jb2019

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1. Geschäftsbericht für das Jahr 2019 4

2. Beratung 24

2.1 Einleitung 24

2.2 Die Angebote der AIDS-Hilfe im Sektor Beratung 24

2.2.1 Persönliche Beratung 24

2.2.2 Telefonische Beratung 25

2.2.3 Die Bundesweite Telefonberatung 25

2.2.4 Die Telefonberatervernetzung im Ruhrgebiet 26

2.2.5 E-Mail Beratung 26

2.3 Danksagung 27

3. Begleitung 28

3.1 Positivenfond 30

3.2 Zusammenarbeit mit Kooperationspartner*innen 30

3.3 Angebote für Menschen mit HIV und Aids 31

3.4 Trauerarbeit 31

4. Öffentlichkeitsarbeit 32

4.1. AG Öffentlichkeitsarbeit 36

4.2. Veranstaltungen 36

4.3. Benefiz-Veranstaltungen 40

4.4. Veranstaltungen zum Welt-AIDS-Tag 2019 43

4.5. Berichterstattung in den Medien 47

4.6. Sonstige Aufgaben und Tätigkeiten 48

5. Zielgruppenspezifische Prävention 50

5.1 HIV und AIDS Prävention bei Schwulen und Männern

die Sex mit Männern haben 51

5.2 Drogen und Substitution 58

5.2.1 Primär- und Sekundärprävention 60

5.2.1.1 Spritzenaustauschprogramm 60

5.2.1.2 Suchtprävention bei Partydrogen 60

5.2.2 Substitution 60

5.2.2.1 Entwicklung der Wochenendvergabe 60

5.2.2.2 Psychosoziale Begleitung Substituierter (PSB) 61

5.2.3 Niedrigschwellige Arbeit mit illegalisierten

Drogengebraucher*innen 61

5.2.4 „Nationaler Gedenktag für verstorbene

Drogengebraucher*Innen“ am 21. Juli 63

5.2.5. „International Overdose Awareness Day“

Tag gegen Überdosierung am 31.8 65

5.2.6 Teilnahme an Arbeitskreisen 66

5.2.7 Teilnahme an JES-Mitgliederversammlung 67

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5.3 HIV und Strafvollzug 68

5.3.1 Einführung 68

5.3.2 Überregionale Aktivitäten 69

5.3.3 Lokale Arbeit des Projektes ,HIV und Strafvollzug’ 69

5.3.4 Gesundheitliche Belastungen von Inhaftierten 69

5.3.5 Primär- und Sekundärprävention 70

5.3.6 Begleitung 71

5.3.7 Resümee 71

5.4. Frauen und HIV /Aids – Prävention bei Frauen

in besonderen Lebenslagen 72

5.5. Frauen und HIV / Aids / Migration 73

5.6 Youthwork / Prävention in der Allgemeinbevölkerung 76

5.6.1 Veranstaltungsinhalte 81

5.6.2 Schulische Prävention / Youthwork 82

5.6.3 (Präventions-) Veranstaltungen

für Jugendliche und Multiplikator*innen 84

5.6.4 Multiplikator*innen- und Erwachsenenbildung 85

5.6.5 Berufsspezifische Erwachsenenbildung 86

5.6.6 Sonstige Aufgaben und Tätigkeiten 87

5.7. SCHLAU Duisburg 88

6. SELF Duisburg / Kreis Wesel 90

7. Ehrenamtliche Mitarbeit 94

7.1. Schulung und Fortbildungen

für ehrenamtliche Mitarbeiter*innen 95

7.2 Externe Fortbildungen 95

8. Controlling 96

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1. Geschäftsbericht für das

Jahr 2019

HIV ist unter stabiler Therapie nicht

übertragbar!

Diese nunmehr über zehn Jahre alte, inzwischen

völlig unbestrittene Erkenntnis, war

nach einer repräsentativen Umfrage der Bundeszentrale

für gesundheitliche Aufklärung

(BZgA) aus dem Jahre 2017 nur bei etwa zehn

Prozent der deutschen Bevölkerung bekannt.

Im Verbund mit unseren Verbandsstrukturen

sind auch wir angetreten, das Wissen darüber

mindestens zu verdoppeln, die Formel n

= n! (HIV-Viruslast nicht nachweisbar = nicht

übertragbar!, s. Jahresbericht 2018) ins Land

und in unsere Region zu tragen – nicht zuletzt

um endlich mehr Entspannung im Umgang

mit HIV und AIDS und damit auch eine

deutliche Senkung der bedeutungsvollsten

Testbarriere zu erreichen, nämlich den Abbau

von Stigmatisierung und Diskriminierung von

Menschen mit HIV und AIDS voranzutreiben.

Das haben wir im Berichtsjahr 2019 dann

auch intensiv gemacht – mit welchem Erfolg?

Insbesondere im Rahmen unserer Öffentlichkeitsarbeit

sowie bei nahezu allen

Präventionsveranstaltungen haben wir n =

n thematisiert und entsprechende Umfragen

vorangestellt. Dabei konnten wir zumeist die

(maximal) zehn Prozent von Wissenden bestätigt

finden. Inzwischen können wir sagen,

dass es gelungen ist, die Quote der Wissenden

erheblich zu steigern. Aber vermutlich

sind wir noch ein ganzes Stück vom Verdoppelungsziel

entfernt. Also: es ist weiterhin

noch viel zu tun! Und: Alleine werden wir es

nicht schaffen.

Unterstützen Sie uns, verehrte Leser*innen,

dabei, unseren Mitmenschen unnötige Ängste

vor einer HIV-Übertragung zu nehmen und

den Tendenzen von Zurückweisung und Stigmatisierung

entgegenzuwirken! Und schreiben

Sie gemeinsam mit uns die Präventionserfolgschichte

in Deutschland und unserer

Region fort!

Ja – es ist eine Erfolgsgeschichte, denn wir

sind auch in den Jahren 2018 und 2019 bei

4


den HIV-Nachhaltigkeitszielen der WHO (und

der Bundes- und Landesregierung) vorangekommen.

Sie erinnern sich: Bis 2030 weltweit

und bis 2020 in Deutschland sollten 90%

Diagnosen erreicht werden, davon 90% unter

HIV-Therapie und davon wiederum 90%

unter die sog. Nachweisgrenze gebracht werden.

In Deutschland sind wir nah dran, wie

das Robert-Koch-Institut (RKI) im Berichtsjahr

für das Jahr 2018 dokumentiert, wonach

wir bei 88% Diagnosen sind, davon 93% der

Menschen unter Therapie und davon wiederum

95% unter der Nachweisgrenze! (Die WHO

hat inzwischen ihre Ziele (SDG`s) nach oben korrigiert

und will bis 2030 95-95-95 erreichen.)

Wir sind also auf einem guten Weg, aber

noch lange nicht am Ziel: So hat uns etwa die

DRUCK-Studie des RKI (2016) gezeigt, dass

z. B. die Versorgungsquote bei HIV-positiven

Drogengebrauchenden nur bei 55% liegt. Wir

müssen insbesondere in besonders riskierten

Zielgruppen und in noch unterversorgten Regionen

nachlegen und die Versorgungs- und

Präventionsinfrastrukturen nachhaltig verbessern.

Dazu zählt in Teilen leider auch unsere

Region.

Richtig ist, dass wir noch erhebliche Anstrengungen

unternehmen müssen, um das Mögliche

zeitnah erreichen zu können. Klar ist, dass

wir dazu eine adäquate Infrastruktur, insbesondere

zu Beratungs- und Testmöglichkeiten,

aber auch bei der medizinischen Versorgungslage

benötigen. Dort, wo dies gegeben

ist, wo also etwa Checkpoints mit Beratungsund

Testangeboten, mit interdisziplinärer

Fachlichkeit zum Themenfeld der sexuellen

Gesundheit entstanden sind, verzeichnen wir

seit ein paar Jahren deutliche Effekte – im

Sinne einer Reduzierung der HIV-Inzidenzen

– insbesondere in der besonders relevanten

Gruppe der MSM (Männer, die Sex mit Männern

haben). Das ist allerdings zumeist nur in

einzelnen großstädtischen Räumen der Fall.

Epidemiologische Eckdaten in Deutschland

Mit HIV leben nach den Angaben des Robert-Koch-Institutes

(RKI, Epidemiologisches Bulletin

46/2019 vom 14.11.2019 in Deutschland immer

mehr Menschen (2018 etwa 87.900)

5


mehr oder weniger gut. Etwa 2/3 davon sogar

so gut, dass sie der Unterstützung durch die

AIDS-Hilfen kaum noch bedürfen. Es bleibt

allerdings gut ein Drittel, die aufgrund von diversen,

oft prekären Lebenssituationen auch

aufgrund der HIV-Infektion dringend auf Unterstützung,

Rat und Hilfe durch AIDS-Hilfen

angewiesen sind. Und das zumindest phasenweise

sehr intensiv.

Dies gilt insbesondere für die Gruppe der sogenannten

„late presenter“, der Menschen

also, die erst sehr spät ihre Erstdiagnose bekommen

und sich dann bereits in sehr ernst zu

nehmenden gesundheitlichen Problemlagen

befinden – nicht selten mit sehr fortgeschrittenem

Immundefekt (in 2018 immer noch

etwa 1.000 = 32% der Fälle und 460 = 15%

bereits im Stadium AIDS). Sie tauchen erst so

spät auf, weil sie bis dahin vielleicht nur wenig

gesundheitliche Probleme hatten, weil sie

bis dahin kein Risikobewusstsein entwickelt

haben, weil sie sich aus diffusen Ängsten heraus

bewusst gegen einen Test entschieden

haben oder weil sie Stigmatisierung oder/und

diskriminierende Folgen befürchten oder weil

ihnen schlichtweg die Informationen fehlen.

Oder weil sie bis dahin auf schlecht informierte

oder nicht sensibilisierte Mediziner gestoßen

sind und sie somit keine Testempfehlung

bekommen haben.

Leider sind auch in 2018 über 450 Todesfälle

von HIV-Infizierten zu verzeichnen.

Für das Berichtsjahr 2018 geht das Robert-Koch-Institut

(RKI; für 2019 kommen

belastbare Daten erst Mitte 2020) zudem davon

aus, dass von den etwa 87.900 HIV-Infizierten

in Deutschland ungefähr 10.600

Menschen noch nicht getestet sind und somit

keine Ahnung von ihrem Status haben können.

Und dabei sind die zugewanderten Menschen

mit Migrationshintergründen (wie etwa

Geflüchtete) nicht (mehr) berücksichtigt, weil

das RKI sich zurzeit dazu außer Stande sieht,

seriöse Angaben zu machen.

Und diese Gruppe der Ungetesteten spielt

wiederum eine wesentliche Rolle hinsichtlich

der Zahl von HIV-Neuinfektionen (für das Berichtsjahr

2018 etwa 2.400 = ca. 4% weniger

als in 2018), denn diese sind vermutlich für

einen großen Teil der Übertragungen verantwortlich.

Für das Jahr 2018 verzeichnet das RKI ca.

3.100 Neudiagnosen (gesicherte Diagnosen,

die nicht zwingend alle aus 2018 stammen

müssen, hier werden z.T. auch ältere Infektionszeiten

inkludiert, die aber in 2018 gemeldet

wurden). Die HIV-Neuinfektionen (2.400)

verteilen sich wie folgt auf die „Transmissionsgruppen“:

66,7 % MSM = Männer, die Sex mit

Männern haben (Rückgang gegenüber den

Vorjahren); HETerosexuelle: 22,1 % (leichter

Rückgang bei Frauen, leichter Anstieg bei

Männern); intravenös verabreichter Drogenkonsum

–IVDU- 12,9 % (deutliche Anstiege

seit 2012!); Mutter-Kind-Übertragungen in

2018 = weniger als 10 Fälle gesamt.

Auffällig bei der weitergehenden Analyse der

regionalen Verteilung war laut RKI, dass die

absoluten Zahlen der HIV-Neudiagnosen bei

MSM insgesamt weiter gesunken sind (von

2.200 in 2013 auf 1.600 in 2018), was das

RKI „primär auf die effektive und frühere Behandlung

von HIV-Infizierten und die gestiegene

Testbereitschaft und frühere Diagnosen

von Infektionen“ (Quelle für alle Daten: Epidemiologisches

Bulletin, Nr. 46, 14.11.2019)

zurückführt. Diese Entwicklungen zeigen sich

allerdings vorwiegend in den Regionen mit

einer guten Präventions- und Versorgungsinfrastruktur

–vorwiegend in Großstädten über

500.000 Einwohnern und eindeutig nicht in

ländlichen Bereichen.

Das RKI empfiehlt hier u.a. eine zielgruppenspezifische

Bewerbung von HIV-Selbst-

6


tests (s.u.).

Hinzuzurechnen wären auch noch die nicht

erfassten HIV-Neudiagnosen bei Geflüchteten,

wovon gemäß Königsberger Schlüssel

eben auch die meisten NRW zugewiesen wurden.

Da es sich aber epidemiologisch betrachtet

um keine auffälligen Herkunftsregionen

handelt, sprechen wir hier sicher nicht über

„Massen“. So sind wir auch im Berichtsjahr

2019 mit geringeren Fallzahlen als noch in

2016 und 2017, dann aber auch sehr intensiv

beschäftigt gewesen.

Das RKI zieht im Bulletin vom November

2019 ein Fazit, in dem es unter anderem

heißt: „Die aktuellen Daten legen die

Schlussfolgerung nahe, dass der Ausbau

von zielgruppenspezifischen Testangeboten

und ein früher Behandlungsbeginn

auch in Deutschland Erfolge zeigen.

Dieser Weg sollte konsequent fortgesetzt

werden, insbesondere durch eine

weitere Verbesserung der Testangebote

und die Gewährleistung des Zugangs zur

Therapie für alle in Deutschland mit HIV

lebenden Menschen.“

(Epidemiologisches Bulletin Nr. 46, Robert-Koch-Institut,

14.11.2019, S. 483)

Wie erhofft und erwartet hat sich die Wiedereinrichtung

und –besetzung einer vollen

Stelle „AIDS-Koordination“ ab November

2017 im Folgenden sehr positiv ausgewirkt.

Neben dem insgesamt zu verzeichnenden Zugewinn

an Ressourcen, Kapazitäten und Synergien

durch kooperative Zusammenarbeit

ergab sich auch eine weitere Entlastung der

AIDS-Hilfe bei koordinativen Aufgaben in der

Netzwerkarbeit.

Ganz besonders begrüßen wir die Ausweitung

und Etablierung des Beratungs- und Testangebotes

in Kooperation mit unserem „Herzenslust-Projekt“

vor allem für die Zielgruppe der

Männer, die Sex mit Männern haben (MSM)

durch den „Herzenslust-Checkpoint in der

AIDS- und STD-Beratungsstelle des Duisburger

Gesundheitsamtes“ in zentraler

Citylage und zu kundenfreundlichen Zeiten

(s. 5.1.).

Sehr erfreulich ist neben dem HIV-Testangebot

auch das breite Angebotsspektrum zu

weiteren STI`s, deren Berücksichtigung aus

der HIV-Prävention nicht mehr wegzudenken

ist.

Epidemiologische Eckdaten aus der Region

Auch hier können wir nur die Datenlage zum

Jahr 2018 wiedergeben. Wie bereits erwähnt

sind erste halbwegs valide Daten für das Jahr

2019 erst ab Mitte 2020 zu erwarten.

Für die Stadt Duisburg ist unseres Erachtens

insgesamt ein erkennbarer Effekt der verbesserten

Beratungs- und Testangebote zu konstatieren.

Von der hohen HIV-Inzidenz-Rate

(HIV-Erstdiagnosen / 100.000 Einwohner)

im Jahre 2016 in Höhe von 6,31 ist ein steter

Rückgang auf 3,61 in 2017 und auf 2,81

in 2018 zu verzeichnen – und das bei einer

deutlichen Steigerung der Testungen.

Es bleibt dabei: der HIV-Test ist keine Schande,

sondern eine Chance!

Unsere Pläne, mit dem begleiteten Beratungs-

und Testangebot in Verbindung mit

dem sog. HIV-Heim- bzw. Selbsttest in

der AIDS-Hilfe ein weiteres, ergänzendes

niedrigschwelliges und qualifiziertes Testangebot

– einmal monatlich in den Abendstunden

und mit zeitlichem Abstand zum

Checkpoint-Angebot umzusetzen, konnten

im Berichtsjahr realisiert werden. Seit März

2019 wird das Angebot einmal monatlich an einem

Mittwoch-Abend zwischen 18 und 20 Uhr umgesetzt.

Hier wird der Test mit einer qualifizierten

Beratung durch Expert*innen angeboten,

damit niemand alleine im stillen Kämmerlein

mit den Ergebnissen klarkommen muss.

Wenngleich wir dieses Angebot bewusst nicht

nur für besondere Zielgruppen bewerben,

sondern offen halten, kommen wir damit den

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Empfehlungen des RKI nach und halten ein

wichtiges, die Regelangebote der Gesundheitsämter

ergänzendes Angebot vor, das

durch die Abendzeiten auch noch mal niedrigschwelliger

ist. Nach Vereinbarung können

Nachfrager*innen zudem auch in den regulären

Öffnungszeiten bedient werden. Inzwischen

wird auch dies konstant gut angenommen,

obwohl wir diesen Test nicht (mehr)

kostenfrei vorhalten können. Die allermeisten

„Kunden“ sind aber gerne bereit, die verlangten

17,- Euro dafür zu entrichten.

Auch im Kreis Wesel verzeichnen wir nach

schwierigen Jahren eine zarte Verbesserung

der Angebotslage im Fachdienst Gesundheitswesen.

Wenngleich wir das Angebot nach wie

vor für zu schmal und zu hochschwellig halten,

sollen die deutlichen Bemühungen der

Verantwortlichen hier positiv hervorgehoben

werden. Wissen wir doch auch um die Schwierigkeiten,

heute geeignetes Fachpersonal zu

gewinnen und zu binden.

So konnte im Frühjahr 2019 eine ärztliche

Stelle im Bereich des Infektionsschutzes, die

eben auch die Funktion der „AIDS-Koordination“

beinhaltet, wiederbesetzt werden. In der

Folge wurde auch das Testangebot dadurch

verbessert, dass es neben dem Angebot in

Moers (Montags zw. 14 und 16 Uhr) seither

auch rechtsrheinisch in Wesel nun ein wöchentliches

Angebot (Dienstags zwischen 14

und 15.30 Uhr) regelhaft gibt – immerhin.

Anders als in Duisburg sind allerdings über

die Aufgabenwahrnehmung der Pflichtaufgabe

der AIDS-Koordination (§ 23 ÖGDG)

neben dem Testangebot nur wenige weitere

Ressourcengewinne zu erwarten, da der vorgesehene

Stellenanteil eher als „Alibi“ (nur

0,1 VZÄ) zu bezeichnen ist. Leider hat der

Gesetzgeber es versäumt, den Umfang der

Pflichtaufgabe zu regeln.

Das ist gemessen an der Größe des Kreises

und seiner Einwohnerzahl nach wie vor

äußerst bescheiden! Und hier geht es ja schon

lange nicht mehr „nur“ um HIV und AIDS, sondern

in zunehmendem Maße auch um andere STI`s, bei

denen wir leider andere epidemiologische Zahlen

konstatieren müssen – nämlich zum Teil deutliche

Anstiege – auch in der sog. Allgemeinbevölkerung

(s. RKI-Daten).

Während die Investitionen in die Präventionsund

Testinfrastruktur in Duisburg sich u.a.

durch eine deutliche Steigerung der Testungen

ausgezahlt haben, sind im Kreis Wesel

nur sehr leichte Steigerungen zu verzeichnen.

Da wir aus vielfach beschriebenen Gründen

für den Kreis Wesel keine wirklich belastbaren

Daten generieren können, sind wir hier

noch mehr auf Schätzungen angewiesen.

Es erscheint allerdings realistisch, dass sich

die HIV-Inzidenzen bei den Erstdiagnosen in

2018 im Bereich von 2,19 (= ca. 12 Fälle)

wie in anderen ländlichen Regionen in NRW -

und damit auf einem recht niedrigen Niveau

bewegen.

Das hat aber gewiss auch mit dem schwächeren

Testangebot zum einen wie auch mit dem

Umstand zu tun, dass nicht wenige Testsuchende

aus dem Kreisgebiet lieber die höhere

Anonymität in den umliegenden Großstädten

suchen.

Gemeinsam gegen AIDS

Angesichts der ambitionierten aber erreichbaren

Ziele erachten wir es für entscheidend,

dass die partnerschaftliche und partizipative

Kooperation zwischen staatlichen Strukturen

(hier die unteren Gesundheitsbehörden)

und den freien Trägern (hier also wir, die

AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel als einzige

Fachorganisation in der Region) erhalten und

günstigenfalls gestärkt wird.

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Dies alles erfordert natürlich personelle und

materielle Ressourcen, verbunden mit zeitlichen

Perspektiven. Nur so können einerseits

nachhaltige Effekte erzielt werden und andererseits

flexible Anpassungsprozesse an

epidemiologische und soziodemographische

Entwicklungen insbesondere in der Vor-Ort-

Arbeit erfolgen. Vor allem auch, weil die Erfordernisse

für Netzwerkarbeit stetig anwachsen,

diese allerdings nur dann auch effektiv

wirken können, wenn hier personelle Kontinuität

gewährleistet werden kann.

Das gilt natürlich auch für die Versorgungslage

von Menschen mit HIV und AIDS in unserer

Region. Im Berichtsjahr blieb es leider

auch dabei, dass wir mit Dr. Friedhelm Kwirant

nur noch einen einzigen HIV-Schwerpunktbehandler

im Duisburger Süden haben, mit dem

wir allerdings sehr zufrieden sind und der im

Verbund mit seinem Praxisteam enorm viel

leistet. Diesem Team gilt unser tiefer Respekt

und großer Dank!

Eine weitere Erosion der spezifischen Ressourcen

zu verhindern erfordert wiederum

mehr zeitliche Investitionen in die Gremien-

und Netzwerkarbeit, um drohenden

Know-how-Verlusten vorzubeugen und das

Mögliche zu tun, damit zumindest etablierte

Standards erhalten werden können.

Ob dies im erforderlichen Maße gelingen mag,

ist weiterhin mehr als fraglich. Wir werden

uns voraussichtlich eher mit der Verhinderung

von weiteren Erosionen befassen müssen

– und zwar im personellen wie auch im

finanziellen Bereich, denn die Deckelungen

der öffentlichen Förderung werden sich weiter

sehr ungünstig auf den Erhalt der vorhandenen

Kapazitäten auswirken!

Nach vielen Jahren des Stillstandes hat sich

im Berichtsjahr auch das Land NRW bewegt.

Während die längst fällige Anpassung der

Landesgrundförderung weiterhin ausgeblieben

ist, konnte das Ministerium für Arbeit,

Gesundheit und Soziales (MAGS NRW) immerhin

–gemäß der Ankündigungen im Zusatzprotokoll

der → Rahmenvereinbarung mit

den Kommunalen Spitzenverbänden und denen

der Wohlfahrtspflege- neben der Förderung

der zielgruppenspezifischen Prävention

(ZSP) weitere Projektmittel aus dem Gesundheitsministeriumsbudget

freischaufeln und

zum Jahresbeginn 2019 ausschreiben. Damit

sollten analog den Empfehlungen des RKI

spezielle Netzwerke entstehen und gefördert

werden können, bei denen etwa schwer erreichbare

Zielgruppen sowie unterversorgte,

eher ländlich geprägte Regionen besonders

im Fokus stehen sollten. Trotz eines sehr engen

und ambitionierten Zeitplanes konnten

im Laufe des Jahres fünf Netzwerke an den

Start gehen.

Wir freuen uns sehr, dass auch wir und unsere

Region dabei sein können. Dank der sehr kooperativen

und synergetischen Zusammenarbeit

mit den Kolleg*innen der AIDS-Hilfe

Essen, denen auch die Federführung des Projektes

obliegt, konnte das Netzwerk „Sexualität,

Gesundheit und Sucht“ im westlichen

Ruhrgebiet ab dem 01.09.2019 an den

Start gehen. Im Fokus steht hier die Gruppe

der Drogengebrauchenden (v.a. IVDU, aber

auch Chemsexuser u.a. Suchtbelastete) in

den Städten Essen, Duisburg und dem Kreis

Wesel, die –wie beschrieben, s. DRUCK-Studie-

zu den von HIV und HCV besonders riskierten

Gruppen zählen, aber eine noch sehr

kleine Zahl an Diagnosen stellen (s.o.).

Hier geht es im Kern darum, die Suchthilfestrukturen

bei der Thematisierung der sexuellen

Gesundheit und bei der Transparentmachung

von Versorgungsstrukturen und

Versorgungspfaden aktiver als bisher einzubeziehen

und mit ihnen zusammen zu arbeiten.

Wir freuen uns sehr, dass es gelingen

konnte, alle entsprechenden Beratungsstellen

aus unserer Region sowie die kommunalen

Sucht- und Psychatriekoordinationsstellen

zu einer Unterstützung dieses Projektes

gewinnen zu können. Es ist ein hoch interessantes

Netzwerk entstanden, in dem

Sucht- und AIDS-Hilfen mit der Selbsthilfe

(JES NRW und JES Duisburg), medizinischen

Versorgungseinrichtungen (Praxis Kwirant,

Uniklinik Essen, LVR-Klinikum Essen, …), den

ÖGD-Strukturen sowie Trägern der kommunalen

Sozialhilfe engagiert sind und sich in-

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terdisziplinär sowie sektorenübergreifend

austauschen und kooperieren.

In einem der ersten Schritte sollen die spezifischen

Bedarfe der Zielgruppe wie der beteiligten

Einrichtungen (Fortbildungen o.a.)

erhoben werden. Perspektivisch sollen auch

Peers aus den Zielgruppen gefunden, ausgebildet

und aktiv einbezogen werden und

natürlich soll dieses Netzwerk auch über den

Förderzeitraum von immerhin 30 Monaten hinaus

aktiv bleiben können. Für uns bedeutet

dieses Projekt natürlich mehr Arbeit, die allerdings

einen wichtigen Beitrag zu unserem

strukturellen Präventionsauftrag leistet und

auch vergütet wird und somit die Landesförderung

quasi dezent erhöht. Das ist ein wichtiges

Signal auch für die kommunalen Gremien.

Allerdings führt auch diese leichte Erhöhung

der Öffentlichen Förderung bei weitem noch

nicht zur Aufhebung unseres strukturellen Finanzierungsdefizits!

Unsere Haushaltslage und die Folgen

Die seit vielen Jahren gedeckelten Landes-

und kommunalen Fördermittel führen

auch bei unserer AIDS-Hilfe dazu, dass die

Schere zwischen öffentlicher Förderung und

Haushaltsbedarfen immer weiter auseinanderdriftet

und darüber allein schon die Aufrechterhaltung

unseres Angebotsspektrums

immer schwieriger wird. Zu betonen ist, dass

ein ganz überwiegender Teil dieser Angebote

kommunale Pflichtaufgaben abdeckt, deren

Umfang allerdings eben vom Gesetzgeber

nicht geregelt wurde.

Selbst bei stabiler öffentlicher Förderung

wächst der Eigenmittelanteil alleine durch

tarifrechtliche Steigerungen im Personalkostenetat

sowie stetig steigender Sachkostenausgaben

(Mehrwertsteuer, technische Ausstattung

durch z.B. online-taugliche Medien,

Fahrtkosten, vom Land geforderte, aber nicht

refinanzierte Qualitätssicherungsmaßnahmen,

Nebenkosten für den Gebäudeunterhalt,

Personalbeschaffungs- und Fortbildungskosten,

Mitgliedsbeiträge bei Dachverbänden

und vieles mehr).

Um einen einigermaßen ausgeglichenen

Haushalt hinzubekommen, benötigen wir

mittlerweile über 50.000 Euro per anno aus

nicht-öffentlichen Drittmitteln. Das macht

zwischen 15 und 20 % unseres Haushaltsvolumens

aus. Und dabei ist der „Gegenwert“

von ca. 2800 Stunden ehrenamtlicher (entgeltfreier,

aber nicht kostenfreier!) Arbeit per

anno (entspricht ca. 3 Vollzeitäquivalenten!)

noch nicht eingerechnet!

Allerdings mussten wir auch im Berichtsjahr

weitere Einbrüche bei den Drittmitteln (Spenden,

Sponsoring und sonstige Einnahmen)

verzeichnen. Da unsere Betriebsmittelrücklagen

inzwischen aufgebraucht werden mussten,

wären wir schon im ersten Quartal 2018

nicht mehr in der Lage gewesen, die Gehälter

und Sachkosten auszuzahlen, wenn uns nicht

eine unverhoffte Erbschaft zur rechten Zeit

über den Berg und letztlich auch knapp über

das Berichtsjahr 2019 gebracht hätte.

Wie im letzten Jahresbericht erwähnt, haben

bilaterale Kooperationsgespräche zwischen

den ÖGD-Strukturen der Stadt Duisburg und

des Kreises Wesel zu einem abgestimmten Ergebnis

für die Jahre 2019 bis 2021 geführt. Für

diesen Zeitraum ist nunmehr ein unterschiedlicher

Anteil der kommunalen Ergänzungsfinanzierung

ausgehandelt worden, wonach die Stadt Duisburg

fortan 58% und der Kreis Wesel 42% und zwar in

Form einer Festbetragsfinanzierung trägt.

Obwohl die Gesamtförderung nach wie vor

deutlich unterhalb einer Deckung unserer

Personalkosten und ohne Berücksichtigung

von Overhead- und anderen Sachkosten für

–wohlgemerkt- kommunale Pflichtaufgaben

bleibt, haben wir dieser Vereinbarung schweren

Herzens zugestimmt, weil wir ansonsten

das Gesamtkonstrukt gefährdet hätten. So

erhielten wir für das Jahr 2019 ff zumindest

eine gewisse Planungssicherheit auf eindeutig

zu niedrigem Niveau.

Die in dieser Vereinbarung prognostizierte

zehnprozentige Landesförderung ist mit Ausnahme

der Netzwerk-Projektmittel (ab Sep-

10


tember 2019) erneut ausgeblieben, die Eigenmittelquote

(maximal 20%) wurde im Laufe

des Berichtsjahres absehbar überschritten,

vor allem Tarifsteigerungen konnten nicht

aufgefangen werden. Darüber haben wir die

Dezernate bereits im Februar und wiederholt

Anfang März des Berichtsjahres hingewiesen

und Gesprächsbedarfe angetragen – ohne Reaktion!

Die erneute Anmeldung zu problemlösenden

Initiativen zum Jahresende führte

leider auch noch nicht zu einer Planungssicherheit

für das Jahr 2020. Die Hinweise der

Dezernenten auf jeweils verabredete Doppelhaushalte

und eine damit verbundene Begrenzung

der Spielräume ist nachvollziehbar,

aber hilft in keinster Weise! Es deutet sich

an, dass unsere Vereinbarung und die damit

verbundenen Nachbesserungsmöglichkeiten

nichts wert sein könnten! Wenn es hier keine

Bewegung geben wird, ist die Existenzsicherung

im Jahre 2020 akut gefährdet.

Es bleibt eine große Herausforderung, allein

den Status quo zu erhalten. Und diesen müssen

wir paradoxerweise vorhalten, weil wir

vom Land NRW, von der Stadt Duisburg und

dem Kreis Wesel über Zuwendungsverträge

und die → Rahmenvereinbarung mit dem

Land dazu verpflichtet sind. Zu betonen ist

an dieser Stelle sicherlich auch einmal mehr,

dass auch das Land NRW sich seit 30 Jahren

(!) nicht adäquat bewegt und die geforderte

Weiterentwicklung nicht hinreichend fördert.

Wie weit die Förderungsregelung nachhaltig

tragen wird, ist leider nicht mehr offen, wie

wir es noch im letzten Jahresbericht geschrieben

haben, sondern relativ klar: sie wird für

das Jahr 2020 nicht reichen!

So sind wir weiterhin zu erheblichen Anstrengungen

im Bereich der Drittmittelakquise genötigt,

welche Kapazitäten von den eigentlichen

Aufgaben abziehen – ohne kalkulierbare

Erfolgssicherheiten. Das ist angesichts der

fachlichen Herausforderungen und Entwicklungen

äußerst bedauerlich! Die Frage sei erlaubt,

wie Land, Stadt und Kreis bei anderen

Pflichtaufgaben, die sie ausgelagert haben,

vorgehen? Natürlich ist hier auch die Landesund

Kommunalpolitik gefordert, sich zu positionieren

–nicht nur weil 2020 Kommunalwahlen

anstehen.

Natürlich waren wir hier nicht untätig, sondern

haben weitere Kraftanstrengungen unternommen

und Ressourcen weit über das

normale Maß hinaus eingesetzt. Dabei war

und ist uns wichtig, dass wir zum einen satzungsgemäß

agieren wollen und müssen und

entsprechend im Sinne unseres Auftrages der

strukturellen HIV- und STI-Prävention nach

Fördermöglichkeiten für sinnhafte Angebote

Ausschau halten und zum anderen nicht über

Gebühr unsere Kernaufgaben vernachlässigen.

Dazu zählt der Aufbau unseres Angebotes

der Eingliederungshilfe „SELF Duisburg /

Kreis Wesel“, das angesichts der klar umrissenen

Zielgruppe von Sucht- und/oder psychisch

Erkrankten mit oder ohne HIV-Infektion

primär- und sekundärpräventive Effekte

im Sinne unseres Auftrages erfüllt und zum

Teil die reguläre Begleitungsarbeit entlasten

kann. Dieses Angebot muss sich allerdings

wirtschaftlich selbst tragen, was u.a. dank einer

Förderung durch die Aktion Mensch auch

gelingt.

Dazu zählt weiter das schon erwähnte Projekt

Netzwerk „Sexualität, Gesundheit

und Sucht“ im westlichen Ruhrgebiet,

welches neben einiger zusätzlicher Arbeit seit

September des Berichtsjahres auch zusätzliche

Landesprojektmittel einspielt.

Und dazu zählt auch die Entwicklung einer

weiteren Projektidee für die Zielgruppe

aktiv drogengebrauchender Menschen,

nämlich der Aufbau von Arbeitsgelegenheiten

(AGH), welches federführend unsere Vorständin,

Daniela Niemczyk, konzipiert hat

und das der Sucht- und Psychatriekoordinator

der Stadt Duisburg konstruktiv begleitet

und von weiteren etablierten Kooperationspartnern

(Nikolausburg und die Alexianer

Bürgerhütte) getragen werden könnte. Die

Abstimmung der Kooperationspartner ist im

Berichtsjahr weit gediehen und steht vor der

Präsentation mit dem Jobcenter als Finanziererin

sowie im Nachgang dann vor der Suche

11


eines Rechtsträgers, einem erforderlichen

Bildungsträger. Wir sind zuversichtlich.

Trotz einer erneut sehr umsichtigen Haushaltsführung,

die bei Werner Garbe und Susanne

Renner in besten Händen liegt, mussten

auch wir uns in den letzten Jahren konkret

mit eigenen Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen

beschäftigen und äußerst schmerzliche

Einschnitte vollziehen (s. Vorjahresberichte).

Es zeigt sich deutlich, dass wir damit

schon an die Grenzen des Machbaren gegangen

sind und wir darüber kaum Entlastung

erfahren konnten.

Leider sind auch im Berichtsjahr weitere –erklärbare-

Einbrüche bei den Drittmitteln

zu verzeichnen. So lässt die Spendenbereitschaft

der Bevölkerung weiter nach, was in

erheblichem Maße sicherlich mit den enormen

Fortschritten in der Behandelbarkeit zu erklären

ist – dieses „Schicksal“ teilen wir etwa

auch mit der Deutschen AIDS-Stiftung. Auch

beim „Solibären-Vertrieb“ (s. 4.4) gehen die

„Umsätze“ etwas zurück.

Durch das Ausscheiden eines substituierenden

Arztes in Duisburg sind die Zahl der substituierten

Patient*innen im Rahmen unserer

Kooperation für die Vergabe an den Wochenenden

und Feiertagen und damit anteilige

Einnahmen gesunken. Seine Nachfolgerin ist

erfreulicherweise in die Kooperationsvereinbarung

eingestiegen, hat aber nur eine halbe

Stelle und damit einfach weniger Patient*innen

in der Versorgung.

An dieser Stelle gilt unser herzlichster Dank

Herrn Dr. Eberhard Hander für seine langjährige

Zusammenarbeit und Unterstützung

beim Aufbau, der Organisation und Umsetzung

dieser nach wie vor wichtigen Maßnahme,

die in erheblicher Weise zu einer Stabilisierung

der Lebenssituation von ansonsten

besonders infektionsgefährdeten Menschen

beiträgt.

Es wäre äußerst wünschenswert, wenn weitere

substituierende Ärzt*innen Interesse an

dieser Kooperation entwickeln könnten, welche

sie ja auch bei den Diensten an Wochenenden

entlasten kann.

Wir können mehr!

Und wir wollen mehr und wir müssten mehr,

denn die Möglichkeiten der strukturellen

HIV-Prävention sind einfach gewachsen. Allerdings

sind die Strategien auch komplexer

geworden und damit steigen die Anforderungen

an fundierte Aus- und Fortbildungen

unserer ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter*innen

und ihrer Qualifikationen.

Safer Sex 3.0

Die Instrumente der Prävention sind heute

vielfältiger und müssen kommuniziert werden.

Mit der unumstrittenen Strategie des

„Schutzes durch Therapie“ (SDT oder

„treatment as prevention“) und der für manche

Zielgruppen sinnvollen „Präexpositionsprophylaxe“

(PrEP), die im September

2019 für Menschen mit signifikanten Expositionsrisiken

sogar zur Kassenleistung geworden

ist (!) sind wichtige neue Möglichkeiten

des Schutzes vor HIV-Infektionen der alten

–und nach wie vor unerlässlichen- Kondomstrategie

hinzugefügt worden. Neue Testformate,

wie HIV-Heim- oder Selbsttests

sind im Oktober 2018 auf Initiative des Bundesgesundheitsministers,

Jens Spahn, zugelassen

worden und sogar über Apotheken

und Drogeriemärkte beziehbar. Sog. Home-

Sampling-Tests gehen in Pilotprojektphasen

u.a.m. Das eröffnet weitere Chancen auf frühe

Diagnosen und mehr und frühere Therapieeinstiege.

Wir wollen uns diesen neuen Optionen

stellen und sie konstruktiv aufgreifen

und haben dies auch bereits umgesetzt durch

das Angebot des begleiteten Selbsttests in

der AIDS-Hilfe (im Berichtsjahr jeden dritten

Mittwoch im Monat und nach Terminvereinbarung).

Damit einher geht allerdings ein eher gesteigerter

Beratungsbedarf – und gute Beratung

gehört eindeutig zu unseren Kernkompetenzen

– hier sind wir mehr denn je gefragt und

gewillt, diese einzubringen.

Die anderen sexuell übertragbaren Infektionen

(STI`s) sind gleichsam originäre Be-

12


standteile der HIV-Präventionsthemen geworden

und nicht mehr wegzudenken. Die

Bearbeitung der Testbarrieren, wie insbesondere

das enorme Stigmatisierungs- und

Diskriminierungspotential und anderes mehr

sind weiterhin „dicke Bretter“ für die Präventionsarbeit.

Wir könnten die Liste der (relativ)

neuen thematischen Herausforderungen für

eine „Präventionsarbeit auf aktuellem Anforderungslevel“

noch weiter fortführen, wollen

es aber an dieser Stelle dabei belassen. Es

ist einfach viel Bewegung in der Landschaft

– und das macht die Arbeit ja durchaus auch

spannend, nie langweilig und unterstützt uns

bei der motivierten Zielverfolgung von „Kein

AIDS für alle! Bis 2020!“

Auch wenn wir die staatlichen Strukturen

nicht aus ihrer Verantwortung für die pflichtige

Arbeit entlassen wollen, tuen wir gut

daran, weiter auch nach entlastenden Kooperationen

oder Ergänzungen unseres Aufgabenspektrums

und/oder nach alternativen

Einnahmequellen Ausschau zu halten.

Vor dem Hintergrund der verbesserten Behandlungsoptionen

und der gestiegenen Lebenserwartung

bleibt die Zahl unserer Begleitungsverhältnisse

auf stabil hohem Niveau.

Während uns eindeutig immer mehr Menschen

mit HIV immer weniger „nötig“ haben,

wächst leider auch die Zahl derjenigen

Klient*innen, die aufgrund vielfältiger lebenspraktischer

Problemlagen eine besonders

hohe Beratungs- und Begleitungsintensität

benötigen. Hinzu kommt, dass in der Bevölkerung

insgesamt, aber in unserer Klientel in

besonderem Maße die Zahl und Vielfalt der

psychischen (Begleit-) Erkrankungen wächst.

Hier stießen wir zunehmend an Kapazitätsund

Qualifikationsgrenzen und haben uns intensiv

mit Lösungsmöglichkeiten beschäftigt.

Einen Meilenstein in der jüngeren Geschichte

der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel stellt

die Erweiterung unseres Angebotsspektrums

mit dem Aufbau des Projektes zum Ambulant

Betreuten Wohnen nach § 53 ff SGB XII

(Eingliederungshilfe, ab 01.01.2020 §§ 113 ff

SGB IX) unter dem Dach der AIDS-Hilfe dar.

Nach vielen Jahren der Beschäftigung mit

der Thematik und der Planung, konnten wir

im März 2018 dank der Unterstützung durch

mit der Imple-

Fördermittel der

mentierung von

beginnen und eine volle Stelle der Fachlichen

Leitung sowie einer ¼-Stelle für die spezifische

Verwaltung einrichten. Nach umfänglichen

und aufwendigen Vorbereitungen durch

Marie Schellwat erhielten wir zum 01. November

2018 die Zulassung durch den Landschaftsverband

Rheinland (LVR). Leider zunächst

nur für die Stadt Duisburg. Im Kreis

Wesel hätten wir einen (Büro-) Standort vorhalten

müssen. Umso mehr bedauern wir die

notwendige Aufgabe unseres Büros in Wesel

Ende 2016. Aber aufgeschoben ist auch hier

nicht aufgehoben. Wir bleiben dran, das Angebot

alsbald auszubauen, denn nach unserer

Beobachtung ist der Bedarf eindeutig da.

Im Juli 2019 konnten wir angesichts der erfreulichen

Entwicklung und Annahme des Angebotes

in der Anbieterlandschaft mit Annika

Schreibert eine hoch qualifizierte zweite Fachkraft

und stellvertretende Leitung einstellen.

Für die Aufrechterhaltung des originären

AIDS-Hilfe-Leistungsspektrums bleibt es allerdings

dabei: Ohne Spenden- und Sponsoring

durch verschiedene zivilgesellschaftliche

Gruppierungen und Einzelpersonen wäre die

Aufrechterhaltung unseres regulären Angebotes

schon lange nicht mehr denkbar.

Der vorliegende Jahresbericht wird über eine

Vielfalt von derartigem Engagement Auskunft

geben. Da halten wir es gerne mit Erich Kästner

und wollen über gutes Tun reden (s. 4.).

13


„Unverzichtbar ist dabei nach wie vor die Primärprävention

für Kinder und Jugendliche

(s. 5.6.). Wichtig ist, HIV/AIDS-Prävention

als Teil von Gesundheitsförderung und Sexualaufklärung

zu verstehen und Jugendliche

frühzeitig zu Beginn ihrer sexuellen Aktivität

zu erreichen“ (Landeskonzept „Weiterentwicklung der

HIV/AIDS-Prävention in Nordrhein-Westfalen“, 2013, S. 10; s.

auch 5.6. im vorliegenden Jahresbericht).

Um den Ziel der Minimierung von HIV-Neuinfektionen

näher zu kommen, der Umsetzung

des Menschenrechtes auf Gesundheit, Information

und Aufklärung gerecht zu werden

und um die adäquate Versorgung von Menschen

mit HIV und AIDS sicher zu stellen,

werden entsprechende Ressourcen benötigt.

Angesichts der epidemiologischen Situation

in Deutschland müssen Präventionsmittel

und –maßnahmen insbesondere dort zur

Verfügung stehen, wo sie besonders benötigt

werden – z.B. in Bereichen von (Beschaffungs-)

Prostitution (s. 5.4.), bei Menschen

mit bestimmten Migrationshintergründen (s.

5.5.) oder bei der Versorgung von Suchterkrankten

(s. 5.2.) und eindeutig im Bereich

von homo- und bisexuellen Männern und

Männern, die Sex mit Männern haben (MSM)

(s. 5.1.). Eine weitere sehr wichtige Zielgruppe

stellen Menschen in Haft dar, wo wir leider

immer noch höhere Infektionsgefährdungspotentiale

(besonders bzgl. der Hepatitiden B

und C, aber durchaus auch bezogen auf HIV)

konstatieren, die im Wesentlichen in den hygienisch

höchst bedenklichen (Drogen-) Konsumbedingungen

begründet sind (s. 5.3.).

Offenbar müssten angesichts der Anstiege der

letzten Jahre auch die Aufklärungs- und Präventionsanstrengungen

bei Heterosexuellen

wieder verstärkt werden, das gilt zumindest

für die Männer (s.o.) und das gilt insgesamt

vor allem für den Bereich der STI-Prävention.

Nicht zuletzt durch den langjährigen Einsatz

des Sprecher*innenkreises der „Youthworker*innen

NRW“, zu denen auch unser

Youthworker, Dietmar Heyde, gehört, konnte

im Berichtsjahr ein wichtiger Impuls auf

Landesebene gesetzt werden durch die

Implementierung einer Projektleiterstelle

(halbe Vollzeitstelle) zur Weiterentwicklung

der „Perspektiven der Sexualpädagogik

mit dem Schwerpunkt HIV/STI-Prävention

in Nordrhein-Westfalen“, welche seit dem

01.10.2019 bei der AG Aidsprävention NRW

in Köln angesiedelt werden konnte. Unser

Wunsch wäre es seit Jahren angesichts der

Größe unseres Zuständigkeitsgebietes, eine

weitere Youthwork-Stelle in die Region zu bekommen.

Als ein bedeutsamer Erklärungsansatz für die

nur „langsame“ Reduktion der HIV-Neuinfektionen

gelten die Infektionszahlen anderer

STI`s (sexuell übertragbare Infektionen, wie

etwa die Syphilis-, Gonokokken- und Chlamydieninzidenzen),

was wiederum die zwingende

Verbindung von HIV- mit STI-Prävention

untermauert und eine Intensivierung der

Arbeit vor allem in der Zielgruppe (junger)

schwuler Männer und Männern, die Sex mit

Männern haben (MSM) nach sich ziehen sollte.

Das RKI weist hier darauf hin, dass die

Syphilis die HIV-Übertragungswahrscheinlichkeit

auch dann erhöht, wenn sich am (insgesamt

sehr guten) Risikoverhalten (s. Daten

der EMIS-Studie) nichts ändert.

Dazu sollten sich der Zugang und die Abrechnungsmöglichkeiten

für STI-Screenings

deutlich verbessern. Regelmäßige Checks auf

STI`s sollten auch für sexuell aktive Menschen

ohne Symptome zur Kassenleistung

werden, denn dies ist eine wichtige Maßnahme

im Rahmen der HIV-Prävention und auch

zur Vermeidung von sehr hohen Folgekosten

Auf Seiten der Ärzte wie auch der Patient*innen

erfordert dies allerdings einen tabuf-

14


reieren, offenen Umgang mit dem Thema

Sexualität, denn nur wenn offen darüber

kommuniziert werden kann, können diagnostische

und therapeutische Maßnahmen zur

Anwendung kommen. Sehr wünschenswert

wäre an dieser Stelle auch ein Paradigmenwechsel

in der Abrechnungsmöglichkeit für

Ärzt*innen und eine Aufwertung der „sprechenden

Medizin“ umgesetzt würde, denn Diagnostik

kann oft nur zum Tragen kommen,

wenn Indikationen geklärt sind. Let`s talk

about Sex!

Der Ansatz der strukturellen Präventionsarbeit

im Kontext von Gesundheitsförderung

hat sich dazu ganz eindeutig bewährt.

Angesichts der epidemiologischen Daten in

Deutschland und der positiven Effekte komplementärer

Präventionsstrategien (SDT und

PrEP) erweist sich die zielgruppenspezifische

Präventionsarbeit als immer bedeutungsvoller,

damit die richtigen Menschen mit den

passenden Botschaften und Maßnahmen lebenswelt-

und akzeptanzorientiert erreicht

werden können und die Ansätze nicht ins

Leere greifen, denn: Nur wer sich schätzt,

schützt sich und andere!

Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. –

Fachstelle für sexuelle Gesundheitsförderung

- arbeitet von Beginn an nach diesem Grundsatz

und bietet – mit einem für die Größe des

Zuständigkeitsgebietes und der Einwohnerzahl

vergleichsweise kleinen Team von ehrenund

hauptamtlichen Mitarbeiter*innen - ein

umfassendes Projektspektrum dazu.

So gibt der vorliegende Bericht vor allem Auskunft

über die konkrete Arbeit der AIDS-Hilfe

Duisburg / Kreis Wesel e.V.- Fachstelle für sexuelle

Gesundheitsförderung- im Jahre 2019.

Wir wünschen anregende Lektüre!

Wir beginnen mit einer der wichtigsten Netzwerkaufgaben,

der Analyse und Koordination

der Versorgung von Menschen mit HIV und

AIDS und derer, die davon betroffen sind oder

sein können in unserer Region. Die Zusammenarbeit

im Rahmen des „Runden Tisches

zur HIV-Versorgung“, in dem neben Dr.

Kwirant auch die Gesundheitsämter der Stadt

Duisburg, der Stadt Oberhausen und des

Kreises Wesel (dieser allerdings zuletzt eher

als passives Mitglied) sowie die AIDS-Hilfen

Duisburg / Kreis Wesel und Oberhausen vertreten

sind, gestaltet sich weiterhin stabil

und aktiv. Hier übernehmen wir im Wechsel

mit den Kolleg*innen der AIDS-Hilfe Oberhausen

–wie in manch anderen Feldern- die

Koordination und Organisation in Absprache

mit den AIDS-Koordinatorinnen aus Duisburg

und Oberhausen (s. § 23 ÖGDG).

Wir pflegen den verbindlichen Austausch, der

15


wichtige Anhaltspunkte für die Situation in

der Region und daraus resultierender Steuerungsaspekte

ergibt und treffen uns in dieser

Runde in der Regel zweimal im Jahr. In diesem

Kreise wird unter anderem auch das alljährliche

Fachgespräch zur HIV-Therapie geplant

und vorbereitet. Die Bewerbung dessen wird

unter anderem auch dazu genutzt den Strukturen

der medizinischen Versorgungssysteme

Kenntnis über die spezifische Infrastruktur zu

vermitteln und so der Versuch unternommen,

das Thema HIV / AIDS u.a. STI`s wach zu

halten.

Wie bereits beschrieben können wir für die

Stadt Duisburg (wie auch in Oberhausen)

eine spürbar gesteigerte Aktivität von Seiten

der kommunalen Gesundheitsämter – insbesondere

durch die volle(n) Stelle(n) der

kommunalpflichtigen „AIDS-Koordination“

verzeichnen. In konstruktiven Planungsgesprächen

wurde die Aufgabenteilung und die

synergetische Zusammenarbeit neu aufgeteilt

und umgesetzt. Darauf lässt sich aufbauen

– wir sind wieder auf dem „Gemeinsam

gegen AIDS“- Kurs.

Wir hoffen sehr, dass der Zugewinn an Kapazitäten

nachhaltig verankert bleibt. Und

wir hoffen natürlich weiterhin, dass auch der

Kreis Wesel hier deutlich nachbessert. Wie in

vielen anderen Bereichen des Gesundheitswesens

wird es auch darauf ankommen, die

Stellenattraktivität zu steigern, um die erforderlichen

Fachkräfte im System zu halten

und/oder neue gewinnen zu können.

Wir werden uns nach Kräften dafür einsetzen

und uns auch weiterhin bei der Wahrnehmung

der „AIDS-Koordination“ unterstützend

und kooperativ einbringen. Das machen wir

seit vielen Jahren, auch wenn wir dafür keine

Refinanzierung erfahren, weil es aber unerlässlich

ist, um die fachlichen Standards so

gut es geht zu halten und Weiterentwicklung

vor dem Hintergrund der sich stetig verändernden

Anforderungen grundsätzlich möglich

zu machen.

Vor dem Hintergrund der heutigen medizinischen

Optionen muss es unser gemeinsames

Ziel sein, möglichst auch denjenigen HIV-Positiven

Zugang zu medizinischer Versorgung

zu ermöglichen, die diesen bisher noch nicht

hatten. Darüber hinaus gilt es, die noch nicht

Getesteten zu möglichst früher Diagnosestellung

zu bewegen und somit u.a. die Problematik

der „late presenter“ zu verringern.

Unsere Aufgabe diesbezüglich besteht dabei

darin, zum einen ein Risikobewusstsein in der

Bevölkerung zu schärfen und die Testbereitschaft

zu erhöhen. Dieser Komplex benötigt

dann aber eben auch eine entsprechende Infrastruktur

der strukturellen Prävention und

eben auch eine adäquate HIV-spezifische medizinischen

Versorgung und bestenfalls funktionierende

sektorenübergreifende Netzwerke

zum Themenkomplex „Sexualität

und Gesundheit“. Aber auch hier konnte im

Berichtsjahr ein Meilenstein gesetzt werden

(s.o.).

Die Erhaltung unseres Angebotsspektrums

sowie die stete Weiterentwicklung

dessen als erstes Ziel sind in erster Linie

nur deshalb noch möglich, weil wir trotz immer

wiederkehrender Konfrontation mit Kürzungsszenarien

und manch anderer Ernüchterungen

(Wegfall wichtiger Personen in den

Netzwerken, Erhöhung des bürokratischen

Aufwandes u.a.) ein immer noch hochmotiviertes

ehren- und hauptamtliches Team haben.

Eine der wichtigsten Pfunde und Ressourcen

für die Aufrechterhaltung unserer Angebotspalette

sind und bleiben dabei unsere

ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, denen

einmal mehr ein riesiges „Dankeschön!“

gilt.

Angefangen beim Vorstand über nahezu alle

anderen Arbeitsfelder können wir hier auf

eine sehr stabile wenn auch vergleichsweise

kleine „Mannschaft“, bauen. Allerdings gibt

es leider auch nur überschaubaren Andrang

von neuen Interessent*innen.

Wir möchten Sie, verehrte Leserinnen und

Leser, an dieser Stelle bitten, potentiell interessierte

Menschen auf uns aufmerksam zu

machen, denn: AIDS-Hilfe-Arbeit ist spannend,

kann intensiv und unter Umständen

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Der Vorstand seit Mai 2019: Peter Külpmann, Daniela Niemczyk und Joachim Müller

belastend sein, aber auch dankbar und für

die eigene Persönlichkeitsentwicklung gewinnbringend.

Das gilt nach wie vor auch für

die ehrenamtliche Mitarbeit auf allen Ebenen

(s. www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de/

Ehrenamt).

Wenn wir immer wieder vom „ehren- und

hauptamtlichen Team“ der AIDS-Hilfe reden,

so ist dies keine Floskel. Wir sind ein Verein

und wir arbeiten partnerschaftlich und partizipativ

gemeinsam – jede*r im Rahmen

seiner*/ihrer* Möglichkeiten und alle im Sinne

unseres Vereinszweckes und der verfolgten Ziele.

Das gilt insbesondere für die gute Zusammenarbeit

von Vorstand und hauptamtlichem

Team.

Bestätigung und Rückhalt für unsere Arbeit

und Entwicklung erfuhren wir einmal mehr auf

der diesjährigen Jahreshauptversammlung

am 20. Mai 2019, die allerdings nicht sehr

gut besucht war, dafür aber rekordverdächtig

kurz und effektiv. Insgesamt verzeichnen wir

leider einen fortschreitenden Rückgang an

beitragszahlenden und aktiven Mitgliedern.

Der amtierende Vorstand wurde einmal mehr

einstimmig entlastet und für seine umfassende

Arbeit gewürdigt. Leider standen auch

im Berichtsjahr unsere Haushaltsprobleme

ganz oben auf der Agenda. Daneben gab

es eine Reihe von nicht vergnüglichen Themen

zu bearbeiten, wie die Umsetzung der

Datenschutzgrundverordnung, verschärfte

Auflagen durch die Berufsgenossenschaft,

Diebstähle, Umstellung von Versicherungen,

die Bearbeitung von Diskriminierungsfällen

u.a.m.

Sich damit ehrenamtlich aber höchst verantwortlich

zu beschäftigen, verdient unseren

größten Respekt und den Dank der Mitarbeiter-

und Mitgliederschaft!

Erfreulicherweise gab es auch eine ganze

Reihe von positiven Themenfeldern für die

Vorstands- und Geschäftsführungsarbeit, die

mit nennenswerten Erfolgen verbunden waren,

wie etwa die Projektimplementierung

des Netzwerkes „Sexualität, Gesundheit und

Sucht“ (s.o.), die Weiterentwicklung unseres

„BeWo-Projektes SELF“, die Etablierung verbesserter

Beratungs- und Testangebote, die

nahtlose Wiederbesetzung der Stelle von Anika

Walther mit der Sozialpädagogin, Hanife

Kayadelen, die Ermöglichung der Fortbildung

von Nadine Bolte für die Beratung von Gehörlosen,

die wir im kommenden Jahr wohl anbieten

können und die Fortführung und Weiterentwicklung

von vielem Bewährten.

Es ist und bleibt einfach eine spannende und

vielfältige Arbeit in einem tollen Team. Bitte

weiterempfehlen!

Leider gehören nach wie vor auch traurige

17


Ereignisse zum AIDS-Hilfe Dasein, so auch

immer noch die Auseinandersetzung mit der

Vergänglichkeit des Lebens. So haben uns im

Berichtsjahr zwei langjährige Klienten verlassen

müssen und wir haben auch wieder etwas

mehr Drogentote zu beklagen.

Ganz besonders erschüttert hat uns der Tod

unserer langjährigen stellvertretenden Vorsitzenden,

Silke Stützel, die über 15 Jahre nicht

nur im Vorstandsamt, sondern weit darüber

hinaus für die AIDS-Hilfe aktiv und eigentlich

überhaupt nicht wegzudenken war. Ihr

Einsatz für Menschen mit HIV und AIDS und

insbesondere für drogengebrauchende Menschen

war enorm und stand für sie immer im

Vordergrund – nicht selten so weit, dass sie

die Fürsorge für sich selbst gelegentlich vernachlässigte.

Ebenso hatte sie immer ein offenes

Ohr für die Belange der Hauptamtlichen

und hat ihr Vorstandsamt sehr ernsthaft und

mit Freude und Überzeugung ausgefüllt. Am

21. Oktober 2019 haben die Lebenskräfte sie

nach längerer schwerer Krankheit verlassen.

Ihre Sterbephase und ihr Tod hat uns alle tief

bewegt und vor Augen geführt, dass das Leben

manchmal ein zu kurzes Geschenk ist,

das wir so gut es geht pflegen sollten.

Liebe Silke, Du wirst immer einen festen Platz

in der AIDS-Hilfe-Familie und in unseren Herzen

haben. Wir verneigen uns vor Deiner Lebensleistung

und sagen Dank dafür, dass wir

einen langen Weg mit Dir gemeinsam gehen

durften!

Unsere Gedanken begleiten Dich auf Deiner

Reise und wir wünschen Dir, Ruhe und Frieden

zu finden.

Personelle Struktur

Stete Fort- und Weiterentwicklung einer Organisation

kann nur da gut gedeihen, wo auch

spezifische Kompetenzen und Erfahrungen

vorhanden sind, wo Bewährtes den erforderlichen

Wandel konstruktiv, kritisch begleitet.

Kontinuität bei der Personalstruktur ist einer

der wichtigsten Faktoren für die Aufrechterhaltung

des Leistungsspektrums und das

Funktionieren auch der Kooperations- und

Netzwerkarbeit, auf die wir in vielfältiger Weise

angewiesen sind. Ganz zu schweigen von

der enormen Bedeutung möglichst fester Ansprechpartner*innen

in der Begleitungsarbeit

mit Klient*innen.

Das Berichtsjahr 2019 zeichnete sich erfreulicherweise

durch weitestgehende personelle

Stabilität im hauptamtlichen Team aus – ein

Segen!

Eine besondere Stabilität und Kontinuität bietet

seit über 15 Jahren, unser „Graf Zahl“ und

„Mann für alle Fälle“, unsere Verwaltungsfachkraft

Werner Garbe. Wir sagen DANK für

die tolle Arbeit, die weit über die eigentlichen

Verwaltungsaufgaben hinausgeht und an vielen

Stellen den „Laden zusammenhält“. Entlastung

und beste Unterstützung in der Verwaltung

leistet Susanne Renner, worüber wir

auch flexibler in Sachen Vertretungszeiten

und –erfordernissen geworden sind – auch

wenn wir bisher nur eine ¼ Vollzeitstelle einrichten

konnten.

Mit Marie Schellwat als Fachliche Leitung

des BeWo-Projektes freuen wir uns über die

stetige Etablierung des Angebotes der Eingliederungshilfe.

Im Juli des Berichtsjahres

konnten wir hier mit Annika Schreibert eine

zweite hoch qualifizierte Fachkraft einstellen,

die auch für die Leitungsstellvertretung vorgesehen

ist.

Unserem Herzenslust-Koordinatoren, Raphael

Diaz Fernandez gilt nicht nur Dank und

Anerkennung für seine Kerntätigkeit, sondern

auch für seinen unermüdlichen Einsatz an

der EDV- und IT-Front. Wenn wir diese Leistungen

einkaufen müssten, wäre das einfach

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eine Katastrophe!

In diesem Kernfeld der zielgruppenspezifischen

Prävention ist es gut und unerlässlich,

dass wir auf Uwe Altenschmidt und sein fast

zwanzigjähriges Erfahrungswissen zurückgreifen

können. Die Etablierung des Herzenslust-Checkpoints

und das Stemmen vieler

Präventionsveranstaltungen wäre ohne diese

geringfügige Beschäftigung nicht leistbar gewesen.

Erfreulicherweise konnte schon im Berichtsjahr

die nahtlose Nachfolge von Annika

Walther für die Bereiche „Youthwork“ und die

„Psychosoziale Begleitung“ geklärt werden.

Um aber überhaupt Chancen auf eine Fachkraft

zu bekommen, mussten wir die bisherige

1/4-Stelle auf eine halbe Stelle aufstocken.

Damit kommen wir allerdings zum

alten Besetzungsstand zurück und Beschäftigung

gibt es reichlich. Die Sozialpädagogin,

Hanife Kayadelen, unterstützt uns seit dem

01.01.2019 tatkräftig.

Weiterhin erfreut uns die stete Weiterentwicklung

und Etablierung des SCHLAU Duisburg-Projektes.

Hier hat der Koordinator,

Kai-Uwe Diel, mit unglaublicher Akribie, Kreativität

und Fleiß sowie dank seiner enormen

Fähigkeiten und Affinitäten bei der Nutzung

der sozialen Medien und Netzwerke ein Team

für die LSBTIQ*-Aufklärungsarbeit aufgebaut,

das sich vor Nachfragen kaum noch retten

kann. Wir sind stolz, Träger dieses Projektes

mit seinem immer bedeutungsvoller werdenden

antirassistischen Ansatzes zu sein und

hoffen inständig, dass es sich wirtschaftlich

dauerhaft tragen kann, denn das muss es.

Wir bedanken uns beim Jugendamt und dem

Jugendhilfeausschuss der Stadt Duisburg für

eine Sachkostenförderung aus dem Aktionsprogramm

zum Kinder- und Jugendschutz sowie

der Stiftung „Demokratie leben“ für die

Förderung im Berichtsjahr.

Ein herzlicher Dank der Geschäftsführung und

des Vorstandes gilt einmal mehr den ehrenund

hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen,

die Ihre Arbeit weit über das erwartbare

„business as usual“ hinaus wahrnahmen. Und

das in einem Jahr mit erneut hohen Intensitäten

und wachsenden Sorgen über die Erhaltung

des Status Quo. DANKE!

Dass wir trotz zum Teil demotivierender Umstände

und zusätzlichen Arbeitsbelastungen

unsere angestammten Arbeitsbereiche und

–angebote in gewohnter Form und Qualität

fast durchgehend vorhalten konnten, darüber

legt der vorliegende Jahresbericht (und die

Controlling-Daten im Anhang) Zeugnis ab.

19


So ist etwa von einem wichtigen Primärpräventionsbereich,

der Duisburger Substitutionsregelung,

welche nicht unbedingt zum

Kernbereich zählt, zu berichten, dass dieses

Angebot, wenngleich mit recht deutlich gesunkenen

Teilnehmerzahlen (s.o.), recht stabil

weiter läuft. Diese Regelung ist nicht nur

für die Klient*innen von hohem gesundheitlichen

und psychosozialen Nutzen ist, sondern

auch für die AIDS-Hilfe ein finanzieller Segen.

Hier gilt den Ärzten Dr. Hander und Frau

Stech, Herrn Harzem, Dr. Stark und Dr. Gudat

sowie unseren begleitenden Ehrenamtler*innen

ein ganz großes Dankeschön! (s. 5.2.2.).

Die Arbeit im Bereich der Drogenarbeit in

Duisburg hat sich im Berichtsjahr erneut nicht

unerheblich verändert, diesmal allerdings mit

einigen positiven Entwicklungen, über die

wir oben schon ansatzweise berichtet haben.

Großen Anteil daran hat unsere höchst engagierte

Kollegin, Nadine Bolte, die sich unermüdlich

weiterhin für die Belange von drogengebrauchenden

Menschen einsetzt.

Die Aufrechterhaltung der JES- (Junkies, Ehemalige

und Substituierte) Selbsthilfegruppe

verlief im Berichtsjahr alles in allem auch

erfreulich. Die aufsuchende Arbeit in Hamborn

hat sich eindeutig bewährt und wurde

regelmäßig fortgesetzt. Für die aufsuchende

Arbeit in der Stadtmitte zeichneten sich zum

Jahresende nach Fertigstellung der Arbeiten

am und im Kantpark zarte Verbesserungen

ab. Zumindest ein Teil der Szene ist wieder

anzutreffen.

Darüber hinaus sind wir bzw. ist Frau Bolte

auf gutem Wege, ihre Basisqualifikation im

Bereich der Gebärdensprache so aufzufrischen

und weiterzuentwickeln, dass wir in

absehbarer Zeit ein spezifisches Beratungsangebot

für Gehörlose vorhalten können. Das

hat sich bereits bundesweit herumgesprochen

und Frau Boltes Expertise wurde schon

vom Bundesverband abgerufen für die Entwicklung

von Beratungsvideos.

Auch im Bereich der Präventions-, Beratungsund

Begleitungsarbeit in den Justizvollzugsanstalten

konnte die erfreuliche Kooperation

im Berichtsjahr nicht im gewünschten Maße

umgesetzt werden. Das lag im Wesentlichen

an erheblichen personellen Engpässen

und Wechseln in den Zuständigkeiten in den

JVA-Strukturen begründet. Wir haben dies im

letzten Jahr zum Anlass genommen, um mit

der Leitung und dem Sozialdienst darüber zu

sprechen, wie die Kooperation wieder verbessert

werden kann. Im Berichtsjahr rumpelte

es anfänglich noch etwas, wurde aber im

Laufe des Jahres immer stabiler. Die JVA-Duisburg-Hamborn

ist mit der Arbeit von Rüdiger

Wächter sehr zufrieden. So wurde der

Kooperationsvertrag einmal mehr verlängert,

worüber auch Fördermittel des Justizministeriums

NRW abgerufen werden können, die

zumindest Teile der Personalkosten decken

können. Indiz für die hohe Wertschätzung

unserer Arbeit in diesem Bereich sind die regelmäßigen

Anfragen an Rüdiger Wächter, als

Referent bei Fachkongressen (s. 5.3).

Es freut uns ganz besonders, dass im Bereich

der Frauenarbeit mit Janina Boers die wichtige

Arbeit (XXelle-Kampagne, PSB bei Frauen

mit HIV u.a.m.) mit einer festen Ansprechpartnerin

stabil fortgeführt werden konnte.

Ist es doch die einzige fachspezifische Stelle

in unserem großen Zuständigkeitsgebiet. Die

Frauenquote in unserer AIDS-Hilfe ist gewachsen

– und das ist gut so. Eine ganze Reihe von

neuen Beratungs- und Begleitungskontakten

ergaben sich insbesondere durch die gute

Vernetzung mit der HIV-Schwerpunktpraxis

von Dr. Kwirant. Besonders intensiv waren im

Berichtsjahr einmal mehr die Begleitungsfälle

von Frauen mit Migrationshintergründen –

auch aus der Gruppe der Geflüchteten.

Darüber hinaus funktioniert die landesweite

und überregionale Vernetzungsarbeit im landesgeförderten

XXelle-Projekt hervorragend

(s. 5.4.).

Zudem waren und sind wir auf dem Sektor

der (Beschaffungs-) Sexarbeit angesichts

erheblicher Zuwanderung –v.a. von Frauen

aus südosteuropäischen Regionen- im Praktischen

und Konzeptionellen zunehmend

gefordert. Auch für die dabei unerlässliche

Netzwerkarbeit und im Besonderen die Zusammenarbeit

mit den ÖGD-Strukturen ist

20


eine stabile personelle Struktur besonders

wichtig. Erst recht durch die Veränderungen,

die die Umsetzung des ab dem 01.07.2017

geltenden neuen Prostitutionsschutzgesetzes

(ProstSCHG) mit sich gebracht hat und weiter

bringen wird. Nach nunmehr 2,5 Jahren

können wir aus unserer Sicht nach wie vor

nicht von einer Verbesserung der Situation

von Sexarbeiter*innen sprechen, sondern

eher von deutlichen Verschlechterungen, was

etwa den Zugang zur Zielgruppe betrifft.

Auch das große Ziel, das Beratungs- und

Testangebot zumindest in Duisburg in Kooperation

mit dem ÖGD auszubauen, konnte

im Berichtsjahr weiter stabil umgesetzt werden

(s.o.). Nach einer Pilotphase im ersten

Halbjahr zeigte die Annahme des Angebotes

den prognostizierten Bedarf und konnte

–mit leichten Ablaufmodifikationen- auch

im zweiten Halbjahr entsprechend etabliert

werden. Darüber hinaus zeigte sich, dass

der „Herzenslust Checkpoint“ in Kooperation

mit dem GA Duisburg die Frequentierung

des Regelangebotes des Gesundheitsamtes

eben nicht schmälerte, sondern eindeutig als

wichtiges zusätzliches Angebot angenommen

wurde. Unsere Erwartung für die Bilanz des

Berichtsjahres eine nennenswerte Steigerung der

Testzahlen zu sehen, hat sich voll erfüllt. Und

das ist einfach gut, denn nur so gibt es eine

gute Chance auf frühe Diagnosen (HIV und

STI`s betreffend) und entsprechend frühe

Zugänge zu den Behandlungsoptionen – gemäß

den 90-90-90-Zielen der WHO, der Bundesregierung

und den Zielen der „Kein Aids

für alle!-Kampagne der DAH. Unser Dank gilt

den Kolleginnen der Beratungsstelle des Gesundheitsamtes

für eine gute und wichtige

Zusammenarbeit (s. 5.1.).

Im Sektor Youthwork / Prävention in der

Allgemeinbevölkerung (s. 5.6.) können wir

über weitgehend stabile Nachfragen mit nach wie

vor hervorragenden Rückmeldungen berichten.

Dank der tatkräftigen Unterstützung von Hanife

Kayadelen im Arbeitsfeld „Youthwork“ können

wir zumindest gelegentlich auch hier wieder

etwas mehr anbieten – vor allem in Zeiten

von Mehrfachanfragen. Erwähnenswert ist

dabei sicher das tolle Projekt der „Sexualpädagogischen

Stadtrallye“ für Schüler*innen

der neunten Jahrgänge aller Schulformen,

das in Kooperation mit der pro familia Duisburg

dank der Förderung durch den Jugendhilfeausschuss

der Stadt Duisburg weiter erfolgreich

durchgeführt wurde und sich reger

Nachfrage erfreut.

Das Youthwork-Angebot ist umso wichtiger,

als wir seit über zwei Jahren das einzige spezifische

Aufklärungsprojekt für die gesamte

Region sind, weil sich der ÖGD sowohl in Duisburg

als auch im Kreis Wesel aus diesem

Tätigkeitsfeld zurückgezogen hat.

Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit (s. 4.) sind

wir erfreulicherweise nicht mehr „Alleinunterhalter“

für die Region, denn auch hier zeigen

sich die Effekte des Ressourcenzugewinns

durch die Wiederbesetzung der AIDS-Koordinator*innen-Stelle

in Duisburg. Und das ist

gut so! Da heißt es doch wieder „Gemeinsam

gegen AIDS“! Recht einsam blieben wir dagegen

weiterhin im Kreis Wesel (s.o.).

Positive Auswirkungen sind auch bei der

wichtigen Netzwerkarbeit – zumindest in

Duisburg zu verzeichnen, wie etwa beim Arbeitskreis

Prävention Duisburg, wo wir die

Koordinationsarbeit abtreten konnten. Hier

ist auch schon im Berichtsjahr eine Stabilisierung

durch die aktive Mitarbeit des Gesundheitsamtes

der Stadt Duisburg zu verzeichnen.

Intensiviert haben wir unsere Kooperation mit

dem Suchthilfeverbund Duisburg e.V. durch

einen regelmäßigen Austausch. Stabil fortgeführt

werden konnte die Kooperation mit der

Fachklinik St. Camillus in Duisburg-Walsum,

wo wir monatlich eine Infoveranstaltung zu

STI`s für die Patient*innen anbieten, die viel

Anklang findet.

„Unser“ Duisburger Aktionsbündnis gegen

AIDS erfuhr eine Neuausrichtung und Erweiterung

der Thematik und heißt seit 2018 nun

„Duisburger Aktionsbündnis für Gesundheit

und Gerechtigkeit“. Die sexuelle Gesundheit

und natürlich auch HIV/AIDS bleiben allerdings

eindeutig im Portfolio.

Das nunmehr ins dritte Jahr gehende En-

21


gagement im Rahmen der „Initiativgruppe

Männergesundheit“ der Kommunalen Gesundheitskonferenz

der Stadt Duisburg, wurde

fortgeführt, ist erstaunlich effektiv und

erreicht eben auch viele Menschen, die insgesamt

bzgl. STI`s durchaus riskiert sind.

Leider waren wir im Berichtsjahr erneut mit

zum Teil heftigen Diskriminierungsfällen

beschäftigt. Der „Runde Tisch zur HIV-Versorgung“

(s.o.) hat sich hier auch als starkes

Interventionsgremium bewährt. Wir hatten

eine Zeit lang den Eindruck, wir hätten die

80er Jahre überwunden, doch das scheint

nicht überall im Gesundheitssystem der Fall

zu sein. Hier wartet noch viel und wohl auch

kontinuierliche Arbeit auf uns.

Hinzu kamen über das gesamte Jahr rege

Korrespondenzen und Gespräche mit den

kommunalen Strukturen, v.a. den Verwaltungsspitzen

zur Angebotslage und zur Refinanzierung

unserer Aufgaben, die wir nicht

zuletzt im Auftrag der Kommunen vorhalten

müssen. Zu erwähnen ist u.a. die intensive

Beschäftigung mit der Umsetzung der

am 25.05.2018 in Kraft getretenen Datenschutz-Grundverordnung

(DS-GVO), die insgesamt

betrachtet ganz überwiegend gut ist,

aber eben auch zusätzlichen bürokratischen

Aufwand (und Kosten!) mit sich gebracht hat

und bringt. Dass wir an dieser Stelle allerdings

schon recht gut aufgestellt waren, ist

nicht zuletzt dem Engagement unseres treuen

IT-Supporters, Vicente Diaz Fernandez, zu

verdanken, der uns ganz viele seiner Leistungen

ehrenamtlich zur Verfügung stellt. Ganz

großer Dank!

Es deutet einiges darauf hin, dass unser

Haushaltsabschluss für 2019 erneut ein etwas

kleineres Defizit ausweisen wird als es die

Planung befürchten ließ. Letztlich haben wir

unser Überleben im Berichtsjahr allerdings

einer unverhofft eingegangenen Erbschaft

zu verdanken, die uns schlichtweg gerettet

hat, weil unsere vorzuhaltende Betriebsmittelrücklage

im Laufe des Jahres aufgebraucht

war, weil sich die kommunalen Zuwendungsgeber

über drei Jahre trotz unserer Anträge

nicht bewegt haben.

Eigentlich hätten wir mit dem Segen dieser

Erbschaft unsere Rücklage zumindest in Teilen

wiederaufbauen müssen, aber die laufenden

Kosten ließen dies nicht zu.

Natürlich waren wir auch in diesem Jubiläumsjahr

wieder „auf der Straße“ mit Infoständen

und Aktionen im Sommer und boten ein umfangreiches

Programm zum Welt-AIDS-Tag

2019 (s. 4.4.).

„Klappern gehört zum Handwerk“.

Unsere Arbeit und unsere Aktionen werden

wahrgenommen – wir können nicht behaupten,

dass wir keine Lobby hätten. Allerdings

möchten wir an dieser Stelle eingestehen,

dass der stete Kampf für den Erhalt der

Strukturen immer wieder auch demotiviert

und Kraft raubt.

Zivilgesellschaftliches Engagement ist

immer noch und nicht nur vor dem Hintergrund

rückläufiger öffentlicher Förderung immer

mehr gefragt. Diesbezüglich können wir

einmal mehr auf ein Jahr mit zum Teil wirklich

großartiger Unterstützung zurückblicken

(s. 4.). Insbesondere im Zusammenhang mit

dem diesjährigen Welt-AIDS-Tags-Geschehen

erlebten wir viel Engagement von verschiedensten

Gruppen und Einzelpersonen. Stellvertretend

möchten wir hier schon mal auf

die WAT-Aktionen an einigen Schulen unserer

Region sowie die hervorragende mediale Unterstützung

durch das Duisburger Lokalfernsehen

„Studio47“ wie auch durch das Radio

KW verweisen.

Unverhoffte, aber sehr nennenswerte Unterstützung

erfuhren wir im Dezember durch

die „Initiative Duisburger Zahnärzte“, die aus

dem Erlös ihrer Zahngoldaktion verschiedene

soziale Einrichtungen Duisburgs mit erheblichen

Spendensummen bedienen konnten.

Auch wir gehörten erstmalig dazu und konnten

uns über 7.000,- Euro freuen. Die Pressewirksame

Verteilung fand dann auch in unseren

Räumen statt und in diesem Rahmen gab

es viel positive Rückmeldung über die damit

verbundene Austauschmöglichkeit.

Besonders bemerkenswert ist auch das treue

22


Engagement der Alpener Gastronomen, Wolfgang

Gödeke und Frank Stieger und Ihrem

Team der „Burgschänke“, die uns abermals

das hervorragende Essen für die Weihnachtsfeier

am Heiligen Abend spendeten. Dieses ist

von den 20 Teilnehmer*innen einmal mehr

sehr gelobt worden. Ganz herzlichen Dank

für diese wunderbare Geste, die Menschen

zugutekam, die über Weihnachten keine Familienanbindung

haben.

DANKE!

Wir bedanken uns bei den Sparkassen aus unserer

Region für ebenso treue Unterstützung

und besonders beim „Strick-Team“ der Targobank

Duisburg um Frau Ursula Busshoff. Dieses

Duisburger „Bären-Alleinstellungsmerkmal“,

die wunderbaren Strick-Accessoires,

ist kaum noch wegzudenken. Immer mehr

Interessent*innen fragen gezielt danach. Ein

ganz großer Dank gilt dieser Kreativ-Gruppe

sowie auch in diesem Jahr dem „Auszubildenden-Team“

der Targobank unter Federführung

von Frau Schmieder und Frau Cardoso Vieira,

die mit viel Eifer und Freude über 300 Solibären

unter das Bankenvolk brachten!

Abschließend möchten wir uns natürlich an

dieser Stelle bei all jenen treuen Freund*innen

und Förderern, Zuwendungsgebern und

Sympathisant*innen sowie bei den Vertreter*innen

aus Politik, Verwaltungen, der

Staatsanwaltschaft Duisburg für die Berücksichtigung

der AIDS-Hilfe bei der Zuweisung

von Bußgeldern, bei den Gesundheitsämtern,

medizinischen und Beratungseinrichtungen,

einigen Kirchengemeinden für die Unterstützung

unserer Weihnachtsfeier, den vielen

Netzwerkpartnern, Schulen und sonstigen

Kooperationspartnern und unseren Dachverbänden,

den „PARITÄTISCHEN“ Kreisgruppen,

der Deutschen AIDS-Hilfe und der AIDS-Hilfe

NRW für ihre Wertschätzungen, unterstützenden

Aktionen und guten Wünsche im Berichtsjahr

aufs Herzlichste bedanken.

Ein sehr großer Dank gilt dem Team für Förderanträge

der Aktion Mensch, ohne die die

Umsetzung von „SELF Duisburg / Kreis Wesel“

nicht denkbar gewesen wäre!

23


2. Beratung

2.1 Einleitung

Die Beratung der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis

Wesel e.V. zum Themenkomplex der sexuellen

Gesundheit mit dem Fokus auf HIV / AIDS

und anderen sexuell übertragbaren Infektionen

(STI`s) von der primärpräventiven- bis

zur tertiärpräventiven Ebene wurde wie in

den vorangegangenen Jahren als ein Hauptschwerpunkt

unserer Arbeit durchgeführt.

2.2 Die Angebote der AIDS-Hilfe im Sektor

Beratung

Unsere Beratungsangebote konnten von den

Ratsuchenden wie folgt genutzt werden:

1. persönliche Beratung in unseren Büroräumen

während der Öffnungszeiten

und nach Vereinbarung in der AIDS-Hilfe

oder aufsuchend;

2. telefonische Beratung durch Hauptamtler*innen

während der Bürozeiten in

Duisburg unter der Nummer 0203 / 66

66 33 sowie für die bundesweite Telefonberatung

Donnerstags in der Zeit

von 09.00 – 12.00 Uhr unter der Nummer

0180 / 33 19411;

3. im Bedarfsfall können auch persönliche

Beratungen vor Ort vereinbart werden.

2.2.1 Persönliche Beratung

Während der Öffnungszeiten sowie nach telefonischer

Absprache auch außerhalb der

Öffnungszeiten, konnten Ratsuchende sich

persönlich durch hauptamtliche Mitarbeiter*innen

in unserer Beratungsstelle in Duisburg

beraten lassen. Bei diesen Beratungsgesprächen

wird auf eine ruhige und entspannte

Atmosphäre geachtet. Bei Bedarf konnten

24

Ratsuchende, die anonym bleiben wollten,

sich auch Termine außerhalb der Öffnungszeiten

und dem damit verbundenen Publikumsverkehr

geben lassen. Bei Beratungen

von Personen, die kürzlich ihr HIV-positives

Testergebnis erhalten haben, kann im Sinne

der Hilfe zur Selbsthilfe immer das Angebot

unterbreitet werden, mit einem geschulten

HIV-Positiven zu sprechen, der schon länger

mit der Infektion lebt. Dieses Angebot wurde

auch im Berichtsjahr, allerdings sehr vereinzelt

nachgefragt.

Die persönliche Beratung wurde im Berichtszeitraum

erneut recht rege in Anspruch genommen.

Der Standortwechsel im Jahre

2013 zur Bismarckstr. in Du-Neudorf kann

inzwischen als bekannt angesehen werden.

Nach der Schließung der Beratungsstelle in

Wesel zum Jahresende 2016 ist es natürlich

für Ratsuchende aus dem Kreisgebiet deutlich

schwieriger geworden, eine persönlichen

Beratung in geschützter Atmosphäre in einer

Beratungsstelle in Wohnortnähe zu bekommen.

Diese Ratsuchenden müssten entweder

nach Duisburg kommen können oder einen

Vor-Ort-Termin über Telefon oder per e-mail

mit uns vereinbaren. Dieses Angebot halten

wir grundsätzlich noch vor, da dies allerdings

mit erheblichen Kosten verbunden (Fahrtund

Arbeitszeit) ist, können wir dies angesichts

unserer Unterfinanzierung leider nur

noch in Einzelfällen (bei besonderer Bedarfslage)

leisten.

Das (Test- und) Beratungsangebot durch den

Fachdienst Gesundheitswesen im Kreis Wesel

ist leicht verbessert (Montags von 14-16

Uhr in Moers und seit April 2019 auch jeden

Dienstag von 14-15.30 Uhr in Wesel) Nach

wie vor halten wir die Zeiten etwa für Berufstätige

für sehr suboptimal. Laut Homepage

des Kreises Wesel sind leider auch keine Termine

nach Vereinbarung möglich.

Das (Test- und) Beratungsangebot des Gesundheitsamtes

der Stadt Duisburg konnte

dagegen im Berichtsjahr verbessert werden.

Neben vier Sprechstunden an jedem Donnerstag,

konnte in Verbindung mit unserem

„Herzenslust-Team“ der checkpoint mit einem


Abendangebot an jedem ersten Dienstag im

Monat etabliert werden. In der Folge sind

auch die Testnachfragen und –durchführungen

im Berichtsjahr deutlich gestiegen – und

zwar ohne Rückgänge im bisherigen Regelangebot.

Eine Entwicklung, die ganz im Sinne

der „neuen“ Ziele (s. 90-90-90 unter 1.)

und eindeutig zu festigen ist. Seit März 2019

flankieren wir dieses Angebot durch „begleitete

HIV-Selbsttests“ in unserer Einrichtung,

regelhaft am dritten Mittwoch im Monat von

18 bis 20 Uhr oder nach Terminvereinbarung

auch im Rahmen der Öffnungszeiten.

Insgesamt haben wir im Berichtsjahr 2019

1683 Einzelberatungen mit primärpräventivem

Hintergrund (+ 160 im Vgl.

zum Vorjahr) über persönliche und telefonische

Gesprächskontakte geleistet. Davon 1.230 für

männliche und 453 für weibliche Personen, davon

geschätzt 205 Menschen mit Migrationshintergrund,

bis 21 Jahre 102 und 1.478 über

21 Jahren (s. Controlling-Daten im Anhang).

Für HIV-Positive erfolgten im Berichtsjahr

763 Beratungskontakte mit sekundärpräventivem

Charakter, davon 463 für

männliche und 300 für weibliche Personen.

217 Beratungskontakte mit Personen mit

Migrationshintergrund wurden angeboten,

wobei in Einzelfällen Sprachmittlungsdienste

erforderlich waren. 691 Beratungen erfolgten

für Menschen ab 22 Jahren. (s. 3.)

2.2.2 Telefonische Beratung

Auch in diesem Jahr blieb die Zahl der Telefonberatungen

während der Öffnungszeiten

sehr hoch. Die Ratsuchenden wurden nach

eingehender Erörterung der Risikosituationen

aufgeklärt. Falls erwünscht, wurden die

Ratsuchenden zwecks HIV-Antikörper-Test an

das jeweilige örtliche Gesundheitsamt verwiesen

oder ggf. ein begleiteter HIV-Selbsttet

in der AIDS-Hilfe angeboten. Vor dem Hintergrund

der schmalen Zeitfenster der Testberatungsangebote

der Gesundheitsämter mussten

wir zum Teil allerdings weiterhin auch auf

Angebote in umliegenden Städten verweisen.

Insbesondere gilt dies für Berufstätige (s.o.).

Eine sehr unbefriedigende Situation, zumal

das Testangebot zu HIV und STI`s eine kommunale

Pflichtaufgabe ist, deren Umfang allerdings

leider nicht festgelegt ist.

2.2.3 Die Bundesweite Telefonberatung

An 62 Stunden pro Woche können sich Ratsuchende

unter der Rufnummer 0180 33 19411

(9 ct./min. aus dem deutschen Festnetz

maximal 42 ct./min. aus deutschen Mobilfunknetzen)

mit ihren Fragen rund um HIV/

AIDS telefonisch an die Berater*innen der

AIDS-Hilfen wenden. Die Hotline ist erreichbar

in den Zeiten: Montags bis Freitags von

9.00-21.00 Uhr und am Samstag und Sonntag

von 12.00-14.00 Uhr.

Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e. V.

beteiligt sich als eine von bundesweit 26 Einrichtungen

an diesem nunmehr fest etablierten

Angebot. Vor allem aufgrund personeller

Engpässe bei den ehrenamtlichen Kräften,

haben wir uns von der Beratung am Montagabend

verabschieden müssen, da wir die Ausfallzeiten

auf Dauer nicht durch hauptamtliche

Kräfte auffangen können. Eine deutliche

Steigerung der Frequenzen haben wir am

Donnerstag vormittag erfahren, wo wir zwischen

09.00-12.00 Uhr geschaltet sind. Nicht

selten gibt es hier mehr als 15 Anrufe.

Die aktive Beteiligung an diesem bundesweiten

Angebot wird ausgesprochen gut genutzt.

Häufig melden sich sehr verunsicherte Menschen,

die sich über das Internet oder andere

Quellen informiert haben, aber durch die

Vielfalt an unterschiedlichen Aussagen im Ergebnis

eher verunsichert wurden und umso

dankbarer für klare und kompetente Beratungsleistungen

sind. Die Telefonberatung

trägt dem Wunsch nach Anonymität in be-

25


sonderem Maße Rechnung. Dadurch können

wir allerdings in aller Regel keine regionale

Zuordnung der Ratsuchenden leisten. Für

unsere Mitarbeiter*innen bietet die Telefonberatung

gewissermaßen eine wöchentliche

Fortbildungsmöglichkeit zur HIV-/AIDS- und

STI-Beratung.

Im Berichtsjahr 2019 wurden 476 Beratungen

im Rahmen dieses Angebotes durchgeführt,

davon 356 mit Männern, 120 mit Frauen und

überwiegend für Heterosexuelle (geschätzt

über 62 %). Bei 60% der Anrufe ging es im

Wesentlichen um HIV-Ansteckungsrisiken,

gefolgt von Fragen zu HIV-Testverfahren mit

21%. Bei Fragen zu anderen STI nahmen die

Hepatitiden B und C den größten Raum ein.

Hinsichtlich der Verteilung auf Altersgruppen

kam die größte Gruppe aus dem Alterssegment

der 30 bis 39 Jährigen, die kleinste

Gruppe fiel mit 3,4 % auf die unter 20 Jährigen.

Mit 5 % ist die Quote der Menschen

mit ausgeprägten AIDS-Phobien immer noch

signifikant vertreten.

Die Telefonberatung spielt bei der Aufklärung

zu HIV nach wie vor eine große Rolle. Sie ist

das Medium zur Beantwortung persönlicher

Fragen und zur Abklärung eines individuellen

HIV-Übertragungsrisikos. Mit der Rufnummer

0180 33 19411 werden bestehende Angebote

unter einer bundesweiten Nummer zusammengeführt

und damit die Erreichbarkeit für

Ratsuchende weiter verbessert. Durch die Intensivierung

der Weiterbildung und die Einrichtung

eines Online-Portals für Berater*innen

wird die Qualität der Beratung langfristig

gesichert.

Im Rahmen der Bundesweiten Telefonberatung

werden mit den Telefonberater*innen

regelmäßig Treffen mit dem hauptamtlichen

Koordinator durchgeführt. Ziel ist einerseits

der Austausch und die Terminvergabe (wer

ist an welchen Tagen für die Beratung zuständig)

und andererseits werden Beratungsgespräche

als Fallbeispiele bearbeitet sowie bei

belastenden Gesprächen supervidiert. Seit

2016 leistet Werner Garbe die hauptamtliche

Koordination.

Seit der Aufgabe der Montagabend-Beratung

sind nur noch hauptamtliche Berater*innen

im Einsatz. Fallbesprechungen und ggf.

supervisorische Bedarfe werden seither im

Rahmen der Teamsitzungen aufgegriffen. Im

Berichtsjahr haben unsere Kolleginnen, Susanne

Renner und Hanife Kayadelen die Basisschulung

erfolgreich durchlaufen und können

uns zukünftig verstärken.

2.2.4 Die Telefonberatervernetzung im

Ruhrgebiet:

Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. ist

mit anderen Kooperationspartnern aus dem

Ruhrgebiet in einer Telefonberatervernetzung

zusammengeschlossen. Ziel dieser Vernetzung

ist der fachliche Austausch und der

Erhalt der hohen Qualitätsstandards. Diese

Vernetzung blieb grundsätzlich erhalten. Die

Vernetzungstreffen finden in der Regel einbis

zweimal im Jahr statt.

2.2.5 E-Mail Beratung

Die E-Mail Beratung in der AIDS-Hilfe wurde

weiterhin angeboten. Die E-Mailberatung

ist unter der folgenden Adresse zu erreichen:

www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de/beratung.

Um die gängigsten Fragen im Voraus zu klären,

wurden auf unserer Homepage die acht

häufigsten gestellten Fragen (FAQ) eingestellt.

Der Ratsuchende konnte beim Anklicken

einer Frage gleich die Antwort lesen.

Durch dieses Beratungsangebot konnten viele

Ratsuchende, ohne dass sie an uns eine

E-Mail schreiben mussten, bedient werden.

Detailliertere Fragen konnten dann per E-Mail

an uns gesendet werden.

Folgende vorgefertigten Fragen wurden im

Internet angeboten:

26


GIBT ES EXTRAGROSSE KONDOME?

Ja, es gibt extragroße Kondome. Kondome, in allen

möglichen Ausführungen, gibt es in Apotheken und

Drogeriemärkten zu kaufen. Achtet dabei auf das aufgedruckte

Haltbarkeitsdatum und auf eine vorhandene

Kontrollnummer!

IST AIDS EIN GRUND ZUR KÜNDIGUNG?

Es besteht kein Gesetz in der BRD, dass Du dem Arbeitgeber

einen positiven HIV Test mitteilen musst.

Wenn Du mehr wissen möchtest: E-Mail an beratung@

aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de

Übrigens: Kondome sollten kühl, trocken, vor Hitze und

direkter Sonneneinstrahlung geschützt gelagert werden. Sie

sollten auch nicht mit Ölen oder Fetten in Berührung kommen,

dies greift sie an und lässt sie schneller zerreißen. Benutze für

den Gebrauch von Kondomen nur vom Hersteller zugelassene

Gleitmittel.

WIE GEFÄHRLICH IST ORALER SEX?

Bei oralem Sex, ohne Verletzungen / Wunden und

ohne Abspritzen besteht ein sehr geringes HIV Risiko,

jedoch hinsichtlich anderer Geschlechtskrankheiten

besteht ein hohes Risiko!

Wenn Du mehr wissen möchtest: E-Mail an beratung@

aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de

Wenn Du mehr wissen möchtest: E-Mail an beratung@

aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de

WO MACHE ICH EINEN HIV-TEST?

Einen kostenlosen und anonymen HIV Test kann man

beim Gesundheitsamt machen.

Wenn Du mehr wissen möchtest: E-Mail an beratung@

aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de

WANN MUSS ICH MEDIKAMENTE NEHMEN?

Die Frage nach einem Therapiebeginn und Medikamenten

können wir nicht so allgemein beantworten. Das

sollte ein Arzt entscheiden, da dafür aufwendige Blutuntersuchungen

nötig sind.

Wenn Du mehr wissen möchtest: E-Mail an beratung@

aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de

WIE WIRD MEIN PARTNER REAGIEREN?

Um diese Frage zu klären, ist es ratsam ein Beratungsgespräch

zu führen oder komm doch mit Deinem Partner

in die AIDS-Hilfe und sprecht vor Ort über Eure

Probleme und Fragen.

Wenn Du mehr wissen möchtest: E-Mail an beratung@

aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de

WO TREFFE ICH ANDERE POSITIVE?

Wo Du andere Positive treffen kannst erfährst Du am

besten in Deiner regionalen AIDS-Hilfe. In Duisburg

gibt es eine Positivengruppe.

Wenn Du mehr wissen möchtest: E-Mail an beratung@

aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de

INFO ZUR E-MAIL BERATUNG

Insgesamt wurde die E-Mailberatung im Jahr

2019 allerdings sehr wenig genutzt. Als Grund

ist hierfür sicherlich die ebenfalls bundesweite

E-Mailberatung der AIDS-Hilfen zu nennen.

Häufiger erreichten uns offene oder sehr

spezielle Anfragen per mail, wie zum Beispiel

zur PrEP oder zu den Testverfahren.

2.3 Danksagung:

Wir danken unseren ehrenamtlichen Mitarbeitern,

die diese anspruchsvolle und zuweilen

äußerst belastende Tätigkeit sehr lange

ausgeübt und sich konsequent weitergebildet

haben, um den hohen Qualitätsstandards in

der Beratung zu entsprechen. Diese Fähigkeiten

kommen allmählich wieder zum Einsatz –

etwa bei der Umsetzung des „Beratungs- und

Selbsttest-Angebotes“ in der AIDS-Hilfe.

27


Begleitung

3. Begleitung

Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel bietet

HIV-positiven und an Aids erkrankten Menschen

Begleitung an. Die psychische Stabilisierung

und Akzeptanz einer veränderten Lebenssituation

sind wichtige Ziele im Rahmen

der Begleitung.

HIV ist heute eine chronische Erkrankung, die

eine lebenslange ART (Anti-Retrovirale Therapie)

erforderlich macht.

Die Menschen, die zu uns in die Begleitung

kommen, haben vielfaltige Probleme. Gerade

in der PSB (Psychosoziale Begleitung), siehe

5.2.2.2 in diesem Jahresbericht, begegnen

uns Menschen mit existenzbedrohlichen

Problemlagen. Verlust der Wohnung und anstehende

Obdachlosigkeit, bei Migrant*innen

häufig eine fehlende Krankenversicherung,

die den Zugang zu der lebenswichtigen ART

(Anti - Retrovirale Therapie) erschweren oder

verzögern, bei HIV-positiven Drogenkonsument*innen

können psychische, physische

und mentale Instabilität aufgrund von Drogenkonsum

oder fehlende Adhärenz (Therapietreue

zur antiretroviralen HIV-Medikation)

hinzukommen.

Das soziale Umfeld, also die Bedeutung sozialer

Verhältnisse auf die individuelle Gesundheit,

in denen Menschen leben, muss ebenfalls

mit einbezogen werden, wenn es um die

Stärkung individueller Ressourcen und Kompetenzen

geht.

Des Weiteren werden unsere Begleiteten auch

älter und in der Beratungs- und Begleitungsarbeit

ist es daher bedeutsam, für bestimmte

Vorsorgeuntersuchungen zu sensibilisieren

und altersbedingte Erkrankungen, wie das

„Thema Krebs und HIV“ mit in den Fokus zu

nehmen.

Im Berichtsjahr mussten wir uns – wie in den

28


letzten Jahren auch - mit dem Thema „Late-Presenter“

beschäftigen. „Menschen bei

denen HIV erst relativ spät nach der Infektion

diagnostiziert wird, werden oft als „Late Presenter

bezeichnet.“ med.info späte hiv-diagnose

2018, S.03

Dass Aidshilfen sich zunehmend und auch

weiterhin mit dieser Thematik auseinandersetzen

müssen, verdeutlichen sehr anschaulich

die Daten des Robert Koch Instituts (RKI).

Wie bereits ausführlich im Geschäftsbericht

des vorliegenden Jahresberichts dargestellt,

„wurden etwa 32% der HIV-Infektionen erst

mit einem fortgeschrittenen Immundefekt

und etwa 15% erst mit dem Vollbild AIDS diagnostiziert.“

Robert Koch Institut, Epidemiologisches

Bulletin 2019/Nr.46, S.483

Sicherlich ist eine späte HIV-Diagnose oder

der Umstand der Feststellung eines ein fortgeschrittenen

Immundefekts AIDS – „die Anzahl

der CD 4 Helferzellen weniger als 200

pro Mikroliter Blut beträgt“- heute in der Regel

medizinisch sehr gut behandelbar, kann

aber dennoch für die Menschen, die sich mit

dieser Diagnose auseinandersetzen müssen, ein

„kritisches Lebensereignis“ sein, dass eine

zeitintensive Beratungs- und Begleitungsarbeit

erfordert.

Neben dem Beratungs- und dem Begleitungsangebot

in der AIDS-Hilfe bieten wir in Einzelfällen

auch aufsuchende Arbeit und somit

Treffpunkte außerhalb der AIDS-Hilfe an.

Dies kann bei den Begleiteten Zuhause oder

einem neutralen Ort außerhalb von AIDS-Hilfe

und Wohnung sein.

Die Begleitungsarbeit wurde im Berichtsjahr

2019 von drei hauptamtlichen Mitarbeiter*innen

mit unterschiedlichem Zeitanteil ihrer

Voll- bzw. Teilzeitstellen neben ihren anderen

29


Aufgabenbereichen durchgeführt.

Hier bieten wir Beratungen zu unterschiedlichen

Themen, z.B. Partnerschaftskonflikten,

sozialrechtlichen und finanziellen Problemen,

an. Wir unterstützen bei Rentenanträgen,

wegen Erwerbsminderung oder schreiben Widersprüche

bei fehlerhaften ALG II Bescheiden.

Bei weitergehenden und komplexeren

Problematiken stellen wir Kontakt zu entsprechenden

Beratungsstellen, wie zum Beispiel

der Schuldnerberatung her.

Bei finanziellen Problemen halfen wir mit

unserem Positivenfond, bei größeren Beträgen

stellten wir Anträge an die Deutsche

AIDS-Stiftung soweit die Antragshintergründe

die Kriterien der Stiftung erfüllen.

An dieser Stelle bedanken wir uns ganz herzlich

für die perfekte Unterstützung durch die

Deutsche AIDS-Stiftung und des Verbandes

der Privaten Krankenversicherung e.V., für

die weitere Verwendung der Mittel aus dem

Jahr 2018, in Höhe von 275,- €, die uns als

Zuschuss für Dolmetscher*innenkosten gewährt

wurden.

Im Berichtsjahr 2019 fielen insgesamt 280,-€

für Übersetzungstätigkeiten an.

Zeitintensive Krankenhausaufenthalte waren

im Berichtsjahr bei fünf Klient*innen zu verzeichnen.

Hier ist es den Mitarbeiter*innen

des Begleitungsteams weiterhin wichtig, dass

- wenn irgendwie möglich – wir einmal pro

Woche im Krankenhaus unsere Begleiteten

besuchen. Da die Aufenthalte in den Krankenhäusern

in den unterschiedlichsten Orten

stattfinden, und unsere Begleiteten aus

einem großen Einzugsgebiet kommen (Duisburg

/ Kreis Wesel) sowie teilweise die stationäre

Versorgung in den Unikliniken Essen und

Düsseldorf erfolgt, ist der Besuch mit hohem

Zeitaufwand verbunden.

Im Berichtjahr 2019 konnten die hauptamtlichen

Mitarbeiter*innen insgesamt 763 Beratungs-

und Begleitungskontakte verzeichnen.

Im Vergleich zum Vorjahr ist hier eine Steigerung

von 0,4 % zu verzeichnen.

Bei komplexen Begleitungen, die im Zeitumfang

unsere Ressourcen übersteigen und die

entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen

gegeben sind, vermitteln wir an SELF Duisburg

/ Kreis Wesel, unser Ambulant Betreutes

Wohnen.

3.1 Positivenfond

Im Jahr 2016 veränderte die AIDS-Hilfe Duisburg

/ Kreis Wesel e.V. die bisherigen Strukturen

und Auszahlungsmodalitäten des Positivenfonds.

Der Rückblick zeigt, dass sich die

neuen Strukturen aus der Sicht der Mitarbeiter*innen

im Begleitungsbereich als sinnvoll

erwiesen haben. Die Vorgabe, dass in dringenden

Notfällen eine finanzielle Hilfe ohne

großen administrativen Aufwand ermöglicht

werden sollte, blieb bestehen.

Im Berichtsjahr 2019 war es mithilfe des Positivenfonds

möglich, HIV Positive, die von der

AIDS-Hilfe begleitet werden, in problematischen

finanziellen Situationen zu entlasten.

Die Gesamtausgaben des Positivenfonds

betrugen im Berichtsjahr 2019 insgesamt

1.265,07 €, wobei 44,19 € für die Begleitungsarbeit

in der JVA Hamborn und Dinslaken

verwendet wurden.

3.2 Zusammenarbeit mit Kooperationspartner*innen

Die langjährige Zusammenarbeit mit Kooperationspartner*innen

wurde im Berichtsjahr

fortgesetzt. Im Einzelnen handelt es sich um

folgende Partner*innen:

• HIV-Schwerpunktpraxen

In Duisburg und dem Kreis Wesel gibt es

nur noch eine HIV-Schwerpunktpraxis. Mit

Dr. Kwirant haben wir eine sehr gute Zusammenarbeit.

Ein Teil unserer Begleiteten

wird in den Ambulanzen der Uni-Kliniken

Essen und Düsseldorf behandelt.

• Krankenhäuser

Bei Krankenhausaufenthalten werden

unsere Begleiteten in die umliegenden

Uni-Kliniken Essen, Bochum und Düsseldorf

eingewiesen. Insbesondere zur

Uniklinik Essen bestehen gute Kontakte.

Im Berichtsjahr gab es eine insgesamt

gute Zusammenarbeit mit den Duisburger

30


Krankenhäusern und denen des Kreises

Wesel, insbesondere mit dem Krankenhaus

Bethanien in Moers. Somit konnten

wir sehr gut mit dem medizinischen Personal

kooperieren. Allerdings war auch

das Berichtsjahr nicht gänzlich frei von

Diskriminierungserfahrungen von Begleiteten

im medizinischen Versorgungssystem,

die allerdings schnell und akzeptabel

bearbeitet werden konnten.

• Flüchtlingsberatung

In diesem Bereich haben wir fallspezifisch

eine enge Zusammenarbeit mit Mitarbeiter*innen

von Flüchtlingsunterkünften

(ZUE), insbesondere mit der ZUE in Rheinberg-Orsoy.

Weiter konnten wir bei Verständigungsschwierigkeiten

auf die Hilfe

einer Mitarbeiterin und einer ehrenamtlichen

Mitarbeiterin der Flüchtlingshilfe

Grafschafter Diakonie Neukirchen-Vluyn,

die uns als Dolmetscherin hilfreich zur

Seite stand, zurückgreifen.

An dieser Stelle: Ein ganz herzliches Dankeschön!

• Pflegedienste

Die Kooperation mit den Pflegediensten,

mit denen wir bisher zusammengearbeitet

haben, wurde erfolgreich fortgeführt.

• Anwaltskanzleien

Die Zusammenarbeit mit Rechtsanwaltskanzlei

Gödde & Kosthorst war im Berichtsjahr

2019 insbesondere im Fachbereich

Migration erforderlich.

• Ambulant Betreutes Wohnen

Hier arbeiten wir mit SELF, Aussicht Duisburg

und der AIDS-Hilfe Essen zusammen.

• ÖGD Duisburg

Die sehr gute Kooperation wurde auch im

Jahr 2019 fortgeführt.

3.3 Angebote für Menschen mit HIV und

Aids

Unser traditionelles Mittwochs-Café ist

weiterhin ein beliebter Treffpunkt zwischen

HIV-Positiven und an Aids Erkrankten, ehrenamtlichen

Mitarbeiter*innen und der

AIDS-Hilfe Sympathie entgegenbringender

Menschen. Darüber hinaus ist dieses Café

eine erste Anlaufstelle für an ehrenamtlicher

Arbeit Interessierte.

Im Café ist ein Austausch zwischen HIV-positiven

Menschen, hauptamtlichen und ehrenamtlichen

Mitarbeiter*innen möglich. Hier

können sich Interessierte auch über Neuigkeiten

in der AIDS-Hilfe informieren und die

Angebote an der Infotafel zur Kenntnis nehmen.

Das Café startet um 15 Uhr und endet um

18 Uhr. Während der Café-Zeit sind immer

hauptamtliche Mitarbeiter*innen präsent, da

diese Treffen von vielen Cafébesucher*innen

dazu genutzt werden, Anliegen an die Berater*innen

heranzutragen. Über die Café-Zeit

hinaus ist die AIDS-Hilfe mittwochs bis 19

Uhr für persönliche und telefonische Beratung

geöffnet. Des Weiteren ist ein Beratungsangebot

auch nach individueller Vereinbarung

möglich.

Die traditionelle Weihnachtsfeier fand wieder

in den Räumlichkeiten unserer Fachstelle

statt. Insgesamt nahmen 20 Teilnehmer*innen

daran teil und verbrachten einen schönen

Nachmittag mit anschließendem Festessen.

Die Vorbereitung und Durchführung der

Weihnachtsfeier liegen schwerpunktmäßig in

ehrenamtlicher Hand.

Die Weihnachtsfeier konnte wieder mit Spenden

aus den Kirchengemeinden und insbesondere

durch eine Cateringspende von

Wolfgang Gödeke und Frank Sieger – Inhaber

der Burgschänke, in Alpen - durchgeführt

werden, wofür wir uns an dieser Stelle ganz

herzlich bedanken.

3.4 Trauerarbeit

Am 01. Dezember 2019 haben wir zusammen

mit DUGay zu einer Gedenkveranstaltung /

Weihnachtsbaumaktion - für Angehörige und

Freunde unserer Verstorben, eingeladen.

Wir gedenken der Verstorbenen auch in der

Mitgliederversammlung und mit unserer

Trauerecke im Café. Hier gibt es das Trauerbuch

und weitere Informationen zu unseren

Verstorbenen.

Im Berichtsjahr mussten wir uns von zwei

Begleiteten und unserer langjährigen Vorstandsfrau-

Silke Stützel, verabschieden.

31


4. Öffentlichkeitsarbeit

Da hilft nur eines: drüber reden!

Denn wir alle können ganz selbstverständlich

und ohne Angst positiv zusammenleben.

Im Beruf, im Alltag und in der Freizeit gibt

es keine Übertragungsgefahr. Und beim Sex

schützen Kondome ebenso gut wie eine wirksame

HIV-Therapie oder die Präexpositionsprophylaxe

(kurz PrEP), die in Europa schon

länger zugelassen ist und die auf Initiative

Bundesgesundheitsministers, Jens Spahn,

seit dem 01.09.2019 sogar auch als Kassenleistung

für Menschen mit signifikant erhöhtem

Infektionsrisiko in Deutschland zugelassen

wurde. Wir befinden uns im Zeitalter von

Safer Sex 3.0! und n = n (Nicht nachweisbar

= nicht übertragbar, s.o.).

Zeit und Grund für eine weitergehende Entspannung

im Umgang mit dem einstigen

Schreckensphänomen „HIV und AIDS“. Aber

sind wir schon so weit? Jein.

Mit HIV kann man leben, lieben, alt werden.

Weitersagen!.

In Deutschland leben über 87.900 Menschen

mit HIV. Dank sehr effektiver Medikamente

haben die meisten von ihnen eine fast normale

Lebenserwartung. Sie können in jedem

Beruf arbeiten, ihre Freizeit gestalten wie andere

auch. Wird HIV rechtzeitig festgestellt

und behandelt, ist eine AIDS-Erkrankung

vermeidbar und HIV ist unter Therapie nicht

übertragbar (s. 1.)!

Man kann also heute in der Regel gut mit HIV

leben. Aber immer noch wird hinter dem Rücken

von Menschen mit HIV getuschelt, verweigern

manche Ärztinnen und Ärzte eine

Behandlung, und in einigen Fällen ist sogar

der Arbeitsplatz in Gefahr. Zurückweisung,

Ausgrenzung und die Angst davor wiegen

heute für viele HIV-Positive schwerer als die

gesundheitlichen Folgen der Infektion selbst.

Ursache für Zurückweisung und Diskriminierung

sind häufig Vorurteile, Unwissen oder

unbegründete Ängste vor einer Ansteckung.

Viele Menschen wissen leider immer noch

nichts von der Schutzwirkung der HIV-Therapie

–laut Umfragen der BZgA nur etwa zehn

Prozent der deutschen Bevölkerung. Auch

deshalb ist es wichtig, immer wieder über

das heutige Leben mit HIV aufzuklären und

zu zeigen, dass „positiv zusammen leben“

möglich ist.

Und zu AIDS kommt es heute eben nicht

mehr, wenn eine HIV-Infektion rechtzeitig diagnostiziert

und kontinuierlich behandelt wird

– sie ist dann eine chronische Infektion. Bei

fast allen Menschen mit HIV, die ihre Medikamente

regelmäßig einnehmen und darüber

stabil unter eine sog. HIV-Viruslast-Nachweisgrenze

kommen, sind so wenige Viren im

Blut und in anderen Körperflüssigkeiten, dass

eine Übertragung von HIV selbst beim ungeschützten

Sex auszuschließen ist.

Im Verbund mit unserem Dachverband, der

Deutschen AIDS-Hilfe, wollen wir intensiv

daran mitwirken, dass sich dieses Wissen

vervielfacht. Nach über zehn Jahren der Erkenntnis

sollte dies doch allmählich auch gelingen

können. Dazu bedarf es aber sicherlich

auch groß angelegter Kampagne, wie der im

Mai 2017 gestarteten Kampagne „Kein AIDS

32


für alle! Bis 2020!“

, einer guten und konsequenten Ergänzung

der großen, jährlichen Kampagne zum Welt-

AIDS-Tag oder der Ende 2018 aufgelegten

flankierenden Kampagne #wissenverdoppeln

(s. www.wissen-verdoppeln.hiv, s.1. ).

Die 2014 neu ausgerichtete bundesweite

Kampagne zum Welt-AIDS-Tag ist in ihrer

Ausrichtung und den Botschaften im Kern gegen

Stigmatisierung und Diskriminierung von

Menschen mit HIV und AIDS auch im Jahre

2019 nur marginal modifiziert worden. Das

erscheint konsequent, denn zum einen finden

wir diese Form der direkten Ansprache von

Menschen gut und zum anderen ist die Zielrichtung

unverändert wichtig. „Gemeinsam

gegen Angst und Ausgrenzung!“

Die zwingende Kombination von Information

& Aufklärung über HIV und andere STI`s mit

Maßnahmen und Botschaften, die zur Entdiskriminierung

und Entstigmatisierung von

Menschen mit HIV und AIDS beitragen sollen,

ist nach wie vor geboten. Denn nur so können

wir Ängste abbauen und zu einem entspannteren

Umgang miteinander kommen.

Aber nicht nur nach unserem Eindruck sind

diese Botschaften immer noch schwer zu

„verkaufen“, stoßen wir immer noch häufig

auf Unglauben, Gleichgültigkeit oder Ablehnung,

wenn es um die Annahme der Wahrheiten

geht. Und unsere langjährigen Erfahrungen

aus der präventiven Arbeit lehren eben

auch, dass Erfolge in der Medizin immer auch

die Prävention latent gefährden, weil sie Entwarnungsphantasien

und Sorglosigkeit hervorrufen

können. Dennoch werden wir nicht

nachlassen, betrachten diese Arbeit als „positive“

Herausforderung – wissend, dass es

sich lohnt und dass in Deutschland durchaus

schon viel erreicht wurde, wir aber noch lange

nicht am Ziel unserer Wünsche sind.

Der im Jahre 2019 anhaltend zu verzeichnende

Rechtsruck in der Gesellschaft, das

scheinbar gesellschaftsfähig werdende Verbreiten

von „alternativen Faktenlagen“, gefühlten

und nicht hinterfragten Wahrheiten im

„post-faktischen Zeitalter“ oder „fake news“

meist in populistischen Formen vorgetragen,

macht die Arbeit nicht leichter. Dies gefährdet

generell die „Akzeptanz von Lebensweisen“,

das respektvolle Miteinander und den gesellschaftlichen

Frieden – und befördert in immer

gleichen Mustern die „Suche nach Minderheiten,

die sich als Sündenböcke“ eignen.

HIV- / AIDS-und STI- Prävention bleibt

Herausforderung

„Aufklärung, Information und Prävention statt

Repression ist seit nunmehr (über) 30 Jahren

der Leitgedanke der HIV/AIDS-Prävention

in Nordrhein-Westfalen. Seitdem sehen sich

das Land Nordrhein-Westfalen, die Kommunen

und die freien Träger in der Verantwortung,

die weitere Verbreitung von HIV-Infektionen

(…) zu minimieren, HIV-Infizierte und

an AIDS erkrankte Menschen zu unterstützen

und sie vor Ausgrenzung und Diskriminierung

zu bewahren.

Diese grundsätzliche Ausrichtung war und

ist die Basis des großen Erfolges der HIV/

AIDS-Prävention in Nordrhein-Westfalen und

hat deshalb auch heute noch Bestand. Dabei

haben sich als besondere Qualitätsmerkmale

das Zusammenspiel staatlicher, kommunaler

und nichtstaatlicher Akteurinnen und Akteure,

die Orientierung der Angebote an der

Lebenswirklichkeit der Betroffenen und die

Einbeziehung der Menschen, die von HIV und

AIDS bedroht oder betroffen sind, bewährt.

Diese Qualitätsmerkmale sind auch für die

zukünftige Entwicklung und Umsetzung der

Präventionskonzepte unverzichtbar.

Einem Wandel unterworfen sind jedoch die

Rahmenbedingungen der Prävention in sehr

unterschiedlichen Feldern: Die wissenschaftlichen

Erkenntnisse über die Übertragbarkeit

des HI-Virus werden immer detaillierter.

Die Bedürfnisse und Erwartungen der Zielgruppen

der HIV-Prävention verändern sich.

Das Internet bietet neue Möglichkeiten der

33


Prävention darf und muss Spaß machen – auch den Präventionist*innen!

Information und Beratung. Die Lebenserwartung

von Menschen mit HIV nimmt zu.

Die Präventionsbotschaften und die Methoden

der Vermittlung an die Zielgruppen müssen

sich diesem Wandel anpassen. Deshalb

bleibt die HIV/AIDS-Prävention auch in Zukunft

eine Herausforderung.“

(Barbara Steffens, Ministerin für Gesundheit, Emanzipation,

Pflege und Alter des Landes NRW bis Mai 2017, Vorwort zum

Landeskonzept „Weiterentwicklung der HIV/AIDS-Prävention

in Nordrhein-Westfalen“, Düsseldorf 2013, S. 5 f)

Einem Wandel unterworfen sind in der Tat die

Rahmenbedingungen der Prävention. Diese

Erkenntnis trifft trotz –auch im Berichtsjahr

- massiver wissenschaftlicher Untermauerung

durch verschiedene Fachgesellschaften

und Organe leider auch auf andere Felder immer

mehr zu. Der Kampf um die finanziellen

und personellen Ressourcen zur Erfüllung

der Anforderungen an die Träger der Aufgabe

der strukturellen HIV-Prävention wird immer

schwieriger (s. 1.). Und dieser Kampf bindet

wiederum wichtige Ressourcen.

Wir haben schon viel erreicht und der Leitgedanke

der Präventionsarbeit hat sich in

Deutschland eindeutig bewährt, denn bezogen

auf HIV gilt in den allermeisten denkbaren

Lebenssituationen nach wie vor, dass jeder

vernunftbegabte Mensch sich selbst und

andere davor schützen kann, wenn er über

die notwendigen Informationen, Fähigkeiten

und Mittel verfügt und seine Verhältnisse, in

denen er lebt, keine Hindernisse bieten.

Der darauf aufbauende Ansatz der „strukturellen

HIV-/AIDS-Prävention“ war und ist in

Deutschland die Basis für einen großen Erfolg,

den die beteiligten Akteure fortschreiben

wollen und müssen. Das Ziel bleibt, die Zahl

der Neuinfektionen auf niedrigem Niveau zu

halten und nachhaltig zu minimieren und das

Stigma von Menschen mit HIV zu nehmen,

damit es uns gelingen kann, die Testbereitschaft

von Menschen zu erhöhen, die Zahl der

sog. „late presenter“ (Spätdiagnosen) deutlich

zu verringern und die Errungenschaften

der medizinischen Behandelbarkeiten auch

anwenden zu können.

34


Information und Aufklärung zielgruppenadäquat

und seriös zu transportieren, ist die

zentrale Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit der

AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel.

Diese Aufgabe umzusetzen, wird nicht leichter

angesichts der langen Zeit, in der es darum

geht, das Thema im Bewusstsein der Bevölkerung

wach und bewusst zu halten, die

Menschen zu erreichen, denn schon der gute

Freiherr von Knigge wusste:

„Die Menschen wollen lieber unterhalten als

belehrt werden.“

Und getreu dieser Erkenntnis ist auch unsere

Öffentlichkeitsarbeit nicht von Zeigefingerpädagogik

geprägt, sondern sehr darum bemüht,

Information & Aufklärung so zu gestalten,

dass sie die Menschen erreichen kann.

„Positiv zusammen leben. Aber sicher!“ – das

ist die neue, alte Botschaft – nicht nur zum

Welt-AIDS-Tag, die unsere Öffentlichkeitsarbeit

von Beginn an prägt.

Wir alle können dazu beitragen, dass Isolation

und Stigmatisierung von Menschen mit

HIV abgebaut werden. Indem wir Betroffenen

unvoreingenommen begegnen und ihnen so

erleichtern, offen und verantwortungsvoll mit

ihrer Infektion oder Krankheit umzugehen,

indem wir den Mut aufbringen, aufeinander

zuzugehen, über Ängste zu sprechen, einander

verstehen lernen.

Die offene Kommunikation benötigt allerdings

ein adäquates soziales Klima und sie braucht

gewissermaßen den Geist der Aufklärung. Wer

informiert ist, ist (nicht nur) beim Thema HIV

und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten

klar im Vorteil – hinsichtlich des Umganges

mit Menschen mit HIV, aber eben auch

hinsichtlich des Schutzes vor einer Infektion

und ihren Folgen. Wir werden weiter über

Verhütungsmöglichkeiten aufklären und

nicht die Aufklärung verhüten!

Der `präventive Spagat´ zwischen Enttabuisierungs-

und Entdiskriminierungsarbeit im

Umgang mit HIV-positiven und an AIDS erkrankten

Menschen und der Mahnung vor einer

„chronischen Infektion“, die im Einzelfall

immer noch zu erheblichen Einschränkungen

der Lebensqualität führen kann und eben ein

nicht unerhebliches Stigmatisierungs- und

Diskriminierungspotential birgt, bleibt eine

große Herausforderung für die Präventionsund

Öffentlichkeitsarbeit.

Von wachsender Bedeutung bleibt dabei die

konsequente Einbeziehung und Thematisierung

anderer sexuell übertragbarer

Infektionen (STI`s, wie Syphilis, Chlamydien

u.a.), da diese eine zunehmende Relevanz

für die HIV-Inzidenzen besitzen, denn STI`s

erhöhen das HIV-Übertragungsrisiko um das

Zwei- bis Achtfache.

Während wir nach über 30 Jahren HIV- /

AIDS-Prävention in der Region sicherlich behaupten

können, dass das Aufklärungsniveau

bezüglich HIV/AIDS in der Bevölkerung vergleichsweise

gut ist, gilt dies hinsichtlich der

STI`s noch keineswegs in gleicher Weise.

Hier muss in der künftigen Präventionsarbeit

weiter nachgearbeitet werden.

Erfreulicherweise sind Anfragen nach den Angeboten

unserer AIDS-Hilfe in allen Arbeitsbereichen

stabil hoch. Das spezifische Knowhow,

die Vermittlungskompetenzen unserer

ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter*innen

und die Flexibilität eines kleinen, freien Trägers

in der Wohlfahrtspflege werden offensichtlich

sehr geschätzt. Dies zeigen uns die

vielen positiven Rückmeldungen, die aus sehr

unterschiedlichen Gruppierungen kommen.

Es ist von großer Bedeutung, dass die Arbeit

und die Haltungen der AIDS-Hilfe(n) als

sinnvoll wahrgenommen und der Diskurs zu

Ansätzen, Konzepten und deren Förderung

angenommen werden. Dies ist nicht zuletzt

auch für die Arbeit und die Motivation unserer

ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen sehr wichtig.

Grundlagen für den Erhalt und die Anpassung

unserer Arbeitsqualitäten sind das Leitbild

sowie das Konzept zur Fachstelle für sexuelle

Gesundheitsförderung (s. www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de

).

35


4.1. AG Öffentlichkeitsarbeit

Die mit dem skizzierten Themenspektrum

und der entsprechenden Informations- und

Aufklärungsarbeit befasste Arbeitsgruppe

trifft sich jeden dritten Donnerstag im Monat

um 18.30 Uhr in der AIDS-Hilfe, um Veranstaltungen,

Informationsstände u.a. Aktionen

zu konzipieren und zu organisieren. Die

Gruppe ist mit stabil sechs bis acht Mitgliedern

besetzt. Um diesen Kern von Mitarbeiter*innen

herum finden sich immer wieder

neue Interessent*innen über mehr oder minder

lange Zeiträume. Der Zugang zur Gruppe

setzt nicht das Durchlaufen der Grundausbildung

für Ehrenamtler*innen voraus, wie dies

für die Bereiche der Beratung und Begleitung

zwingend ist. Es kann also jede/r Interessierte

unverbindlich hereinschnuppern.

Ohne das intensive Engagement der ehrenamtlichen

Mitarbeiter*innen wäre die Menge

an Veranstaltungen und Aktionen, die

wir auch im Berichtsjahr wieder durchführen

konnten, nicht denkbar. Allen beteiligten Ehrenamtler*innen

gilt dafür unser herzlichster

Dank!

Weiterhin aber suchen wir gerade für das Feld

der Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit

neue ehrenamtliche Mitarbeiter*innen.

Wer hier aktiv werden möchte oder Interessenten

kennt … bitte melden! Ansprechpartner

sind Dietmar Heyde für die Präventionsund

Öffentlichkeitsarbeit oder alle anderen

hauptamtlichen Mitarbeiter*innen.

Zum Bereich der medialen Außendarstellung

gehört die Internet-Homepage der AIDS-Hilfe

Duisburg / Kreis Wesel e.V. ( www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de

) und inzwischen

sicherlich auch der Auftritt bei facebook und

Instagramm. Medien, die immer mehr an Bedeutung

gewinnen und auf die Schnelle nicht

nur Informationen zum Verein und seinen

Angeboten bieten, sondern auch zu Beratungszwecken

genutzt werden. Für die Pflege

und Aktualisierung ist immer noch unser

hauptamtlicher Kollege als „Herzenslust-Koordinator“,

Raphael Diaz-Fernandez, verantwortlich,

wird aber inzwischen tatkräftig durch

Hanife Kayadelen und unsere ehrenamtlichen

Präventionist*innen, Lara Merke und Lorenz

Rösen unterstützt. Sie leben allerdings vom

„Futter“ durch das AIDS-Hilfe-Team. Und allmählich

bessert sich das Mitdenken an die

Veröffentlichung von Informationen und Terminen

hier.

Das gilt natürlich insbesondere auch für den

vorliegenden Jahresbericht, für dessen Layout

ebenfalls Raphael Diaz-Fernandez (weiterhin

mit freiwilligem Engagement!) verantwortlich

ist. DANKE, lieber Raphael! Die Welt

der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel wäre

ohne dieses tolle Engagement erheblich trister.

4.2. Veranstaltungen

Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.

ist immer bemüht, ihr Angebot einer breiten

Öffentlichkeit transparent zu machen und

nutzt dazu verschiedene Orte und Anlässe.

Wie könnte man auf Enttabuisierung, Entdiskriminierung

und Emanzipation ausgelegte

Präventionsarbeit leisten, ohne die sog. Allgemeinbevölkerung

über den Sinn und Zweck

zielgruppenspezifischer Arbeit zu informieren

und zu überzeugen?

Neben der Herausforderung, das sehr breite

Spektrum an inhaltlichen Ausrichtungen (HIV

und AIDS, Hepatitiden und andere sexuell

übertragbare Infektionen, Homo-, Bi- und

Trans*Sexualität, Drogengebrauch, Frauen/

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Mädchen und HIV/AIDS, Migration und HIV/

AIDS u.a.m.) über öffentlichkeitswirksame

Veranstaltungen abzubilden, ist es alljährlich

auf`s Neue schwierig, halbwegs flächendeckend

in unserer großen Region Präsenz zu

zeigen.

Der Jahresauftakt ist traditionell geprägt

durch eine Fülle an Präventionsveranstaltungen

im Bereich „Youthwork“ (s. 5.6.) sowie

durch intensive Berichts- und Dokumentationsarbeit

zum Vorjahr.

Diese war im Berichtsjahr 2019 (das 33. Jahr

der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.)

weiter mit erhöhtem Erfassungsaufwand verbunden

– wir sind mit nunmehr fünf verschiedenen

Dokumentationssystemen konfrontiert!

Vom Ziel einer möglichst einheitlichen

Systematik für das Land und die Kommunen

sind wir weit entfernt.

Und hinzu kommen noch andere Verwendungsnachweisverpflichtungen

für Projektförderungen

für Drittmittel (wie z.B. für Fördermittel

der Aktion Mensch), die leider immer

lebenswichtiger werden, weil die öffentliche

Förderung bei weitem nicht auskömmlich ist,

obwohl es ganz überwiegend um „kommunale

Pflichtaufgaben“ und Aufgaben im Landesauftrag

geht (s. 1.).

Gemeinsam gegen AIDS!

Trotz zum Teil zermürbender Beschäftigung

mit bürokratischen und anderen nicht-originär

fachlichen Tätigkeiten waren wir auch im

Berichtsjahr öffentlich tätig und sichtbar – allerdings

mit einer verringerten Zahl an Infoständen,

was allerdings auch daran lag, dass

einige Veranstaltungen z.T. kurzfristig abgesagt

wurden.

Bündnisse und Netzwerke sind wichtig und

schaffen Synergieeffekte. So auch über

mehr als zehn Jahre das „Duisburger Aktionsbündnis

gegen AIDS“ (AIDS-Beratungsstelle

des Gesundheitsamtes der Stadt Duisburg,

Kindernothilfe e.V., Infostelle Dritte

Welt des evangelischen Kirchenkreises Duisburg,

evang. Kirchengemeinde Alt-Duisburg,

UNICEF Duisburg, evang. Kirchenkreis Duisburg

und die AIDS-Hilfe). Im letzten Jahr gab

es in diesem Kreis den Wunsch, die Thematik

zu erweitern, um so auch weitere Akteure

gewinnen zu können. 2018 verständigten wir

uns auf die thematische Erweiterung auf „Gesundheit

und (Zugangs- und Versorgungs-)

Gerechtigkeit“ und geboren wurde das „Duisburger

Aktionsbündnis für Gesundheit

und Gerechtigkeit“ für alle.

Der Roll-out erfolgte 2018 auf dem Duisburger

Umweltmarkt und gestaltete sich so zufriedenstellend,

dass das Bündnis, nunmehr

mit Beteiligung der Duisburger „amnesty international“-Gruppe,

sich im Berichtsjahr auf

eine unbegrenzte Fortführung einigte. Zentral

blieb es bei der öffentlichkeitswirksamen Präsentation

im Rahmen des Umweltmarktes am

15.06. Nach wie vor sind weitere Akteur*innen

herzlich willkommen.

Die interessante und sektorenübergreifende

Initiativgruppe „Männergesundheit“

(bestehend aus Klinikvertreter*innen, Gesundheits-

und Krankenpflegeschulen, niedergelassenen

Ärzt*innen, Beratungseinrichtungen,

Selbsthilfegruppen, Krankenkassen

und Unternehmensvertreter*innen u.a.) setzte

es sich zum Ziel, die Jahre 2018 und 2019

intensiv zu nutzen, um öffentlichkeitswirksam

etwas gegen die „Vorsorgemuffeligkeit“

der Duisburger Männer zu unternehmen, die

im Landesvergleich (z.B. bezüglich der Darmkrebsinzidenzen)

besonders schlecht abschnitten.

Im Laufe des Jahres 2019 konnten

erneut einige Veranstaltungen für eine Öffentlichkeitsarbeitsoffensive

unter dem Motto

„Man(n) sorgt vor!“ mit gutem Erfolg genutzt

werden (s. www.duisburg.de/maennergesundheit

). Dieses effektive Netzwerk will

die Arbeit auch über 2019 hinaus fortsetzen,

auch wenn das Thema „Männergesundheit“

dann nicht mehr Schwerpunkt der Kommunalen

Gesundheitskonferenz sein wird. Aber wir

erreichen einfach viel mit überschaubarem

Mitteleinsatz. Sicherlich ein best-practice-

Beispiel für Synergieeffekte durch Kooperation.

37


Die Gesundheitsmessen in Wesel und Dinslaken,

die wir in den Vorjahren begleiten

konnten und interessantes Zielpublikum (v.a.

Mulitplikator*innen) bot, konnten im Berichtsjahr

leider nicht durchgeführt werden,

was unsere ÖA-Gruppe sehr bedauerte.

So konnten wir uns aber mehr auf die Gründung

und die Antragstellung für ein weiteres

neues Netzwerk konzentrieren, dem Netzwerkprojekt

„Sexualität, Gesundheit und

Suchtmittelgebrauch“, von dem unter 1.

schon die Rede war. Ebenso wie zu einem der

wichtigsten Netzwerke, dem „Runden Tisch

zur HIV-Versorgung in der Region“.

Zudem stand die Relaunch unserer Homepage

an, mit der eine kleine AG aus der ÖA-Gruppe

intensiv und effektiv beschäftigt war. Im

nächsten Schritt sollen die Printdarstellungsmedien

neu aufgelegt werden, weil diverse

Veränderungen berücksichtigt werden müssen.

Zu den Aktivitäten rund um den Gedenktag

an die an den Folgen des Drogenkonsums

Verstorbenen am 21.07. lesen Sie mehr unter

5.2.

Ein großes AIDS-Hilfe Team war natürlich

auch beim Duisburger CSD am 27.07. aktiv

involviert. Zum einen im Rahmen des Herzenslust-Auftrittes

(s. 5.1.), natürlich der Parade,

aber auch im Rahmen der Aktivitäten

der Initiativgruppe zur Männergesundheit,

die erneut auch beim CSD – und wieder mit

hervorragender Resonanz- vertreten war.

Nach einer kurzen Sommerpause im August,

waren wir am 04.09. wieder bei der Veranstaltung

der Fortbildungsakademie der Stiftung

Bethanien in Moers vertreten. Passend

zum „Tag der sexuellen Gesundheit“ waren

wir mit einem Infotisch und einem Kurzvortrag

zum Thema „Keine Angst vor HIV

und anderen sexuell übertragbaren Infektionen“

aktiv. Trotz umfänglicher Bewerbung

durch die Bethanien-Stiftung fanden leider

nur etwa 30 Interessierte den Weg zu diesem

sehr interessanten Veranstaltungsformat. Einen

deutlichen Mehrwert hat die Beteiligung

für uns aber vor allem auch dadurch, dass

wir die Mediziner und medizinische Fachkräfte

aus verschiedenen Fakultäten im Krankenhaus

als enorm wichtige Multiplikator*innen

erreichen können. Und darüber hinaus stellen

wir hier fest, dass diese die Bedeutung

der offenen Kommunikation über Sexualität

erkannt haben und in ihre Anamnesen einbeziehen

können.

Das wurde im Dezember erneut bestärkt

durch die Buchung des Fortbildungsmoduls

für Mediziner „Let`s talk about Sex!“ der

Deutschen AIDS-Hilfe, welches wir am 03.12.

begleiten und in diesem Rahmen auch die Angebote

der AIDS-Hilfe vorstellen konnten.

Ein geballtes Wochenende am 28. und 29.

September haben wir uns an der „Offensive“

der Initiativgruppe Männergesundheit

der KGK Duisburg beteiligt, die bei der Automesse

„Lack & Chrom“ auf der Duisburger

Königstraße wieder viele Menschen – vorwiegend

Männer – über diverse Vorsorgemöglichkeiten

und eben auch über HIV und

STI`s interaktiv informierte. An insgesamt

sechs Stationen konnten –nicht nur Männer-

eine „Gesundheits-Inspektion“ durchlaufen

und sich beraten lassen. Ein „Laufzettel“

und attraktive kleine Preise sorgten für regen

Zulauf bei den beteiligten Einrichtungen und ihren

Angeboten. Leider hat das Wetter in diesem

Jahr nicht gut mitgespielt, so dass die Standaktivitäten

an den späten Nachmittagen abgebrochen

werden mussten.

Im Oktober begann der Feinschliff an den

Aktions- und Veranstaltungsplanungen zum

diesjährigen Welt-AIDS-Tag. In Duisburg wieder

gut abgestimmt mit dem Gesundheitsamt

bzw. der Beratungsstelle zu AIDS und anderen

sexuell übertragbaren Infektionen. Im

Kreis Wesel gab es leider keinerlei Ressourcen

und Ambitionen dazu.

Die Infostand-Aktivitäten, die ganz überwiegend

an Wochenenden platziert sind, sind

nur deshalb möglich, weil wir zwar eine überschaubare

Zahl von- aber ausgesprochen

motivierten ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen

haben, ohne die dies nicht zu stemmen

wäre. Deshalb gilt all denen an dieser Stelle

38


ein großes DANKE schön! für den phantastischen

Einsatz im Jahre 2019!!!

Damit unsere Informationen und Botschaften

auch dem aktuellen Wissensstand entsprechen

wurde auch die fachliche Fort- und

Weiterbildung im Berichtsjahr nicht vernachlässigt.

So sind sowohl im hauptamtlichen

Team wie auch bei den Ehrenamtlichen

insgesamt über 450 Stunden zur Fort- und

Weiterbildung investiert worden. Neben den

Tagungs- und Seminarangeboten vor allem

unserer Dachverbände sind wir immer auch

darum bemüht, inhouse-Angebote für unsere

Mitarbeiter*innen, für Netzwerk- und Kooperationspartner

vorzuhalten. Darüber hinaus

werden die monatlichen Sitzungen der Präventions-

und Öffentlichkeitsarbeitsgruppe

genutzt, um über aktuelle Entwicklungen zu

berichten und sich auszutauschen.

der AH in Duisburg unter dem Titel „n = n!

Und alles ist und bleibt gut?“ statt. Unser

verbliebener Duisburger HIV-Schwerpunktbehandler,

Dr. Friedhelm Kwirant gab dazu

den fachlichen Input zu Aspekten von Prophylaxestrategien,

Schutzwirkungen und der

Bedeutung von Therapietreue und stand in

einer anschließenden „offenen Sprechstunde“

gerne Rede und Antwort.

Ermöglicht wurde uns dieses tolle Fachgespräch

einmal mehr durch die freundliche Unterstützung

der Firmen: MSD Sharp & Dohme

und Janssen-Cilag GmbH. Wir danken!

Im Sinne einer partizipativen Qualitätsentwicklung

sind die meisten Angebote auch für

unsere Klient*innen offen und manche speziell

für sie konzipiert.

Soweit umsetzbar, holen wir uns die fachlichen

Updates auch von den wichtigen

Fachkongressen. So konnte Dietmar Heyde

etwa im Juni am „Deutsch-österreichischen

AIDS-Kongress“ in Hamburg und im Verbund

mit Daniela Niemczyk am Fachtag zum Themenfeld

„Safer Sex 3.0“ „Diskriminierung von

Menschen mit HIV und/oder AIDS“ der Deutschen

AIDS-Hilfe im November in Berlin teilnehmen

und die dort gewonnenen Erkenntnis

in die Mitarbeiterschaft transportieren. Daraus

resultieren oft auch wichtige Impulse für

die inhaltliche Planung unseres alljährlichen

Fachgespräches zur HIV-Therapie. Eine solche

Teilnahme ist einfach effektiver und nachhaltiger

als die aufwendige Literatur-Recherche,

für die in der Praxis eh selten Zeit ist.

In bewährter Kooperation mit der AIDS-Hilfe

Oberhausen haben wir auch in diesem Jahr ein

Fachgespräch zur HIV-Therapie veranstaltet,

das mit gutt 40 Teilnehmer*innen wieder

einmal sehr gut besucht und genutzt wurde.

Im Rahmen des Welt-AIDS-Tags-Veranstaltungsprogrammes

fand dies am 19.11.19 in

Dr. Friedhelm Kwirant … und das Moderator*innen-Paar

Natalie Rudi und Dietmar Heyde

Ganz in unserem Sinne waren die Botschaften

dieses Abends, nämlich insbesondere,

dass immer klarer wird, dass HIV-Therapie

nach wie vor kein „Wunschkonzert“ ist und

viele Bedingungen erfüllt sein müssen, damit

die erzielbaren guten Optionen auch wirklich

greifen können, dass die Effekte aber einfach

immer besser werden. Schließlich muss die

Therapie auch zu den jeweils individuellen

Lebensbedingungen passen. Dazu aber ist

es von ganz besonderer Bedeutung, dass ein

gutes Arzt-Patientenverhältnis entstehen und

eine offene, von gegenseitigem Vertrauen geprägte

Kommunikation stattfinden kann.

Wie immer begannen wir in der Arbeitsgruppe

im Frühsommer auch mit den Planungen

zum Veranstaltungsprogramm zum diesjährigen

Welt-AIDS-Tag (s. 4.4.).

39


4.3. Benefiz-Veranstaltungen

Nicht nur in finanzieller Hinsicht sind Benefiz-Aktionen

für uns sehr wichtig, bieten Aktionen

mit Künstlern, Prominenten, Ausstellungen

oder andere öffentliche Veranstaltungen

doch meist die Möglichkeit, unser Thema

auch außerhalb der Welt-AIDS-Tags-Zeit öffentlichkeitswirksam

zu platzieren.

Im Berichtsjahr 2019 gab es erneut viele „zivilgesellschaftliche“

Gruppen und Einzelpersonen,

die für uns und unsere Arbeit sehr

Gutes getan haben und wir wollen darüber

reden und schreiben.

Nach nur einem Jahr Pause in 2017 konnte

unser „alter und neuer“ Premiumpartner

beim Vertrieb der Solibären, die Targobank

Dienstleistungs GmbH am 2018 erprobten

neuen Format auch im Berichtsjahr anknüpfen.

Die Ausbildungsabteilung und das Personalmarketing

sprangen für das GudsO-Projektteam

der Targobank „in die Bresche“.

Unter der Koordination von Frau Julia Schmieder

und der Federführung von Tamara Cardoso

Vieira führten die Auszubildenden am 04.12. mit

ganz viel Engagement, Herzblut und offenkundigem

Spaß wieder einen Solibären-Aktionstag in den

Duisburger Bankräumen durch. Man konnte

zwar nicht ganz an die großen Erfolge der

letzten Jahre anknüpfen, aber doch immerhin

über 300 Bären an die Frau und an den Mann

bringen. Ganz herzlichen Dank für diese tolle

Unterstützung!

Und was wären unsere Solibären ohne die

„Duisburg-Accessoires“? Auch in diesem Hat

hat die durch eine Mitarbeiterin der Bank initiierte

„Strickgruppe“ in vielen, vielen Stunden

Heimarbeit abermals eine eigene Mützenund

Schalkollektion erstellt. In diesem Jahr

wurde erneut eine unfassbare Menge an ganz

individueller Bärenwinterkleidung produziert,

die erneut unglaublich gut ankam. Eine Aktion,

die aus dem Duisburger Geschehen rund

um den Welt-AIDS-Tag eigentlich nicht mehr

wegzudenken ist, denn die Zahl derjenigen

Menschen, die gezielt nach den bekleideten

Bären fragen, wächst und gedeiht jedes Jahr

weiter an.

40


Frau Ursula Busshoff und den fleißigen Stricker*innen

gilt entsprechend abermals unser

Riesen-Dank!

Unermüdliche Kämpfer*innen im Kampf gegen

AIDS sind schon lange Dr. Günther Bittel,

seine Frau Ingrid und ihr Mitstreiter*innen-Team

in Duisburg-Rheinhausen, die

im Berichtsjahr mit Ihrem Benefiz-Konzert

„Treatment for all, part XV“ im Haus der

Jugend in Rheinhausen, das in diesem Jahr

am Vorabend des Welt-AIDS-Tages am 30.11.

über die Bühne ging. Begleitend zu den

Konzerten gibt es zu Beginn eine Diskussionsrunde

und einen Infotisch von

der AIDS-Hilfe. Da wir aufgrund des

besonderen Termines erst zu späterer

Stunde auftauchen

konnten,

gab es aber

immerhin

die

Gelegenheit,

eine

Bühnenumbaupause

zur

Ansprache

des Publikums

zu

nutzen, das

in diesem Jahr

allerdings nicht

ganz so zahlreich

erschienen war.

Etwa 40

Besucher*innen

sorgten dennoch für gute Stimmung

und eine ansehnliche Resonanz. Die

Hälfte des Reinerlöses kommt noch dazu

unserer Arbeit zugute. Ein besonderer Dank

gilt den gagenfrei auftretenden Bands „fresh

game“, „Sixpack“ und „Silent Fox“ sowie den

Mitarbeiter*innen des Jugendzentrums „Haus

der Jugend“ an der Friedrich-Alfred-Str. 14 in

Duisburg-Rheinhausen.

Aus Solidarität, Überzeugung

oder aus Einsicht in die Notwendigkeit

der Unterstützung

unserer Arbeit erfahren

wir Jahr

für Jahr viel Wertschätzung,

aber

eben auch finanzielle

Hilfen von zivilgesellschaftlichen

41


Einzelpersonen, Gruppen und Institutionen, ohne die vieles nicht machbar wäre.

Es ist schön, an dieser Stelle Jahr für Jahr

über sehr stabile Unterstützungsaktivitäten

berichten zu können. Da sind zum

einen die Spendensammlungen und thematischen

Veranstaltungen vieler Kirchengemeinden

zu nennen, die zudem

in der Regel auf unsere Anfrage hin für

unsere alljährliche Weihnachtsfeier für

Menschen mit HIV und AIDS eingehen –

vielen herzlichen Dank dafür!

Besonderer Dank gilt auch der „Initiative

Duisburger Zahnärzt*innen“ über deren

kräftige finanzielle Unterstützung wir bereits

unter 1. berichteten.

Weiterhin möchten wir die

Spendenausschüttungen der Sparkasse am

Niederrhein (mit den Zweigstellen Moers

und Rheinberg) erwähnen, die unsere

Arbeit sehr kontinuierlich fördern. Ganz

besonders bedanken wir uns hier bei der

Sparkasse Duisburg für ihre Treue hinsichtlich

der Teilfinanzierung unserer aufsuchenden

Arbeitsangebote.

Ein besonderes Anliegen ist es uns, den

zahlreichen Schülerinnen und Schülern

und engagierten Lehrkräften zu

danken, die uns mit hoher Motivation,

Überzeugung und zum Teil sehr kreativen

Aktionsideen vor allem zum Welt-AIDS-

Tag nicht nur bei der Spendensammlung,

sondern auch bei der Thematisierung von

HIV und AIDS in zweifellos wichtigsten

Zielgruppen fantastisch unterstützen.

Stellvertretend möchten wir hier die Projektgruppen

der Gustav-Heinemann-Realschule

Duisburg-Mitte und dem Sophie-Scholl-Berufskolleg

in Duisburg-Marxloh erwähnen.

Der „Soli-Bär“ 2019

DANKE für einen bärenstarken Einsatz für die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.

42


4.4. Veranstaltungen zum Welt-

AIDS-Tag 2019

Welt-AIDS-Tag 2019

Am 1. Dezember ist Welt-AIDS-Tag:

Ein HIV-Test lohnt sich!

„Ja, ein HIV-Test lohnt sich ganz eindeutig“,

bekräftigt Dietmar Heyde, Geschäftsführer

der AIDS-Hilfe Duisburg

/ Kreis Wesel, „denn eine frühzeitige

Diagnose und ein zeitnaher Einstieg in

die HIV-Therapie führen nicht nur dazu,

dass Menschen mit HIV eine annähernd

normale Lebenserwartung bei guter Lebensqualität

erzielen können, sondern in

der Regel schon nach wenigen Wochen

gar nicht mehr infektiös sind!“

„Du hast HIV? Damit komme ich klar.

Streich die Vorurteile!“

„Schwerer als die gesundheitlichen Folgen der

Infektion selbst wiegen heute für viele Menschen

mit HIV Ausgrenzung und die Angst

davor. Deshalb müssen wir Diskriminierung

entgegentreten – an jedem Tag im Jahr.“

(aus dem Kampagnenflyer zum WAT 2018, hrsgg. von: BMG,

BZgA, DAH und DAS)

Klar – eigentlich an jedem Tag im Jahr! Aber

rund um den Welt-AIDS-Tag am 01. Dezember

können wir einfach mehr Menschen und

mehr Medienaufmerksamkeit erreichen.

Einmal mehr konnten wir uns der Ausrichtung

und Intention der WAT-Kampagne voll

und ganz anschließen und in unsere lokale

Öffentlichkeitsarbeit einbeziehen – so auch in

unserer Pressemitteilung zum Welt-AIDS-Tag

2019:

Aber etwa ein Drittel der HIV-Neudiagnosen

in Nordrhein-Westfalen erfolgen erst dann,

wenn das Immunsystem der betroffenen

Menschen bereits schwer geschädigt ist oder

gar eine AIDS-Erkrankung vorliegt. Konkret

wurden in NRW im Jahre 2018 schätzungsweise

690 HIV-Neudiagnosen gestellt. 230

Menschen davon wiesen zum Zeitpunkt der

Diagnose bereits einen fortgeschrittenen Immundefekt

auf, darunter 110 Menschen mit

einer AIDS-definierenden Erkrankung.

„Diese Zahl wollen wir deutlich verringern

und ermuntern daher alle, die eventuelle Risikosituationen

eingegangen sind oder einfach

nur Fragen zu HIV oder auch anderen

sexuell übertragbaren Infektionen (STI) haben,

die Beratungs- und Testangebote der

AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel oder des

Fachdienstes Gesundheitswesen des Kreises

Wesel kostenfrei und anonym zu nutzen“, erklärt

Peter Külpmann, Vorstandsvorsitzender

der AIDS-Hilfe.

Die frohe Botschaft, die Wissenschaftler in die

prägnante Formel n = n (wenn die HIV-Viruslast

unter einer Nachweisgrenze liegt, also

nicht messbar ist, dann kann der Virus nicht

43


mehr übertragen werden!) gegossen haben,

bedeutet, dass Menschen mit HIV weder

beim ungeschützten Sex noch über andere

Wege den Virus übertragen können. HIV-positive

Frauen können HIV-negative Kinder zur

Welt bringen, ohne auf Inseminationsmethoden

bzw. auf Kaiserschnitte zurückgreifen zu

müssen.

Es gibt also mittlerweile viele positive Entwicklungen

und viel Anlass zur Entspannung

im Umgang mit HIV und AIDS. Gerade auf

dem medizinischen Sektor ist viel erreicht

und auch die Auswahl an effektiven Schutzstrategien

ist gewachsen und lässt individuelle,

passgenaue Entscheidungen zu.

Was geblieben ist, ist das hohe Potential für

Menschen mit HIV und AIDS, stigmatisiert

und diskriminiert zu werden, „was meist auf

Unwissenheit, unbegründeten Ängsten oder

Vorurteilen beruht“, weiß Peter Külpmann zu

berichten. „Hier ist nach wie vor Information

und Aufklärung angezeigt und Solidarität und

Unterstützung gefragt.“

Daher ruft die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis

Wesel die Duisburger*innen und Kreis-Weselaner*innen

auf, die Vorurteile zu streichen

und ein Zeichen der Solidarität zu setzen!

Nicht nur zum Welt-AIDS-Tag.

Wir können positiv zusammenleben.

Weitersagen!

Mit vier eigenen Veranstaltungen und sechs

weiteren mit und von Kooperationspartnern

durchgeführten Aktionen konnte auch im Berichtsjahr

wieder ein umfangreiches Angebot

vorgehalten (s. Flyer und Pressespiegel im

Anhang) und viele Menschen darüber erreicht

werden.

Fachliche Einstimmung gewährte uns das traditionelle

Fachgespräch zur HIV-Therapie am

19.11. – siehe oben (4.2.)

Infostand mit Roter-Schleifen-Aktion

zum WAT in Moers am Samstag, dem

23.11.2019.

Traditionell am Samstag vor dem Welt-AIDS-

Tag wollen wir die Moerser Bevölkerung dazu

bewegen, Schleife und damit Solidarität zu

zeigen. In diesem Jahr waren wir allerdings

eine Woche früher am Start, weil der 01.12.

auf einen Sonntag fiel und wir uns deshalb

entschieden haben, die große WAT-Aktion

im Forum Duisburg schon am 30.11. durchzuführen.

In Moers bekamen wir wieder den

eigentlich sehr guten Standort zugewiesen,

der in der Fußgängerzone (Steinstr.) und zugleich

in unmittelbarer Nähe eines Eingangs

zum Weihnachtsmarkt lag und in diesmal

sogar gebührenfrei. Auch die Presse hat uns

offenbar recht gut angekündigt, so dass doch

einige gezielt kamen, vor allem, um den diesjährigen

Solibären aus erster Hand zu bekommen.

Der Zulauf und die Erreichbarkeit

der Moerser Bevölkerung war insgesamt etwas

besser als im Vorjahr, allerdings „nur“ bis

zum Nachmittag. Immerhin konnten wir wieder

Menschen erreichen und nicht nur zum

44


Tragen der Roten Schleife, sondern auch zum

Spenden bewegen. Ein Dank gilt der Stadt

Moers und ihrer Tochter, der Moers Marketing

GmbH für die gute Unterstützung.

Am 29.11. bot unser treues Unterstützermedium,

das Studio47, Dietmar Heyde wieder

Gelegenheit, in der Sendung Werbung für die

weiteren Veranstaltungen zum Welt-AIDS-

Tag zu machen und auch die Kampagnenbotschaften

in die Zuschauerschaft zu transportieren.

Auf ein zentrales Mediengespräch zum Welt-

AIDS-Tag 2019 haben wir nach Verabredung

mit der Beratungsstelle zu HIV u.a. STI`s des

Gesundheitsamtes der Stadt Duisburg in diesem

Jahr aus Kapazitäts- und anderen Gründen

verzichtet, uns aber auf eine gemeinsame

Pressemitteilung verständigt (s.o.).

Der Aktionstag zum Welt-AIDS-Tag konnte

bereits zum elften Male in Kooperation und

Partnerschaft mit dem FORUM Duisburg

stattfinden. Diese –aus unserer Sicht- wirklich

glorreiche und konstruktive Partnerschaft

mit dem Centermanagement ermöglicht uns

schon lange einen besonders öffentlichkeitswirksamen

Auftritt – in diesem Jahr ausnahmsweise

schon am Samstag, dem 30.11.

Nicht nur die Chance, viele Menschen erreichen

zu können ist für uns natürlich ganz

wichtig, sondern auch die menpower, das Engagement

und die Ressourcen, die das Centermanagement

bereitstellen, macht dies zu

einem echten Gewinn und sicher zu einem

best-practice-Beispiel für „private public partnership“.

Dafür gilt unser großer Dank an die

beteiligten Akteurinnen und Akteure der Einkaufsmall.

Allerdings mussten wir uns auch 2019 abermals

mit einem „Schmalspur-Auftritt“ begnügen,

vor allem wegen der immer noch nicht

gänzlich geklärten Auflagen durch das neue

Brandschutzkonzept, das zu einer deutlichen

Verringerung der Präsentationsmöglichkeiten

führte. Dennoch waren wir letztlich froh,

überhaupt noch einen Fuß „an der goldenen

Leiter“ des Forums zu erhalten und danken

insbesondere dem Centermanager, Herrn Jan

Harm und den Seelen des Centermanagements,

Frau Vanessa Rademacher und Frau

Ingrid Döhring, für ihre tolle Unterstützung

und Kooperationsbereitschaft.

Unseren Einladungen zu Welt-AIDS-Tags-Veranstaltungen

an Politiker*innen aller föderalen

Ebenen sind hier einige gefolgt, allerdings

nur Landtagsabgeordnete und Ratsmitglieder

der SPD, was u.E. erwähnens- und lobenswert

ist. Warum andere Fraktionen sich hier

nicht einbringen, können wir nicht eruieren,

bedauern dies allerdings natürlich.

Ein besonderer Dank gilt natürlich neben unseren

ehrenamtlichen Mitarbeitern und Sympathisanten

einer Delegation von JES NRW

(Junkies, Ehemalige und Substituierte). Acht

Vertreter*innen aus ganz NRW haben unsere

Aktion über drei Stunden tatkräftig, mit wenig

Aufhebens, aber mit viel Engagement unterstützt.

Das war Spitze!

45


Seit einigen Jahren findet auch im Arbeitsbereich

„Sexarbeit“ die gute Kooperation mit

dem Gesundheitsamt Duisburg eine Jahresabschlussaktion

in dem großen Duisburger

Bordellbereich statt, bei der nicht nur die

Sexarbeiter*innen kleine, nützliche „Geschenke“

und Beratungen bekommen, sondern

natürlich auch Freier mit Erkenntnisgewinnen

bereichert werden können (s. 5.4.).

Parallel zu dieser Aktion bot die AIDS- und

STI-Beratungsstelle der Stadt Duisburg zwischen

11 und 16 Uhr in der Beratungsstelle

auf der Universitätsstraße 32 in der Innenstadt

ein HIV-Test-Angebot an, welches in

diesem Jahr jedoch nicht ganz so gut angenommen

wurde, wie in den Vorjahren.

Am Abend des 30.11. ging es in Rheinhausen

weiter – beim 15. Benefizkonzert „Treatment

for all, pt. XV“ im Haus der Jugend in

Duisburg-Rheinhausen (s. 4.2.).

Vor allem aus terminlichen und Kapazitätsgründen

haben wir uns erstmalig dazu entschieden,

keine eigenständige Gedenkveranstaltung

für all die Menschen, die wir in über

30 Jahren an den Folgen von AIDS verloren haben,

durchzuführen.

Umso dankbarer sind wir unserem Kooperationspartner

DU-GAY e.V., dass sie eine eigene

kleine Gedenkveranstaltungstradition auch in

diesem Jahr fortgesetzt hatten und uns mit

einbezogen haben. Es freute uns sehr, dass

über 20 Personen dem Aufruf gefolgt sind, am

Welt-AIDS-Tag, dem 01.12. in öffentlichkeitswirksamem

Rahmen des Duisburger Weihnachtsmarktes

eine Gedenkkugel an einen

Weihnachtsbaum zu hängen und gemeinsam

in Stille und dann aber auch in schönen Gesprächen

unseren Verstorbenen zu gedenken.

Ganz besonders aktiv war in diesem Jahr

erneut unser „Herzenslust-Präventainment-Team“

um Raphael Diaz Fernandez und

Uwe Altenschmidt von Anfang November bis

Mitte Dezember bei verschiedensten Events

(s. 5.1.)

Und ab Mitte Dezember 2019 begannen die

Auswertungen des diesjährigen WAT-Geschehens

und damit auch die Vorbereitungen für

das nächste Jahr.

Allen, die uns zum Welt-AIDS-Tag 2019 durch

viel Engagement und Kreativität unterstützt

haben, gilt an dieser Stelle noch einmal unser

ganz herzlicher Dank !!! –

Ein Engel hat Euch / Sie geschickt.

Und: … nach dem Welt-AIDS-Tag ist vor dem

Welt-AIDS-Tag! Interessierte, die 2019 dabei

sein wollen, können sich jederzeit gerne bei

uns melden.

Zu guter Letzt noch ein wichtiger Hinweis in

eigener Sache: Nachdem wir seit Ende 2016

keine Beratungsstelle im Kreis Wesel unterhalten

können, möchten wir an dieser Stelle

darauf hinweisen, dass wir natürlich auch

weiterhin im Kreis aktiv und auch zuständig

sind:

Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel bittet

die Bürgerinnen und Bürger des Kreises Wesel

darum, sich bei Bedarfen zur Information,

Aufklärung und Beratung sowie natürlich bei

Hilfs- und Unterstützungswünschen von und

für Menschen mit HIV oder davon bedrohten

46


Personen an die Geschäftsstelle in Duisburg

zu wenden (Kontaktdaten, s. unten). Darüber

können natürlich auch Termine im Kreisgebiet

ausgemacht werden.

Dies gilt auch weiterhin für Anfragen für die

Präventionsprojekte (Youthwork, SCHLAU,

Herzenslust oder XXelle) in Schulen oder von

anderen Einrichtungen und Gruppen. HIV ist

treu – die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis

Wesel auch!“

4.5. Berichterstattung in den

Medien

Für das Berichtsjahr 2019 haben wir, was das

Interesse von Seiten der Print-, Funk- und

TV-Medien betrifft, leider wieder relativ wenig

Unterstützung erfahren. Das lag sicherlich

auch daran, dass es schon von der Bundesebene

wenig Aktivitäten gab. Zum einen

erstmals nach vielen Jahren etwa keine Presseerklärung

des Bundesgesundheitsministers

und zum anderen auch eine WAT-Kampagne

auf Sparflamme – nur leichte Modifizierungen

im Vergleich zum Vorjahr. Darüber hinaus

haben wir auch vor dem Hintergrund der

Erfahrungen aus den Vorjahren kein eigenes

Mediengespräch angeboten, sondern „nur“

Pressemitteilungen rausgegeben. Aber auch

die sind nicht aufgegriffen worden – jedenfalls

haben wir nichts davon erfahren. Das ist

sehr bedauerlich, denn:

Es bleibt dabei: Wir brauchen sie, denn nur

gemeinsam bewirken wir mehr, um das Thema

im Bewusstsein der Bevölkerung zu halten,

die guten Nachrichten (s. n = n u.a.)

zu verbreiten und so dem Ziel der Minimierung

von Neuinfektionen sowie der Verbesserung

der Akzeptanz und Toleranz gegenüber

HIV-Positiven näher zu kommen.

Mit dem Interesse von Seiten des Lokalfunks

und dem Lokalfernsehen sind wir allerdings

einmal mehr sehr zufrieden.

Insbesondere das schon mehrmals zitierte

Stadtfernsehen „Studio 47“ ist ein ungemein

treues Begleiter- und Unterstützermedium,

das uns im Berichtsjahr wieder einmal in den

Nachrichtenfokus gerückt hat – dafür herzlichen

Dank! Dank gilt genauso den Lokalradios

von Radio DU und Radio KW.

Um das vergleichsweise niedrige Niveau der

Neuinfektionen im Berichtsjahr weiterhin halten

zu können und die neu ausgerichteten

Kampagnenziele der weiteren Akzeptanz und

Toleranz gegenüber Menschen mit HIV und

AIDS umsetzen zu können, müssen aus unserer

Sicht aber auch weitere Kommunikationsoffensiven

folgen, um die Präventionserfolge

der vergangenen Jahre nicht wieder zu

gefährden. Aufklärung, sachliche Information

und Erinnerung müssen wahrnehmbar bleiben.

47


4.6. Sonstige Aufgaben und Tätigkeiten

• Vertretung der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. in verschiedenen Gremien und

Arbeitskreisen in Duisburg, dem Kreis Wesel und auf Landesebene

• Vorbereitung, Organisation, und Durchführung von Informationsständen, Aktionsformen

sowie Seminar- und Vortragsangeboten,

• Organisatorische Begleitung und Pressearbeit für Benefiz- und Kooperationsveranstaltungen,

• Akquise von finanziellen Mitteln und personellen Ressourcen,

• Kontaktpflege zu Förderern, Kooperations- und Netzwerkpartnern,

• Telefonische und persönliche Beratung,

• Geschäftsführung,

• U.a.m.

48


16

Prävention in der Allgemeinbevölkerung - Veranstaltungen 2019

14

12

10

8

6

4

2

0

Abbildung : Präventionsveranstaltungen in der Allgemeinbevölkerung

im Jahre 2019 – Veranstaltungen insgesamt

49


Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel and Friends beim CSD Köln 2019

5. Zielgruppenspezifische Prävention

5.1 HIV und AIDS Prävention

bei Schwulen und Männern die Sex mit

Männern haben

Vorbemerkung:

Das Projekt „strukturelle Prävention für homosexuelle

und bisexuelle Männer sowie MSM

(Männer, die Sex mit Männern haben) im Kontext

HIV / STI“ unter dem Namen „Herzenslust

Duisburg / Kreis Wesel“ der AIDS-Hilfe

Duisburg / Kreis Wesel e.V. ist im Jahr 2019

durch zielgruppenspezifische Mittel des Landes

NRW gefördert worden.

Die Ausrichtung des Projektes ist hauptsächlich

lokal/regional und hat einen primärpräventiven

Schwerpunkt, wirkt aber auch im

sekundärpräventiven Bereich, ist stets methodisch

und niedrigschwellig, wie für den

Nutzer kostenlos. Besonders intensiv wurde

die Einbettung des Projektes auf die zu erreichende

Zielgruppe ausgelegte lokale Infrastruktur

betrieben.

Das Projekt ist regional und überregional eingebunden

und vernetzt. Die Kooperationen

mit weiteren lokalen Projekten sowie den landesweiten

Strukturen ermöglichen Ressourcen

schonende Synergien bei Kampagnen

und Großveranstaltungen und gewährleistet

wesentliche Aspekte im Bereich der Qualitätssicherung.

Vernetzung und Kooperationen

Herzenslust wird lokal angeboten. Die Aidshilfe

NRW e.V. dient als Koordinierungsstelle

aller lokalen Herzenslustprojekte und organisiert

die Landesarbeitsgemeinschaft, über die

Austausch, Abstimmung und Qualitätssicherung

gewährleistet werden. Der Projektnehmer

nahm im Berichtsjahr an allen Terminen

der Landesarbeitsgemeinschaft aktiv teil.

Im Rahmen der Qualitätssicherung fanden

erneut verschiedene Veranstaltungen auf

Landes- und auf Bundesebene statt.

Die Abstimmung mit den umgebenden Herzenslustprojekten

wurde, fokussiert auf gemeinsame

Aktionen, fortgesetzt.

Lokal schritt die angestrebte Vernetzung mit

weiteren Akteuren schwuler Lebenswelten

voran. Der Projektnehmer ist aktives Mitglied

des Vereins „DUGay e.V.“, welcher den

50


Duisburger CSD und den monatlich stattfindenden

Regenbogenstammtisch organisiert.

Der Projektnehmer (oder in Vertretung

der HL-Gruppenleiter) nahm an allen durch

die kommunale Politik veranstalteten Treffen

der schwul-lesbisch-bi-trans Akteure teil

und pflegt regelmäßigen Austausch mit dem

zuständigen Mitarbeiter des auf städtischer

Ebene angesiedelten Referates für Gleichberechtigung

und Chancengleichheit.

Mit den Vertreter*innen des öffentlichen Gesundheitsdienstes

wurde ein intensiver Austausch

gepflegt und Kooperationsmöglichkeiten,

insbesondere bzgl. eines Beratungs- und

Testangebotes, ausgelotet. Während in Duisburg

erhebliche Fortschritte erreicht werden

konnten (s.u.), konnten im Kreis Wesel

leider im Berichtsjahr keine gemeinsamen

Beratungs- und Testangebote vorgehalten

werden, was im Wesentlichen an den deutlich

reduzierten Ressourcen im Fachdienst

Gesundheitswesen für die HIV/ AIDS- Koordination

liegt. Diese unbefriedigende Situation

und das insgesamt schmale Testangebot des

ÖGD in der Region des Kreises Wesel wurden

im Laufe des Berichtsjahres erneut offensiv

mit den kommunalen Leitungsstrukturen

(Gesundheitsamtsleitungen und Dezernenten)

thematisiert, jedoch zunächst ohne unmittelbare

Erfolge. Seit April’19 ist immerhin

das Testangebot in Wesel dahingehend verbessert

worden, dass dies nunmehr einmal

wöchentlich (Di, 14:00 – 15:30 Uhr) vorgehalten

wird.

Die konkreten Angebote von Herzenslust

Duisburg / Kreis Wesel (Umsetzung, Methodik,

Ergebnisse)

Herzenslust Gruppe

Die Herzenslust Gruppe traf sich mehrmals

im Monat und ist somit selbst Teil der schwulen

Szene und Ort schwuler Begegnungen.

Die ehrenamtlich Mitwirkenden und die bei

Bedarf durch den Projektnehmer angeleitete

Teilzeitkraft wirken durch das regelmäßige,

öffentliche und kostenlose Angebot strukturell

präventiv. Durch Aktionen in der schwulen

Lebenswelt Duisburgs und des Kreises

Wesel (z.B. Szenerundgänge, Rastplatzbegehungen,

Besuch von Partys und präventive

Infoabende, Beratung und Test) werden

primärpräventive Botschaften vermittelt.

Kontakte entstehen, die sowohl primär- als

auch sekundärpräventive Wirkung haben.

Die Gruppe ist Kern der kreativen Arbeit und

plant eigenständig mit der Teilzeitkraft, ggf.

unter Anleitung und Mitwirkung des Projektnehmers,

Aktionen, bspw. zum CSD. Der Pro-

Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel „a pride family“ beim Herzenslust CSD Angrillen 2019

51


Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel bei der Eröffnung des Herzenslust CSD Angrillen 2019

jektnehmer gibt Informationen, besonders zu

Fortbildungsmöglichkeiten und Schulungen

anderer Ebenen an die Gruppe weiter. Im Berichtsjahr

2019 konnten die Gruppentermine

ausgebaut, die Teilnehmerzahl erhöht, mehr

Männer für das aktive Mitwirken der Gruppe

gewonnen und die Anzahl von Aktionen ausgebaut

werden.

Konkrete Aktionen

Für das Jahr sind hier regelmäßige Szenerundgänge

(alle vier bis acht Wochen) und

mehrere Infostände mit Aktionsformen zu

besonderen Events in den Duisburger Szenekneipen

zu benennen. Darüber hinaus

beteiligte sich das Herzenslust-Team der

AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel aktiv am

Düsseldorfer CSD (01.06.2019) und am CSD

Essen (10.08.2019).

Herzenslust Checkpoint - in der AIDSund

STD- Beratungsstelle des Duisburger

Gesundheitsamtes

In Abstimmung mit dem ÖGD Duisburg wurde

für die Zielgruppe MSM das im Jahre 2017

geplante, offene HIV/STI Beratungs- und Testangebot

umgesetzt. Dieses wurde von Januar

- Dezember mit einem anschließenden

Feedbackgespräch geplant und durchgeführt.

Mit durchschnittlich sechs bis sieben Nutzern

wurde das Projekt sehr gut weitergeführt.

Im Berichtsjahr testeten wir auf: HIV, Syphilis,

Chlamydien, Tripper sowie Hepatitis A, B,

C und bei Verdacht auf Mykoplasmen.

Fazit: Das Beratungs- und Testangebot - insbesondere

für die Zielgruppe der Männer, die

Sex mit Männern haben (MSM) konnte im Be-

52


Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel in Kooperation mit Essen und Düsseldorf bei der Demo zum CSD Duisburg 2019

richtsjahr für Duisburg deutlich erweitert und

etabliert werden! Hervorzuheben ist das breite

Testangebot für STI’s und die kooperative

und konstruktive Zusammenarbeit mit der

Beratungsstelle des Gesundheitsamtes!

NEXTWIX – ORIGINAL SERIES BY HER-

ZENSLUST

Die Herzenslustgruppe wirkte beim Auftritt

der Herzenslust-Landesarbeitsgemeinschaft

beim ColognePride sowie beim Duisburger

CSD mit. Unter dem Motto: „NEXTWIX – ORI-

GINAL SERIES BY HERZENSLUST“ traten in

Köln wieder einmal über einhundert ehrenamtlich

Engagierte gemeinsam auf. Mit dem

Auftrag, die Vielfalt ins echte Leben zu bringen,

konnte eine sehr große Zahl von Menschen

erreicht werden. Die politisch angehauchten

Botschaften wurden in zahlreichen

Kontakten vermittelt und konnten dank der

zur Verfügung gestellten, dem Motto entsprechend

gestalteten Informationsbroschüre

und Giveaways auch nachhaltig vermittelt

werden.

Diese Aktion wurde auch auf dem CSD Duisburg

am 27.07.2019 umgesetzt. Der CSD

wurde durch die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis

Wesel e.V. verstärkt, was dazu führt, dass

eine gleichbleibende Qualität gesichert ist. Es

gelang, mit dem HL-Gruppenleiter (geringfügige

Beschäftigung) und hohem Engagement

der Ehrenamtlichen aus der Ruhrgebietsvernetzung,

ehrenamtlichen Mitarbeitern der

AIDS-Hilfe sowie der Öffentlichkeitsgruppe

eine sehr starke Präsenz zu zeigen und viele

personalkommunikative Kontakte herzustellen.

Wie viele Stände, so war auch der Herzenslust-Stand

durchweg ein sehr beliebtes

Ziel. Dieses Jahr fand dazu das dritte Mal eine

53


Herzenslust CSD Angrillen 2019

Demonstration im Vorfeld des Straßenfestes

statt, bei dem natürlich auch das Herzenslust-Team

durch die große Präsenz, ebenfalls

aus der Ruhrgebietsvernetzung, exponiert

und gut sichtbar vertreten war. Sie fanden

nach den (politischen) Parteien die größte öffentlichkeitswirksame

Aufmerksamkeit, die in

Duisburg zu erreichen war. Die Demonstration

hatte in diesem Jahr eine neue Strecke, welche

auch mehr Demonstranten auf die Straße

bewegt hat. Mit ca. 1000 Teilnehmer*innen

war die Demonstration so groß wie noch nie

in Duisburg.

Herzenslust im Rahmen des Queeren

Kulturmonats zum CSD Duisburg

Im Berichtsjahr gab es darüber hinaus eine

aktive Veranstaltungsbeteiligung des Herzenslust

Teams im Rahmenprogramm zum

CSD, einem Monat mit einer Veranstaltungsreihe:

Auch in diesem Jahr, fand wieder eine Auftaktveranstaltung

zum CSD mit Herzenslust

statt („Herzenslust CSD Angrillen 2019 – 5

Jahre CSD Angrillen“). Dieses hat sich zu

einem etablierten Event entwickelt, das Besucher

anzieht. Es fungiert auch als „Preventainment“-Plattform,

mit einem breiten

Spektrum aus Informationsmöglichkeiten,

die mit personalkommunikativen Angeboten

flankiert werden. Während in den ersten Jahren

seit 2015 durchschnittlich 20 Besucher

anwesend waren, ist die Zahl in den letzten

Jahren deutlich gestiegen. So konnten wir

am 24.07.2019, wieder über 100 Besucher

zählen. Neben vielen neuen Gästen waren

auch Vertreter*Innen von Vereinen, Organisationen,

Gruppen aus der Vernetzungsarbeit

und politische Parteien aus Duisburg und dem

Kreis Wesel anwesend. Unter anderem sind

zu erwähnen, dass „POSITHIV HANDELN“

und Teile des Herzenslust-Teams von Essen

und Düsseldorf zu den Besuchern zählten.

Dies konnte Zugang zu neuen Interessierten

für die ehrenamtliche Herzenslust-Arbeit

schaffen.

Zum CSD wurde im Vorfeld der Akzeptanzpreis

verliehen. Der „Brücke der Solidarität“

54


- Akzeptanzpreis wurde im Berichtsjahr an

Bärbel Bas (MdB-SPD) verliehen. Der Gala-Rahmen

konnte unter Beteiligung mehrere

Vereine und anderer Honoratioren umgesetzt

werden, was noch dazu ein sehr erfreuliches

Medienecho und somit ein hohes Maß an Aufmerksamkeit

in der öffentlichen Wahrnehmung

erfuhr.

Zudem konnte zum fünften Mal in der Geschichte

des Duisburger CSDs erreicht werden,

dass die Regenbogenflagge am Duisburger

Rathaus installiert wurde. Ein weiterer

Meilenstein und Hinweis auf die deutlich verbesserte

Lobbyarbeit für Belange schwuler

Lebenswelten.

Herzenslust im Rahmen von QUEER.LIFE.

DUISBURG

Eine gute Präsentationsplattform für die Herzenslust-Kampagne

und deren Botschaften ist

alljährlich die „QUEER.LIFE.DUISBURG“-Reihe

von hokudu e.V. (Homosexuelle Kultur

Duisburg), die in diesem Jahr zwischen dem

30. Oktober und dem 30. November 2019 in

Duisburg und Moers eine ganze Reihe von

Veranstaltungen anbot.

In Berichtsjahr fand das Jubiläum von Stonewall

statt. Dieses wurde in Zusammenarbeit

mit Herzenslust und der schwulen Szene beworben

und mit dem Programmpunkt Eröffnung

der Ausstellung „50 Jahre Stonewall!”

aufgegriffen. Bei diesem Termin nahmen

Vertreter*innen der Stadt Duisburg und der

queeren Community sowie Besucher*innen

zusammen an einer Ausstellung teil, welche

von dem Verein „BIE Queer“ und der Stadt

Bielefeld ausgeliehen und im Ludwigturm am

Duisburger Innenhafen 4 Wochen lang präsentiert

wurde.

Mit der Party „TANZT QUEER! – DU & FRI-

ENDS“, die in den Räumen des Jugendzentrums

„Juzo“ in Duisburg Neumühl stattfand,

wurde eine schwul lesbische Party, aus ehrenamtlichen

Kreisen organisiert, fortgeführt.

Die Veranstaltung ist so besonders, da sie

auch jüngeren Duisburger*Innen eine Plattform

bietet.

Leider ist es nicht sicher, ob im Jahr 2020

eine weitere Veranstaltung stattfindet, da die

Besucherzahl im Gegensatz zu den Vorjahren

deutlich abgenommen hat.

1. Dezember bei der Aktion „Gegen das Vergessen! –

Eine Minute des Gedenkens“

Herzenslust zum Welt-AIDS-Tag

2019

Im Rahmen der WAT Großveranstaltungen

war auch das Herzenslust-Team aktiv beteiligt

und konnte zudem „seine“ Botschaften

präsentieren.

In Rahmen des Welt-AIDS-Tag-Programms

fand im Szenelokal „Harlekin“ am 16.11.2019

eine Mottoparty mit dem Titel „Disco Night“

statt. Diese Veranstaltung wurde vom Herzenslust-Team

in Kooperation mit dem Team

des „Harlekin“ aufgegriffen, um für das Präventionsteam

„Herzenslust Duisburg“ der

AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. Spenden

zu sammeln.

Weiterhin fand am 1. Dezember die Aktion

„Gegen das Vergessen! – Eine Minute des

Gedenkens“ in Kooperation mit dem Verein

„DUGay e.V.“ statt. Im Fokus stand die fortwährende

Arbeit gegen das Vergessen, gegen

Entwarnung und Gleichgültigkeit sowie gegen

Angst und Ausgrenzung gegenüber HIV, AIDS

und anderen sexuell übertragbaren Infektionen.

Dazu wird insbesondere auch zivilgesellschaftliche

Unterstützung benötigt. So konnten

in Kooperation von Herzenslust Duisburg

/ Kreis Wesel und „DUGay“ sehr viele Menschen

erreicht werden.

Darüber hinaus gab es weitere Veranstaltungen

in Kooperationen mit der Duisburger

Szene wie beim „Pink Wednesday“ auf dem

Duisburger Weihnachtsmarkt, der sich mittlerweile

etabliert hat und in der Angebotsgröße

zunimmt.

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Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel in Kooperation mit DUGay, POSITHIVHANDELN und der Stadt Duisburg beim IDAHOBIT und der

Überreichung des queeren Aktionsplanes von Szene&DU mit Forderungen von der Szene für Duisburg

Herzenslust online

Ganz erheblich verbessert und weiterentwickelt

werden konnte die online-Präsenz und

Präsentation über die Homepage, den Facebook-Auftritt

und den Instagram-Auftritt. Hier

zeigt sich anhand der Zugriffszahlen, dass die

Weckung von User-Interesse mit der Pflege

und steten Aktualisierung dessen einhergeht

und dies neben dem spezifischen Informationstransport

in die Zielgruppe ein wichtiges

Instrument für die Akquise von Ehrenamtlichen

sein kann bzw. ist.

Im Berichtsjahr wurde die Homepage „herzenslust-duisburg.de“

sowie „herzenslustteam-du.de“

neugestaltet und führt nun zur

Online-Angebotsseite der AIDS-Hilfe Duisburg

/ Kreis Wesel e.V. und dessen Unterpunkt

Prävention / Herzenslust.

Projektkritik

Die Projektziele wurden überwiegend erreicht.

Ressourcen wurden schonend und unter Nutzung

bestmöglicher Synergieeffekt aus Arbeitsteilung

eingesetzt. Eine Erhaltung der

fachlich geforderten Standards und eine Weiterentwicklung

der strukturellen HIV-Prävention

ist in unserer Region allerdings latent

gefährdet, denn mit dem präventiven Einsatz

– hier speziell von Herzenslust – muss

auch eine gute Testinfrastruktur verbunden

sein. Anders wird es schwer, bei Menschen,

eine Testbereitschaft zu fördern, frühe Diagnosestellungen

zu erreichen und sie zu einem

möglichst frühen Therapiestart zu bewegen

oder die Zahl der „late presenter“ zu

verringern. Ganz zu schweigen von den primärpräventiven

Effekten von „Schutz durch

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Therapie“. Hier ist die Infrastruktur in unserer

Region nicht ausreichend aufgestellt. Wir

werden dies weiter thematisieren und dafür

kämpfen.

In den letzten Jahren hat sich positiv etabliert,

dass die Zusammenarbeit zwischen dem

Projektnehmer und dem HL-Gruppenleiter

dafür sorgt, den Bekanntheitsgrad von Herzenslust

deutlich zu steigern, z.B. durch das

gemeinsame Auftreten bei allen Aktionen.

Die Nutzung sozialer Netzwerke und mobiler

Medien wurde ausgebaut und stets aktualisiert

und erwies sich insbesondere zur Veranstaltungsbewerbung

und Nachbetrachtung

als sehr gewinnbringend. Die Kooperation auf

regionaler und landesweiter Ebene ist in der

Umsetzung sehr effizient. Die Kooperation

auf lokaler Ebene ist in Bezug auf die queere

Infrastruktur erheblich verbessert und auch

personell gewachsen, aber auch mit Ressourceninvestition

verbunden.

Die Kommunalisierung der Landesmittel

und der Umstand, dass bei den grundsätzlich

pflichtigen Aufgaben der Umfang nicht

gesetzlich geregelt ist, erweisen sich in unserer

Region immer mehr als kontraproduktiv.

Es würde viel zu (re-) investieren sein,

um eine halbwegs bedarfsgerechte Steuerung

und eine adäquate Ressourcenausstattung

zu erhalten bzw. zu erreichen. Für die

Stadt Duisburg ist allerdings immerhin eine gewisse

Trendwende zu konstatieren. Die Wiedereinrichtung

einer vollen Stelle „AIDS-Koordination“

hat im Berichtsjahr zu einem spürbaren

Ressourcenzugewinn geführt, was sich bzgl.

der Herzenslust-Ziele insbesondere im verbesserten

Beratungs- und Testangebot für

die Zielgruppe wiederspiegelt. Es bleibt allerdings

dabei, dass die Förderung der „Strukturellen

HIV/AIDS-Prävention bei MSM“ über

zielgruppenspezifische Landesmittel für unser

großes Zuständigkeitsgebiet (mit einer

nach der EMIS-Studie vergleichsweise hohen

Populationsdichte an MSM) unerlässlich und

unverzichtbar ist und bleibt.

Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel bei der Rastplatzaktion Anfang 2019

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5.2 Drogen und Substitution

Im Arbeitsbereich Drogen fand eine enge

Zusammenarbeit mit der Selbsthilfegruppe

JES (Junkies, Ehemalige, Substituierte) Duisburg

statt. Im Berichtsjahr 2019 haben wir

für Gruppentreffen unsere Räumlichkeiten

zur Verfügung gestellt und begleiteten und

unterstützten unsere Begleiteten, soweit es

unsere Ressourcen zuliessen. Wie in den Vorjahren

haben wir in Kooperation mit JES Duisburg

und dem Suchthilfeverbund gemeinsam

den nationalen Gedenktag am 21.7.2019 für

verstorbene Drogengebraucher*innen erfolgreich

geplant, vorbereitet und durchgeführt.

Erstmalig haben wir zudem gemeinsam mit

JES bei der Substitutionsvergabe gemeinsam

der Verstorbenen gedacht. Zusätzlich haben

wir erstmalig den „International Overdose

Awareness Day“ mit einer Veranstaltung zum

Thema Naloxon durchgeführt.

Seit 2019 besuchen wir ebenso gemeinsam

das Substitutionscafe in Moers, um besser

den ländlichen Raum abdecken zu können.

Dort vergeben wir unter anderem Safer-Use

Materialien, stellen JES vor und beraten zur

Harm-Reduction. Durch die regelmäßigen Besuche

soll zusätzlich eine Bedarfsanalyse und

Standortbestimmung für einen Spritzenautomaten

durchgeführt werden. Geplant sind

weiterhin Thementage und Vorträge.

Weiter gibt es eine neue, aber recht enge Kooperation

mit dem BRA Düsseldorf, das ähnlich

wie JES, Selbsthilfearbeit ohne Abstinenzanspruch

leistet und praktische Lebenshilfe

vermittelt.

JES Duisburg führte weiterhin flankierend zur

AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel e.V. das

Streetwork durch. Care-Packs, die vom Land

NRW finanziert wurden sowie Spritzen und

Kondome, die die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis

Wesel aus Eigenmitteln finanzierte, sind verteilt

worden.

Hierdurch und durch gemeinsame Treffen und

Fachtage wurde der partizipative Ansatz der

AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis e.V. Wesel im Bereich

Drogen umgesetzt, da wir im direkten

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Austausch mit der Zielgruppe waren.

Gemeinsam haben wir zudem das 30jährige

Jubiläum von JES NRW gefeiert und uns an einer

Postkartenaktion „30 Jahre, 30 Gesichter, 30

Standings“ beteiligt. Dabei wurden Postkarten

mit verschiedenen Personen, Aussagen

und Forderungen zur Drogenpolitik an lokale

Politiker verschickt.

Geplant ist für 2020 mit JES NRW Frauen in

der Selbsthilfe zu stärken und mehr in den

Focus zu nehmen. Dazu ist ein Vernetzungstreffen

angedacht, bei dem sich die Frauen zu

ihren Themen in Ruhe austauschen können.

Neu ist auch das Netzwerk „Sexualität, Gesundheit

und Suchtmittelgebrauch“, ein

Projekt, das die Erreichbarkeit von Drogengebraucher*innen

im ländlichen Raum verbessern

soll. Dazu werden bis 2022 Peers

gesucht, die Fachwissen z.B. über sexuell

übertragbare Krankheiten vermitteln. Weiter

soll ein Mapping stattfinden und Schulungen

der Drogenberatungen durchgeführt werden.

Dazu haben bereits Netzwerktreffen stattgefunden

und ein gemeinsamer Bedarfserhebungsbogen

wurde erstellt.

Zudem sind wir bemüht mit weiteren Kooperationspartnern

ein niedrigschwelliges Arbeitsangebot

für Konsumierende aufzubauen

und dadurch Tagesstruktur anbieten zu können.

Dazu sind in 2019 bereits erste Konzepte

erstellt worden.

Weiterhin wurde die Substitution an Wochenenden

und Feiertagen in der AIDS-Hilfe

durchgeführt. Bewährt hat sich hier das Frühstück

am letzten Sonntag im Monat, welches

rein ehrenamtlich angeboten wird.

Ebenso wird das monatliche JES Frühstück,

das auch von den hauptamtlichen Mitarbeitern

mit organisiert und durchgeführt wird,

gut angenommen.

Es gab in den letzten Jahren einige Veränderungen

in der Gesetzgebung im Drogenbereich.

Politisch hat sich beispielsweise im Bereich

der Substitution einiges geändert. Bereits


am 30. Mai 2017 sind Änderungen in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung

(BtMVV) in Kraft getreten. Am zweiten Oktober

2017 wurde die neue Richtlinie der Bundesärztekammer

(BÄK) bekanntgemacht. Die

wichtigste Änderung ist wohl die Aufhebung

des absoluten Abstinenzgedankens. Jetzt

ist es möglich, auch andere Ziele zur Sicherung

des Überlebens bei der Behandlung in

den Vordergrund zu stellen. Ebenso sind Take-Home-Regelungen

und PSB- Vorschriften

gelockert worden. Sie ermöglicht ferner die

Durchführung der Substitutionsbehandlung

in Alten- und Pflegeheimen sowie Rehabilitationszentren.

Wir freuen uns über diese Entwicklung,

aber es bleibt sicherlich abzuwarten,

wann sich die Neuerungen in der Praxis

bemerkbar machen.

Gleiches gilt leider auch für Cannabis auf

Rezept. Am 19.1. 2017 hat der Bundestag

einen Gesetzentwurf der Bundesregierung

zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher

Vorschriften angenommen und seit dem 10.

März 2017 können schwer kranke Patient*innen

künftig auf Kosten der Krankenversicherung

mit hochwertigen Cannabis-Arzneimitteln

versorgt werden. Bisher kam Cannabis

nur mit einer Ausnahmegenehmigung des

Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte

(BfArM) als Heilmittel zum Einsatz,

etwa um Schmerzpatient*innen zu helfen. Die

nicht unerheblichen Kosten mussten die Patient*innen

in der Regel selbst tragen. Für die

Versicherten wurde zudem, auch in eng begrenzten

Ausnahmefällen, ein Anspruch auf

Versorgung mit den Wirkstoffen Dronabinol

oder Nabilon geschaffen. Um die Versorgung

sicherzustellen, wird der Anbau von Cannabis

zu medizinischen Zwecken in Deutschland

ermöglicht. Die Cannabisagentur des Bundes

koordiniert und kontrolliert dann den Anbau

und Vertrieb. Um die genaue medizinische

Wirkung der Cannabis-Arzneimittel zu erforschen,

ist eine wissenschaftliche Begleiterhebung

vorgesehen. Die generelle Freigabe von

Cannabis wird von der Bundesregierung weiter

strikt abgelehnt.

In der Praxis verschreiben bisher leider nur

wenige Ärzte Cannabis. Gründe sind Unsicherheit

im Umgang mit der Arznei, ein hoher

Dokumentationsaufwand und nicht zuletzt

die Sorge der Ärzte vor einem Regress wegen

Überschreitung ihres Budgets. Krankenkassen

erstatten sehr häufig die Rezepte nicht

und es gibt Lieferengpässe in Apotheken.

Es scheint also noch mehr Zeit zu brauchen,

bis das Gesetz, so wie es verabschiedet wurde

auch umgesetzt wird und sich für schwerkranke

Patienten etwas ändert.

Diamorphin wird trotz Anerkennung als Arzneimittel

immer noch nur in wenigen Städten

eingesetzt und nur sehr wenige Menschen

profitieren hiervon.

Letztendlich geht es aber immer noch um die

Abschaffung des BtmG, welches die größten

Probleme in dem Lebensbereich drogengebrauchender

Menschen verursacht.

Leider gab es auch Veränderungen im Umgang

mit der lokalen Szene in Duisburg.

In Duisburg sind niedrigschwellige Hilfeangebote

wie Streetwork, Notschlafstellen, Waschund

Duschmöglichkeiten, soziale Beschäftigungsmöglichkeiten

und eine ausreichende

medizinische Versorgung z.B. im Rahmen

einer Substitutionsambulanz und Originalstoffvergabe

nicht oder nur eingeschränkt

vorhanden. Mit Verweis auf die Haushaltslage

der Kommune wurden während der letzten

zehn Jahre die Finanzmittel stetig gekürzt,

während gleichzeitig die Aufgaben und Beratungszahlen

in der Suchthilfe stiegen.

Zudem wurde besonders im Jahr 2018 in Duisburg

eine harte Vertreibungspolitik gefahren.

Dies geschieht bspw. durch Maßnahmen

wie dem kurzfristigen Alkoholverbot in der

Innenstadt, welches vom Verwaltungsgericht

in Düsseldorf wieder wegen Unrechtmäßigkeit

gekippt wurde und durch verstärkte

Verfolgung. Die Szene war total zersplittert

und „auf der Flucht“. Dies machte den Zugang

fast unmöglich und die wenigen niederschwelligen

Angebote konnten kaum noch

Wirkung erzielen.

Trotzdem konnte die Zusammenarbeit mit

verschiedenen Nutzer*innen des Kantparks

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aufrechterhalten werden, obwohl kaum noch

von einem Szenetreffpunkt am Kantpark die

Rede sein konnte. Die Kooperation mit den

verschiedenen Nutzer*innen bezieht sich vor

allem auf das Lehmbruckmuseum, das an

dem „Aufeinanderzugehen“ der Akteur*innen

des Sozialraumes maßgeblich mitgearbeitet

hat.

In 2019 hat sich die Situation der Konsumierenden

etwas verbessert und entspannt,

allerdings ist es immer noch schwierig die

Menschen zu erreichen und teilweise muss

Vertrauen komplett neu aufgebaut werden,

da sich die Szene sehr verändert hat.

Insgesamt ist das Angebot des Spritzentausches

und der Automaten nach wie vor eine

sehr erfolgreiche Maßnahme der strukturellen

HIV- und HCV-Prävention.

5.2.1 Primär- und Sekundärprävention

5.2.1.1 Spritzenaustauschprogramm

Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V.

nimmt weiterhin mit den von ihr betreuten

Spritzenautomaten am Projekt der Aidshilfe

NRW e.V. teil. Die Standorte befinden

sich in Wesel neben der Dogenberatung und

in Duisburg befindet sich der leider einzige

Spritzenautomat an der AIDS-Hilfe direkt

vor dem Eingangsbereich. Der Spritzenautomat

in Duisburg wird gut angenommen und

muss mehrfach wöchentlich aufgefüllt werden.

Der Spritzenautomat in Wesel wird im

zweiwöchigem Rhythmus neu bestückt. Insgesamt

wurden aus den Automaten 2019

3687 Safer-Use-Materialien gezogen. Tendenz

steigend. Deshalb laufen Planungen für

einen weiteren Automaten in Moers. Deutlich

gesteigert hat sich auch die Anzahl der getauschten

Spritzen an Drogenabhängige in

Duisburg. Dementsprechend muss der Bedarf

an spezifischen Angeboten mindestens

aufrecht, eher aber noch weiter ausgebaut

werden. Neben niedrigschwelligen Angeboten

der Aidshilfe in Stadtmitte und Hamborn und

dem kostenlosen Spritzentausch ist es für

die Zukunft unerlässlich, weitere Mittel in die

Prävention zu investieren.

Weiter besteht die Möglichkeit während der

Öffnungszeiten auch persönlich gebrauchte

Spritzen gegen neue Materialien zu tauschen.

Dabei wurden 8675 Materialien vergeben.

Spritzenautomat Bismarckstr. 67

von innen mit Entsorgungsbox

5.2.1.2 Suchtprävention bei Partydrogen

@drugthive

Aufgrund mangelnder Ressourcen und fehlender

ehrenamtlicher Mitarbeitenden konnten

im Berichtsjahr in diesem Arbeitsbereich

keine Projekte umgesetzt werden.

5.2.2 Substitution

5.2.2.1 Entwicklung der Wochenendvergabe

Auch im Jahre 2019 haben wir über das komplette

Jahr an allen Wochenenden und Feiertagen

also insgesamt an 115 Tagen die Vergabe

von Methadon in der AIDS-Hilfe in Duisburg

durchgeführt. Die Anzahl der Substituierten

lag im Durchschnitt bei 70 Personen. Die

Vergabezeit beträgt 1,5 Stunden. Seit 2014

wird die Vergabe von Honorarkräften begleitet.

Insgesamt fünf Ärzt*innen entsenden ihre

Patient*innen. Die Vergabe in der AIDS-Hilfe

führen vier Ärzt*innen durch.

Die Zusammenarbeit zwischen den Ärzt*innen,

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unseren Honorarkräften und den Apotheken

verlief weiterhin reibungslos. An dieser Stelle

einen ganz herzlichen Dank an die Mitarbeiter*innen

für ihr Engagement und ihre Mithilfe.

Weiterhin wird bei fast jeder Vergabe den

Substituierten Kaffee angeboten mit Ausnahme

von den Tagen, an denen unser Gruppenraum

durch andere Veranstaltungen belegt

war. Am letzten Sonntag im Monat gibt es ein

ehrenamtlich organisiertes Frühstück. Bei

der Vergabe und dem Frühstück bietet sich

die Gelegenheit, sich über Sorgen und Nöte

auszutauschen. Hierbei bietet sich regelmäßig

die Möglichkeit zur Präventionsberatung

und zu Safer-Use-Strategien.

5.2.2.2 Psychosoziale Begleitung Substituierter

(PSB)

Die psychosoziale Begleitung von HIV-Positiven

/ an AIDS erkrankten Substituierten ist

ein weiterer Bestandteil der Drogenarbeit innerhalb

der AIDS-Hilfe.

Im Vordergrund der PSB steht die Stabilisierung

der Klient*innen, die in ihrer Lebenssituation

gestärkt und unterstützt werden. Die

Zielsetzung der PSB erfolgt dabei im Wesentlichen

nach den Bedürfnissen der Klient*innen.

Das bedeutet in erster Linie, dass das

subjektive Wohlbefinden der jeweiligen Person

und die Lebensverhältnisse verbessert

werden sollen. Entsprechend dieser Zielsetzung

steht bei einigen Substituierten die Verbesserung

des Gesundheitsstatus im Mittelpunkt,

während bei anderen die Sicherung

der materiellen Grundversorgung oder der

Aufbau sozialer Netze im Vordergrund stehen

kann.

Dies kann in medizinischer Hinsicht bedeuten,

dass wir in eine Substitution vermitteln.

Da es sich hier nur um wenige Einzelfälle

handelt und wir gute Kontakte zu den substituierenden

Ärzten pflegen, gelingt dies in

der Regel problemlos. Des Weiteren stellen

wir den Kontakt zu dem HIV-Schwerpunkt-

Arzt oder den Ambulanzen her und unterstützen

die Drogengebraucher*innen, die

zum Teil starke Berührungsängste mit Ärzten

dieser Fachrichtung haben, sich in eine

adäquate Behandlung zu begeben. Teilweise

ist es jedoch schwierig, neue Klient*innen in

ein relativ schematisches Korsett zu bringen,

welches für eine HIV Behandlung notwendig

ist (regelmäßige Überwachung der HIV/

AIDS-Parameter, regelmäßige Tabletteneinnahme,

Compliance).

Im Rahmen der PSB ist es für uns wichtig, die

Ressourcen der Begleiteten zu stärken. Durch

die eigene Bewältigung von Problemen und

Aufgaben erfahren sie eine Stärkung ihres

Selbstwertgefühles.

Im Jahr 2019 ging es in der PSB vor allem um

Hilfestellungen im medizinischen und alltäglichen

Bereich, die Vermittlung in eine Schuldnerberatung,

Einrichtung von Pflegediensten

in den Alltag, Unterstützung bei Ämtergängen

und Postverkehr und Vermittlung zu einer

Substitutionsärztin und Hilfestellungen

und Unterstützung bei der Organisation von

Krankenhausaufenthalten.

Insgesamt hatten wir im Berichtsjahr 763

zeitintensive Psychosoziale Begleitungskontakte.

Wir sehen hier steigende Bedarfe der Begleiteten

auch Angebote von Betreutem Wohnen

in Anspruch zu nehmen. Hier wurden wir vermittelnd

tätig.

5.2.3 Niedrigschwellige Arbeit mit illegalisierten

Drogengebraucher*innen

Im Jahr 2019 hat die AIDS-Hilfe Duisburg/

Kreis Wesel in Kooperation mit JES Duisburg

118 Streetworkeinsätze in Duisburg Mitte

im Kantpark geleistet. In Duisburg Hamborn

am Rathaus waren wir 53 Mal unterwegs.

Ziel dieser Einsätze waren die Aufklärung zu

Safer-Use Strategien, klientenzentrierte Beratung

zu Ansteckungswegen bei HIV, Hepatitis

und anderen sexuell übertragbaren

Krankheiten und die Ausgabe von ca. 3584

Spritzen und anderen Safer-Use Materialien.

Eine weitere wichtige Funktion ist dabei die

Alltagsberatung, z.B. Hilfestellungen und Un-

61


terstützung zu Anträgen oder das Verweisen/

Vermitteln an andere Hilfsangebote oder Institutionen.

Genau wie auch im Bereich der

PSB stiegen hier die Anfragen zu Betreutem

Wohnen.

Allerdings ist es durch die schon beschriebene

Vertreibungspolitik immer noch schwierig,

überhaupt Menschen anzutreffen, geschweige

denn mit der nötigen Ruhe Problemstellungen

zu besprechen.

Insgesamt hat die sozialräumliche Arbeit positive

Auswirkungen auf die drogengebrauchenden

Menschen, z.B. stärken Einbeziehung

und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben das

Selbstwertgefühl. Regelmäßige Gespräche

mit Anwohnern und anderen Akteuren fördern

aber ebenso die Akzeptanz gegenüber

Drogengebraucher*innen und wirken Diskriminierung

und Kriminalisierung entgegen.

Beim Streetwork werden Spritzen, Kondome

und Care Sets verteilt. Zudem wurde unbeschichtete

Alufolien zum Rauchen gut angenommen.

Im Sinne des Safer-Use-Gedankens

stellt diese Konsumform eine gute Alternative

zum intravenösen Gebrauch dar und wird von

der Szene gut angenommen.

Ein Teil des Streetworks beinhaltet sekundärpräventive

Arbeit, da auf der Platte auch

einige HIV-Positive Drogengebraucher*Innen

bzw. Subsituierte erreicht werden, die ansonsten

die AIDS-Hilfe selten aufsuchen.

Das Frühstück für Drogengebraucher*innen,

Ehemalige, Substituierte und Freund*innen

fand in der AIDS-Hilfe im Berichtsjahr 2019

regelmäßig am dritten Freitag im Monat statt.

Das Frühstück wird überwiegend von zwei

ehrenamtlichen Mitarbeitern vorbereitet und

mit Lebensmittelspenden vom Verein „Bürger

für Bürger“ unterstützt. Hierfür sagen wir

recht herzlichen Dank.

Das Frühstücksangebot wurde gut angenommen.

Allerdings sind auch hier die Folgen der

Vertreibungspolitik deutlich spürbar, da die

direkte Bewerbung des Frühstücks vor allem

durch den Face-to-face-Kontakt stattfindet.

62


JES Duisburg hatte 2019 insgesamt 34 Gruppentreffen.

Zum Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher*innen

und zum International Overdose

Awareness Day wurden erfolgreiche

gemeinsame Aktionen durchgeführt (siehe

unten). JES Duisburg stand in Verbindung mit

der Selbsthilfe-Kontaktstelle und erhielt die

Selbsthilfe-Förderung nach §20 SGB V von

500 Euro.

5.2.4 „Nationaler Gedenktag für verstorbene

Drogengebraucher*Innen“ am 20.

und 21. Juli

Auf Initiative des Landesverbandes der Eltern

und Angehörigen für humane und akzeptierende

Drogenarbeit NRW e.V. finden seit

1998 jedes Jahr zum Gedenktag für verstorbene

Drogenabhängige Aktionen und besinnliche

Gedenkveranstaltungen satt. In diesem

Zeitraum sind mindestens 46.000 Menschen

an den Folgen von Kriminalisierung, Schwarzmarktsubstanzen,

Überdosierung sowie HIVund

Hepatitis-Infektionen verstorben.

Der Aufbau einer Substitutionsambulanz in

Duisburg wäre eine wichtige Säule, um den

Zugang zur medizinischen Versorgung langfristig

sicherzustellen. Nur so kann die Zahl

der Todesfälle minimiert und das Überleben

von Drogengebraucher*innen sichergestellt

werden können.

In Duisburg sind im vergangenen Jahr zehn

Menschen, die illegale Drogen konsumierten,

verstorben. Dies ist eine erneute Steigerung

zum Vorjahr. Die Dunkelziffer ist jedoch leider

viel höher. Das ist vor allem den gesellschaftlichen

und gesetzlichen Umständen geschuldet.

Es gibt in Duisburg keinen Drogenkonsumraum.

In einem solchem Raum wäre geschützt

unter sicheren Bedingungen der Konsum

möglich. Medizinisch ausgebildetes Personal

kann bei lebensgefährlichen Überdosierungen

Akuthilfe leisten, sterile Spritzen werden zur

Verfügung gestellt und im Verhältnis 1 zu 1

getauscht, es besteht die Möglichkeit in Therapien

oder Entgiftungen zu vermitteln. Auch

die nicht Drogen konsumierende Bevölkerung

wird durch Drogenkonsumräume deutlich

entlastet, da durch diese der Konsum illegaler,

harter Drogen in der Öffentlichkeit, etwa

in Parkanlagen wie dem Kantpark, auf offener

Straße sowie in Verkehrsstationen erheblich

reduziert werden konnte. Das belegen auch

Beispiele aus anderen Städten. Dies führt

wiederum auch dazu, dass dort deutlich weniger

benutztes Spritzbesteck, aufgeschnittene

Blechdosen und weitere Mittel vorzufinden

sind, welche zum Konsum der Drogen außerhalb

von Drogenkonsumräumen trotz damit

verbundener gesundheitlicher Risiken oft verwendet

werden. Somit wird auch die damit

verbundene Verletzungsgefahr deutlich verringert.

Drogenkonsumräume gibt es in zehn

Städten in NRW u. a. in Dortmund, Bochum,

Essen, Wuppertal und sogar in Troisdorf.

Die Substitution mit Methadon oder anderen

Substitutionsmitteln kann helfen, die Drogengebraucher*innen

gesundheitlich und sozial

zu stabilisieren, den Drogenkonsum zu

reduzieren oder sogar ganz aufzugeben. In

Duisburg wird die Substitution durch engagierte

niedergelassene Ärzte gewährleistet

und hier ist auch mit der Wochenendvergabe

die AIDS-Hilfe ein Partner im System. Für die

Zukunft gilt es jedoch, neue substituierende

Ärzt*innen zu finden, da die bisherigen in absehbarer

Zeit aus Altersgründen ihre Tätigkeit

aufgeben werden. Eine zentrale Forderung

von JES und der AIDS-Hilfe Duisburg/

Kreis Wesel e. V. ist die Substitution mit Diamorphin,

welches als Arzneimittel und zur

Substitution zugelassen ist, aber nur in einigen

wenigen Städten verfügbar ist.

Die niedrigschwelligen Angebote in Duisburg

werden von JES Duisburg und der AIDS-Hilfe

aufrechterhalten, hierbei handelt es sich

um das Streetwork und zweimal monatlich

ein Frühstück, am dritten Freitag und letzten

Sonntag im Monat. Durch die Substitution

werden drogengebrauchende Menschen älter

und benötigen spezifische Angebote, da sie in

bestehende Altersheime kaum zu integrieren

sind. Auch hier sind in Duisburg im Gegensatz

zu anderen Städten, keine Angebote in

63


Planung.

Generell liegt in der Illegalität das Hauptproblem

der Drogenkonsumenten. Die überteuerten

Preise auf dem Schwarzmarkt erzeugen

Beschaffungskriminalität und Beschaffungsprostitution.

Dies führt zu Kriminalisierung,

Stigmatisierung, sozialer Ausgrenzung und

massiven Schäden an Körper und Seele. Der

Schwarzmarkt ist auch die Ursache für die

Streckung des Stoffes mit gesundheitsgefährdenden

Beimengungen wie Arsen, Puddingpulver

oder zerstoßenem Glas.

Der bessere Weg wäre es, Energie und finanzielle

Mittel nicht für die Prohibition sondern

für Präventions- und Hilfsangebote für Menschen

zur Verfügung zu stellen, die mit ihrem

Drogenkonsum Probleme haben.

Am 20.07. führten wir eine gemeinsame Aktion

mit JES Duisburg und dem Suchthilfeverbund

Duisburg, zum Gedenktag der verstorbenen

Drogengebraucher*innen, durch.

Es gab einen Infostand in der Innenstadt. Wir

stellten Kreuze und Kerzen für die im Jahr 2019

verstorbenen Drogengebraucher*innen auf.

Es wurden weiße Rosen an die Passantinnen

und Passanten verteilt und gleichzeitig ein

Folder überreicht. In diesem Folder befanden

sich die Presseerklärung der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis

Wesel e. V. und eine Forderung zu

Drogenkonsumräumen vom Bundesverband

der akzeptierenden Eltern und Angehörigen

e.V., vom JES Bundesverband, der DAH und

Akzept e.V.

Durch die gemeinsame Aktion wurden ca.

150 Passanten erreicht und mit ihnen teilweise

intensiv über die aktuelle Situation der

drogengebrauchenden Menschen in Duisburg

diskutiert.

Zudem beteiligten wir uns an der internationalen

Kampagne „Support don`t punish“.

Medial gab es am 21.07. einen Artikel in den

Printmedien.

Zusätzlich zum 20.7. veranstaltete die

AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel e.V. gemeinsam

mit JES Duisburg am 21.7. ein gemeinsames

Gedenken mit Drogengebraucher*Innen,

Substituierten, Ehemaligen

und Solidarischen. Die „Artgenossen“ vom

Lehmbruck-Museum waren auch vor Ort und

spendeten unter anderem Kartoffelsalat und

Winterkleidung. Es wurde gegrillt und sich

ausgetauscht. Es gab die Möglichkeit Erinnerungen

ins Gedenkbuch zu schreiben und

es wurden Holzscheiben gebastelt, auf denen

der Verstorbenen gedacht wurde. Die Veranstaltung

war gut besucht und teilweise sehr

emotional.

Dazu gab es einen Infotisch zu Safer-Use, Materialien

wurden vergeben und Give-aways,

wie z.B. Bauchtaschen, Taschentücher, Zahnbürsten

und Sterilium verteilt. Dies kam in

der Szene gut an.

Mit den gebastelten Baumscheiben, wurde

auch die Gedenkecke der AIDS-Hilfe Duisburg/

Kreis Wesel e.V. neu gestaltet. Diese

wird seitdem genutzt und (leider) vervollständigt.

64


5.2.5.„International Overdose Awareness

Day“

Tag gegen Überdosierung am 31.8

2019 das erste Mal, führten wir auch eine

Veranstaltung zum International Overdose

Awareness Day durch. Dazu besuchten JES

Duisburg und die hauptamtliche Mitarbeiterin

der AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel e.V. das

Substitutionscafe. Es gab selbstgebackenen

Kuchen und andere Leckereien. Dazu veranstalteten

wir eine Informationsveranstaltung

zum Thema Naloxon. Es gab eine Ausstellung

von Infotafeln, internationalen Postern zur

Wirkweise und Verschreibungspraxis und den

Umgang mit dem Notfallmedikament in anderen

Ländern.

Am 31.8. führten wir weiter persönliche Kurzinterventionen

und praktische Anleitungen

zum Thema Naloxon durch. Zudem gab es einen

Informationstisch mit Flyern zum Thema

und es wurde sich rege ausgetauscht.

Zudem gab es eine Kunstausstellung mit

Stencils, bei der die politische Dimension als

Ursache für Überdosierungen angeprangert

wurden. Dazu gehören: Prohibition, Kriminalisierung

und der Mythos einer rauschfreien

Gesellschaft. Zu jeder Rubrik wurden Forderungen

an die Politik verdeutlicht.

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5.2.6 Teilnahme an Arbeitskreisen

Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e. V.

ist durch die hauptamtliche Mitarbeiterin für

den vorgenannten Bereich in dem Arbeitskreis

Suchtmedizin (Qualitätszirkel der substituierenden

Ärzte), am Landesarbeitskreis „Drogen und

Haft“ und in der PSAG Basisarbeitsgruppe

„Suchtkrankenhilfe“ vertreten.

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5.2.7 Teilnahme an JES-Mitgliederversammlung

Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. ist

Mitglied im Landesverband JES NRW e.V. Aufgrund

eines Projektantrages von JES NRW

letztes Jahr über die Krankenkassenförderung

konnten der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel

e. V. Care-Packs, Spritzen, Feuerzeuge, Abbinder

und Smoke-it-Sets für das Streetwork zu

Verfügung gestellt werden. Ebenso wie eine

Drop-Flag von JES Duisburg, z.B. zur Nutzung

am Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher*innen.

Von diesen Materialien

konnte auch 2019 profitiert werden.

Zusammen mit JES Duisburg nahm die

hauptamtliche Mitarbeiterin für den Drogenbereich

an der Mitgliederversammlung, an

den JES NRW-Treffen, JES Westschienentreffen

und an Fachtagen u.a. dem Akzept Kongress

teil.

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5.3 HIV und Strafvollzug

Das Angebot der „Strukturellen HIV- und

STI- Präventionsarbeit im Strafvollzug“ wurde

auch 2019 –wenn auch unter erschwerten

Bedingungen (s.u.)- durch die AIDS-Hilfe

Duisburg / Kreis Wesel e.V. auf der lokalen

und landesweiten Ebene umgesetzt. Auf der

landesweiten Ebene erfolgte die Arbeit ausschließlich

in Vernetzung und Kooperation mit

Institutionen, die im Bereich „HIV und Strafvollzug“

tätig sind (wie z.B. bei dem Landesarbeitskreis

Drogen und Haft der Aidshilfe

NRW e.V.).

Auf der lokalen Ebene wurde mit den vorhandenen

Untersuchungshaftanstalten, dem

offenen Vollzug sowie den Gerichten und

Staatsanwaltschaften der Region kooperiert,

um die Präventionsarbeit für Bedienstete und

Inhaftierte im Bereich Strafvollzug zu platzieren.

Ziel war die Wissensvermittlung von

Übertragungswegen und Schutzmöglichkeiten

im Themenfeld der sexuellen Gesundheit

mit dem Fokus auf sexuell übertragbare Infektionen

(STI´s), vor allem im Hinblick auf

HIV und die Hepatitiden. Weitere Arbeitsschwerpunkte

waren die Begleitung HIV-positiver

Inhaftierter sowie die Durchführung

regelmäßiger Gruppenangebote für inhaftierte

Frauen sowie Männer zum Thema „Gesundheit

in Haft“.

68

5.3.1 Einführung

Tendenziell kann in den letzten Jahren eine

Veränderung der Zielgruppe „Menschen in

Haft“ beobachtet werden. Zum einen nimmt

die Anzahl der Insassen, die eine

psychische Störung aufweisen, zu (hier stellt

sich die Frage, ob eine Hafttauglichkeit immer

gegeben ist) und zum anderen sind immer

weniger Inhaftierte der deutschen Sprache

mächtig. Diese Veränderungen müssen daher

auch zu einer Anpassung unserer Arbeit im

Strafvollzug führen. Neben dem Angebot der

Gruppenarbeit ist daher vermehrt auf die visuelle

Präventionsarbeit zu setzen sowie dem

Auslegen der Informationsmaterialien in anderen

Sprachen. Hier zeigt sich in der Praxis

deutlich, dass die Informationsvermittlung in

Flyern und Plakaten kurz und prägnant erfolgen

muss und viele Bilder enthalten muss,

um eine visuelle Untermalung des Geschriebenen

zu gewährleisten.

Aufgrund der Defizite, die die Inhaftierten

vorweisen (niedrige Intelligenz, geringe Regelakzeptanz,

geringe soziale Kompetenz,

Drogenabusus, geringes Selbstbewusstsein,

Impulsivität) müssen die Angebote der

AIDS-Hilfe, die sich im Rahmen der strukturellen

Prävention für eine autarke und akzeptierende

Arbeit mit den Menschen einsetzt,

den Gegebenheiten angepasst umgesetzt

werden.

Um die Infektionsketten effektiv zu unterbinden

sind daher „Basics“ notwendig, die

den inhaftierten Menschen vermittelt werden

müssen. Neben Körperhygiene und sozialer

Kompetenz (von sozialer Kompetenz gibt

es mehrere Definitionen; nach Hirsch und

Pfingster ist soziale Kompetenz ein Gleichgewicht

zwischen den eigenen Bedürfnissen und

den Anforderungen von der sozialen Umwelt)

sind dies vor allem die Stärkung des Selbstbewusstseins

und die Verbesserung der Kommunikation.

Wenn diese „Basics“ vermittelt

werden konnten, kann die „eigentliche“ Präventionsarbeit

umgesetzt werden.

Daher hat sich das Angebot der AIDS-Hilfe

Duisburg/Kreis Wesel e.V. in den letzten

Jahren verändert, welches sich im folgenden


Jahresbericht auch niederschlägt.

Die Präventionsarbeit der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis

Wesel e.V. im Sektor Strafvollzug

wurde erfreulicherweise weiterhin über das

Justizministerium NRW zum Teil refinanziert.

Wir sehen dies als ein Zeichen, dass unser

Ansatz über die Region Duisburg hinaus anerkannt

und gewürdigt wird.

- Einzelberatung von Inhaftierten

- Mitarbeiterschulungen

- Regelmäßige Gruppenveranstaltungen

5.3.2 Überregionale Aktivitäten

Teilnahme an Arbeitskreisen

Die AIDS-Hilfe hat regelmäßig an dem Landesarbeitskreis

„Drogen und Haft“ der Aidshilfe

NRW e.V. teilgenommen. Durch den regelmäßig

stattfindenden fachlichen Austausch

wurde die Arbeit kontinuierlich modifiziert,

einheitliche Standards erarbeitet und somit

die lokale Arbeit weiter professionalisiert.

5.3.3 Lokale Arbeit des Projektes ,HIV

und Strafvollzug’

Der Arbeitsbereich „Gesundheitsförderung

für Menschen in Haft“ bedient die Untersuchungshaftanstalt

Duisburg-Hamborn sowie

deren Zweiganstalt in Dinslaken.

Inhaltliche Schwerpunkte der Arbeit sind:

- Primär- und Sekundärprävention zum

Themenfeld HIV/AIDS, Hepatitiden

sowie anderen sexuell übertragbaren

Krankheiten

- Begleitung und Interessensvertretung

HIV-positiver Inhaftierter

Im Berichtsjahr gab es erneut strukturelle

Hindernisse in den Haftanstalten, die die gewohnte

Umsetzung der Angebote sehr behinderte.

Mit dem Wechsel der Anstaltsleitung

und der damit verbundenen neuen Strukturierung

der fachlichen Zuständigkeiten – auch

für die externen Angebote- deutete sich zum

Jahresende eine erhebliche Verbesserung an,

die für das kommende Jahr Hoffnung macht,

denn die primär- und sekundärpräventive Arbeit

wird nach wie vor als sehr wichtig eingeschätzt

– inzwischen auch wieder von den

Entscheidungsträgern der JVA.

5.3.4 Gesundheitliche Belastungen von

Inhaftierten

Die Hauptinfektionswege von HIV und Hepatitiden

sind das gemeinsame Benutzen gebrauchter

Spritzutensilien beim intravenösen

Drogenkonsum (IVDU), sexuelle Kontakte

und Tätowieren / Piercen. Daher hat die Präventionsarbeit

der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis

Wesel e.V. eine starke Fokussierung auf diese

Übertragungswege.

Hier ein Umriss der Risikosituationen anhand

statistischer Forschungsergebnisse:

Drogenkonsum

Intravenöser Drogenkonsum ist bei inhaftierten

Drogenabhängigen zwar weniger verbreitet

als außerhalb, aber die Inhaftierten, die ih-

69


ren Konsum in Haft fortsetzen, tun dies unter

hoch riskanten Bedingungen und in der Regel

in Form eines gemeinsamen Gebrauches von

Spritzen, Nadeln und anderen Spritzutensilien.

Wedershoven (s. Wedershoven C. Katamnese

der HIV-Infektion bei drogenabhängigen

und nicht-drogenabhängigen Inhaftierten im

Vergleich im Justizvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen.

1998) bestätigt, dass unsterile

Spritzutensilien die Hauptinfektionsquelle

der von ihr untersuchten Gefangenen

darstellt. Knapp fand, dass bei den von ihm

befragten Inhaftierten positiven Strafgefangenen

bis zu neun Personen eine Spritze zusammen

benutzten (s. Knapp R., AIDS im

Strafvollzug. Zur Situation HIV-Infizierter

und AIDS-Kranker Strafgefangener unter besonderer

Berücksichtigung der Problematik

intramuralen Drogenkonsums: Ergebnisse

einer empirischen Erhebung und rechtliche

Konsequenzen. Bonn (Unveröff. Diss. 1996).

Sexuelle Beziehungen

Sexualität ist in den Haftanstalten genauso

präsent wie der illegale Drogenkonsum. Die

Thematisierung von gleichgeschlechtlicher

Sexualität ist jedoch so gut wie unmöglich.

Wenige Haftanstalten gestatten Langzeitinhaftierten

heterosexuelle Kontakte im Rahmen

der Besuchszeit von (Ehe-) Partner*innen

(z.B. JVA Werl, JVA für Frauen Vechta)

oder bei Haftlockerungen der Inhaftierten sexuelle

Kontakte im Rahmen des Urlaubes.

Es scheint jedoch, dass das „Verbot“ der Ausübung

von Sexualität als Teil der Strafe angesehen

wird. Dies wird nicht zuletzt von den

Inhaftierten selbst so gesehen. Der Drang

nach sexuellen Handlungen führt zu einer Abspaltung

der Sexualität von der allgemeinen

sozialen Haltung der Inhaftierten. Es werden

gleichgeschlechtliche Handlungen praktiziert,

die konträr zur Haltung und allgemeinen

Aussage der Inhaftierten stehen. Durch diese

abgetrennte, nicht akzeptierte Sexualität

wird teilweise bzw. vollständig auf Kondomgebrauch

verzichtet. Die Prävention steht

hier vor einem Dilemma. Der Thematisierung

von gleichgeschlechtlicher Sexualität in Präventionsveranstaltungen

wird mit Ablehnung

begegnet. Um Inhaftierten die Möglichkeit eines

Beratungsgespräches zu ermöglichen, wo

Fragen zu Übertragungswegen vertrauensvoll

beantwortet werden, bietet die AIDS-Hilfe

daher seit 2007 eine Hepatitis- / HIV-Sprechstunde

in den Haftanstalten Hamborn und

Dinslaken an.

Tätowieren / Piercen

Tätowieren und Piercen ist wie das Benutzen

unsteriler Injektionsnadeln eine Übertragungsmöglichkeit

von Hepatitis C und, in

geringerem Ausmaß, von HIV. Leider wurden

bis dato keine Studien in Haftanstalten

durchgeführt, um hier eine Aussage in Richtung

Risiko, Gebrauch und Infektionszahlen

von Inhaftierten über Tätowieren und Piercen

zu treffen.

Die AIDS-Hilfe thematisiert diese gesundheitsgefährdenden

Verhaltensweisen bei ihrer

Präventionsarbeit und bietet den Rahmenbedingungen

entsprechende Lösungsansätze

an.

5.3.5 Primär- und Sekundärprävention

Der hauptamtliche Mitarbeiter hat regelmäßig

Informationsveranstaltungen in den Justizvollzugsanstalten

durchgeführt. Neben den

Übertragungswegen von HIV und Hepatitiden

wurden die Behandlungsmöglichkeiten und

mögliche Schutzmaßnahmen angesprochen

70


(Desinfektion von gebrauchten Spritzen, Förderung

des „Blutbewusstseins“, Vorgehen

bei Nadelstichverletzungen und Safer Sex -

Praktiken bei Männern, die Sex mit Männern

haben sowie Frauen, die Sex mit Frauen haben).

Am Sommerfest in der Untersuchungshaftanstalt

für Frauen in Dinslaken war die AIDS-Hilfe

mit einem Informationsstand vertreten.

Frauen konnten ein Pflegeprodukt gewinnen,

wenn sie anhand von Piktogrammen ein

HIV- und HCV-Risiko kategorisieren konnten.

Darüber entstanden wiederum beratenden

Gesprächsgelegenheiten, die von den Inhaftierten

gut angenommen wurden.

98 Frauen konnten so erreicht werden.

5.3.7 Resümee

Aufgrund von strukturellen Problemlagen

(insbesondere Personalmangel und unklare

Zuständigkeiten) konnte im letzten Jahr

nicht durchgängig das Gruppenangebot der

AIDS-Hilfe im Strafvollzug angeboten werden.

Nach einem Treffen im Strafvollzug wurden

die Problematik angesprochen und eine

Optimierung der Abläufe verabredet (s.o.).

5.3.6 Begleitung

Der Arbeitsbereich „Strukturelle HIV- und

STI- Präventionsarbeit im Strafvollzug“ bietet

den inhaftierten Frauen und Männern

die Möglichkeit, regelmäßig (in der Regel

alle zwei Wochen) mit einem Mitarbeiter der

AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. zu sprechen.

Hier werden folgende Aspekte erörtert:

Bedarf des Inhaftierten, Stadium der HIV-Infektion,

medizinische Behandlung sowie die

Angebote der AIDS-Hilfe (z.B. Knastpakete,

Therapievermittlung, Resozialisierung nach

der Haftentlassung etc.).

Außenansicht des erstellten Flyers

Innenansicht des erstellten Flyers

71


5.4. Frauen und HIV und Aids-Prävention

bei Frauen in besonderen Lebenslagen

Im Berichtsjahr 2019 konnte die Arbeit

im Bereich Frauen und HIV/Aids sowie für

Frauen in STI relevanten Lebenslagen mit

Hilfe der Bereitstellung der Fördermittel

für die zielgruppenspezifische Prävention

des Landes NRW umgesetzt werden. Sie

ist seit vielen Jahren fester Bestandteil

unserer Angebote.

Dies gilt insbesondere für den Bereich der

Beratung und psychosozialen Begleitung

von Frauen mit HIV und Aids aus unserer

Region Duisburg / Kreis Wesel mit ca.1

Mio. Einwohnern.

Die angestrebten Projektziele konnten

aufgrund einer kontinuierlichen Besetzung

dieses Arbeitsbereiches durch eine

hauptamtliche Mitarbeiterin erreicht und

in dem Maße umgesetzt werden, wie diese

geplant wurden.

Die Projektinhalte umfassen insbesondere

Beratung/ Begleitung von Frauen mit

HIV/ Aids, die Gestaltung bedarfsgerechter

Versorgungsstrukturen, den Abbau

von gesellschaftlichen Diskriminierungen

und die Primärprävention bei spezifischen

Zielgruppen innerhalb des Frauenbereiches.

Im Berichtsjahr 2019 konnten durch die

Projektnehmerin insgesamt 217 persönliche,

171 telefonische und 515 zeitintensive

Beratungs- und Begleitungskontakte

(PSB) verzeichnet werden. Innerhalb der

bundesweiten anonymen Telefonberatung

waren es 155 Beratungskontakte.

Die insgesamt 1.058 Beratungs- und Begleitungskontakte

verteilen sich wie folgt:

686 Frauen,

372 Männer

keine transidentische Person.

Hiervon hatten 560 einen Migrationshintergrund.

Im Bereich der zielgruppenspezifischen

Prävention – Frauen und Prostitutionwurden

im Berichtsjahr insgesamt 493

Sexarbeiterinnen durch Streetwork und

Aktionen in den Laufhäusern der Vulkanstraße

und auf dem Straßenstrich erreicht.

Diese Zahlen verdeutlichen, dass die

Besetzung der für unsere Region einzigen

auf HIV spezialisierten strukturellen

Präventionsstelle mit einer qualifizierten

hauptamtlichen Projektnehmerin unerlässlich

ist.

Im Jahr 2019 wurde insbesondere deutlich,

dass für eine erfolgreiche Arbeit auf

den unterschiedlichen Ebenen die Vernetzung

ein wesentlicher Bestandteil ist. Vernetzungen

fanden auf der überregionalen

Ebene mit den benachbarten AIDS-Hilfen

Dortmund, Essen, Oberhausen, Bochum,

Düsseldorf und Unna sowie auf landesweiter

Ebene innerhalb der Landesarbeitsgemeinschaft

„Frauen und HIV/Aids

in NRW“ und auf lokaler Ebene insbesondere

mit dem ÖGD Duisburg statt.

So konnten vorhandene personelle Ressourcen

gebündelt werden, was eine effiziente

Planung und Durchführung der

Projekte gewährleistete. Darüber hinaus

ist der fachliche Austausch auf der kollegialen

- ebenso wie die auf der Selbsthilfeebene

- unverzichtbar, um das Projekt

adäquat weiterzuentwickeln.

Das Projekt XXelle in Duisburg und dem

Kreis Wesel wurde auf drei verschiedenen

Ebenen umgesetzt, der landesweiten,

ruhrgebietsweiten und der kommunalen

Ebene.

Projektziele

Auf der landesweiten Ebene bestanden

die Ziele 2019 darin, durch die regelmäßige

Teilnahme an der Landesarbeitsgemeinschaft

„Frauen und HIV /

Aids in NRW“ den fachlichen Austausch

fortzuführen und die Marke XXelle weiter

politisch zu positionieren. Durch die

72


inhaltliche Auseinandersetzung mit den

Fachfrauen auf der Landesebene entwickeln

sich neue Projektideen, die sich auf

der lokalen und regionalen Ebene umsetzen

lassen. So konnten gemeinsame Veranstaltungen

geplant und durchgeführt

werden. Die kontinuierliche Beteiligung

der Projektnehmerin an der Arbeitsgemeinschaft

Öffentlichkeitsarbeit der LAG

„Frauen und HIV / Aids in NRW“ konnte

auch im Jahr 2019 sichergestellt werden.

Auf der ruhrgebietsweiten Ebene wurde

die sehr gute Zusammenarbeit der

Ruhrgebiets-Aidshilfen Dortmund, Bochum,

Essen, Düsseldorf, Oberhausen

und Duisburg / Kreis Wesel weiter fortgeführt.

Durch die vorhandenen Vernetzungsstrukturen

konnten im Jahr 2019 gemeinsame

Aktionen geplant und durchgeführt

werden. Hierbei handelte es sich sowohl

um Angebote für Klientinnen als auch

um öffentlichkeitswirksame Aktionen. Es

fanden regelmäßige Arbeitstreffen statt.

Darüber hinaus erfolgten weitere Vernetzungstreffen

des Runden Tisches Ruhrgebiet,

an dem alle Ruhrgebiets –Aidshilfen

und andere Träger mit XXelle-Standorten

teilnehmen.

Ebenso fanden in regelmäßigem Turnus

„XXelle - Runder – Tisch“ – Arbeitstreffen der

beteiligten Fachfrauen im Ruhrgebiet statt, in

denen unter anderem die Planung und Durchführung

öffentlichkeitswirksamer Aktionen

erfolgte.

Im Jahr 2019 konnte innerhalb dieser XXelle

Ruhrgebietsvernetzung ein Frauenvernetzungstreffen

für HIV Positive und ihre Kinder

realisiert werden. In Zusammenarbeit mit

den AIDS-Hilfen Essen, Bochum, Düsseldorf,

Dortmund, und Duisburg / Kreis Wesel wurde

dieses Angebot in der AIDS-Hilfe Essen umgesetzt.

Eine Kunsttherapeutin hat in 2 Workshops HIV

ART- Psychische und psychosoziale Verarbeitung

von HIV durch künstlerisches Gestalten

im Rahmen von Kunsttherapie, angeboten.

Ein weiters Angebot war die Klangschalen

Meditation, das ebenfalls sehr gern von den

8 Teilnehmerinnen genutzt wurde.

Diese Veranstaltung hat wieder gezeigt, wie

effektiv die Vernetzung von XXelle Ruhrgebiet

ist. Durch die Bündelung von personellen und

finanziellen Ressourcen konnte dieses Projekt

umgesetzt werden.

5.5. Frauen und HIV / Aids / Migration

Eine besonders wichtige Zielgruppe innerhalb

der frauenspezifischen Arbeit

sind Migrantinnen. Hierbei handelt es sich

um eine sehr heterogene Personengruppe.

Unterschiedliche Formen der bereits

erfolgten Integration in Bezug auf sprachliche,

kulturelle oder soziale Integration

spiegeln sich hier wieder.

Die Zielgruppe Migrantinnen - Frauen

mit Kindern und HIV/Aids - wurden

ebenfalls durch verschiedene ruhrgebietsweite

Veranstaltungen erreicht.

Insgesamt nahmen 39 Teilnehmer*innen

– davon waren 20 Migrant*innen,

11 Mütter, 4 Väter, 24 Kinder, 1 ehrenamtliche

Mitarbeiterin und 2 Mitarbeiterinnen

der Beratungsstellen - an

einem Familienausflug zum Ketteler-

Hof, teil.

Die Erfahrung der letzten Jahre hat

gezeigt, dass gerade alleinerziehende

Frauen und ihre Kinder mit HIV/Aids

dieses Angebot sehr gerne nutzen.

Oftmals verfügen diese Familien über

keinerlei finanzielle Ressourcen zur Realisierung

von Freizeitaktivitäten. Des

Weiteren ist dieses Angebot ein kreativer

Beitrag, der sozialen Isolation

entgegen zu wirken und positive Begegnungen

zu fördern und somit eine

willkommene Abwechslung zum regulären

Alltag. Hier wurden Kontakte und

Freundschaften zu anderen HIV- positiven

Frauen, Kindern und ihren Fami-

73


74

lien hergestellt.

Auf der lokalen Ebene erwies sich die Zusammenarbeit

mit dem Duisburger Frauennetzwerk

auch im Jahr 2019 als sehr erfreulich

und konstruktiv. Die Projektnehmerin

nahm an regelmäßigen Treffen - RTG (Runder

Tisch Gewaltenschutz) - teil. Insbesondere

bei thematisch relevanten Netzwerktreffen,

zur Umsetzung des ProstSchG, in Duisburg.

Am Internationalen Frauentag (IFT), hat die

Projektnehmerin zu einem Brunch eingeladen.

Insgesamt nahmen 4 Frauen an dieser

Veranstaltung teil.

Der Arbeitsbereich Frauen und Migration

war im Berichtsjahr gekennzeichnet durch

zeitintensive Beratungs- und Begleitungsarbeit.

Frauen und Kinder mit HIV/ Aids, die

seit mehr als 10 Jahren hier mit ihrer Familie

leben und wegen der fehlenden oder nicht

optimalen strukturellen HIV Behandlung in

ihren Herkunftsländern bislang ein Abschiebungshindernis

hatten, müssen das, mit aktuellen

Daten der HIV Versorgung aus dem

Herkunftsland, belegen. Durch professionelle

Unterstützung einer Rechtsanwaltkanzlei, die

das Mandat für eine Klage am Verwaltungsgericht

übernommen hat, konnte das Abschiebeverfahren

erstmal verhindert werden.

Im Jahr 2019 konnte durch die Projektnehmerin

in Duisburg und den Kreis Wesel die

Beratung / Begleitung von Frauen mit Migration

und HIV / Aids sichergestellt werden.

Die zielgruppenspezifische Prävention auf

dem Duisburger Straßenstrich konnte im Berichtsjahr

2019 -in Kooperation mit einer Kollegin

des Gesundheitsamtes der Stadt Duisburg

und einer Sprachmittlerin- regelmäßig

im 14-tägigen Rhythmus erfolgen.

Hier ist es wichtig, Sexarbeiterinnen die Möglichkeit

für individuelle Fragestellungen zu

geben. Thematisch geht es vor allem darum,

sich über sexuell übertragbare Krankheiten

zu informieren, Test- und Untersuchungsangebote

anzubieten. Gerade bei Drogengebrauchenden

Frauen, die der Beschaffungsprostitution

nachgehen, sind aufgrund der

HIV-Relevanz in dieser Population, Beratungs-

und Testangebote von großer Bedeutung.

In abendlichen Gesprächen während

der aufsuchenden Arbeit wird auf die verschiedenen

Möglichkeiten der Substitution

und entsprechende Beratungsangebote der

AIDS- Hilfe Duisburg/Kreis Wesel hingewiesen.

Ein mehrsprachiger Flyer, den wir insbesondere

neuen Frauen auf dem Straßenstrich

anbieten, weist auf HIV-Testmöglichkeiten,

STI-Untersuchungsangebote im Gesundheitsamt

hin. Gelegentlich werden auch konkrete

Termine vereinbart, die jedoch nicht immer

eingehalten werden.

Des Weiteren wurden insbesondere Flyer,

in verschiedenen Sprachen zur Anmeldeund

Beratungspflicht nach dem ProstSchG,

an Sexarbeiterinnen verteilt. Im Jahr 2019

konnten insgesamt 493 Sexarbeiterinnen erreicht

werden. Auf dem Straßenstrich in Duisburg

sind ca. 90% der Frauen Migrantinnen,

vor allem aus Osteuropa. Viele besitzen keine

Krankenversicherung und verfügen – wenn

überhaupt - nur über geringe Deutschkenntnisse.

Hier ist Sensibilität und Empathie in Bezug

auf unterschiedliche Kulturen und der allgemeinen

Lebenssituation der Frauen gefragt.

Sexarbeiterinnen sind eine multinationale,

heterogene und gesundheitlich gefährdete

Gruppe, die oft nur einen eingeschränkten

Zugang zum Gesundheitssystem haben. Die

STI-Prävention stößt somit an Grenzen, die

durch z.B. Lebensbedingungen, soziale und

wirtschaftliche Zwänge, Armut, Unwissenheit

über STI und Verhütungsmethoden gesetzt

werden.

Darüber hinaus gibt es wie bei vielen Menschen

eine Tendenz, medizinische Hilfe nur

bei akuten Beschwerden in Anspruch zu nehmen.

Ein kontinuierliches Beratungs- und

Untersuchungsangebot sollte auch aus diesem

Grund eine Grundvoraussetzung für die

STI-Prävention bei Sexarbeiterinnen sein.

Die regelmäßige aufsuchende Arbeit ermöglicht

einen langfristigen Beziehungsaufbau zu

den einzelnen Sexarbeiterinnen. Darüber hinaus

gewährleistet die Kontinuität, dass die

Projektarbeit den sich ändernden Verhältnissen

der Arbeit vor Ort angepasst wird. Hierbei

steht vor allem die Verbesserung der Arbeitssituation

der Frauen im Fokus. Beratungsund

medizinische Angebote werden durch

niedrigschwellige, arbeitsplatznahe und auf-


suchende Arbeit angeboten.

In der Adventszeit wurde in Kooperation mit

dem ÖGD Duisburg -wie jedes Jahr - eine

Weihnachtsaktion in den Bordellen/ Laufhäusern

und auf dem Straßenstrich in Duisburg

durchgeführt. Mit tatkräftiger Unterstützung

einer Sprachmittlerin, konnte die Projektnehmerin

in nächtlichen Aktionen insgesamt 182

Sexarbeiterinnen, mit Weihnachtsgeschenken

und Testangeboten zur Untersuchung

von STI´s, erreichen.

Die strukturelle HIV- und STI- Prävention für

Sexarbeiterinnen ist somit weiterhin unbedingt

erforderlich.

Welt-AIDS-Tag 2019 konnte auch das mit

dem XXelle-Standort Duisburg / Kreis Wesel

verbundene frauenspezifische Angebot und

die feste Ansprechpartnerin wieder öffentlichkeitswirksam

präsentiert werden.

Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit konnten

die Angebote auf den Internetportalen:

www.xxelle.nrw.de, www.xxelle.ruhrgebiet

und aufgrund einer kontinuierlichen Aktualisierung

der Termine auf unserer Homepage,

www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de ,

Frauen zugänglich gemacht werden.

Projektkritik

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass

die frauenspezifische Arbeit von XXelle Duisburg/

Kreis Wesel wieder kontinuierlich und

erfolgreich umgesetzt werden konnte. Besonders

hervorzuheben ist die Erhaltung der bestehenden

Vernetzungsstrukturen von XXelle

Ruhrgebiet und die Präsentation in der (Fach-

) Öffentlichkeit.

Mit Hilfe der personellen Ressourcen konnte

die Beratung und Begleitung von Frauen mit

HIV/ Aids sichergestellt und umgesetzt werden.

Aufgrund der komplexen Problemlagen

und sehr heterogenen Ausgangslagen der betroffenen

Frauen beansprucht die Beratungsund

Begleitungsarbeit die größten Zeitkapazitäten.

Dementsprechend sehen und setzen

wir hier auch die Priorität.

Nach Einführung der gesetzlichen Verpflichtungen

durch das ProstSchG, ist ein verstärkter

Rückzug von Sexarbeiterinnen sowohl auf

dem Straßenstrich und insbesondere in den

Laufhäusern der Vulkanstraße zu beobachten.

Der Standort XXelle Duisburg/ Kreis Wesel ist

ein wichtiger Teil der Ruhrgebietsvernetzung

und mittlerweile fester Bestandteil der Angebote

für Frauen mit HIV/Aids der AIDS-Hilfe

Duisburg/ Kreis Wesel e.V.

Auf der lokalen, regionalen und landesweiten

Ebene hat sich das etablierte Netzwerk hier

äußerst bewährt und hervorragende kollegiale

Unterstützung geleistet.

In einer Reihe von Veranstaltungen zum

75


5.6 Youthwork / Prävention in

der Allgemeinbevölkerung

Seit 1989 ist „Youthwork“ (HIV-/AIDS-Prävention

in sexualpädagogischem Kontext)

ein fester und wichtiger Bestandteil der Angebotspalette

der AIDS-Hilfe Duisburg /

Kreis Wesel e.V. Auch wenn das alte richtliniengestützte

Förderprogramm (1988 vom

damaligen MAGS NRW eingeführt, s. www.

youthwork-nrw.de ) im Zuge des Kommunalisierungsprozesses

seit 2009 grundsätzlich

nicht mehr landesgesteuert ist, so ist aufgrund

der unzweifelhaften Sinnhaftigkeit nicht

nur die Landesförderung erhalten geblieben,

sondern auch die kommunalen Ergänzungsfinanzierungen

(wenn auch gedeckelt und

nicht mehr auskömmlich, s.o.) – zumal auch

die „Sexualpädagogisch orientierte HIV-Primärprävention

für Kinder und Jugendliche in

Schulen und im außerschulischen Bereich“ zu

den kommunalen Pflichtaufgaben nach Öffentlichem

Gesundheitsdienstgesetz, ÖGDG §

12 (1) und dem Infektionsschutzgesetz, IfSG

§ 16, zählen.

Mit Hilfe einer zusätzlichen Förderung durch

das damalige MGEPA NRW konnte seit 2014

eine Relaunch der Marke „Youthwork“ entwickelt

werden, die seit 2016 online ist und

stetig weiterentwickelt wird. Das Motto „dein

leben. deine lust“ macht seither noch deutlicher,

um wen und was es bei „Youthwork“

geht - um junge und jugendliche Menschen

und ihre Lebenssituation. Die neuen Medien

bieten im Corporate Design neue Informations-

und Aktionsmöglichkeiten unter dem

bewährten Ansatz (s. www.youthwork-nrw.

de ). Im Berichtsjahr konnte ein weiterer

Meilenstein gesetzt werden, durch die Implementierung

einer Projektleiterstelle zur

Weiterentwicklung der „Perspektiven der Sexualpädagogik

mit dem Schwerpunkt HIV/

STI-Prävention in Nordrhein-Westfalen“. Diese

halbe Vollzeitstelle konnte nach einem

aufwendigen Prozess unter Beteiligung aller

relevanten Akteur*innen und Gremien der

kommunalen und Wohlfahrtsverbände eingerichtet

werden. Der Kollege, Lenny Streit,

ist seit dem 01.10.2019 aktiv und organisatorisch

in die Geschäftsstelle der AG Aidsprävention

in Köln eingebunden. Damit ist

ein großer Wunsch der Youthworker*innen in

NRW in Erfüllung gegangen und viel Engagement

–nicht zuletzt von unserem Youthworker,

Dietmar Heyde- belohnt worden.

Inhaltlich fußt die modernisierte

Youthwork-Kampagne ganz wesentlich auf

dem Landeskonzept „Weiterentwicklung der

HIV/AIDS-Prävention in Nordrhein-Westfalen.

Schwerpunkt Neuinfektionen minimieren“

(Juli 2013), welches den spezifischen

Arbeitsansatz auch sehr eindeutig untermauert:

„Jugendliche gehören bislang nicht zu den

besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen.

Da sie am Anfang ihrer sexuellen Aktivität

stehen, sind sie jedoch eine wichtige Zielgruppe

für die Primärprävention. Jugendliche

stehen vor der Herausforderung, zu Beginn

ihrer partnerschaftlich ausgerichteten Sexualität

sich sowohl mit Fragen der Verhütung

und des Schutzes vor sexuell übertragbaren

Infektionen als auch mit physischen und psychischen

Veränderungen auseinanderzusetzen.

Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt,

dass personalkommunikative Ansätze

in der Sexualaufklärung und Prävention diese

Lernprozesse besonders fördern und unterstützen.

Sie müssen jedoch frühzeitig einsetzen,

kontinuierlich weitergeführt werden und

sich an dem jeweiligen Entwicklungsstand,

der sexuellen Orientierung und den sozialen,

kulturellen und ethischen Hintergründen der

Jugendlichen ausrichten. (…)

Da andere sexuell übertragbare Infektionen,

insbesondere HPV, Syphilis, Tripper

und Chlamydien auch Jugendliche betreffen

und sich damit das Risiko einer HIV-Infektion

erhöht, müssen die Inhalte der HIV/

AIDS-Prävention und Sexualaufklärung mit

76


den Informationen zur Verhinderung der o.g.

Infektionen verknüpft werden. (…)

Die Angebote der Schule und der außerschulischen

Jugendarbeit werden durch HIV- und

STI-Präventionsmaßnahmen der AIDS-, Sexual-

und Jugendberatungsstellen unterstützt

und ergänzt. Notwendig sind kontinuierliche

und strukturierte Kooperationen und gemeinsame

Projekte zwischen AIDS-/STI- und Sexualberatungsstellen,

Jugendhilfe, Suchthilfe,

Schulen und anderen Bildungseinrichtungen

in öffentlicher und freier Trägerschaft.“

(Landeskonzept „Weiterentwicklung der HIV/

AIDS-Prävention in NRW“ vom Juli 2013; S. 21 f).

einzigen spezialisierten Anbieter. Daher sind

wir froh, wenn wir die Nachfragen zumindest

überwiegend bedienen können. Wir agieren

häufig in Kooperation mit Partnern von sexualpädagogischen

Angeboten, wie der pro familia

in Duisburg und der AWO im Kreis Wesel,

um Synergien erzielen zu können.

bietet HIV-/AIDSund

STI-Prävention in sexualpädagogischen Kontext

in verschiedenen Formen und im Kern für die

Zielgruppe jugendlicher Menschen sowie natürlich

für An- und Zugehörige sowie Fachkräfte in der

Jugendarbeit:

• Beratung (persönlich, telefonisch, online)

• Präventionsprojekte und -veranstaltungen

(im schulischen und außerschulischen Bereich)

• Aus-, Fort- und Weiterbildung für Multiplikator*innen

• Beratung von Fachkräften in sozialen, pädagogischen,

medizinischen Arbeitsfeldern

• Öffentlichkeitsarbeit

• Lokale, regionale und überregionale Kooperation,

Koordination, Vernetzung.

Diese wichtigen Aufgaben wurden in unserer

Region auch im Berichtsjahr 2019 ausschließlich

von den Youthworker*innen (leider haben

wir nur eine geförderte Stelle für ein sehr

großes Zuständigkeitsgebiet!) der AIDS-Hilfe

Duisburg / Kreis Wesel wahrgenommen,

nachdem sich der Kreis Wesel per Kreistagsbeschluss

seit April 2016 komplett aus diesem

Aufgabenfeld herausgezogen hat. In Duisburg

hat das Gesundheitsamt in den letzten

Jahren ebenfalls kein eigenes Angebot mehr

vorgehalten.

Seit einigen Jahren sind wir also auch hier die

Jugendliche sind per se eine besondere Zielgruppe

für den Auftrag der HIV- / STI-Prävention,

jedoch differenziert das besagte Landeskonzept

hier noch speziell: „Besonders zu

berücksichtigen sind männliche Jugendliche

im „coming out“, Jugendliche, die Drogen

konsumieren, und Jugendliche in schwierigen

sozialen Verhältnissen, da das Infektionsrisiko

in diesen Gruppen erhöht ist. Sie benötigen

einen niedrigschwelligen Zugang zu den

vorhandenen Angeboten der Information, Beratung

und Untersuchung“ (ebd., S. 22).

Der Landes-Arbeitsgemeinschaft AIDS-Prävention

unter Federführung des Referates

„Prävention, Sucht und HIV/AIDS“ als Gruppe

C in der Abteilung IV des Ministeriums für

Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS NRW)

(s. www.aids-nrw.de) gebührt ein großes

Kompliment für die Analyse und die daraus

resultierenden Handlungsempfehlungen. Diese

sind nach wie vor auf der Höhe der Zeit.

Und - aufmerksame Leser*innen unserer

Jahresberichte haben es längst bemerkt – sie

bestätigen unsere regionale Youthwork-Arbeit

und ihre Ansätze in eindrucksvoller Weise.

Zielgruppenspezifische Prävention ist unser

Geschäft!

77


Die Zielgruppenanalyse erklärt eben auch

die besondere Eignung des Youthwork-Angebotes

einer AIDS-Hilfe, die seit mehr als 30

Jahren Erfahrung in der strukturellen und vor

allem zielgruppenspezifischen Präventionsarbeit

besitzt. Darüber bringen wir spezifische

Kenntnisse und Feldkompetenzen in den Themenfeldern

der sexuellen Gesundheit, sexueller

Vielfalt, Drogengebrauch und diversen

Formen sozialer Benachteiligung bis hin zu

Stigmatisierungsproblematiken mit und können

jeweils flexibel auf Bedarfe in Gruppen

oder auf Einzelpersonen reagieren. Wie bei

allen Adressaten, so gilt auch - und vielleicht

besonders - für Jugendliche der didaktische

Grundsatz, dass (Präventions-) Angebote an

der jeweiligen Lebenswelt (akzeptierend) orientiert

werden sollten. „Die Berücksichtigung

von sozialen, ethnischen, kulturellen und geschlechtsspezifischen

Besonderheiten ist Voraussetzung,

um Jugendliche emotional und

kognitiv zu erreichen“ (Landeskonzept, a.a.O., S.

37). Darüber hinaus können Themen durchaus

auch in Präventionsveranstaltungen in

heterogenen Gruppen (wie Schulklassen) integriert

oder exponiert platziert werden. Die

Bedarfe werden jeweils in Planungsgesprächen

erhoben.

„Youthwork“ will „Appetit“ und / oder

„Heiß-Hunger“ machen auf präventive Kommunikation

über Liebe, Sexualität & Partnerschaft

– inklusive deren potentielle Risiken

und Nebenwirkungen. „Youthwork“ zielt auf

sexuelle Gesundheit und auf die Befähigung,

ein Schutzbedürfnis kommunizieren und

durchsetzen zu können.

Prävention im Kontext von Gesundheitsförderung

wirkt und ist zielführend im Hinblick

auf eine Verankerung von Präventionswissen

und die Stärkung der Handlungskompetenzen

für die individuelle Gesunderhaltung sowie

die Förderung eines nachhaltigen Schutzverhaltens

und dessen Implementierung im

persönlichen Lebensstil. Auch darüber erklärt

sich gewiss zu einem nicht unwesentlichen

Teil, dass Jugendliche in Deutschland und

auch in unserer Region tatsächlich nicht zu

den von HIV besonders riskierten Personengruppen

zählen.

Die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von

HIV-Prävention in sexualpädagogischem Kontext

mit dem vorrangigen Ziel der Vermeidung

von Primärinfektionen hat also nichts

an Bedeutung verloren – und dass sie wirkt,

beweisen nicht zuletzt die Infektions-Diagnose-Zahlen

und Inzidenzannahmen des RKI (s.

www.rki.de ) für das Jahr 2019, wonach die

Neuinfektionen (ca. 2.400) immerhin um ca.

4% im Vergleich zum Vorjahr gesunken sind.

Das sieht im Bereich einzelner anderer STI`s

(Gonokokken, Chlamydien et al.) leider ganz

anders aus.

Insofern ist die Berücksichtigung von anderen

sexuell übertragbaren Infektionen

auch und gerade für Jugendliche zunehmend

78


bedeutungsvoll, da sich nach RKI-Angaben

die Diagnosen insgesamt mehren. Auf die Erwähnung

wirklich belastbarer Daten für das

Berichtsjahr 2019 müssen wir zwar noch etwas

warten, aber die bisherigen Hinweise scheinen sich

einmal mehr zu verifizieren.

Sexualität und sexuell übertragbare Krankheiten

müssen eindeutig weiter enttabuisiert

werden. Darüber reden zu können ist eine

entscheidende Voraussetzung für Schutz und

Diagnostik. Hier kommt der schulischen Arbeit

eine besondere Bedeutung zu, denn über den

Rahmen der Schulpflicht kann es besser als in

weiteren Lebensphasen funktionieren, möglichst

viele Jugendliche die Erfahrung machen

zu lassen, dass dies gelingen kann. Dazu bedarf

es guter Unterrichtsprozesse, geschulter

Lehrkräfte (oder noch besser: sexualpädagogischer

Fachkräfte) und am besten gezielter

Projektformen in adäquaten Settings.

Bei Jugendlichen tragen die Schulen (gemäß

ihrem Auftrag, s. Richtlinien zur Sexualerziehung

in NRW vom 30.09.1999, BASS 15

– 04 Nr. 1) zudem entscheidend zur spezifischen

(Sach-) Informationsvermittlung bei.

Sie sollen damit allerdings nicht allein gelassen

werden. So wird ihnen über den –im Juli

2012- aktualisierten Runderlass zur „HIV/

AIDS-Aufklärung in den Schulen“ explizit

die „Zusammenarbeit mit außerschulischen

Einrichtungen und Fachkräften“ anempfohlen:

„Die Behandlung des Themas HIV und AIDS

legt eine enge Zusammenarbeit der Schule

mit den unteren Gesundheitsbehörden sowie

anderen außerschulischen Einrichtungen und

Fachkräften nahe. Hierzu zählen neben der

Ärzteschaft vor allem die bei den Kommunen,

AIDS-Hilfen und anderen freien Trägern

angesiedelten sog. Youth-Workerinnen und

Youth-Worker, die insbesondere sexualpädagogisch

orientierte HIV/AIDS-Aufklärung für

Jugendliche durchführen. Ihre Fachkompetenz

sollte sowohl in den Unterricht als auch

in Beratungs- und Entscheidungsprozesse

einbezogen werden.“ (aus: BASS, 18 – 12 Nr. 4;

RdErl. D. Kultusministeriums vom 01.07.1987, GABI.

NW. S. 416; geänderte Fassung vom 01.07.2012)

Wer HIV- und STI-Prävention ernst nimmt,

muss sich auch gegen Diskriminierung

und Stigmatisierung von Menschen mit

HIV und den von HIV besonders betroffenen

Gruppen –wie z.B. homosexuellen Jungs und

Männern- stark machen. Dies berücksichtigen

wir in unserer Youthwork-Arbeit –soweit

es die zeitlichen und personellen Möglichkeiten

zulassen – schon immer.

Eine wichtige Ergänzung in unserem Angebotsportfolio

ist unser ehrenamtliches Projekt

SCHLAU-Duisburg (s. 5.7.). Dieses konnte

im Berichtsjahr weiter stabilisiert werden

und über 2.000 Schüler*innen in zahlreichen

workshops erreichen. Es ist damit das erfolgreichste

SCHLAU-Projekt in NRW geworden.

Das Feedback von den Schulen ist klasse und

die Anfragen wachsen. Wir sind glücklich und

stolz darüber. Wir bedanken uns ganz herzlich

für das ehrenamtliche Engagement sowie

auch für die Unterstützung durch das Jugendamt

und den Jugendhilfeausschuss der

Stadt Duisburg.

Interessent*innen sind nach wie vor herzlich

willkommen (s. http://duisburg.schlau.nrw.

de oder über facebook: SCHLAU Duisburg).

Die Teamerweiterung im „Youthwork“ durch

die Sozialpädagogin, Hanife Kayadelen (seit

01.01.2019) war und ist ein Segen.

Damit konnten wir prinzipiell auch wieder

geschlechtsspezifische Angebote unterbreiten

und neue Projektformen `aus der Wiedervorlage´

holen und umsetzen, aber auch

hier sind die Kapazitäten für das Arbeitsfeld

„Youthwork“ immer noch begrenzt, da Frau

Kayadelen auch im Bereich der psychosozialen

Begleitung tätig ist. Für die Größe der

Region und die Anzahl der Schulen und Bildungsträger

ist dies einfach viel zu wenig.

Wir sind froh, wenn wir zumindest die meisten

Nachfragen bedienen können.

Als besonders wert- und sinnvoll erscheint

uns ein gemeinsames Wirken von Frau und

Mann im Bereich der Zielgruppe von geflüchteten

jungen Menschen. Hier haben wir allerdings

im Berichtsjahr deutlich weniger Anfragen

bekommen als in den Vorjahren. Wir

machen hier äußerst positive Erfahrungen in

sog. Integrationsmaßnahmen mit vorwiegend

79


männlichen Jugendlichen und jungen Männern,

die sich durch einen regelrechten „Bildungshunger“

und durch ein hervorragendes

Sozialverhalten auszeichnen.

Eine wirklich dankbare Aufgabe, die wir gerne

wahrnehmen und damit die Hoffnung verbinden,

wichtige Impulse zu gelingenden Integrationsprozessen

geben zu können.

Sexualpädagogische Stadt-Rallye

Die Sexualpädagogische Stadt-Rallye

wurde 2015 gemeinsam mit der pro familia

Duisburg und SchLAU Duisburg entwickelt.

Aufgrund der damaligen personellen Engpässe

bei SCHLAU Duisburg ersetzt seit

August 2017 Lebenslust – Beratung für

Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*Personen,

deren Freund_innen & Familie

den Workshop von SchLAU Duisburg.

Im Vordergrund der sexualpädagogischen

Stadt-Rallye steht die Präsentation der spezifischen

Beratungs- und Hilfe-Infrastruktur

Duisburgs. Mit der Rallye sollen die teilnehmenden

Schüler und Schülerinnen lernen,

diese im Bedarfsfall selbständig und eigenverantwortlich

aufzusuchen.

Darüber hinaus werden in den ca. 40 minütigen

Workshops, die die Schüler*innen

durchlaufen von Seiten der AIDS-Hilfe die

Ansteckungswege bei HIV und sexuell übertragbaren

Krankheiten sowie ein vorurteilsfreier

Umgang mit HIV-infizierten und an

AIDS erkrankten Menschen thematisiert. Lebenslust

e.V. bespricht mit den Teilnehmer*innen

die sexuelle Vielfalt und den Respekt vor

verschiedenen Lebens- und Liebesformen.

Pro familia Duisburg stellt die Angebote für

Jugendliche bezüglich Schwangerschaftskonflikt-

und Sexualberatung und die sexuellen

und reproduktiven Rechte Jugendlicher dar.

Die Erweiterung der Kommunikations- und

Alltagskompetenzen der Jugendlichen ist ein

weiterer Schwerpunkt der Rallye. So gilt es

auf dem Weg von der pro familia zur AIDS-Hilfe

Auskünfte, die thematisch passen, bei den

aktiv beteiligten Handelseinrichtungen in

Duisburg zu erfragen. Beispielsweise stellen

die Schüler*innen im Drogeriemarkt Fragen

zu Kondomen oder sie informieren sich in einer

Apotheke über die „Pille danach“.

Die Rückmeldebögen, welche die Lehrer*innen

im Anschluss an die Veranstaltung mit

den Schüler*innen ausfüllen, dokumentieren,

dass die Rallye die gesetzten Ziele erreicht. So

bestätigten beispielsweise die Teilnehmer*innen,

dass ihnen eine Kontaktaufnahme zu

den Beratungsstellen nach der Veranstaltung

in Zukunft leichter fallen würde.

2019 ließen sich in Kooperation mit der pro familia

Duisburg e.V. und Lebenslust e.V. 5 Termine

erfolgreich durchführen. Genutzt wurde

die Rallye in diesem Jahr in erster Linie von

den Duisburger Gesamtschulen. Durchschnittlich

nahmen 2019 an einer „Sexualpädagogischen

Stadt-Rallye“ 27 Schüler*innen im

Alter von 14-17 Jahren teil. Insgesamt ließen

sich mit diesem Projekt 129 Schüler*innen erreichen.

Das Projekt wurde auch 2019 mit den Mitteln

des „Aktionsprogrammes Kinder- und Jugendschutz“

der Stadt Duisburg gefördert.

Danke!

Terminmöglichkeiten und nähere Informationen

zur Sexualpädagogischen Stadtrallye finden

sich auf unserer Homepage (www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de

).

Um auch weitere Chancen auf Umsetzung

80


kreativer Projektformen zu erhalten, die wir

mit den vorhandenen Ressourcen für das

Regelangebot „Youthwork“ nicht vorhalten

könnten, ist die „Abteilung Youthwork“ der

AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel seit 2015

beim Jugendamt der Stadt Duisburg als freier

Träger der Kinder- und Jugendhilfe nach § 75

SGB VIII anerkannt.

Der niedrigschwellige, emanzipatorische

und akzeptanzorientierte Ansatz ist richtig.

Repressive Ansätze sind eindeutig kontraproduktiv.

Die besondere Akzeptanz dieses

Ansatzes wird uns auch vor Ort durch Rückmeldungen,

Resonanzen und Evaluationserfahrungen

zu unseren Veranstaltungen in

diesem Sektor (s. Abb. Veranstaltungsverteilung

nach Arbeitsfeldern) bestätigt.

und pflegen den fachlichen Austausch sowie

die stete Fort- und Weiterentwicklung über

eine jährliche dreitägige Fachfortbildung und

durch quartalsweise Treffen der Gruppen der

fünf Regierungsbezirke. Diese stellen jeweils

zwei Sprecher*innen für den sog. „Sprecherkreis

Youthwork“ ab, der den Kontakt mit

dem Ministerium (MAGS NRW) pflegt und die

Fachtagungen organisiert. Seit 2013 ist der

Youthworker der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis

Wesel, Dietmar Heyde, Mitglied dieses Sprecher*innenkreises.

Darüber hinaus ist Dietmar Heyde seit September

2017 als Vertreter ebendieses Sprecher*innenkreises

der Youthworker*innen

NRW vom Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege

in die AG Aidsprävention NRW

berufen.

Dem Rechnung tragend, gestalten wir unsere

HIV-Prävention in sexualpädagogischem

Kontext und zielen auf einen Dialog in offener

und angstfreier Atmosphäre und ohne pädagogischen

Zeigefinger.

„Youthwork NRW“ steht für wertorientierte,

altersgemäße und fachlich fundierte Präventionsarbeit

basierend auf dem Landeskonzept

des Gesundheitsministeriums NRW zur Minimierung

von HIV/STI-Infektionen und den

Standards für die Sexualaufklärung in Europa.

Dabei ist uns die Vernetzung und Kooperation

im Kontext von Sexualität und Gesundheit

mit professionell Tätigen und entsprechenden

Facheinrichtungen ein Anliegen.

Im Zusammenhang der immer noch schwelenden

Debatte zur Sexualpädagogik, die vor

allem durch sog. „besorgte Eltern“ befördert

wird, schließen wir uns dem Statement der

Gesellschaft für Sexualpädagogik ausdrücklich

an. Außerdem verweisen wir auf die Erklärung

des Bundesverbandes von pro famila

zum Recht auf Sexualaufklärung.

Nähere Informationen zum Youthwork-Angebot

finden sich auch auf der Internetseite

www.youthwork-nrw.de . Die ca. 60

Youthworker*innen in NRW sind gut vernetzt

Das landesweite Logo von Youthwork-NRW.

5.6.1 Veranstaltungsinhalte

In aller Regel werden personalkommunikative

Formen massenmedialen vorgezogen.

Das erfordert allerdings auch eine jeweilige

Reduktion auf zielgruppenadäquate und bedürfnisorientierte

Themenbereiche. Um diese

Reduktion pädagogisch verantwortungsvoll

vornehmen zu können, finden entsprechende

Vor- und Nachgespräche mit den Veranstaltungspartner*innen

statt.

Je nach Zielgruppe, Zugangsvoraussetzungen

und Rahmenbedingungen können u.a.

folgende Themenfelder behandelt werden:

• Medizinisch, biologische Grundlagen zu

HIV und AIDS und anderen STI`s (Virologie,

Immunologie, ...)

• Aktueller Forschungsstand und Therapieansätze

• Übertragungswege und –risiken

81


• Infektionsschutzmöglichkeiten

• Testverfahren und ihre Bedingungen

• Epidemiologische Entwicklung und daraus

resultierende Präventionserfordernisse

und –strategien

• Lebenssituation von Betroffenen und Anoder

Zugehörigen

• Umgang mit HIV-positiven oder/und an

AIDS erkrankten Menschen

• Vorurteile gegenüber sog. Hauptbetroffenengruppen

• Drogen- und Substitutionsproblematik

• HIV und AIDS als gesellschaftliches Phänomen

• Diskriminierungs- u. Stigmatisierungspotentiale

• Juristische und ethische Fragestellungen

• HIV in der Arbeitswelt

• Sekundärpräventive Aspekte für Menschen

mit HIV

• Liebe, Sexualität und Partnerschaft

• Sexuelle Bildung, sexuelle Gesundheit, sexuelle

Rechte

• LSBTI* Lebens- und Liebesformen (v.a.

über SCHLAU Duisburg)

• Geschlechterrollen und ihre Problematiken

• Normen, Werte und deren Wandel im Umfeld

der Sexualität

• u.a.m.

5.6.2 Schulische Prävention / Youthwork

Unsere Youthworkerin Hanife Kayadelen und unser

Youthworker Dietmar Heyde

HIV/AIDS- und STI-präventive Veranstaltungen

in sexualpädagogischem

Kontext wurden von der AIDS-Hilfe Duisburg

/ Kreis Wesel e.V. für Schülerinnen und Schüler

aller Regelschulformen sowie Kollegschulen

durchgeführt. In der Regel werden unsere

Angebote in den Jahrgängen ab der Klasse 9,

in einzelnen begründeten Ausnahmen auch in

jüngeren Jahrgängen platziert.

Form und Inhalte werden jeweils bedürfnisund

lebensweltorientiert konzipiert. Das Angebotsspektrum

reicht hier von Formen eines

„Expert*innengespräches“ im Rahmen

von Unterrichtsreihen vor unterschiedlichem

Fachhintergrund bis hin zu Projekttagen und

– wochen, die günstigenfalls außerhalb des

Schulrahmens durchgeführt werden.

Mit dem Berichtsjahr 2019 blicken wir im Bereich

„Youthwork / Prävention in der Allgemeinbevölkerung“

auf ein sehr aktives Jahr

mit leicht steigenden Nachfragen zurück.

Angesichts der Größe des Zuständigkeitsgebietes,

der wachsenden Bedarfe, der zunehmenden

Notwendigkeit, auch andere sexuell

übertragbare Krankheiten einzubeziehen und

der Einzigartigkeit des Youthwork-Angebotes

in der Region sind unsere Fachkraftressourcen

trotz der stabilen Einbeziehung von Frau

Kayadelen nach wie vor begrenzt. Zudem

stehen wir vor zunehmenden Finanzierungsschwierigkeiten,

weil die öffentliche Förderung

schon die Personalkosten des hauptamtlich

Beschäftigten längst nicht mehr abdecken

und wir schon lange immer mehr Eigenmittel

zur Refinanzierung der Sachkosten und derer

für die ehrenamtlich Tätigen einsetzen müssen.

Die Gewinnung von Projektfördermitteln

sowie die steigende Notwendigkeit, von den

Nachfragenden (Schulen et al.) Aufwandsentschädigungen

abzuverlangen, sind unerlässlich

geworden. Diese Maßnahmen erfordern

aber auch Zeit und Kapazitäten und senken

zudem die Niedrigschwelligkeit des Zugangs

und die Finanzierbarkeit des Angebotes für

die „Kunden“. Wenn die Zuwendungsgeber

(Land und Kommunen) weiterhin dieses wichtige

Angebot vorhalten wollen, wird hier eine

Nachbesserung unumgänglich werden!

Der von uns (mit-) initiierten Präventions-Vernetzung

in Duisburg kommt ebenfalls

besondere Bedeutung zu. Dabei geht es

uns vor allem darum, über Multiplikator*in-

82


nen eine kontinuierliche Präsenz der Präventionsthemen

in den Institutionen zu schaffen

und von `nur´ punktuellen Veranstaltungen

wegzukommen. Durch die Vernetzung und

die damit verbesserte Kooperation und Koordinierung

werden Synergieeffekte erzielt.

Durch begleitende Öffentlichkeitsarbeit wird für

die potentiellen Kunden mehr Transparenz zu den

Präventionsangeboten geschaffen und den Schülerinnen

und Schülern die Beratungseinrichtungen und

ihre Mitarbeiter* innen bekannt gemacht.

„Lernvoraussetzungsanalyse – und didaktische

Konsequenzen“

Wir konstatieren bei der Zielgruppe der Jugendlichen

weiterhin insbesondere Defizite

im Bereich von sprachlichen und kommunikativen

Kompetenzen im Feld von Liebe, Sexualität

und Partnerschaft. Ein Erklärungsansatz

mag in der intensiven Nutzung von virtuellen

Medien und den damit verbundenen spezifischen

Kommunikationsmustern zu finden sein

(die „Explosion“ im Bereich der sog. Sozialen

Netzwerke, …). Ein anderer Ansatz ist uralt,

nämlich dass auch heute der Eintritt in das

Abenteuer „Liebe, Sex und Partnerschaft“ immer

noch mit ganz viel Aufregung, Nervosität

und auch Ängsten und Sorgen verbunden ist,

trotz oder gerade wegen der vermeintlichen

Banalisierung der Thematik durch vielfältige

einschlägige Medien inkl. Pornographischer

Darstellungen, die den Jugendlichen vermeintliche

Realitäten und / oder Normalitäten

vorspiegeln. Hier ist einfühlsame Sexualpädagogik

gefordert.

In den Jahrgangsstufen bis zur 10. Klasse

erscheint uns zudem eine – zumindest phasenweise

und themenabhängige – geschlechtergetrennte

Bearbeitung sinnvoll. Hier müssen

einfach die nicht selten durchaus großen

Unterschiede im Reife- und Erfahrungsgrad

zwischen Mädchen und Jungen einer Jahrgangsstufe

Berücksichtigung finden. In Anwesenheit

des anderen Geschlechtes fällt es

manchmal schwerer, in offene und ehrliche

Kommunikationsprozesse hineinzufinden.

Erst recht, wenn die eigene Identitätsfindung

(Wer bin ich? Was mag ich? Was mag

ich nicht? …) noch in vollem Gange ist. Dennoch

sind angesichts der mehrheitlich heterosexuellen

Orientierungen Erfahrungen

gelingender Kommunikation zwischen den

Geschlechtern unentbehrlich und nicht zuletzt

besonders wichtig für die Verabredung von

Verhütungsmethoden und für die Durchsetzung

individueller Schutzbedürfnisse. Aufgrund unserer

schmalen personellen Besetzung (in der Regel sind

wir „Einzelkämpfer*innen“, weil es für die gesamte

Region nur eine Youthworker-Stelle gibt, können

wir diese Trennungsphasen allerdings in aller Regel

leider auch nicht bedienen und sind an dieser Stelle

auf die Mitwirkung der Lehrenden in den Projekten

angewiesen. Dies ist aber eine suboptimale Situation,

da die Lehrenden nicht selten in einen Rollenkonflikt

geraten können, da sie in ihrer „Hauptrolle“

am nächsten Tag wieder zensieren müssen und so

eine professionelle Distanz wahren müssen.

Nach unserer Auffassung sind hierzu die Informations-

und Vermittlungsmethoden und

der Zeitpunkt der thematischen Auseinandersetzung

von entscheidender Bedeutung. Die

Erkenntnis ist nicht neu, dass HIV/AIDS-Prävention

mit Jugendlichen im Kontext von

Sexualpädagogik anzusiedeln ist, dass personalkommunikative

Methoden, d.h. „Veranstaltungen

von Mensch zu Mensch“, die an

der Lebenswelt der Schüler*innen orientiert

und hinsichtlich der ersten Erfahrungen zeitnah

zu platzieren sind, massenmedialen oder

eindimensionalen Vermittlungsformen vorzuziehen

sind, bzw. diese unbedingt ergänzen

sollten (vgl. Landespräventionskonzept o.).

83


Verstärkt wird der Trend zu problematischer

bzw. nicht erfolgreicher Face-to-face-Kommunikation

durch die rasante Nutzung der

neuen Medien zur Kontaktanbahnung oder

für Verabredungen. Die anfängliche Anonymität

wird einerseits sehr geschätzt, aber

andererseits immer wieder mal missbraucht.

Der Ansatz, kommunikative Kompetenzen zu

fördern, wird aus unserer Sicht immer wichtiger

(vgl. o.).

Mit diesem spezifischen Ansatz platzieren wir

unsere Veranstaltungen in der Regel frühestens

ab der Jahrgangsstufe 9. In den letzten

Jahren kommen wir allerdings immer häufiger

aus Veranstaltungen aus dieser Altersgruppe

mit dem Eindruck, es sei möglicherweise

für einige SuS eigentlich zu früh, sie

schon in die Auseinandersetzung mit den

„Risiken und Nebenwirkungen“ der Sexualität

zu „schubsen“. Dies gilt insbesondere für

einen größeren Teil der Jungen. Grundsätzlich

wäre angesichts der entwicklungspsychologischen

Unterschiede ein jahrgangsstufenübergreifendes

Agieren wünschenswert. Es lohnt

sich, darüber mit den schulpolitischen Entscheidungsträger*innen

in den Austausch zu

treten. An einigen Modellschulen laufen dazu

auch schon vielversprechende Ansätze.

Es bleibt dabei, Emanzipation, Selbstbewusstsein

und –bestimmung mit sozialer

Verantwortung und solidarischem Handeln in

Einklang zu bringen, ist eine zentrale Aufgabe

von Erziehung, (Aus-) Bildung und Präventionsarbeit.

Prävention in Zahlen:

Durch Veranstaltungen im Sektor Youthwork

und Präventionsveranstaltungen in der Allgemeinbevölkerung

konnten wir im Berichtsjahr

2019 4,125 Personen mit personalkommunikativen

Formen erreichen, davon 224 sog.

Multiplikator*innen (Lehrkräfte und sonstige

Pädagog*innen sowie ehrenamtliche Mitarbeiter*innen).

Allein im schulischen Bereich

(-> Youthwork-Angebote) erreichten wir in

zehn Schulen des Kreises Wesel und acht

Schulen der Stadt Duisburg 1.846 Jugendliche

aus allen Schulformen, 394 in außerschulischen

Zusammenhängen wie offener

Jugendarbeit u.a. und 1.885 Jugendliche

im Rahmen von personalkommunikativen

Formen bei Großveranstaltungen (wie z.B.

bei Veranstaltungen zum Welt-AIDS-Tag).

28,8 % der jungen Menschen kamen aus dem

Alterssegment zwischen 14 und 17 Jahren,

25 % der Jugendlichen hatten einen Migrationshintergrund

(s. auch Controlling-Daten

für 2019 im Anhang).

5.6.3 (Präventions-) Veranstaltungen

für Jugendliche und Multiplikator*innen

Leicht gestiegen war in diesem Berichtszeitraum

die Nachfrage nach Präventionsberatungen

von Schüler*innen, die für Fach- oder

Projektarbeiten unseren Rat suchten. Gleiches

gilt für die Zahl der studentischen Nachfragen

für Referate.

Aus dem Bereich berufsbildender Einrichtungen

(z.B. Berufskollegs, insbesondere der

Sektor der sog. Berufsgrundschuljahre) gab

es im Berichtsjahr nur einzelne Anfragen zu

vermerken. Ein voller Erfolg in diesem Segment

war allerdings der „Tag der Beratung“

am Berufskolleg in Wesel, wo wir über 380

Schüler*innen mit interaktiven Beratungsformen

erreichen konnten. Hier finden wir in

der Regel wichtige Zielgruppen; Jugendliche

im Alter zwischen 16 und 25 Jahren, die oftmals

problembehaftete Sozialisationen und

einen geringen Grad an Aufklärungsniveau

(z.T. auch migrationsbedingt) aufweisen. Eindeutig

rückläufig ist leider die Nachfrage von

Bildungsträgern, die Integrationsmaßnahmen

für junge Geflüchtete anbieten. Günstiger

Weise konnten wir in diesen Gruppen in der Regel

mit Deutsch und Englisch sehr gut in den Dialog

kommen.

Bis auf einzelne Ausnahmen – vorwiegend im

Zusammenhang mit schulischen Projekttagen

und im Umfeld des Welt-AIDS-Tages – sind

direkte Kooperationen mit Einrichtungen der

84


offenen Jugendarbeit eher selten. Dass wir

hier allerdings auch keine Offensiven starten

konnten, hat unsererseits einfach mit Kapazitätsgrenzen

zu tun.

5.6.4 Multiplikator*innen- und Erwachsenenbildung

Die Bereitschaft der AIDS-Hilfe Duisburg /

Kreis Wesel e.V., viel in die Aus- und Weiterbildung

ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen

zu investieren ist nach wie vor sehr hoch.

Besonders erfreulich war im Berichtsjahr zu

verzeichnen, dass wir wieder zwei HIV-positive

Ehrenamtler für die Youthwork-Arbeit und

vor allem für die Arbeit in den Krankenpflegeschulen

gewinnen konnten.

Insgesamt aber ist der Andrang sehr überschaubar.

Und das nicht nur bei uns, sondern

auch bei unseren Nachbar-AIDS-Hilfen. Daher

konnten wir auch in diesem Jahr keine

vernetzte Grundlagenausbildung anbieten.

Es spricht weiterhin vieles dafür, ehrenamtliche

Ressourcen gerade auch im Bereich der

(Primär-) Präventionsarbeit weiter zu mobilisieren

und zu qualifizieren, z.B. für den

peer-to-peer-Ansatz. Die aktiven Ehrenamtler*innen

sind eine wichtige Ressource und

die wichtigsten Multiplikator*innen. Sie zu

akquirieren, zu qualifizieren und ihre Einsätze

zu koordinieren erfordert aber hauptamtliche

Ressourcen, die zu wenig vorhanden sind.

Auch muss dies von zuwendenden staatlichen

Strukturen so erkannt, gewollt und dann

auch gefördert werden – und darf sich nicht

auf „Sonntagsreden“ über die Bedeutung des

freiwilligen Engagements beschränken.

Eine weitere ganz wichtige Gruppe von potentiellen

Multiplikator*innen sind in diesem

Präventionsfeld natürlich die Lehrenden und

/ oder sozialarbeiterisch Tätigen in schulischen

und außerschulischen Einrichtungen.

Die Anfragen nach Lehrerfortbildungen im

Hinblick auf und im Vorfeld von Projektformen

stagnieren auf sehr niedrigem Niveau.

Dies hat unter anderem mit den vielfältigen

Veränderungen im Schulbereich mit erheblichen

Zusatzbelastungen für die Lehrkräfte zu

tun. Fortbildungen, die mit Unterrichtsausfall

verbunden sind, sind nicht leicht zu installieren.

Dies hat auch damit zu tun, dass wir

überwiegend bei z.T. schon sehr lange etablierten

Projekten agieren und hier nicht mehr

viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Darüber

hinaus wirkt hier in sehr positivem Sinne

die alljährliche Fachtagung des AK Prävention

Duisburg in genau diese Richtung (s.u.). Natürlich

wäre eine Ausweitung des Angebotes

wünschenswert, aber wir sind nach wie vor

froh, wenn wir mit unseren begrenzten Ressourcen

die Nachfragen weitestgehend bedienen

können.

Das Themenspektrum reicht hier von der Präsentation

des aktuellen Wissensstandes zu

HIV und AIDS über die epidemiologische Entwicklung

und daraus resultierende Präventionskonsequenzen

und –strategien bis hin zu

Aspekten spezieller Fortbildung im Feld der

Kommunikation, wie Gesprächsführung und

Moderation.

Ein zentrales Anliegen ist es, die Präventionsthemen

und die damit verbundenen Ziele

an Schulen und in außerschulischen (Jugend-)

Einrichtungen möglichst ganzjährig

zu platzieren. Geschulte Pädagog*innen, Erzieher*innen

oder Sozialarbeiter*innen und

–pädagog*innen sollten diese repräsentieren,

zumindest mit Verweisungskompetenzen

ausgestattet sein und als Ansprechpartner*innen

für die Jugendlichen bekannt sein

/ werden.

Auch für das Berichtsjahr 2019 hat der AK

Prävention Duisburg wieder eine Fachtagung

für Multiplikator*innen angeboten. Am

21. Mai beteiligten sich über 50 Teilnehmende

an der 18. Fachtagung mit dem Schwerpunktthema

„Youth Wide Web – Fluch oder

Segen?“ deren Planung unter Federführung

unserer AIDS-Koordinatorin des Gesundheitsamtes

der Stadt Duisburg, Frau Martina Jungeblodt

wieder wunderbar und diesmal in den

Räumen des Aus- und Fortbildungsinstitutes

der Stadt Duisburg mitten in der City über

die Bühne ging. Gute Arbeit, Frau Jungeblodt

– Danke!

85


Neben inhaltlichen Anregungen und methodischen

Zugangsformen dient die Fachtagung

immer auch dem Ziel, die Präventionsinfrastruktur

in Duisburg kennen lernen zu können.

5.6.5 Berufsspezifische Erwachsenenbildung

Hier sind im Wesentlichen Fortbildungsveranstaltungen

in Gesundheits- und Krankenpflegeschulen,

bei sonstigen Pflegeanbietern

und im medizinischen Versorgungssystem

verortet. Insbesondere bei den Krankenpflegeschulen

unserer Region verzeichnen

wir sehr stabile und weiter steigende Nachfragen

und hocherfreuliche Rückmeldungen.

Insbesondere wird geschätzt, dass wir von

der medizinischen Seite bis zu den Tiefen im

psychosozialen Bereich die ganze Bandbreite

des komplexen Themenfeldes rund um das

Phänomen „HIV / AIDS und andere sexuell

übertragbare Infektionen“ abdecken können.

Nicht zuletzt auch in diesem Tätigkeitsfeld

bewährt sich das „3-Säulen-Modell AIDS-Hilfe“

mit der Verbindung von Selbsthilfe-, Interessen-

und Fachverband sowie der Ansatz

der Strukturellen Prävention immer wieder

aufs Neue.

Vereinzelt tauchen auch –wieder- Anfragen

aus dem Bereich der Altenpflegeseminare

auf, was uns sehr erfreut, weil es doch zeigt,

dass immer mehr Menschen mit HIV auch

hier in Erscheinung treten, da sie immer größere

Chancen auf ein Älterwerden haben.

Abb.: Veranstaltungsverteilung nach Arbeitsfeldern 2019

86


5.6.6 Sonstige Aufgaben und Tätigkeiten

Anzuführen sind hier für den Stelleninhaber:

• Beteiligung an der Grundlagenausbildung für Ehrenamtler*innen inhouse

• Präventionsvernetzungsarbeit im Kreis Wesel und Duisburg

• Vertretung der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. bei den NRW-Youthworker-Arbeitskreisen

und dem Youthwork-Qualitätszirkel sowie im Sprecherkreis der

NRW Youthworker*innen

• Vertretung des Youthwork-NRW-Projektes in der AG Aidsprävention NRW

• Evaluation und Qualitätssicherung – Fortführung des Verfahrens beim

Youthwork-Förderprogramm-Controlling MGEPA, NRW – seit 2013 der landesweiten

Datenerhebung über die AG Aidsprävention

• Beratung / Informationen für Zeitungs- TV- und Radio-Redaktionen sowie für politische

Entscheidungsträger

• Koordinierung von haupt- und ehrenamtlichen Einsätzen bei Informations- und

Präventionsprojekten

• Einarbeitung in und Bereitstellung von Materialien für Lehrende und Multiplikator*innen

• Beratung von pädagogischen Fachkräften bzgl. der Unterrichts- oder Projektgestaltung

zum Thema HIV / AIDS und anderer STI`s

• Telefonische und persönliche Informations- und Beratungsgespräche

• E-mail Beratung

• Unterstützung von Jugendvertretungs- und Schülerzeitungsredakteur*innen

• Geschäftsführung

• u.a.m. (Vgl. 4. Öffentlichkeitsarbeit)

87


5.7 SCHLAU Duisburg

Der Unterstrich (auch als GenderGap bezeichnet)

schafft einen Raum für alle sozialen und geschlechtlichen

Identitäten, die sich nicht in die Dichotomie von

weiblich und männlich einordnen

wollen und /oder können.

Seit 2013 ist die AIDS-Hilfe Duisburg Kreis

Wesel e.V. Träger des ehrenamtlichen Projektes

SCHLAU. SCHLAU steht für Schwul Lesbisch

Bi Inter Trans* Aufklärung durch welche

nachhaltige Antidiskriminierung in Duisburg

(und im Kreis Wesel) erreicht werden soll.

Beschreibung

Mittels pädagogischer Methoden und evaluierter

Konzepte führt SCHLAU niedrigschwellig

und unaufgeregt in die Themengebiete

ein. Dabei wird über Lebenswirklichkeiten

und Biografien, das eigene Coming-Out, Diskriminierungserfahrungen

und Rollenbilder

gesprochen. Vorurteile und Klischees können

so wirkungsvoll abgebaut werden und

SCHLAU leistet damit einen grundlegenden

Beitrag zu nachhaltiger Antidiskriminierung,

effektiver Gewaltprävention und demokratischer

Menschenrechtsbildung. Denn die Vision

von SCHLAU ist eine Gesellschaft, in der

alle Menschen ohne Angst verschieden sein

können.

Im Zentrum von SCHLAU steht die Begegnung

zwischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen

mit Lesben, Schwulen, Bi-, Intersexuellen

und Trans*. Die dahinterstehende Idee

ist, dass Vorurteile und Klischees durch die

direkte Begegnung wirkungsvoll hinterfragt

und abgebaut werden können. Wir möchten

die Jugendlichen mit Lesben, Schwulen, Bi-,

Intersexuellen und Trans* ins Gespräch bringen:

„Damit nicht mehr über uns geredet

wird, sondern mit uns!“

Denn noch immer zeigen Studien in trauriger

Regelmäßigkeit, dass Homo- und Transphobie

feste Bestandteile in Klassenräumen,

Freizeiteinrichtungen und auf Schulhöfen

sind. Manchmal entsteht so ein Klima gegenseitiger

Feindseligkeit, unter dem nicht nur

homo- und bisexuelle sowie inter- und transgeschlechtliche

Jugendliche leiden, sondern

das alle betrifft. SCHLAU-Workshops thematisieren

diese Diskriminierungsmechanismen,

geben authentische Einblicke in gleichgeschlechtliche

Lebensweisen und vermitteln

Akzeptanz gegenüber der Vielfalt menschlicher

Lebensentwürfe.

Kooperation mit dem Träger

SCHLAU Duisburg agiert weitgehend eigenständig,

bedarf aber eines Trägers. Die

AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. stellt

sich dazu gerne zur Verfügung. SCHLAU erhält

administrative Unterstützung sowie

Sach-Unterstützung, z.B. einen Arbeitsplatz,

Zugriff auf Materialien und im Rahmen der

Möglichkeiten personelle Unterstützung durch

die AIDS-Hilfe Mitarbeiter_innen. Die Zusammenarbeit

und das Verhältnis der beiden Institutionen

werden durch eine Kooperationsvereinbarung

geregelt.

Einsätze

Im Jahr 2019 konnten die ehrenamtliche

Teamer_innen von SCHLAU Duisburg über

2070 Schüler_innen in 86 Workshops erreichen.

Neben den Workshops haben die Teamer_innen

an Infoständen wie beispielweise beim

CSD in Duisburg über die Arbeit von SCHLAU

sowie über Homo,- und Transphobie aufgeklärt.

Vernetzung

SCHLAU Duisburg ist Teil des landesweiten

Netzwerkes SCHLAU NRW, getragen vom

Schwulen Netzwerk NRW e.V. Die Landesstruktur

steht im Kontakt zur Landespolitik

und den fördernden Ministerien. Schulungen

und Dokumentation zählen zu den dortigen

Aufgaben, wie auch die bundesweite Vernetzung.

88


89


6. SELF Duisburg / Kreis Wesel

Ambulant Betreutes Wohnen SELF

Duisburg / Kreis Wesel:

Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.

hat mit dem Ambulant Betreuten Wohnen ihr

Angebot um eine weitere Begleitungs- und

Unterstützungsmöglichkeit ausgebaut. Dies

wurde durch Fördermittel der Aktion Mensch

möglich.

Die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung mit

dem zuständigen überörtlichen Leistungsträger

– dem Landschaftsverband Rheinland

(LVR) – trat zum 01.11.2018 in Kraft.

Seit Anfang des Jahres 2019 betreut SELF

Duisburg / Kreis Wesel nun Menschen mit

einer Sucht- und/ oder psychischen Erkrankung

und hilft ihnen bei der Bewältigung

ihres Alltages im eigenen Wohnraum.

Als AIDS-Hilfe liegt unser Schwerpunkt in der

Betreuung von Personen mit einer HIV-Infektion

/ AIDS-Erkrankung und / oder einer

chronischen Hepatitis C. Durch unsere Zielgruppenähe

sind auch LGBTIQ* bei uns gut

aufgehoben.

Seit Beginn verzeichnet SELF eine hohe Anfrage.

Zumeist melden sich Kooperationspartner*innen

oder andere vermittelnde Stellen.

Aber auch die Klient*innen selbst nehmen

Kontakt zu unserem Angebot auf und wünschen

sich eine Betreuung im Rahmen der

Eingliederungshilfe.

Im Berichtsjahr 2019 konnten wir insgesamt

25 Personen erreichen, 11 Klient*innen mündeten

schließlich in eine Betreuung. Für 14

Anfragende wurden andere Beratungs- oder

Betreuungsangebote gefunden, da sie weitergehende

Hilfestellungen benötigten. Diese

Stellen sind u.a. das Gesundheitsamt und die

Betreuungsstelle, BeWo-Anbieter für die Zielgruppe

der körperlich und geistig behinderten

Menschen, Anlaufstellen der Wohnungslosenhilfe,

der Fachbereich ‚Begleitung und Beratung‘

der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel

oder stationäre Settings und Fachkliniken.

Von den 11 betreuten Personen sind 7 männlichen

und 4 weiblichen Geschlechts. Bezüglich

unserer speziellen Zielgruppe ist zu konstatieren,

dass 2 Klient*innen eine HIV-Infektion

90


und 2 eine Hepatitis C-Infektion mit chronischem

Verlauf aufweisen. Bei 2 weiteren Klient*innen

sind nach einer HEP C-Kombinationstherapie

keine Viren mehr festzustellen,

sodass sie als geheilt gelten. 2 Klient*innen

gehören zum Personenkreis der LGBTIQ*.

10 Klient*innen leben in einer Wohnung im

Duisburger Stadtgebiet. Für einen Klienten

aus dem Kreis Wesel wurde ein Antrag auf

Sondergenehmigung gestellt, da er aufgrund

seiner Erkrankungen zur originären Zielgruppe

der AIDS-Hilfe gehört und den Wunsch

geäußert hatte, durch SELF Duisburg / Kreis

Wesel betreut zu werden.

Die Betreuten weisen entweder eine chronische

psychische Erkrankung, eine Suchtmittelabhängigkeit

oder eine Komorbidität

(Sucht- und [mind.] eine weitere psychische

Erkrankung) auf. Die sog. weiteren Erkrankungen

sind u.a. Depressionen, Persönlichkeitsstörungen

– auch des Borderline-Typs,

Psychosen oder Angst- und Zwangsstörungen.

Die Altersspanne der Klient*innenschaft erstreckte

sich von 23 Jahren bis 58 Jahren.

Das Durchschnittsalter lag bei 43,6 Jahren.

Das sich erhöhende Alter unserer Zielgruppe

besteht kongruent zur Gesamtbevölkerung.

Die Betreuten werden älter und weisen dadurch

einen langfristigen Unterstützungsbedarf

auf. Ein Großteil der Klient*innen wird

auch zukünftig ihren Alltag in der eigenen

Wohnung nicht ohne Eingliederungshilfe (und

in manchen Fälle zusätzlicher Pflege) bewältigen

können.

Unsere Klientel weist eine Vielschichtigkeit

an Problemlagen auf, die eine individuelle

Hilfeplanung und Betreuungsarbeit

notwendig machen. Der Unterstützungsbedarf

erstreckt sich über sämtliche Lebensbereiche,

wobei erkennbar ist, dass

die Sicherung des Wohnraumes und der

Zugang zu medizinischen Hilfen im vergangen

Jahr einen Schwerpunkt darstellten.

Dies ist unter anderem darin begründet,

dass die meisten Klient*innen neu in

das Angebot eingemündet sind bzw. das

Ambulant Betreute Wohnen nach längerer

Pause wieder aufgenommen wurde.

Themenbereiche wie Freizeitgestaltung,

Tagesstrukturierung oder die Aufnahme neuer

Sozialkontakte benennen die Betreuten

häufig als Ziele, denen sie sich erst zuwenden

möchten oder können, wenn die akuten

Problemlagen überwunden sind.

Durch die wachsende Zahl an Betreuungen ist

es uns bereits möglich, eigene BeWo-Gruppenangebote

bereitzustellen. Dies sind derzeit

offene Treffs sowie Spielenachmittage.

Im kommenden Jahr sollen diese Aktivitäten

weiter ausgebaut werden. Auch Ausflüge und

Begleitungen im Rahmen der weiteren Freizeitgestaltung

wurden im vergangenen Jahr

genutzt, z.B. zu Ausstellungen, Aktionstagen,

Festen und anderen Veranstaltungen.

Aufgrund der hohen Nachfrage an Betreuungsleistungen

konnte bereits in der zwei-

91


Zufriedenheit der Betreuten in den Bereichen

Erreichbarkeit, Betreuungsinhalte, organisatorische

Rahmenbedingungen, Vertrauen

zur Bezugsbetreuung sowie in der Fach- und

Beratungskompetenz. Insgesamt gaben die

Teilnehmenden an, durch die Unterstützung

des Ambulant Betreuten Wohnens ihren Alltag

besser bewältigen zu können und eine

Erleichterung wahrzunehmen. Neben den

(positiven) Rückmeldungen zur persönlichen

Bezugsbetreuung wurden Wünsche nach dem

Ausbau von Gruppenangeboten und Freizeitaktivitäten

angegeben; diese sind konkret

eine Kochgruppe, eine Kreativwerkstatt und

Ausflüge in der Region. Wichtig ist uns bei der

Umsetzung, dass die betreuten Personen an

der Planung und Durchführung der Veranstaltungen

beteiligt werden und bestimmte Aufgaben

selbständig übernehmen.

Bundesteilhabegesetz:

Das Jahr 2019 stand für die Eingliederungshilfe

ganz im Zeichen der Vorbereitung auf die

Reformstufe III des Bundesteilhabegesetztes

(BTHG), dass zum 01.01.2020 in Kraft getreten

ist. Neben fachlichen Veränderungen,

die die Gesetzesnovellierung mit sich bringt,

mussten auch strukturelle und organisatorische

Inhalte an die neuen Rahmenbedingungen

angepasst werden. Der Themenkomplex

wurde darüber hinaus auch fortlaufend in

Gremien und Arbeitskreisen behandelt. Ferner

stand die Einarbeitung in das neue Bedarfsermittlungsinstrument

(BEI_NRW) im

Vordergrund.

ten Jahreshälfte eine zweite Fachkraft für das

Ambulant Betreute Wohnen eingestellt werden.

Uns erreichen bis dato stetig Anfragen

von vermittelnden Stellen oder von Interessierten

selbst, sodass wir für das Jahr 2020

von einer ähnlichen Auslastung des Angebotes

ausgehen.

Im Rahmen der Qualitätssicherung führte

SELF Duisburg / Kreis Wesel im IV. Quartal

2019 eine Nutzer*innenbefragung durch. Neben

Fragen zur Beurteilung des Angebotes

wurden die Klient*innen ebenfalls aufgefordert,

Wünsche und Verbesserungsvorschläge

zu äußern. Die Auswertung ergab eine hohe

92


Kooperation:

Ein wichtiger Bestandteil der erfolgreichen

Arbeit stellt die Kooperation mit anderen

Diensten dar. Diese konnten weiter ausgebaut

und die bereits bestehenden gefestigt

werden. Durch die Bekanntmachung unseres

Angebotes in lokalen Medien sowie in Gremien

und auf unserer Homepage konnten wir

neue Kooperationspartner gewinnen, die für

die Arbeit mit den Betreuten von hohem Stellenwert

sind. Diese sind zum einen städtische

Einrichtungen, aber auch andere Beratungsstellen

und Dienstleistungen, wie z.B. Pflegedienste

oder Haushaltshilfen.

SELF Duisburg / Kreis Wesel ist aktives Mitglied

in folgenden Arbeitskreisen und Zusammenschlüssen:

Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft

(PSAG) der Stadt Duisburg und

des Kreises Wesel, Trägerkonferenz der Behindertenhilfe

Duisburg, Regionalkonferenz

Duisburg des Landschaftsverbandes Rheinland,

Facharbeitskreis Wohnen für Menschen

mit Behinderung des Paritätischen NRW sowie

der Arbeitskreis Ambulant Betreutes Wohnen

des Landesverbandes Aidshilfe NRW.

Ausblick:

Da die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel eine

stetige Nachfrage an Betreuungsleistungen

im Rahmen des Ambulant Betreuten Wohnens

verzeichnet, gehen wir davon aus, dass sich

auch im Jahr 2020 das Angebot weiter etablieren

wird. Hierzu gehören neben der Erhöhung

der Betreuungsplätze auch die Erweiterung

der Gruppen- und Freizeitangebote.

93


Ehrenamtliche

Mitarbeit

7. Ehrenamtliche Mitarbeit

Im Berichtsjahr waren regelmäßig etwa 20

Personen ehrenamtlich für die AIDS-Hilfe tätig.

Punktuell, wie zum Beispiel im Rahmen

der CSD-Saison oder beim WAT beteiligen

sich weitere interessierte Menschen an unserer

Arbeit und unterstützen uns tatkräftig.

Das ehrenamtliche Engagement ist für das

Angebot der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel

e. V. weiterhin überaus wichtig. Ohne die

freiwilligen Mitarbeiter*innen könnten wir unser

umfangreiches Angebot nicht aufrechterhalten.

Daher an dieser Stelle unser großer

Dank für den unermüdlichen Einsatz und die

vielen unentgeltlich geleisteten Stunden des

freiwilligen Engagements – auch im Jahre

2019 wieder über 3.000 Stunden!

Die AIDS-Hilfe bietet vielfältige Aufgabengebiete,

in denen sich die ehrenamtlichen

Mitarbeiter*innen engagieren können. Diese

umfassen die Begleitungsarbeit, Präventions-

und Öffentlichkeitsarbeit, Herzenslust,

SCHLAU Duisburg, Telefon- und E-Mail-Beratung,

Chat-Beratung, die Prävention im Bereich

HIV & Drogen, die beratende Begleitung

von HIV-Selbsttests Vorstandsarbeit,

Mittwochs-Café, das JES-Frühstück und die

Weihnachtsfeier. Einige ehrenamtliche Mitarbeiter*innen

arbeiten in mehreren Bereichen,

andere haben sich spezielle Aufgabengebiete

gesucht, so zum Beispiel das JES-Frühstück.

Wir bieten unseren ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen:

• Kostenlose Qualifizierung, Fort- und

Weiterbildung,

• Spannende Themenfelder,

• Aktive Mitgestaltung der Weiterentwicklung

der AIDS-Hilfe,

• Teamwork, soziale Kontakte, qualifizierte

Ansprechpartner,

• Fahrtkostenerstattung,

• Unfall- und Haftpflichtversicherungsschutz,

• Umfang und Dauer der ehrenamtlichen

Tätigkeit ist frei wählbar!

Die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen sind

oder waren in den unterschiedlichsten Berufen

aktiv, sind HIV-negativ oder HIV-positiv

und setzen sich aus Frauen, Männern und

nicht-CIS- Menschen aus allen sozialen Lebensbereichen

zusammen. Dies bedeutet für

die Arbeit der AIDS-Hilfe einen enormen Erfahrungsschatz,

der in unsere Arbeit mit einfließt.

Eine Möglichkeit des Austausches bietet weiterhin

unser Mittwochs-Café (siehe auch

94


Punkt 3.5). Hier ist der zentrale Anlaufpunkt,

um sich mit Betroffenen zu treffen oder sich

untereinander oder mit den hauptamtlich Tätigen

auszutauschen.

Mit unserem traditionellen Dezember-Aktiventreffen

dankte die AIDS-Hilfe den ehrenamtlich

Mitarbeitenden. Zu einem leckeren

Buffet richtete das hauptamtliche Team den

Gruppenraum gemütlich her. In stilvoller Atmosphäre

und geselliger Runde fand in unserem

Café der Abend statt. Wie in den Vorjahren

konnten wir uns bei ehrenamtlichen

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre

Tätigkeit im abgelaufenen Jahr und auch bei

den Veranstaltungen zum WAT bedanken.

Unter den Anwesenden fand ein reger Austausch

statt.

7.1. Schulung und Fortbildungen für ehrenamtliche

Mitarbeiter*innen

Im Berichtsjahr fand erneut leider keine

Schulung für ehrenamtliche Mitarbeiter*innen

in Vernetzung mit den AIDS-Hilfen Bochum,

Essen und Oberhausen statt.

Vor dem Hintergrund des hohen Ressourceneinsatzes

von hauptamtlichen Trainer*innen

sollte ein modifiziertes Konzept mit einer Basisschulung

über den Dachverband der DAH

und aufbauenden Modulen in den Aidshilfen

entstehen. Das Gerüst dazu konnte entwickelt

werden, allerdings stockt der Prozess,

weil es immer schwieriger wird, Kapazitäten

für ein überregionales Engagement frei zu

stellen.

So müssen wir zurzeit für die Einsteigerschulungen

auf die Verbandsangebote verweisen,

können aber natürlich unsere spezifischen

AIDS-Hilfe Bedarfe in verschiedenen Formen

in der Regel auch intern abdecken.

7.2 Externe Fortbildungen

Weiterhin besteht in unserer Einrichtung

ein Fortbildungsetat für ehrenamtliche und

hauptamtliche Mitarbeiter*innen. Nicht nur im

eigentlichen HIV/AIDS-Bereich, sondern auch

bei anderen sexuell übertragbaren Krankheiten

und in der Sozialgesetzgebung ergeben

sich immer schneller Veränderungen. Fortwährende

Weiterbildungen garantieren somit

eine kompetente und aktuelle Beratung und

daraus resultierend entsprechende Qualitätssicherung.

Wir bedanken uns abschließend an dieser

Stelle für das enorme freiwillige Engagement

und die vielen Stunden ehrenamtlicher Arbeit

bei unserem „EA-Team“!

95


Controlling-Daten für das Kalenderjahr 2019 -

Verteilung nach Arbeitsfeldern

1. Unmittelbare Kontakte im Berichtsjahr 2019 durch Maßnahmen primärpräventiver Zielsetzung

(personalkommunikativ) :

Gesamt 14.646 (2018: 14.578)

Davon im Arbeitsbereich :

1.1. Youthwork u. Prävention in der Allgemeinbevölkerung

Gesamt: 4125 (28,2 %)

Davon männlich 1815

Davon weiblich 2311

Mit erkennbarem Migrationshintergrund 1034

Ohne erkennbaren Migr.hintergrund 3091

Bis 21 Jahre 2303

Über 21 Jahre 1822

1.2. Beratung (persönlich, telefonisch, inkl. bundesweite Telefonberatung u.per e-mail)

Gesamt : 1683 (11,5 %)

Davon männlich 1230

Davon weiblich 453

Mit Migrationshintergrund 205

Ohne Migrationshintergrund 1478

Bis 21 Jahre 102

Ab 22 Jahre 1581

1.3 Frauen (inkl. überregionale Aktionen i. R. der Landesarbeitsgemeinschaft; AG XXelle-Ruhrgebiet , …)

Gesamt : (100% weiblich) 610 (4,2 %)

Mit Migrationshintergrund 376

Ohne Migrationshintergrund 234

Bis 21 Jahre 58

Ab 22 Jahre 552

1.4 Migration (in 2019 subsumiert in Beratung 1.2, Frauen 1.3 u. YW 1.1)

Gesamt :

Davon männlich

Davon weiblich

Bis 21 Jahre

Ab 22 Jahre

96


1.5 Herzenslust regional (inkl. Beratung & Test, CSD Duisburg-Veranstaltungen, queer-life, Parties, …)

Gesamt : 2379 (16,2 %)

Davon männlich: 1553

Davon weiblich 826

Mit Migrationshintergrund 242

Ohne Migrationshintergrund 2137

Bis 21 Jahre 409

Ab 22 Jahre 1970

1.6 Herzenslust (Knotenpunktarbeit im Ruhrgebiet, fast vollständig über ZSP-Landesmittel gefördert)

(CSDs Köln, Düsseldorf und Essen, ..)

Gesamt : 270 (1,8 %)

Davon männlich 160

Davon weiblich 110

Mit Migrationshintergrund 30

Ohne Migrationshintergrund 240

Bis 21 Jahre 50

Ab 22 Jahre 220

1.7. SCHLAU Duisburg (seit 06/2013 in Trägerschaft der AIDS-Hilfe)

Gesamt: 2074 (14,2 %)

Davon männlich: 987

Davon weiblich: 1087

Mit Migrationshintergrund: 726

Ohne Migrationshintergrund: 1348

Bis 21 Jahre: 2025

Ab 22 Jahre: 49

1.8. Justizvollzug („Knastarbeit“) (JVA Du-Hamborn mit Zweigstelle Dinslaken)

Gesamt : (alle über 21 Jahre!) 95 (0,6 %)

Davon männlich 0

Davon weiblich 95

Mit Migrationshintergrund 60

Ohne Migrationshintergrund 35

1.9. Drogen (allgemeine und zielgruppenspezifische Präventionsarbeit d. AH)

Gesamt : 650 (4,4 %)

Davon männlich 441

Davon weiblich 209

Mit Migrationshintergrund 86

Ohne Migrationshintergrund 564

Bis 21 Jahre 35

Ab 22 Jahre 615

97


1.10. Spritzentausch (über persönlichen Kontakt, ohne Automaten in Du. u. Wesel)

Gesamt : 2300 (15,7 %)

Davon männlich 1900

Davon weiblich 400

Mit Migrationshintergrund 400

Ohne Migrationshintergrund 1900

Bis 21 Jahre 210

Ab 22 Jahre 2090

1.11. Substitution (an Wochenenden und Feiertagen in Duisburg, flankierende personalkommunikative

Maßnahmen)

Gesamt : 460 (3,2 %)

Davon männlich 380

Davon weiblich 80

Mit Migrationshintergrund 65

Ohne Migrationshintergrund 395

Bis 21 Jahre 0

Ab 22 Jahre 460

1. Unmittelbare Kontakte im Berichtsjahr 2019 durch Maßnahmen sekundär- und tertiärer Zielsetzung

(personalkommunikativ)

Gesamt : 1.014 (2018: 1.017)

1.1 (Psychosoziale-) Begleitung

Gesamt : 763 (75,3 %)

Davon männlich 463

Davon weiblich 300

Mit Migrationshintergrund 217

Ohne Migrationshintergrund 546

Bis 21 Jahre 72

Ab 22 Jahre 691

1.2 Beratung (für 2019 in 2.1. PSB integriert)

Gesamt :

Davon männlich

Davon weiblich

Mit Migrationshintergrund

Ohne Migrationshintergrund

Bis 21 Jahre

Ab 22 Jahre

98


1.3 Justizvollzug

Gesamt : 7 (0,7 %)

Davon männlich 4

Davon weiblich 3

Mit Migrationshintergrund 2

Ohne Migrationshintergrund 5

Ab 22 Jahre (alle!) 7

1.4 Frauen

Gesamt : 196 (19,3 %)

Mit Migrationshintergrund 104

Ohne Migrationshintergrund 92

Bis 21 Jahre 5

Ab 22 Jahre 191

1.5 Migration (s. 2.1. Begleitung und 2.4. Frauen)

2.6 Drogen

Gesamt: 34 (3,4 %)

Davon männlich 30

Davon weiblich 4

Mit Migrationshintergrund 8

Ohne Migrationshintergrund 26

Bis 21 Jahre 0

Ab 22 Jahre (alle!) 34

1.7 Youthwork (hier nur Personen! mit i.d.R. mehreren Kontakten!)

Gesamt : 14 (1,3 %)

Davon männlich 10

Davon weiblich 4

Mit Migrationshintergrund 2

Ohne Migrationshintergrund 12

Bis 21 Jahre 1

Ab 22 Jahre 13

99


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