind wir auf dem Sektor
der (Beschaffungs-) Sexarbeit angesichts
erheblicher Zuwanderung –v.a. von Frauen
aus südosteuropäischen Regionen- im Praktischen
und Konzeptionellen zunehmend
gefordert. Auch für die dabei unerlässliche
Netzwerkarbeit und im Besonderen die Zusammenarbeit
mit den ÖGD-Strukturen ist
20
eine stabile personelle Struktur besonders
wichtig. Erst recht durch die Veränderungen,
die die Umsetzung des ab dem 01.07.2017
geltenden neuen Prostitutionsschutzgesetzes
(ProstSCHG) mit sich gebracht hat und weiter
bringen wird. Nach nunmehr 2,5 Jahren
können wir aus unserer Sicht nach wie vor
nicht von einer Verbesserung der Situation
von Sexarbeiter*innen sprechen, sondern
eher von deutlichen Verschlechterungen, was
etwa den Zugang zur Zielgruppe betrifft.
Auch das große Ziel, das Beratungs- und
Testangebot zumindest in Duisburg in Kooperation
mit dem ÖGD auszubauen, konnte
im Berichtsjahr weiter stabil umgesetzt werden
(s.o.). Nach einer Pilotphase im ersten
Halbjahr zeigte die Annahme des Angebotes
den prognostizierten Bedarf und konnte
–mit leichten Ablaufmodifikationen- auch
im zweiten Halbjahr entsprechend etabliert
werden. Darüber hinaus zeigte sich, dass
der „Herzenslust Checkpoint“ in Kooperation
mit dem GA Duisburg die Frequentierung
des Regelangebotes des Gesundheitsamtes
eben nicht schmälerte, sondern eindeutig als
wichtiges zusätzliches Angebot angenommen
wurde. Unsere Erwartung für die Bilanz des
Berichtsjahres eine nennenswerte Steigerung der
Testzahlen zu sehen, hat sich voll erfüllt. Und
das ist einfach gut, denn nur so gibt es eine
gute Chance auf frühe Diagnosen (HIV und
STI`s betreffend) und entsprechend frühe
Zugänge zu den Behandlungsoptionen – gemäß
den 90-90-90-Zielen der WHO, der Bundesregierung
und den Zielen der „Kein Aids
für alle!-Kampagne der DAH. Unser Dank gilt
den Kolleginnen der Beratungsstelle des Gesundheitsamtes
für eine gute und wichtige
Zusammenarbeit (s. 5.1.).
Im Sektor Youthwork / Prävention in der
Allgemeinbevölkerung (s. 5.6.) können wir
über weitgehend stabile Nachfragen mit nach wie
vor hervorragenden Rückmeldungen berichten.
Dank der tatkräftigen Unterstützung von Hanife
Kayadelen im Arbeitsfeld „Youthwork“ können
wir zumindest gelegentlich auch hier wieder
etwas mehr anbieten – vor allem in Zeiten
von Mehrfachanfragen. Erwähnenswert ist
dabei sicher das tolle Projekt der „Sexualpädagogischen
Stadtrallye“ für Schüler*innen
der neunten Jahrgänge aller Schulformen,
das in Kooperation mit der pro familia Duisburg
dank der Förderung durch den Jugendhilfeausschuss
der Stadt Duisburg weiter erfolgreich
durchgeführt wurde und sich reger
Nachfrage erfreut.
Das Youthwork-Angebot ist umso wichtiger,
als wir seit über zwei Jahren das einzige spezifische
Aufklärungsprojekt für die gesamte
Region sind, weil sich der ÖGD sowohl in Duisburg
als auch im Kreis Wesel aus diesem
Tätigkeitsfeld zurückgezogen hat.
Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit (s. 4.) sind
wir erfreulicherweise nicht mehr „Alleinunterhalter“
für die Region, denn auch hier zeigen
sich die Effekte des Ressourcenzugewinns
durch die Wiederbesetzung der AIDS-Koordinator*innen-Stelle
in Duisburg. Und das ist
gut so! Da heißt es doch wieder „Gemeinsam
gegen AIDS“! Recht einsam blieben wir dagegen
weiterhin im Kreis Wesel (s.o.).
Positive Auswirkungen sind auch bei der
wichtigen Netzwerkarbeit – zumindest in
Duisburg zu verzeichnen, wie etwa beim Arbeitskreis
Prävention Duisburg, wo wir die
Koordinationsarbeit abtreten konnten. Hier
ist auch schon im Berichtsjahr eine Stabilisierung
durch die aktive Mitarbeit des Gesundheitsamtes
der Stadt Duisburg zu verzeichnen.
Intensiviert haben wir unsere Kooperation mit
dem Suchthilfeverbund Duisburg e.V. durch
einen regelmäßigen Austausch. Stabil fortgeführt
werden konnte die Kooperation mit der
Fachklinik St. Camillus in Duisburg-Walsum,
wo wir monatlich eine Infoveranstaltung zu
STI`s für die Patient*innen anbieten, die viel
Anklang findet.
„Unser“ Duisburger Aktionsbündnis gegen
AIDS erfuhr eine Neuausrichtung und Erweiterung
der Thematik und heißt seit 2018 nun
„Duisburger Aktionsbündnis für Gesundheit
und Gerechtigkeit“. Die sexuelle Gesundheit
und natürlich auch HIV/AIDS bleiben allerdings
eindeutig im Portfolio.
Das nunmehr ins dritte Jahr gehende En-
21
gagement im Rahmen der „Initiativgruppe
Männergesundheit“ der Kommunalen Gesundheitskonferenz
der Stadt Duisburg, wurde
fortgeführt, ist erstaunlich effektiv und
erreicht eben auch viele Menschen, die insgesamt
bzgl. STI`s durchaus riskiert sind.
Leider waren wir im Berichtsjahr erneut mit
zum Teil heftigen Diskriminierungsfällen
beschäftigt. Der „Runde Tisch zur HIV-Versorgung“
(s.o.) hat sich hier auch als starkes
Interventionsgremium bewährt. Wir hatten
eine Zeit lang den Eindruck, wir hätten die
80er Jahre überwunden, doch das scheint
nicht überall im Gesundheitssystem der Fall
zu sein. Hier wartet noch viel und wohl auch
kontinuierliche Arbeit auf uns.
Hinzu kamen über das gesamte Jahr rege
Korrespondenzen und Gespräche mit den
kommunalen Strukturen, v.a. den Verwaltungsspitzen
zur Angebotslage und zur Refinanzierung
unserer Aufgaben, die wir nicht
zuletzt im Auftrag der Kommunen vorhalten
müssen. Zu erwähnen ist u.a. die intensive
Beschäftigung mit der Umsetzung der
am 25.05.2018 in Kraft getretenen Datenschutz-Grundverordnung
(DS-GVO), die insgesamt
betrachtet ganz überwiegend gut ist,
aber eben auch zusätzlichen bürokratischen
Aufwand (und Kosten!) mit sich gebracht hat
und bringt. Dass wir an dieser Stelle allerdings
schon recht gut aufgestellt waren, ist
nicht zuletzt dem Engagement unseres treuen
IT-Supporters, Vicente Diaz Fernandez, zu
verdanken, der uns ganz viele seiner Leistungen
ehrenamtlich zur Verfügung stellt. Ganz
großer Dank!
Es deutet einiges darauf hin, dass unser
Haushaltsabschluss für 2019 erneut ein etwas
kleineres Defizit ausweisen wird als es die
Planung befürchten ließ. Letztlich haben wir
unser Überleben im Berichtsjahr allerdings
einer unverhofft eingegangenen Erbschaft
zu verdanken, die uns schlichtweg gerettet
hat, weil unsere vorzuhaltende Betriebsmittelrücklage
im Laufe des Jahres aufgebraucht
war, weil sich die kommunalen Zuwendungsgeber
über drei Jahre trotz unserer Anträge
nicht bewegt haben.
Eigentlich hätten wir mit dem Segen dieser
Erbschaft unsere Rücklage zumindest in Teilen
wiederaufbauen müssen, aber die laufenden
Kosten ließen dies nicht zu.
Natürlich waren wir auch in diesem Jubiläumsjahr
wieder „auf der Straße“ mit Infoständen
und Aktionen im Sommer und boten ein umfangreiches
Programm zum Welt-AIDS-Tag
2019 (s. 4.4.).
„Klappern gehört zum Handwerk“.
Unsere Arbeit und unsere Aktionen werden
wahrgenommen – wir können nicht behaupten,
dass wir keine Lobby hätten. Allerdings
möchten wir an dieser Stelle eingestehen,
dass der stete Kampf für den Erhalt der
Strukturen immer wieder auch demotiviert
und Kraft raubt.
Zivilgesellschaftliches Engagement ist
immer noch und nicht nur vor dem Hintergrund
rückläufiger öffentlicher Förderung immer
mehr gefragt. Diesbezüglich können wir
einmal mehr auf ein Jahr mit zum Teil wirklich
großartiger Unterstützung zurückblicken
(s. 4.). Insbesondere im Zusammenhang mit
dem diesjährigen Welt-AIDS-Tags-Geschehen
erlebten wir viel Engagement von verschiedensten
Gruppen und Einzelpersonen. Stellvertretend
möchten wir hier schon mal auf
die WAT-Aktionen an einigen Schulen unserer
Region sowie die hervorragende mediale Unterstützung
durch das Duisburger Lokalfernsehen
„Studio47“ wie auch durch das Radio
KW verweisen.
Unverhoffte, aber sehr nennenswerte Unterstützung
erfuhren wir im Dezember durch
die „Initiative Duisburger Zahnärzte“, die aus
dem Erlös ihrer Zahngoldaktion verschiedene
soziale Einrichtungen Duisburgs mit erheblichen
Spendensummen bedienen konnten.
Auch wir gehörten erstmalig dazu und konnten
uns über 7.000,- Euro freuen. Die Pressewirksame
Verteilung fand dann auch in unseren
Räumen statt und in diesem Rahmen gab
es viel positive Rückmeldung über die damit
verbundene Austauschmöglichkeit.
Besonders bemerkenswert ist auch das treue
22
Engagement der Alpener Gastronomen, Wolfgang
Gödeke und Frank Stieger und Ihrem
Team der „Burgschänke“, die uns abermals
das hervorragende Essen für die Weihnachtsfeier
am Heiligen Abend spendeten. Dieses ist
von den 20 Teilnehmer*innen einmal mehr
sehr gelobt worden. Ganz herzlichen Dank
für diese wunderbare Geste, die Menschen
zugutekam, die über Weihnachten keine Familienanbindung
haben.
DANKE!
Wir bedanken uns bei den Sparkassen aus unserer
Region für ebenso treue Unterstützung
und besonders beim „Strick-Team“ der Targobank
Duisburg um Frau Ursula Busshoff. Dieses
Duisburger „Bären-Alleinstellungsmerkmal“,
die wunderbaren Strick-Accessoires,
ist kaum noch wegzudenken. Immer mehr
Interessent*innen fragen gezielt danach. Ein
ganz großer Dank gilt dieser Kreativ-Gruppe
sowie auch in diesem Jahr dem „Auszubildenden-Team“
der Targobank unter Federführung
von Frau Schmieder und Frau Cardoso Vieira,
die mit viel Eifer und Freude über 300 Solibären
unter das Bankenvolk brachten!
Abschließend möchten wir uns natürlich an
dieser Stelle bei all jenen treuen Freund*innen
und Förderern, Zuwendungsgebern und
Sympathisant*innen sowie bei den Vertreter*innen
aus Politik, Verwaltungen, der
Staatsanwaltschaft Duisburg für die Berücksichtigung
der AIDS-Hilfe bei der Zuweisung
von Bußgeldern, bei den Gesundheitsämtern,
medizinischen und Beratungseinrichtungen,
einigen Kirchengemeinden für die Unterstützung
unserer Weihnachtsfeier, den vielen
Netzwerkpartnern, Schulen und sonstigen
Kooperationspartnern und unseren Dachverbänden,
den „PARITÄTISCHEN“ Kreisgruppen,
der Deutschen AIDS-Hilfe und der AIDS-Hilfe
NRW für ihre Wertschätzungen, unterstützenden
Aktionen und guten Wünsche im Berichtsjahr
aufs Herzlichste bedanken.
Ein sehr großer Dank gilt dem Team für Förderanträge
der Aktion Mensch, ohne die die
Umsetzung von „SELF Duisburg / Kreis Wesel“
nicht denkbar gewesen wäre!
23
2. Beratung
2.1 Einleitung
Die Beratung der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis
Wesel e.V. zum Themenkomplex der sexuellen
Gesundheit mit dem Fokus auf HIV / AIDS
und anderen sexuell übertragbaren Infektionen
(STI`s) von der primärpräventiven- bis
zur tertiärpräventiven Ebene wurde wie in
den vorangegangenen Jahren als ein Hauptschwerpunkt
unserer Arbeit durchgeführt.
2.2 Die Angebote der AIDS-Hilfe im Sektor
Beratung
Unsere Beratungsangebote konnten von den
Ratsuchenden wie folgt genutzt werden:
1. persönliche Beratung in unseren Büroräumen
während der Öffnungszeiten
und nach Vereinbarung in der AIDS-Hilfe
oder aufsuchend;
2. telefonische Beratung durch Hauptamtler*innen
während der Bürozeiten in
Duisburg unter der Nummer 0203 / 66
66 33 sowie für die bundesweite Telefonberatung
Donnerstags in der Zeit
von 09.00 – 12.00 Uhr unter der Nummer
0180 / 33 19411;
3. im Bedarfsfall können auch persönliche
Beratungen vor Ort vereinbart werden.
2.2.1 Persönliche Beratung
Während der Öffnungszeiten sowie nach telefonischer
Absprache auch außerhalb der
Öffnungszeiten, konnten Ratsuchende sich
persönlich durch hauptamtliche Mitarbeiter*innen
in unserer Beratungsstelle in Duisburg
beraten lassen. Bei diesen Beratungsgesprächen
wird auf eine ruhige und entspannte
Atmosphäre geachtet. Bei Bedarf konnten
24
Ratsuchende, die anonym bleiben wollten,
sich auch Termine außerhalb der Öffnungszeiten
und dem damit verbundenen Publikumsverkehr
geben lassen. Bei Beratungen
von Personen, die kürzlich ihr HIV-positives
Testergebnis erhalten haben, kann im Sinne
der Hilfe zur Selbsthilfe immer das Angebot
unterbreitet werden, mit einem geschulten
HIV-Positiven zu sprechen, der schon länger
mit der Infektion lebt. Dieses Angebot wurde
auch im Berichtsjahr, allerdings sehr vereinzelt
nachgefragt.
Die persönliche Beratung wurde im Berichtszeitraum
erneut recht rege in Anspruch genommen.
Der Standortwechsel im Jahre
2013 zur Bismarckstr. in Du-Neudorf kann
inzwischen als bekannt angesehen werden.
Nach der Schließung der Beratungsstelle in
Wesel zum Jahresende 2016 ist es natürlich
für Ratsuchende aus dem Kreisgebiet deutlich
schwieriger geworden, eine persönlichen
Beratung in geschützter Atmosphäre in einer
Beratungsstelle in Wohnortnähe zu bekommen.
Diese Ratsuchenden müssten entweder
nach Duisburg kommen können oder einen
Vor-Ort-Termin über Telefon oder per e-mail
mit uns vereinbaren. Dieses Angebot halten
wir grundsätzlich noch vor, da dies allerdings
mit erheblichen Kosten verbunden (Fahrtund
Arbeitszeit) ist, können wir dies angesichts
unserer Unterfinanzierung leider nur
noch in Einzelfällen (bei besonderer Bedarfslage)
leisten.
Das (Test- und) Beratungsangebot durch den
Fachdienst Gesundheitswesen im Kreis Wesel
ist leicht verbessert (Montags von 14-16
Uhr in Moers und seit April 2019 auch jeden
Dienstag von 14-15.30 Uhr in Wesel) Nach
wie vor halten wir die Zeiten etwa für Berufstätige
für sehr suboptimal. Laut Homepage
des Kreises Wesel sind leider auch keine Termine
nach Vereinbarung möglich.
Das (Test- und) Beratungsangebot des Gesundheitsamtes
der Stadt Duisburg konnte
dagegen im Berichtsjahr verbessert werden.
Neben vier Sprechstunden an jedem Donnerstag,
konnte in Verbindung mit unserem
„Herzenslust-Team“ der checkpoint mit einem
Abendangebot an jedem ersten Dienstag im
Monat etabliert werden. In der Folge sind
auch die Testnachfragen und –durchführungen
im Berichtsjahr deutlich gestiegen – und
zwar ohne Rückgänge im bisherigen Regelangebot.
Eine Entwicklung, die ganz im Sinne
der „neuen“ Ziele (s. 90-90-90 unter 1.)
und eindeutig zu festigen ist. Seit März 2019
flankieren wir dieses Angebot durch „begleitete
HIV-Selbsttests“ in unserer Einrichtung,
regelhaft am dritten Mittwoch im Monat von
18 bis 20 Uhr oder nach Terminvereinbarung
auch im Rahmen der Öffnungszeiten.
Insgesamt haben wir im Berichtsjahr 2019
1683 Einzelberatungen mit primärpräventivem
Hintergrund (+ 160 im Vgl.
zum Vorjahr) über persönliche und telefonische
Gesprächskontakte geleistet. Davon 1.230 für
männliche und 453 für weibliche Personen, davon
geschätzt 205 Menschen mit Migrationshintergrund,
bis 21 Jahre 102 und 1.478 über
21 Jahren (s. Controlling-Daten im Anhang).
Für HIV-Positive erfolgten im Berichtsjahr
763 Beratungskontakte mit sekundärpräventivem
Charakter, davon 463 für
männliche und 300 für weibliche Personen.
217 Beratungskontakte mit Personen mit
Migrationshintergrund wurden angeboten,
wobei in Einzelfällen Sprachmittlungsdienste
erforderlich waren. 691 Beratungen erfolgten
für Menschen ab 22 Jahren. (s. 3.)
2.2.2 Telefonische Beratung
Auch in diesem Jahr blieb die Zahl der Telefonberatungen
während der Öffnungszeiten
sehr hoch. Die Ratsuchenden wurden nach
eingehender Erörterung der Risikosituationen
aufgeklärt. Falls erwünscht, wurden die
Ratsuchenden zwecks HIV-Antikörper-Test an
das jeweilige örtliche Gesundheitsamt verwiesen
oder ggf. ein begleiteter HIV-Selbsttet
in der AIDS-Hilfe angeboten. Vor dem Hintergrund
der schmalen Zeitfenster der Testberatungsangebote
der Gesundheitsämter mussten
wir zum Teil allerdings weiterhin auch auf
Angebote in umliegenden Städten verweisen.
Insbesondere gilt dies für Berufstätige (s.o.).
Eine sehr unbefriedigende Situation, zumal
das Testangebot zu HIV und STI`s eine kommunale
Pflichtaufgabe ist, deren Umfang allerdings
leider nicht festgelegt ist.
2.2.3 Die Bundesweite Telefonberatung
An 62 Stunden pro Woche können sich Ratsuchende
unter der Rufnummer 0180 33 19411
(9 ct./min. aus dem deutschen Festnetz
maximal 42 ct./min. aus deutschen Mobilfunknetzen)
mit ihren Fragen rund um HIV/
AIDS telefonisch an die Berater*innen der
AIDS-Hilfen wenden. Die Hotline ist erreichbar
in den Zeiten: Montags bis Freitags von
9.00-21.00 Uhr und am Samstag und Sonntag
von 12.00-14.00 Uhr.
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e. V.
beteiligt sich als eine von bundesweit 26 Einrichtungen
an diesem nunmehr fest etablierten
Angebot. Vor allem aufgrund personeller
Engpässe bei den ehrenamtlichen Kräften,
haben wir uns von der Beratung am Montagabend
verabschieden müssen, da wir die Ausfallzeiten
auf Dauer nicht durch hauptamtliche
Kräfte auffangen können. Eine deutliche
Steigerung der Frequenzen haben wir am
Donnerstag vormittag erfahren, wo wir zwischen
09.00-12.00 Uhr geschaltet sind. Nicht
selten gibt es hier mehr als 15 Anrufe.
Die aktive Beteiligung an diesem bundesweiten
Angebot wird ausgesprochen gut genutzt.
Häufig melden sich sehr verunsicherte Menschen,
die sich über das Internet oder andere
Quellen informiert haben, aber durch die
Vielfalt an unterschiedlichen Aussagen im Ergebnis
eher verunsichert wurden und umso
dankbarer für klare und kompetente Beratungsleistungen
sind. Die Telefonberatung
trägt dem Wunsch nach Anonymität in be-
25
sonderem Maße Rechnung. Dadurch können
wir allerdings in aller Regel keine regionale
Zuordnung der Ratsuchenden leisten. Für
unsere Mitarbeiter*innen bietet die Telefonberatung
gewissermaßen eine wöchentliche
Fortbildungsmöglichkeit zur HIV-/AIDS- und
STI-Beratung.
Im Berichtsjahr 2019 wurden 476 Beratungen
im Rahmen dieses Angebotes durchgeführt,
davon 356 mit Männern, 120 mit Frauen und
überwiegend für Heterosexuelle (geschätzt
über 62 %). Bei 60% der Anrufe ging es im
Wesentlichen um HIV-Ansteckungsrisiken,
gefolgt von Fragen zu HIV-Testverfahren mit
21%. Bei Fragen zu anderen STI nahmen die
Hepatitiden B und C den größten Raum ein.
Hinsichtlich der Verteilung auf Altersgruppen
kam die größte Gruppe aus dem Alterssegment
der 30 bis 39 Jährigen, die kleinste
Gruppe fiel mit 3,4 % auf die unter 20 Jährigen.
Mit 5 % ist die Quote der Menschen
mit ausgeprägten AIDS-Phobien immer noch
signifikant vertreten.
Die Telefonberatung spielt bei der Aufklärung
zu HIV nach wie vor eine große Rolle. Sie ist
das Medium zur Beantwortung persönlicher
Fragen und zur Abklärung eines individuellen
HIV-Übertragungsrisikos. Mit der Rufnummer
0180 33 19411 werden bestehende Angebote
unter einer bundesweiten Nummer zusammengeführt
und damit die Erreichbarkeit für
Ratsuchende weiter verbessert. Durch die Intensivierung
der Weiterbildung und die Einrichtung
eines Online-Portals für Berater*innen
wird die Qualität der Beratung langfristig
gesichert.
Im Rahmen der Bundesweiten Telefonberatung
werden mit den Telefonberater*innen
regelmäßig Treffen mit dem hauptamtlichen
Koordinator durchgeführt. Ziel ist einerseits
der Austausch und die Terminvergabe (wer
ist an welchen Tagen für die Beratung zuständig)
und andererseits werden Beratungsgespräche
als Fallbeispiele bearbeitet sowie bei
belastenden Gesprächen supervidiert. Seit
2016 leistet Werner Garbe die hauptamtliche
Koordination.
Seit der Aufgabe der Montagabend-Beratung
sind nur noch hauptamtliche Berater*innen
im Einsatz. Fallbesprechungen und ggf.
supervisorische Bedarfe werden seither im
Rahmen der Teamsitzungen aufgegriffen. Im
Berichtsjahr haben unsere Kolleginnen, Susanne
Renner und Hanife Kayadelen die Basisschulung
erfolgreich durchlaufen und können
uns zukünftig verstärken.
2.2.4 Die Telefonberatervernetzung im
Ruhrgebiet:
Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. ist
mit anderen Kooperationspartnern aus dem
Ruhrgebiet in einer Telefonberatervernetzung
zusammengeschlossen. Ziel dieser Vernetzung
ist der fachliche Austausch und der
Erhalt der hohen Qualitätsstandards. Diese
Vernetzung blieb grundsätzlich erhalten. Die
Vernetzungstreffen finden in der Regel einbis
zweimal im Jahr statt.
2.2.5 E-Mail Beratung
Die E-Mail Beratung in der AIDS-Hilfe wurde
weiterhin angeboten. Die E-Mailberatung
ist unter der folgenden Adresse zu erreichen:
www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de/beratung.
Um die gängigsten Fragen im Voraus zu klären,
wurden auf unserer Homepage die acht
häufigsten gestellten Fragen (FAQ) eingestellt.
Der Ratsuchende konnte beim Anklicken
einer Frage gleich die Antwort lesen.
Durch dieses Beratungsangebot konnten viele
Ratsuchende, ohne dass sie an uns eine
E-Mail schreiben mussten, bedient werden.
Detailliertere Fragen konnten dann per E-Mail
an uns gesendet werden.
Folgende vorgefertigten Fragen wurden im
Internet angeboten:
26
GIBT ES EXTRAGROSSE KONDOME?
Ja, es gibt extragroße Kondome. Kondome, in allen
möglichen Ausführungen, gibt es in Apotheken und
Drogeriemärkten zu kaufen. Achtet dabei auf das aufgedruckte
Haltbarkeitsdatum und auf eine vorhandene
Kontrollnummer!
IST AIDS EIN GRUND ZUR KÜNDIGUNG?
Es besteht kein Gesetz in der BRD, dass Du dem Arbeitgeber
einen positiven HIV Test mitteilen musst.
Wenn Du mehr wissen möchtest: E-Mail an beratung@
aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de
Übrigens: Kondome sollten kühl, trocken, vor Hitze und
direkter Sonneneinstrahlung geschützt gelagert werden. Sie
sollten auch nicht mit Ölen oder Fetten in Berührung kommen,
dies greift sie an und lässt sie schneller zerreißen. Benutze für
den Gebrauch von Kondomen nur vom Hersteller zugelassene
Gleitmittel.
WIE GEFÄHRLICH IST ORALER SEX?
Bei oralem Sex, ohne Verletzungen / Wunden und
ohne Abspritzen besteht ein sehr geringes HIV Risiko,
jedoch hinsichtlich anderer Geschlechtskrankheiten
besteht ein hohes Risiko!
Wenn Du mehr wissen möchtest: E-Mail an beratung@
aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de
Wenn Du mehr wissen möchtest: E-Mail an beratung@
aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de
WO MACHE ICH EINEN HIV-TEST?
Einen kostenlosen und anonymen HIV Test kann man
beim Gesundheitsamt machen.
Wenn Du mehr wissen möchtest: E-Mail an beratung@
aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de
WANN MUSS ICH MEDIKAMENTE NEHMEN?
Die Frage nach einem Therapiebeginn und Medikamenten
können wir nicht so allgemein beantworten. Das
sollte ein Arzt entscheiden, da dafür aufwendige Blutuntersuchungen
nötig sind.
Wenn Du mehr wissen möchtest: E-Mail an beratung@
aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de
WIE WIRD MEIN PARTNER REAGIEREN?
Um diese Frage zu klären, ist es ratsam ein Beratungsgespräch
zu führen oder komm doch mit Deinem Partner
in die AIDS-Hilfe und sprecht vor Ort über Eure
Probleme und Fragen.
Wenn Du mehr wissen möchtest: E-Mail an beratung@
aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de
WO TREFFE ICH ANDERE POSITIVE?
Wo Du andere Positive treffen kannst erfährst Du am
besten in Deiner regionalen AIDS-Hilfe. In Duisburg
gibt es eine Positivengruppe.
Wenn Du mehr wissen möchtest: E-Mail an beratung@
aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de
INFO ZUR E-MAIL BERATUNG
Insgesamt wurde die E-Mailberatung im Jahr
2019 allerdings sehr wenig genutzt. Als Grund
ist hierfür sicherlich die ebenfalls bundesweite
E-Mailberatung der AIDS-Hilfen zu nennen.
Häufiger erreichten uns offene oder sehr
spezielle Anfragen per mail, wie zum Beispiel
zur PrEP oder zu den Testverfahren.
2.3 Danksagung:
Wir danken unseren ehrenamtlichen Mitarbeitern,
die diese anspruchsvolle und zuweilen
äußerst belastende Tätigkeit sehr lange
ausgeübt und sich konsequent weitergebildet
haben, um den hohen Qualitätsstandards in
der Beratung zu entsprechen. Diese Fähigkeiten
kommen allmählich wieder zum Einsatz –
etwa bei der Umsetzung des „Beratungs- und
Selbsttest-Angebotes“ in der AIDS-Hilfe.
27
Begleitung
3. Begleitung
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel bietet
HIV-positiven und an Aids erkrankten Menschen
Begleitung an. Die psychische Stabilisierung
und Akzeptanz einer veränderten Lebenssituation
sind wichtige Ziele im Rahmen
der Begleitung.
HIV ist heute eine chronische Erkrankung, die
eine lebenslange ART (Anti-Retrovirale Therapie)
erforderlich macht.
Die Menschen, die zu uns in die Begleitung
kommen, haben vielfaltige Probleme. Gerade
in der PSB (Psychosoziale Begleitung), siehe
5.2.2.2 in diesem Jahresbericht, begegnen
uns Menschen mit existenzbedrohlichen
Problemlagen. Verlust der Wohnung und anstehende
Obdachlosigkeit, bei Migrant*innen
häufig eine fehlende Krankenversicherung,
die den Zugang zu der lebenswichtigen ART
(Anti - Retrovirale Therapie) erschweren oder
verzögern, bei HIV-positiven Drogenkonsument*innen
können psychische, physische
und mentale Instabilität aufgrund von Drogenkonsum
oder fehlende Adhärenz (Therapietreue
zur antiretroviralen HIV-Medikation)
hinzukommen.
Das soziale Umfeld, also die Bedeutung sozialer
Verhältnisse auf die individuelle Gesundheit,
in denen Menschen leben, muss ebenfalls
mit einbezogen werden, wenn es um die
Stärkung individueller Ressourcen und Kompetenzen
geht.
Des Weiteren werden unsere Begleiteten auch
älter und in der Beratungs- und Begleitungsarbeit
ist es daher bedeutsam, für bestimmte
Vorsorgeuntersuchungen zu sensibilisieren
und altersbedingte Erkrankungen, wie das
„Thema Krebs und HIV“ mit in den Fokus zu
nehmen.
Im Berichtsjahr mussten wir uns – wie in den
28
letzten Jahren auch - mit dem Thema „Late-Presenter“
beschäftigen. „Menschen bei
denen HIV erst relativ spät nach der Infektion
diagnostiziert wird, werden oft als „Late Presenter
bezeichnet.“ med.info späte hiv-diagnose
2018, S.03
Dass Aidshilfen sich zunehmend und auch
weiterhin mit dieser Thematik auseinandersetzen
müssen, verdeutlichen sehr anschaulich
die Daten des Robert Koch Instituts (RKI).
Wie bereits ausführlich im Geschäftsbericht
des vorliegenden Jahresberichts dargestellt,
„wurden etwa 32% der HIV-Infektionen erst
mit einem fortgeschrittenen Immundefekt
und etwa 15% erst mit dem Vollbild AIDS diagnostiziert.“
Robert Koch Institut, Epidemiologisches
Bulletin 2019/Nr.46, S.483
Sicherlich ist eine späte HIV-Diagnose oder
der Umstand der Feststellung eines ein fortgeschrittenen
Immundefekts AIDS – „die Anzahl
der CD 4 Helferzellen weniger als 200
pro Mikroliter Blut beträgt“- heute in der Regel
medizinisch sehr gut behandelbar, kann
aber dennoch für die Menschen, die sich mit
dieser Diagnose auseinandersetzen müssen, ein
„kritisches Lebensereignis“ sein, dass eine
zeitintensive Beratungs- und Begleitungsarbeit
erfordert.
Neben dem Beratungs- und dem Begleitungsangebot
in der AIDS-Hilfe bieten wir in Einzelfällen
auch aufsuchende Arbeit und somit
Treffpunkte außerhalb der AIDS-Hilfe an.
Dies kann bei den Begleiteten Zuhause oder
einem neutralen Ort außerhalb von AIDS-Hilfe
und Wohnung sein.
Die Begleitungsarbeit wurde im Berichtsjahr
2019 von drei hauptamtlichen Mitarbeiter*innen
mit unterschiedlichem Zeitanteil ihrer
Voll- bzw. Teilzeitstellen neben ihren anderen
29
Aufgabenbereichen durchgeführt.
Hier bieten wir Beratungen zu unterschiedlichen
Themen, z.B. Partnerschaftskonflikten,
sozialrechtlichen und finanziellen Problemen,
an. Wir unterstützen bei Rentenanträgen,
wegen Erwerbsminderung oder schreiben Widersprüche
bei fehlerhaften ALG II Bescheiden.
Bei weitergehenden und komplexeren
Problematiken stellen wir Kontakt zu entsprechenden
Beratungsstellen, wie zum Beispiel
der Schuldnerberatung her.
Bei finanziellen Problemen halfen wir mit
unserem Positivenfond, bei größeren Beträgen
stellten wir Anträge an die Deutsche
AIDS-Stiftung soweit die Antragshintergründe
die Kriterien der Stiftung erfüllen.
An dieser Stelle bedanken wir uns ganz herzlich
für die perfekte Unterstützung durch die
Deutsche AIDS-Stiftung und des Verbandes
der Privaten Krankenversicherung e.V., für
die weitere Verwendung der Mittel aus dem
Jahr 2018, in Höhe von 275,- €, die uns als
Zuschuss für Dolmetscher*innenkosten gewährt
wurden.
Im Berichtsjahr 2019 fielen insgesamt 280,-€
für Übersetzungstätigkeiten an.
Zeitintensive Krankenhausaufenthalte waren
im Berichtsjahr bei fünf Klient*innen zu verzeichnen.
Hier ist es den Mitarbeiter*innen
des Begleitungsteams weiterhin wichtig, dass
- wenn irgendwie möglich – wir einmal pro
Woche im Krankenhaus unsere Begleiteten
besuchen. Da die Aufenthalte in den Krankenhäusern
in den unterschiedlichsten Orten
stattfinden, und unsere Begleiteten aus
einem großen Einzugsgebiet kommen (Duisburg
/ Kreis Wesel) sowie teilweise die stationäre
Versorgung in den Unikliniken Essen und
Düsseldorf erfolgt, ist der Besuch mit hohem
Zeitaufwand verbunden.
Im Berichtjahr 2019 konnten die hauptamtlichen
Mitarbeiter*innen insgesamt 763 Beratungs-
und Begleitungskontakte verzeichnen.
Im Vergleich zum Vorjahr ist hier eine Steigerung
von 0,4 % zu verzeichnen.
Bei komplexen Begleitungen, die im Zeitumfang
unsere Ressourcen übersteigen und die
entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen
gegeben sind, vermitteln wir an SELF Duisburg
/ Kreis Wesel, unser Ambulant Betreutes
Wohnen.
3.1 Positivenfond
Im Jahr 2016 veränderte die AIDS-Hilfe Duisburg
/ Kreis Wesel e.V. die bisherigen Strukturen
und Auszahlungsmodalitäten des Positivenfonds.
Der Rückblick zeigt, dass sich die
neuen Strukturen aus der Sicht der Mitarbeiter*innen
im Begleitungsbereich als sinnvoll
erwiesen haben. Die Vorgabe, dass in dringenden
Notfällen eine finanzielle Hilfe ohne
großen administrativen Aufwand ermöglicht
werden sollte, blieb bestehen.
Im Berichtsjahr 2019 war es mithilfe des Positivenfonds
möglich, HIV Positive, die von der
AIDS-Hilfe begleitet werden, in problematischen
finanziellen Situationen zu entlasten.
Die Gesamtausgaben des Positivenfonds
betrugen im Berichtsjahr 2019 insgesamt
1.265,07 €, wobei 44,19 € für die Begleitungsarbeit
in der JVA Hamborn und Dinslaken
verwendet wurden.
3.2 Zusammenarbeit mit Kooperationspartner*innen
Die langjährige Zusammenarbeit mit Kooperationspartner*innen
wurde im Berichtsjahr
fortgesetzt. Im Einzelnen handelt es sich um
folgende Partner*innen:
• HIV-Schwerpunktpraxen
In Duisburg und dem Kreis Wesel gibt es
nur noch eine HIV-Schwerpunktpraxis. Mit
Dr. Kwirant haben wir eine sehr gute Zusammenarbeit.
Ein Teil unserer Begleiteten
wird in den Ambulanzen der Uni-Kliniken
Essen und Düsseldorf behandelt.
• Krankenhäuser
Bei Krankenhausaufenthalten werden
unsere Begleiteten in die umliegenden
Uni-Kliniken Essen, Bochum und Düsseldorf
eingewiesen. Insbesondere zur
Uniklinik Essen bestehen gute Kontakte.
Im Berichtsjahr gab es eine insgesamt
gute Zusammenarbeit mit den Duisburger
30
Krankenhäusern und denen des Kreises
Wesel, insbesondere mit dem Krankenhaus
Bethanien in Moers. Somit konnten
wir sehr gut mit dem medizinischen Personal
kooperieren. Allerdings war auch
das Berichtsjahr nicht gänzlich frei von
Diskriminierungserfahrungen von Begleiteten
im medizinischen Versorgungssystem,
die allerdings schnell und akzeptabel
bearbeitet werden konnten.
• Flüchtlingsberatung
In diesem Bereich haben wir fallspezifisch
eine enge Zusammenarbeit mit Mitarbeiter*innen
von Flüchtlingsunterkünften
(ZUE), insbesondere mit der ZUE in Rheinberg-Orsoy.
Weiter konnten wir bei Verständigungsschwierigkeiten
auf die Hilfe
einer Mitarbeiterin und einer ehrenamtlichen
Mitarbeiterin der Flüchtlingshilfe
Grafschafter Diakonie Neukirchen-Vluyn,
die uns als Dolmetscherin hilfreich zur
Seite stand, zurückgreifen.
An dieser Stelle: Ein ganz herzliches Dankeschön!
• Pflegedienste
Die Kooperation mit den Pflegediensten,
mit denen wir bisher zusammengearbeitet
haben, wurde erfolgreich fortgeführt.
• Anwaltskanzleien
Die Zusammenarbeit mit Rechtsanwaltskanzlei
Gödde & Kosthorst war im Berichtsjahr
2019 insbesondere im Fachbereich
Migration erforderlich.
• Ambulant Betreutes Wohnen
Hier arbeiten wir mit SELF, Aussicht Duisburg
und der AIDS-Hilfe Essen zusammen.
• ÖGD Duisburg
Die sehr gute Kooperation wurde auch im
Jahr 2019 fortgeführt.
3.3 Angebote für Menschen mit HIV und
Aids
Unser traditionelles Mittwochs-Café ist
weiterhin ein beliebter Treffpunkt zwischen
HIV-Positiven und an Aids Erkrankten, ehrenamtlichen
Mitarbeiter*innen und der
AIDS-Hilfe Sympathie entgegenbringender
Menschen. Darüber hinaus ist dieses Café
eine erste Anlaufstelle für an ehrenamtlicher
Arbeit Interessierte.
Im Café ist ein Austausch zwischen HIV-positiven
Menschen, hauptamtlichen und ehrenamtlichen
Mitarbeiter*innen möglich. Hier
können sich Interessierte auch über Neuigkeiten
in der AIDS-Hilfe informieren und die
Angebote an der Infotafel zur Kenntnis nehmen.
Das Café startet um 15 Uhr und endet um
18 Uhr. Während der Café-Zeit sind immer
hauptamtliche Mitarbeiter*innen präsent, da
diese Treffen von vielen Cafébesucher*innen
dazu genutzt werden, Anliegen an die Berater*innen
heranzutragen. Über die Café-Zeit
hinaus ist die AIDS-Hilfe mittwochs bis 19
Uhr für persönliche und telefonische Beratung
geöffnet. Des Weiteren ist ein Beratungsangebot
auch nach individueller Vereinbarung
möglich.
Die traditionelle Weihnachtsfeier fand wieder
in den Räumlichkeiten unserer Fachstelle
statt. Insgesamt nahmen 20 Teilnehmer*innen
daran teil und verbrachten einen schönen
Nachmittag mit anschließendem Festessen.
Die Vorbereitung und Durchführung der
Weihnachtsfeier liegen schwerpunktmäßig in
ehrenamtlicher Hand.
Die Weihnachtsfeier konnte wieder mit Spenden
aus den Kirchengemeinden und insbesondere
durch eine Cateringspende von
Wolfgang Gödeke und Frank Sieger – Inhaber
der Burgschänke, in Alpen - durchgeführt
werden, wofür wir uns an dieser Stelle ganz
herzlich bedanken.
3.4 Trauerarbeit
Am 01. Dezember 2019 haben wir zusammen
mit DUGay zu einer Gedenkveranstaltung /
Weihnachtsbaumaktion - für Angehörige und
Freunde unserer Verstorben, eingeladen.
Wir gedenken der Verstorbenen auch in der
Mitgliederversammlung und mit unserer
Trauerecke im Café. Hier gibt es das Trauerbuch
und weitere Informationen zu unseren
Verstorbenen.
Im Berichtsjahr mussten wir uns von zwei
Begleiteten und unserer langjährigen Vorstandsfrau-
Silke Stützel, verabschieden.
31
4. Öffentlichkeitsarbeit
Da hilft nur eines: drüber reden!
Denn wir alle können ganz selbstverständlich
und ohne Angst positiv zusammenleben.
Im Beruf, im Alltag und in der Freizeit gibt
es keine Übertragungsgefahr. Und beim Sex
schützen Kondome ebenso gut wie eine wirksame
HIV-Therapie oder die Präexpositionsprophylaxe
(kurz PrEP), die in Europa schon
länger zugelassen ist und die auf Initiative
Bundesgesundheitsministers, Jens Spahn,
seit dem 01.09.2019 sogar auch als Kassenleistung
für Menschen mit signifikant erhöhtem
Infektionsrisiko in Deutschland zugelassen
wurde. Wir befinden uns im Zeitalter von
Safer Sex 3.0! und n = n (Nicht nachweisbar
= nicht übertragbar, s.o.).
Zeit und Grund für eine weitergehende Entspannung
im Umgang mit dem einstigen
Schreckensphänomen „HIV und AIDS“. Aber
sind wir schon so weit? Jein.
Mit HIV kann man leben, lieben, alt werden.
Weitersagen!.
In Deutschland leben über 87.900 Menschen
mit HIV. Dank sehr effektiver Medikamente
haben die meisten von ihnen eine fast normale
Lebenserwartung. Sie können in jedem
Beruf arbeiten, ihre Freizeit gestalten wie andere
auch. Wird HIV rechtzeitig festgestellt
und behandelt, ist eine AIDS-Erkrankung
vermeidbar und HIV ist unter Therapie nicht
übertragbar (s. 1.)!
Man kann also heute in der Regel gut mit HIV
leben. Aber immer noch wird hinter dem Rücken
von Menschen mit HIV getuschelt, verweigern
manche Ärztinnen und Ärzte eine
Behandlung, und in einigen Fällen ist sogar
der Arbeitsplatz in Gefahr. Zurückweisung,
Ausgrenzung und die Angst davor wiegen
heute für viele HIV-Positive schwerer als die
gesundheitlichen Folgen der Infektion selbst.
Ursache für Zurückweisung und Diskriminierung
sind häufig Vorurteile, Unwissen oder
unbegründete Ängste vor einer Ansteckung.
Viele Menschen wissen leider immer noch
nichts von der Schutzwirkung der HIV-Therapie
–laut Umfragen der BZgA nur etwa zehn
Prozent der deutschen Bevölkerung. Auch
deshalb ist es wichtig, immer wieder über
das heutige Leben mit HIV aufzuklären und
zu zeigen, dass „positiv zusammen leben“
möglich ist.
Und zu AIDS kommt es heute eben nicht
mehr, wenn eine HIV-Infektion rechtzeitig diagnostiziert
und kontinuierlich behandelt wird
– sie ist dann eine chronische Infektion. Bei
fast allen Menschen mit HIV, die ihre Medikamente
regelmäßig einnehmen und darüber
stabil unter eine sog. HIV-Viruslast-Nachweisgrenze
kommen, sind so wenige Viren im
Blut und in anderen Körperflüssigkeiten, dass
eine Übertragung von HIV selbst beim ungeschützten
Sex auszuschließen ist.
Im Verbund mit unserem Dachverband, der
Deutschen AIDS-Hilfe, wollen wir intensiv
daran mitwirken, dass sich dieses Wissen
vervielfacht. Nach über zehn Jahren der Erkenntnis
sollte dies doch allmählich auch gelingen
können. Dazu bedarf es aber sicherlich
auch groß angelegter Kampagne, wie der im
Mai 2017 gestarteten Kampagne „Kein AIDS
32
für alle! Bis 2020!“
, einer guten und konsequenten Ergänzung
der großen, jährlichen Kampagne zum Welt-
AIDS-Tag oder der Ende 2018 aufgelegten
flankierenden Kampagne #wissenverdoppeln
(s. www.wissen-verdoppeln.hiv, s.1. ).
Die 2014 neu ausgerichtete bundesweite
Kampagne zum Welt-AIDS-Tag ist in ihrer
Ausrichtung und den Botschaften im Kern gegen
Stigmatisierung und Diskriminierung von
Menschen mit HIV und AIDS auch im Jahre
2019 nur marginal modifiziert worden. Das
erscheint konsequent, denn zum einen finden
wir diese Form der direkten Ansprache von
Menschen gut und zum anderen ist die Zielrichtung
unverändert wichtig. „Gemeinsam
gegen Angst und Ausgrenzung!“
Die zwingende Kombination von Information
& Aufklärung über HIV und andere STI`s mit
Maßnahmen und Botschaften, die zur Entdiskriminierung
und Entstigmatisierung von
Menschen mit HIV und AIDS beitragen sollen,
ist nach wie vor geboten. Denn nur so können
wir Ängste abbauen und zu einem entspannteren
Umgang miteinander kommen.
Aber nicht nur nach unserem Eindruck sind
diese Botschaften immer noch schwer zu
„verkaufen“, stoßen wir immer noch häufig
auf Unglauben, Gleichgültigkeit oder Ablehnung,
wenn es um die Annahme der Wahrheiten
geht. Und unsere langjährigen Erfahrungen
aus der präventiven Arbeit lehren eben
auch, dass Erfolge in der Medizin immer auch
die Prävention latent gefährden, weil sie Entwarnungsphantasien
und Sorglosigkeit hervorrufen
können. Dennoch werden wir nicht
nachlassen, betrachten diese Arbeit als „positive“
Herausforderung – wissend, dass es
sich lohnt und dass in Deutschland durchaus
schon viel erreicht wurde, wir aber noch lange
nicht am Ziel unserer Wünsche sind.
Der im Jahre 2019 anhaltend zu verzeichnende
Rechtsruck in der Gesellschaft, das
scheinbar gesellschaftsfähig werdende Verbreiten
von „alternativen Faktenlagen“, gefühlten
und nicht hinterfragten Wahrheiten im
„post-faktischen Zeitalter“ oder „fake news“
meist in populistischen Formen vorgetragen,
macht die Arbeit nicht leichter. Dies gefährdet
generell die „Akzeptanz von Lebensweisen“,
das respektvolle Miteinander und den gesellschaftlichen
Frieden – und befördert in immer
gleichen Mustern die „Suche nach Minderheiten,
die sich als Sündenböcke“ eignen.
HIV- / AIDS-und STI- Prävention bleibt
Herausforderung
„Aufklärung, Information und Prävention statt
Repression ist seit nunmehr (über) 30 Jahren
der Leitgedanke der HIV/AIDS-Prävention
in Nordrhein-Westfalen. Seitdem sehen sich
das Land Nordrhein-Westfalen, die Kommunen
und die freien Träger in der Verantwortung,
die weitere Verbreitung von HIV-Infektionen
(…) zu minimieren, HIV-Infizierte und
an AIDS erkrankte Menschen zu unterstützen
und sie vor Ausgrenzung und Diskriminierung
zu bewahren.
Diese grundsätzliche Ausrichtung war und
ist die Basis des großen Erfolges der HIV/
AIDS-Prävention in Nordrhein-Westfalen und
hat deshalb auch heute noch Bestand. Dabei
haben sich als besondere Qualitätsmerkmale
das Zusammenspiel staatlicher, kommunaler
und nichtstaatlicher Akteurinnen und Akteure,
die Orientierung der Angebote an der
Lebenswirklichkeit der Betroffenen und die
Einbeziehung der Menschen, die von HIV und
AIDS bedroht oder betroffen sind, bewährt.
Diese Qualitätsmerkmale sind auch für die
zukünftige Entwicklung und Umsetzung der
Präventionskonzepte unverzichtbar.
Einem Wandel unterworfen sind jedoch die
Rahmenbedingungen der Prävention in sehr
unterschiedlichen Feldern: Die wissenschaftlichen
Erkenntnisse über die Übertragbarkeit
des HI-Virus werden immer detaillierter.
Die Bedürfnisse und Erwartungen der Zielgruppen
der HIV-Prävention verändern sich.
Das Internet bietet neue Möglichkeiten der
33
Prävention darf und muss Spaß machen – auch den Präventionist*innen!
Information und Beratung. Die Lebenserwartung
von Menschen mit HIV nimmt zu.
Die Präventionsbotschaften und die Methoden
der Vermittlung an die Zielgruppen müssen
sich diesem Wandel anpassen. Deshalb
bleibt die HIV/AIDS-Prävention auch in Zukunft
eine Herausforderung.“
(Barbara Steffens, Ministerin für Gesundheit, Emanzipation,
Pflege und Alter des Landes NRW bis Mai 2017, Vorwort zum
Landeskonzept „Weiterentwicklung der HIV/AIDS-Prävention
in Nordrhein-Westfalen“, Düsseldorf 2013, S. 5 f)
Einem Wandel unterworfen sind in der Tat die
Rahmenbedingungen der Prävention. Diese
Erkenntnis trifft trotz –auch im Berichtsjahr
- massiver wissenschaftlicher Untermauerung
durch verschiedene Fachgesellschaften
und Organe leider auch auf andere Felder immer
mehr zu. Der Kampf um die finanziellen
und personellen Ressourcen zur Erfüllung
der Anforderungen an die Träger der Aufgabe
der strukturellen HIV-Prävention wird immer
schwieriger (s. 1.). Und dieser Kampf bindet
wiederum wichtige Ressourcen.
Wir haben schon viel erreicht und der Leitgedanke
der Präventionsarbeit hat sich in
Deutschland eindeutig bewährt, denn bezogen
auf HIV gilt in den allermeisten denkbaren
Lebenssituationen nach wie vor, dass jeder
vernunftbegabte Mensch sich selbst und
andere davor schützen kann, wenn er über
die notwendigen Informationen, Fähigkeiten
und Mittel verfügt und seine Verhältnisse, in
denen er lebt, keine Hindernisse bieten.
Der darauf aufbauende Ansatz der „strukturellen
HIV-/AIDS-Prävention“ war und ist in
Deutschland die Basis für einen großen Erfolg,
den die beteiligten Akteure fortschreiben
wollen und müssen. Das Ziel bleibt, die Zahl
der Neuinfektionen auf niedrigem Niveau zu
halten und nachhaltig zu minimieren und das
Stigma von Menschen mit HIV zu nehmen,
damit es uns gelingen kann, die Testbereitschaft
von Menschen zu erhöhen, die Zahl der
sog. „late presenter“ (Spätdiagnosen) deutlich
zu verringern und die Errungenschaften
der medizinischen Behandelbarkeiten auch
anwenden zu können.
34
Information und Aufklärung zielgruppenadäquat
und seriös zu transportieren, ist die
zentrale Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit der
AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel.
Diese Aufgabe umzusetzen, wird nicht leichter
angesichts der langen Zeit, in der es darum
geht, das Thema im Bewusstsein der Bevölkerung
wach und bewusst zu halten, die
Menschen zu erreichen, denn schon der gute
Freiherr von Knigge wusste:
„Die Menschen wollen lieber unterhalten als
belehrt werden.“
Und getreu dieser Erkenntnis ist auch unsere
Öffentlichkeitsarbeit nicht von Zeigefingerpädagogik
geprägt, sondern sehr darum bemüht,
Information & Aufklärung so zu gestalten,
dass sie die Menschen erreichen kann.
„Positiv zusammen leben. Aber sicher!“ – das
ist die neue, alte Botschaft – nicht nur zum
Welt-AIDS-Tag, die unsere Öffentlichkeitsarbeit
von Beginn an prägt.
Wir alle können dazu beitragen, dass Isolation
und Stigmatisierung von Menschen mit
HIV abgebaut werden. Indem wir Betroffenen
unvoreingenommen begegnen und ihnen so
erleichtern, offen und verantwortungsvoll mit
ihrer Infektion oder Krankheit umzugehen,
indem wir den Mut aufbringen, aufeinander
zuzugehen, über Ängste zu sprechen, einander
verstehen lernen.
Die offene Kommunikation benötigt allerdings
ein adäquates soziales Klima und sie braucht
gewissermaßen den Geist der Aufklärung. Wer
informiert ist, ist (nicht nur) beim Thema HIV
und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten
klar im Vorteil – hinsichtlich des Umganges
mit Menschen mit HIV, aber eben auch
hinsichtlich des Schutzes vor einer Infektion
und ihren Folgen. Wir werden weiter über
Verhütungsmöglichkeiten aufklären und
nicht die Aufklärung verhüten!
Der `präventive Spagat´ zwischen Enttabuisierungs-
und Entdiskriminierungsarbeit im
Umgang mit HIV-positiven und an AIDS erkrankten
Menschen und der Mahnung vor einer
„chronischen Infektion“, die im Einzelfall
immer noch zu erheblichen Einschränkungen
der Lebensqualität führen kann und eben ein
nicht unerhebliches Stigmatisierungs- und
Diskriminierungspotential birgt, bleibt eine
große Herausforderung für die Präventionsund
Öffentlichkeitsarbeit.
Von wachsender Bedeutung bleibt dabei die
konsequente Einbeziehung und Thematisierung
anderer sexuell übertragbarer
Infektionen (STI`s, wie Syphilis, Chlamydien
u.a.), da diese eine zunehmende Relevanz
für die HIV-Inzidenzen besitzen, denn STI`s
erhöhen das HIV-Übertragungsrisiko um das
Zwei- bis Achtfache.
Während wir nach über 30 Jahren HIV- /
AIDS-Prävention in der Region sicherlich behaupten
können, dass das Aufklärungsniveau
bezüglich HIV/AIDS in der Bevölkerung vergleichsweise
gut ist, gilt dies hinsichtlich der
STI`s noch keineswegs in gleicher Weise.
Hier muss in der künftigen Präventionsarbeit
weiter nachgearbeitet werden.
Erfreulicherweise sind Anfragen nach den Angeboten
unserer AIDS-Hilfe in allen Arbeitsbereichen
stabil hoch. Das spezifische Knowhow,
die Vermittlungskompetenzen unserer
ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter*innen
und die Flexibilität eines kleinen, freien Trägers
in der Wohlfahrtspflege werden offensichtlich
sehr geschätzt. Dies zeigen uns die
vielen positiven Rückmeldungen, die aus sehr
unterschiedlichen Gruppierungen kommen.
Es ist von großer Bedeutung, dass die Arbeit
und die Haltungen der AIDS-Hilfe(n) als
sinnvoll wahrgenommen und der Diskurs zu
Ansätzen, Konzepten und deren Förderung
angenommen werden. Dies ist nicht zuletzt
auch für die Arbeit und die Motivation unserer
ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen sehr wichtig.
Grundlagen für den Erhalt und die Anpassung
unserer Arbeitsqualitäten sind das Leitbild
sowie das Konzept zur Fachstelle für sexuelle
Gesundheitsförderung (s. www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de
).
35
4.1. AG Öffentlichkeitsarbeit
Die mit dem skizzierten Themenspektrum
und der entsprechenden Informations- und
Aufklärungsarbeit befasste Arbeitsgruppe
trifft sich jeden dritten Donnerstag im Monat
um 18.30 Uhr in der AIDS-Hilfe, um Veranstaltungen,
Informationsstände u.a. Aktionen
zu konzipieren und zu organisieren. Die
Gruppe ist mit stabil sechs bis acht Mitgliedern
besetzt. Um diesen Kern von Mitarbeiter*innen
herum finden sich immer wieder
neue Interessent*innen über mehr oder minder
lange Zeiträume. Der Zugang zur Gruppe
setzt nicht das Durchlaufen der Grundausbildung
für Ehrenamtler*innen voraus, wie dies
für die Bereiche der Beratung und Begleitung
zwingend ist. Es kann also jede/r Interessierte
unverbindlich hereinschnuppern.
Ohne das intensive Engagement der ehrenamtlichen
Mitarbeiter*innen wäre die Menge
an Veranstaltungen und Aktionen, die
wir auch im Berichtsjahr wieder durchführen
konnten, nicht denkbar. Allen beteiligten Ehrenamtler*innen
gilt dafür unser herzlichster
Dank!
Weiterhin aber suchen wir gerade für das Feld
der Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit
neue ehrenamtliche Mitarbeiter*innen.
Wer hier aktiv werden möchte oder Interessenten
kennt … bitte melden! Ansprechpartner
sind Dietmar Heyde für die Präventionsund
Öffentlichkeitsarbeit oder alle anderen
hauptamtlichen Mitarbeiter*innen.
Zum Bereich der medialen Außendarstellung
gehört die Internet-Homepage der AIDS-Hilfe
Duisburg / Kreis Wesel e.V. ( www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de
) und inzwischen
sicherlich auch der Auftritt bei facebook und
Instagramm. Medien, die immer mehr an Bedeutung
gewinnen und auf die Schnelle nicht
nur Informationen zum Verein und seinen
Angeboten bieten, sondern auch zu Beratungszwecken
genutzt werden. Für die Pflege
und Aktualisierung ist immer noch unser
hauptamtlicher Kollege als „Herzenslust-Koordinator“,
Raphael Diaz-Fernandez, verantwortlich,
wird aber inzwischen tatkräftig durch
Hanife Kayadelen und unsere ehrenamtlichen
Präventionist*innen, Lara Merke und Lorenz
Rösen unterstützt. Sie leben allerdings vom
„Futter“ durch das AIDS-Hilfe-Team. Und allmählich
bessert sich das Mitdenken an die
Veröffentlichung von Informationen und Terminen
hier.
Das gilt natürlich insbesondere auch für den
vorliegenden Jahresbericht, für dessen Layout
ebenfalls Raphael Diaz-Fernandez (weiterhin
mit freiwilligem Engagement!) verantwortlich
ist. DANKE, lieber Raphael! Die Welt
der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel wäre
ohne dieses tolle Engagement erheblich trister.
4.2. Veranstaltungen
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.
ist immer bemüht, ihr Angebot einer breiten
Öffentlichkeit transparent zu machen und
nutzt dazu verschiedene Orte und Anlässe.
Wie könnte man auf Enttabuisierung, Entdiskriminierung
und Emanzipation ausgelegte
Präventionsarbeit leisten, ohne die sog. Allgemeinbevölkerung
über den Sinn und Zweck
zielgruppenspezifischer Arbeit zu informieren
und zu überzeugen?
Neben der Herausforderung, das sehr breite
Spektrum an inhaltlichen Ausrichtungen (HIV
und AIDS, Hepatitiden und andere sexuell
übertragbare Infektionen, Homo-, Bi- und
Trans*Sexualität, Drogengebrauch, Frauen/
36
Mädchen und HIV/AIDS, Migration und HIV/
AIDS u.a.m.) über öffentlichkeitswirksame
Veranstaltungen abzubilden, ist es alljährlich
auf`s Neue schwierig, halbwegs flächendeckend
in unserer großen Region Präsenz zu
zeigen.
Der Jahresauftakt ist traditionell geprägt
durch eine Fülle an Präventionsveranstaltungen
im Bereich „Youthwork“ (s. 5.6.) sowie
durch intensive Berichts- und Dokumentationsarbeit
zum Vorjahr.
Diese war im Berichtsjahr 2019 (das 33. Jahr
der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.)
weiter mit erhöhtem Erfassungsaufwand verbunden
– wir sind mit nunmehr fünf verschiedenen
Dokumentationssystemen konfrontiert!
Vom Ziel einer möglichst einheitlichen
Systematik für das Land und die Kommunen
sind wir weit entfernt.
Und hinzu kommen noch andere Verwendungsnachweisverpflichtungen
für Projektförderungen
für Drittmittel (wie z.B. für Fördermittel
der Aktion Mensch), die leider immer
lebenswichtiger werden, weil die öffentliche
Förderung bei weitem nicht auskömmlich ist,
obwohl es ganz überwiegend um „kommunale
Pflichtaufgaben“ und Aufgaben im Landesauftrag
geht (s. 1.).
Gemeinsam gegen AIDS!
Trotz zum Teil zermürbender Beschäftigung
mit bürokratischen und anderen nicht-originär
fachlichen Tätigkeiten waren wir auch im
Berichtsjahr öffentlich tätig und sichtbar – allerdings
mit einer verringerten Zahl an Infoständen,
was allerdings auch daran lag, dass
einige Veranstaltungen z.T. kurzfristig abgesagt
wurden.
Bündnisse und Netzwerke sind wichtig und
schaffen Synergieeffekte. So auch über
mehr als zehn Jahre das „Duisburger Aktionsbündnis
gegen AIDS“ (AIDS-Beratungsstelle
des Gesundheitsamtes der Stadt Duisburg,
Kindernothilfe e.V., Infostelle Dritte
Welt des evangelischen Kirchenkreises Duisburg,
evang. Kirchengemeinde Alt-Duisburg,
UNICEF Duisburg, evang. Kirchenkreis Duisburg
und die AIDS-Hilfe). Im letzten Jahr gab
es in diesem Kreis den Wunsch, die Thematik
zu erweitern, um so auch weitere Akteure
gewinnen zu können. 2018 verständigten wir
uns auf die thematische Erweiterung auf „Gesundheit
und (Zugangs- und Versorgungs-)
Gerechtigkeit“ und geboren wurde das „Duisburger
Aktionsbündnis für Gesundheit
und Gerechtigkeit“ für alle.
Der Roll-out erfolgte 2018 auf dem Duisburger
Umweltmarkt und gestaltete sich so zufriedenstellend,
dass das Bündnis, nunmehr
mit Beteiligung der Duisburger „amnesty international“-Gruppe,
sich im Berichtsjahr auf
eine unbegrenzte Fortführung einigte. Zentral
blieb es bei der öffentlichkeitswirksamen Präsentation
im Rahmen des Umweltmarktes am
15.06. Nach wie vor sind weitere Akteur*innen
herzlich willkommen.
Die interessante und sektorenübergreifende
Initiativgruppe „Männergesundheit“
(bestehend aus Klinikvertreter*innen, Gesundheits-
und Krankenpflegeschulen, niedergelassenen
Ärzt*innen, Beratungseinrichtungen,
Selbsthilfegruppen, Krankenkassen
und Unternehmensvertreter*innen u.a.) setzte
es sich zum Ziel, die Jahre 2018 und 2019
intensiv zu nutzen, um öffentlichkeitswirksam
etwas gegen die „Vorsorgemuffeligkeit“
der Duisburger Männer zu unternehmen, die
im Landesvergleich (z.B. bezüglich der Darmkrebsinzidenzen)
besonders schlecht abschnitten.
Im Laufe des Jahres 2019 konnten
erneut einige Veranstaltungen für eine Öffentlichkeitsarbeitsoffensive
unter dem Motto
„Man(n) sorgt vor!“ mit gutem Erfolg genutzt
werden (s. www.duisburg.de/maennergesundheit
). Dieses effektive Netzwerk will
die Arbeit auch über 2019 hinaus fortsetzen,
auch wenn das Thema „Männergesundheit“
dann nicht mehr Schwerpunkt der Kommunalen
Gesundheitskonferenz sein wird. Aber wir
erreichen einfach viel mit überschaubarem
Mitteleinsatz. Sicherlich ein best-practice-
Beispiel für Synergieeffekte durch Kooperation.
37
Die Gesundheitsmessen in Wesel und Dinslaken,
die wir in den Vorjahren begleiten
konnten und interessantes Zielpublikum (v.a.
Mulitplikator*innen) bot, konnten im Berichtsjahr
leider nicht durchgeführt werden,
was unsere ÖA-Gruppe sehr bedauerte.
So konnten wir uns aber mehr auf die Gründung
und die Antragstellung für ein weiteres
neues Netzwerk konzentrieren, dem Netzwerkprojekt
„Sexualität, Gesundheit und
Suchtmittelgebrauch“, von dem unter 1.
schon die Rede war. Ebenso wie zu einem der
wichtigsten Netzwerke, dem „Runden Tisch
zur HIV-Versorgung in der Region“.
Zudem stand die Relaunch unserer Homepage
an, mit der eine kleine AG aus der ÖA-Gruppe
intensiv und effektiv beschäftigt war. Im
nächsten Schritt sollen die Printdarstellungsmedien
neu aufgelegt werden, weil diverse
Veränderungen berücksichtigt werden müssen.
Zu den Aktivitäten rund um den Gedenktag
an die an den Folgen des Drogenkonsums
Verstorbenen am 21.07. lesen Sie mehr unter
5.2.
Ein großes AIDS-Hilfe Team war natürlich
auch beim Duisburger CSD am 27.07. aktiv
involviert. Zum einen im Rahmen des Herzenslust-Auftrittes
(s. 5.1.), natürlich der Parade,
aber auch im Rahmen der Aktivitäten
der Initiativgruppe zur Männergesundheit,
die erneut auch beim CSD – und wieder mit
hervorragender Resonanz- vertreten war.
Nach einer kurzen Sommerpause im August,
waren wir am 04.09. wieder bei der Veranstaltung
der Fortbildungsakademie der Stiftung
Bethanien in Moers vertreten. Passend
zum „Tag der sexuellen Gesundheit“ waren
wir mit einem Infotisch und einem Kurzvortrag
zum Thema „Keine Angst vor HIV
und anderen sexuell übertragbaren Infektionen“
aktiv. Trotz umfänglicher Bewerbung
durch die Bethanien-Stiftung fanden leider
nur etwa 30 Interessierte den Weg zu diesem
sehr interessanten Veranstaltungsformat. Einen
deutlichen Mehrwert hat die Beteiligung
für uns aber vor allem auch dadurch, dass
wir die Mediziner und medizinische Fachkräfte
aus verschiedenen Fakultäten im Krankenhaus
als enorm wichtige Multiplikator*innen
erreichen können. Und darüber hinaus stellen
wir hier fest, dass diese die Bedeutung
der offenen Kommunikation über Sexualität
erkannt haben und in ihre Anamnesen einbeziehen
können.
Das wurde im Dezember erneut bestärkt
durch die Buchung des Fortbildungsmoduls
für Mediziner „Let`s talk about Sex!“ der
Deutschen AIDS-Hilfe, welches wir am 03.12.
begleiten und in diesem Rahmen auch die Angebote
der AIDS-Hilfe vorstellen konnten.
Ein geballtes Wochenende am 28. und 29.
September haben wir uns an der „Offensive“
der Initiativgruppe Männergesundheit
der KGK Duisburg beteiligt, die bei der Automesse
„Lack & Chrom“ auf der Duisburger
Königstraße wieder viele Menschen – vorwiegend
Männer – über diverse Vorsorgemöglichkeiten
und eben auch über HIV und
STI`s interaktiv informierte. An insgesamt
sechs Stationen konnten –nicht nur Männer-
eine „Gesundheits-Inspektion“ durchlaufen
und sich beraten lassen. Ein „Laufzettel“
und attraktive kleine Preise sorgten für regen
Zulauf bei den beteiligten Einrichtungen und ihren
Angeboten. Leider hat das Wetter in diesem
Jahr nicht gut mitgespielt, so dass die Standaktivitäten
an den späten Nachmittagen abgebrochen
werden mussten.
Im Oktober begann der Feinschliff an den
Aktions- und Veranstaltungsplanungen zum
diesjährigen Welt-AIDS-Tag. In Duisburg wieder
gut abgestimmt mit dem Gesundheitsamt
bzw. der Beratungsstelle zu AIDS und anderen
sexuell übertragbaren Infektionen. Im
Kreis Wesel gab es leider keinerlei Ressourcen
und Ambitionen dazu.
Die Infostand-Aktivitäten, die ganz überwiegend
an Wochenenden platziert sind, sind
nur deshalb möglich, weil wir zwar eine überschaubare
Zahl von- aber ausgesprochen
motivierten ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen
haben, ohne die dies nicht zu stemmen
wäre. Deshalb gilt all denen an dieser Stelle
38
ein großes DANKE schön! für den phantastischen
Einsatz im Jahre 2019!!!
Damit unsere Informationen und Botschaften
auch dem aktuellen Wissensstand entsprechen
wurde auch die fachliche Fort- und
Weiterbildung im Berichtsjahr nicht vernachlässigt.
So sind sowohl im hauptamtlichen
Team wie auch bei den Ehrenamtlichen
insgesamt über 450 Stunden zur Fort- und
Weiterbildung investiert worden. Neben den
Tagungs- und Seminarangeboten vor allem
unserer Dachverbände sind wir immer auch
darum bemüht, inhouse-Angebote für unsere
Mitarbeiter*innen, für Netzwerk- und Kooperationspartner
vorzuhalten. Darüber hinaus
werden die monatlichen Sitzungen der Präventions-
und Öffentlichkeitsarbeitsgruppe
genutzt, um über aktuelle Entwicklungen zu
berichten und sich auszutauschen.
der AH in Duisburg unter dem Titel „n = n!
Und alles ist und bleibt gut?“ statt. Unser
verbliebener Duisburger HIV-Schwerpunktbehandler,
Dr. Friedhelm Kwirant gab dazu
den fachlichen Input zu Aspekten von Prophylaxestrategien,
Schutzwirkungen und der
Bedeutung von Therapietreue und stand in
einer anschließenden „offenen Sprechstunde“
gerne Rede und Antwort.
Ermöglicht wurde uns dieses tolle Fachgespräch
einmal mehr durch die freundliche Unterstützung
der Firmen: MSD Sharp & Dohme
und Janssen-Cilag GmbH. Wir danken!
Im Sinne einer partizipativen Qualitätsentwicklung
sind die meisten Angebote auch für
unsere Klient*innen offen und manche speziell
für sie konzipiert.
Soweit umsetzbar, holen wir uns die fachlichen
Updates auch von den wichtigen
Fachkongressen. So konnte Dietmar Heyde
etwa im Juni am „Deutsch-österreichischen
AIDS-Kongress“ in Hamburg und im Verbund
mit Daniela Niemczyk am Fachtag zum Themenfeld
„Safer Sex 3.0“ „Diskriminierung von
Menschen mit HIV und/oder AIDS“ der Deutschen
AIDS-Hilfe im November in Berlin teilnehmen
und die dort gewonnenen Erkenntnis
in die Mitarbeiterschaft transportieren. Daraus
resultieren oft auch wichtige Impulse für
die inhaltliche Planung unseres alljährlichen
Fachgespräches zur HIV-Therapie. Eine solche
Teilnahme ist einfach effektiver und nachhaltiger
als die aufwendige Literatur-Recherche,
für die in der Praxis eh selten Zeit ist.
In bewährter Kooperation mit der AIDS-Hilfe
Oberhausen haben wir auch in diesem Jahr ein
Fachgespräch zur HIV-Therapie veranstaltet,
das mit gutt 40 Teilnehmer*innen wieder
einmal sehr gut besucht und genutzt wurde.
Im Rahmen des Welt-AIDS-Tags-Veranstaltungsprogrammes
fand dies am 19.11.19 in
Dr. Friedhelm Kwirant … und das Moderator*innen-Paar
Natalie Rudi und Dietmar Heyde
Ganz in unserem Sinne waren die Botschaften
dieses Abends, nämlich insbesondere,
dass immer klarer wird, dass HIV-Therapie
nach wie vor kein „Wunschkonzert“ ist und
viele Bedingungen erfüllt sein müssen, damit
die erzielbaren guten Optionen auch wirklich
greifen können, dass die Effekte aber einfach
immer besser werden. Schließlich muss die
Therapie auch zu den jeweils individuellen
Lebensbedingungen passen. Dazu aber ist
es von ganz besonderer Bedeutung, dass ein
gutes Arzt-Patientenverhältnis entstehen und
eine offene, von gegenseitigem Vertrauen geprägte
Kommunikation stattfinden kann.
Wie immer begannen wir in der Arbeitsgruppe
im Frühsommer auch mit den Planungen
zum Veranstaltungsprogramm zum diesjährigen
Welt-AIDS-Tag (s. 4.4.).
39
4.3. Benefiz-Veranstaltungen
Nicht nur in finanzieller Hinsicht sind Benefiz-Aktionen
für uns sehr wichtig, bieten Aktionen
mit Künstlern, Prominenten, Ausstellungen
oder andere öffentliche Veranstaltungen
doch meist die Möglichkeit, unser Thema
auch außerhalb der Welt-AIDS-Tags-Zeit öffentlichkeitswirksam
zu platzieren.
Im Berichtsjahr 2019 gab es erneut viele „zivilgesellschaftliche“
Gruppen und Einzelpersonen,
die für uns und unsere Arbeit sehr
Gutes getan haben und wir wollen darüber
reden und schreiben.
Nach nur einem Jahr Pause in 2017 konnte
unser „alter und neuer“ Premiumpartner
beim Vertrieb der Solibären, die Targobank
Dienstleistungs GmbH am 2018 erprobten
neuen Format auch im Berichtsjahr anknüpfen.
Die Ausbildungsabteilung und das Personalmarketing
sprangen für das GudsO-Projektteam
der Targobank „in die Bresche“.
Unter der Koordination von Frau Julia Schmieder
und der Federführung von Tamara Cardoso
Vieira führten die Auszubildenden am 04.12. mit
ganz viel Engagement, Herzblut und offenkundigem
Spaß wieder einen Solibären-Aktionstag in den
Duisburger Bankräumen durch. Man konnte
zwar nicht ganz an die großen Erfolge der
letzten Jahre anknüpfen, aber doch immerhin
über 300 Bären an die Frau und an den Mann
bringen. Ganz herzlichen Dank für diese tolle
Unterstützung!
Und was wären unsere Solibären ohne die
„Duisburg-Accessoires“? Auch in diesem Hat
hat die durch eine Mitarbeiterin der Bank initiierte
„Strickgruppe“ in vielen, vielen Stunden
Heimarbeit abermals eine eigene Mützenund
Schalkollektion erstellt. In diesem Jahr
wurde erneut eine unfassbare Menge an ganz
individueller Bärenwinterkleidung produziert,
die erneut unglaublich gut ankam. Eine Aktion,
die aus dem Duisburger Geschehen rund
um den Welt-AIDS-Tag eigentlich nicht mehr
wegzudenken ist, denn die Zahl derjenigen
Menschen, die gezielt nach den bekleideten
Bären fragen, wächst und gedeiht jedes Jahr
weiter an.
40
Frau Ursula Busshoff und den fleißigen Stricker*innen
gilt entsprechend abermals unser
Riesen-Dank!
Unermüdliche Kämpfer*innen im Kampf gegen
AIDS sind schon lange Dr. Günther Bittel,
seine Frau Ingrid und ihr Mitstreiter*innen-Team
in Duisburg-Rheinhausen, die
im Berichtsjahr mit Ihrem Benefiz-Konzert
„Treatment for all, part XV“ im Haus der
Jugend in Rheinhausen, das in diesem Jahr
am Vorabend des Welt-AIDS-Tages am 30.11.
über die Bühne ging. Begleitend zu den
Konzerten gibt es zu Beginn eine Diskussionsrunde
und einen Infotisch von
der AIDS-Hilfe. Da wir aufgrund des
besonderen Termines erst zu späterer
Stunde auftauchen
konnten,
gab es aber
immerhin
die
Gelegenheit,
eine
Bühnenumbaupause
zur
Ansprache
des Publikums
zu
nutzen, das
in diesem Jahr
allerdings nicht
ganz so zahlreich
erschienen war.
Etwa 40
Besucher*innen
sorgten dennoch für gute Stimmung
und eine ansehnliche Resonanz. Die
Hälfte des Reinerlöses kommt noch dazu
unserer Arbeit zugute. Ein besonderer Dank
gilt den gagenfrei auftretenden Bands „fresh
game“, „Sixpack“ und „Silent Fox“ sowie den
Mitarbeiter*innen des Jugendzentrums „Haus
der Jugend“ an der Friedrich-Alfred-Str. 14 in
Duisburg-Rheinhausen.
Aus Solidarität, Überzeugung
oder aus Einsicht in die Notwendigkeit
der Unterstützung
unserer Arbeit erfahren
wir Jahr
für Jahr viel Wertschätzung,
aber
eben auch finanzielle
Hilfen von zivilgesellschaftlichen
41
Einzelpersonen, Gruppen und Institutionen, ohne die vieles nicht machbar wäre.
Es ist schön, an dieser Stelle Jahr für Jahr
über sehr stabile Unterstützungsaktivitäten
berichten zu können. Da sind zum
einen die Spendensammlungen und thematischen
Veranstaltungen vieler Kirchengemeinden
zu nennen, die zudem
in der Regel auf unsere Anfrage hin für
unsere alljährliche Weihnachtsfeier für
Menschen mit HIV und AIDS eingehen –
vielen herzlichen Dank dafür!
Besonderer Dank gilt auch der „Initiative
Duisburger Zahnärzt*innen“ über deren
kräftige finanzielle Unterstützung wir bereits
unter 1. berichteten.
Weiterhin möchten wir die
Spendenausschüttungen der Sparkasse am
Niederrhein (mit den Zweigstellen Moers
und Rheinberg) erwähnen, die unsere
Arbeit sehr kontinuierlich fördern. Ganz
besonders bedanken wir uns hier bei der
Sparkasse Duisburg für ihre Treue hinsichtlich
der Teilfinanzierung unserer aufsuchenden
Arbeitsangebote.
Ein besonderes Anliegen ist es uns, den
zahlreichen Schülerinnen und Schülern
und engagierten Lehrkräften zu
danken, die uns mit hoher Motivation,
Überzeugung und zum Teil sehr kreativen
Aktionsideen vor allem zum Welt-AIDS-
Tag nicht nur bei der Spendensammlung,
sondern auch bei der Thematisierung von
HIV und AIDS in zweifellos wichtigsten
Zielgruppen fantastisch unterstützen.
Stellvertretend möchten wir hier die Projektgruppen
der Gustav-Heinemann-Realschule
Duisburg-Mitte und dem Sophie-Scholl-Berufskolleg
in Duisburg-Marxloh erwähnen.
Der „Soli-Bär“ 2019
DANKE für einen bärenstarken Einsatz für die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.
42
4.4. Veranstaltungen zum Welt-
AIDS-Tag 2019
Welt-AIDS-Tag 2019
Am 1. Dezember ist Welt-AIDS-Tag:
Ein HIV-Test lohnt sich!
„Ja, ein HIV-Test lohnt sich ganz eindeutig“,
bekräftigt Dietmar Heyde, Geschäftsführer
der AIDS-Hilfe Duisburg
/ Kreis Wesel, „denn eine frühzeitige
Diagnose und ein zeitnaher Einstieg in
die HIV-Therapie führen nicht nur dazu,
dass Menschen mit HIV eine annähernd
normale Lebenserwartung bei guter Lebensqualität
erzielen können, sondern in
der Regel schon nach wenigen Wochen
gar nicht mehr infektiös sind!“
„Du hast HIV? Damit komme ich klar.
Streich die Vorurteile!“
„Schwerer als die gesundheitlichen Folgen der
Infektion selbst wiegen heute für viele Menschen
mit HIV Ausgrenzung und die Angst
davor. Deshalb müssen wir Diskriminierung
entgegentreten – an jedem Tag im Jahr.“
(aus dem Kampagnenflyer zum WAT 2018, hrsgg. von: BMG,
BZgA, DAH und DAS)
Klar – eigentlich an jedem Tag im Jahr! Aber
rund um den Welt-AIDS-Tag am 01. Dezember
können wir einfach mehr Menschen und
mehr Medienaufmerksamkeit erreichen.
Einmal mehr konnten wir uns der Ausrichtung
und Intention der WAT-Kampagne voll
und ganz anschließen und in unsere lokale
Öffentlichkeitsarbeit einbeziehen – so auch in
unserer Pressemitteilung zum Welt-AIDS-Tag
2019:
Aber etwa ein Drittel der HIV-Neudiagnosen
in Nordrhein-Westfalen erfolgen erst dann,
wenn das Immunsystem der betroffenen
Menschen bereits schwer geschädigt ist oder
gar eine AIDS-Erkrankung vorliegt. Konkret
wurden in NRW im Jahre 2018 schätzungsweise
690 HIV-Neudiagnosen gestellt. 230
Menschen davon wiesen zum Zeitpunkt der
Diagnose bereits einen fortgeschrittenen Immundefekt
auf, darunter 110 Menschen mit
einer AIDS-definierenden Erkrankung.
„Diese Zahl wollen wir deutlich verringern
und ermuntern daher alle, die eventuelle Risikosituationen
eingegangen sind oder einfach
nur Fragen zu HIV oder auch anderen
sexuell übertragbaren Infektionen (STI) haben,
die Beratungs- und Testangebote der
AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel oder des
Fachdienstes Gesundheitswesen des Kreises
Wesel kostenfrei und anonym zu nutzen“, erklärt
Peter Külpmann, Vorstandsvorsitzender
der AIDS-Hilfe.
Die frohe Botschaft, die Wissenschaftler in die
prägnante Formel n = n (wenn die HIV-Viruslast
unter einer Nachweisgrenze liegt, also
nicht messbar ist, dann kann der Virus nicht
43
mehr übertragen werden!) gegossen haben,
bedeutet, dass Menschen mit HIV weder
beim ungeschützten Sex noch über andere
Wege den Virus übertragen können. HIV-positive
Frauen können HIV-negative Kinder zur
Welt bringen, ohne auf Inseminationsmethoden
bzw. auf Kaiserschnitte zurückgreifen zu
müssen.
Es gibt also mittlerweile viele positive Entwicklungen
und viel Anlass zur Entspannung
im Umgang mit HIV und AIDS. Gerade auf
dem medizinischen Sektor ist viel erreicht
und auch die Auswahl an effektiven Schutzstrategien
ist gewachsen und lässt individuelle,
passgenaue Entscheidungen zu.
Was geblieben ist, ist das hohe Potential für
Menschen mit HIV und AIDS, stigmatisiert
und diskriminiert zu werden, „was meist auf
Unwissenheit, unbegründeten Ängsten oder
Vorurteilen beruht“, weiß Peter Külpmann zu
berichten. „Hier ist nach wie vor Information
und Aufklärung angezeigt und Solidarität und
Unterstützung gefragt.“
Daher ruft die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis
Wesel die Duisburger*innen und Kreis-Weselaner*innen
auf, die Vorurteile zu streichen
und ein Zeichen der Solidarität zu setzen!
Nicht nur zum Welt-AIDS-Tag.
Wir können positiv zusammenleben.
Weitersagen!
Mit vier eigenen Veranstaltungen und sechs
weiteren mit und von Kooperationspartnern
durchgeführten Aktionen konnte auch im Berichtsjahr
wieder ein umfangreiches Angebot
vorgehalten (s. Flyer und Pressespiegel im
Anhang) und viele Menschen darüber erreicht
werden.
Fachliche Einstimmung gewährte uns das traditionelle
Fachgespräch zur HIV-Therapie am
19.11. – siehe oben (4.2.)
Infostand mit Roter-Schleifen-Aktion
zum WAT in Moers am Samstag, dem
23.11.2019.
Traditionell am Samstag vor dem Welt-AIDS-
Tag wollen wir die Moerser Bevölkerung dazu
bewegen, Schleife und damit Solidarität zu
zeigen. In diesem Jahr waren wir allerdings
eine Woche früher am Start, weil der 01.12.
auf einen Sonntag fiel und wir uns deshalb
entschieden haben, die große WAT-Aktion
im Forum Duisburg schon am 30.11. durchzuführen.
In Moers bekamen wir wieder den
eigentlich sehr guten Standort zugewiesen,
der in der Fußgängerzone (Steinstr.) und zugleich
in unmittelbarer Nähe eines Eingangs
zum Weihnachtsmarkt lag und in diesmal
sogar gebührenfrei. Auch die Presse hat uns
offenbar recht gut angekündigt, so dass doch
einige gezielt kamen, vor allem, um den diesjährigen
Solibären aus erster Hand zu bekommen.
Der Zulauf und die Erreichbarkeit
der Moerser Bevölkerung war insgesamt etwas
besser als im Vorjahr, allerdings „nur“ bis
zum Nachmittag. Immerhin konnten wir wieder
Menschen erreichen und nicht nur zum
44
Tragen der Roten Schleife, sondern auch zum
Spenden bewegen. Ein Dank gilt der Stadt
Moers und ihrer Tochter, der Moers Marketing
GmbH für die gute Unterstützung.
Am 29.11. bot unser treues Unterstützermedium,
das Studio47, Dietmar Heyde wieder
Gelegenheit, in der Sendung Werbung für die
weiteren Veranstaltungen zum Welt-AIDS-
Tag zu machen und auch die Kampagnenbotschaften
in die Zuschauerschaft zu transportieren.
Auf ein zentrales Mediengespräch zum Welt-
AIDS-Tag 2019 haben wir nach Verabredung
mit der Beratungsstelle zu HIV u.a. STI`s des
Gesundheitsamtes der Stadt Duisburg in diesem
Jahr aus Kapazitäts- und anderen Gründen
verzichtet, uns aber auf eine gemeinsame
Pressemitteilung verständigt (s.o.).
Der Aktionstag zum Welt-AIDS-Tag konnte
bereits zum elften Male in Kooperation und
Partnerschaft mit dem FORUM Duisburg
stattfinden. Diese –aus unserer Sicht- wirklich
glorreiche und konstruktive Partnerschaft
mit dem Centermanagement ermöglicht uns
schon lange einen besonders öffentlichkeitswirksamen
Auftritt – in diesem Jahr ausnahmsweise
schon am Samstag, dem 30.11.
Nicht nur die Chance, viele Menschen erreichen
zu können ist für uns natürlich ganz
wichtig, sondern auch die menpower, das Engagement
und die Ressourcen, die das Centermanagement
bereitstellen, macht dies zu
einem echten Gewinn und sicher zu einem
best-practice-Beispiel für „private public partnership“.
Dafür gilt unser großer Dank an die
beteiligten Akteurinnen und Akteure der Einkaufsmall.
Allerdings mussten wir uns auch 2019 abermals
mit einem „Schmalspur-Auftritt“ begnügen,
vor allem wegen der immer noch nicht
gänzlich geklärten Auflagen durch das neue
Brandschutzkonzept, das zu einer deutlichen
Verringerung der Präsentationsmöglichkeiten
führte. Dennoch waren wir letztlich froh,
überhaupt noch einen Fuß „an der goldenen
Leiter“ des Forums zu erhalten und danken
insbesondere dem Centermanager, Herrn Jan
Harm und den Seelen des Centermanagements,
Frau Vanessa Rademacher und Frau
Ingrid Döhring, für ihre tolle Unterstützung
und Kooperationsbereitschaft.
Unseren Einladungen zu Welt-AIDS-Tags-Veranstaltungen
an Politiker*innen aller föderalen
Ebenen sind hier einige gefolgt, allerdings
nur Landtagsabgeordnete und Ratsmitglieder
der SPD, was u.E. erwähnens- und lobenswert
ist. Warum andere Fraktionen sich hier
nicht einbringen, können wir nicht eruieren,
bedauern dies allerdings natürlich.
Ein besonderer Dank gilt natürlich neben unseren
ehrenamtlichen Mitarbeitern und Sympathisanten
einer Delegation von JES NRW
(Junkies, Ehemalige und Substituierte). Acht
Vertreter*innen aus ganz NRW haben unsere
Aktion über drei Stunden tatkräftig, mit wenig
Aufhebens, aber mit viel Engagement unterstützt.
Das war Spitze!
45
Seit einigen Jahren findet auch im Arbeitsbereich
„Sexarbeit“ die gute Kooperation mit
dem Gesundheitsamt Duisburg eine Jahresabschlussaktion
in dem großen Duisburger
Bordellbereich statt, bei der nicht nur die
Sexarbeiter*innen kleine, nützliche „Geschenke“
und Beratungen bekommen, sondern
natürlich auch Freier mit Erkenntnisgewinnen
bereichert werden können (s. 5.4.).
Parallel zu dieser Aktion bot die AIDS- und
STI-Beratungsstelle der Stadt Duisburg zwischen
11 und 16 Uhr in der Beratungsstelle
auf der Universitätsstraße 32 in der Innenstadt
ein HIV-Test-Angebot an, welches in
diesem Jahr jedoch nicht ganz so gut angenommen
wurde, wie in den Vorjahren.
Am Abend des 30.11. ging es in Rheinhausen
weiter – beim 15. Benefizkonzert „Treatment
for all, pt. XV“ im Haus der Jugend in
Duisburg-Rheinhausen (s. 4.2.).
Vor allem aus terminlichen und Kapazitätsgründen
haben wir uns erstmalig dazu entschieden,
keine eigenständige Gedenkveranstaltung
für all die Menschen, die wir in über
30 Jahren an den Folgen von AIDS verloren haben,
durchzuführen.
Umso dankbarer sind wir unserem Kooperationspartner
DU-GAY e.V., dass sie eine eigene
kleine Gedenkveranstaltungstradition auch in
diesem Jahr fortgesetzt hatten und uns mit
einbezogen haben. Es freute uns sehr, dass
über 20 Personen dem Aufruf gefolgt sind, am
Welt-AIDS-Tag, dem 01.12. in öffentlichkeitswirksamem
Rahmen des Duisburger Weihnachtsmarktes
eine Gedenkkugel an einen
Weihnachtsbaum zu hängen und gemeinsam
in Stille und dann aber auch in schönen Gesprächen
unseren Verstorbenen zu gedenken.
Ganz besonders aktiv war in diesem Jahr
erneut unser „Herzenslust-Präventainment-Team“
um Raphael Diaz Fernandez und
Uwe Altenschmidt von Anfang November bis
Mitte Dezember bei verschiedensten Events
(s. 5.1.)
Und ab Mitte Dezember 2019 begannen die
Auswertungen des diesjährigen WAT-Geschehens
und damit auch die Vorbereitungen für
das nächste Jahr.
Allen, die uns zum Welt-AIDS-Tag 2019 durch
viel Engagement und Kreativität unterstützt
haben, gilt an dieser Stelle noch einmal unser
ganz herzlicher Dank !!! –
Ein Engel hat Euch / Sie geschickt.
Und: … nach dem Welt-AIDS-Tag ist vor dem
Welt-AIDS-Tag! Interessierte, die 2019 dabei
sein wollen, können sich jederzeit gerne bei
uns melden.
Zu guter Letzt noch ein wichtiger Hinweis in
eigener Sache: Nachdem wir seit Ende 2016
keine Beratungsstelle im Kreis Wesel unterhalten
können, möchten wir an dieser Stelle
darauf hinweisen, dass wir natürlich auch
weiterhin im Kreis aktiv und auch zuständig
sind:
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel bittet
die Bürgerinnen und Bürger des Kreises Wesel
darum, sich bei Bedarfen zur Information,
Aufklärung und Beratung sowie natürlich bei
Hilfs- und Unterstützungswünschen von und
für Menschen mit HIV oder davon bedrohten
46
Personen an die Geschäftsstelle in Duisburg
zu wenden (Kontaktdaten, s. unten). Darüber
können natürlich auch Termine im Kreisgebiet
ausgemacht werden.
Dies gilt auch weiterhin für Anfragen für die
Präventionsprojekte (Youthwork, SCHLAU,
Herzenslust oder XXelle) in Schulen oder von
anderen Einrichtungen und Gruppen. HIV ist
treu – die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis
Wesel auch!“
4.5. Berichterstattung in den
Medien
Für das Berichtsjahr 2019 haben wir, was das
Interesse von Seiten der Print-, Funk- und
TV-Medien betrifft, leider wieder relativ wenig
Unterstützung erfahren. Das lag sicherlich
auch daran, dass es schon von der Bundesebene
wenig Aktivitäten gab. Zum einen
erstmals nach vielen Jahren etwa keine Presseerklärung
des Bundesgesundheitsministers
und zum anderen auch eine WAT-Kampagne
auf Sparflamme – nur leichte Modifizierungen
im Vergleich zum Vorjahr. Darüber hinaus
haben wir auch vor dem Hintergrund der
Erfahrungen aus den Vorjahren kein eigenes
Mediengespräch angeboten, sondern „nur“
Pressemitteilungen rausgegeben. Aber auch
die sind nicht aufgegriffen worden – jedenfalls
haben wir nichts davon erfahren. Das ist
sehr bedauerlich, denn:
Es bleibt dabei: Wir brauchen sie, denn nur
gemeinsam bewirken wir mehr, um das Thema
im Bewusstsein der Bevölkerung zu halten,
die guten Nachrichten (s. n = n u.a.)
zu verbreiten und so dem Ziel der Minimierung
von Neuinfektionen sowie der Verbesserung
der Akzeptanz und Toleranz gegenüber
HIV-Positiven näher zu kommen.
Mit dem Interesse von Seiten des Lokalfunks
und dem Lokalfernsehen sind wir allerdings
einmal mehr sehr zufrieden.
Insbesondere das schon mehrmals zitierte
Stadtfernsehen „Studio 47“ ist ein ungemein
treues Begleiter- und Unterstützermedium,
das uns im Berichtsjahr wieder einmal in den
Nachrichtenfokus gerückt hat – dafür herzlichen
Dank! Dank gilt genauso den Lokalradios
von Radio DU und Radio KW.
Um das vergleichsweise niedrige Niveau der
Neuinfektionen im Berichtsjahr weiterhin halten
zu können und die neu ausgerichteten
Kampagnenziele der weiteren Akzeptanz und
Toleranz gegenüber Menschen mit HIV und
AIDS umsetzen zu können, müssen aus unserer
Sicht aber auch weitere Kommunikationsoffensiven
folgen, um die Präventionserfolge
der vergangenen Jahre nicht wieder zu
gefährden. Aufklärung, sachliche Information
und Erinnerung müssen wahrnehmbar bleiben.
47
4.6. Sonstige Aufgaben und Tätigkeiten
• Vertretung der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. in verschiedenen Gremien und
Arbeitskreisen in Duisburg, dem Kreis Wesel und auf Landesebene
• Vorbereitung, Organisation, und Durchführung von Informationsständen, Aktionsformen
sowie Seminar- und Vortragsangeboten,
• Organisatorische Begleitung und Pressearbeit für Benefiz- und Kooperationsveranstaltungen,
• Akquise von finanziellen Mitteln und personellen Ressourcen,
• Kontaktpflege zu Förderern, Kooperations- und Netzwerkpartnern,
• Telefonische und persönliche Beratung,
• Geschäftsführung,
• U.a.m.
48
16
Prävention in der Allgemeinbevölkerung - Veranstaltungen 2019
14
12
10
8
6
4
2
0
Abbildung : Präventionsveranstaltungen in der Allgemeinbevölkerung
im Jahre 2019 – Veranstaltungen insgesamt
49
Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel and Friends beim CSD Köln 2019
5. Zielgruppenspezifische Prävention
5.1 HIV und AIDS Prävention
bei Schwulen und Männern die Sex mit
Männern haben
Vorbemerkung:
Das Projekt „strukturelle Prävention für homosexuelle
und bisexuelle Männer sowie MSM
(Männer, die Sex mit Männern haben) im Kontext
HIV / STI“ unter dem Namen „Herzenslust
Duisburg / Kreis Wesel“ der AIDS-Hilfe
Duisburg / Kreis Wesel e.V. ist im Jahr 2019
durch zielgruppenspezifische Mittel des Landes
NRW gefördert worden.
Die Ausrichtung des Projektes ist hauptsächlich
lokal/regional und hat einen primärpräventiven
Schwerpunkt, wirkt aber auch im
sekundärpräventiven Bereich, ist stets methodisch
und niedrigschwellig, wie für den
Nutzer kostenlos. Besonders intensiv wurde
die Einbettung des Projektes auf die zu erreichende
Zielgruppe ausgelegte lokale Infrastruktur
betrieben.
Das Projekt ist regional und überregional eingebunden
und vernetzt. Die Kooperationen
mit weiteren lokalen Projekten sowie den landesweiten
Strukturen ermöglichen Ressourcen
schonende Synergien bei Kampagnen
und Großveranstaltungen und gewährleistet
wesentliche Aspekte im Bereich der Qualitätssicherung.
Vernetzung und Kooperationen
Herzenslust wird lokal angeboten. Die Aidshilfe
NRW e.V. dient als Koordinierungsstelle
aller lokalen Herzenslustprojekte und organisiert
die Landesarbeitsgemeinschaft, über die
Austausch, Abstimmung und Qualitätssicherung
gewährleistet werden. Der Projektnehmer
nahm im Berichtsjahr an allen Terminen
der Landesarbeitsgemeinschaft aktiv teil.
Im Rahmen der Qualitätssicherung fanden
erneut verschiedene Veranstaltungen auf
Landes- und auf Bundesebene statt.
Die Abstimmung mit den umgebenden Herzenslustprojekten
wurde, fokussiert auf gemeinsame
Aktionen, fortgesetzt.
Lokal schritt die angestrebte Vernetzung mit
weiteren Akteuren schwuler Lebenswelten
voran. Der Projektnehmer ist aktives Mitglied
des Vereins „DUGay e.V.“, welcher den
50
Duisburger CSD und den monatlich stattfindenden
Regenbogenstammtisch organisiert.
Der Projektnehmer (oder in Vertretung
der HL-Gruppenleiter) nahm an allen durch
die kommunale Politik veranstalteten Treffen
der schwul-lesbisch-bi-trans Akteure teil
und pflegt regelmäßigen Austausch mit dem
zuständigen Mitarbeiter des auf städtischer
Ebene angesiedelten Referates für Gleichberechtigung
und Chancengleichheit.
Mit den Vertreter*innen des öffentlichen Gesundheitsdienstes
wurde ein intensiver Austausch
gepflegt und Kooperationsmöglichkeiten,
insbesondere bzgl. eines Beratungs- und
Testangebotes, ausgelotet. Während in Duisburg
erhebliche Fortschritte erreicht werden
konnten (s.u.), konnten im Kreis Wesel
leider im Berichtsjahr keine gemeinsamen
Beratungs- und Testangebote vorgehalten
werden, was im Wesentlichen an den deutlich
reduzierten Ressourcen im Fachdienst
Gesundheitswesen für die HIV/ AIDS- Koordination
liegt. Diese unbefriedigende Situation
und das insgesamt schmale Testangebot des
ÖGD in der Region des Kreises Wesel wurden
im Laufe des Berichtsjahres erneut offensiv
mit den kommunalen Leitungsstrukturen
(Gesundheitsamtsleitungen und Dezernenten)
thematisiert, jedoch zunächst ohne unmittelbare
Erfolge. Seit April’19 ist immerhin
das Testangebot in Wesel dahingehend verbessert
worden, dass dies nunmehr einmal
wöchentlich (Di, 14:00 – 15:30 Uhr) vorgehalten
wird.
Die konkreten Angebote von Herzenslust
Duisburg / Kreis Wesel (Umsetzung, Methodik,
Ergebnisse)
Herzenslust Gruppe
Die Herzenslust Gruppe traf sich mehrmals
im Monat und ist somit selbst Teil der schwulen
Szene und Ort schwuler Begegnungen.
Die ehrenamtlich Mitwirkenden und die bei
Bedarf durch den Projektnehmer angeleitete
Teilzeitkraft wirken durch das regelmäßige,
öffentliche und kostenlose Angebot strukturell
präventiv. Durch Aktionen in der schwulen
Lebenswelt Duisburgs und des Kreises
Wesel (z.B. Szenerundgänge, Rastplatzbegehungen,
Besuch von Partys und präventive
Infoabende, Beratung und Test) werden
primärpräventive Botschaften vermittelt.
Kontakte entstehen, die sowohl primär- als
auch sekundärpräventive Wirkung haben.
Die Gruppe ist Kern der kreativen Arbeit und
plant eigenständig mit der Teilzeitkraft, ggf.
unter Anleitung und Mitwirkung des Projektnehmers,
Aktionen, bspw. zum CSD. Der Pro-
Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel „a pride family“ beim Herzenslust CSD Angrillen 2019
51
Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel bei der Eröffnung des Herzenslust CSD Angrillen 2019
jektnehmer gibt Informationen, besonders zu
Fortbildungsmöglichkeiten und Schulungen
anderer Ebenen an die Gruppe weiter. Im Berichtsjahr
2019 konnten die Gruppentermine
ausgebaut, die Teilnehmerzahl erhöht, mehr
Männer für das aktive Mitwirken der Gruppe
gewonnen und die Anzahl von Aktionen ausgebaut
werden.
Konkrete Aktionen
Für das Jahr sind hier regelmäßige Szenerundgänge
(alle vier bis acht Wochen) und
mehrere Infostände mit Aktionsformen zu
besonderen Events in den Duisburger Szenekneipen
zu benennen. Darüber hinaus
beteiligte sich das Herzenslust-Team der
AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel aktiv am
Düsseldorfer CSD (01.06.2019) und am CSD
Essen (10.08.2019).
Herzenslust Checkpoint - in der AIDSund
STD- Beratungsstelle des Duisburger
Gesundheitsamtes
In Abstimmung mit dem ÖGD Duisburg wurde
für die Zielgruppe MSM das im Jahre 2017
geplante, offene HIV/STI Beratungs- und Testangebot
umgesetzt. Dieses wurde von Januar
- Dezember mit einem anschließenden
Feedbackgespräch geplant und durchgeführt.
Mit durchschnittlich sechs bis sieben Nutzern
wurde das Projekt sehr gut weitergeführt.
Im Berichtsjahr testeten wir auf: HIV, Syphilis,
Chlamydien, Tripper sowie Hepatitis A, B,
C und bei Verdacht auf Mykoplasmen.
Fazit: Das Beratungs- und Testangebot - insbesondere
für die Zielgruppe der Männer, die
Sex mit Männern haben (MSM) konnte im Be-
52
Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel in Kooperation mit Essen und Düsseldorf bei der Demo zum CSD Duisburg 2019
richtsjahr für Duisburg deutlich erweitert und
etabliert werden! Hervorzuheben ist das breite
Testangebot für STI’s und die kooperative
und konstruktive Zusammenarbeit mit der
Beratungsstelle des Gesundheitsamtes!
NEXTWIX – ORIGINAL SERIES BY HER-
ZENSLUST
Die Herzenslustgruppe wirkte beim Auftritt
der Herzenslust-Landesarbeitsgemeinschaft
beim ColognePride sowie beim Duisburger
CSD mit. Unter dem Motto: „NEXTWIX – ORI-
GINAL SERIES BY HERZENSLUST“ traten in
Köln wieder einmal über einhundert ehrenamtlich
Engagierte gemeinsam auf. Mit dem
Auftrag, die Vielfalt ins echte Leben zu bringen,
konnte eine sehr große Zahl von Menschen
erreicht werden. Die politisch angehauchten
Botschaften wurden in zahlreichen
Kontakten vermittelt und konnten dank der
zur Verfügung gestellten, dem Motto entsprechend
gestalteten Informationsbroschüre
und Giveaways auch nachhaltig vermittelt
werden.
Diese Aktion wurde auch auf dem CSD Duisburg
am 27.07.2019 umgesetzt. Der CSD
wurde durch die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis
Wesel e.V. verstärkt, was dazu führt, dass
eine gleichbleibende Qualität gesichert ist. Es
gelang, mit dem HL-Gruppenleiter (geringfügige
Beschäftigung) und hohem Engagement
der Ehrenamtlichen aus der Ruhrgebietsvernetzung,
ehrenamtlichen Mitarbeitern der
AIDS-Hilfe sowie der Öffentlichkeitsgruppe
eine sehr starke Präsenz zu zeigen und viele
personalkommunikative Kontakte herzustellen.
Wie viele Stände, so war auch der Herzenslust-Stand
durchweg ein sehr beliebtes
Ziel. Dieses Jahr fand dazu das dritte Mal eine
53
Herzenslust CSD Angrillen 2019
Demonstration im Vorfeld des Straßenfestes
statt, bei dem natürlich auch das Herzenslust-Team
durch die große Präsenz, ebenfalls
aus der Ruhrgebietsvernetzung, exponiert
und gut sichtbar vertreten war. Sie fanden
nach den (politischen) Parteien die größte öffentlichkeitswirksame
Aufmerksamkeit, die in
Duisburg zu erreichen war. Die Demonstration
hatte in diesem Jahr eine neue Strecke, welche
auch mehr Demonstranten auf die Straße
bewegt hat. Mit ca. 1000 Teilnehmer*innen
war die Demonstration so groß wie noch nie
in Duisburg.
Herzenslust im Rahmen des Queeren
Kulturmonats zum CSD Duisburg
Im Berichtsjahr gab es darüber hinaus eine
aktive Veranstaltungsbeteiligung des Herzenslust
Teams im Rahmenprogramm zum
CSD, einem Monat mit einer Veranstaltungsreihe:
Auch in diesem Jahr, fand wieder eine Auftaktveranstaltung
zum CSD mit Herzenslust
statt („Herzenslust CSD Angrillen 2019 – 5
Jahre CSD Angrillen“). Dieses hat sich zu
einem etablierten Event entwickelt, das Besucher
anzieht. Es fungiert auch als „Preventainment“-Plattform,
mit einem breiten
Spektrum aus Informationsmöglichkeiten,
die mit personalkommunikativen Angeboten
flankiert werden. Während in den ersten Jahren
seit 2015 durchschnittlich 20 Besucher
anwesend waren, ist die Zahl in den letzten
Jahren deutlich gestiegen. So konnten wir
am 24.07.2019, wieder über 100 Besucher
zählen. Neben vielen neuen Gästen waren
auch Vertreter*Innen von Vereinen, Organisationen,
Gruppen aus der Vernetzungsarbeit
und politische Parteien aus Duisburg und dem
Kreis Wesel anwesend. Unter anderem sind
zu erwähnen, dass „POSITHIV HANDELN“
und Teile des Herzenslust-Teams von Essen
und Düsseldorf zu den Besuchern zählten.
Dies konnte Zugang zu neuen Interessierten
für die ehrenamtliche Herzenslust-Arbeit
schaffen.
Zum CSD wurde im Vorfeld der Akzeptanzpreis
verliehen. Der „Brücke der Solidarität“
54
- Akzeptanzpreis wurde im Berichtsjahr an
Bärbel Bas (MdB-SPD) verliehen. Der Gala-Rahmen
konnte unter Beteiligung mehrere
Vereine und anderer Honoratioren umgesetzt
werden, was noch dazu ein sehr erfreuliches
Medienecho und somit ein hohes Maß an Aufmerksamkeit
in der öffentlichen Wahrnehmung
erfuhr.
Zudem konnte zum fünften Mal in der Geschichte
des Duisburger CSDs erreicht werden,
dass die Regenbogenflagge am Duisburger
Rathaus installiert wurde. Ein weiterer
Meilenstein und Hinweis auf die deutlich verbesserte
Lobbyarbeit für Belange schwuler
Lebenswelten.
Herzenslust im Rahmen von QUEER.LIFE.
DUISBURG
Eine gute Präsentationsplattform für die Herzenslust-Kampagne
und deren Botschaften ist
alljährlich die „QUEER.LIFE.DUISBURG“-Reihe
von hokudu e.V. (Homosexuelle Kultur
Duisburg), die in diesem Jahr zwischen dem
30. Oktober und dem 30. November 2019 in
Duisburg und Moers eine ganze Reihe von
Veranstaltungen anbot.
In Berichtsjahr fand das Jubiläum von Stonewall
statt. Dieses wurde in Zusammenarbeit
mit Herzenslust und der schwulen Szene beworben
und mit dem Programmpunkt Eröffnung
der Ausstellung „50 Jahre Stonewall!”
aufgegriffen. Bei diesem Termin nahmen
Vertreter*innen der Stadt Duisburg und der
queeren Community sowie Besucher*innen
zusammen an einer Ausstellung teil, welche
von dem Verein „BIE Queer“ und der Stadt
Bielefeld ausgeliehen und im Ludwigturm am
Duisburger Innenhafen 4 Wochen lang präsentiert
wurde.
Mit der Party „TANZT QUEER! – DU & FRI-
ENDS“, die in den Räumen des Jugendzentrums
„Juzo“ in Duisburg Neumühl stattfand,
wurde eine schwul lesbische Party, aus ehrenamtlichen
Kreisen organisiert, fortgeführt.
Die Veranstaltung ist so besonders, da sie
auch jüngeren Duisburger*Innen eine Plattform
bietet.
Leider ist es nicht sicher, ob im Jahr 2020
eine weitere Veranstaltung stattfindet, da die
Besucherzahl im Gegensatz zu den Vorjahren
deutlich abgenommen hat.
1. Dezember bei der Aktion „Gegen das Vergessen! –
Eine Minute des Gedenkens“
Herzenslust zum Welt-AIDS-Tag
2019
Im Rahmen der WAT Großveranstaltungen
war auch das Herzenslust-Team aktiv beteiligt
und konnte zudem „seine“ Botschaften
präsentieren.
In Rahmen des Welt-AIDS-Tag-Programms
fand im Szenelokal „Harlekin“ am 16.11.2019
eine Mottoparty mit dem Titel „Disco Night“
statt. Diese Veranstaltung wurde vom Herzenslust-Team
in Kooperation mit dem Team
des „Harlekin“ aufgegriffen, um für das Präventionsteam
„Herzenslust Duisburg“ der
AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. Spenden
zu sammeln.
Weiterhin fand am 1. Dezember die Aktion
„Gegen das Vergessen! – Eine Minute des
Gedenkens“ in Kooperation mit dem Verein
„DUGay e.V.“ statt. Im Fokus stand die fortwährende
Arbeit gegen das Vergessen, gegen
Entwarnung und Gleichgültigkeit sowie gegen
Angst und Ausgrenzung gegenüber HIV, AIDS
und anderen sexuell übertragbaren Infektionen.
Dazu wird insbesondere auch zivilgesellschaftliche
Unterstützung benötigt. So konnten
in Kooperation von Herzenslust Duisburg
/ Kreis Wesel und „DUGay“ sehr viele Menschen
erreicht werden.
Darüber hinaus gab es weitere Veranstaltungen
in Kooperationen mit der Duisburger
Szene wie beim „Pink Wednesday“ auf dem
Duisburger Weihnachtsmarkt, der sich mittlerweile
etabliert hat und in der Angebotsgröße
zunimmt.
55
Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel in Kooperation mit DUGay, POSITHIVHANDELN und der Stadt Duisburg beim IDAHOBIT und der
Überreichung des queeren Aktionsplanes von Szene&DU mit Forderungen von der Szene für Duisburg
Herzenslust online
Ganz erheblich verbessert und weiterentwickelt
werden konnte die online-Präsenz und
Präsentation über die Homepage, den Facebook-Auftritt
und den Instagram-Auftritt. Hier
zeigt sich anhand der Zugriffszahlen, dass die
Weckung von User-Interesse mit der Pflege
und steten Aktualisierung dessen einhergeht
und dies neben dem spezifischen Informationstransport
in die Zielgruppe ein wichtiges
Instrument für die Akquise von Ehrenamtlichen
sein kann bzw. ist.
Im Berichtsjahr wurde die Homepage „herzenslust-duisburg.de“
sowie „herzenslustteam-du.de“
neugestaltet und führt nun zur
Online-Angebotsseite der AIDS-Hilfe Duisburg
/ Kreis Wesel e.V. und dessen Unterpunkt
Prävention / Herzenslust.
Projektkritik
Die Projektziele wurden überwiegend erreicht.
Ressourcen wurden schonend und unter Nutzung
bestmöglicher Synergieeffekt aus Arbeitsteilung
eingesetzt. Eine Erhaltung der
fachlich geforderten Standards und eine Weiterentwicklung
der strukturellen HIV-Prävention
ist in unserer Region allerdings latent
gefährdet, denn mit dem präventiven Einsatz
– hier speziell von Herzenslust – muss
auch eine gute Testinfrastruktur verbunden
sein. Anders wird es schwer, bei Menschen,
eine Testbereitschaft zu fördern, frühe Diagnosestellungen
zu erreichen und sie zu einem
möglichst frühen Therapiestart zu bewegen
oder die Zahl der „late presenter“ zu
verringern. Ganz zu schweigen von den primärpräventiven
Effekten von „Schutz durch
56
Therapie“. Hier ist die Infrastruktur in unserer
Region nicht ausreichend aufgestellt. Wir
werden dies weiter thematisieren und dafür
kämpfen.
In den letzten Jahren hat sich positiv etabliert,
dass die Zusammenarbeit zwischen dem
Projektnehmer und dem HL-Gruppenleiter
dafür sorgt, den Bekanntheitsgrad von Herzenslust
deutlich zu steigern, z.B. durch das
gemeinsame Auftreten bei allen Aktionen.
Die Nutzung sozialer Netzwerke und mobiler
Medien wurde ausgebaut und stets aktualisiert
und erwies sich insbesondere zur Veranstaltungsbewerbung
und Nachbetrachtung
als sehr gewinnbringend. Die Kooperation auf
regionaler und landesweiter Ebene ist in der
Umsetzung sehr effizient. Die Kooperation
auf lokaler Ebene ist in Bezug auf die queere
Infrastruktur erheblich verbessert und auch
personell gewachsen, aber auch mit Ressourceninvestition
verbunden.
Die Kommunalisierung der Landesmittel
und der Umstand, dass bei den grundsätzlich
pflichtigen Aufgaben der Umfang nicht
gesetzlich geregelt ist, erweisen sich in unserer
Region immer mehr als kontraproduktiv.
Es würde viel zu (re-) investieren sein,
um eine halbwegs bedarfsgerechte Steuerung
und eine adäquate Ressourcenausstattung
zu erhalten bzw. zu erreichen. Für die
Stadt Duisburg ist allerdings immerhin eine gewisse
Trendwende zu konstatieren. Die Wiedereinrichtung
einer vollen Stelle „AIDS-Koordination“
hat im Berichtsjahr zu einem spürbaren
Ressourcenzugewinn geführt, was sich bzgl.
der Herzenslust-Ziele insbesondere im verbesserten
Beratungs- und Testangebot für
die Zielgruppe wiederspiegelt. Es bleibt allerdings
dabei, dass die Förderung der „Strukturellen
HIV/AIDS-Prävention bei MSM“ über
zielgruppenspezifische Landesmittel für unser
großes Zuständigkeitsgebiet (mit einer
nach der EMIS-Studie vergleichsweise hohen
Populationsdichte an MSM) unerlässlich und
unverzichtbar ist und bleibt.
Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel bei der Rastplatzaktion Anfang 2019
57
5.2 Drogen und Substitution
Im Arbeitsbereich Drogen fand eine enge
Zusammenarbeit mit der Selbsthilfegruppe
JES (Junkies, Ehemalige, Substituierte) Duisburg
statt. Im Berichtsjahr 2019 haben wir
für Gruppentreffen unsere Räumlichkeiten
zur Verfügung gestellt und begleiteten und
unterstützten unsere Begleiteten, soweit es
unsere Ressourcen zuliessen. Wie in den Vorjahren
haben wir in Kooperation mit JES Duisburg
und dem Suchthilfeverbund gemeinsam
den nationalen Gedenktag am 21.7.2019 für
verstorbene Drogengebraucher*innen erfolgreich
geplant, vorbereitet und durchgeführt.
Erstmalig haben wir zudem gemeinsam mit
JES bei der Substitutionsvergabe gemeinsam
der Verstorbenen gedacht. Zusätzlich haben
wir erstmalig den „International Overdose
Awareness Day“ mit einer Veranstaltung zum
Thema Naloxon durchgeführt.
Seit 2019 besuchen wir ebenso gemeinsam
das Substitutionscafe in Moers, um besser
den ländlichen Raum abdecken zu können.
Dort vergeben wir unter anderem Safer-Use
Materialien, stellen JES vor und beraten zur
Harm-Reduction. Durch die regelmäßigen Besuche
soll zusätzlich eine Bedarfsanalyse und
Standortbestimmung für einen Spritzenautomaten
durchgeführt werden. Geplant sind
weiterhin Thementage und Vorträge.
Weiter gibt es eine neue, aber recht enge Kooperation
mit dem BRA Düsseldorf, das ähnlich
wie JES, Selbsthilfearbeit ohne Abstinenzanspruch
leistet und praktische Lebenshilfe
vermittelt.
JES Duisburg führte weiterhin flankierend zur
AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel e.V. das
Streetwork durch. Care-Packs, die vom Land
NRW finanziert wurden sowie Spritzen und
Kondome, die die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis
Wesel aus Eigenmitteln finanzierte, sind verteilt
worden.
Hierdurch und durch gemeinsame Treffen und
Fachtage wurde der partizipative Ansatz der
AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis e.V. Wesel im Bereich
Drogen umgesetzt, da wir im direkten
58
Austausch mit der Zielgruppe waren.
Gemeinsam haben wir zudem das 30jährige
Jubiläum von JES NRW gefeiert und uns an einer
Postkartenaktion „30 Jahre, 30 Gesichter, 30
Standings“ beteiligt. Dabei wurden Postkarten
mit verschiedenen Personen, Aussagen
und Forderungen zur Drogenpolitik an lokale
Politiker verschickt.
Geplant ist für 2020 mit JES NRW Frauen in
der Selbsthilfe zu stärken und mehr in den
Focus zu nehmen. Dazu ist ein Vernetzungstreffen
angedacht, bei dem sich die Frauen zu
ihren Themen in Ruhe austauschen können.
Neu ist auch das Netzwerk „Sexualität, Gesundheit
und Suchtmittelgebrauch“, ein
Projekt, das die Erreichbarkeit von Drogengebraucher*innen
im ländlichen Raum verbessern
soll. Dazu werden bis 2022 Peers
gesucht, die Fachwissen z.B. über sexuell
übertragbare Krankheiten vermitteln. Weiter
soll ein Mapping stattfinden und Schulungen
der Drogenberatungen durchgeführt werden.
Dazu haben bereits Netzwerktreffen stattgefunden
und ein gemeinsamer Bedarfserhebungsbogen
wurde erstellt.
Zudem sind wir bemüht mit weiteren Kooperationspartnern
ein niedrigschwelliges Arbeitsangebot
für Konsumierende aufzubauen
und dadurch Tagesstruktur anbieten zu können.
Dazu sind in 2019 bereits erste Konzepte
erstellt worden.
Weiterhin wurde die Substitution an Wochenenden
und Feiertagen in der AIDS-Hilfe
durchgeführt. Bewährt hat sich hier das Frühstück
am letzten Sonntag im Monat, welches
rein ehrenamtlich angeboten wird.
Ebenso wird das monatliche JES Frühstück,
das auch von den hauptamtlichen Mitarbeitern
mit organisiert und durchgeführt wird,
gut angenommen.
Es gab in den letzten Jahren einige Veränderungen
in der Gesetzgebung im Drogenbereich.
Politisch hat sich beispielsweise im Bereich
der Substitution einiges geändert. Bereits
am 30. Mai 2017 sind Änderungen in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung
(BtMVV) in Kraft getreten. Am zweiten Oktober
2017 wurde die neue Richtlinie der Bundesärztekammer
(BÄK) bekanntgemacht. Die
wichtigste Änderung ist wohl die Aufhebung
des absoluten Abstinenzgedankens. Jetzt
ist es möglich, auch andere Ziele zur Sicherung
des Überlebens bei der Behandlung in
den Vordergrund zu stellen. Ebenso sind Take-Home-Regelungen
und PSB- Vorschriften
gelockert worden. Sie ermöglicht ferner die
Durchführung der Substitutionsbehandlung
in Alten- und Pflegeheimen sowie Rehabilitationszentren.
Wir freuen uns über diese Entwicklung,
aber es bleibt sicherlich abzuwarten,
wann sich die Neuerungen in der Praxis
bemerkbar machen.
Gleiches gilt leider auch für Cannabis auf
Rezept. Am 19.1. 2017 hat der Bundestag
einen Gesetzentwurf der Bundesregierung
zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher
Vorschriften angenommen und seit dem 10.
März 2017 können schwer kranke Patient*innen
künftig auf Kosten der Krankenversicherung
mit hochwertigen Cannabis-Arzneimitteln
versorgt werden. Bisher kam Cannabis
nur mit einer Ausnahmegenehmigung des
Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte
(BfArM) als Heilmittel zum Einsatz,
etwa um Schmerzpatient*innen zu helfen. Die
nicht unerheblichen Kosten mussten die Patient*innen
in der Regel selbst tragen. Für die
Versicherten wurde zudem, auch in eng begrenzten
Ausnahmefällen, ein Anspruch auf
Versorgung mit den Wirkstoffen Dronabinol
oder Nabilon geschaffen. Um die Versorgung
sicherzustellen, wird der Anbau von Cannabis
zu medizinischen Zwecken in Deutschland
ermöglicht. Die Cannabisagentur des Bundes
koordiniert und kontrolliert dann den Anbau
und Vertrieb. Um die genaue medizinische
Wirkung der Cannabis-Arzneimittel zu erforschen,
ist eine wissenschaftliche Begleiterhebung
vorgesehen. Die generelle Freigabe von
Cannabis wird von der Bundesregierung weiter
strikt abgelehnt.
In der Praxis verschreiben bisher leider nur
wenige Ärzte Cannabis. Gründe sind Unsicherheit
im Umgang mit der Arznei, ein hoher
Dokumentationsaufwand und nicht zuletzt
die Sorge der Ärzte vor einem Regress wegen
Überschreitung ihres Budgets. Krankenkassen
erstatten sehr häufig die Rezepte nicht
und es gibt Lieferengpässe in Apotheken.
Es scheint also noch mehr Zeit zu brauchen,
bis das Gesetz, so wie es verabschiedet wurde
auch umgesetzt wird und sich für schwerkranke
Patienten etwas ändert.
Diamorphin wird trotz Anerkennung als Arzneimittel
immer noch nur in wenigen Städten
eingesetzt und nur sehr wenige Menschen
profitieren hiervon.
Letztendlich geht es aber immer noch um die
Abschaffung des BtmG, welches die größten
Probleme in dem Lebensbereich drogengebrauchender
Menschen verursacht.
Leider gab es auch Veränderungen im Umgang
mit der lokalen Szene in Duisburg.
In Duisburg sind niedrigschwellige Hilfeangebote
wie Streetwork, Notschlafstellen, Waschund
Duschmöglichkeiten, soziale Beschäftigungsmöglichkeiten
und eine ausreichende
medizinische Versorgung z.B. im Rahmen
einer Substitutionsambulanz und Originalstoffvergabe
nicht oder nur eingeschränkt
vorhanden. Mit Verweis auf die Haushaltslage
der Kommune wurden während der letzten
zehn Jahre die Finanzmittel stetig gekürzt,
während gleichzeitig die Aufgaben und Beratungszahlen
in der Suchthilfe stiegen.
Zudem wurde besonders im Jahr 2018 in Duisburg
eine harte Vertreibungspolitik gefahren.
Dies geschieht bspw. durch Maßnahmen
wie dem kurzfristigen Alkoholverbot in der
Innenstadt, welches vom Verwaltungsgericht
in Düsseldorf wieder wegen Unrechtmäßigkeit
gekippt wurde und durch verstärkte
Verfolgung. Die Szene war total zersplittert
und „auf der Flucht“. Dies machte den Zugang
fast unmöglich und die wenigen niederschwelligen
Angebote konnten kaum noch
Wirkung erzielen.
Trotzdem konnte die Zusammenarbeit mit
verschiedenen Nutzer*innen des Kantparks
59
aufrechterhalten werden, obwohl kaum noch
von einem Szenetreffpunkt am Kantpark die
Rede sein konnte. Die Kooperation mit den
verschiedenen Nutzer*innen bezieht sich vor
allem auf das Lehmbruckmuseum, das an
dem „Aufeinanderzugehen“ der Akteur*innen
des Sozialraumes maßgeblich mitgearbeitet
hat.
In 2019 hat sich die Situation der Konsumierenden
etwas verbessert und entspannt,
allerdings ist es immer noch schwierig die
Menschen zu erreichen und teilweise muss
Vertrauen komplett neu aufgebaut werden,
da sich die Szene sehr verändert hat.
Insgesamt ist das Angebot des Spritzentausches
und der Automaten nach wie vor eine
sehr erfolgreiche Maßnahme der strukturellen
HIV- und HCV-Prävention.
5.2.1 Primär- und Sekundärprävention
5.2.1.1 Spritzenaustauschprogramm
Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V.
nimmt weiterhin mit den von ihr betreuten
Spritzenautomaten am Projekt der Aidshilfe
NRW e.V. teil. Die Standorte befinden
sich in Wesel neben der Dogenberatung und
in Duisburg befindet sich der leider einzige
Spritzenautomat an der AIDS-Hilfe direkt
vor dem Eingangsbereich. Der Spritzenautomat
in Duisburg wird gut angenommen und
muss mehrfach wöchentlich aufgefüllt werden.
Der Spritzenautomat in Wesel wird im
zweiwöchigem Rhythmus neu bestückt. Insgesamt
wurden aus den Automaten 2019
3687 Safer-Use-Materialien gezogen. Tendenz
steigend. Deshalb laufen Planungen für
einen weiteren Automaten in Moers. Deutlich
gesteigert hat sich auch die Anzahl der getauschten
Spritzen an Drogenabhängige in
Duisburg. Dementsprechend muss der Bedarf
an spezifischen Angeboten mindestens
aufrecht, eher aber noch weiter ausgebaut
werden. Neben niedrigschwelligen Angeboten
der Aidshilfe in Stadtmitte und Hamborn und
dem kostenlosen Spritzentausch ist es für
die Zukunft unerlässlich, weitere Mittel in die
Prävention zu investieren.
Weiter besteht die Möglichkeit während der
Öffnungszeiten auch persönlich gebrauchte
Spritzen gegen neue Materialien zu tauschen.
Dabei wurden 8675 Materialien vergeben.
Spritzenautomat Bismarckstr. 67
von innen mit Entsorgungsbox
5.2.1.2 Suchtprävention bei Partydrogen
@drugthive
Aufgrund mangelnder Ressourcen und fehlender
ehrenamtlicher Mitarbeitenden konnten
im Berichtsjahr in diesem Arbeitsbereich
keine Projekte umgesetzt werden.
5.2.2 Substitution
5.2.2.1 Entwicklung der Wochenendvergabe
Auch im Jahre 2019 haben wir über das komplette
Jahr an allen Wochenenden und Feiertagen
also insgesamt an 115 Tagen die Vergabe
von Methadon in der AIDS-Hilfe in Duisburg
durchgeführt. Die Anzahl der Substituierten
lag im Durchschnitt bei 70 Personen. Die
Vergabezeit beträgt 1,5 Stunden. Seit 2014
wird die Vergabe von Honorarkräften begleitet.
Insgesamt fünf Ärzt*innen entsenden ihre
Patient*innen. Die Vergabe in der AIDS-Hilfe
führen vier Ärzt*innen durch.
Die Zusammenarbeit zwischen den Ärzt*innen,
60
unseren Honorarkräften und den Apotheken
verlief weiterhin reibungslos. An dieser Stelle
einen ganz herzlichen Dank an die Mitarbeiter*innen
für ihr Engagement und ihre Mithilfe.
Weiterhin wird bei fast jeder Vergabe den
Substituierten Kaffee angeboten mit Ausnahme
von den Tagen, an denen unser Gruppenraum
durch andere Veranstaltungen belegt
war. Am letzten Sonntag im Monat gibt es ein
ehrenamtlich organisiertes Frühstück. Bei
der Vergabe und dem Frühstück bietet sich
die Gelegenheit, sich über Sorgen und Nöte
auszutauschen. Hierbei bietet sich regelmäßig
die Möglichkeit zur Präventionsberatung
und zu Safer-Use-Strategien.
5.2.2.2 Psychosoziale Begleitung Substituierter
(PSB)
Die psychosoziale Begleitung von HIV-Positiven
/ an AIDS erkrankten Substituierten ist
ein weiterer Bestandteil der Drogenarbeit innerhalb
der AIDS-Hilfe.
Im Vordergrund der PSB steht die Stabilisierung
der Klient*innen, die in ihrer Lebenssituation
gestärkt und unterstützt werden. Die
Zielsetzung der PSB erfolgt dabei im Wesentlichen
nach den Bedürfnissen der Klient*innen.
Das bedeutet in erster Linie, dass das
subjektive Wohlbefinden der jeweiligen Person
und die Lebensverhältnisse verbessert
werden sollen. Entsprechend dieser Zielsetzung
steht bei einigen Substituierten die Verbesserung
des Gesundheitsstatus im Mittelpunkt,
während bei anderen die Sicherung
der materiellen Grundversorgung oder der
Aufbau sozialer Netze im Vordergrund stehen
kann.
Dies kann in medizinischer Hinsicht bedeuten,
dass wir in eine Substitution vermitteln.
Da es sich hier nur um wenige Einzelfälle
handelt und wir gute Kontakte zu den substituierenden
Ärzten pflegen, gelingt dies in
der Regel problemlos. Des Weiteren stellen
wir den Kontakt zu dem HIV-Schwerpunkt-
Arzt oder den Ambulanzen her und unterstützen
die Drogengebraucher*innen, die
zum Teil starke Berührungsängste mit Ärzten
dieser Fachrichtung haben, sich in eine
adäquate Behandlung zu begeben. Teilweise
ist es jedoch schwierig, neue Klient*innen in
ein relativ schematisches Korsett zu bringen,
welches für eine HIV Behandlung notwendig
ist (regelmäßige Überwachung der HIV/
AIDS-Parameter, regelmäßige Tabletteneinnahme,
Compliance).
Im Rahmen der PSB ist es für uns wichtig, die
Ressourcen der Begleiteten zu stärken. Durch
die eigene Bewältigung von Problemen und
Aufgaben erfahren sie eine Stärkung ihres
Selbstwertgefühles.
Im Jahr 2019 ging es in der PSB vor allem um
Hilfestellungen im medizinischen und alltäglichen
Bereich, die Vermittlung in eine Schuldnerberatung,
Einrichtung von Pflegediensten
in den Alltag, Unterstützung bei Ämtergängen
und Postverkehr und Vermittlung zu einer
Substitutionsärztin und Hilfestellungen
und Unterstützung bei der Organisation von
Krankenhausaufenthalten.
Insgesamt hatten wir im Berichtsjahr 763
zeitintensive Psychosoziale Begleitungskontakte.
Wir sehen hier steigende Bedarfe der Begleiteten
auch Angebote von Betreutem Wohnen
in Anspruch zu nehmen. Hier wurden wir vermittelnd
tätig.
5.2.3 Niedrigschwellige Arbeit mit illegalisierten
Drogengebraucher*innen
Im Jahr 2019 hat die AIDS-Hilfe Duisburg/
Kreis Wesel in Kooperation mit JES Duisburg
118 Streetworkeinsätze in Duisburg Mitte
im Kantpark geleistet. In Duisburg Hamborn
am Rathaus waren wir 53 Mal unterwegs.
Ziel dieser Einsätze waren die Aufklärung zu
Safer-Use Strategien, klientenzentrierte Beratung
zu Ansteckungswegen bei HIV, Hepatitis
und anderen sexuell übertragbaren
Krankheiten und die Ausgabe von ca. 3584
Spritzen und anderen Safer-Use Materialien.
Eine weitere wichtige Funktion ist dabei die
Alltagsberatung, z.B. Hilfestellungen und Un-
61
terstützung zu Anträgen oder das Verweisen/
Vermitteln an andere Hilfsangebote oder Institutionen.
Genau wie auch im Bereich der
PSB stiegen hier die Anfragen zu Betreutem
Wohnen.
Allerdings ist es durch die schon beschriebene
Vertreibungspolitik immer noch schwierig,
überhaupt Menschen anzutreffen, geschweige
denn mit der nötigen Ruhe Problemstellungen
zu besprechen.
Insgesamt hat die sozialräumliche Arbeit positive
Auswirkungen auf die drogengebrauchenden
Menschen, z.B. stärken Einbeziehung
und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben das
Selbstwertgefühl. Regelmäßige Gespräche
mit Anwohnern und anderen Akteuren fördern
aber ebenso die Akzeptanz gegenüber
Drogengebraucher*innen und wirken Diskriminierung
und Kriminalisierung entgegen.
Beim Streetwork werden Spritzen, Kondome
und Care Sets verteilt. Zudem wurde unbeschichtete
Alufolien zum Rauchen gut angenommen.
Im Sinne des Safer-Use-Gedankens
stellt diese Konsumform eine gute Alternative
zum intravenösen Gebrauch dar und wird von
der Szene gut angenommen.
Ein Teil des Streetworks beinhaltet sekundärpräventive
Arbeit, da auf der Platte auch
einige HIV-Positive Drogengebraucher*Innen
bzw. Subsituierte erreicht werden, die ansonsten
die AIDS-Hilfe selten aufsuchen.
Das Frühstück für Drogengebraucher*innen,
Ehemalige, Substituierte und Freund*innen
fand in der AIDS-Hilfe im Berichtsjahr 2019
regelmäßig am dritten Freitag im Monat statt.
Das Frühstück wird überwiegend von zwei
ehrenamtlichen Mitarbeitern vorbereitet und
mit Lebensmittelspenden vom Verein „Bürger
für Bürger“ unterstützt. Hierfür sagen wir
recht herzlichen Dank.
Das Frühstücksangebot wurde gut angenommen.
Allerdings sind auch hier die Folgen der
Vertreibungspolitik deutlich spürbar, da die
direkte Bewerbung des Frühstücks vor allem
durch den Face-to-face-Kontakt stattfindet.
62
JES Duisburg hatte 2019 insgesamt 34 Gruppentreffen.
Zum Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher*innen
und zum International Overdose
Awareness Day wurden erfolgreiche
gemeinsame Aktionen durchgeführt (siehe
unten). JES Duisburg stand in Verbindung mit
der Selbsthilfe-Kontaktstelle und erhielt die
Selbsthilfe-Förderung nach §20 SGB V von
500 Euro.
5.2.4 „Nationaler Gedenktag für verstorbene
Drogengebraucher*Innen“ am 20.
und 21. Juli
Auf Initiative des Landesverbandes der Eltern
und Angehörigen für humane und akzeptierende
Drogenarbeit NRW e.V. finden seit
1998 jedes Jahr zum Gedenktag für verstorbene
Drogenabhängige Aktionen und besinnliche
Gedenkveranstaltungen satt. In diesem
Zeitraum sind mindestens 46.000 Menschen
an den Folgen von Kriminalisierung, Schwarzmarktsubstanzen,
Überdosierung sowie HIVund
Hepatitis-Infektionen verstorben.
Der Aufbau einer Substitutionsambulanz in
Duisburg wäre eine wichtige Säule, um den
Zugang zur medizinischen Versorgung langfristig
sicherzustellen. Nur so kann die Zahl
der Todesfälle minimiert und das Überleben
von Drogengebraucher*innen sichergestellt
werden können.
In Duisburg sind im vergangenen Jahr zehn
Menschen, die illegale Drogen konsumierten,
verstorben. Dies ist eine erneute Steigerung
zum Vorjahr. Die Dunkelziffer ist jedoch leider
viel höher. Das ist vor allem den gesellschaftlichen
und gesetzlichen Umständen geschuldet.
Es gibt in Duisburg keinen Drogenkonsumraum.
In einem solchem Raum wäre geschützt
unter sicheren Bedingungen der Konsum
möglich. Medizinisch ausgebildetes Personal
kann bei lebensgefährlichen Überdosierungen
Akuthilfe leisten, sterile Spritzen werden zur
Verfügung gestellt und im Verhältnis 1 zu 1
getauscht, es besteht die Möglichkeit in Therapien
oder Entgiftungen zu vermitteln. Auch
die nicht Drogen konsumierende Bevölkerung
wird durch Drogenkonsumräume deutlich
entlastet, da durch diese der Konsum illegaler,
harter Drogen in der Öffentlichkeit, etwa
in Parkanlagen wie dem Kantpark, auf offener
Straße sowie in Verkehrsstationen erheblich
reduziert werden konnte. Das belegen auch
Beispiele aus anderen Städten. Dies führt
wiederum auch dazu, dass dort deutlich weniger
benutztes Spritzbesteck, aufgeschnittene
Blechdosen und weitere Mittel vorzufinden
sind, welche zum Konsum der Drogen außerhalb
von Drogenkonsumräumen trotz damit
verbundener gesundheitlicher Risiken oft verwendet
werden. Somit wird auch die damit
verbundene Verletzungsgefahr deutlich verringert.
Drogenkonsumräume gibt es in zehn
Städten in NRW u. a. in Dortmund, Bochum,
Essen, Wuppertal und sogar in Troisdorf.
Die Substitution mit Methadon oder anderen
Substitutionsmitteln kann helfen, die Drogengebraucher*innen
gesundheitlich und sozial
zu stabilisieren, den Drogenkonsum zu
reduzieren oder sogar ganz aufzugeben. In
Duisburg wird die Substitution durch engagierte
niedergelassene Ärzte gewährleistet
und hier ist auch mit der Wochenendvergabe
die AIDS-Hilfe ein Partner im System. Für die
Zukunft gilt es jedoch, neue substituierende
Ärzt*innen zu finden, da die bisherigen in absehbarer
Zeit aus Altersgründen ihre Tätigkeit
aufgeben werden. Eine zentrale Forderung
von JES und der AIDS-Hilfe Duisburg/
Kreis Wesel e. V. ist die Substitution mit Diamorphin,
welches als Arzneimittel und zur
Substitution zugelassen ist, aber nur in einigen
wenigen Städten verfügbar ist.
Die niedrigschwelligen Angebote in Duisburg
werden von JES Duisburg und der AIDS-Hilfe
aufrechterhalten, hierbei handelt es sich
um das Streetwork und zweimal monatlich
ein Frühstück, am dritten Freitag und letzten
Sonntag im Monat. Durch die Substitution
werden drogengebrauchende Menschen älter
und benötigen spezifische Angebote, da sie in
bestehende Altersheime kaum zu integrieren
sind. Auch hier sind in Duisburg im Gegensatz
zu anderen Städten, keine Angebote in
63
Planung.
Generell liegt in der Illegalität das Hauptproblem
der Drogenkonsumenten. Die überteuerten
Preise auf dem Schwarzmarkt erzeugen
Beschaffungskriminalität und Beschaffungsprostitution.
Dies führt zu Kriminalisierung,
Stigmatisierung, sozialer Ausgrenzung und
massiven Schäden an Körper und Seele. Der
Schwarzmarkt ist auch die Ursache für die
Streckung des Stoffes mit gesundheitsgefährdenden
Beimengungen wie Arsen, Puddingpulver
oder zerstoßenem Glas.
Der bessere Weg wäre es, Energie und finanzielle
Mittel nicht für die Prohibition sondern
für Präventions- und Hilfsangebote für Menschen
zur Verfügung zu stellen, die mit ihrem
Drogenkonsum Probleme haben.
Am 20.07. führten wir eine gemeinsame Aktion
mit JES Duisburg und dem Suchthilfeverbund
Duisburg, zum Gedenktag der verstorbenen
Drogengebraucher*innen, durch.
Es gab einen Infostand in der Innenstadt. Wir
stellten Kreuze und Kerzen für die im Jahr 2019
verstorbenen Drogengebraucher*innen auf.
Es wurden weiße Rosen an die Passantinnen
und Passanten verteilt und gleichzeitig ein
Folder überreicht. In diesem Folder befanden
sich die Presseerklärung der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis
Wesel e. V. und eine Forderung zu
Drogenkonsumräumen vom Bundesverband
der akzeptierenden Eltern und Angehörigen
e.V., vom JES Bundesverband, der DAH und
Akzept e.V.
Durch die gemeinsame Aktion wurden ca.
150 Passanten erreicht und mit ihnen teilweise
intensiv über die aktuelle Situation der
drogengebrauchenden Menschen in Duisburg
diskutiert.
Zudem beteiligten wir uns an der internationalen
Kampagne „Support don`t punish“.
Medial gab es am 21.07. einen Artikel in den
Printmedien.
Zusätzlich zum 20.7. veranstaltete die
AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel e.V. gemeinsam
mit JES Duisburg am 21.7. ein gemeinsames
Gedenken mit Drogengebraucher*Innen,
Substituierten, Ehemaligen
und Solidarischen. Die „Artgenossen“ vom
Lehmbruck-Museum waren auch vor Ort und
spendeten unter anderem Kartoffelsalat und
Winterkleidung. Es wurde gegrillt und sich
ausgetauscht. Es gab die Möglichkeit Erinnerungen
ins Gedenkbuch zu schreiben und
es wurden Holzscheiben gebastelt, auf denen
der Verstorbenen gedacht wurde. Die Veranstaltung
war gut besucht und teilweise sehr
emotional.
Dazu gab es einen Infotisch zu Safer-Use, Materialien
wurden vergeben und Give-aways,
wie z.B. Bauchtaschen, Taschentücher, Zahnbürsten
und Sterilium verteilt. Dies kam in
der Szene gut an.
Mit den gebastelten Baumscheiben, wurde
auch die Gedenkecke der AIDS-Hilfe Duisburg/
Kreis Wesel e.V. neu gestaltet. Diese
wird seitdem genutzt und (leider) vervollständigt.
64
5.2.5.„International Overdose Awareness
Day“
Tag gegen Überdosierung am 31.8
2019 das erste Mal, führten wir auch eine
Veranstaltung zum International Overdose
Awareness Day durch. Dazu besuchten JES
Duisburg und die hauptamtliche Mitarbeiterin
der AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel e.V. das
Substitutionscafe. Es gab selbstgebackenen
Kuchen und andere Leckereien. Dazu veranstalteten
wir eine Informationsveranstaltung
zum Thema Naloxon. Es gab eine Ausstellung
von Infotafeln, internationalen Postern zur
Wirkweise und Verschreibungspraxis und den
Umgang mit dem Notfallmedikament in anderen
Ländern.
Am 31.8. führten wir weiter persönliche Kurzinterventionen
und praktische Anleitungen
zum Thema Naloxon durch. Zudem gab es einen
Informationstisch mit Flyern zum Thema
und es wurde sich rege ausgetauscht.
Zudem gab es eine Kunstausstellung mit
Stencils, bei der die politische Dimension als
Ursache für Überdosierungen angeprangert
wurden. Dazu gehören: Prohibition, Kriminalisierung
und der Mythos einer rauschfreien
Gesellschaft. Zu jeder Rubrik wurden Forderungen
an die Politik verdeutlicht.
65
5.2.6 Teilnahme an Arbeitskreisen
Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e. V.
ist durch die hauptamtliche Mitarbeiterin für
den vorgenannten Bereich in dem Arbeitskreis
Suchtmedizin (Qualitätszirkel der substituierenden
Ärzte), am Landesarbeitskreis „Drogen und
Haft“ und in der PSAG Basisarbeitsgruppe
„Suchtkrankenhilfe“ vertreten.
66
5.2.7 Teilnahme an JES-Mitgliederversammlung
Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. ist
Mitglied im Landesverband JES NRW e.V. Aufgrund
eines Projektantrages von JES NRW
letztes Jahr über die Krankenkassenförderung
konnten der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel
e. V. Care-Packs, Spritzen, Feuerzeuge, Abbinder
und Smoke-it-Sets für das Streetwork zu
Verfügung gestellt werden. Ebenso wie eine
Drop-Flag von JES Duisburg, z.B. zur Nutzung
am Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher*innen.
Von diesen Materialien
konnte auch 2019 profitiert werden.
Zusammen mit JES Duisburg nahm die
hauptamtliche Mitarbeiterin für den Drogenbereich
an der Mitgliederversammlung, an
den JES NRW-Treffen, JES Westschienentreffen
und an Fachtagen u.a. dem Akzept Kongress
teil.
67
5.3 HIV und Strafvollzug
Das Angebot der „Strukturellen HIV- und
STI- Präventionsarbeit im Strafvollzug“ wurde
auch 2019 –wenn auch unter erschwerten
Bedingungen (s.u.)- durch die AIDS-Hilfe
Duisburg / Kreis Wesel e.V. auf der lokalen
und landesweiten Ebene umgesetzt. Auf der
landesweiten Ebene erfolgte die Arbeit ausschließlich
in Vernetzung und Kooperation mit
Institutionen, die im Bereich „HIV und Strafvollzug“
tätig sind (wie z.B. bei dem Landesarbeitskreis
Drogen und Haft der Aidshilfe
NRW e.V.).
Auf der lokalen Ebene wurde mit den vorhandenen
Untersuchungshaftanstalten, dem
offenen Vollzug sowie den Gerichten und
Staatsanwaltschaften der Region kooperiert,
um die Präventionsarbeit für Bedienstete und
Inhaftierte im Bereich Strafvollzug zu platzieren.
Ziel war die Wissensvermittlung von
Übertragungswegen und Schutzmöglichkeiten
im Themenfeld der sexuellen Gesundheit
mit dem Fokus auf sexuell übertragbare Infektionen
(STI´s), vor allem im Hinblick auf
HIV und die Hepatitiden. Weitere Arbeitsschwerpunkte
waren die Begleitung HIV-positiver
Inhaftierter sowie die Durchführung
regelmäßiger Gruppenangebote für inhaftierte
Frauen sowie Männer zum Thema „Gesundheit
in Haft“.
68
5.3.1 Einführung
Tendenziell kann in den letzten Jahren eine
Veränderung der Zielgruppe „Menschen in
Haft“ beobachtet werden. Zum einen nimmt
die Anzahl der Insassen, die eine
psychische Störung aufweisen, zu (hier stellt
sich die Frage, ob eine Hafttauglichkeit immer
gegeben ist) und zum anderen sind immer
weniger Inhaftierte der deutschen Sprache
mächtig. Diese Veränderungen müssen daher
auch zu einer Anpassung unserer Arbeit im
Strafvollzug führen. Neben dem Angebot der
Gruppenarbeit ist daher vermehrt auf die visuelle
Präventionsarbeit zu setzen sowie dem
Auslegen der Informationsmaterialien in anderen
Sprachen. Hier zeigt sich in der Praxis
deutlich, dass die Informationsvermittlung in
Flyern und Plakaten kurz und prägnant erfolgen
muss und viele Bilder enthalten muss,
um eine visuelle Untermalung des Geschriebenen
zu gewährleisten.
Aufgrund der Defizite, die die Inhaftierten
vorweisen (niedrige Intelligenz, geringe Regelakzeptanz,
geringe soziale Kompetenz,
Drogenabusus, geringes Selbstbewusstsein,
Impulsivität) müssen die Angebote der
AIDS-Hilfe, die sich im Rahmen der strukturellen
Prävention für eine autarke und akzeptierende
Arbeit mit den Menschen einsetzt,
den Gegebenheiten angepasst umgesetzt
werden.
Um die Infektionsketten effektiv zu unterbinden
sind daher „Basics“ notwendig, die
den inhaftierten Menschen vermittelt werden
müssen. Neben Körperhygiene und sozialer
Kompetenz (von sozialer Kompetenz gibt
es mehrere Definitionen; nach Hirsch und
Pfingster ist soziale Kompetenz ein Gleichgewicht
zwischen den eigenen Bedürfnissen und
den Anforderungen von der sozialen Umwelt)
sind dies vor allem die Stärkung des Selbstbewusstseins
und die Verbesserung der Kommunikation.
Wenn diese „Basics“ vermittelt
werden konnten, kann die „eigentliche“ Präventionsarbeit
umgesetzt werden.
Daher hat sich das Angebot der AIDS-Hilfe
Duisburg/Kreis Wesel e.V. in den letzten
Jahren verändert, welches sich im folgenden
Jahresbericht auch niederschlägt.
Die Präventionsarbeit der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis
Wesel e.V. im Sektor Strafvollzug
wurde erfreulicherweise weiterhin über das
Justizministerium NRW zum Teil refinanziert.
Wir sehen dies als ein Zeichen, dass unser
Ansatz über die Region Duisburg hinaus anerkannt
und gewürdigt wird.
- Einzelberatung von Inhaftierten
- Mitarbeiterschulungen
- Regelmäßige Gruppenveranstaltungen
5.3.2 Überregionale Aktivitäten
Teilnahme an Arbeitskreisen
Die AIDS-Hilfe hat regelmäßig an dem Landesarbeitskreis
„Drogen und Haft“ der Aidshilfe
NRW e.V. teilgenommen. Durch den regelmäßig
stattfindenden fachlichen Austausch
wurde die Arbeit kontinuierlich modifiziert,
einheitliche Standards erarbeitet und somit
die lokale Arbeit weiter professionalisiert.
5.3.3 Lokale Arbeit des Projektes ,HIV
und Strafvollzug’
Der Arbeitsbereich „Gesundheitsförderung
für Menschen in Haft“ bedient die Untersuchungshaftanstalt
Duisburg-Hamborn sowie
deren Zweiganstalt in Dinslaken.
Inhaltliche Schwerpunkte der Arbeit sind:
- Primär- und Sekundärprävention zum
Themenfeld HIV/AIDS, Hepatitiden
sowie anderen sexuell übertragbaren
Krankheiten
- Begleitung und Interessensvertretung
HIV-positiver Inhaftierter
Im Berichtsjahr gab es erneut strukturelle
Hindernisse in den Haftanstalten, die die gewohnte
Umsetzung der Angebote sehr behinderte.
Mit dem Wechsel der Anstaltsleitung
und der damit verbundenen neuen Strukturierung
der fachlichen Zuständigkeiten – auch
für die externen Angebote- deutete sich zum
Jahresende eine erhebliche Verbesserung an,
die für das kommende Jahr Hoffnung macht,
denn die primär- und sekundärpräventive Arbeit
wird nach wie vor als sehr wichtig eingeschätzt
– inzwischen auch wieder von den
Entscheidungsträgern der JVA.
5.3.4 Gesundheitliche Belastungen von
Inhaftierten
Die Hauptinfektionswege von HIV und Hepatitiden
sind das gemeinsame Benutzen gebrauchter
Spritzutensilien beim intravenösen
Drogenkonsum (IVDU), sexuelle Kontakte
und Tätowieren / Piercen. Daher hat die Präventionsarbeit
der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis
Wesel e.V. eine starke Fokussierung auf diese
Übertragungswege.
Hier ein Umriss der Risikosituationen anhand
statistischer Forschungsergebnisse:
Drogenkonsum
Intravenöser Drogenkonsum ist bei inhaftierten
Drogenabhängigen zwar weniger verbreitet
als außerhalb, aber die Inhaftierten, die ih-
69
ren Konsum in Haft fortsetzen, tun dies unter
hoch riskanten Bedingungen und in der Regel
in Form eines gemeinsamen Gebrauches von
Spritzen, Nadeln und anderen Spritzutensilien.
Wedershoven (s. Wedershoven C. Katamnese
der HIV-Infektion bei drogenabhängigen
und nicht-drogenabhängigen Inhaftierten im
Vergleich im Justizvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen.
1998) bestätigt, dass unsterile
Spritzutensilien die Hauptinfektionsquelle
der von ihr untersuchten Gefangenen
darstellt. Knapp fand, dass bei den von ihm
befragten Inhaftierten positiven Strafgefangenen
bis zu neun Personen eine Spritze zusammen
benutzten (s. Knapp R., AIDS im
Strafvollzug. Zur Situation HIV-Infizierter
und AIDS-Kranker Strafgefangener unter besonderer
Berücksichtigung der Problematik
intramuralen Drogenkonsums: Ergebnisse
einer empirischen Erhebung und rechtliche
Konsequenzen. Bonn (Unveröff. Diss. 1996).
Sexuelle Beziehungen
Sexualität ist in den Haftanstalten genauso
präsent wie der illegale Drogenkonsum. Die
Thematisierung von gleichgeschlechtlicher
Sexualität ist jedoch so gut wie unmöglich.
Wenige Haftanstalten gestatten Langzeitinhaftierten
heterosexuelle Kontakte im Rahmen
der Besuchszeit von (Ehe-) Partner*innen
(z.B. JVA Werl, JVA für Frauen Vechta)
oder bei Haftlockerungen der Inhaftierten sexuelle
Kontakte im Rahmen des Urlaubes.
Es scheint jedoch, dass das „Verbot“ der Ausübung
von Sexualität als Teil der Strafe angesehen
wird. Dies wird nicht zuletzt von den
Inhaftierten selbst so gesehen. Der Drang
nach sexuellen Handlungen führt zu einer Abspaltung
der Sexualität von der allgemeinen
sozialen Haltung der Inhaftierten. Es werden
gleichgeschlechtliche Handlungen praktiziert,
die konträr zur Haltung und allgemeinen
Aussage der Inhaftierten stehen. Durch diese
abgetrennte, nicht akzeptierte Sexualität
wird teilweise bzw. vollständig auf Kondomgebrauch
verzichtet. Die Prävention steht
hier vor einem Dilemma. Der Thematisierung
von gleichgeschlechtlicher Sexualität in Präventionsveranstaltungen
wird mit Ablehnung
begegnet. Um Inhaftierten die Möglichkeit eines
Beratungsgespräches zu ermöglichen, wo
Fragen zu Übertragungswegen vertrauensvoll
beantwortet werden, bietet die AIDS-Hilfe
daher seit 2007 eine Hepatitis- / HIV-Sprechstunde
in den Haftanstalten Hamborn und
Dinslaken an.
Tätowieren / Piercen
Tätowieren und Piercen ist wie das Benutzen
unsteriler Injektionsnadeln eine Übertragungsmöglichkeit
von Hepatitis C und, in
geringerem Ausmaß, von HIV. Leider wurden
bis dato keine Studien in Haftanstalten
durchgeführt, um hier eine Aussage in Richtung
Risiko, Gebrauch und Infektionszahlen
von Inhaftierten über Tätowieren und Piercen
zu treffen.
Die AIDS-Hilfe thematisiert diese gesundheitsgefährdenden
Verhaltensweisen bei ihrer
Präventionsarbeit und bietet den Rahmenbedingungen
entsprechende Lösungsansätze
an.
5.3.5 Primär- und Sekundärprävention
Der hauptamtliche Mitarbeiter hat regelmäßig
Informationsveranstaltungen in den Justizvollzugsanstalten
durchgeführt. Neben den
Übertragungswegen von HIV und Hepatitiden
wurden die Behandlungsmöglichkeiten und
mögliche Schutzmaßnahmen angesprochen
70
(Desinfektion von gebrauchten Spritzen, Förderung
des „Blutbewusstseins“, Vorgehen
bei Nadelstichverletzungen und Safer Sex -
Praktiken bei Männern, die Sex mit Männern
haben sowie Frauen, die Sex mit Frauen haben).
Am Sommerfest in der Untersuchungshaftanstalt
für Frauen in Dinslaken war die AIDS-Hilfe
mit einem Informationsstand vertreten.
Frauen konnten ein Pflegeprodukt gewinnen,
wenn sie anhand von Piktogrammen ein
HIV- und HCV-Risiko kategorisieren konnten.
Darüber entstanden wiederum beratenden
Gesprächsgelegenheiten, die von den Inhaftierten
gut angenommen wurden.
98 Frauen konnten so erreicht werden.
5.3.7 Resümee
Aufgrund von strukturellen Problemlagen
(insbesondere Personalmangel und unklare
Zuständigkeiten) konnte im letzten Jahr
nicht durchgängig das Gruppenangebot der
AIDS-Hilfe im Strafvollzug angeboten werden.
Nach einem Treffen im Strafvollzug wurden
die Problematik angesprochen und eine
Optimierung der Abläufe verabredet (s.o.).
5.3.6 Begleitung
Der Arbeitsbereich „Strukturelle HIV- und
STI- Präventionsarbeit im Strafvollzug“ bietet
den inhaftierten Frauen und Männern
die Möglichkeit, regelmäßig (in der Regel
alle zwei Wochen) mit einem Mitarbeiter der
AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. zu sprechen.
Hier werden folgende Aspekte erörtert:
Bedarf des Inhaftierten, Stadium der HIV-Infektion,
medizinische Behandlung sowie die
Angebote der AIDS-Hilfe (z.B. Knastpakete,
Therapievermittlung, Resozialisierung nach
der Haftentlassung etc.).
Außenansicht des erstellten Flyers
Innenansicht des erstellten Flyers
71
5.4. Frauen und HIV und Aids-Prävention
bei Frauen in besonderen Lebenslagen
Im Berichtsjahr 2019 konnte die Arbeit
im Bereich Frauen und HIV/Aids sowie für
Frauen in STI relevanten Lebenslagen mit
Hilfe der Bereitstellung der Fördermittel
für die zielgruppenspezifische Prävention
des Landes NRW umgesetzt werden. Sie
ist seit vielen Jahren fester Bestandteil
unserer Angebote.
Dies gilt insbesondere für den Bereich der
Beratung und psychosozialen Begleitung
von Frauen mit HIV und Aids aus unserer
Region Duisburg / Kreis Wesel mit ca.1
Mio. Einwohnern.
Die angestrebten Projektziele konnten
aufgrund einer kontinuierlichen Besetzung
dieses Arbeitsbereiches durch eine
hauptamtliche Mitarbeiterin erreicht und
in dem Maße umgesetzt werden, wie diese
geplant wurden.
Die Projektinhalte umfassen insbesondere
Beratung/ Begleitung von Frauen mit
HIV/ Aids, die Gestaltung bedarfsgerechter
Versorgungsstrukturen, den Abbau
von gesellschaftlichen Diskriminierungen
und die Primärprävention bei spezifischen
Zielgruppen innerhalb des Frauenbereiches.
Im Berichtsjahr 2019 konnten durch die
Projektnehmerin insgesamt 217 persönliche,
171 telefonische und 515 zeitintensive
Beratungs- und Begleitungskontakte
(PSB) verzeichnet werden. Innerhalb der
bundesweiten anonymen Telefonberatung
waren es 155 Beratungskontakte.
Die insgesamt 1.058 Beratungs- und Begleitungskontakte
verteilen sich wie folgt:
686 Frauen,
372 Männer
keine transidentische Person.
Hiervon hatten 560 einen Migrationshintergrund.
Im Bereich der zielgruppenspezifischen
Prävention – Frauen und Prostitutionwurden
im Berichtsjahr insgesamt 493
Sexarbeiterinnen durch Streetwork und
Aktionen in den Laufhäusern der Vulkanstraße
und auf dem Straßenstrich erreicht.
Diese Zahlen verdeutlichen, dass die
Besetzung der für unsere Region einzigen
auf HIV spezialisierten strukturellen
Präventionsstelle mit einer qualifizierten
hauptamtlichen Projektnehmerin unerlässlich
ist.
Im Jahr 2019 wurde insbesondere deutlich,
dass für eine erfolgreiche Arbeit auf
den unterschiedlichen Ebenen die Vernetzung
ein wesentlicher Bestandteil ist. Vernetzungen
fanden auf der überregionalen
Ebene mit den benachbarten AIDS-Hilfen
Dortmund, Essen, Oberhausen, Bochum,
Düsseldorf und Unna sowie auf landesweiter
Ebene innerhalb der Landesarbeitsgemeinschaft
„Frauen und HIV/Aids
in NRW“ und auf lokaler Ebene insbesondere
mit dem ÖGD Duisburg statt.
So konnten vorhandene personelle Ressourcen
gebündelt werden, was eine effiziente
Planung und Durchführung der
Projekte gewährleistete. Darüber hinaus
ist der fachliche Austausch auf der kollegialen
- ebenso wie die auf der Selbsthilfeebene
- unverzichtbar, um das Projekt
adäquat weiterzuentwickeln.
Das Projekt XXelle in Duisburg und dem
Kreis Wesel wurde auf drei verschiedenen
Ebenen umgesetzt, der landesweiten,
ruhrgebietsweiten und der kommunalen
Ebene.
Projektziele
Auf der landesweiten Ebene bestanden
die Ziele 2019 darin, durch die regelmäßige
Teilnahme an der Landesarbeitsgemeinschaft
„Frauen und HIV /
Aids in NRW“ den fachlichen Austausch
fortzuführen und die Marke XXelle weiter
politisch zu positionieren. Durch die
72
inhaltliche Auseinandersetzung mit den
Fachfrauen auf der Landesebene entwickeln
sich neue Projektideen, die sich auf
der lokalen und regionalen Ebene umsetzen
lassen. So konnten gemeinsame Veranstaltungen
geplant und durchgeführt
werden. Die kontinuierliche Beteiligung
der Projektnehmerin an der Arbeitsgemeinschaft
Öffentlichkeitsarbeit der LAG
„Frauen und HIV / Aids in NRW“ konnte
auch im Jahr 2019 sichergestellt werden.
Auf der ruhrgebietsweiten Ebene wurde
die sehr gute Zusammenarbeit der
Ruhrgebiets-Aidshilfen Dortmund, Bochum,
Essen, Düsseldorf, Oberhausen
und Duisburg / Kreis Wesel weiter fortgeführt.
Durch die vorhandenen Vernetzungsstrukturen
konnten im Jahr 2019 gemeinsame
Aktionen geplant und durchgeführt
werden. Hierbei handelte es sich sowohl
um Angebote für Klientinnen als auch
um öffentlichkeitswirksame Aktionen. Es
fanden regelmäßige Arbeitstreffen statt.
Darüber hinaus erfolgten weitere Vernetzungstreffen
des Runden Tisches Ruhrgebiet,
an dem alle Ruhrgebiets –Aidshilfen
und andere Träger mit XXelle-Standorten
teilnehmen.
Ebenso fanden in regelmäßigem Turnus
„XXelle - Runder – Tisch“ – Arbeitstreffen der
beteiligten Fachfrauen im Ruhrgebiet statt, in
denen unter anderem die Planung und Durchführung
öffentlichkeitswirksamer Aktionen
erfolgte.
Im Jahr 2019 konnte innerhalb dieser XXelle
Ruhrgebietsvernetzung ein Frauenvernetzungstreffen
für HIV Positive und ihre Kinder
realisiert werden. In Zusammenarbeit mit
den AIDS-Hilfen Essen, Bochum, Düsseldorf,
Dortmund, und Duisburg / Kreis Wesel wurde
dieses Angebot in der AIDS-Hilfe Essen umgesetzt.
Eine Kunsttherapeutin hat in 2 Workshops HIV
ART- Psychische und psychosoziale Verarbeitung
von HIV durch künstlerisches Gestalten
im Rahmen von Kunsttherapie, angeboten.
Ein weiters Angebot war die Klangschalen
Meditation, das ebenfalls sehr gern von den
8 Teilnehmerinnen genutzt wurde.
Diese Veranstaltung hat wieder gezeigt, wie
effektiv die Vernetzung von XXelle Ruhrgebiet
ist. Durch die Bündelung von personellen und
finanziellen Ressourcen konnte dieses Projekt
umgesetzt werden.
5.5. Frauen und HIV / Aids / Migration
Eine besonders wichtige Zielgruppe innerhalb
der frauenspezifischen Arbeit
sind Migrantinnen. Hierbei handelt es sich
um eine sehr heterogene Personengruppe.
Unterschiedliche Formen der bereits
erfolgten Integration in Bezug auf sprachliche,
kulturelle oder soziale Integration
spiegeln sich hier wieder.
Die Zielgruppe Migrantinnen - Frauen
mit Kindern und HIV/Aids - wurden
ebenfalls durch verschiedene ruhrgebietsweite
Veranstaltungen erreicht.
Insgesamt nahmen 39 Teilnehmer*innen
– davon waren 20 Migrant*innen,
11 Mütter, 4 Väter, 24 Kinder, 1 ehrenamtliche
Mitarbeiterin und 2 Mitarbeiterinnen
der Beratungsstellen - an
einem Familienausflug zum Ketteler-
Hof, teil.
Die Erfahrung der letzten Jahre hat
gezeigt, dass gerade alleinerziehende
Frauen und ihre Kinder mit HIV/Aids
dieses Angebot sehr gerne nutzen.
Oftmals verfügen diese Familien über
keinerlei finanzielle Ressourcen zur Realisierung
von Freizeitaktivitäten. Des
Weiteren ist dieses Angebot ein kreativer
Beitrag, der sozialen Isolation
entgegen zu wirken und positive Begegnungen
zu fördern und somit eine
willkommene Abwechslung zum regulären
Alltag. Hier wurden Kontakte und
Freundschaften zu anderen HIV- positiven
Frauen, Kindern und ihren Fami-
73
74
lien hergestellt.
Auf der lokalen Ebene erwies sich die Zusammenarbeit
mit dem Duisburger Frauennetzwerk
auch im Jahr 2019 als sehr erfreulich
und konstruktiv. Die Projektnehmerin
nahm an regelmäßigen Treffen - RTG (Runder
Tisch Gewaltenschutz) - teil. Insbesondere
bei thematisch relevanten Netzwerktreffen,
zur Umsetzung des ProstSchG, in Duisburg.
Am Internationalen Frauentag (IFT), hat die
Projektnehmerin zu einem Brunch eingeladen.
Insgesamt nahmen 4 Frauen an dieser
Veranstaltung teil.
Der Arbeitsbereich Frauen und Migration
war im Berichtsjahr gekennzeichnet durch
zeitintensive Beratungs- und Begleitungsarbeit.
Frauen und Kinder mit HIV/ Aids, die
seit mehr als 10 Jahren hier mit ihrer Familie
leben und wegen der fehlenden oder nicht
optimalen strukturellen HIV Behandlung in
ihren Herkunftsländern bislang ein Abschiebungshindernis
hatten, müssen das, mit aktuellen
Daten der HIV Versorgung aus dem
Herkunftsland, belegen. Durch professionelle
Unterstützung einer Rechtsanwaltkanzlei, die
das Mandat für eine Klage am Verwaltungsgericht
übernommen hat, konnte das Abschiebeverfahren
erstmal verhindert werden.
Im Jahr 2019 konnte durch die Projektnehmerin
in Duisburg und den Kreis Wesel die
Beratung / Begleitung von Frauen mit Migration
und HIV / Aids sichergestellt werden.
Die zielgruppenspezifische Prävention auf
dem Duisburger Straßenstrich konnte im Berichtsjahr
2019 -in Kooperation mit einer Kollegin
des Gesundheitsamtes der Stadt Duisburg
und einer Sprachmittlerin- regelmäßig
im 14-tägigen Rhythmus erfolgen.
Hier ist es wichtig, Sexarbeiterinnen die Möglichkeit
für individuelle Fragestellungen zu
geben. Thematisch geht es vor allem darum,
sich über sexuell übertragbare Krankheiten
zu informieren, Test- und Untersuchungsangebote
anzubieten. Gerade bei Drogengebrauchenden
Frauen, die der Beschaffungsprostitution
nachgehen, sind aufgrund der
HIV-Relevanz in dieser Population, Beratungs-
und Testangebote von großer Bedeutung.
In abendlichen Gesprächen während
der aufsuchenden Arbeit wird auf die verschiedenen
Möglichkeiten der Substitution
und entsprechende Beratungsangebote der
AIDS- Hilfe Duisburg/Kreis Wesel hingewiesen.
Ein mehrsprachiger Flyer, den wir insbesondere
neuen Frauen auf dem Straßenstrich
anbieten, weist auf HIV-Testmöglichkeiten,
STI-Untersuchungsangebote im Gesundheitsamt
hin. Gelegentlich werden auch konkrete
Termine vereinbart, die jedoch nicht immer
eingehalten werden.
Des Weiteren wurden insbesondere Flyer,
in verschiedenen Sprachen zur Anmeldeund
Beratungspflicht nach dem ProstSchG,
an Sexarbeiterinnen verteilt. Im Jahr 2019
konnten insgesamt 493 Sexarbeiterinnen erreicht
werden. Auf dem Straßenstrich in Duisburg
sind ca. 90% der Frauen Migrantinnen,
vor allem aus Osteuropa. Viele besitzen keine
Krankenversicherung und verfügen – wenn
überhaupt - nur über geringe Deutschkenntnisse.
Hier ist Sensibilität und Empathie in Bezug
auf unterschiedliche Kulturen und der allgemeinen
Lebenssituation der Frauen gefragt.
Sexarbeiterinnen sind eine multinationale,
heterogene und gesundheitlich gefährdete
Gruppe, die oft nur einen eingeschränkten
Zugang zum Gesundheitssystem haben. Die
STI-Prävention stößt somit an Grenzen, die
durch z.B. Lebensbedingungen, soziale und
wirtschaftliche Zwänge, Armut, Unwissenheit
über STI und Verhütungsmethoden gesetzt
werden.
Darüber hinaus gibt es wie bei vielen Menschen
eine Tendenz, medizinische Hilfe nur
bei akuten Beschwerden in Anspruch zu nehmen.
Ein kontinuierliches Beratungs- und
Untersuchungsangebot sollte auch aus diesem
Grund eine Grundvoraussetzung für die
STI-Prävention bei Sexarbeiterinnen sein.
Die regelmäßige aufsuchende Arbeit ermöglicht
einen langfristigen Beziehungsaufbau zu
den einzelnen Sexarbeiterinnen. Darüber hinaus
gewährleistet die Kontinuität, dass die
Projektarbeit den sich ändernden Verhältnissen
der Arbeit vor Ort angepasst wird. Hierbei
steht vor allem die Verbesserung der Arbeitssituation
der Frauen im Fokus. Beratungsund
medizinische Angebote werden durch
niedrigschwellige, arbeitsplatznahe und auf-
suchende Arbeit angeboten.
In der Adventszeit wurde in Kooperation mit
dem ÖGD Duisburg -wie jedes Jahr - eine
Weihnachtsaktion in den Bordellen/ Laufhäusern
und auf dem Straßenstrich in Duisburg
durchgeführt. Mit tatkräftiger Unterstützung
einer Sprachmittlerin, konnte die Projektnehmerin
in nächtlichen Aktionen insgesamt 182
Sexarbeiterinnen, mit Weihnachtsgeschenken
und Testangeboten zur Untersuchung
von STI´s, erreichen.
Die strukturelle HIV- und STI- Prävention für
Sexarbeiterinnen ist somit weiterhin unbedingt
erforderlich.
Welt-AIDS-Tag 2019 konnte auch das mit
dem XXelle-Standort Duisburg / Kreis Wesel
verbundene frauenspezifische Angebot und
die feste Ansprechpartnerin wieder öffentlichkeitswirksam
präsentiert werden.
Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit konnten
die Angebote auf den Internetportalen:
www.xxelle.nrw.de, www.xxelle.ruhrgebiet
und aufgrund einer kontinuierlichen Aktualisierung
der Termine auf unserer Homepage,
www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de ,
Frauen zugänglich gemacht werden.
Projektkritik
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass
die frauenspezifische Arbeit von XXelle Duisburg/
Kreis Wesel wieder kontinuierlich und
erfolgreich umgesetzt werden konnte. Besonders
hervorzuheben ist die Erhaltung der bestehenden
Vernetzungsstrukturen von XXelle
Ruhrgebiet und die Präsentation in der (Fach-
) Öffentlichkeit.
Mit Hilfe der personellen Ressourcen konnte
die Beratung und Begleitung von Frauen mit
HIV/ Aids sichergestellt und umgesetzt werden.
Aufgrund der komplexen Problemlagen
und sehr heterogenen Ausgangslagen der betroffenen
Frauen beansprucht die Beratungsund
Begleitungsarbeit die größten Zeitkapazitäten.
Dementsprechend sehen und setzen
wir hier auch die Priorität.
Nach Einführung der gesetzlichen Verpflichtungen
durch das ProstSchG, ist ein verstärkter
Rückzug von Sexarbeiterinnen sowohl auf
dem Straßenstrich und insbesondere in den
Laufhäusern der Vulkanstraße zu beobachten.
Der Standort XXelle Duisburg/ Kreis Wesel ist
ein wichtiger Teil der Ruhrgebietsvernetzung
und mittlerweile fester Bestandteil der Angebote
für Frauen mit HIV/Aids der AIDS-Hilfe
Duisburg/ Kreis Wesel e.V.
Auf der lokalen, regionalen und landesweiten
Ebene hat sich das etablierte Netzwerk hier
äußerst bewährt und hervorragende kollegiale
Unterstützung geleistet.
In einer Reihe von Veranstaltungen zum
75
5.6 Youthwork / Prävention in
der Allgemeinbevölkerung
Seit 1989 ist „Youthwork“ (HIV-/AIDS-Prävention
in sexualpädagogischem Kontext)
ein fester und wichtiger Bestandteil der Angebotspalette
der AIDS-Hilfe Duisburg /
Kreis Wesel e.V. Auch wenn das alte richtliniengestützte
Förderprogramm (1988 vom
damaligen MAGS NRW eingeführt, s. www.
youthwork-nrw.de ) im Zuge des Kommunalisierungsprozesses
seit 2009 grundsätzlich
nicht mehr landesgesteuert ist, so ist aufgrund
der unzweifelhaften Sinnhaftigkeit nicht
nur die Landesförderung erhalten geblieben,
sondern auch die kommunalen Ergänzungsfinanzierungen
(wenn auch gedeckelt und
nicht mehr auskömmlich, s.o.) – zumal auch
die „Sexualpädagogisch orientierte HIV-Primärprävention
für Kinder und Jugendliche in
Schulen und im außerschulischen Bereich“ zu
den kommunalen Pflichtaufgaben nach Öffentlichem
Gesundheitsdienstgesetz, ÖGDG §
12 (1) und dem Infektionsschutzgesetz, IfSG
§ 16, zählen.
Mit Hilfe einer zusätzlichen Förderung durch
das damalige MGEPA NRW konnte seit 2014
eine Relaunch der Marke „Youthwork“ entwickelt
werden, die seit 2016 online ist und
stetig weiterentwickelt wird. Das Motto „dein
leben. deine lust“ macht seither noch deutlicher,
um wen und was es bei „Youthwork“
geht - um junge und jugendliche Menschen
und ihre Lebenssituation. Die neuen Medien
bieten im Corporate Design neue Informations-
und Aktionsmöglichkeiten unter dem
bewährten Ansatz (s. www.youthwork-nrw.
de ). Im Berichtsjahr konnte ein weiterer
Meilenstein gesetzt werden, durch die Implementierung
einer Projektleiterstelle zur
Weiterentwicklung der „Perspektiven der Sexualpädagogik
mit dem Schwerpunkt HIV/
STI-Prävention in Nordrhein-Westfalen“. Diese
halbe Vollzeitstelle konnte nach einem
aufwendigen Prozess unter Beteiligung aller
relevanten Akteur*innen und Gremien der
kommunalen und Wohlfahrtsverbände eingerichtet
werden. Der Kollege, Lenny Streit,
ist seit dem 01.10.2019 aktiv und organisatorisch
in die Geschäftsstelle der AG Aidsprävention
in Köln eingebunden. Damit ist
ein großer Wunsch der Youthworker*innen in
NRW in Erfüllung gegangen und viel Engagement
–nicht zuletzt von unserem Youthworker,
Dietmar Heyde- belohnt worden.
Inhaltlich fußt die modernisierte
Youthwork-Kampagne ganz wesentlich auf
dem Landeskonzept „Weiterentwicklung der
HIV/AIDS-Prävention in Nordrhein-Westfalen.
Schwerpunkt Neuinfektionen minimieren“
(Juli 2013), welches den spezifischen
Arbeitsansatz auch sehr eindeutig untermauert:
„Jugendliche gehören bislang nicht zu den
besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen.
Da sie am Anfang ihrer sexuellen Aktivität
stehen, sind sie jedoch eine wichtige Zielgruppe
für die Primärprävention. Jugendliche
stehen vor der Herausforderung, zu Beginn
ihrer partnerschaftlich ausgerichteten Sexualität
sich sowohl mit Fragen der Verhütung
und des Schutzes vor sexuell übertragbaren
Infektionen als auch mit physischen und psychischen
Veränderungen auseinanderzusetzen.
Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt,
dass personalkommunikative Ansätze
in der Sexualaufklärung und Prävention diese
Lernprozesse besonders fördern und unterstützen.
Sie müssen jedoch frühzeitig einsetzen,
kontinuierlich weitergeführt werden und
sich an dem jeweiligen Entwicklungsstand,
der sexuellen Orientierung und den sozialen,
kulturellen und ethischen Hintergründen der
Jugendlichen ausrichten. (…)
Da andere sexuell übertragbare Infektionen,
insbesondere HPV, Syphilis, Tripper
und Chlamydien auch Jugendliche betreffen
und sich damit das Risiko einer HIV-Infektion
erhöht, müssen die Inhalte der HIV/
AIDS-Prävention und Sexualaufklärung mit
76
den Informationen zur Verhinderung der o.g.
Infektionen verknüpft werden. (…)
Die Angebote der Schule und der außerschulischen
Jugendarbeit werden durch HIV- und
STI-Präventionsmaßnahmen der AIDS-, Sexual-
und Jugendberatungsstellen unterstützt
und ergänzt. Notwendig sind kontinuierliche
und strukturierte Kooperationen und gemeinsame
Projekte zwischen AIDS-/STI- und Sexualberatungsstellen,
Jugendhilfe, Suchthilfe,
Schulen und anderen Bildungseinrichtungen
in öffentlicher und freier Trägerschaft.“
(Landeskonzept „Weiterentwicklung der HIV/
AIDS-Prävention in NRW“ vom Juli 2013; S. 21 f).
einzigen spezialisierten Anbieter. Daher sind
wir froh, wenn wir die Nachfragen zumindest
überwiegend bedienen können. Wir agieren
häufig in Kooperation mit Partnern von sexualpädagogischen
Angeboten, wie der pro familia
in Duisburg und der AWO im Kreis Wesel,
um Synergien erzielen zu können.
bietet HIV-/AIDSund
STI-Prävention in sexualpädagogischen Kontext
in verschiedenen Formen und im Kern für die
Zielgruppe jugendlicher Menschen sowie natürlich
für An- und Zugehörige sowie Fachkräfte in der
Jugendarbeit:
• Beratung (persönlich, telefonisch, online)
• Präventionsprojekte und -veranstaltungen
(im schulischen und außerschulischen Bereich)
• Aus-, Fort- und Weiterbildung für Multiplikator*innen
• Beratung von Fachkräften in sozialen, pädagogischen,
medizinischen Arbeitsfeldern
• Öffentlichkeitsarbeit
• Lokale, regionale und überregionale Kooperation,
Koordination, Vernetzung.
Diese wichtigen Aufgaben wurden in unserer
Region auch im Berichtsjahr 2019 ausschließlich
von den Youthworker*innen (leider haben
wir nur eine geförderte Stelle für ein sehr
großes Zuständigkeitsgebiet!) der AIDS-Hilfe
Duisburg / Kreis Wesel wahrgenommen,
nachdem sich der Kreis Wesel per Kreistagsbeschluss
seit April 2016 komplett aus diesem
Aufgabenfeld herausgezogen hat. In Duisburg
hat das Gesundheitsamt in den letzten
Jahren ebenfalls kein eigenes Angebot mehr
vorgehalten.
Seit einigen Jahren sind wir also auch hier die
Jugendliche sind per se eine besondere Zielgruppe
für den Auftrag der HIV- / STI-Prävention,
jedoch differenziert das besagte Landeskonzept
hier noch speziell: „Besonders zu
berücksichtigen sind männliche Jugendliche
im „coming out“, Jugendliche, die Drogen
konsumieren, und Jugendliche in schwierigen
sozialen Verhältnissen, da das Infektionsrisiko
in diesen Gruppen erhöht ist. Sie benötigen
einen niedrigschwelligen Zugang zu den
vorhandenen Angeboten der Information, Beratung
und Untersuchung“ (ebd., S. 22).
Der Landes-Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention
unter Federführung des Referates
„Prävention, Sucht und HIV/AIDS“ als Gruppe
C in der Abteilung IV des Ministeriums für
Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS NRW)
(s. www.aids-nrw.de) gebührt ein großes
Kompliment für die Analyse und die daraus
resultierenden Handlungsempfehlungen. Diese
sind nach wie vor auf der Höhe der Zeit.
Und - aufmerksame Leser*innen unserer
Jahresberichte haben es längst bemerkt – sie
bestätigen unsere regionale Youthwork-Arbeit
und ihre Ansätze in eindrucksvoller Weise.
Zielgruppenspezifische Prävention ist unser
Geschäft!
77
Die Zielgruppenanalyse erklärt eben auch
die besondere Eignung des Youthwork-Angebotes
einer AIDS-Hilfe, die seit mehr als 30
Jahren Erfahrung in der strukturellen und vor
allem zielgruppenspezifischen Präventionsarbeit
besitzt. Darüber bringen wir spezifische
Kenntnisse und Feldkompetenzen in den Themenfeldern
der sexuellen Gesundheit, sexueller
Vielfalt, Drogengebrauch und diversen
Formen sozialer Benachteiligung bis hin zu
Stigmatisierungsproblematiken mit und können
jeweils flexibel auf Bedarfe in Gruppen
oder auf Einzelpersonen reagieren. Wie bei
allen Adressaten, so gilt auch - und vielleicht
besonders - für Jugendliche der didaktische
Grundsatz, dass (Präventions-) Angebote an
der jeweiligen Lebenswelt (akzeptierend) orientiert
werden sollten. „Die Berücksichtigung
von sozialen, ethnischen, kulturellen und geschlechtsspezifischen
Besonderheiten ist Voraussetzung,
um Jugendliche emotional und
kognitiv zu erreichen“ (Landeskonzept, a.a.O., S.
37). Darüber hinaus können Themen durchaus
auch in Präventionsveranstaltungen in
heterogenen Gruppen (wie Schulklassen) integriert
oder exponiert platziert werden. Die
Bedarfe werden jeweils in Planungsgesprächen
erhoben.
„Youthwork“ will „Appetit“ und / oder
„Heiß-Hunger“ machen auf präventive Kommunikation
über Liebe, Sexualität & Partnerschaft
– inklusive deren potentielle Risiken
und Nebenwirkungen. „Youthwork“ zielt auf
sexuelle Gesundheit und auf die Befähigung,
ein Schutzbedürfnis kommunizieren und
durchsetzen zu können.
Prävention im Kontext von Gesundheitsförderung
wirkt und ist zielführend im Hinblick
auf eine Verankerung von Präventionswissen
und die Stärkung der Handlungskompetenzen
für die individuelle Gesunderhaltung sowie
die Förderung eines nachhaltigen Schutzverhaltens
und dessen Implementierung im
persönlichen Lebensstil. Auch darüber erklärt
sich gewiss zu einem nicht unwesentlichen
Teil, dass Jugendliche in Deutschland und
auch in unserer Region tatsächlich nicht zu
den von HIV besonders riskierten Personengruppen
zählen.
Die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von
HIV-Prävention in sexualpädagogischem Kontext
mit dem vorrangigen Ziel der Vermeidung
von Primärinfektionen hat also nichts
an Bedeutung verloren – und dass sie wirkt,
beweisen nicht zuletzt die Infektions-Diagnose-Zahlen
und Inzidenzannahmen des RKI (s.
www.rki.de ) für das Jahr 2019, wonach die
Neuinfektionen (ca. 2.400) immerhin um ca.
4% im Vergleich zum Vorjahr gesunken sind.
Das sieht im Bereich einzelner anderer STI`s
(Gonokokken, Chlamydien et al.) leider ganz
anders aus.
Insofern ist die Berücksichtigung von anderen
sexuell übertragbaren Infektionen
auch und gerade für Jugendliche zunehmend
78
bedeutungsvoll, da sich nach RKI-Angaben
die Diagnosen insgesamt mehren. Auf die Erwähnung
wirklich belastbarer Daten für das
Berichtsjahr 2019 müssen wir zwar noch etwas
warten, aber die bisherigen Hinweise scheinen sich
einmal mehr zu verifizieren.
Sexualität und sexuell übertragbare Krankheiten
müssen eindeutig weiter enttabuisiert
werden. Darüber reden zu können ist eine
entscheidende Voraussetzung für Schutz und
Diagnostik. Hier kommt der schulischen Arbeit
eine besondere Bedeutung zu, denn über den
Rahmen der Schulpflicht kann es besser als in
weiteren Lebensphasen funktionieren, möglichst
viele Jugendliche die Erfahrung machen
zu lassen, dass dies gelingen kann. Dazu bedarf
es guter Unterrichtsprozesse, geschulter
Lehrkräfte (oder noch besser: sexualpädagogischer
Fachkräfte) und am besten gezielter
Projektformen in adäquaten Settings.
Bei Jugendlichen tragen die Schulen (gemäß
ihrem Auftrag, s. Richtlinien zur Sexualerziehung
in NRW vom 30.09.1999, BASS 15
– 04 Nr. 1) zudem entscheidend zur spezifischen
(Sach-) Informationsvermittlung bei.
Sie sollen damit allerdings nicht allein gelassen
werden. So wird ihnen über den –im Juli
2012- aktualisierten Runderlass zur „HIV/
AIDS-Aufklärung in den Schulen“ explizit
die „Zusammenarbeit mit außerschulischen
Einrichtungen und Fachkräften“ anempfohlen:
„Die Behandlung des Themas HIV und AIDS
legt eine enge Zusammenarbeit der Schule
mit den unteren Gesundheitsbehörden sowie
anderen außerschulischen Einrichtungen und
Fachkräften nahe. Hierzu zählen neben der
Ärzteschaft vor allem die bei den Kommunen,
AIDS-Hilfen und anderen freien Trägern
angesiedelten sog. Youth-Workerinnen und
Youth-Worker, die insbesondere sexualpädagogisch
orientierte HIV/AIDS-Aufklärung für
Jugendliche durchführen. Ihre Fachkompetenz
sollte sowohl in den Unterricht als auch
in Beratungs- und Entscheidungsprozesse
einbezogen werden.“ (aus: BASS, 18 – 12 Nr. 4;
RdErl. D. Kultusministeriums vom 01.07.1987, GABI.
NW. S. 416; geänderte Fassung vom 01.07.2012)
Wer HIV- und STI-Prävention ernst nimmt,
muss sich auch gegen Diskriminierung
und Stigmatisierung von Menschen mit
HIV und den von HIV besonders betroffenen
Gruppen –wie z.B. homosexuellen Jungs und
Männern- stark machen. Dies berücksichtigen
wir in unserer Youthwork-Arbeit –soweit
es die zeitlichen und personellen Möglichkeiten
zulassen – schon immer.
Eine wichtige Ergänzung in unserem Angebotsportfolio
ist unser ehrenamtliches Projekt
SCHLAU-Duisburg (s. 5.7.). Dieses konnte
im Berichtsjahr weiter stabilisiert werden
und über 2.000 Schüler*innen in zahlreichen
workshops erreichen. Es ist damit das erfolgreichste
SCHLAU-Projekt in NRW geworden.
Das Feedback von den Schulen ist klasse und
die Anfragen wachsen. Wir sind glücklich und
stolz darüber. Wir bedanken uns ganz herzlich
für das ehrenamtliche Engagement sowie
auch für die Unterstützung durch das Jugendamt
und den Jugendhilfeausschuss der
Stadt Duisburg.
Interessent*innen sind nach wie vor herzlich
willkommen (s. http://duisburg.schlau.nrw.
de oder über facebook: SCHLAU Duisburg).
Die Teamerweiterung im „Youthwork“ durch
die Sozialpädagogin, Hanife Kayadelen (seit
01.01.2019) war und ist ein Segen.
Damit konnten wir prinzipiell auch wieder
geschlechtsspezifische Angebote unterbreiten
und neue Projektformen `aus der Wiedervorlage´
holen und umsetzen, aber auch
hier sind die Kapazitäten für das Arbeitsfeld
„Youthwork“ immer noch begrenzt, da Frau
Kayadelen auch im Bereich der psychosozialen
Begleitung tätig ist. Für die Größe der
Region und die Anzahl der Schulen und Bildungsträger
ist dies einfach viel zu wenig.
Wir sind froh, wenn wir zumindest die meisten
Nachfragen bedienen können.
Als besonders wert- und sinnvoll erscheint
uns ein gemeinsames Wirken von Frau und
Mann im Bereich der Zielgruppe von geflüchteten
jungen Menschen. Hier haben wir allerdings
im Berichtsjahr deutlich weniger Anfragen
bekommen als in den Vorjahren. Wir
machen hier äußerst positive Erfahrungen in
sog. Integrationsmaßnahmen mit vorwiegend
79
männlichen Jugendlichen und jungen Männern,
die sich durch einen regelrechten „Bildungshunger“
und durch ein hervorragendes
Sozialverhalten auszeichnen.
Eine wirklich dankbare Aufgabe, die wir gerne
wahrnehmen und damit die Hoffnung verbinden,
wichtige Impulse zu gelingenden Integrationsprozessen
geben zu können.
Sexualpädagogische Stadt-Rallye
Die Sexualpädagogische Stadt-Rallye
wurde 2015 gemeinsam mit der pro familia
Duisburg und SchLAU Duisburg entwickelt.
Aufgrund der damaligen personellen Engpässe
bei SCHLAU Duisburg ersetzt seit
August 2017 Lebenslust – Beratung für
Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*Personen,
deren Freund_innen & Familie
den Workshop von SchLAU Duisburg.
Im Vordergrund der sexualpädagogischen
Stadt-Rallye steht die Präsentation der spezifischen
Beratungs- und Hilfe-Infrastruktur
Duisburgs. Mit der Rallye sollen die teilnehmenden
Schüler und Schülerinnen lernen,
diese im Bedarfsfall selbständig und eigenverantwortlich
aufzusuchen.
Darüber hinaus werden in den ca. 40 minütigen
Workshops, die die Schüler*innen
durchlaufen von Seiten der AIDS-Hilfe die
Ansteckungswege bei HIV und sexuell übertragbaren
Krankheiten sowie ein vorurteilsfreier
Umgang mit HIV-infizierten und an
AIDS erkrankten Menschen thematisiert. Lebenslust
e.V. bespricht mit den Teilnehmer*innen
die sexuelle Vielfalt und den Respekt vor
verschiedenen Lebens- und Liebesformen.
Pro familia Duisburg stellt die Angebote für
Jugendliche bezüglich Schwangerschaftskonflikt-
und Sexualberatung und die sexuellen
und reproduktiven Rechte Jugendlicher dar.
Die Erweiterung der Kommunikations- und
Alltagskompetenzen der Jugendlichen ist ein
weiterer Schwerpunkt der Rallye. So gilt es
auf dem Weg von der pro familia zur AIDS-Hilfe
Auskünfte, die thematisch passen, bei den
aktiv beteiligten Handelseinrichtungen in
Duisburg zu erfragen. Beispielsweise stellen
die Schüler*innen im Drogeriemarkt Fragen
zu Kondomen oder sie informieren sich in einer
Apotheke über die „Pille danach“.
Die Rückmeldebögen, welche die Lehrer*innen
im Anschluss an die Veranstaltung mit
den Schüler*innen ausfüllen, dokumentieren,
dass die Rallye die gesetzten Ziele erreicht. So
bestätigten beispielsweise die Teilnehmer*innen,
dass ihnen eine Kontaktaufnahme zu
den Beratungsstellen nach der Veranstaltung
in Zukunft leichter fallen würde.
2019 ließen sich in Kooperation mit der pro familia
Duisburg e.V. und Lebenslust e.V. 5 Termine
erfolgreich durchführen. Genutzt wurde
die Rallye in diesem Jahr in erster Linie von
den Duisburger Gesamtschulen. Durchschnittlich
nahmen 2019 an einer „Sexualpädagogischen
Stadt-Rallye“ 27 Schüler*innen im
Alter von 14-17 Jahren teil. Insgesamt ließen
sich mit diesem Projekt 129 Schüler*innen erreichen.
Das Projekt wurde auch 2019 mit den Mitteln
des „Aktionsprogrammes Kinder- und Jugendschutz“
der Stadt Duisburg gefördert.
Danke!
Terminmöglichkeiten und nähere Informationen
zur Sexualpädagogischen Stadtrallye finden
sich auf unserer Homepage (www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de
).
Um auch weitere Chancen auf Umsetzung
80
kreativer Projektformen zu erhalten, die wir
mit den vorhandenen Ressourcen für das
Regelangebot „Youthwork“ nicht vorhalten
könnten, ist die „Abteilung Youthwork“ der
AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel seit 2015
beim Jugendamt der Stadt Duisburg als freier
Träger der Kinder- und Jugendhilfe nach § 75
SGB VIII anerkannt.
Der niedrigschwellige, emanzipatorische
und akzeptanzorientierte Ansatz ist richtig.
Repressive Ansätze sind eindeutig kontraproduktiv.
Die besondere Akzeptanz dieses
Ansatzes wird uns auch vor Ort durch Rückmeldungen,
Resonanzen und Evaluationserfahrungen
zu unseren Veranstaltungen in
diesem Sektor (s. Abb. Veranstaltungsverteilung
nach Arbeitsfeldern) bestätigt.
und pflegen den fachlichen Austausch sowie
die stete Fort- und Weiterentwicklung über
eine jährliche dreitägige Fachfortbildung und
durch quartalsweise Treffen der Gruppen der
fünf Regierungsbezirke. Diese stellen jeweils
zwei Sprecher*innen für den sog. „Sprecherkreis
Youthwork“ ab, der den Kontakt mit
dem Ministerium (MAGS NRW) pflegt und die
Fachtagungen organisiert. Seit 2013 ist der
Youthworker der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis
Wesel, Dietmar Heyde, Mitglied dieses Sprecher*innenkreises.
Darüber hinaus ist Dietmar Heyde seit September
2017 als Vertreter ebendieses Sprecher*innenkreises
der Youthworker*innen
NRW vom Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege
in die AG Aidsprävention NRW
berufen.
Dem Rechnung tragend, gestalten wir unsere
HIV-Prävention in sexualpädagogischem
Kontext und zielen auf einen Dialog in offener
und angstfreier Atmosphäre und ohne pädagogischen
Zeigefinger.
„Youthwork NRW“ steht für wertorientierte,
altersgemäße und fachlich fundierte Präventionsarbeit
basierend auf dem Landeskonzept
des Gesundheitsministeriums NRW zur Minimierung
von HIV/STI-Infektionen und den
Standards für die Sexualaufklärung in Europa.
Dabei ist uns die Vernetzung und Kooperation
im Kontext von Sexualität und Gesundheit
mit professionell Tätigen und entsprechenden
Facheinrichtungen ein Anliegen.
Im Zusammenhang der immer noch schwelenden
Debatte zur Sexualpädagogik, die vor
allem durch sog. „besorgte Eltern“ befördert
wird, schließen wir uns dem Statement der
Gesellschaft für Sexualpädagogik ausdrücklich
an. Außerdem verweisen wir auf die Erklärung
des Bundesverbandes von pro famila
zum Recht auf Sexualaufklärung.
Nähere Informationen zum Youthwork-Angebot
finden sich auch auf der Internetseite
www.youthwork-nrw.de . Die ca. 60
Youthworker*innen in NRW sind gut vernetzt
Das landesweite Logo von Youthwork-NRW.
5.6.1 Veranstaltungsinhalte
In aller Regel werden personalkommunikative
Formen massenmedialen vorgezogen.
Das erfordert allerdings auch eine jeweilige
Reduktion auf zielgruppenadäquate und bedürfnisorientierte
Themenbereiche. Um diese
Reduktion pädagogisch verantwortungsvoll
vornehmen zu können, finden entsprechende
Vor- und Nachgespräche mit den Veranstaltungspartner*innen
statt.
Je nach Zielgruppe, Zugangsvoraussetzungen
und Rahmenbedingungen können u.a.
folgende Themenfelder behandelt werden:
• Medizinisch, biologische Grundlagen zu
HIV und AIDS und anderen STI`s (Virologie,
Immunologie, ...)
• Aktueller Forschungsstand und Therapieansätze
• Übertragungswege und –risiken
81
• Infektionsschutzmöglichkeiten
• Testverfahren und ihre Bedingungen
• Epidemiologische Entwicklung und daraus
resultierende Präventionserfordernisse
und –strategien
• Lebenssituation von Betroffenen und Anoder
Zugehörigen
• Umgang mit HIV-positiven oder/und an
AIDS erkrankten Menschen
• Vorurteile gegenüber sog. Hauptbetroffenengruppen
• Drogen- und Substitutionsproblematik
• HIV und AIDS als gesellschaftliches Phänomen
• Diskriminierungs- u. Stigmatisierungspotentiale
• Juristische und ethische Fragestellungen
• HIV in der Arbeitswelt
• Sekundärpräventive Aspekte für Menschen
mit HIV
• Liebe, Sexualität und Partnerschaft
• Sexuelle Bildung, sexuelle Gesundheit, sexuelle
Rechte
• LSBTI* Lebens- und Liebesformen (v.a.
über SCHLAU Duisburg)
• Geschlechterrollen und ihre Problematiken
• Normen, Werte und deren Wandel im Umfeld
der Sexualität
• u.a.m.
5.6.2 Schulische Prävention / Youthwork
Unsere Youthworkerin Hanife Kayadelen und unser
Youthworker Dietmar Heyde
HIV/AIDS- und STI-präventive Veranstaltungen
in sexualpädagogischem
Kontext wurden von der AIDS-Hilfe Duisburg
/ Kreis Wesel e.V. für Schülerinnen und Schüler
aller Regelschulformen sowie Kollegschulen
durchgeführt. In der Regel werden unsere
Angebote in den Jahrgängen ab der Klasse 9,
in einzelnen begründeten Ausnahmen auch in
jüngeren Jahrgängen platziert.
Form und Inhalte werden jeweils bedürfnisund
lebensweltorientiert konzipiert. Das Angebotsspektrum
reicht hier von Formen eines
„Expert*innengespräches“ im Rahmen
von Unterrichtsreihen vor unterschiedlichem
Fachhintergrund bis hin zu Projekttagen und
– wochen, die günstigenfalls außerhalb des
Schulrahmens durchgeführt werden.
Mit dem Berichtsjahr 2019 blicken wir im Bereich
„Youthwork / Prävention in der Allgemeinbevölkerung“
auf ein sehr aktives Jahr
mit leicht steigenden Nachfragen zurück.
Angesichts der Größe des Zuständigkeitsgebietes,
der wachsenden Bedarfe, der zunehmenden
Notwendigkeit, auch andere sexuell
übertragbare Krankheiten einzubeziehen und
der Einzigartigkeit des Youthwork-Angebotes
in der Region sind unsere Fachkraftressourcen
trotz der stabilen Einbeziehung von Frau
Kayadelen nach wie vor begrenzt. Zudem
stehen wir vor zunehmenden Finanzierungsschwierigkeiten,
weil die öffentliche Förderung
schon die Personalkosten des hauptamtlich
Beschäftigten längst nicht mehr abdecken
und wir schon lange immer mehr Eigenmittel
zur Refinanzierung der Sachkosten und derer
für die ehrenamtlich Tätigen einsetzen müssen.
Die Gewinnung von Projektfördermitteln
sowie die steigende Notwendigkeit, von den
Nachfragenden (Schulen et al.) Aufwandsentschädigungen
abzuverlangen, sind unerlässlich
geworden. Diese Maßnahmen erfordern
aber auch Zeit und Kapazitäten und senken
zudem die Niedrigschwelligkeit des Zugangs
und die Finanzierbarkeit des Angebotes für
die „Kunden“. Wenn die Zuwendungsgeber
(Land und Kommunen) weiterhin dieses wichtige
Angebot vorhalten wollen, wird hier eine
Nachbesserung unumgänglich werden!
Der von uns (mit-) initiierten Präventions-Vernetzung
in Duisburg kommt ebenfalls
besondere Bedeutung zu. Dabei geht es
uns vor allem darum, über Multiplikator*in-
82
nen eine kontinuierliche Präsenz der Präventionsthemen
in den Institutionen zu schaffen
und von `nur´ punktuellen Veranstaltungen
wegzukommen. Durch die Vernetzung und
die damit verbesserte Kooperation und Koordinierung
werden Synergieeffekte erzielt.
Durch begleitende Öffentlichkeitsarbeit wird für
die potentiellen Kunden mehr Transparenz zu den
Präventionsangeboten geschaffen und den Schülerinnen
und Schülern die Beratungseinrichtungen und
ihre Mitarbeiter* innen bekannt gemacht.
„Lernvoraussetzungsanalyse – und didaktische
Konsequenzen“
Wir konstatieren bei der Zielgruppe der Jugendlichen
weiterhin insbesondere Defizite
im Bereich von sprachlichen und kommunikativen
Kompetenzen im Feld von Liebe, Sexualität
und Partnerschaft. Ein Erklärungsansatz
mag in der intensiven Nutzung von virtuellen
Medien und den damit verbundenen spezifischen
Kommunikationsmustern zu finden sein
(die „Explosion“ im Bereich der sog. Sozialen
Netzwerke, …). Ein anderer Ansatz ist uralt,
nämlich dass auch heute der Eintritt in das
Abenteuer „Liebe, Sex und Partnerschaft“ immer
noch mit ganz viel Aufregung, Nervosität
und auch Ängsten und Sorgen verbunden ist,
trotz oder gerade wegen der vermeintlichen
Banalisierung der Thematik durch vielfältige
einschlägige Medien inkl. Pornographischer
Darstellungen, die den Jugendlichen vermeintliche
Realitäten und / oder Normalitäten
vorspiegeln. Hier ist einfühlsame Sexualpädagogik
gefordert.
In den Jahrgangsstufen bis zur 10. Klasse
erscheint uns zudem eine – zumindest phasenweise
und themenabhängige – geschlechtergetrennte
Bearbeitung sinnvoll. Hier müssen
einfach die nicht selten durchaus großen
Unterschiede im Reife- und Erfahrungsgrad
zwischen Mädchen und Jungen einer Jahrgangsstufe
Berücksichtigung finden. In Anwesenheit
des anderen Geschlechtes fällt es
manchmal schwerer, in offene und ehrliche
Kommunikationsprozesse hineinzufinden.
Erst recht, wenn die eigene Identitätsfindung
(Wer bin ich? Was mag ich? Was mag
ich nicht? …) noch in vollem Gange ist. Dennoch
sind angesichts der mehrheitlich heterosexuellen
Orientierungen Erfahrungen
gelingender Kommunikation zwischen den
Geschlechtern unentbehrlich und nicht zuletzt
besonders wichtig für die Verabredung von
Verhütungsmethoden und für die Durchsetzung
individueller Schutzbedürfnisse. Aufgrund unserer
schmalen personellen Besetzung (in der Regel sind
wir „Einzelkämpfer*innen“, weil es für die gesamte
Region nur eine Youthworker-Stelle gibt, können
wir diese Trennungsphasen allerdings in aller Regel
leider auch nicht bedienen und sind an dieser Stelle
auf die Mitwirkung der Lehrenden in den Projekten
angewiesen. Dies ist aber eine suboptimale Situation,
da die Lehrenden nicht selten in einen Rollenkonflikt
geraten können, da sie in ihrer „Hauptrolle“
am nächsten Tag wieder zensieren müssen und so
eine professionelle Distanz wahren müssen.
Nach unserer Auffassung sind hierzu die Informations-
und Vermittlungsmethoden und
der Zeitpunkt der thematischen Auseinandersetzung
von entscheidender Bedeutung. Die
Erkenntnis ist nicht neu, dass HIV/AIDS-Prävention
mit Jugendlichen im Kontext von
Sexualpädagogik anzusiedeln ist, dass personalkommunikative
Methoden, d.h. „Veranstaltungen
von Mensch zu Mensch“, die an
der Lebenswelt der Schüler*innen orientiert
und hinsichtlich der ersten Erfahrungen zeitnah
zu platzieren sind, massenmedialen oder
eindimensionalen Vermittlungsformen vorzuziehen
sind, bzw. diese unbedingt ergänzen
sollten (vgl. Landespräventionskonzept o.).
83
Verstärkt wird der Trend zu problematischer
bzw. nicht erfolgreicher Face-to-face-Kommunikation
durch die rasante Nutzung der
neuen Medien zur Kontaktanbahnung oder
für Verabredungen. Die anfängliche Anonymität
wird einerseits sehr geschätzt, aber
andererseits immer wieder mal missbraucht.
Der Ansatz, kommunikative Kompetenzen zu
fördern, wird aus unserer Sicht immer wichtiger
(vgl. o.).
Mit diesem spezifischen Ansatz platzieren wir
unsere Veranstaltungen in der Regel frühestens
ab der Jahrgangsstufe 9. In den letzten
Jahren kommen wir allerdings immer häufiger
aus Veranstaltungen aus dieser Altersgruppe
mit dem Eindruck, es sei möglicherweise
für einige SuS eigentlich zu früh, sie
schon in die Auseinandersetzung mit den
„Risiken und Nebenwirkungen“ der Sexualität
zu „schubsen“. Dies gilt insbesondere für
einen größeren Teil der Jungen. Grundsätzlich
wäre angesichts der entwicklungspsychologischen
Unterschiede ein jahrgangsstufenübergreifendes
Agieren wünschenswert. Es lohnt
sich, darüber mit den schulpolitischen Entscheidungsträger*innen
in den Austausch zu
treten. An einigen Modellschulen laufen dazu
auch schon vielversprechende Ansätze.
Es bleibt dabei, Emanzipation, Selbstbewusstsein
und –bestimmung mit sozialer
Verantwortung und solidarischem Handeln in
Einklang zu bringen, ist eine zentrale Aufgabe
von Erziehung, (Aus-) Bildung und Präventionsarbeit.
Prävention in Zahlen:
Durch Veranstaltungen im Sektor Youthwork
und Präventionsveranstaltungen in der Allgemeinbevölkerung
konnten wir im Berichtsjahr
2019 4,125 Personen mit personalkommunikativen
Formen erreichen, davon 224 sog.
Multiplikator*innen (Lehrkräfte und sonstige
Pädagog*innen sowie ehrenamtliche Mitarbeiter*innen).
Allein im schulischen Bereich
(-> Youthwork-Angebote) erreichten wir in
zehn Schulen des Kreises Wesel und acht
Schulen der Stadt Duisburg 1.846 Jugendliche
aus allen Schulformen, 394 in außerschulischen
Zusammenhängen wie offener
Jugendarbeit u.a. und 1.885 Jugendliche
im Rahmen von personalkommunikativen
Formen bei Großveranstaltungen (wie z.B.
bei Veranstaltungen zum Welt-AIDS-Tag).
28,8 % der jungen Menschen kamen aus dem
Alterssegment zwischen 14 und 17 Jahren,
25 % der Jugendlichen hatten einen Migrationshintergrund
(s. auch Controlling-Daten
für 2019 im Anhang).
5.6.3 (Präventions-) Veranstaltungen
für Jugendliche und Multiplikator*innen
Leicht gestiegen war in diesem Berichtszeitraum
die Nachfrage nach Präventionsberatungen
von Schüler*innen, die für Fach- oder
Projektarbeiten unseren Rat suchten. Gleiches
gilt für die Zahl der studentischen Nachfragen
für Referate.
Aus dem Bereich berufsbildender Einrichtungen
(z.B. Berufskollegs, insbesondere der
Sektor der sog. Berufsgrundschuljahre) gab
es im Berichtsjahr nur einzelne Anfragen zu
vermerken. Ein voller Erfolg in diesem Segment
war allerdings der „Tag der Beratung“
am Berufskolleg in Wesel, wo wir über 380
Schüler*innen mit interaktiven Beratungsformen
erreichen konnten. Hier finden wir in
der Regel wichtige Zielgruppen; Jugendliche
im Alter zwischen 16 und 25 Jahren, die oftmals
problembehaftete Sozialisationen und
einen geringen Grad an Aufklärungsniveau
(z.T. auch migrationsbedingt) aufweisen. Eindeutig
rückläufig ist leider die Nachfrage von
Bildungsträgern, die Integrationsmaßnahmen
für junge Geflüchtete anbieten. Günstiger
Weise konnten wir in diesen Gruppen in der Regel
mit Deutsch und Englisch sehr gut in den Dialog
kommen.
Bis auf einzelne Ausnahmen – vorwiegend im
Zusammenhang mit schulischen Projekttagen
und im Umfeld des Welt-AIDS-Tages – sind
direkte Kooperationen mit Einrichtungen der
84
offenen Jugendarbeit eher selten. Dass wir
hier allerdings auch keine Offensiven starten
konnten, hat unsererseits einfach mit Kapazitätsgrenzen
zu tun.
5.6.4 Multiplikator*innen- und Erwachsenenbildung
Die Bereitschaft der AIDS-Hilfe Duisburg /
Kreis Wesel e.V., viel in die Aus- und Weiterbildung
ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen
zu investieren ist nach wie vor sehr hoch.
Besonders erfreulich war im Berichtsjahr zu
verzeichnen, dass wir wieder zwei HIV-positive
Ehrenamtler für die Youthwork-Arbeit und
vor allem für die Arbeit in den Krankenpflegeschulen
gewinnen konnten.
Insgesamt aber ist der Andrang sehr überschaubar.
Und das nicht nur bei uns, sondern
auch bei unseren Nachbar-AIDS-Hilfen. Daher
konnten wir auch in diesem Jahr keine
vernetzte Grundlagenausbildung anbieten.
Es spricht weiterhin vieles dafür, ehrenamtliche
Ressourcen gerade auch im Bereich der
(Primär-) Präventionsarbeit weiter zu mobilisieren
und zu qualifizieren, z.B. für den
peer-to-peer-Ansatz. Die aktiven Ehrenamtler*innen
sind eine wichtige Ressource und
die wichtigsten Multiplikator*innen. Sie zu
akquirieren, zu qualifizieren und ihre Einsätze
zu koordinieren erfordert aber hauptamtliche
Ressourcen, die zu wenig vorhanden sind.
Auch muss dies von zuwendenden staatlichen
Strukturen so erkannt, gewollt und dann
auch gefördert werden – und darf sich nicht
auf „Sonntagsreden“ über die Bedeutung des
freiwilligen Engagements beschränken.
Eine weitere ganz wichtige Gruppe von potentiellen
Multiplikator*innen sind in diesem
Präventionsfeld natürlich die Lehrenden und
/ oder sozialarbeiterisch Tätigen in schulischen
und außerschulischen Einrichtungen.
Die Anfragen nach Lehrerfortbildungen im
Hinblick auf und im Vorfeld von Projektformen
stagnieren auf sehr niedrigem Niveau.
Dies hat unter anderem mit den vielfältigen
Veränderungen im Schulbereich mit erheblichen
Zusatzbelastungen für die Lehrkräfte zu
tun. Fortbildungen, die mit Unterrichtsausfall
verbunden sind, sind nicht leicht zu installieren.
Dies hat auch damit zu tun, dass wir
überwiegend bei z.T. schon sehr lange etablierten
Projekten agieren und hier nicht mehr
viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Darüber
hinaus wirkt hier in sehr positivem Sinne
die alljährliche Fachtagung des AK Prävention
Duisburg in genau diese Richtung (s.u.). Natürlich
wäre eine Ausweitung des Angebotes
wünschenswert, aber wir sind nach wie vor
froh, wenn wir mit unseren begrenzten Ressourcen
die Nachfragen weitestgehend bedienen
können.
Das Themenspektrum reicht hier von der Präsentation
des aktuellen Wissensstandes zu
HIV und AIDS über die epidemiologische Entwicklung
und daraus resultierende Präventionskonsequenzen
und –strategien bis hin zu
Aspekten spezieller Fortbildung im Feld der
Kommunikation, wie Gesprächsführung und
Moderation.
Ein zentrales Anliegen ist es, die Präventionsthemen
und die damit verbundenen Ziele
an Schulen und in außerschulischen (Jugend-)
Einrichtungen möglichst ganzjährig
zu platzieren. Geschulte Pädagog*innen, Erzieher*innen
oder Sozialarbeiter*innen und
–pädagog*innen sollten diese repräsentieren,
zumindest mit Verweisungskompetenzen
ausgestattet sein und als Ansprechpartner*innen
für die Jugendlichen bekannt sein
/ werden.
Auch für das Berichtsjahr 2019 hat der AK
Prävention Duisburg wieder eine Fachtagung
für Multiplikator*innen angeboten. Am
21. Mai beteiligten sich über 50 Teilnehmende
an der 18. Fachtagung mit dem Schwerpunktthema
„Youth Wide Web – Fluch oder
Segen?“ deren Planung unter Federführung
unserer AIDS-Koordinatorin des Gesundheitsamtes
der Stadt Duisburg, Frau Martina Jungeblodt
wieder wunderbar und diesmal in den
Räumen des Aus- und Fortbildungsinstitutes
der Stadt Duisburg mitten in der City über
die Bühne ging. Gute Arbeit, Frau Jungeblodt
– Danke!
85
Neben inhaltlichen Anregungen und methodischen
Zugangsformen dient die Fachtagung
immer auch dem Ziel, die Präventionsinfrastruktur
in Duisburg kennen lernen zu können.
5.6.5 Berufsspezifische Erwachsenenbildung
Hier sind im Wesentlichen Fortbildungsveranstaltungen
in Gesundheits- und Krankenpflegeschulen,
bei sonstigen Pflegeanbietern
und im medizinischen Versorgungssystem
verortet. Insbesondere bei den Krankenpflegeschulen
unserer Region verzeichnen
wir sehr stabile und weiter steigende Nachfragen
und hocherfreuliche Rückmeldungen.
Insbesondere wird geschätzt, dass wir von
der medizinischen Seite bis zu den Tiefen im
psychosozialen Bereich die ganze Bandbreite
des komplexen Themenfeldes rund um das
Phänomen „HIV / AIDS und andere sexuell
übertragbare Infektionen“ abdecken können.
Nicht zuletzt auch in diesem Tätigkeitsfeld
bewährt sich das „3-Säulen-Modell AIDS-Hilfe“
mit der Verbindung von Selbsthilfe-, Interessen-
und Fachverband sowie der Ansatz
der Strukturellen Prävention immer wieder
aufs Neue.
Vereinzelt tauchen auch –wieder- Anfragen
aus dem Bereich der Altenpflegeseminare
auf, was uns sehr erfreut, weil es doch zeigt,
dass immer mehr Menschen mit HIV auch
hier in Erscheinung treten, da sie immer größere
Chancen auf ein Älterwerden haben.
Abb.: Veranstaltungsverteilung nach Arbeitsfeldern 2019
86
5.6.6 Sonstige Aufgaben und Tätigkeiten
Anzuführen sind hier für den Stelleninhaber:
• Beteiligung an der Grundlagenausbildung für Ehrenamtler*innen inhouse
• Präventionsvernetzungsarbeit im Kreis Wesel und Duisburg
• Vertretung der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. bei den NRW-Youthworker-Arbeitskreisen
und dem Youthwork-Qualitätszirkel sowie im Sprecherkreis der
NRW Youthworker*innen
• Vertretung des Youthwork-NRW-Projektes in der AG Aidsprävention NRW
• Evaluation und Qualitätssicherung – Fortführung des Verfahrens beim
Youthwork-Förderprogramm-Controlling MGEPA, NRW – seit 2013 der landesweiten
Datenerhebung über die AG Aidsprävention
• Beratung / Informationen für Zeitungs- TV- und Radio-Redaktionen sowie für politische
Entscheidungsträger
• Koordinierung von haupt- und ehrenamtlichen Einsätzen bei Informations- und
Präventionsprojekten
• Einarbeitung in und Bereitstellung von Materialien für Lehrende und Multiplikator*innen
• Beratung von pädagogischen Fachkräften bzgl. der Unterrichts- oder Projektgestaltung
zum Thema HIV / AIDS und anderer STI`s
• Telefonische und persönliche Informations- und Beratungsgespräche
• E-mail Beratung
• Unterstützung von Jugendvertretungs- und Schülerzeitungsredakteur*innen
• Geschäftsführung
• u.a.m. (Vgl. 4. Öffentlichkeitsarbeit)
87
5.7 SCHLAU Duisburg
Der Unterstrich (auch als GenderGap bezeichnet)
schafft einen Raum für alle sozialen und geschlechtlichen
Identitäten, die sich nicht in die Dichotomie von
weiblich und männlich einordnen
wollen und /oder können.
Seit 2013 ist die AIDS-Hilfe Duisburg Kreis
Wesel e.V. Träger des ehrenamtlichen Projektes
SCHLAU. SCHLAU steht für Schwul Lesbisch
Bi Inter Trans* Aufklärung durch welche
nachhaltige Antidiskriminierung in Duisburg
(und im Kreis Wesel) erreicht werden soll.
Beschreibung
Mittels pädagogischer Methoden und evaluierter
Konzepte führt SCHLAU niedrigschwellig
und unaufgeregt in die Themengebiete
ein. Dabei wird über Lebenswirklichkeiten
und Biografien, das eigene Coming-Out, Diskriminierungserfahrungen
und Rollenbilder
gesprochen. Vorurteile und Klischees können
so wirkungsvoll abgebaut werden und
SCHLAU leistet damit einen grundlegenden
Beitrag zu nachhaltiger Antidiskriminierung,
effektiver Gewaltprävention und demokratischer
Menschenrechtsbildung. Denn die Vision
von SCHLAU ist eine Gesellschaft, in der
alle Menschen ohne Angst verschieden sein
können.
Im Zentrum von SCHLAU steht die Begegnung
zwischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen
mit Lesben, Schwulen, Bi-, Intersexuellen
und Trans*. Die dahinterstehende Idee
ist, dass Vorurteile und Klischees durch die
direkte Begegnung wirkungsvoll hinterfragt
und abgebaut werden können. Wir möchten
die Jugendlichen mit Lesben, Schwulen, Bi-,
Intersexuellen und Trans* ins Gespräch bringen:
„Damit nicht mehr über uns geredet
wird, sondern mit uns!“
Denn noch immer zeigen Studien in trauriger
Regelmäßigkeit, dass Homo- und Transphobie
feste Bestandteile in Klassenräumen,
Freizeiteinrichtungen und auf Schulhöfen
sind. Manchmal entsteht so ein Klima gegenseitiger
Feindseligkeit, unter dem nicht nur
homo- und bisexuelle sowie inter- und transgeschlechtliche
Jugendliche leiden, sondern
das alle betrifft. SCHLAU-Workshops thematisieren
diese Diskriminierungsmechanismen,
geben authentische Einblicke in gleichgeschlechtliche
Lebensweisen und vermitteln
Akzeptanz gegenüber der Vielfalt menschlicher
Lebensentwürfe.
Kooperation mit dem Träger
SCHLAU Duisburg agiert weitgehend eigenständig,
bedarf aber eines Trägers. Die
AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. stellt
sich dazu gerne zur Verfügung. SCHLAU erhält
administrative Unterstützung sowie
Sach-Unterstützung, z.B. einen Arbeitsplatz,
Zugriff auf Materialien und im Rahmen der
Möglichkeiten personelle Unterstützung durch
die AIDS-Hilfe Mitarbeiter_innen. Die Zusammenarbeit
und das Verhältnis der beiden Institutionen
werden durch eine Kooperationsvereinbarung
geregelt.
Einsätze
Im Jahr 2019 konnten die ehrenamtliche
Teamer_innen von SCHLAU Duisburg über
2070 Schüler_innen in 86 Workshops erreichen.
Neben den Workshops haben die Teamer_innen
an Infoständen wie beispielweise beim
CSD in Duisburg über die Arbeit von SCHLAU
sowie über Homo,- und Transphobie aufgeklärt.
Vernetzung
SCHLAU Duisburg ist Teil des landesweiten
Netzwerkes SCHLAU NRW, getragen vom
Schwulen Netzwerk NRW e.V. Die Landesstruktur
steht im Kontakt zur Landespolitik
und den fördernden Ministerien. Schulungen
und Dokumentation zählen zu den dortigen
Aufgaben, wie auch die bundesweite Vernetzung.
88
89
6. SELF Duisburg / Kreis Wesel
Ambulant Betreutes Wohnen SELF
Duisburg / Kreis Wesel:
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.
hat mit dem Ambulant Betreuten Wohnen ihr
Angebot um eine weitere Begleitungs- und
Unterstützungsmöglichkeit ausgebaut. Dies
wurde durch Fördermittel der Aktion Mensch
möglich.
Die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung mit
dem zuständigen überörtlichen Leistungsträger
– dem Landschaftsverband Rheinland
(LVR) – trat zum 01.11.2018 in Kraft.
Seit Anfang des Jahres 2019 betreut SELF
Duisburg / Kreis Wesel nun Menschen mit
einer Sucht- und/ oder psychischen Erkrankung
und hilft ihnen bei der Bewältigung
ihres Alltages im eigenen Wohnraum.
Als AIDS-Hilfe liegt unser Schwerpunkt in der
Betreuung von Personen mit einer HIV-Infektion
/ AIDS-Erkrankung und / oder einer
chronischen Hepatitis C. Durch unsere Zielgruppenähe
sind auch LGBTIQ* bei uns gut
aufgehoben.
Seit Beginn verzeichnet SELF eine hohe Anfrage.
Zumeist melden sich Kooperationspartner*innen
oder andere vermittelnde Stellen.
Aber auch die Klient*innen selbst nehmen
Kontakt zu unserem Angebot auf und wünschen
sich eine Betreuung im Rahmen der
Eingliederungshilfe.
Im Berichtsjahr 2019 konnten wir insgesamt
25 Personen erreichen, 11 Klient*innen mündeten
schließlich in eine Betreuung. Für 14
Anfragende wurden andere Beratungs- oder
Betreuungsangebote gefunden, da sie weitergehende
Hilfestellungen benötigten. Diese
Stellen sind u.a. das Gesundheitsamt und die
Betreuungsstelle, BeWo-Anbieter für die Zielgruppe
der körperlich und geistig behinderten
Menschen, Anlaufstellen der Wohnungslosenhilfe,
der Fachbereich ‚Begleitung und Beratung‘
der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel
oder stationäre Settings und Fachkliniken.
Von den 11 betreuten Personen sind 7 männlichen
und 4 weiblichen Geschlechts. Bezüglich
unserer speziellen Zielgruppe ist zu konstatieren,
dass 2 Klient*innen eine HIV-Infektion
90
und 2 eine Hepatitis C-Infektion mit chronischem
Verlauf aufweisen. Bei 2 weiteren Klient*innen
sind nach einer HEP C-Kombinationstherapie
keine Viren mehr festzustellen,
sodass sie als geheilt gelten. 2 Klient*innen
gehören zum Personenkreis der LGBTIQ*.
10 Klient*innen leben in einer Wohnung im
Duisburger Stadtgebiet. Für einen Klienten
aus dem Kreis Wesel wurde ein Antrag auf
Sondergenehmigung gestellt, da er aufgrund
seiner Erkrankungen zur originären Zielgruppe
der AIDS-Hilfe gehört und den Wunsch
geäußert hatte, durch SELF Duisburg / Kreis
Wesel betreut zu werden.
Die Betreuten weisen entweder eine chronische
psychische Erkrankung, eine Suchtmittelabhängigkeit
oder eine Komorbidität
(Sucht- und [mind.] eine weitere psychische
Erkrankung) auf. Die sog. weiteren Erkrankungen
sind u.a. Depressionen, Persönlichkeitsstörungen
– auch des Borderline-Typs,
Psychosen oder Angst- und Zwangsstörungen.
Die Altersspanne der Klient*innenschaft erstreckte
sich von 23 Jahren bis 58 Jahren.
Das Durchschnittsalter lag bei 43,6 Jahren.
Das sich erhöhende Alter unserer Zielgruppe
besteht kongruent zur Gesamtbevölkerung.
Die Betreuten werden älter und weisen dadurch
einen langfristigen Unterstützungsbedarf
auf. Ein Großteil der Klient*innen wird
auch zukünftig ihren Alltag in der eigenen
Wohnung nicht ohne Eingliederungshilfe (und
in manchen Fälle zusätzlicher Pflege) bewältigen
können.
Unsere Klientel weist eine Vielschichtigkeit
an Problemlagen auf, die eine individuelle
Hilfeplanung und Betreuungsarbeit
notwendig machen. Der Unterstützungsbedarf
erstreckt sich über sämtliche Lebensbereiche,
wobei erkennbar ist, dass
die Sicherung des Wohnraumes und der
Zugang zu medizinischen Hilfen im vergangen
Jahr einen Schwerpunkt darstellten.
Dies ist unter anderem darin begründet,
dass die meisten Klient*innen neu in
das Angebot eingemündet sind bzw. das
Ambulant Betreute Wohnen nach längerer
Pause wieder aufgenommen wurde.
Themenbereiche wie Freizeitgestaltung,
Tagesstrukturierung oder die Aufnahme neuer
Sozialkontakte benennen die Betreuten
häufig als Ziele, denen sie sich erst zuwenden
möchten oder können, wenn die akuten
Problemlagen überwunden sind.
Durch die wachsende Zahl an Betreuungen ist
es uns bereits möglich, eigene BeWo-Gruppenangebote
bereitzustellen. Dies sind derzeit
offene Treffs sowie Spielenachmittage.
Im kommenden Jahr sollen diese Aktivitäten
weiter ausgebaut werden. Auch Ausflüge und
Begleitungen im Rahmen der weiteren Freizeitgestaltung
wurden im vergangenen Jahr
genutzt, z.B. zu Ausstellungen, Aktionstagen,
Festen und anderen Veranstaltungen.
Aufgrund der hohen Nachfrage an Betreuungsleistungen
konnte bereits in der zwei-
91
Zufriedenheit der Betreuten in den Bereichen
Erreichbarkeit, Betreuungsinhalte, organisatorische
Rahmenbedingungen, Vertrauen
zur Bezugsbetreuung sowie in der Fach- und
Beratungskompetenz. Insgesamt gaben die
Teilnehmenden an, durch die Unterstützung
des Ambulant Betreuten Wohnens ihren Alltag
besser bewältigen zu können und eine
Erleichterung wahrzunehmen. Neben den
(positiven) Rückmeldungen zur persönlichen
Bezugsbetreuung wurden Wünsche nach dem
Ausbau von Gruppenangeboten und Freizeitaktivitäten
angegeben; diese sind konkret
eine Kochgruppe, eine Kreativwerkstatt und
Ausflüge in der Region. Wichtig ist uns bei der
Umsetzung, dass die betreuten Personen an
der Planung und Durchführung der Veranstaltungen
beteiligt werden und bestimmte Aufgaben
selbständig übernehmen.
Bundesteilhabegesetz:
Das Jahr 2019 stand für die Eingliederungshilfe
ganz im Zeichen der Vorbereitung auf die
Reformstufe III des Bundesteilhabegesetztes
(BTHG), dass zum 01.01.2020 in Kraft getreten
ist. Neben fachlichen Veränderungen,
die die Gesetzesnovellierung mit sich bringt,
mussten auch strukturelle und organisatorische
Inhalte an die neuen Rahmenbedingungen
angepasst werden. Der Themenkomplex
wurde darüber hinaus auch fortlaufend in
Gremien und Arbeitskreisen behandelt. Ferner
stand die Einarbeitung in das neue Bedarfsermittlungsinstrument
(BEI_NRW) im
Vordergrund.
ten Jahreshälfte eine zweite Fachkraft für das
Ambulant Betreute Wohnen eingestellt werden.
Uns erreichen bis dato stetig Anfragen
von vermittelnden Stellen oder von Interessierten
selbst, sodass wir für das Jahr 2020
von einer ähnlichen Auslastung des Angebotes
ausgehen.
Im Rahmen der Qualitätssicherung führte
SELF Duisburg / Kreis Wesel im IV. Quartal
2019 eine Nutzer*innenbefragung durch. Neben
Fragen zur Beurteilung des Angebotes
wurden die Klient*innen ebenfalls aufgefordert,
Wünsche und Verbesserungsvorschläge
zu äußern. Die Auswertung ergab eine hohe
92
Kooperation:
Ein wichtiger Bestandteil der erfolgreichen
Arbeit stellt die Kooperation mit anderen
Diensten dar. Diese konnten weiter ausgebaut
und die bereits bestehenden gefestigt
werden. Durch die Bekanntmachung unseres
Angebotes in lokalen Medien sowie in Gremien
und auf unserer Homepage konnten wir
neue Kooperationspartner gewinnen, die für
die Arbeit mit den Betreuten von hohem Stellenwert
sind. Diese sind zum einen städtische
Einrichtungen, aber auch andere Beratungsstellen
und Dienstleistungen, wie z.B. Pflegedienste
oder Haushaltshilfen.
SELF Duisburg / Kreis Wesel ist aktives Mitglied
in folgenden Arbeitskreisen und Zusammenschlüssen:
Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft
(PSAG) der Stadt Duisburg und
des Kreises Wesel, Trägerkonferenz der Behindertenhilfe
Duisburg, Regionalkonferenz
Duisburg des Landschaftsverbandes Rheinland,
Facharbeitskreis Wohnen für Menschen
mit Behinderung des Paritätischen NRW sowie
der Arbeitskreis Ambulant Betreutes Wohnen
des Landesverbandes Aidshilfe NRW.
Ausblick:
Da die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel eine
stetige Nachfrage an Betreuungsleistungen
im Rahmen des Ambulant Betreuten Wohnens
verzeichnet, gehen wir davon aus, dass sich
auch im Jahr 2020 das Angebot weiter etablieren
wird. Hierzu gehören neben der Erhöhung
der Betreuungsplätze auch die Erweiterung
der Gruppen- und Freizeitangebote.
93
Ehrenamtliche
Mitarbeit
7. Ehrenamtliche Mitarbeit
Im Berichtsjahr waren regelmäßig etwa 20
Personen ehrenamtlich für die AIDS-Hilfe tätig.
Punktuell, wie zum Beispiel im Rahmen
der CSD-Saison oder beim WAT beteiligen
sich weitere interessierte Menschen an unserer
Arbeit und unterstützen uns tatkräftig.
Das ehrenamtliche Engagement ist für das
Angebot der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel
e. V. weiterhin überaus wichtig. Ohne die
freiwilligen Mitarbeiter*innen könnten wir unser
umfangreiches Angebot nicht aufrechterhalten.
Daher an dieser Stelle unser großer
Dank für den unermüdlichen Einsatz und die
vielen unentgeltlich geleisteten Stunden des
freiwilligen Engagements – auch im Jahre
2019 wieder über 3.000 Stunden!
Die AIDS-Hilfe bietet vielfältige Aufgabengebiete,
in denen sich die ehrenamtlichen
Mitarbeiter*innen engagieren können. Diese
umfassen die Begleitungsarbeit, Präventions-
und Öffentlichkeitsarbeit, Herzenslust,
SCHLAU Duisburg, Telefon- und E-Mail-Beratung,
Chat-Beratung, die Prävention im Bereich
HIV & Drogen, die beratende Begleitung
von HIV-Selbsttests Vorstandsarbeit,
Mittwochs-Café, das JES-Frühstück und die
Weihnachtsfeier. Einige ehrenamtliche Mitarbeiter*innen
arbeiten in mehreren Bereichen,
andere haben sich spezielle Aufgabengebiete
gesucht, so zum Beispiel das JES-Frühstück.
Wir bieten unseren ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen:
• Kostenlose Qualifizierung, Fort- und
Weiterbildung,
• Spannende Themenfelder,
• Aktive Mitgestaltung der Weiterentwicklung
der AIDS-Hilfe,
• Teamwork, soziale Kontakte, qualifizierte
Ansprechpartner,
• Fahrtkostenerstattung,
• Unfall- und Haftpflichtversicherungsschutz,
• Umfang und Dauer der ehrenamtlichen
Tätigkeit ist frei wählbar!
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen sind
oder waren in den unterschiedlichsten Berufen
aktiv, sind HIV-negativ oder HIV-positiv
und setzen sich aus Frauen, Männern und
nicht-CIS- Menschen aus allen sozialen Lebensbereichen
zusammen. Dies bedeutet für
die Arbeit der AIDS-Hilfe einen enormen Erfahrungsschatz,
der in unsere Arbeit mit einfließt.
Eine Möglichkeit des Austausches bietet weiterhin
unser Mittwochs-Café (siehe auch
94
Punkt 3.5). Hier ist der zentrale Anlaufpunkt,
um sich mit Betroffenen zu treffen oder sich
untereinander oder mit den hauptamtlich Tätigen
auszutauschen.
Mit unserem traditionellen Dezember-Aktiventreffen
dankte die AIDS-Hilfe den ehrenamtlich
Mitarbeitenden. Zu einem leckeren
Buffet richtete das hauptamtliche Team den
Gruppenraum gemütlich her. In stilvoller Atmosphäre
und geselliger Runde fand in unserem
Café der Abend statt. Wie in den Vorjahren
konnten wir uns bei ehrenamtlichen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre
Tätigkeit im abgelaufenen Jahr und auch bei
den Veranstaltungen zum WAT bedanken.
Unter den Anwesenden fand ein reger Austausch
statt.
7.1. Schulung und Fortbildungen für ehrenamtliche
Mitarbeiter*innen
Im Berichtsjahr fand erneut leider keine
Schulung für ehrenamtliche Mitarbeiter*innen
in Vernetzung mit den AIDS-Hilfen Bochum,
Essen und Oberhausen statt.
Vor dem Hintergrund des hohen Ressourceneinsatzes
von hauptamtlichen Trainer*innen
sollte ein modifiziertes Konzept mit einer Basisschulung
über den Dachverband der DAH
und aufbauenden Modulen in den Aidshilfen
entstehen. Das Gerüst dazu konnte entwickelt
werden, allerdings stockt der Prozess,
weil es immer schwieriger wird, Kapazitäten
für ein überregionales Engagement frei zu
stellen.
So müssen wir zurzeit für die Einsteigerschulungen
auf die Verbandsangebote verweisen,
können aber natürlich unsere spezifischen
AIDS-Hilfe Bedarfe in verschiedenen Formen
in der Regel auch intern abdecken.
7.2 Externe Fortbildungen
Weiterhin besteht in unserer Einrichtung
ein Fortbildungsetat für ehrenamtliche und
hauptamtliche Mitarbeiter*innen. Nicht nur im
eigentlichen HIV/AIDS-Bereich, sondern auch
bei anderen sexuell übertragbaren Krankheiten
und in der Sozialgesetzgebung ergeben
sich immer schneller Veränderungen. Fortwährende
Weiterbildungen garantieren somit
eine kompetente und aktuelle Beratung und
daraus resultierend entsprechende Qualitätssicherung.
Wir bedanken uns abschließend an dieser
Stelle für das enorme freiwillige Engagement
und die vielen Stunden ehrenamtlicher Arbeit
bei unserem „EA-Team“!
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Controlling-Daten für das Kalenderjahr 2019 -
Verteilung nach Arbeitsfeldern
1. Unmittelbare Kontakte im Berichtsjahr 2019 durch Maßnahmen primärpräventiver Zielsetzung
(personalkommunikativ) :
Gesamt 14.646 (2018: 14.578)
Davon im Arbeitsbereich :
1.1. Youthwork u. Prävention in der Allgemeinbevölkerung
Gesamt: 4125 (28,2 %)
Davon männlich 1815
Davon weiblich 2311
Mit erkennbarem Migrationshintergrund 1034
Ohne erkennbaren Migr.hintergrund 3091
Bis 21 Jahre 2303
Über 21 Jahre 1822
1.2. Beratung (persönlich, telefonisch, inkl. bundesweite Telefonberatung u.per e-mail)
Gesamt : 1683 (11,5 %)
Davon männlich 1230
Davon weiblich 453
Mit Migrationshintergrund 205
Ohne Migrationshintergrund 1478
Bis 21 Jahre 102
Ab 22 Jahre 1581
1.3 Frauen (inkl. überregionale Aktionen i. R. der Landesarbeitsgemeinschaft; AG XXelle-Ruhrgebiet , …)
Gesamt : (100% weiblich) 610 (4,2 %)
Mit Migrationshintergrund 376
Ohne Migrationshintergrund 234
Bis 21 Jahre 58
Ab 22 Jahre 552
1.4 Migration (in 2019 subsumiert in Beratung 1.2, Frauen 1.3 u. YW 1.1)
Gesamt :
Davon männlich
Davon weiblich
Bis 21 Jahre
Ab 22 Jahre
96
1.5 Herzenslust regional (inkl. Beratung & Test, CSD Duisburg-Veranstaltungen, queer-life, Parties, …)
Gesamt : 2379 (16,2 %)
Davon männlich: 1553
Davon weiblich 826
Mit Migrationshintergrund 242
Ohne Migrationshintergrund 2137
Bis 21 Jahre 409
Ab 22 Jahre 1970
1.6 Herzenslust (Knotenpunktarbeit im Ruhrgebiet, fast vollständig über ZSP-Landesmittel gefördert)
(CSDs Köln, Düsseldorf und Essen, ..)
Gesamt : 270 (1,8 %)
Davon männlich 160
Davon weiblich 110
Mit Migrationshintergrund 30
Ohne Migrationshintergrund 240
Bis 21 Jahre 50
Ab 22 Jahre 220
1.7. SCHLAU Duisburg (seit 06/2013 in Trägerschaft der AIDS-Hilfe)
Gesamt: 2074 (14,2 %)
Davon männlich: 987
Davon weiblich: 1087
Mit Migrationshintergrund: 726
Ohne Migrationshintergrund: 1348
Bis 21 Jahre: 2025
Ab 22 Jahre: 49
1.8. Justizvollzug („Knastarbeit“) (JVA Du-Hamborn mit Zweigstelle Dinslaken)
Gesamt : (alle über 21 Jahre!) 95 (0,6 %)
Davon männlich 0
Davon weiblich 95
Mit Migrationshintergrund 60
Ohne Migrationshintergrund 35
1.9. Drogen (allgemeine und zielgruppenspezifische Präventionsarbeit d. AH)
Gesamt : 650 (4,4 %)
Davon männlich 441
Davon weiblich 209
Mit Migrationshintergrund 86
Ohne Migrationshintergrund 564
Bis 21 Jahre 35
Ab 22 Jahre 615
97
1.10. Spritzentausch (über persönlichen Kontakt, ohne Automaten in Du. u. Wesel)
Gesamt : 2300 (15,7 %)
Davon männlich 1900
Davon weiblich 400
Mit Migrationshintergrund 400
Ohne Migrationshintergrund 1900
Bis 21 Jahre 210
Ab 22 Jahre 2090
1.11. Substitution (an Wochenenden und Feiertagen in Duisburg, flankierende personalkommunikative
Maßnahmen)
Gesamt : 460 (3,2 %)
Davon männlich 380
Davon weiblich 80
Mit Migrationshintergrund 65
Ohne Migrationshintergrund 395
Bis 21 Jahre 0
Ab 22 Jahre 460
1. Unmittelbare Kontakte im Berichtsjahr 2019 durch Maßnahmen sekundär- und tertiärer Zielsetzung
(personalkommunikativ)
Gesamt : 1.014 (2018: 1.017)
1.1 (Psychosoziale-) Begleitung
Gesamt : 763 (75,3 %)
Davon männlich 463
Davon weiblich 300
Mit Migrationshintergrund 217
Ohne Migrationshintergrund 546
Bis 21 Jahre 72
Ab 22 Jahre 691
1.2 Beratung (für 2019 in 2.1. PSB integriert)
Gesamt :
Davon männlich
Davon weiblich
Mit Migrationshintergrund
Ohne Migrationshintergrund
Bis 21 Jahre
Ab 22 Jahre
98
1.3 Justizvollzug
Gesamt : 7 (0,7 %)
Davon männlich 4
Davon weiblich 3
Mit Migrationshintergrund 2
Ohne Migrationshintergrund 5
Ab 22 Jahre (alle!) 7
1.4 Frauen
Gesamt : 196 (19,3 %)
Mit Migrationshintergrund 104
Ohne Migrationshintergrund 92
Bis 21 Jahre 5
Ab 22 Jahre 191
1.5 Migration (s. 2.1. Begleitung und 2.4. Frauen)
2.6 Drogen
Gesamt: 34 (3,4 %)
Davon männlich 30
Davon weiblich 4
Mit Migrationshintergrund 8
Ohne Migrationshintergrund 26
Bis 21 Jahre 0
Ab 22 Jahre (alle!) 34
1.7 Youthwork (hier nur Personen! mit i.d.R. mehreren Kontakten!)
Gesamt : 14 (1,3 %)
Davon männlich 10
Davon weiblich 4
Mit Migrationshintergrund 2
Ohne Migrationshintergrund 12
Bis 21 Jahre 1
Ab 22 Jahre 13
99
100