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New York City - The Nuclear-Free Future Award

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Anfang August 1999. Ein 59jähriger Mann überschreitet<br />

die gelbe Absperrungsschnur, die das Atom-Labor von Los<br />

Alamos, <strong>New</strong> Mexico gegen Demonstranten gezogen hat. Er<br />

will gemeinsam mit rund 400 Menschen daran erinnern, dass<br />

hier die Atom-Bomben produziert wurden, die am Ende des<br />

Zweiten Weltkrieges zwei japanische Städte auslöschten. Dass<br />

mehr Fotografen und Journalisten als üblicherweise davon Notiz<br />

nehmen, liegt daran, dass der Demonstrant weltweit bekannt<br />

ist, aus Filmen wie “Apocalypse Now” oder “Gandhi”. Martin<br />

Sheen ist Charakterdarsteller mit Charakter; und sein Rollenspiel<br />

vor der Kamera hat ihn nie dazu verführt, die Rolle des satten<br />

Martin Sheen, USA<br />

Erfolgsmenschen auszuleben. Mit Blick auf die Bombenfabrik<br />

rezitiert er ein Teil aus “Geetanjali” von Rabindranath Tagore:<br />

Wo der Geist ohne Furcht ist, das Haupt man hoch trägt,<br />

Wo Erkenntnis frei ist,<br />

Wo die Welt nicht durch enge Grenzen zerstückelt wird,<br />

Wo die Worte dem Quellgrund der Wahrheit entspringen,<br />

Wo unermüdet das Streben den Arm<br />

zur Vollkommenheit ausstreckt,<br />

Wo der klare Strom der Vernunft nicht im Wüstensand<br />

trockner Gewohnheit versiegt,<br />

Wo Du den Geist zu immer edlerem Denken<br />

und Handeln bewegst,<br />

In diesem Himmel der Freiheit, o Vater,<br />

lasse mein Land erwachen!<br />

13<br />

Als er die gelbe Linie der Ordnungskräfte überschreitet, kniet<br />

er nieder und bete das Vaterunser. Darauf hin wird er mit anderen<br />

Demonstranten in Plastikhandschellen abtransportiert. Sein<br />

Kommentar: “Ich arbeite für den Sender NBC, um meinen<br />

Lebensunterhalt zu verdienen, aber ich tue dies hier, um am<br />

Leben zu bleiben.”<br />

Mit bürgerlichem Namen heißt er Ramón Antonio Gerard<br />

Estévez, am 3. August 1940 wurde er in Ohio geboren. Wenn<br />

man den vierfachen Familienvater, der sich schon gegen Reagans<br />

Star Wars Programm und immer wieder gegen Ökozid-Poltitik<br />

in seinem Land aufgelehnt hat, lobt, dann pflegt er abzuwinken:<br />

Nein, nein, Helden<br />

des Widerstandes<br />

sind andere, sind<br />

Lebenswerk<br />

diejenigen, die alles,<br />

sogar das eigene Leben riskieren. Und er nennt dann Menschen<br />

wie Frida Berrigan, die an seiner Stelle den Preis für sein<br />

Lebenswerk entgegen nehmen wird, da seine Arbeit es ihm nicht<br />

möglich macht, nach <strong>New</strong> <strong>York</strong> <strong>City</strong> zu kommen.<br />

Dennoch und gerade deshalb: Der Träger der Laetare-<br />

Medaille von 2008 (die Universität von Notre Dame ehrt<br />

Katholiken, “die das Welterbe der Humanität bereichern”) zeigt<br />

uns, dass man sein Gesicht zeigen kann und muss. Nicht nur vor<br />

der Kamera, sondern im richtigen Leben, das von einer inhumanen<br />

Technologie bedroht ist – einer Technologie gegen deren<br />

Ende sich immer noch Atom-Lobbyisten und ihre politischen<br />

Interessensvertreter stellen. Kein Wunder, dass die Medien ihn<br />

den “activist-actor” nennen, den Schauspieler, der sich einmischt<br />

in öffentliche Belange.<br />

Christ sein bedeutet für ihn die Pflicht, sich einzumischen.<br />

Er sagt es so: “Frieden zu stiften ist, was die Welt von heute<br />

dringend braucht. Wir sind die Töchter und Söhne Gottes und<br />

das bedeuted, dass wir aufgerufen sind, als Friedensstifter zu<br />

wirken, ob wir wollen oder nicht.” Über 60 mal wurde der<br />

Friedensstifter schon verhaftet. Bei seinem Grundsatz wird er<br />

sich immer wieder den Handschellen aussetzen: “Wir sind die<br />

Generation, die die Bombe brachte, und wir sind aufgerufen, sie<br />

wieder fortzubringen.”

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