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80 Anna-Dinah Eßer<br />
Was zunächst als vorteilhaft erscheint,<br />
nämlich das erhöhte Maximalalter der Tiere<br />
in Gefangenschaft gegenüber dem von<br />
Wildtieren, kann ebenfalls Nachteile mit<br />
sich bringen. Bei vielen Zootieren sind in<br />
einem Alter, das Wildtiere normalerweise<br />
nicht erreichen, krankhafte Veränderungen<br />
an den Knochen festzustellen. Knorpel<br />
verknöchern (u. a. auch die Bandscheiben),<br />
Spondylosen und Osteoarthritis treten<br />
häufiger auf als bei Wildtieren. Eine artgerechtere<br />
Haltung, bei der die Tiere sich<br />
mehr bewegen und ihre Fähigkeiten nutzen<br />
können, scheint dem entgegenzuwirken<br />
(O’Regan & Kitchener 2005). Auch<br />
eine nicht artgerechte Ernährung kann u.<br />
a. zu Spondylosen bei Affen und Großkatzen<br />
führen (du Boulay 1972). Kolmstetter<br />
et al. (2000) bestätigen ferner, dass bei<br />
Großkatzen aus dem Zoo häufig degenerative<br />
Wirbelsäulenerkrankungen vorkommen.<br />
Systematik und Verbreitung der in<br />
der Studie untersuchten Tiere<br />
Innerhalb der Familie Caniformia bilden<br />
die Canidae die basale Gruppe (Li et al.<br />
2004). Wölfe (Canis lupus L.1758) haben<br />
einen direkten gemeinsamen Vorfahren<br />
mit dem Rothund (Cuon alpinus PALLAS<br />
1811). Füchse (Vulpes vulpes L. 1758) gehören<br />
einer anderen Linie an, sind jedoch<br />
auch mit den Vorgenannten verwandt<br />
(Ostrander & Wayne 2006).<br />
Hunde (Canis lupus familiares) stammen<br />
eindeutig von Wölfen ab. Allerdings steht<br />
zu vermuten, dass sie sich immer wieder<br />
mit Wölfen vermischt haben und nicht aus<br />
einer einzigen Population entstanden sind<br />
(Vila et al. 1999, 2005).<br />
Im archäologischen Material sind<br />
die frühen Hunde wahrscheinlich nicht<br />
von Wölfen zu unterscheiden, deshalb<br />
bleibt das archäologisch angenommene<br />
Domestikationsalter von Hunden mit<br />
15 000 Jahren eher fraglich (Ostrander<br />
& Wayne 2006). Wahrscheinlich erfolgte<br />
die Domestikation schon früher. Meinungen<br />
über Abstammungen und kulturgeschichtliche<br />
Schlüsse über Haushunde<br />
sind jedoch in den Bereich der Spekulation<br />
zu verweisen (Herre & Röhrs 1990). Die<br />
Variabilität (Farbe, Größe, Zahngröße und<br />
andere Merkmale) der Wölfe ist selbst in<br />
engen geographischen Gebieten groß. Sie<br />
haben auch heute noch ein großes Verbreitungsgebiet,<br />
bewohnen weite Gebiete der<br />
Nordhalbkugel in der Alten und Neuen<br />
Welt und kommen teilweise auch in tropischen<br />
Gebieten vor. Haushunde gibt es<br />
fast überall auf der Welt (Herre & Röhrs<br />
1990). Der Rothund, auch Dhole oder<br />
Rotwolf genannt, lebt heute bevorzugt in<br />
Lebensräumen mit dichter Vegetation vom<br />
südlichen Sibirien bis Indien und der Malaischen<br />
Halbinsel (Westheide & Rieger<br />
2004).<br />
Als Unterart des Grauwolfes (Canis lupus)<br />
ist bisher der Timberwolf (Canis lupus<br />
lycaon SCHREBER 1775) geführt worden.<br />
Neuere Studien (Kyle et al. 2006) legen allerdings<br />
nahe, den Timberwolf aufgrund<br />
morphologischer und genetischer Unterschiede<br />
als eigene Art zu führen (Canis lycaon).<br />
Rotfüchse (Vulpes vulpes) sind nahezu in<br />
ganz Europa (exkl. Balearen, Kreta, Zypern<br />
und Malta), Nordafrika, Asien bis Nordindien,<br />
Japan, Nordamerika bis Florida und<br />
Kalifornien beheimatet. In Australien wurden<br />
sie 1886 ausgesetzt (Westheide & Rieger<br />
2004).<br />
Wölfe und Haushunde erzeugen in der<br />
freien Wildbahn auch heute noch reproduktionsfähige<br />
Hybriden. Diese liegen in<br />
ihrem Phänotyp oftmals zwischen den beiden<br />
Ursprungsarten, können aber auf den<br />
ersten Blick auch für eine von beiden gehalten<br />
werden (Milenković et al. 2006).<br />
<strong>Naturhistorica</strong> Berichte der Naturhistorischen Gesellschaft Hannover <strong>152</strong> · 2010