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Hinz&Kunzt 279 Mai 2016

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Das Hamburger<br />

Straßenmagazin<br />

N O <strong>279</strong><br />

<strong>Mai</strong>.16<br />

2,20 Euro<br />

Davon 1,10 Euro<br />

für unsere Verkäufer<br />

Plus:<br />

Unsere BrotRetter:<br />

Zweite Chance für Brot<br />

und Mensch<br />

Die Stadtexpedition:<br />

Essbares Hamburg


Mit dem Malteser Hausnotruf kommt Hilfe in Minutenschnelle – und durch sofortiges Handeln<br />

und schnelle Versorgung kann permanente Pflegebedürftigkeit verhindert werden. Auch in<br />

kleineren Notfällen genügt ein einziger Knopfdruck auf den Notrufsender – wahlweise als<br />

Armband oder Halskette. Die Verbindung zu den Maltesern wird hergestellt und der Bereitschaftsdienst,<br />

eine Vertrauensperson oder der Rettungsdienst werden sofort zu Hilfe geschickt.<br />

So bleibt ein unabhängiges Leben gesichert. Der Malteser Hausnotruf: ganz einfach sicher fühlen.


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Inhalt<br />

Titel: Was bewirkt es, wenn man monatlich<br />

zusätzlich 1000 Euro bekommt?<br />

TITELBILD: GRAFIKDEERNS.DE<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

was für ein Monat! Wir sind mit unserem neuen Projekt BrotRetter an den Start gegangen:<br />

Brot von gestern, verkauft von fünf Hinz&Künztlern – das Ganze als Kooperationsprojekt<br />

zwischen der Bäckerei Junge und uns. Und wir sind richtig glücklich,<br />

dass bislang alles total gut klappt und alle gute Laune haben (Seite 6). Wir haben<br />

eine Frau besucht, die ein Jahr lang 1000 Euro monatlich geschenkt bekommt – zusätzlich<br />

als bedingungsloses Grundeinkommen. Welche Kräfte und Energien löst das<br />

in einem Menschen aus? Und wie ist „Erfinder“ Michael Bohmeyer überhaupt auf<br />

die Idee für dieses Projekt gekommen (Seite 26)? Weniger lustig: Seit April gibt es in<br />

Hamburg ein zweites Straßenmagazin: das Straße Journal Deutschland – und leider<br />

gibt es mit den Neuen Stress (Seite 25). Die miesen Geschichten aus Panama kennen<br />

Sie bestimmt. Was sie alles bei der Recherche und bei der Reise nach Panama erlebt<br />

haben, erzählen uns NDR-Reporter Christoph Lütgert und Jan Lukas Strozyk, der<br />

zum Rechercheteam der ersten Stunde gehört (Seite 23). Ihr Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Team<br />

FOTOS: ANDREAS HORNOFF, WILLLEM KONRAD, KAREN DERKSEN<br />

Stadtgespräch<br />

04 Gut&Schön<br />

Nur aufmunternde Nachrichten<br />

06 Die BrotRetter<br />

Super Start: Das Projekt von<br />

Bäckerei Junge und Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

10 Zahlen des Monats<br />

Überforderte Nachtpfleger<br />

12 Hamburg integriert!<br />

Warum sich ein Dachverband für<br />

Flüchtlingsinitiativen gründet<br />

20 Miese Panama-Geschichten<br />

Treffen mit den Reportern<br />

Christoph Lütgert und Jan Strozyk<br />

26 Bedingungsloses Grundeinkommen<br />

1000 Euro pro Monat – und neuer<br />

Schwung kommt ins Leben!<br />

36 Hände voll Lehm<br />

Wie das Projekt „Bunte Kuh“ mit<br />

Ton und Sand die Stadt bereichert<br />

Lebenslinien<br />

30 Die Wortgewaltige<br />

Die Feministin Laurie Penny<br />

32 „Meine Therapeutin war eine<br />

gute Lehrerin“<br />

So half die Flüchtlingsambulanz<br />

des UKE dem Flüchtling Sadiq<br />

Stadtexpedition<br />

15 #7: Essbares Hamburg<br />

Wilder Bärlauch oder Giersch –<br />

so pflückt man Leckeres<br />

Freunde<br />

42 Ein Mal zum Nordkap<br />

Rallyefahren und Gutes tun<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

46 Rebell im Maßanzug<br />

Der Pianist Igor Levit im Gespräch<br />

50 Die mit den Puppen spielt<br />

Andrea Bongers tritt beim<br />

5. Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Kabarettgipfel an<br />

52 20 Tipps für den <strong>Mai</strong><br />

56 Koch des Monats<br />

Hinz&Künztler Pedru serviert<br />

rumänisches Kartoffelragout<br />

58 Momentaufnahme<br />

Ex-Hinz&Künztler Günter<br />

Rubriken<br />

05, 25, 29 Kolumnen<br />

14, 19 Meldungen<br />

44 Leserbriefe<br />

57 Rätsel, Impressum<br />

46<br />

20<br />

36<br />

Wir unterstützen Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Aus alter Freundschaft und mit neuer Energie. Hanse Werk


Begegnung<br />

Tanzend die Welt verändern<br />

Sie war lange ein Star: Die Schweizer Primaballerina<br />

Catherine Habasque. Nach ihrem Abschied von der<br />

Bühne gründete sie das Projekt „Dancers For the World“.<br />

Das Ziel: Menschen in Krisengebieten das Tanzen<br />

beizubringen. Ihnen helfen, ihre Gefühle auszudrücken,<br />

ohne immer reden zu müssen. Um neuen Mut zu fassen.<br />

Erste Reisen führten sie und ihr Team in eine verarmte<br />

Kleinstadt in Georgien und auf die Philippinen. Wo sie<br />

mit Opfern sexueller Gewalt tanzte. FK<br />


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Gut&Schön<br />

Das Ereignis<br />

Etwas mehr<br />

deutsch<br />

FOTOS: GERT WEIGELT, JÖRG STRUWE/DEINSTER SV, VERENA ORTH, CORNELIUS M. BRAUN, MAURICIO BUSTAMANTE<br />

Bild des Monats<br />

Alle wie einer<br />

Wer ist’s? Der Dritte von links in der zweiten Reihe?<br />

Oder unten der Fünfte von rechts? Fußballer sind sie<br />

alle. Im Deinster SV, Kreisliga. Wo Emad Babiker<br />

spielt, der neulich wegen seiner Hautfarbe geschlagen<br />

und beschimpft wurde. Da handelten seine Mitspieler.<br />

Das Echo war enorm. Allein Tausende von Likes bei<br />

Facebook. Was ein bisschen Farbe auslösen kann. FK<br />

•<br />

Zeitlos wichtig<br />

Nichts ist so uninteressant wie die<br />

Zeitung von gestern. Ganz anders<br />

sahen das die vier Frauen im<br />

südindischen Chennai, als sie die<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Ausgabe vom September<br />

2015 bekamen. Darin hatten<br />

wir über das Spendenprojekt<br />

von Margret Wens berichtet.<br />

Das Projekt hilft, Häuser zu bauen, Endlich: Ankerland eröffnet<br />

Frauen auszubilden und Schüler zu Es ist so weit: Hamburg hat mit<br />

betreuen. Die Frauen gehören zum „Ankerland“ ein ambulantes Zentrum<br />

für traumatisierte Kinder und<br />

Team vor Ort. Und sie sind begeistert,<br />

dass man ihr Projekt jetzt<br />

Jugendliche – unter Leitung des<br />

im fernen Deutschland kennt. FK<br />

•<br />

Therapeuten Dr. Andreas Krüger.<br />

Das Gebäude – ein einstiges Pastorat<br />

– wurde mit Mitteln der Bürgerschaft<br />

und durch private Spenden<br />

fachgerecht umgebaut. Die Kosten<br />

für die Behandlung eines Kindes<br />

veranschlagen die Ankerländer<br />

mit etwa 7000 Euro pro Jahr.<br />

Die ausschließlich durch Spenden<br />

zusammenkommen werden. FK<br />

•<br />

5<br />

ERLEBT VON MAURICIO BUSTAMANTE<br />

Ich bin in Argentinien geboren.<br />

Und meine Großeltern<br />

mütterlicherseits waren Italiener.<br />

Also hatte ich immer<br />

zwei Staatsbürgerschaften.<br />

Ich lebe zwar schon lange<br />

hier, aber es kam mir fast ein<br />

bisschen unanständig vor,<br />

mir obendrein einen deutschen<br />

Pass zu besorgen.<br />

Aber dann habe ich mit<br />

meiner Tochter Valentina gesprochen.<br />

Sie ist hier geboren,<br />

geht hier zur Schule –<br />

und hatte einen italienischen<br />

Pass. Sie wollte gerne Deutsche<br />

sein. Ich machte mit.<br />

Ich habe etwa ein Jahr<br />

gebraucht, bis ich den bürokratischen<br />

Kram dafür erledigt<br />

hatte. Man muss einen<br />

Sprachtest machen und einen<br />

Test über die Gesellschaft<br />

Deutschlands. Daran<br />

wären sicher so manche<br />

Deutsche gescheitert, aber<br />

ich habe den bestanden!<br />

Am Ende wurden wir<br />

zur Einbürgerungsfeier ins<br />

Rathaus eingeladen. Das ist<br />

schon cool. Der Bürgermeister<br />

persönlich übergibt die<br />

Urkunde und schüttelt einem<br />

die Hand. Auch Valentina!<br />

Hamburg ist für mich<br />

schon lange meine Heimat.<br />

Aber jetzt gehöre ich doch<br />

noch mehr dazu. •<br />

Mauricio Bustamante lebt seit<br />

1996 in Hamburg, arbeitet hier<br />

als Fotograf – viel für Hinz&<strong>Kunzt</strong>


Rubrik<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />

Hinz&Künztler treffen auf Junge-Mitarbeiter (von links): Stephan Karrenbauer, Plamen Dochev, Stefan Calin, Adam Csizmadia,<br />

Jens Ade, Vasile Raducan, Maria Raab (Junge-Regionalleiterin), Tobias Schulz (Junge-Geschäftsführer),<br />

Alexa Ionut und Martina Fentzahn (Junge-Verkaufstrainerin). Unten rechts: Einarbeitung mit BACKTRAINER Günter Popp.<br />

6


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Stadtgespräch<br />

BrotRetter –<br />

eine Idee, die aufgeht<br />

Von wegen, Obdachlose kriegen nichts gebacken:<br />

Fünf Hinz&Künztler sind seit März in Lohbrügge bei den BrotRettern<br />

angestellt – dank des Engagements der Bäckerei Junge.<br />

TEXT: SIMONE DECKNER<br />

FOTOS: MAURICIO BUSTAMANTE<br />

Wir möchten am liebsten<br />

jeden Tag Schlangen<br />

vor dem Laden haben“,<br />

hatte Niels Nattermüller<br />

noch gesagt. Der Vertriebschef der<br />

Bäckerei Junge ahnte nicht, wie schnell<br />

sein Wunsch sich erfüllen sollte. Kaum<br />

war Ende März der BrotRetter-Laden<br />

in Lohbrügge eröffnet, da brummte das<br />

Geschäft. Es lief gewissermaßen wie<br />

geschnitten Brot.<br />

Im Mittelpunkt des Geschehens:<br />

fünf Hinz&Künztler in schnieken<br />

schwarzen Polohemden mit pink-weißem<br />

BrotRetter-Logo. Adrett stehen sie<br />

hinter der Ladentheke und verkaufen<br />

Brot und Gebäck vom Vortag. Alles<br />

sieht sehr appetitlich aus, es duftet nach<br />

Brot und Kuchen, im Verkaufstresen<br />

kann man sich spiegeln.<br />

Zwei Tage vorher noch ein ganz<br />

anderes Bild. Die Einrichtung: erst rudimentär<br />

aufgebaut, die Wände: recht<br />

kahl, die Preisschilder: nicht vorhanden.<br />

„Das wird nie im Leben rechtzeitig<br />

fertig“, seufzte Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Sozialarbeiter<br />

Stephan Karrenbauer. Panik<br />

kam auf. Sollte unser ambitioniertes<br />

Gemeinschaftsprojekt scheitern, noch<br />

bevor es begonnen hatte? Während wir<br />

7<br />

nervös warteten, bewegten sich Niels<br />

Nattermüller und Regionalleiterin Maria<br />

Raab samt ihrer Crew tiefenentspannt<br />

durch das Geschäft. Sie zweifelten<br />

nicht eine Sekunde daran, dass alles<br />

klappen würde.<br />

Vor Monaten war Junge mit der<br />

Idee zu uns gekommen: Brot von gestern,<br />

verkauft von Hinz&Künztlern.<br />

Wir waren sofort begeistert. Was für eine<br />

Riesenchance für unsere Verkäufer!<br />

Doch dann bekamen wir kalte Füße.<br />

Wir wissen, wie man eine Zeitung<br />

macht, aber wie betreibt man erfolgreich<br />

eine Bäckerei? Da brauchten wir<br />

das Know-how der Profis von Junge.<br />

Rund 170 Filialen hat die Traditionsbäckerei<br />

in Hamburg und Umgebung<br />

schon aufgebaut. Und nun standen den<br />

Junge-Bäckereiprofis unsere Verkäufer<br />

Adam Csizmadia (20), Vasile Raducan<br />

(29), Alexa Ionut (28), Plamen „Paul“<br />

Dochev (49) und Stefan Calin (55)<br />

gegen über, die noch nie zuvor in einer<br />

Bäckerei gearbeitet hatten. Aber das<br />

konnte die Junge-Crew nicht schocken.<br />

Geduldig erklärten die erfahrenen Mitarbeiter<br />

unseren Neulingen alles, was<br />

sie wissen mussten: Auf wie viel Grad<br />

man den Backofen für die verschiedenen<br />

Brot sorten vorheizen muss. Wie genau<br />

man das Salatblatt beim Ei-Brötchen<br />

platziert, damit es appetitlich<br />

aussieht. Und was eine lockere Kniehaltung<br />

mit einem perfekt geschnittenen<br />

Brötchen zu tun hat.<br />

Snacktrainer Mohammad Masod<br />

kennt alle Tricks. Mit lockeren Sprüchen<br />

(„Aufpassen, jetzt machen wir die<br />

Brötchen hübsch.“) und viel Humor<br />

arbeitet er die Hinz&Künztler ein. Ein<br />

schönes Bild: Wie der ehemalige Maschinenbauer<br />

Paul und sein Kumpel<br />

Stefan, der mal ein kleines Geschäft geführt<br />

hatte, mit konzentriertem Blick<br />

Butter aufs Brötchen schmieren („Nicht<br />

zu viel!“), es mit Käse, Tomate, Gurken<br />

und Schnittlauch belegen und wie ein<br />

teures Kunstwerk vorsichtig in die Auslage<br />

legen.<br />

Eine echte Win-win-Situation.<br />

Denn die Hinz&Künztler sind keine<br />

Mitarbeiter zweiter Klasse. Sie machen<br />

bei den BrotRettern nicht bloß Hilfsarbeiten.<br />

Alle fünf sind fest angestellt für<br />

jeweils 20 Stunden, sozial- und krankenversichert.<br />

Das Projekt ist zunächst<br />

für ein Jahr gesichert. Wer sich in dieser<br />

Zeit gut macht, hat die Chance, übernommen<br />

zu werden. Und: Jetzt, wo die


Stadtgespräch<br />

BrotRetter einen Job haben, konnte ihnen<br />

von unserem Sozialarbeiter Stephan<br />

Karrenbauer eine Wohnung vermittelt<br />

werden. „Eine zweite Chance<br />

für Mensch und Brot“, bringt es Niels<br />

Nattermüller auf den Punkt.<br />

Das sehen unsere Hinz&Künztler<br />

genauso. Vasile, der neben Paul als Fahrer<br />

die Backwaren vom Junge-Stammsitz<br />

in Lübeck transportiert, sagt uns einen<br />

Satz, der bei uns noch lange<br />

nachhallt: „Jetzt fühle ich mich wieder<br />

als richtiger Mensch.“ Noch vor Kurzem<br />

musste er mit seiner Frau und seiner<br />

kranken Tochter in einem Raum<br />

auf einer Matratze auf dem Fußboden<br />

Der doppelte STEFAN:<br />

Ob auf dem Plakat<br />

oder in echt. BrotRetter<br />

Stefan Calin macht<br />

überall eine gute Figur.<br />

schlafen, umgeben von 150 Leuten.<br />

Und Paul weiß schon nach ein paar Tagen,<br />

dass er unbedingt mehr als 20<br />

Stunden arbeiten will. „Das ist ein sehr<br />

guter Job.“<br />

Ein sinnvoller noch dazu: In<br />

Deutschland werden jährlich rund<br />

500.000 Tonnen Brot weggeworfen.<br />

Ein Grund: Der Kunde verlangt auch<br />

kurz vor Ladenschluss noch die volle<br />

Auswahl. „Ich konnte es kaum ertragen,<br />

dass wir jeden Tag so viel Brot<br />

übrig haben – und das, obwohl wir<br />

schon die Tafeln beliefern und viele andere<br />

soziale Projekte unterstützen“, sagt<br />

Junge- Geschäftsführer Tobias Schulz.<br />

8<br />

An einem Tag im April begleiten wir<br />

BrotRetter Paul bei seiner Arbeit. Um<br />

kurz vor 7 Uhr begrüßt er uns ausgeschlafen<br />

aber mit leerem Magen. „Ich<br />

frühstücke nie“, sagt er und zeigt auf<br />

seinen Bauch. 18 Kilo sind schon runter,<br />

aber das reicht ihm noch nicht.<br />

Die Fahrt zum Junge-Stammsitz<br />

nach Lübeck dauert zwischen 50 und 70<br />

Minuten. Heute sind die Straßen frei,<br />

was nicht immer so ist. „Ich fahre gern<br />

rechtzeitig los, dann ist es entspannter“,<br />

sagt Paul.<br />

Er ist gelernter Maschinenbauer,<br />

arbeitete lange im Straßenbau, in seiner<br />

Heimatstadt Plowdiw, Bulgariens zweitgrößter<br />

Stadt. Sein Vater lenkte 45 Jahre<br />

lang Lkws. Paul selbst kann ebenfalls<br />

alles fahren – wie jetzt den Transporter<br />

für die BrotRetter.<br />

Arbeitslosigkeit und private Probleme<br />

(die Trennung von seiner Frau)<br />

brachten ihn 2012 nach Hamburg.<br />

Schon gut zehn Jahre zuvor hatte er<br />

hier gelebt und zwei Semester Physik<br />

studiert. Über seine Cousine, die mit einem<br />

Deutschen verheiratet ist, knüpfte<br />

er damals Kontakte. Doch als nun zurück<br />

ist, muss er im Winternotprogramm<br />

in der Spaldingstraße schlafen.<br />

„Eine schlimme Zeit. Viele Menschen<br />

dort hatten Probleme mit Drogen und<br />

Alkohol und es gab oft Schlägereien.“<br />

Mehrmals sprach er vergeblich bei<br />

der SagaGWG vor. Über einen privaten<br />

Kontakt findet er schließlich eine kleine<br />

Wohnung, die er sich mit einem Mitbewohner<br />

teilt. Schnell werden sie Freunde.<br />

Doch im vergangenen Jahr stirbt<br />

der Mitbewohner an Krebs. Als Paul<br />

davon erzählt, wird sein Blick ernst.<br />

„Entschuldige, ich bin ein bisschen<br />

traurig. Maro war ein sehr guter<br />

Mensch.“ Seit Kurzem hat Paul wieder<br />

einen Mitbewohner: einen syrischen<br />

Flüchtling, 30 Jahre jung. „Er spricht<br />

noch kein Deutsch und ich nicht viel<br />

Englisch, aber irgendwie geht es“, sagt<br />

Paul und lacht wieder.<br />

Nach einer knappen Stunde störungsfreier<br />

Fahrt biegen wir in das Lübecker<br />

Gewerbegebiet ein. Schon von<br />

Weitem sind die rot-weißen Junge-Hallen<br />

zu sehen. Der süße Duft von frisch<br />

Gebackenem liegt in der noch kühlen


ENTWURF: JUNGE; ILLUSTRATION: GRAFIKDEERNS<br />

WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Morgenluft. Paul parkt den Transporter<br />

an der Ladeluke, korrigiert noch einmal<br />

gewissenhaft, ob er richtig steht, um die<br />

Rollwagen voller roter und grauer Gitterkörbe<br />

mit Backwaren vom Vortag<br />

problemlos einladen zu können. Was<br />

wohin kommt, dafür hat Paul einen<br />

Plan mit Bildern, die die unterschiedlichen<br />

Brot- und Gebäcksorten zeigen.<br />

Draußen wartet schon ein Junge-<br />

Kollege. „Ah, die BrotRetter sind da!“,<br />

freut er sich. In der Halle ist es laut:<br />

Gitterwagen werden ratternd über den<br />

glatten Boden gerollt. Oben fahren auf<br />

einem langen Transportband gewaschene,<br />

leere Gitterkörbe durch die<br />

Halle. Alles geht jetzt ganz schnell: Paul<br />

packt die retournierten und vorsortierten<br />

Waren in die Gitterwagen, überprüft<br />

und sortiert nach. Er muss jetzt<br />

kräftig anpacken, das Ganze darf nicht<br />

länger als 15 bis 30 Minuten dauern,<br />

dann geht es mit dem nun vollen Transporter<br />

zurück nach Lohbrügge.<br />

Der BrotRetter-Laden hat bereits<br />

geöffnet, als wir um kurz nach 10 Uhr<br />

wieder ankommen. Paul rollt die Gitterwagen<br />

geschickt aus dem Transporter:<br />

„Es gibt eine Technik, ich bin Ingenieur“,<br />

sagt er und lacht. In Windeseile ist<br />

Stadtgespräch<br />

der Wagen leer. Auf Pauls Stirn bilden<br />

sich kleine Schweißperlen. „Ist nicht<br />

anstrengend“, wiegelt er lachend ab.<br />

Junge-Regionalleiterin Maria Raab ist<br />

sehr beeindruckt vom Elan und<br />

Schwung der Hinz&Künztler: „Sie sind<br />

voll motiviert und haben Spaß an der<br />

Arbeit, selbst als es bei der Vorbereitung<br />

nur um Reinigungsarbeiten ging.“<br />

In Raabs Stimme klingt Stolz mit,<br />

als sie von „ihren“ neuen Kollegen<br />

spricht. Die Frau, die selbst lieber drei<br />

Tage altes Brot isst, als einen Krümel<br />

wegzuschmeißen, sagt: „Auch meine eigene<br />

Arbeit wird dadurch fast wertvoller“.<br />

Raab hofft, dass die Kunden die<br />

Idee der BrotRetter annehmen. Der<br />

Anfang ist gemacht. Unsere Crew wirkt<br />

schon fast routiniert. Nur manchmal<br />

sieht man, wie Junge-Verkaufstrainer<br />

ihnen leise zuflüstern, welche Zutat<br />

beim Brötchenbelag noch fehlt und wie<br />

die Handgriffe noch besser sitzen können.<br />

Aber das wird! Niels Nattermüller<br />

steht an der Seite und strahlt. Alles entspannt.<br />

Hatte er doch vorhergesagt. •<br />

Info: BrotRetter, Alte Holstenstraße 12<br />

(Lohbrügge), Mo–Sa ab 8 Uhr, solange der<br />

Vorrat reicht; www.jb.de/brotretter<br />

So funktioniert BROTRETTEN: Brot und Gebäck, das in den Junge-Filialen nicht verkauft wurde,<br />

kommt als Rückläufer zum Stammsitz in Lübeck, wo es nachsortiert wird (Lupe). Es geht an die Tafeln,<br />

wird zu Tierfutter verarbeitet und geht zu den BrotRettern, wo es zu günstigen Preisen verkauft wird.<br />

ANKER<br />

DES<br />

LEBENS<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong> bietet obdachlosen<br />

Menschen Halt. Eine Art<br />

Anker für diejenigen, deren<br />

Leben aus dem Ruder<br />

gelaufen ist. Möchten Sie<br />

uns dabei unterstützen und<br />

gleichzeitig den Menschen,<br />

die bei Hinz&<strong>Kunzt</strong> Heimat und<br />

Arbeit gefunden haben, helfen?<br />

Dann hinterlassen Sie etwas<br />

Bleibendes – berücksichtigen<br />

Sie uns in Ihrem Testament! Als<br />

Testamentsspender wird Ihr<br />

Name auf Wunsch auf unserem<br />

Gedenk-Anker in der Hafencity<br />

graviert.<br />

Ein maritimes Symbol für<br />

den Halt, den Sie den sozial<br />

Benachteiligten<br />

mit Ihrer Spende geben.<br />

Wünschen Sie ein persönliches<br />

Gespräch? Kontaktieren<br />

Sie den Geschäftsführer<br />

Dr. Jens Ade.<br />

Tel.: 040/32 10 84 03 oder<br />

<strong>Mai</strong>l: jens.ade@hinzundkunzt.de<br />

9


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Stadtgespräch<br />

Zahlen des Monats<br />

Nachts überfordert<br />

im Pflegeheim<br />

52<br />

Menschen gleichzeitig muss ein Nachtpfleger in einem deutschen<br />

Pflegeheim durchschnittlich versorgen. Damit bleiben ihm nur zwölf Minuten<br />

pro Patient, so eine Untersuchung der Universität Witten-Herdecke.<br />

„Das ist Stress pur“, erklärte die Leiterin der Studie, Christel Bienstein.<br />

„Wer für 52 Personen in der Nacht zuständig ist, muss damit rechnen,<br />

dass – so wie es in Altenheimen meist aussieht – hinter 26 Türen<br />

jederzeit jemand beim Weg zur Toilette stürzen kann.“<br />

Grundlage der Erhebung war eine Online-Befragung von Nachtdienstlern.<br />

Nahezu jeder zehnte der 267 befragten Pfleger gab an, für mehr als<br />

100 Heimbewohner zuständig zu sein. Daher sei es nicht verwunderlich,<br />

so die Autoren der Studie, dass ein Viertel der Befragten erklärte, in ihrer<br />

Einrichtung würden Bettgitter oder Schlafmittel eingesetzt. Knapp<br />

zwei Drittel der Nachtdienstler gaben an, sich „häufig“ oder „sehr oft“ um<br />

herumirrende Patienten mit Demenz kümmern zu müssen. 65 Prozent<br />

beklagten, sich nicht ausreichend um Sterbende kümmern zu können.<br />

30.000<br />

Pflegekräfte fehlen nach Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.<br />

Er spricht von alarmierenden Ergebnissen und fordert mehr Personal.<br />

Mit dem neuen Pflegestärkungsgesetz soll sich die Situation in den<br />

Heimen ab kommendem Jahr verbessern. Umgesetzt wird es auf Landesebene,<br />

in Hamburg stehen die Verhandlungen kurz vor dem Abschluss.<br />

Angelika Christ vom Paritätischen: „Die Personalausstattung wird sich verbessern.“<br />

Die Autoren der Studie fordern „mindestens zwei bis drei<br />

Pflegende für 60 Bewohner in der Nacht“. •<br />

TEXT: ULRICH JONAS<br />

ILLUSTRATION: ESTHER CZAYA<br />

Mehr Infos im Internet unter www.huklink.de/pflegeheime<br />

11


Stadtgespräch<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />

„Wir sind neugeboren und<br />

STRAMPELN gerade<br />

noch“, sagt Claus Scheide.<br />

„Ich möchte diesen Leuten<br />

nicht das Feld überlassen“<br />

Weil Claus Scheide Angst vor einer Spaltung der Gesellschaft hat, setzt er in der Debatte<br />

über Flüchtlinge auf einen Dialog mit allen Beteiligten. Er gründet einen<br />

Dachverband der Unterstützer, damit es ein Gegengewicht zu den Skeptikern gibt.<br />

TEXT: BENJAMIN LAUFER<br />

FOTO: DMITRIJ LELTSCHUK<br />

Bislang war es in Hamburg Sache der<br />

Gegner großer Flüchtlingsunterkünfte,<br />

sich in einem Dachverband zu organisieren:<br />

Die „Initiativen für erfolgreiche<br />

Integration“ (IFI) drohen dem Senat sogar<br />

mit einem Volksentscheid. Nun formieren<br />

sich auch die vielen Initiativen<br />

von Flüchtlingsunterstützern zu einem<br />

eigenen Dachverband. „Hamburg integriert“<br />

steht mit mehr als 80 Mitgliedsorganisationen<br />

in den Startlöchern.<br />

Flüchtlingspolitik zum Thema eines<br />

Volksentscheids zu machen, lehnt der<br />

neue Verband vehement ab.<br />

12<br />

Die Gründung fällt in angespannte Wochen:<br />

In Blankenese blockieren Anwohner<br />

mit ihren Autos Baumfällarbeiten<br />

für eine geplante Flüchtlingsunterkunft.<br />

Bürgerinitiativen versuchen in jedem<br />

Hamburger Bezirk, die Vorhaben des<br />

Senats mit Bürgerbegehren auszubremsen<br />

– scheitern damit jedoch an der Bürokratie.<br />

Hamburgs Gerichte beschäftigen<br />

sich fast täglich mit den Klagen von<br />

Bürgern gegen die Bauvorhaben für<br />

Flüchtlinge. Und so weiter.<br />

Wo führt das hin? „Uns droht eine<br />

Spaltung der Gesellschaft, die möglicherweise<br />

nicht zu kitten ist“, befürchtet<br />

Claus Scheide. Der 50-jährige Rechtsanwalt<br />

aus Rissen gehört neben Flüchtlingsberaterin<br />

Helga Rodenbeck vom<br />

Runden Tisch Blankenese und dem<br />

Vorsitzenden des Rissener Sportvereins<br />

Claus Grötzschel zu den Initiatoren des<br />

neuen Dachverbands. Gemeinsam wollen<br />

sie bei der Integration von Flüchtlingen<br />

helfen – und nicht neue Unterkünfte<br />

in der Nachbarschaft verhindern.<br />

Claus Scheide sagt: „Ich möchte diesen<br />

Leuten nicht das Feld überlassen.“ Auf<br />

die Mitglieder der „Initiativen für er-


Stadtgespräch<br />

„Uns droht eine<br />

Spaltung der<br />

Gesellschaft, die nicht<br />

zu kitten ist.“<br />

folgreiche Integration“ ist er nicht gut<br />

zu sprechen. 300 Plätze sollen neue<br />

Flüchtlingsunterkünfte maximal bieten<br />

dürfen und mindestens einen Abstand<br />

von einem Kilometer zueinander haben,<br />

fordert der IFI-Dachverband, gegen<br />

den Scheide und seine Mitstreiter<br />

antreten. Andernfalls, so das Argument,<br />

sei eine Integration der Flüchtlinge in<br />

die Gesellschaft nicht möglich.<br />

Für Claus Scheide ist das eine unzulässige<br />

Vereinfachung einer viel komplexeren<br />

Fragestellung: „Integration<br />

wird fast ausschließlich auf Fragen der<br />

Unterbringung reduziert.“ Mit Hinblick<br />

auf den geforderten Volksentscheid<br />

der Initiativen sagt er: „Da streut<br />

man den Wählern Sand in die Augen.“<br />

Bei denen könne so der Eindruck entstehen,<br />

ein Votum für die Vorlage des<br />

Dachverbandes führe direkt zu gelungener<br />

Integration. „Das ist ein Problem“,<br />

sagt Scheide.<br />

Man könnte nun grimmig werden<br />

und gegen solche Scheinargumente polemisieren.<br />

Aber das ist nicht Scheides<br />

Art: „Ich halte es für falsch, diese Leute<br />

zu brandmarken“, sagt er. Scheide will<br />

reden. „Unser erklärtes Ziel ist, mit<br />

dem IFI-Dachverband in den Dialog<br />

zu treten.“ Erste Reaktionen auf Gesprächsangebote<br />

wertet er positiv.<br />

Reden will Scheide auch mit Politik<br />

und Verwaltung. Ihnen gegenüber soll<br />

der neue Dachverband eine Interessenvertretung<br />

sein. An Selbstbewusstsein<br />

mangelt es nicht: „Der Dachverband ist<br />

zukünftig von Politik und Verwaltung in<br />

geeigneter Form zu konsultieren“, wird<br />

in einer zur Gründung verschickten<br />

Pressemitteilung verlangt.<br />

Die Kommunikation zwischen Senat<br />

und Bürgern sei in Sachen Flüchtlingsunterkünfte<br />

bislang ungenügend gewesen,<br />

sagt Scheide. Auch das habe zum<br />

Streit mit vielen Anwohnern geführt.<br />

Deswegen will sein Verband den Dialogprozess<br />

zwischen Entscheidern und<br />

Anwohnern ganz neu gestalten: In den<br />

Bezirken soll eine neutrale Instanz zur<br />

Planung von neuen Unterkünften geschaffen<br />

werden.<br />

In Integrationsbeiräte sollen aus jedem<br />

Stadtteil Bürger entsandt werden,<br />

die dort zusammen mit den Bau- und<br />

Sozialdezernenten über neue Standorte<br />

beraten. Möglichst viele sollen so beteiligt<br />

werden. „Das alles kann Vertrauen<br />

schaffen“, hofft Scheide. Vertrauen darauf,<br />

dass es so klappen kann mit der<br />

Integration.<br />

Auch in Blankenese wird das klappen,<br />

daran glaubt er fest. Zusammen<br />

mit 700 Bürgern demonstrierte Scheide<br />

dort eine Woche nach der Autoblockade<br />

für den Bau der Unterkunft.<br />

Ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass<br />

die Gegner dort in der Minderheit<br />

sind. Dass auch in ganz Hamburg die<br />

Flüchtlingsunterstützer die Mehrheit<br />

stellen, diesen Beleg könnte nun der<br />

frisch gegründete Dachverband „Hamburg<br />

integriert“ liefern.<br />

Trotz seiner vermittelnden Art bekam<br />

Scheide schon Gegenwind, bevor<br />

es damit überhaupt richtig losging. „Ich<br />

nehme mir das schon zu Herzen“, sagt<br />

Scheide und fügt hinzu, als Anwalt<br />

streiterprobt zu sein. „Aber man muss<br />

sehen, dass man das aushält.“ •<br />

Infos: www.huklink.de/hh-integriert<br />

13


Stadtgespräch<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />

Meldungen (1)<br />

Politik & Soziales<br />

Beschäftigungsprojekt „Spende dein Pfand“ macht Schule<br />

Nach Stuttgart, Köln/Bonn und Hamburg ist Bremen bereits der vierte Flughafen,<br />

an dem das Beschäftigungsprojekt „Spende dein Pfand“ umgesetzt wird.<br />

Zwei ehemals Langzeitarbeitslose kümmern sich dort um Leergut, das in<br />

speziellen Tonnen vor den Sicherheitskontrollen gesammelt wird. In Hamburg<br />

arbeiten vier Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Verkäufer seit acht Monaten als Leergutbeauftragte<br />

am Flughafen. Der Grüne Punkt will die Erfolgsgeschichte weiter fortschreiben:<br />

Im Juni ist die Umsetzung des Projekts am Dresden Airport geplant. JOF<br />

•<br />

Widersprüche gegen Sanktionen oft erfolgreich<br />

40 Prozent aller Widersprüche von Hamburger Hartz-IV-<br />

Empfängern gegen Sanktionen, also Leistungskürzungen des<br />

Jobcenters, waren vergangenes Jahr erfolgreich. Damit liegt<br />

Hamburg vier Prozent über dem Bundesdurchschnitt.<br />

Lehnte das Jobcenter ab und klagten Betroffene dagegen,<br />

hatten sie in jedem dritten Fall Erfolg. 2015 kürzten<br />

Hamburger Jobcenter insgesamt 27.047-mal Leistungen,<br />

Mehr Vermittlungen aus Winternotprogramm<br />

135 Obdachlose konnten aus dem Winternotprogramm in<br />

eine feste Bleibe vermittelt werden. Das sind 35 mehr als im<br />

Vorjahr, so die Sozialbehörde. Betreiber fördern&wohnen<br />

vermittelte 87 Menschen (Vorjahr: 45). 79 kamen in einer<br />

städtischen Unterkunft unter, zwei in Frauenhäusern, sechs<br />

zogen in eine eigene Wohnung. Die meisten der Betroffenen<br />

mussten zurück auf die Straße: Durchschnittlich nutzten<br />

täglich 848 Menschen die Einrichtungen. BELA<br />

•<br />

meistens aufgrund nicht eingehaltener Termine. BELA<br />

•<br />

Wohnungsnot in Schleswig-Holstein wächst<br />

Bildungspaket lindert Kinderarmut nicht<br />

„Bürokratischer Murks“, der „an der Lebensrealität vorbeigeht“:<br />

So bezeichnet Ulrich Schneider, Geschäftsführer des<br />

Paritätischen Gesamtverbands, das Bildungs- und Teilhabepaket.<br />

Die Leistungen, etwa Zuschüsse für Nachhilfe oder Sportverein,<br />

seien „in ihrer Höhe unzureichend und in der bestehenden<br />

Form nicht geeignet“, Kinderarmut zu bekämpfen,<br />

so eine gemeinsame Bilanz mit dem Kinderschutzbund. Die<br />

Hilfe komme beim Großteil der Betroffenen nicht an. UJO<br />

•<br />

Die Diakonie Schleswig-Holstein schlägt Alarm: 6500 Menschen<br />

suchten vergangenes Jahr Hilfe in Beratungsstellen<br />

undNotunterkünften für Wohnungslose. Das waren gut<br />

1000 mehr als 2014. „Wir schätzen, dass die Dunkelziffer<br />

noch sehr viel höher liegt“, so Landespastor Heiko Naß.<br />

Während immer mehr Sozialwohnungen wegfallen, wachse<br />

die Zahl der Bedürftigen. Vergleichbare Zahlen werden in<br />

Hamburg nicht erhoben. UJO<br />

•<br />

JETZT<br />

SPENDEN<br />

Hamburger Sparkasse<br />

IBAN: DE56 20050550 1280 167873<br />

BIC: HASPDEHHXXX<br />

Die<br />

Großuhrwerkstatt<br />

Bent Borwitzky<br />

Uhrmachermeister<br />

Telefon: 040/298 34 274<br />

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von mechanischen Tisch-,<br />

Wand- und Standuhren


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Rubrik<br />

STADT-<br />

EXPEDITION:<br />

#7 Essbares Hamburg<br />

Es grünt so grün! Das ist nicht nur ein Augenschmaus.<br />

Viele Pflanzen in Parks und am Wegesrand sind lecker<br />

und gesund. Wir sagen Ihnen, was und wo Sie sammeln,<br />

gärtnern und ernten können – günstig oder kostenlos.<br />

TEXT: ANNABEL TRAUTWEIN, ANNETTE WOYWODE<br />

1. Wilder Bärlauch<br />

hat ein unverkennbar<br />

würziges Aroma:<br />

wie Knoblauch.<br />

Lore Otto (links) und Katharina Henne<br />

machen Appetit auf Essbares, das im Hamburger<br />

Stadtgrün sprießt und gedeiht – zum Beispiel<br />

mit ihrem Buch „Hamburgs wilde Küche.<br />

Was wächst denn da & kann man das essen?“,<br />

erschienen im KJM Buchverlag, 16 €.<br />

FOTOS: DMITRIJ LELTSCHUK (2); KJM BUCHVERLAG/ANDREAS FROMM<br />

1. Mandelmus mit<br />

frischen Wildkräutern –<br />

perfekt für ein<br />

Frühlings picknick.<br />

Frühling! Jetzt kommt die Zeit, in der wir<br />

das Stadtleben im wahrsten Sinne des<br />

Wortes auskosten können. Denn Hamburg<br />

schmeckt gut! In Parks und Wäldchen<br />

sprießt essbares Grün, im Sommer reifen<br />

die ersten Früchte. Für Lore Otto und Katharina<br />

Henne beginnt jetzt die Hochsaison des Wildkräutersammelns<br />

– und zwar im ganzen Stadtgebiet.<br />

Wer umsichtig pflückt und gründlich<br />

wäscht, findet auch in der Großstadt viele Ecken,<br />

in denen man ohne Bedenken ernten kann, sagen<br />

die beiden Biologinnen. Nur stark befahrene<br />

Straßen und den Rand von Hundespazierwegen<br />

sollte man meiden. In ihrem Buch „Hamburgs<br />

wilde Küche“ zeigen sie: Es lohnt sich, die Stadtnatur<br />

mit Neugier zu beobachten. „Uns liegt daran,<br />

dass Leute ihre Umgebung entdecken“, sagt<br />

Katharina Henne. Denn in der Stadt gedeiht<br />

nicht nur leckeres Kraut. Auch das Gespür für<br />

den Wert des Essens wächst, wie uns Lebensmittelretter<br />

oder Foodcoops zeigen. Appetit auf<br />

mehr? Wir laden ein zu einem weitläufigen<br />

Streifzug durch das essbare Hamburg. •


Stadtexpedition<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />

„Im Stadtpark lohnt sich das Kräutersammeln jetzt richtig“,<br />

sagt Lore Otto. Tatsächlich: Am Wegesrand wachsen<br />

Vogelmiere, Löwenzahn und Brennnessel. Könnte ein<br />

Brennnessel-Limetten-Kuchen werden – aber wir pflücken<br />

lieber woanders, rät Otto. Die Brennnesselblätter sind gelöchert.<br />

Raupen haben vorgekostet. „Auf die sollten wir<br />

Rücksicht nehmen“, so die Umweltpädagogin. „Ich kann mich aus<br />

dem Supermarkt ernähren, Raupen nicht.“ Wir nehmen lieber das<br />

It-Kraut der Saison: Bärlauch! Das Aroma: kräftig wie Knoblauch.<br />

Könnten wir körbeweise ernten. Machen wir aber nicht, sagt Lore<br />

Otto. „Lieber von allem so wenig pflücken, dass man nicht sieht,<br />

dass etwas fehlt.“ Das gehört zum guten Umgang mit der essbaren<br />

Natur. Stadtpark, Otto-Wels-Str., zwei Bestimmungshefte: „Hamburgs wilde<br />

Küche – Was wächst denn da und wie kann man es erkennen?“, 15 Euro.<br />

Mehr als ein Viertel aller weltweit produzierten Lebensmittel<br />

landet im Müll – zu viel, sagen die Lebensmittelret-<br />

02.<br />

ter von Foodsharing. Zumal das meiste noch gut ist. Dellen oder ein<br />

Riss in der Verpackung sind die einzigen Mängel, die die geretteten<br />

Waren in Ankes Klappboxen aufweisen. Sie stammen von Kaufland<br />

in Bramfeld, einem der rund 120 Partner in Hamburg. Gut für beide<br />

Seiten: Der Supermarkt muss weniger wegschmeißen und die Lebensmittelretter<br />

können mehr Essen sinnvoll verteilen. Jeder kann<br />

mitmachen: Über digitale Essenskörbe bieten die Mitglieder kostenlos<br />

Fehlkäufe oder Reste an, manche Retter verteilen direkt an Freunde<br />

oder Bekannte. „Jeder Foodsaver findet irgendwann seinen Kreis“,<br />

sagt Anke. Sie verschenkt gern an das Jugendhaus Steilshoop,<br />

wo auch mal 20 Melonen auf einmal verwertet werden.<br />

Bramfelder Dorfplatz 18, www.foodsharing.de<br />

drei<br />

Wenn Wibke Wagner den Wocheneinkauf holt,<br />

braucht sie nur den Schlüssel zum „Keller“.<br />

Jeden Samstag trifft in der Foodcoop frisches<br />

Gemüse, Käse und Fleisch direkt vom Kattendorfer Hof ein – ohne<br />

Plastikverpackungen und alles Bio. Ihren wöchentlichen Ernteanteil<br />

bezahlt die Familie über den Mitgliedsbeitrag. So funktioniert solidarische<br />

Landwirtschaft: Alles wird geteilt, der Ertrag ebenso wie die<br />

Betriebskosten des Hofs. „Das Charmante daran ist, dass der Bauer<br />

wieder Bauer sein kann“, erklärt Britta Johannessen vom Kattendorfer<br />

Hof. Statt um Buchhaltung, Konkurrenz und Profit können sich<br />

die Landwirte um den fairen Umgang mit der Natur kümmern.<br />

Neun Foodcoops in Hamburg tragen den Kattendorfer Hof mit,<br />

dazu gibt es Hofläden in Barmbek, Eimsbüttel und der Schanze.<br />

Hofladen Barmbek: Pfenningsbusch 39, www.kattendorfer-hof.de<br />

Auch zwischen Beton und Straßenpflaster sprießt leckeres<br />

Grün. Etwa in öffentlichen Blumenkübeln: Hier<br />

schlägt das Behaarte Schaumkraut gerne seine Wurzeln.<br />

„Cardamine heißt die auf Schlau“, sagt Lore Otto.<br />

Tatsächlich ist das Pflänzchen längst nicht so pelzig,<br />

wie der Name klingt. Die runden Blätter am Boden und die oberen,<br />

länglichen sind nur an der Unterseite etwas behaart. Im <strong>Mai</strong> blüht<br />

die Cardamine weiß. Erntezeit ist sogar im Winter. „Einfach die Augen<br />

offenhalten. Schaumkraut steht auf gebuddelte und gehackte<br />

Erde“, so Lore Otto. Weil die Pflanze einjährig ist, kann man die<br />

Wurzel mitessen. Cardamine schmeckt kräftig-pikant, wie Kresse. Blumenkübel<br />

stehen oft an öffentlichen Plätzen, auch in und um Planten un Blomen.<br />

16<br />

FOTOS IM UHRZEIGERSINN: PICTURE ALLIANCE/ ROLF POETSCH (GÄNSEBLÜMCHEN); PRIVAT;<br />

ERHARD MARIA KLEIN/ WWW.MELLIFERA.DE (BIENENKISTE); DMITRIJ LELTSCHUK; ANNABEL TRAUTWEIN;<br />

MAURICIO BUSTAMANTE; PICTURE ALLIANCE/ROMAN MÄRZINGER (WALNUSSBAUM)<br />

5. Passt auch auf einen<br />

Balkon: Eine Bienenkiste<br />

ist nur etwas mehr als<br />

einen Meter lang.<br />

7<br />

8<br />

9


2<br />

1<br />

4. Schmeckt lecker:<br />

Unsere Expertin Lore<br />

Otto zeigt das Behaarte<br />

Schaumkraut.<br />

3<br />

5<br />

4<br />

7. Auf den Parzellen der<br />

Bio-Ackergemeinschaft<br />

Erntezeit gedeihen<br />

Kürbis, Kohl & Co.<br />

6<br />

2. Gerettet: Anke und<br />

Marcel holen Lebensmittel<br />

bei Kaufland in<br />

Bramfeld ab.<br />

8. Heilpraktikerin Daniela<br />

Wolff empfiehlt, zur<br />

Lymphentgiftung Gänseblümchen<br />

zu essen.<br />

9. Hier darf jeder ernten:<br />

325 Walnussbäume<br />

wachsen entlang<br />

Hamburger Straßen.


Stadtexpedition<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/ MAI <strong>2016</strong><br />

6. Angeln entspannt kollossal –<br />

aber nur den, der<br />

seinen Fischereischein plus<br />

Jahreskarte dabei hat.<br />

3. Wibke Wagner erledigt<br />

ihren Wochenendeinkauf<br />

in einer Foodcoop<br />

des Kattendorfer Hofs.<br />

Der FC St. Pauli summt! Seit April sollen dort<br />

zwei Bienenvölker auf das weltweite Bienensterben<br />

hinweisen und den wohl „ersten Stadionhonig<br />

der 2. Bundesliga“ liefern. Für Hobbyimkerei<br />

genügen auch ein Kleingarten, eine Terrasse,<br />

sogar ein Balkon, wie das vom NABU ausgezeichnete<br />

Projekt Bienenkiste zeigt. Und ein<br />

bisschen Zeit, so Bienenkistengründer Erhard Maria Klein.<br />

Trotzdem empfehlen er und der Imkerverband Hamburg<br />

(IVHH), sich bei einem Imkerverein zu informieren – auch,<br />

um Bienenkrankheiten zu verhindern. Wer keine Bienen halten<br />

will, kann Blumen säen und pflanzen, damit die Tiere<br />

von Februar bis September Nahrung finden. www.bienenkiste.de,<br />

www.ivhh.de. Monatliche Imkerabende: www.imkerverein-altona.de<br />

Angel ins Wasser halten, Fisch rausziehen? Von wegen.<br />

Manche Hamburger Gewässer sind Schutzzonen,<br />

die meisten verpachtet. Zu den „freien Gewässern“<br />

zählen große Teile von Elbe und Alster und deren<br />

Nebenkanäle – zu sehen auf einer Webseite von Hobbyangler<br />

Andreas Glock. Doch Achtung: Angler müssen eine Fischerprüfung<br />

ablegen, sie brauchen einen Schein und eine Jahreskarte.<br />

Wer ohne angelt, riskiert Strafen von<br />

bis zu 10.000 Euro. Aber kann man die Elbfische<br />

überhaupt essen? Nicht mehr als zwei<br />

Kilo pro Monat, rät das Hamburger Hygiene-Institut.<br />

An dreas Glock sagt dazu: „Je älter<br />

ein Elbfisch, desto mehr ist er belastet.<br />

Außerdem schmecken kleinere Exemplare<br />

viel besser.“ www.huklink.de/freie-gewaesser;<br />

Fischarten, Mindestmaße und Schonzeiten unter<br />

www.huklink.de/angeln<br />

SIEBEN<br />

Sammeln oder<br />

ackern? Möhren,<br />

Mangold oder Pflücksalat in Bio-<br />

Qualität wachsen auf dem Feld der<br />

Ackergemeinschaft Erntezeit in Fischbek.<br />

Ökologen beraten bei der Bewirtschaftung.<br />

Hobbygärtner pachten<br />

Parzellen von 25 bis 75 Quadratmetern<br />

und säen, pflanzen, jäten und<br />

ernten ihre Gewächse selbst. 25 Sorten<br />

sind jetzt schon in der Erde, bis zum Herbst kommen<br />

weitere dazu. Was auf dem Teller landet, ist gesund, lecker<br />

und „macht glücklich“, verspricht Erntezeit-Gründerin<br />

Jule Vickery. Ackerland zum Selbstgärtnern bietet auch der<br />

Erlebnisgarten Hamburg in Kirchwerder.<br />

www.gaertnernmachtgluecklich.de, www.erlebnisgarten-hamburg.de<br />

Er ist der „Staatsfeind Nummer eins. Alle hassen<br />

ihn!“, sagt Daniela Wolff und zeigt auf ein<br />

paar unschuldige Blättchen im Jenischpark:<br />

Giersch. Gartenbesitzer würden der Heilpraktikerin<br />

und Kräuterfrau beipflichten. Denn den Doldenblütler<br />

wird man so schnell nicht los. Da hilft nur: Essen! Und das<br />

gerne in Massen, so Wolff, denn Giersch kuriere nicht nur<br />

Gicht und Rheuma, sondern eigne sich auch perfekt für eine<br />

Kräuter-Frühjahrskur. In mittelalterlichen Klostergärten<br />

wurde die Pflanze angebaut. Heute gilt sie als Unkraut. So<br />

wie Gänseblümchen (Lymphentgiftung), Gundermann<br />

(Schleimlöser) oder Schafgarbe (Leber- und Nierenmittel).<br />

Heilkräuterführungen: Treffpunkt vor dem Jenisch Haus, elbwärts,<br />

Do, 5.5., 15 Uhr, Mo, 30.5., 19 Uhr, 11 Euro; www.beifussfrau.de<br />

Eine Walnussbaum-Allee – mitten in Bahrenfeld entlang<br />

der Notkestraße. Da schlägt das Sammlerherz<br />

höher. Insgesamt wachsen 325 Walnussbäume an<br />

Hamburger Straßenrändern, dazu 250 Apfel-, Birnen- und<br />

Pflaumenbäume und 81 Esskastanien. Wo genau, zeigt das<br />

Online-Baumkataster der Umweltbehörde (BUE). Weil keine<br />

Studien zu Schadstoffen in Früchten von Straßenbäumen<br />

vorliegen, fordert die Stadt nicht offiziell zum Ernten auf, so<br />

BUE-Sprecher Jan Dube. Aber von Bäumen auf öffentlichem<br />

Grund darf sich jeder nehmen. Eine Karte für essbares<br />

Stadtgrün bietet die Organisation Mundraub. Wer sich<br />

kostenlos registriert, kann online Fundorte einsehen oder eintragen.<br />

Oberste Mundraubregel: Eigentumsrechte klären!<br />

Standorte unter www.huklink.de/baeume oder www.mundraub.org •<br />

FOTOS: IMAGO, ANNABEL TRAUTWEIN<br />

18


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Stadtgespräch<br />

Meldungen (2)<br />

Politik & Soziales<br />

Aktion gegen Leerstand in der City Illegale Ferienwohnungen: Stadt schaut oft nur zu<br />

Mehr als 20.000 Quadratmeter Büroraum<br />

stehen am Axel-Springer-Platz<br />

leer. Im Laufe des nächsten Jahres soll<br />

das Bezirksamt Mitte in das Springer-<br />

Verlagsgebäude einziehen. Initiativen<br />

aus dem Netzwerk Recht auf Stadt<br />

fordern jetzt eine Zwischennutzung<br />

durch Wohnungslose, Flüchtlinge und<br />

Studierende ein. Am Sonnabend, den<br />

28. <strong>Mai</strong>, veranstalten sie um 16 Uhr<br />

ein Straßenfest vor dem Gebäude. JOF<br />

•<br />

4562 Wohnungen werden in Hamburg dauerhaft an Touristen<br />

vermietet und damit dem Wohnungsmarkt entzogen. Das<br />

geht aus einer Studie des Immobilienentwicklers GBI hervor.<br />

Erlaubt ist das nicht: Nur während einer vorübergehenden<br />

Abwesenheit, wie einem Urlaub, darf man in Hamburg seine<br />

Wohnung anderen überlassen. Ansonsten droht ein Bußgeld<br />

von bis zu 50.000 Euro. Die zuständigen Mitarbeiter in den<br />

Fachämtern würden allerdings „nur auf Hinweis tätig“, so die<br />

Stadtentwicklungsbehörde. Von 2013 bis Sommer 2015 gab<br />

es 306 entsprechende Verfahren, 181 davon waren laut Senat<br />

erfolgreich. Aktuellere Zahlen gibt es nicht. „Das Problem<br />

ist, dass die personelle Ausstattung der Ämter offenbar<br />

ungenügend ist“, so Marc Meyer von Mieter helfen Mietern.<br />

Der Senat müsse daher Korrekturen vornehmen und zudem<br />

Schlupflöcher im Gesetz schließen. Ansonsten verkomme das<br />

Wohnraumschutzgesetz zu einem „Papiertiger“. JOF<br />

•<br />

Mietpreisbremse: Mieterschützer fordert Nachbesserungen<br />

Die seit Juli 2015 in Hamburg geltende Mietpreisbremse wirkt nicht. „Kaum ein Vermieter<br />

hält sich daran“, sagt Siegmund Chychla, Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg.<br />

Seit Einführung der Bremse dürfen Mieten den Mietenspiegel im Regelfall um höchstens<br />

zehn Prozent überschreiten. Derzeit liegt die Durchschnittsmiete in Hamburg bei 8,02 Euro<br />

kalt pro Quadratmeter. Oft fordern Vermieter aber deutlich mehr als erlaubt. „Es fehlt an<br />

Sanktionen“, meint Mieterschützer Chychla und fordert Korrekturen: Mieter sollten zuviel<br />

gezahltes Geld rückwirkend ab dem Zeitpunkt einfordern können, an dem der Mietvertrag<br />

abgeschlossen wurde, und nicht erst ab dem Zeitpunkt der Rüge. Zudem behaupteten<br />

manche Vermieter, sie hätten schon vom Vormieter eine hohe Miete verlangt und seien<br />

deshalb im Recht: „Diese müssen verpflichtet werden, das zu beweisen.“ JOF/BELA/UJO<br />

•<br />

<br />

<br />

®<br />

Nachhaltige Politik<br />

Wie kann eine nachhaltige<br />

Wohnraumversorgung<br />

aussehen? Woran ist sie<br />

bisher in Hamburg<br />

gescheitert? Was muss<br />

geschehen? Diesen Fragen<br />

geht eine spannende<br />

Podiumsdiskussion des<br />

Zukunftsrats nach. BELA<br />

•<br />

Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg,<br />

Von-Melle-Park 3, 24.5., 18 Uhr,<br />

mehr Infos unter www.huklink.de/wohnraum<br />

Wenn Leib und Leben bedroht sind<br />

Flüchtlinge werden derzeit vor allem über<br />

die Zahl der Menschen wahrgenommen,<br />

die Europa und Deutschland erreichen.<br />

Was es bedeutet, die Heimat wegen Krieg und<br />

Terror verlassen zu müssen, vermitteln die<br />

„Tage des Exils“. Schirmherrin Herta Müller<br />

eröffnet am 23. <strong>Mai</strong> die Veranstaltungsreihe.<br />

Einen Tag später berichten (ehemalige) Gäste<br />

der Stiftung für politisch Verfolgte im Rathaus<br />

über Unterdrückung und Verfolgung in<br />

Marokko, Tunesien und Syrien (24.5., 11 Uhr).<br />

Mehr als 30 Veranstaltungen bieten unterschiedliche<br />

Blickwinkel auf Vergangenheit<br />

und Gegenwart des Exils. UJO<br />

•<br />

Mehr Infos und Programm im Internet<br />

unter www.tagedesexils.de<br />

19<br />

<br />

<br />

<br />

ergobweb.de<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

040/30 96 92-0<br />

ERGO


Panama-City – Blick ins<br />

Geschäftsviertel. Man sieht,<br />

dass in der STEUEROASE<br />

das Geld zu Hause ist.<br />

Oh, wie schön<br />

ist Panama!<br />

Ausgerechnet Christoph Lütgert, NDR-Reporter und immer auf der Jagd nach<br />

den Skrupellosen dieser Welt, ist jetzt auch Besitzer einer Briefkastenfirma.<br />

Natürlich nur zu Recherchezwecken. Und natürlich geht es um die Panama-Papiere.<br />

TEXT: BIRGIT MÜLLER<br />

FOTOS IN PANAMA: WILLEM KONRAD<br />

PORTRÄT LÜTGERT: NDR<br />

20


Wir treffen Christoph Lütgert in einem winzigen Hamburger<br />

Café. Lütgert hat quasi eine Weltreise für den ARD-Film<br />

über die Panama-Papers hinter sich: St. Petersburg, Moskau,<br />

Reykjavík, Guinea, Wilhelmshaven – und natürlich Panama.<br />

„Ich bin erst Ende 2015 angesprochen worden“, sagt der<br />

NDR-Reporter. „Da wusste ich noch nicht, dass es einen<br />

Whistleblower gegeben hatte, der sich ein Jahr zuvor an die<br />

Süddeutsche Zeitung gewandt hatte.“ Mit einer nie dagewesenen<br />

Datenmenge: 11,5 Millionen Dokumente, darunter<br />

4,5 Millionen E-<strong>Mai</strong>ls. Abgezapft bei der Anwaltskanzlei<br />

Mossack Fonseca (Mossfon) in Panama-City.<br />

Mossack Fonseca, dahinter verbergen sich zwei Männer,<br />

die vor ein paar Wochen noch niemand kannte und die jetzt<br />

berühmt-berüchtigt sind: der deutschstämmige Anwalt Jürgen<br />

Mossack und sein panamaischer Kompagnon Ramón<br />

Fonseca. Haupttätigkeit der Kanzlei: Sie half bislang, min-<br />

destens 200.000 Briefkastenfirmen in 21 Steueroasen zu<br />

gründen. Die Süddeutsche wiederum sprach eine internationale<br />

Plattform für investigativen Journalismus an und verteilte<br />

die Datenpakete auf Rechercheteams weltweit. Auch der<br />

NDR gehörte dazu. „Dieses Team hat für den ARD-Film die<br />

Um mehr zu<br />

erfahren, gründete der<br />

NDR-REPORTER<br />

Christoph Lütgert<br />

selbst eine<br />

Briefkastenfirma.<br />

21


Stadtgespräch<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />

Christoph Lütgert in der Lobby des Hilton Hotels in Panama-City. Hier fand eine<br />

Konferenz der Superreichen statt. Ein Thema: „STEUERN vermeiden“. Sponsor: Mossack Fonseca.<br />

„ Jürgen Mossack<br />

ist ein Dienstleister<br />

ohne Gewissen.“<br />

CHRISTOPH LÜTGERT<br />

eigentliche Arbeit gemacht“, betont Lütgert. „Die Kollegen<br />

haben monatelang recherchiert, Dossiers verfasst und mich<br />

mit dem Wissen ausgestattet, das ich brauchte, um auf Reisen<br />

gehen und Interviews führen zu können.“<br />

Bis zur Ausstrahlung des Films Anfang April drang kein<br />

Sterbenswörtchen nach draußen. Und wer da alles irgendwo<br />

in Briefkastenfirmen sein Geld versteckte! Superreiche, Verbrecher,<br />

Waffenschieber, Politiker aller Couleur. „Allein<br />

zwölf amtierende und ehemalige Staatschefs“, sagt Lütgert.<br />

Was er trotz all der Recherchen nicht versteht: „Die Gründung<br />

einer Briefkastenfirma ist legal. Aber mir hat niemand<br />

einen triftigen Grund nennen können, was man, außer Geld<br />

zu verstecken, Gutes mit einer Briefkastenfirma machen<br />

kann.“ Ein Experte für Steuerstrafrecht sagte ihm ins Mikro:<br />

„Der Besitz einer Briefkastenfirma legt in der Regel einen<br />

Anfangsverdacht nahe.“ Meist geht es eben doch darum,<br />

Steuern zu vermeiden oder um Geldwäsche.<br />

Jürgen Mossack ist für Lütgert schlicht „ein Dienstleister<br />

ohne Gewissen“. Der Reporter könnte an die Decke gehen,<br />

wenn er an einzelne Fälle denkt, die das internationale Rechercheteam<br />

aufgedeckt hat. Der Cousin von Syriens Diktator<br />

Assad war jahrelang Kunde. Auch noch, als längst klar<br />

war, dass er in Waffengeschäfte verwickelt war und er auf einer<br />

schwarzen Liste für Bankgeschäfte stand. Auch Freunde<br />

von Putin tauchten auf. Dann doch überraschend: ein bekannter<br />

Cellist, enger Freund Putins und Patenonkel seiner<br />

Tochter, war scheinbar Multimillionär. „So nah waren wir<br />

noch nie an Putins Geld dran.“<br />

Es gibt ja so einen Journalistenspruch: „Mache dich nie<br />

mit einer Sache gemein, auch wenn es eine gute ist“, geprägt<br />

22


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Stadtgespräch<br />

vom ehemaligen Tagesthemen-Moderator Hajo Friedrichs.<br />

Dieser Typ von Journalist ist Lütgert nicht. Wenn er Ungerechtigkeiten<br />

wittert und wenn sich Leute weigern, über ihr<br />

Handeln Rechenschaft abzulegen, dann kann er zum Terrier<br />

werden. Dann schreckt er auch nicht vor sogenannten Überfall-Interviews<br />

oder versteckter Kamera zurück – solche Methoden<br />

müssen übrigens immer vom NDR-Justiziar genehmigt<br />

werden. In diesem Fall hatte er grünes Licht. Denn zig<br />

Interview-Anfragen hatten die Journalisten an Mossack<br />

gestellt. Er hatte sich stets verweigert.<br />

Dabei sind die meisten recherchierten Fälle nicht mal<br />

illegal, „nur sehr unappetitlich“, findet Lütgert. Eine Geschichte<br />

schäbiger als die andere. Beispielsweise die des israelischen<br />

Milliardärs Beny Steinmetz. Der Diamantenhändler<br />

und seine Frau gelten als Großspender, gerade das Wohl von<br />

Kindern liegt ihnen nach eigenem Bekunden am Herzen.<br />

Was Steinmetz nicht daran hindert, einen Riesencoup in<br />

Guinea zu landen, einem der ärmsten Länder der Erde. Immerhin<br />

verfügt Guinea über ein riesiges Eisenerzvorkommen.<br />

Steinmetz überweist der Lieblingsfrau des damaligen<br />

Diktators Lansana Conté eine Millionensumme auf ihr Konto.<br />

Kurze Zeit später verschenkt Conté die Schürfrechte für<br />

das Eisenerz an Steinmetz. „Infam“ nennt das Lütgert: „So<br />

wird verhindert, dass ein armes Land von seinen eigenen Bodenschätzen<br />

profitiert.“<br />

Und es geht noch weiter: Steinmetz verkauft die Hälfte<br />

seiner Abbaurechte an ein brasilianisches Konsortium – für<br />

2,5 Milliarden Dollar! Bei Veröffentlichung dieses Skandals<br />

hatte er immerhin schon 500 Millionen bekommen. Nicht<br />

gerade überraschend: Für ein Interview stand auch Beny<br />

Steinmetz nicht zur Verfügung. Steinmetz bestreitet per Anwalt<br />

den Vorwurf der Bestechung. Immerhin: Der Skandal<br />

ist auf dem Tisch. „Da spätestens denkt man: Es ist toll, dass<br />

du bei so einem Projekt dabeisein darfst.“<br />

Ganz mies auch folgende Geschichte aus Deutschland.<br />

Es geht um den Schreibmaschinenhersteller Olympia in Wilhelmshaven,<br />

der zeitweise bis zu 20.000 Mitarbeiter beschäftigte.<br />

In den 1990er-Jahren ging es bergab. Firmenanteile<br />

wurden 1994 von der Elite-Gruppe in Hongkong übernommen<br />

und in eine Briefkastenfirma auf den britischen Jungferninseln<br />

gesteckt. Elite weigert sich bis heute mit Erfolg, die<br />

5,3 Millionen für die Renten der Mitarbeiter in Deutschland<br />

zu zahlen, obwohl sie gerichtlich dazu verpflichtet wurden.<br />

Doch Mossfon konnte die Elite-Gruppe beruhigen. In einer<br />

E-<strong>Mai</strong>l an Elite heißt es: „Auch in Deutschland gerichtlich<br />

abgesicherte Ansprüche sind auf den Britischen Jungferninseln<br />

nicht durchsetzbar.“ Das hat Lütgert richtig wütend<br />

gemacht. „Ich dachte nur: Auf sie mit Gebrüll!“<br />

So gerne wäre Lütgert auch dabei gewesen, als der isländische<br />

Kollege Jóhannes Kr. Kristjansson den isländischen<br />

„Die meisten Fälle<br />

sind legal, aber<br />

unappetitlich!“<br />

Premier Gunnlaugsson durch seine Recherchen so in die<br />

Bredouille brachte, dass der vor laufender Kamera völlig aus<br />

der Fassung geriet – und später zurücktreten musste. Gunnlaugsson<br />

hielt Anteile in Höhe von vier Millionen Dollar an<br />

isländischen Banken. Das hätte er offenlegen müssen, als<br />

er Ministerpräsident wurde. Deswegen verkaufte er seine<br />

Anteile für einen Dollar an seine Frau. Und dann musste<br />

Gunnlaugsson darüber entscheiden, wie es in dem hochverschuldeten<br />

Island mit den Banken weitergehen sollte. Kristjansson<br />

schienen die Recherchen zu belasten, nicht nur, weil<br />

er ein Jahr schweigen musste. „Er befürchtete, dass er sich in<br />

Island mit dieser Enthüllung keine Freunde machen würde“,<br />

sagt Lütgert. Er hatte nämlich noch andere Namen in den<br />

Dokumenten gefunden: Menschen, die er persönlich kannte.<br />

Letzte Station: Panama-City, Hilton Hotel. Das ist sonst<br />

nicht so die Adresse, wo NDR-Reporter absteigen. Aber im<br />

Hilton tagten gerade die Dienstleister der Superreichen.<br />

Sponsoren dieser Offshore-Konferenz: Mossack Fonseca.<br />

Lütgert und sein Team hofften, dem deutschen Anwalt hier<br />

auf den Zahn fühlen zu können. Lütgert hatte sich mit einem<br />

weißen Jackett herausgeputzt und konnte, bevor er rausgeworfen<br />

wurde, noch sehen, worum es bei der Tagung gehen<br />

sollte: „Steuern – eine weltweite Besessenheit“.<br />

Dabei gehörte Lütgert damals selbst zu dieser „feinen“<br />

Gesellschaft. Für die Recherche hatte er (mit dem NDR) eine<br />

Briefkastenfirma gegründet. „War ganz leicht“, sagt der<br />

71-Jährige. Es gab da einen Online-Vordruck, den er ausgefüllt<br />

hat. 3000 Dollar überwiesen – und schon war er Besitzer<br />

der Antje Overseas. Sein Name tauchte nicht mehr auf.<br />

Dafür bekam er umgehend mitgeteilt, wer die Direktoren seiner<br />

Firma seien: wieder irgendwelche Briefkastenfirmen. Bei<br />

anderen Briefkastenfirmen kann es allerdings durchaus<br />

Direktoren aus Fleisch und Blut geben. Natürlich sind das<br />

keine echten Direktoren, sie vermieten nur ihre Identität.<br />

Die meisten für wenig Geld, ergaben die Recherchen.<br />

Die „Direktoren“ von Lütgerts Firma, also die Briefkastenfirmen,<br />

sitzen auf Zypern. Deshalb verwunderte es ihn<br />

sehr, dass die sich morgens von 9 bis 10 Uhr zu einer Sitzung<br />

getroffen haben wollten – in Panama-City. So stand es jeden-<br />

23


Stadtgespräch<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />

„Ich dachte nur:<br />

Auf sie mit<br />

Gebrüll!“<br />

falls im Protokoll. Was nicht drinstand: Worüber man eigentlich<br />

geredet hatte. Immerhin hat die Antje Overseas eine echte<br />

Adresse, eine noble noch dazu. Lütgerts Briefkastenfirma<br />

residiert in DER Bankenstraße von Panama-City.<br />

Lütgert googelte die Adresse: Unter selbiger Adresse waren<br />

angeblich 6000 Firmen ansässig. Das ist selbst für ein<br />

Hochhaus viel. Lütgert wollte sich das mal genauer anschauen.<br />

Im 19. Stockwerk dann die Überraschung. „Ich wusste,<br />

dass ich auf Schmu stoßen würde“, sagt Lütgert. „Aber ich<br />

hatte mir schon vorgestellt, dass da eine große Anwaltskanzlei<br />

sitzt und die ganzen Briefkastenfirmen verwaltet.“ Aber<br />

dem war nicht so. Was er antrifft, ist ein leeres Büro mit bester<br />

Aussicht, aber völlig heruntergekommen. Und am Ende<br />

des Flurs eine Rezeptionistin, die allein die Stellung hält.<br />

Finale. Kurz bevor die Rechercheteams weltweit ihre<br />

Ergebnisse am selben Tag veröffentlichen wollten, trafen sich<br />

sieben Teams in Panama-City. Keines hatte bislang einen Interviewtermin<br />

mit Mossack oder Fonseca bekommen. Da beschlossen<br />

sie, sich nicht mehr abweisen zu lassen. „Morgens<br />

trafen wir uns in einem Coffeeshop und marschierten los“,<br />

sagt Lütgert genüsslich.<br />

Sie positionierten sich vor dem Büro, Lütgert rief bei<br />

Mossfon an. Der Sprecher sei gerade in einem Meeting, hieß<br />

Die miese Sache mit<br />

dem Roten Kreuz<br />

Mehr als ein Jahr arbeitete Jan Lukas Strozyk an den Panama-Papieren.<br />

Zusammen mit 370 anderen Rechercheuren und Journalisten aus<br />

78 Ländern landete er einen der größten Enthüllungscoups aller Zeiten.<br />

TEXT: BIRGIT MÜLLER<br />

FOTO: MARTIN JÄSCHKE<br />

Er war einer der Ersten, der<br />

von dem Whistleblower und<br />

den Panama-Papieren erfuhr.<br />

Denn Jan Lukas Strozyk<br />

gehört zum Investigativteam<br />

von NDR, WDR und<br />

Investigativjournalist JAN<br />

LUKAS STROZYK studierte<br />

Islamwissenschaften und<br />

Amerikanistik und absolvierte<br />

die Henri-Nannen-Schule.<br />

Süddeutscher Zeitung. Monatelang<br />

wühlte er sich durch<br />

Dokumente, Verträge und<br />

E-<strong>Mai</strong>ls.<br />

Eine seiner Lieblingsgeschichten,<br />

auf die er persönlich<br />

stieß: Die Kanzlei Mossack<br />

Fonseca (Mossfon) hatte<br />

eine Stiftung gegründet: die<br />

Faith Foundation. Das wunderte<br />

ihn dann doch. Nutznießer<br />

dieser Stiftung sollte<br />

das Rote Kreuz sein.<br />

„Ich hätte Mossack<br />

Fonseca nie einen moralischen<br />

Horizont zugetraut“,<br />

sagt der 31-Jährige. Das wollte<br />

er sich mal genauer ansehen.<br />

Aber natürlich hatten<br />

die Wegbereiter von mehr als<br />

200.000 Briefkastenfirmen<br />

nicht wirklich das Wohl einer<br />

Hilfsorganisation im Sinn.<br />

Die Stiftung und der weltweit<br />

bekannte Name Rotes<br />

Kreuz wurden ohne Wissen<br />

der Organisation genutzt –<br />

oder besser: missbraucht.<br />

Dazu wird eine Lücke im<br />

Gesellschaftsrecht von Panama<br />

genutzt: Man gründet eine<br />

Stiftung, in diesem Fall<br />

die Faith Foundation,und<br />

gibt einen Begünstigten an.<br />

In diesem Fall das Rote<br />

Kreuz. In deren Auftrag werden<br />

Briefkastenfirmen gegründet,<br />

die wiederum in<br />

Wirklichkeit Kunden von<br />

Mossack Fonseca gehören.<br />

Sinngemäß stand in den<br />

Mossfon-E-<strong>Mai</strong>ls: Wir haben<br />

uns das Konstrukt ausgedacht,<br />

quasi als Eintrittskar-<br />

24


Stadtgespräch<br />

es. Lütgert machte deutlich: Wir können warten. „Da war<br />

der Sprecher aber ganz schnell unten.“ Und verteilte die üblichen<br />

Pressemitteilungen: Dass sie sich nichts vorzuwerfen<br />

hätten und sich von dubiosen Kunden schnell trennen würden.<br />

„Er wusste ja nicht, dass uns alle Unterlagen vorlagen“,<br />

sagt Lütgert.<br />

Was ihn bewegt: „Journalismus kann meist nichts bewirken.<br />

Nehmen Sie Kik: Die Produktionsbedingungen sind<br />

weiterhin elend. Das Bewusstsein wächst zu langsam.“ Dasselbe<br />

gelte für den Finanzdienstleister AWD, „wo kleine<br />

Leute um ihre Altersvorsorge betrogen wurden.“ Aber diesmal<br />

sei es anders. „Diese weltweite Recherche hat ein politisches<br />

Erdbeben ausgelöst. Und es ist noch nicht zu Ende.“ •<br />

ARD-Mediathek: PanamaPapers – Im Schattenreich<br />

der Offshorefirmen. Ein Film von Nils Casjens, Christian Deker,<br />

Willem Konrad www.huklink.de/panama<br />

te, damit ihr eine Briefkastenfirma<br />

und ein Konto bei<br />

einer europäischen Bank eröffnen<br />

könnt.<br />

Aus den E-<strong>Mai</strong>ls geht<br />

auch hervor, dass die Kunden<br />

Angst hatten, ihr Geld<br />

dem Roten Kreuz schenken<br />

zu müssen. Mossfon beruhigte<br />

sie: Diese Sorge muss man<br />

in Panama nicht haben.<br />

„Bevor die Stiftung Geld<br />

ausschüttet, kann sie einfach<br />

sagen: Nein, doch nicht!“<br />

Für eine gemeinnützige<br />

Organisation wie das Rote<br />

Kreuz ist so eine unfreiwillige<br />

Verquickung katastrophal.<br />

„Zum einen, weil ihr guter<br />

Ruf in Gefahr ist“, sagt Jan<br />

Lukas Strozyk.<br />

Aber noch wichtiger: „Es<br />

muss nur ein Vertrag auftauchen,<br />

bei dem das Rote<br />

Kreuz vorkommt und wo es<br />

in Wirklichkeit um das Verschieben<br />

von Waffen geht –<br />

und wir haben ja gesehen,<br />

dass Waffengeschäfte über<br />

Mossack Fonseca abgewickelt<br />

wurden“, so Strozyk. „Das<br />

kann für die Mitarbeiter von<br />

Hilfsorganisationen, die in<br />

Krisengebieten im Einsatz<br />

sind, lebensgefährlich werden.“<br />

Übrigens gab es noch<br />

eine zweite Schein-Stiftung<br />

und weitere missbrauchte<br />

Hilfsorganisationen: den<br />

WWF und Unicef.<br />

Warum es eine seiner<br />

Lieblingsgeschichten ist?<br />

„Mossack Fonseca sagt gerne,<br />

dass sie sich immer an<br />

geltendes Recht halten. Vielleicht<br />

stimmt das sogar. Aber<br />

losgelöst vom Wortlaut des<br />

Gesetzes hätte jeder anständige<br />

Mensch gesagt: ‚Das ist<br />

bösartig!‘“<br />

Die Panama-Papiere –<br />

Strozyk ist stolz, bei diesem<br />

Mammut-Projekt dabeizusein.<br />

Auch, weil man damit<br />

„Menschen davon überzeugen<br />

kann, dass Journalismus<br />

toll und wichtig ist“.<br />

Es wird Jahre dauern, bis<br />

alles aufgearbeitet ist. Jan<br />

Lukas Strozyk ist bislang<br />

noch mit der Aufklärung<br />

rund um die Berenberg Bank<br />

befasst. Dann will er mal Urlaub<br />

machen. „Vermutlich<br />

aber nicht in Panama.“ •<br />

Buchtipp: Panama Papers,<br />

Bastian Obermayer, Frederik<br />

Obermaier, Kiepenheuer&<br />

Witsch, 16,99 Euro<br />

In eigener Sache<br />

Stress mit dem neuen<br />

Straßenmagazin<br />

Seit Anfang April<br />

gibt es in Hamburg<br />

ein zweites Straßenmagazin:<br />

„Straße<br />

Journal Deutschland“.<br />

Darüber waren<br />

wir doch ziemlich<br />

vor den Kopf<br />

gestoßen, weil sich<br />

die Macher uns<br />

nicht einmal vorgestellt haben. Unter Straßenmagazinen<br />

gilt ein Ehrenkodex, zu dem auch<br />

Gebietsschutz gehört. Das bedeutet, dass alle<br />

Verkäufer auf ihren Plätzen geschützt sind.<br />

Anfangs dachten wir: Okay, sie sind neu,<br />

sie wissen das alles vielleicht nicht. Deshalb<br />

besuchten wir sie im Schiffbeker Weg. Die<br />

Macher versprachen auch, unsere Verkaufsplätze<br />

zu respektieren. Leider tun sie das aber<br />

nicht. Und sie sind auch keine Anfänger.<br />

Sie haben schon seit 2011 in Holland das<br />

Straat Journaal Benelux rausgegeben. Und<br />

dort wie hier gehen sie nach dem gleichen<br />

Muster vor: Ihr Blatt besteht aus zusammenkopierten<br />

Artikeln, die meist ohne Wissen der<br />

Urheber und ohne Quellenangabe veröffentlicht<br />

werden. Unsere holländischen Partnerzeitungen<br />

in Rotterdam und Haarlem sind schwer<br />

in Bedrängnis geraten, weil sich die Verkäufer<br />

auf der Straße von den Straat-Journaal-Verkäufern<br />

bedrängt fühlten und die Auflage rapide<br />

gesunken ist.<br />

Auch bei uns wurden schon Verkäufer auf<br />

ihrem Platz bedroht. Das wollen wir nicht hinnehmen.<br />

Inzwischen zeigen sich Supermärkte<br />

mit den Hinz&Künztlern solidarisch. Sie wollen<br />

helfen, wenn es Schwierigkeiten geben sollte.<br />

Und das Abendblatt geht dagegen vor, dass<br />

Straße Journal einfach ihre Artikel klaut.<br />

Was uns wütend macht: Dass durch ein<br />

dubioses Blatt unser gutes Image beschädigt<br />

werden kann. Wir Straßenmagazine weltweit<br />

haben uns in einem internationalen Dachverband<br />

zusammengeschlossen. Zu unserem Ehrenkodex<br />

gehört auch, dass wir echte Redaktionen<br />

haben und uns sozial engagieren. Wir<br />

tauschen Artikel und Ideen aus und helfen uns<br />

gegenseitig. Natürlich gibt es immer mal wieder<br />

Stress, dass einzelne „Schwarzverkäufer“<br />

aus anderen Städten hier ihr Magazin verkaufen.<br />

Aber nicht so bewusst von den Machern<br />

eines Magazins gesteuert. Wir hoffen jetzt, dass<br />

die Behörden dafür sorgen, dass der soziale<br />

Friede auf der Straße gewahrt bleibt. BIM •<br />

25


Stadtgespräch<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />

BEDINGUNGS<br />

LOSESGRUND<br />

EINKOMMEN<br />

Was geschieht mit Menschen, wenn sie sich ums Geld keine Sorgen mehr<br />

machen müssen? Ein Berliner Projekt will das herausfinden und verlost<br />

bedingungslose Grundeinkommen. Astrid Lobreyer ist eine der Gewinnerinnen.<br />

TEXT: ULRICH JONAS<br />

FOTO: MAURICIO BUSTAMANTE<br />

Als das neue Leben beginnt, liegt Astrid Lobreyer<br />

erschöpft in der Badewanne. Es ist<br />

Abend, der Tag war anstrengend, und dass sie<br />

sich um ein Grundeinkommen beworben hat,<br />

hat die 52-Jährige in diesem Moment vergessen.<br />

Als sie aus der Wanne steigt, klingelt das Telefon. Eine<br />

nicht-internetgeübte Freundin bittet sie, in ihrem Namen<br />

eine E-<strong>Mai</strong>l zu verschicken. Astrid Lobreyer lässt ihren<br />

Computer hochfahren. Auf einmal fällt ihr ein: Heute war<br />

doch die Verlosung! Ein paar Klicks später hat sie Gewissheit.<br />

Sie hat gewonnen.<br />

„ICH SEHE<br />

MÖGLICHKEITEN,<br />

DIE ICH VORHER<br />

NICHT HATTE.“<br />

ASTRID LOBREYER<br />

„Was würde passieren, wenn Du plötzlich Grundeinkommen<br />

hättest?“ Seit August 2014 stellt der Berliner Michael<br />

Bohmeyer auf der Webseite „mein-grundeinkommen.de“<br />

diese Frage. Sein Grundgedanke ist: Niemand kennt die Antwort<br />

wirklich. Und weil das so ist, muss man es ausprobieren.<br />

Also hat der 31-Jährige ein einzigartiges Experiment gestartet:<br />

Bohmeyer sammelt Spenden ein von Menschen, die diese<br />

Frage so bewegt wie ihn, und verlost mithilfe des Geldes<br />

Grundeinkommen.<br />

Bewerben kann sich jeder: die Hartz-IV-Empfängerin<br />

wie der Millionär. Wer gewinnt, bekommt ein Jahr lang 1000<br />

Euro monatlich auf sein Konto überwiesen – zusätzlich zum<br />

Einkommen und ohne sich zu irgendeiner Gegenleistung<br />

verpflichten zu müssen. Nicht mal Abzüge fallen an, weil<br />

„Gewinne aus Gewinnspielen steuerfrei sind“, so die Projektmacher.<br />

Knapp 42.000 Unterstützer haben so bislang 39<br />

Menschen glücklich gemacht. Diesen Monat werden die<br />

nächsten Gewinner ermittelt (siehe Interview Seite 28).<br />

Astrid Lobreyer hat an jenem Abend im November vergangenen<br />

Jahres erst mal eine Freundin angerufen. „Nach<br />

dem Freudentanz, den wir am Telefon veranstaltet haben,<br />

konnte ich wieder unter die Dusche gehen“, erzählt die Bad<br />

Oldesloerin. Es gibt wohl wenige Menschen, denen man den<br />

Gewinn so gönnt wie ihr: Drei Kinder hat sie alleine großgezogen,<br />

nachdem ihre Ehe mit einem Seemann in die Brüche<br />

ging. Vormittags arbeitet sie im örtlichen Frauenzentrum als<br />

Mädchen für alles, nachmittags und an den Wochenenden<br />

bessert sie ihr Einkommen als Selbstständige auf: Astrid Lobreyer<br />

lehrt Alexander-Technik, eine von einem australischen<br />

Schauspieler erfundene Methode, die Körperwahrnehmung<br />

zu stärken. Deren Ausgangsfrage beschreibt sie so: „Wie fühlt<br />

sich das an, wenn ich richtig auf meinen Füßen stehe?“<br />

Am Morgen nach dem Gewinn zieht Astrid Lobreyers<br />

jüngste Tochter aus, die 18-Jährige studiert in Berlin. „Da<br />

konnte ich sie und ihre Freunde endlich mal zum Essen aus-<br />

26


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Stadtgespräch<br />

führen. Das wäre ohne Grundeinkommen nicht gegangen.“<br />

Das Leben fühlt sich auf einmal leichter an: Ihrem Sohn<br />

kann sie ein teures Fachbuch über Stadtsoziologie zu Weihnachten<br />

schenken, das er sich so sehr gewünscht hat. Nachbarn<br />

und Freunde lädt sie zu einem Fest ein, nun kann sie<br />

„endlich mal Gastgeberin sein“. Das Geld für die teure Autoreparatur<br />

muss sie sich nicht wie sonst leihen. Und sie kauft<br />

sich eine neue Brille. Nach 18 Jahren.<br />

Als Hinz&<strong>Kunzt</strong> sie im Januar das erste Mal trifft, sagt<br />

Astrid Lobreyer mit einem Strahlen in den Augen: „Ich fahre<br />

ein bisschen hochtourig. Sehe Möglichkeiten, die ich vorher<br />

nicht hatte. Das ist aufregend!“ Sie hat eine Fortbildung zur<br />

Trauerrednerin gebucht, will sich so ein neues Standbein aufbauen:<br />

„Das ist ein Wunsch, den ich seit sieben Jahren mit<br />

ASTRID LOBREYER<br />

KAUFT SICH EINE<br />

NEUE BRILLE. NACH<br />

18 JAHREN.<br />

mir rumtrage.“ Um ihre Gesundheit will sie sich kümmern.<br />

Seit Jahren leidet sie an starken Rückenschmerzen, „die<br />

machen mich wahnsinnig“. Eine Odyssee durch die Schulmedizin<br />

hat sie hinter sich, nun soll eine Heilpraktikerin helfen.<br />

Und den Katamaran-Segelschein will sie machen.<br />

Schließlich hat sie vor Jahren, als sie mit ihrem Ex-Mann auf<br />

einer Südsee-Insel lebte, das Segeln lieben gelernt. Sie spüre<br />

mit dem Geld „eine andere Sicherheit“, sagt Astrid Lobreyer.<br />

„Die ständigen Existenzängste haben mich fertiggemacht.“<br />

Auf der Internetseite des Projekts lässt sich nachlesen,<br />

wie ein Grundeinkommen Menschen bewegen kann: Der<br />

Callcenter-Agent kündigt seinen Job und studiert Pädagogik.<br />

Die Rentnerin plant eine Reise, die ihr Sohn sich schon so<br />

lange wünscht. Und der Softwareentwickler, zufrieden mit<br />

Arbeit und Leben, kauft einen 3D-Drucker, um Kinder und<br />

Jugendliche mit der neuen Technik vertraut zu machen.<br />

April <strong>2016</strong>. Astrid Lobreyer hat sich zur Trauerrednerin<br />

fortbilden lassen und sagt zufrieden: „Das Rüstzeug habe ich<br />

mitbekommen.“ Bald wird sie sich bei einem Bestatter vorstellen,<br />

den sie kürzlich angesprochen hat. „Dann wollen wir<br />

schauen, wie das gehen kann.“ Die Schmerzen quälen<br />

sie deutlich weniger. Haben die Mittel der Heilpraktikerin<br />

geholfen? Oder liegt es „an der Euphorie, diesen Glückshormonen,<br />

daran, dass ich mich handlungsfähiger fühle“?<br />

27


Stadtgespräch<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />

„DIE STÄNDIGEN<br />

EXISTENZÄNGSTE<br />

HABEN MICH<br />

FERTIGGEMACHT.“<br />

ASTRID LOBREYER<br />

Astrid Lobreyer weiß es nicht. Es ist auch nicht wichtig. Sie<br />

fahre immer noch hochtourig, sagt sie, müsse nun „verstärkt<br />

darauf achten, dass ich Ruhephasen habe“.<br />

Sie sucht wieder eine Fortbildung und hat ein neues<br />

Fahrrad gekauft. Um den Segelschein hat sie sich noch nicht<br />

gekümmert. Und ab und an denkt sie neuerdings daran, dass<br />

ihr Jahr Grundeinkommen im Dezember enden wird. Spürt<br />

die Angst vor dem Druck, dem Mangel. Sie sucht dann nach<br />

den anderen Gefühlen in sich: „Die Euphorie, die Entspanntheit<br />

sind das viel größere Geschenk.“ •<br />

Grundeinkommen weltweit: In der Schweiz stimmen am 5. Juni die<br />

Bürger über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens<br />

ab. Befürworter empfehlen 2500 Franken (rund 2300 Euro)<br />

monatlich und wollen das durch Einsparungen von Sozialleistungen<br />

und ein neues Steuersystem finanzieren. Wer mehr als 2500 Franken<br />

verdient, bekommt das Grundeinkommen komplett abgezogen.<br />

In den Niederlanden planen mehrere Kommunen einen Modellversuch,<br />

auch in Finnland wird über ein Pilotprojekt diskutiert.<br />

In Hamburg laden Aktivisten und Wachstumskritiker am 19. und<br />

20. <strong>Mai</strong> zu einer Konferenz unter dem Titel „Grundeinkommen<br />

und Degrowth“ ein. Mehr Infos unter www.grundeinkommen.de<br />

„Den Wohlfühl-Bereich kennengelernt“<br />

Michael Bohmeyer über sein Projekt „Mein Grundeinkommen“.<br />

INTERVIEW: ULRICH JONAS<br />

FOTO: STEPHANIE NEUMANN<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>: Wie bist du auf die Idee für<br />

dein Projekt gekommen?<br />

MICHAEL BOHMEYER: Ich habe schon lange<br />

gedacht: Man muss das mal ausprobieren.<br />

Als ich 2013 dann aus dem Online-<br />

Versandhandel ausgestiegen bin, den<br />

ich aufgebaut habe, hatte ich durch die<br />

Gewinnausschüttungen knapp 1000<br />

Euro im Monat – sozusagen mein eigenes<br />

Grundeinkommen.<br />

Wie hat sich das angefühlt?<br />

Erst mal bin ich in ein Loch gefallen.<br />

Ich hatte nie eine Lücke im Lebenslauf<br />

und kannte es auch aus meinem Elternhaus<br />

nicht, dass man je Muße oder Wochenende<br />

hat. Auf einmal hatte ich<br />

Zeit. Das war richtig schlimm. Aber<br />

nach einer Weile habe ich so viel Mut<br />

und Kreativität entwickelt, so viel Freiheit<br />

im Kopf, dass ich gemerkt habe,<br />

wie viel Druck und Angst ich vorher in<br />

meinem Leben hatte.<br />

War das Unternehmersein so stressig?<br />

Nein. Ich war schließlich der Chef, bin<br />

einmal die Woche ins Büro gekommen,<br />

alles nicht so schlimm also. Aber das war<br />

der O.K.-Bereich. Mit Grundeinkommen<br />

habe ich eine Ahnung davon bekommen,<br />

wie der Wohlfühl-Bereich sein<br />

kann. Und wenn man den mal erlebt<br />

hat, will man ihn nicht mehr missen.<br />

Das heißt nicht, dass man nichts mehr<br />

macht. Im Gegenteil: Ich arbeite heute<br />

mehr als früher. Aber ich stelle mir viel<br />

häufiger die Frage: Was will ich wirklich<br />

gerne arbeiten, was macht mir richtig<br />

Spaß und ist sinnstiftend? So ist das Projekt<br />

entstanden. Und ich trage damit<br />

mehr zur Gesellschaft bei als je zuvor.<br />

Für „Mein Grundeinkommen“ arbeiten<br />

inzwischen 13 Menschen. Bekommen die<br />

auch 1000 Euro im Monat?<br />

28<br />

Nein, bei uns gilt das Bedarfsprinzip:<br />

Jeder sagt, was er braucht, damit er den<br />

Kopf frei hat, und dann stimmen sich<br />

alle gemeinsam ab. Manchen reichen<br />

800 Euro monatlich, andere haben<br />

Kinder und brauchen 2500 Euro.<br />

Wichtig ist, dass das transparent läuft,<br />

dann gibt es keine Probleme. Wir haben<br />

übrigens festgestellt, dass Frauen sparsamer<br />

kalkulieren als Männer. Deshalb<br />

bekommen sie bei uns 15 Prozent obendrauf,<br />

als „Patriarchatsabgabe“.<br />

Gegner des Grundeinkommens argumentieren,<br />

das Ganze sei unbezahlbar.<br />

Ohne Umverteilung wird es nicht gehen,<br />

das ist klar. In welchem Maße die<br />

stattfindet, muss die Politik ausgestalten.<br />

Darauf wollen wir aber nicht warten.<br />

Was sind eure Pläne?<br />

Am Jahresende wollen wir 100 Grundeinkommen<br />

verlost haben. Und ich<br />

träume von einer größeren Grundeinkommens-Gemeinschaft,<br />

die sich übers<br />

Internet findet – zeitlich unbegrenzt<br />

und basisdemokratisch. Wir wollen<br />

schauen, ob sich Menschen finden, die<br />

die Umverteilung besser organisieren,<br />

als es der Staat heute macht. •


Alltagsgeschichten<br />

Coffee to go<br />

LEDERMÖBELAUFBEREITUNG<br />

Spezial-Reparatur & Farb-Restauration<br />

TEXT: ULRICH JONAS<br />

Neulich habe ich mir einen schicken Keramikbecher<br />

gekauft. Dazu muss man wissen: Ich<br />

hole mir gerne Kaffee für unterwegs. Wie viel<br />

Hundert Plastikbecher ich schon in den Müll<br />

geworfen habe? Ich will es gar nicht wissen.<br />

Nun wird alles anders, dachte ich. Und ging<br />

mit meinem neuen Becher frohgestimmt zur<br />

Bäckerei nebenan.<br />

Ob sie mir einen Cappuccino abfüllen<br />

könne, fragte ich die Verkäuferin. Und sie: „Ich<br />

darf keine Becher über den Tresen hinweg annehmen.<br />

Das ist gesetzlich verboten.“ Warum<br />

Ledermöbel, um deren Wert zu erhalten. Wir bieten Ihnen<br />

Seit über 10 Jahren pflegen, reInigen und färben wir Qualitätsdas<br />

so ist, wisse sie nicht. „Aber ob wir darüber<br />

professionelle Lösungen, wenn es um den Erhalt von Qualitätsdiskutieren<br />

oder nicht: Das ändert nichts.“ Ich<br />

Ledermöbeln wie z. B. De Sede, Rolf Benz, COR und anderen<br />

Herstellern geht. Mit umweltfreundlichen Verfahren beseitigen<br />

war schockiert: Sollte mein Einsatz für eine<br />

wir Farbabnutzungen, Ausbleichungen, Flecken, Brandlöcher<br />

und andere Schäden an Ihren hochwertigen Ledermöbeln.<br />

bessere Welt umsonst gewesen sein?<br />

Ich schrieb an mehrere Bundesministerien:<br />

Hat die Verkäuferin recht? Und wenn ja: Wie<br />

Das coloRepair-Team freut sich auf Ihren Anruf!<br />

kann ich unterwegs Kaffee trinken und keinen<br />

Müll produzieren? Antworten bekam ich keine.<br />

Eine Sprecherin erklärte, die zuständige<br />

WWW.COLOREPAIR.DE<br />

Landesbehörde könne mir „im Detail erläutern,<br />

welche Hygienevorschriften in Lebensmittelbetrieben<br />

eingehalten werden müssen“.<br />

0170 / 188 68 75 oder 040 / 254 86 329<br />

Also schrieb ich erneut eine <strong>Mai</strong>l.<br />

Die Antwort gab Hoffnung: Es gebe „keine<br />

grundsätzlichen Erwägungen, die das Befüllen<br />

von mitgebrachten Mehrwegbehältnissen abasto<br />

aus hygienischen Gründen ausschließen“, so<br />

ökologische Energietechnik<br />

die Hamburger Gesundheitsbehörde. Es seien<br />

„die allgemeinen Grundsätze der Lebensmittelhygiene<br />

anzuwenden“. Was das bedeutet,<br />

Für mehr soziale Wärme<br />

wisse der federführende Bezirk Altona.<br />

Ich fragte dort nach. Generelle Richtlinien<br />

und eine klimaschonende<br />

gebe es nicht, erklärte der Sprecher. „Aber ein<br />

schmutziger Becher überm offenen Verkaufstresen<br />

geht gar nicht.“ Sein Tipp: Die<br />

Strom- und Wärmeversorgung.<br />

Verkäuferin sollte es vermeiden, dass mein Becher<br />

den Einfüllstutzen der Maschine berührt.<br />

Alles kein Problem also? Meine Bäckerei-Verkäuferin<br />

hat eine hübsche Lösung gefunden:<br />

Sie nimmt meinen Becher, stellt ihn auf ein<br />

Tablett, das auf der Durchreiche steht, füllt<br />

den Cappuccino in einen Keramikbecher der<br />

Bäckerei und schüttet ihn dann um.<br />

Eine gute Idee eigentlich, auch wenn so<br />

zusätzlicher Abwasch anfällt. Doch hat der<br />

Kompromiss seine Tücken: Als ich einer anderen<br />

Verkäuferin das bewährte Verfahren vorschlug,<br />

nahm sie zum Abfüllen statt eines Ke-<br />

antifaschistischem Pflegedienst<br />

Fachliche Leitung mit Pkw-FS bei<br />

ramikbechers einen Plastikbecher – und<br />

herzlich willkommen!<br />

schmiss ihn nach dem Umfüllen in den Müll.<br />

Infos und Kontakt unter:<br />

Ich war sprachlos. Gut Ding hat halt auch hier<br />

www.solihilfe.de info@solihilfe.de<br />

seine Weile. • Tel.: 040 – 38 68 66 -0<br />

Lagerstr. 30-32, 20357 Hamburg<br />

www.abasto.de


Redet KLARTEXT:<br />

Die britische Autorin<br />

und Feministin<br />

Laurie Penny (29).


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Stadtgespräch<br />

Die Wortgewaltige<br />

Die britische Feministin Laurie Penny will eine<br />

bessere, soziale Gesellschaft für alle. Wir trafen die streitbare<br />

Autorin während ihrer Lesetour in Hamburg.<br />

TEXT: SIMONE DECKNER<br />

FOTO: ANDREAS HORNOFF<br />

E<br />

ine der „wichtigsten neuen<br />

Stimmen des Feminismus“<br />

(Zeit Online, taz) klingt ein<br />

wenig matt, als sie durch das<br />

Büro ihres deutschen Verlags Edition<br />

Nautilus ruft: „Just a minute!“ Momentchen<br />

noch. Kein Problem. Laurie Penny<br />

ist derzeit ohnehin überall. In den<br />

sozialen Medien folgen der 29-jährigen<br />

Autorin Hunderttausende.<br />

Und das kommt so: Laurie Penny<br />

fordert in ihren Büchern und politischen<br />

Kolumnen nicht nur, dass die<br />

Welt zu einem besseren Platz für Frauen<br />

werden soll. Sie will viel mehr. Eine<br />

gerechtere Gesellschaft für alle: für Arme,<br />

Schwarze, Dicke, Alte, Kranke,<br />

Unsichtbare. Oder, um es mit ihren<br />

Worten zu sagen: „Meutert gegen die<br />

bestehenden Verhältnisse!“<br />

Plötzlich steht sie in der Tür. Man<br />

hatte sie sich größer vorgestellt. Kräftiger<br />

Händedruck. Sie hat wenig geschlafen,<br />

ist auf Lesetour für ihren ersten<br />

Kurzgeschichtenband „Babys machen“<br />

und muss gleich noch ihre aktuelle Kolumne<br />

für den „New Statesman“ mailen.<br />

„Ich arbeite wirklich zu viel“, sagt<br />

sie. Die Revolution schert sich wenig<br />

um geregelte Arbeitszeiten.<br />

Penny will jenen eine Stimme geben,<br />

die keine haben: Sexarbeiterinnen,<br />

Alleinerziehenden, Occupy-Bewegten,<br />

Schwulen, Lesben, Kapitalismuskritikern,<br />

Schlampen, Armen. „Das moralische<br />

Lehrstück unseres Zeitalters ist das<br />

von der armen Mutter mit vielen Kindern.<br />

Solche Frauen werden als Fortpflanzungsmonster<br />

dämonisiert, die ihre<br />

kreischenden Kinder durch schäbige<br />

Stadtviertel schieben“, schreibt sie in<br />

„Unsagbare Dinge“, ihrem aktuellen<br />

Sachbuch. Demgegenüber werde das<br />

Ideal der attraktiven, weißen Karrierefrau<br />

aufgestellt, deren Lebensglück in<br />

der besseren Vereinbarkeit von Job und<br />

Familie läge. Dummer Quatsch, sagt<br />

Penny. „Jede Art zu leben ist unterdrückend,<br />

wenn du Menschen sagst, sie<br />

müssten genau so leben. Wenn sie keine<br />

andere Wahl haben.“<br />

Sie selbst lebt so, wie sie es schon als<br />

14-Jährige wollte, nachdem sie einen<br />

Film über eine schwedische Hippiekommune<br />

gesehen hatte: mit bis zu 16<br />

„Geschichten<br />

können so<br />

machtvoll sein!“<br />

31<br />

Mitbewohnern in einer ehemaligen Lagerhalle<br />

für Musikinstrumente in London.<br />

Die Dusche ist schimmlig und im<br />

Winter frieren alle, weil das Gebäude<br />

nicht gedämmt ist, aber für nichts in der<br />

Welt würde Penny ihre WG gegen ein<br />

Reihenhaus mit Mann und Kind tauschen<br />

wollen. „God, no way! Ich fühle<br />

mich so viel freier und glücklicher.“ Zuvor<br />

lebte sie schon in WGs mit Drogendealern,<br />

Ratten, so groß wie Jack Russells,<br />

lesbischen Paaren und Männern,<br />

die ihr Vater hätten sein können. „Mir<br />

gefällt gemeinschaftliches Leben. Nicht<br />

nur, weil es eine gute Antwort auf die<br />

Wohnungskrise ist, sondern weil es meiner<br />

Vorstellung entspricht.“<br />

Regelmäßig übernachten in ihrem<br />

Zuhause auch junge Lesben und<br />

Schwule. „Sie würden auf der Straße<br />

landen, wenn sie keine Community hätten,<br />

die sie unterstützt“, sagt Penny, die<br />

polyamorös lebt, also nicht monogam.<br />

Viele ihrer Freunde sind von Gentrifizierung<br />

betroffen, ziehen von Couch<br />

zu Couch. „Die versteckte Obdachlosigkeit<br />

nimmt immer mehr zu“, sagt Penny.<br />

Und dass sich die Zahl der Obdachlosen<br />

in London seit 2010 verdoppelt hätte.<br />

Dann erzählt sie von Frauen, die Sex gegen<br />

eine Übernachtung anbieten. „Das<br />

ist sehr traurig, aber ich kenne selbst<br />

Menschen, die das gemacht haben.“<br />

Die Frauen seien total abhängig von der<br />

Gunst der Männer, könnten jederzeit<br />

rausfliegen.<br />

Penny war noch jung, als der Gründer<br />

des Londoner Straßenmagazins<br />

The Big Issue an ihrer Schule einen<br />

Vortrag über Obdachlosigkeit hielt. Sie<br />

erinnert noch an vieles, was John Bird<br />

sagte. „Nicht nur, dass den Verkäufern<br />

erlaubt wird, ihre Würde zu behalten,<br />

sondern auch, wie machtvoll Journalismus<br />

und Geschichten sein können.“ Sie<br />

selbst glaubt fest an die Macht von Worten.<br />

Schreiben bedeutet Freiheit für sie,<br />

auch, wenn jedes ihrer Worte auf die<br />

Goldwaage gelegt und „zerrissen wird“,<br />

seit sie mit 22 Jahren Journalistin wurde.<br />

Sie erntet regelmäßig Hasskommentare<br />

für ironisch-provokante Sätze wie: „Die<br />

ideale Frau ist fickbar, fickt aber nie selber.“<br />

Oder für ihre Kurzgeschichte<br />

über ein abschaltbares Baby. Trotzdem<br />

wird Penny nicht müde, ihre Stimme<br />

für eine gerechtere Welt zu erheben.<br />

„Eine quietschige Stimme“, wie sie<br />

selbst sagt und dabei laut lacht. Aber<br />

eine, die gehört wird. •<br />

„Babys machen und andere Storys“, Edition<br />

Nautilus, 176 Seiten, 19,90 Euro. Das ganze<br />

Interview unter www.huklink.de/penny


„Meine Therapeutin<br />

war eine<br />

gute Lehrerin“<br />

Sadiq floh aus Afghanistan nach Hamburg. War nun hier in<br />

Sicherheit – und drehte trotzdem immer wieder durch. Zum Glück<br />

gibt es die Flüchtlingsambulanz am UKE. Dort ging Sadiq bald<br />

ein Mal die Woche hin. Was ihm sehr geholfen hat.<br />

TEXT: FRANK KEIL<br />

FOTOS: ANDREAS HORNOFF<br />

Sein absoluter Lieblingsort:<br />

die BINNENALSTER. Hier findet<br />

er Ruhe, schaut er aufs Wasser.<br />

Wenn nur endlich über seinen Antrag<br />

auf Asyl entschieden würde!


Lebenslinien<br />

Manchmal, wenn er alleine ist und wenn er<br />

viel nachdenkt, überlegt Sadiq, ob er nicht<br />

besser nach England oder Norwegen gegangen<br />

wäre. Dabei ist er Deutschland<br />

sehr dankbar, dass es ihn erst mal aufgenommen<br />

hat, als er als 16-Jähriger hier Asyl suchte. Aber er<br />

wartet nun seit über zwei Jahren auf die Entscheidung über<br />

seinen Antrag, und niemand kann ihm sagen, wann diese<br />

kommen wird, wie sie ausfällt und ob er vielleicht doch abgeschoben<br />

werden wird. „Das Warten“, sagt Sadiq, „das Warten<br />

ist das Schlimmste.“ Tagein, tagaus. Nur warten.<br />

Am Anfang hat ihn das nahezu verrückt gemacht. Sitzen<br />

und nichts tun. Nichts tun und herumsitzen. Heute hält er das<br />

aus. Heute weiß er, dass er das aushalten muss und dass er es<br />

gut aushalten kann. Weil er den Weg in die Flüchtlingsambulanz<br />

auf dem Gelände des Universitätskrankenhauses Hamburg-Eppendorf<br />

gefunden hat, eine Einrichtung für Kinder<br />

und Jugendliche und deren Familien, erbaut und finanziert<br />

durch die Steffi-Graf-Stiftung „Children for Tomorrow“, die<br />

nun in Kooperation mit dem UKE arbeitet. Erst seit Neuestem<br />

gibt es einen Zuschuss durch die Stadt Hamburg.<br />

„Wenn ich die Jungs von früher hier in der Ambulanz wiedertreffe<br />

oder die aus meinem Deutschkurs von damals, dann<br />

fragen die: ‚Ey, Sadiq, was hast du gemacht? Was hast du gelesen,<br />

dass du so anders geworden bist?‘“, sagt Sadiq. Er lacht<br />

verlegen auf und sagt: „Früher war ich manchmal schlimm,<br />

hab echt schlimme Sachen gemacht. Aber heute mache ich das<br />

nicht mehr.“ Er sagt: „Heute weiß ich, dass ich damals kein<br />

„Wir waren eine<br />

reiche Familie, alles war<br />

so weit gut.“<br />

schlimmer Mensch war; ich hatte nur eine schlimme Zeit.“<br />

Er nimmt sich ein Glas von dem kleinen Tischchen neben<br />

dem Bücherregal und gießt sich sprudeliges Mineralwasser<br />

ein, dann setzt er sich auf einen der bunten Stühle. Der Warteraum<br />

ist hell und freundlich eingerichtet, Kissen liegen auf<br />

dem Boden, im Regal stehen Bücher wie „Der große Brockhaus“<br />

und „Rätselhafte Natur“; an den Wänden hängen Fotos<br />

eines Fotoprojekts aus der Kunsttherapie. Eines zeigt einen<br />

afrikanischen Jugendlichen am Elbstrand bei Övelgönne mit<br />

weit ausgebreiteten Armen. Im Hintergrund sieht man die<br />

Kräne auf der anderen Hafenseite, die hier die Containerschiffe<br />

entladen, so mit für den Wohlstand der Stadt sorgen.<br />

Wo soll er anfangen zu erzählen? Egal. Irgendwo.<br />

„Ich habe etwas gemacht, deswegen musste ich weg aus<br />

Afghanistan“, sagt er. Raus aus Kabul, wo er geboren ist und<br />

wo er die allermeiste Zeit gelebt hat. „Krieg war normal, so<br />

33


schlimm das ist. Wir waren eine reiche<br />

Familie, alles war so weit gut, mein Vater<br />

handelt mit Autos und mit Immobilien“,<br />

sagt er. Bis eben etwas passiert.<br />

Und sein Vater wirft ihn aus dem Haus.<br />

Wobei es jetzt kurz kompliziert<br />

wird. Denn sein Vater hat eine zweite<br />

Frau und Sadiq damit eine zweite Mutter.<br />

„Das geht in Afghanistan, das war<br />

für mich ganz normal, wir hatten eben<br />

zwei Mütter, zu denen wir ‚Mutter‘ gesagt<br />

haben, und alle Kinder dieser Mütter<br />

waren meine Geschwister.“ Hier in<br />

Deutschland gebe es das ja nicht.<br />

Nun aber trennt sich die Familie aus<br />

einem Vater, zwei Müttern und elf Kindern:<br />

„Mein Vater hat zu meiner Mutter<br />

gesagt: ‚Wenn du zu deinem Sohn<br />

hälst, gehst du mit ihm.‘“ Seine Mutter<br />

hält zu ihm, geht mit ihm und ihren<br />

Kindern nach Pakistan, zu Verwandten.<br />

Hauptsache, erst mal weg.<br />

Eigentlich wollen sie alle weg, aber<br />

dafür reicht das Geld nicht, das sie haben.<br />

Und so wird Sadiq alleine weitergeschickt.<br />

Er geht vom Süden Pakistans<br />

Mit seiner Mutter<br />

telefoniert er, die<br />

Geschwister trifft er<br />

auf FACEBOOK.<br />

Seinen Vater hat<br />

er bisher nie<br />

wieder gesprochen.<br />

aus über die Grenze in den Iran und<br />

dann weiter nach Europa. Mehr als<br />

6000 Kilometer wird er zurücklegen.<br />

Der Weg sei hart gewesen. Megahart.<br />

In Hamburg meldet sich Sadiq bei<br />

der Polizei, wird dem Jugendamt übergeben,<br />

kommt in das Jugendheim in der<br />

Feuerbergstraße; Deutschkurs anfangs<br />

nur ein Mal die Woche, er bekommt einen<br />

Betreuer zugewiesen.<br />

„Ich konnte<br />

nicht aufhören zu<br />

weinen.“<br />

Und er lernt. Er lernt von sich aus. Alles<br />

ist so anders in Deutschland. Allein die<br />

Schrift. Oder wie man sich auf der<br />

Straße anschaut, wie viel weniger die<br />

Familie wichtig ist, dass man mit<br />

Gleichaltrigen über Sex reden kann,<br />

34<br />

dass man nicht zuschlägt, wenn einen<br />

jemand beleidigt, oder wenn man das,<br />

was einer sagt, als Beleidigung auffasst.<br />

Und er ist allein. Einfach nur – allein.<br />

Nicht mal eine Cousine hat er hier. Und<br />

es geht nicht voran. Was ihn zeitweise<br />

aus der Spur wirft: „Ich habe Alkohol<br />

getrunken, ich habe Tabletten genommen,<br />

ich konnte tagelang nicht schlafen.“<br />

Und er weiß nicht, was da warum<br />

mit ihm passiert: „Einmal saß ich in einem<br />

Park, ich habe geweint, ich wusste<br />

nicht, warum ich weine, ich habe geweint<br />

und geweint, ich konnte nicht<br />

aufhören zu weinen.“<br />

Sein Betreuer kennt die Flüchtlingsambulanz.<br />

Drei Monate muss Sadiq auf<br />

einen Termin warten. Dann aber sitzt er<br />

einer Therapeutin gegenüber, anfangs<br />

alle zwei Wochen, dann einmal die Woche.<br />

„Sie hat am Anfang zu mir gesagt:<br />

‚Warum lachst du immer, wenn du von<br />

deinen Problemen sprichst?‘“, sagt er.<br />

Sie hört ihm zu, er erzählt. Er nimmt<br />

seine Medikamente, bis er sie nicht mehr<br />

braucht: „Am Anfang war in meinem<br />

Kopf, dass ich alles schnell bekomme –<br />

einen Pass, eine Wohnung, eine Arbeit,<br />

schnell. Ich dachte, die müssen mir alles<br />

geben, was ich will.“ Man mache sein<br />

Leben selbst schwierig, dabei sei es schon<br />

schwierig genug.<br />

Was ihm hilft, sind Übungen und<br />

Techniken, die man anwendet, wenn<br />

man nicht mehr weiß, wohin mit seiner<br />

Wut, mit seiner Verzweiflung – „Skills“,<br />

wie das die Fachleute nennen. „Wenn<br />

du merkst, dass du wieder so wütend<br />

und aggressiv wirst, dass du vielleicht<br />

was Schlimmes machen könntest, ist ein<br />

Skill, dass du zu Hause im Treppenhaus<br />

hoch- und runterrennst, bis es vorbeigeht.<br />

Oder du duscht kalt“, sagt Sadiq.<br />

Oder es gebe ein Kaugummi, so extrem<br />

sauer, dass man kaum Luft bekomme<br />

und das einen so aus diesem Nebel aus<br />

Wut und Enttäuschung heraushole.<br />

Ist das geschafft, ist der nächste<br />

Schritt, sich gemeinsam anzuschauen,<br />

wohin die Reise gehen soll: „Du musst<br />

ein Ziel haben, und an dieses Ziel musst<br />

du immer denken“, sagt er. „Wir haben<br />

es auf Papier aufgemalt wie eine Autobahn:<br />

Ganz hinten ist dein Ziel, da willst<br />

du hin. Aber dann passiert zwischendurch<br />

etwas, es gibt Verkehrsprobleme


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Lebenslinien<br />

sozusagen, und du musst runterfahren<br />

von der Autobahn. Aber es gibt immer<br />

wieder eine Auffahrt, und dann fährst<br />

du wieder auf die Autobahn – auf dein<br />

Ziel zu“, sagt Sadiq. So, wie er auch gelernt<br />

hat, dass Alkohol und Tabletten<br />

nicht helfen. „Es hilft ein, zwei Stunden,<br />

da ist der Druck weg – aber danach ist<br />

er wieder da, nur jetzt viel schlimmer.“<br />

„Sie haben<br />

gedacht, ich bin<br />

gestorben, aber ich<br />

war nicht tot.“<br />

Ein Jahr lang fährt er regelmäßig zur<br />

Flüchtlingsambulanz, setzt sich in das<br />

Wartezimmer, nachdem er sich aus den<br />

bereitstehenden Mineralwasserflaschen<br />

sein Glas gefüllt hat. Schmal, fast zart,<br />

sitzt er dann da, bis er geholt wird, ein<br />

Händedruck, meist in einer feschen Lederjacke,<br />

Jeans, dazu nur ein T-Shirt,<br />

auch wenn es eigentlich draußen zu kalt<br />

dafür ist. Er sagt: „Meine Therapeutin<br />

war eine gute Lehrerin.“<br />

Gut auszusehen ist ihm wichtig. „Ich<br />

wollte schon immer ein Gentleman sein,<br />

wollte schon immer wie ein Gentleman<br />

aussehen“, sagt er und lacht. Er sagt:<br />

„Ich kann für 30 Euro Klamotten kaufen<br />

und es sieht aus wie für 100 Euro.<br />

Andere kaufen für 30 Euro und es sieht<br />

aus wie für 30 Euro – oder weniger.“<br />

Und nun zeigt sich eine Brücke zu<br />

dem, weshalb er seinerzeit das Land<br />

verlassen musste: „Ich habe in einem<br />

Frauenklamottengeschäft gearbeitet, da<br />

ist sie reingekommen, ich habe sie gesehen,<br />

ich hab sie schön gefunden, ich bin<br />

verliebt geworden.“ Das junge Mädchen<br />

ansprechen? Unmöglich. Sie wird<br />

immer von ihrer Mutter begleitet, wenn<br />

sie in den nächsten Tagen in den Laden<br />

zum Einkaufen oder auch nur zum<br />

Schauen kommt. Doch dann kann er<br />

ihr seine Visitenkarte zustecken. „Drei<br />

Tage und drei Nächte habe ich gewartet,<br />

dann hat sie endlich angerufen.“ Sie<br />

telefonieren, sie reden. Sie werfen sich<br />

von Weitem schnelle, kurze Blicke zu,<br />

wenn sie sich auf der Straße sehen, vor<br />

ihrer Schule etwa. „Wir haben so ‚Hey!‘<br />

gemacht“, sagt Sadiq, und er hebt ganz<br />

leicht seine rechte Hand, als würde er<br />

vielleicht winken. Sie treffen sich<br />

schließlich – ein Mal, zwei Mal. Heimlich,<br />

natürlich.<br />

Als er sie nach dem zweiten Treffen<br />

nach Hause bringt, sehen ihn ihre Brüder:<br />

einen jungen, unbekannten Mann,<br />

direkt neben ihrer Schwester. Und<br />

Sadiq ist Paschtune, und sie ist Dari. Die<br />

Brüder handeln nicht gleich. „Sie haben<br />

richtig einen Plan gemacht.“ Sie fangen<br />

ihn ab, sie verschleppen ihn, verprügeln<br />

ihn schwer, sie stechen auf ihn ein. „Sie<br />

haben gedacht, ich bin gestorben, aber<br />

ich war nicht tot“, sagt Sadiq. Als sie das<br />

erfahren, suchen sie nach ihm.<br />

Ein Onkel, ein Bruder seiner Mutter,<br />

nimmt ihn auf, wo ihm der eigene<br />

Vater das Haus verwehrt. Er kann nicht<br />

bleiben, er ist nicht sicher. Und so sagt<br />

er heute, dass Hamburg seine Stadt ist,<br />

an der er so mag, dass sie so viel Wasser<br />

hat, man muss nicht weit gehen und<br />

schon kann man sich irgendwo hinsetzen,<br />

aufs Wasser schauen, ganz in Ruhe.<br />

Wenn nur endlich über seinen Antrag<br />

entschieden würde! „Sie haben mich<br />

doch schon befragt, als sie mir die<br />

Fingerabdrücke genommen haben. Alles,<br />

was mir passiert ist, ist in meinem<br />

Körper zu sehen, ich habe es auch auf<br />

Video, ich habe es ihnen gezeigt“, sagt<br />

er. Noch ist nichts entschieden.<br />

Er schaut sich um: „Ich will nicht<br />

sagen, dass ich keine Probleme mehr<br />

habe. Ich habe immer noch keine eigene<br />

Wohnung, ich habe immer noch keinen<br />

Ausbildungsplatz und auch keine Arbeitserlaubnis<br />

– aber ich bin so anders<br />

geworden.“ Und er streckt die Beine<br />

vor und er sieht jetzt sehr zufrieden aus,<br />

wie er ganz für sich lächelt. „Ich muss<br />

jetzt nicht mehr hierher“, sagt er noch.<br />

Und dann steht er mit Schwung auf,<br />

grüßt die Frauen am Tresen und geht<br />

nun über das weitläufige UKE- Gelände<br />

nach Hause, er kennt sich schließlich<br />

hier aus. •<br />

Flüchtlingsambulanz des UKE: Martinistraße<br />

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telefonisch unter: 471 93 08–0<br />

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Stadtgespräch<br />

Hände<br />

voll Lehm<br />

Ganz Hamburg streitet um die „Stadt der Zukunft“<br />

und „Bürgerbeteiligung“. Im Projekt „Bunte Kuh“<br />

bauen Erwachsene und Kinder gemeinsam ihre Welt.<br />

Jeder darf mitmachen – ganz umsonst.<br />

TEXT: FRANK KEIL<br />

FOTOS: KAREN DERKSEN<br />

Der Obdachlose lebte im<br />

Schanzenpark, war sehr<br />

menschenscheu und redete<br />

nicht. „Ich schätze ihn auf<br />

Mitte 30, er ging immer barfuß“, sagt<br />

Nepomuk Derksen: „Er nahm sich einen<br />

Klumpen Ton und setzte sich 150<br />

Meter weiter entfernt von unserem<br />

Platz mit dem hin.“ Was eigentlich so<br />

überhaupt nicht geht, denn wenn das<br />

Projekt „Bunte Kuh“ seine raumfüllende<br />

Baustelle aufbaut und anschließend<br />

für Wochen betreibt, muss garantiert<br />

sein, dass die Leute nicht den Lehm<br />

überall in der Gegend breittreten.<br />

„Aber bei ihm musste das so sein, wir<br />

haben gleich gesehen, wie tolle Formen<br />

aus seiner Hand flossen.“<br />

Jeden Tag sprechen sie ihn an; bitten<br />

ihn, doch näher zu kommen. Wortlos<br />

rückt er jeden Tag ein kleines Stück<br />

mehr an ihren Bauplatz heran. „Am<br />

Ende hat er mitten unter den Leuten<br />

an seinen Figuren gearbeitet, die er mit<br />

großer Sicherheit entworfen hat.“<br />

Diese Geschichte ist eines von vielen<br />

Erfolgserlebnissen, von denen Karen<br />

und Nepomuk Derksen erzählen<br />

können, wenn sie über ihr Lehmbauprojekt<br />

„Bunte Kuh“ berichten. Anfangs<br />

entwickelt von Nepomuk Derksen<br />

während seines Kunst- und Architekturstudiums.<br />

Später stieß Karen als<br />

Teilnehmerin einer Lehmaktion hinzu<br />

– und die beiden wurden ein Paar.<br />

Mindestens zwei Mal im Jahr rücken<br />

sie mit einem Team von mehr als<br />

20 Leuten und riesigen Mengen Lehm<br />

an – und es darf gebaut werden: „Der<br />

Vormittag ist für die Kinder aus den<br />

umliegenden Kitas und Schulen reserviert;<br />

ab Mittag kommen dann alle anderen,<br />

wobei wir darum bitten, dass<br />

sich Gruppen ab vier Menschen telefonisch<br />

anmelden.“<br />

Wichtig ist der Lehm: ein Grundbaustoff<br />

in unserer Welt. Der im Hima-<br />

37


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Rubrik<br />

laya verwandt wird und in Marokko. In<br />

Westafrika und in der Türkei. „Und<br />

nicht zuletzt ist Hamburg aus Lehm gebaut,<br />

nur dass man ihn gebrannt hat“,<br />

sagt Nepomuk Derksen. Bevor es losgeht,<br />

gibt es daher eine kurze, kindgerechte<br />

Materialkunde: Was kann man<br />

aus Lehm bauen? Was ist Backstein,<br />

warum ist er meistens rot? Und wo findet<br />

man Backsteinbauten in Hamburg?<br />

Und dann legen alle los! Kneten,<br />

formen, bauen. Mal in die Höhe, mal in<br />

die Breite. Vorgaben gibt es keine. Nur<br />

als kleine Anregung Modelle aus dem<br />

Vorjahr.<br />

„Es haben Flüchtlingskinder mitgemacht,<br />

die haben den Krieg nachgebaut“,<br />

erzählt Karen Derksen. „Tote<br />

Menschen, zerschossene Mauern.“<br />

Oder die Kinder formen ein Handy aus<br />

Lehm, einen Laptop, eine Comicfigur<br />

wie den grellbunten SpongeBob. Nur<br />

diesmal aus Lehm! Karen Derksen<br />

lacht: „Immer wieder bauen die Jungs<br />

einen Pimmel und schauen, wie wir reagieren.<br />

Dann sagen wir ‚Hey, klasse!‘,<br />

und damit ist die Sache erledigt.“ Immer<br />

im Trend: Ritterburgen. Oder Vulkane.<br />

Doch es dauert in der Regel nicht<br />

lange und die nächsten Figuren werden<br />

freier, fantasievoller, auch abstrakter.<br />

„Wir hatten einen Jungen, der hat einen<br />

Zauberwald gebaut, einen magischen<br />

Wald, übrigens an dem Tag, als er sechs<br />

Jahre alt wurde. Den haben wir dann in<br />

Groß nachgebaut.“ Denn das ist der<br />

nächste Schritt: Gemeinsam schaut<br />

man sich die Vielzahl an Figuren an –<br />

und entscheidet, welche vier, fünf, sechs<br />

Modelle in Groß gebaut werden.<br />

Also: richtig groß. Sodass man hineingehen<br />

oder auf sie hinaufklettern<br />

kann. Meterhoch, mit Treppen zum<br />

Hochgehen und einer kleinen Ecke<br />

zum Sitzen. Damit nichts schiefgeht,<br />

gehören zum Team auch Statiker, die<br />

sich genau anschauen, wie man die anvisierte<br />

Skulptur so bauen kann, dass sie<br />

nicht zusammenkracht oder in sich zusammenfällt,<br />

sich womöglich jemand<br />

verletzt. Große Mengen Lehm haben<br />

schließlich ein ziemliches Gewicht.<br />

39<br />

Manchmal wird an den<br />

aufgebauten Tischen still und ernst<br />

gearbeitet, dann wieder viel<br />

GELACHT und gequatscht.<br />

Hauptsache, die Fantasie ist mit<br />

den Händen zu greifen.<br />

„Kinder haben<br />

ein sehr<br />

feines Gespür,<br />

ob sie wirklich<br />

gebraucht<br />

werden.“ NEPOMUK DERKSEN


<strong>2016</strong><br />

Das Urlaubsmagazin für Deutschlands Norden • www.landundmeer.de<br />

WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Stadtgespräch<br />

Aus einzelnen kleinen Figuren<br />

und Skulpturen werden im<br />

zweiten Schritt begehbare<br />

LEHMLANDSCHAFTEN<br />

entwickelt. Statiker achten<br />

dann darauf, dass so gebaut<br />

wird, dass alles bestens hält.<br />

Das Restaurant von Ole Plogstedt<br />

kreativ-bodenständig,<br />

zur Hälfte vegetarisch<br />

Bellealliancestr. 45,<br />

20259 Hamburg<br />

Di-Sa ab 17:30 Uhr<br />

040 - 55 89 18 15<br />

www.restaurant-olsen.de<br />

Wichtig ist, den Vorstellungen der Kinder<br />

zu folgen: „Kinder haben ein sehr<br />

feines Gefühl, ob das, was sie machen,<br />

wirklich gebraucht wird und ob sie<br />

wirklich gebraucht werden.“ Aufmunternd<br />

die vielen Rückmeldungen der<br />

Lehrer: „Die berichten uns dann, dass<br />

Schüler, die in der Klasse keine fünf<br />

Minuten ruhig sitzen, eine Stunde lang<br />

sehr konzentriert an ihrer Figur arbeiten.“<br />

Oder Kinder, die in der Klasse<br />

nicht zu den Stars gehören, können es<br />

mal genießen, dass alle ihr Modell<br />

nachbauen. Und nicht zuletzt freuen<br />

sich die Lehrer, dass sie mal etwas nicht<br />

bewerten müssen, mit irgendeiner Zahl<br />

zwischen eins und sechs.<br />

So geht das Tag für Tag. Zum Abschluss<br />

wird ein großes Fest gefeiert.<br />

Manche der kleineren Figuren werden<br />

dann gebrannt, andere sind an der Luft<br />

bereits fest getrocknet. Und nicht zuletzt<br />

werden Speisen auf dem Brennofen<br />

bereitet: „Beim letzten Mal hat eine<br />

junge Mutter ihre Großmutter in<br />

Syrien angerufen und sich das Rezept<br />

für Fladenbrot geben lassen.“<br />

Wichtig ist den beiden, dass ihr<br />

Projekt nicht wie ein Ufo in irgendeinem<br />

Stadtteil landet, wie so viele laute<br />

Events. Und so schauen die Derkens<br />

sich um, welcher Stadtteil Unterstützung<br />

gebrauchen kann, und nehmen<br />

mit Kitas und Schulen Kontakt auf; mit<br />

Altenheimen und Flüchtlingsunterkünften.<br />

Wichtig ist ihnen, dass jeder mitmachen<br />

kann. Daher kostet das Mitmachen<br />

nichts. Gar nichts! „Wir haben<br />

immer wieder überlegt, ob wir nicht<br />

wenigstens einen kleinen Geldbetrag<br />

verlangen sollten, aber wir wollen unser<br />

Angebot so niedrigschwellig wie irgend<br />

möglich halten“, sagt Karen Derksen.<br />

„Wir wollen<br />

unser Angebot so<br />

niedrigschwellig<br />

wie möglich<br />

halten.“ KAREN DERKSEN<br />

Das verlangt viel Einsatz. Denn obwohl<br />

das Projekt „Bunte Kuh“ sich in den<br />

letzten Jahren ein echtes Renommee<br />

quasi erbaut hat und eine Reihe von<br />

Preisen vorweisen kann, wie den „Spielraumpreis“<br />

oder den „Deutschen Kinderpreis“,<br />

geht die Arbeit des Geldeinsammelns<br />

in jedem Winterhalbjahr von<br />

vorne los. Also fast: „Wir haben einen<br />

Stamm aus sehr reizenden Menschen<br />

aus kleinen Stiftungen, die uns die<br />

Treue halten“, sagt Karen Derksen.<br />

Seit drei Jahren beteiligt sich auch<br />

Hamburgs Kulturbehörde an der Förderung<br />

der Lehmbauten.<br />

Bleibt das, was eindeutig und unumstößlich<br />

ist: das Material. Der Lehm!<br />

Afrikanischer Lehm übrigens, für den<br />

sie irgendwo in einer norddeutschen<br />

Tongrube Ton abbauen und den dann<br />

mit Wasser und Sand anmischen lassen.<br />

Die Rezeptur: streng geheim. •<br />

Aktion Bauen mit Lehm für Groß und Klein:<br />

Wilhelmsburg – Bahnhofspassage, direkt<br />

an der S-Bahn-Station. Bautage: Di, 15.5.,<br />

bis So, 12.6., 9.30–17 Uhr (montags<br />

Ruhepause). Fest: So, 12.6., 15–18 Uhr.<br />

Ausstellung: Di,14.6., bis So, 26.6., 10–18 Uhr.<br />

Infos: www.buntekuh-hamburg.de<br />

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Fährlinien im Norden<br />

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41


Freunde<br />

TEXT: FRANK KEIL<br />

FOTO: OLIVER GÖRNANDT-SCHADE<br />

Beim Fahren wechseln sie sich ab. Doch TEAMCHEF<br />

ist Kai (rechts). Er ist schließlich vier Jahre älter.<br />

Ein Mal hoch<br />

zum Nordkap<br />

Sollte man sich seine Träume aufsparen? Natürlich nicht! Also nimmt<br />

Oliver Görnandt-Schade mit seinem Bruder Kai an der „Baltic<br />

Sea Circle“-Rallye teil. Und sammelt dabei Spenden für Hinz&<strong>Kunzt</strong>.<br />

Die Idee hatte er schon lange.<br />

Ein Mal am Nordkap sitzen.<br />

Ein Mal dorthin hochfahren.<br />

Es wurde nie was. „Meine Familie hatte<br />

bisher keine Lust da mit dem VW Bus<br />

hochzuzuckeln“, erzählt Oliver Görnandt-Schade.<br />

Doch dann hat sein Bruder<br />

Kai, Motocrosser und Zweiradschrauber,<br />

einen schweren Unfall. „Es ist<br />

alles gut gegangen, mein Bruder ist dem<br />

Tod noch mal von der Schippe gesprungen“,<br />

erzählt er. Aber er wollte nicht zur<br />

Tagesordnung übergehen: „Ich habe<br />

Kai gesagt: ‚Wir müssen mal was zusammen<br />

unternehmen!‘“ Und sie melden<br />

sich bei der Rallye „Baltic Sea Circle“<br />

an: „Eine Rallye für einen guten<br />

Zweck, eine gute Sache für uns.“<br />

Denn alle Teams müssen mindestens<br />

750 Euro an Spendengeldern einsammeln.<br />

Ein Teil geht an einen der<br />

vorgegebenen Spendenpartner, wobei<br />

die Brüder sich für die Autonomen Jugendwerkstätten<br />

entschieden haben,<br />

was bei dem Handwerksberuf von Kai<br />

nun mal naheliegt. Und dann für<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>: „Zum einen, weil mir das<br />

Projekt nahe liegt und dann habe ich die<br />

Zeitung schon immer gerne gelesen.“<br />

Also: Sie sind angemeldet. Sie fahren<br />

mit! Mit einem soliden Auto. Erworben<br />

für gerade mal 80 Euro! „Ein<br />

ehrliches, gutes Auto; Kilometerstand<br />

über 300.000“, schwärmt er. Ein Volvo,<br />

Modell 240, logisch. Generalüberholt.<br />

Und mit einer Option für die Zukunft:<br />

„Diese Volvo-Motoren sind nicht kaputtzukriegen,<br />

vielleicht behält mein<br />

Bruder das Auto hinterher.“<br />

Fest steht, dass es über Stockholm<br />

ans Nordkap gehen soll. Dann weiter<br />

nach Murmansk und über St. Petersburg<br />

Richtung Süden zurück. Wobei<br />

kein Team gezwungen ist, durch Russland<br />

zu fahren – wegen der politischen<br />

Spannungen, die es derzeit gibt. „Man<br />

kann in Finnland auch die Fähre nach<br />

Estland nehmen, aber wir sind im Moment<br />

entschlossen, die Russlandkurve<br />

zu machen und haben auch je ein Visum<br />

beantragt“, sagt Oliver Görnandt-<br />

Schade. Anders entscheiden können sie<br />

sich ja immer noch.<br />

Welche Strecke sie im Detail fahren<br />

werden, ist dagegen noch nicht klar:<br />

Nächster Tage werden sie ihr Routenbuch<br />

zugeschickt bekommen, mit den<br />

Wegepunkten, die sie ansteuern müssen<br />

– denn jeder Teilnehmer, jedes Team<br />

fährt eine individuelle Route. Gelegentlich<br />

aber trifft man sich. „Es geht bei<br />

dieser Rallye nicht um Schnelligkeit,<br />

das ist nicht die Formel 1.“ Noch etwas<br />

gilt: „Sehe ich, dass ein Kollege liegen-<br />

Wir unterstützen Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Aus alter Freundschaft und mit neuer Energie. Hanse Werk<br />

42


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

geblieben ist, dann fahre ich nicht vorbei,<br />

sondern ich halte und helfe, bis der<br />

wieder weiterfahren kann.“ Gefahren<br />

werden darf mit Unterstützung durch<br />

Karte und Kompass – GPS ist verboten.<br />

Und es geht nur über Landstraßen,<br />

Autobahnen sind tabu.<br />

Mitte Juni geht es los! „Mal sehen<br />

wie es wird, wenn wir zwei Wochen<br />

sehr eng miteinander verbringen“, sagt<br />

er. „Hinten auf der Ladefläche liegt eine<br />

Matratze, wenn einer von uns mal<br />

schlafen will.“ Mit dabei ist auch ein<br />

Zelt. „Wir wechseln uns beim Fahren<br />

Freunde<br />

Volle Halle beim Chili Cook-off<br />

Organisator Klaus Schüring strahlte, denn es<br />

war ordentlich was los beim 1. Chili Cook-off<br />

zugunsten von Hinz&<strong>Kunzt</strong> Ende März in der<br />

Rindermarkthalle. Schon beim Verkosten der<br />

fleischlosen Variante bildete sich am frühen<br />

Nachmittag eine Schlange von Neugierigen.<br />

TV-Koch Ole Plogstedt (saß in der Profijury)<br />

zeigte sich sehr angetan von den Kreationen<br />

der Hobbyköche: „Die Chili sin carne waren<br />

schon mal Bombe!“, postete er. Abends wurde<br />

die fleischige Variante des scharfen, südamerikanischen<br />

Allerleis an Probeesser ausgeteilt.<br />

Gewonnen haben Udo und Familie aus Itzehoe<br />

und für die Vegetarier das Team um Zsofia.<br />

An Spenden für Hinz&<strong>Kunzt</strong> kamen knapp<br />

400 Euro zusammmen. SIM •<br />

Dankeschön<br />

ab, aber an der Startlinie lasse ich meinem<br />

Bruder den Vortritt – er ist ja vier<br />

Jahre älter.“ Und er lacht und sagt: „In<br />

einem alten Auto zu sitzen und zu hoffen,<br />

dass nix kaputtgeht, mag mancher<br />

als sinnlos betrachten.“ Er sieht das<br />

ganz anders: „Es ist einfach eine Spaßgeschichte<br />

– du startest ein Abenteuer,<br />

um ein Abenteuer zu erleben.“<br />

Aber mal ganz ehrlich: Gibt es<br />

nicht doch etwas zu gewinnen? Na klar!<br />

Ein Freilos für eine nächste Rallye! •<br />

Die Rallye auf Twitter: @balticseacircle<br />

JA,<br />

ICH WERDE<br />

MITGLIED<br />

IM HINZ&KUNZT-<br />

FREUNDESKREIS.<br />

Damit unterstütze ich die<br />

Arbeit von Hinz&<strong>Kunzt</strong>.<br />

Meine Jahresspende beträgt:<br />

60 Euro (Mindestbeitrag für<br />

Schüler/Studenten/Senioren)<br />

100 Euro<br />

Euro<br />

Datum; Unterschrift<br />

Ich möchte eine Bestätigung<br />

für meine Jahresspende erhalten.<br />

(Sie wird im Februar des Folgejahres zugeschickt.)<br />

Meine Adresse:<br />

Name, Vorname<br />

Straße, Nr.<br />

PLZ, Ort<br />

Telefon<br />

E-<strong>Mai</strong>l<br />

Beruf<br />

Geburtsjahr<br />

Einzugsermächtigung:<br />

Ich erteile eine Ermächtigung zum<br />

Bankeinzug meiner Jahresspende.<br />

Ich zahle: halbjährlich jährlich<br />

FOTO: MAURICIO BUSTAMANTE<br />

Wir danken allen, die im April an uns<br />

gespendet haben, sowie allen Mitgliedern<br />

im Freundeskreis von Hinz&<strong>Kunzt</strong> für die<br />

Unterstützung unserer Arbeit!<br />

DANKESCHÖN EBENFALLS AN:<br />

IPHH, wk it services, Produktionsbüro<br />

Jörg von Malottky GmbH, Hamburger Tafel,<br />

Axel Ruepp Rätselservice,<br />

Hamburger Kunsthalle, bildarchiv-hamburg.de,<br />

Firma Ute Orth, Scharlau GmbH,<br />

die Schüler der Handelsschule Berliner Tor für<br />

Tourismus T13-12,<br />

Regine Kalmar und ihre Geburtstagsgäste,<br />

das Polizeiorchester Hamburg und die<br />

Service-Wohnanlage im Albertinen-Haus,<br />

die Schüler des Kurses Lebenspraxis der<br />

Gretel-Bergmann-Schule:<br />

Sarah, Patrick, Dennis, Robert und Darius,<br />

Firma P. Brückner Geldverarbeitungssysteme<br />

+ IT GmbH, Studio Marowa:<br />

Antje Kreul und Gabriele Taschendorf,<br />

die Band „I am the Deceiver“<br />

NEUE FREUNDE:<br />

Tobias Blachy, Bernd Bonnet,<br />

Christiane Dähn, Ute Ehlers, Jörn Franck,<br />

Gisela Meier-Polz, Thorsten Rother,<br />

Michaela Rupp, Mareike Schröder,<br />

Henning Schnurbohm, Frauke Stroh,<br />

Heike Trogisch, Rene Wecker, Ursula Willers,<br />

Matthew Wing<br />

IBAN<br />

BIC<br />

Bankinstitut<br />

Wir versichern, dass Ihre Angaben nur für interne<br />

Zwecke bei Hinz&<strong>Kunzt</strong> verwendet werden. Ihre<br />

Mitgliedschaft im Freundeskreis ist jederzeit kündbar.<br />

Bitte Coupon ausschneiden und senden an:<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Freundeskreis<br />

Altstädter Twiete 1-5, 20095 Hamburg<br />

Oder online im Freundeskreis anmelden unter<br />

www.hinzundkunzt.de/so-koennen-sie-helfen/<br />

43<br />

HK <strong>279</strong>


Buh&Beifall<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />

Was unsere Leser meinen<br />

„Kein Mensch braucht mehr als zwei Zimmer“<br />

Aus Blankenese weggezogen<br />

H&K Online, Unsoziales Blankenese<br />

Es ist beschämend. Ich bin hier<br />

aufgewachsen, fühle mich jedoch nicht<br />

zugehörig zu den Blankenesern. Selbst<br />

am Rande der Armut gewesen, habe<br />

ich es meinem Kind erspart, hier<br />

beschult zu werden und bin hier weg<br />

gezogen. KIMMY FLÄSCHNER VIA FACEBOOK<br />

Schutzraum für jeden<br />

H&K 278, Meldung Winternotprogramm<br />

Jeder Mensch braucht ein „Zuhause“,<br />

einen Schutzraum, wo er sich<br />

zurückziehen kann, wenn er möchte.<br />

Jede Gemeinde in unserem Land ist<br />

gesetzlich verpflichtet, für Wohnraum<br />

ihrer schwachen Mitbürger zu sorgen.<br />

WALTRAUD GROLLMANN<br />

HAMBURGER NEBENSCHAUPLÄTZE<br />

DER ETWAS ANDERE<br />

STADTRUNDGANG<br />

schen vor die Schlösser und Villen der<br />

Reichen begeben und Einlass fordern.<br />

Kein Mensch braucht mehr als sagen<br />

wir zwei Zimmer.<br />

SILVIA GRENZ<br />

Zum Lesen weitergeben<br />

H&K 277, Jugendausgabe<br />

Die Ausgabe gefällt mir sehr gut:<br />

jugendttypische Themen/Beiträge, die<br />

ich meiner Tochter, selbst „Redakteurin“<br />

bei einer Schülerzeitung, unbedingt<br />

zum Lesen weitergeben werde.<br />

Klasse! Auch meinen Schülern werde<br />

ich diese Ausgabe mal mitbringen.<br />

CHRISTINE BASTIAN<br />

Die eigene Hemmschwelle ist groß<br />

H&K Stadtführung<br />

Wir waren mit einer Gruppe und<br />

zwei Führern von Hinz&<strong>Kunzt</strong> auf<br />

Tour. Ein großes Kompliment an die<br />

beiden. Es gehört sehr viel Mut dazu,<br />

Die Obdachlosen sollten sich mit<br />

Unterstützung aller anständigen Menso<br />

viel aus seinem Leben preiszugeben.<br />

Aber ohne eigene Erfahrung ist so eine<br />

Tour nicht realistisch. Wir kannten vieles<br />

von einer anderen Tour, haben aber<br />

auch Neues dazuerfahren. Zum Beispiel:<br />

Wie gehe ich mit Obdachlosen,<br />

die auf der Straße liegen oder sitzen,<br />

um? Die eigene Hemmschwelle ist ja<br />

auch groß, man möchte ja niemanden<br />

beleidigen. Hut ab für Ihre Arbeit!<br />

Danke!<br />

INGRID UND JÖRN PAHL<br />

Leserbriefe geben die Meinung des Verfassers<br />

wieder, nicht die der Redaktion. Wir behalten<br />

uns vor, Leserbriefe zu kürzen.<br />

Wir trauern um<br />

Thomas Rene Hinz<br />

16. Januar 1958 – Anfang Januar <strong>2016</strong><br />

Thomas hat lange keine Zeitungen mehr<br />

verkauft. Er starb in seiner Unterkunft.<br />

Die Verkäufer und das Team von<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

Wir trauern um<br />

Michael Sauer<br />

8. November 1984 – 14. Januar <strong>2016</strong><br />

Michael hatte unterschiedliche Verkaufsplätze.<br />

Er verstarb im Krankenhaus.<br />

Die Verkäufer und das Team von<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

Wir trauern um<br />

Claudia Werner<br />

2. Dezember 1967 – 25. Februar <strong>2016</strong><br />

Wollen Sie Hamburgs City einmal mit anderen Augen sehen?<br />

Abseits der teuren Fassaden zeigt Hinz&<strong>Kunzt</strong> Orte, die in keinem Reiseführer<br />

stehen: Bahnhofs mission statt Rathausmarkt, Drogenberatungsstelle statt<br />

Alsterpavillon, Tages aufent halts stätte statt Einkaufspassage.<br />

Anmeldung: info@hinzundkunzt.de<br />

oder Telefon: 040/32 10 83 11<br />

Kostenbeitrag: 10/5 Euro,<br />

nächste Termine: 8. + 29.5.<strong>2016</strong>, 15 Uhr<br />

Claudia verstarb nach langer Krankheit. Sie<br />

verkaufte seit März 1999 im EKZ Eidelstedt.<br />

Die Verkäufer und das Team von<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

Wir trauern um<br />

Monika Rathke<br />

1. April 1969 – 10.April <strong>2016</strong><br />

Monika ist zu Hause in den Armen ihres<br />

Freundes gestorben.<br />

Die Verkäufer und das Team von<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>


<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

Klassisch: Musik-Rebell Igor Levit spielt Freiheitshymnen auf dem Klavier (S. 46).<br />

Kurios: Andrea Bongers lässt auf dem 5. Kabarettgipfel die Puppen tanzen (S. 50).<br />

Köstlich: Koch des Monats Pedru empfi ehlt rumänisches Kartoffelragout (S. 56).<br />

Bunt wie ein Koi ist dieser<br />

Turnschuh – und womöglich genauso<br />

teuer. Zumindest, wenn Sammler ein<br />

Auge auf das Modell geworfen haben.<br />

Warum, zeigt die Ausstellung „Sneaker.<br />

Design für schnelle Füße“ im Museum<br />

für Kunst und Gewerbe (S. 52).<br />

FOTO: KAI VON RABENAU


<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />

Wo sind hier die zerzausten Beethoven-Haare, wo der wehende<br />

Künstlermantel? Wer Igor Levit sieht, errät nicht sofort, was in ihm steckt:<br />

ein MUSIK-FREIGEIST und ein Klassik-Rebell.<br />

46


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

Rebell<br />

im Maßanzug<br />

Igor Levit gab mit vier Jahren sein erstes Konzert. Heute ist er 29 und wird<br />

inter national als Jahrhundert-Pianist gefeiert. Petra Neumann hat den Klassikstar<br />

getroffen, der in diesem Monat vor kleinem Publikum auftreten wird: in der Fabrik.<br />

FOTOS: ANDREAS HORNOFF<br />

47<br />

Igor Levit ist schwer zu fassen. Mit<br />

29 Jahren gilt er schon jetzt als<br />

Jahrhundert-Pianist. Er spielt in<br />

ausverkauften Sälen in New York<br />

und London. Und ist doch meilenweit<br />

vom Klassik-<strong>Mai</strong>nstream entfernt. Sein<br />

jüngster Coup: Am 16. <strong>Mai</strong> führt Levit<br />

„The people united will never be defeated“<br />

auf – eine Protesthymne gegen politische<br />

Unterdrückung. Und zwar nicht<br />

in einem wohltemperierten Konzertsaal,<br />

sondern in der leicht schmuddeligen<br />

„Fabrik“ in Altona.<br />

Der erste Eindruck täuscht. Mit seinem<br />

grauen Pullover, Brille und den<br />

bunten Marken-Turnschuhen, in denen<br />

Levit zum Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Interview erscheint,<br />

wirkt er so gar nicht wie ein<br />

Klassik-Rebell, wie ein aufrührerischer<br />

Musik-Freigeist. Keine zerzausten Beethoven-Haare,<br />

kein lässiges Künstler-<br />

Outfit. Eher der Schwiegermutter-Typ:<br />

höflich, gepflegt, gebildet und mit einem<br />

Profi-Popstar-Lächeln, wie man es<br />

sonst nur in Zahnpasta-Werbespots<br />

sieht. Auf der Bühne trägt er Maßanzüge,<br />

ein schneeweißes Hemd und Pomade<br />

im Haar.<br />

Ein Rebell im Maßanzug? Man<br />

könnte ganz böse denken, Igor Levit sei<br />

einfach nur ein weiterer jener werbetechnisch<br />

perfekt inszenierten Klassikstars,<br />

die jung, erfolgreich und aalglatt<br />

die Charts stürmen. Doch: Keiner<br />

jener PR-gestylten Solostars würde die<br />

Klassikvariationen einer Freiheitshymne<br />

aus den 70ern aufnehmen, einen<br />

Politmarsch, der weltweit unzählige<br />

Demos musikalisch begleitet hat und<br />

der für die linke Szene eine ähnliche<br />

Bedeutung hat wie die Internationale.<br />

Zumal die Variationen des Komponisten<br />

Frederic Rzewski als unfassbar<br />

schwer und nahezu unspielbar gelten.<br />

„The people united“ ist nicht gerade<br />

ein garantierter Bestseller, sondern der<br />

Albtraum jedes PR-Agenten.<br />

Kein Wunder, dass Levit gern als<br />

unkonventionell beschrieben wird.<br />

Doch selbst dieser Einordnung seiner<br />

Person versucht sich der 29-Jährige zu<br />

entziehen: „So denke ich gar nicht. Ich<br />

gehe weder konventionelle Wege, noch<br />

unkonventionelle, sondern meine eigenen<br />

Wege.“ Und dieser Weg war zunächst<br />

einmal der eines Einwandererkindes<br />

und führte nicht unbedingt<br />

geradeaus. Geboren wurde Igor Levit in<br />

Gorki, 400 Kilometer östlich von Moskau.<br />

Als er drei Jahre alt ist, unterrichtet<br />

ihn seine Mutter Elena, selbst Pianistin.<br />

Mit vier gibt er sein erstes Konzert.<br />

Als der talentierte Junge acht Jahre<br />

alt ist, siedelt die Familie nach Hannover<br />

um, wo Elena Levit bis heute an der<br />

Hochschule für Musik unterrichtet.<br />

Seit seinem 13. Lebensjahr gibt Igor<br />

internationale Konzerte. Er gewinnt<br />

Stipendien und Preise, darunter den<br />

Klassik Echo. Seit Kurzem lebt er – zusammen<br />

mit seinem Steinway-Flügel,<br />

den er Lulu nennt – in Berlin.<br />

„Musik war<br />

schon immer<br />

meine<br />

Lebens aufgabe.“<br />

„Wieso hat meine Integration funktioniert?<br />

Wegen meiner Eltern und wegen<br />

der Musik. Musik war schon immer<br />

meine Lebensaufgabe. Außerdem war<br />

ich auf einer wunderbaren Schule, hatte<br />

ein fantastisches Studium. Das ist<br />

ganz großes Glück.“<br />

Er wünscht sich aus der eigenen Erfahrung<br />

heraus, dass die Musik viel<br />

mehr als bisher zur Integration von<br />

Kindern aus allen Gesellschaftsschichten<br />

beiträgt: „Die Berührung mit Musik


<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />

Igor Levit liebt es, an den unterschiedlichsten Orten aufzutreten. In New York und London<br />

genauso wie in Hitzacker. Über das Werk „The people united“ von Komponist<br />

Frederic Rzewski sagt er: „Das Stück ist wie das Leben: SCHÖN, aber auch schwer.“<br />

muss so früh wie möglich passieren und<br />

auf höchstem Niveau“, erklärt Levit.<br />

„Ohne Aufnahmeprüfung. Man sollte<br />

alle, alle nehmen, und dann wird sich<br />

zeigen, wer bleibt und wer kein Talent<br />

hat. Dazu braucht man wirklich gute<br />

„Jeder sollte die<br />

Chance bekommen,<br />

Musiker<br />

zu werden.“ IGOR LEVIT<br />

Musikpädagogen, die Kinder ernst<br />

nehmen und mit ihnen Konzerte hören.“<br />

Sein Traum wäre ein „Biografie-<br />

Unterricht“. „Jedes Kind sollte seinen<br />

eigenen Background einbringen dürfen,<br />

sich damit auseinandersetzen, woher es<br />

kommt. Das ist enorm wichtig. Natürlich<br />

kann nicht jeder am Ende Musiker<br />

werden, aber jeder sollte zumindest die<br />

Chance bekommen.“<br />

Levit hat nicht nur seine Chance<br />

ergriffen, sondern sein musikalisches<br />

Talent zur Perfektion gebracht. Kritiker<br />

loben ihn als Jahrhundert-Pianisten<br />

und erst diese großartigen handwerklichen<br />

Fertigkeiten erlauben es Levit,<br />

unangepasst zu sein.<br />

„Ich könnte natürlich immer das<br />

gleiche Programm spielen in 22 Städten“,<br />

erklärt Levit. „Das wäre einfacher.<br />

Aber so kann ich nicht arbeiten.“ Er<br />

fügt fast entschuldigend hinzu: „Meine<br />

Konzerttermine wirken chaotisch: New<br />

York, London, dann wieder Lübeck<br />

oder Hitzacker. Aber ich finde das<br />

wunderbar.“<br />

Wie kommt einem jungen Musiker<br />

überhaupt ein Stück wie „The people<br />

united“ in den Sinn? „Ich war im ersten<br />

Semester an der Hochschule für Musik<br />

in Hannover und stöberte in der Bibliothek.<br />

Irgendwann hab ich eine CD mit<br />

48<br />

dem Stück entdeckt. Es hat mich umgehauen.<br />

Sofort und auf der Stelle. Ich<br />

war 16, und die Wucht der Musik fegte<br />

mich weg!“ Gleichzeitig weckte das<br />

Stück den Ehrgeiz des jungen Talentes.<br />

„Ich hab die Noten gelesen und sofort<br />

gedacht: Das kann ich niemals spielen.<br />

Das ist so schwer! Wie ein Kampfgebirge.<br />

Das Stück ist wie das Leben:<br />

schön, aber auch schwer.“<br />

Der Musikstudent schreibt begeistert,<br />

aber auch mit einer gehörigen Portion<br />

Selbstbewusstsein an den Komponisten<br />

des „Kampfgebirges“, den<br />

Amerikaner Frederic Rzewski. Ich hab<br />

ihn per <strong>Mai</strong>l gefragt, ob er ein Stück für<br />

mich komponieren kann.“ Der 78 Jahre<br />

alte Musikveteran, der als Ikone für eine<br />

ganze Generation von politisch engagierten<br />

Musikern steht, antwortete<br />

dem enthusiastischen Jugendlichen<br />

kurz, trocken und realpolitisch: „Gern.<br />

Wenn ich dafür bezahlt werde.“ Von<br />

demselben Mann ist übrigens der Satz<br />

überliefert: „Dass der Kapitalismus


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

noch nicht besiegt ist, das kann einen<br />

schon fertigmachen.“<br />

Levit fand einen Sponsor, bekam<br />

seine Komposition und freundete sich<br />

mit dem fast 50 Jahre älteren Künstler<br />

an. „Frederic ist unglaublich wach und<br />

neugierig. Und ungemein ehrlich, sodass<br />

es schon wehtun kann. Man kann<br />

sich wunderbar mit ihm streiten.“<br />

Doch welche Aussage hat heute ein<br />

Kampfsong, den Sergio Ortega als Protestlied<br />

„El Pueblo unido“ 1973 gegen<br />

die Militärdiktatur in Chile komponierte?<br />

„Ich habe kein Che-Guevara-Poster<br />

in meinem Zimmer hängen, falls das jemand<br />

glaubt“, sagt Igor Levit. „Aber<br />

die Aussage des Werkes ist nicht 1973<br />

gestorben. Das Stück ist ungeheuer präsent.<br />

Die Idee ist ja nicht weg. Das<br />

Stück gibt Menschen das Gefühl intensivster<br />

Beteiligung. Das ist keine Dekoration,<br />

die irgendwo nebenbei läuft,<br />

sondern durchlebte Musik, die eine<br />

enorme, eine wahnsinnig starke Haltung<br />

ausdrückt. Das Stück erzwingt eine<br />

Haltung. Niemand kann da unberührt<br />

sitzen bleiben.“<br />

Levit sucht nicht nur ungewöhnliche<br />

Kompositionen, sondern auch unkonventionelle<br />

Aufführungsorte. So lieferte<br />

er sich bei ZDF-aspekte ein<br />

Liveduell am Flügel mit dem Improvisationskünstler<br />

Chilly Gonzales. Und in<br />

New York sahen die Konzertbesucher<br />

von Liegestühlen aus, wie sich der Flügel<br />

mit Levit auf der Bühne drehte – eine<br />

Zusammenarbeit mit der Performance-Künstlerin<br />

Marina Abramovic.<br />

„Makellose Technik gepaart mit angeborener<br />

Musikalität“, schwärmte „The<br />

New Yorker“. „Das ist kein Künstler,<br />

der eine konventionelle Businessclass-<br />

Karriere anstrebt.“ Die Besucher der<br />

Fabrik am 16. <strong>Mai</strong> sollen eine ähnliche<br />

Erfahrung machen. Auch hier können<br />

sie den Pianisten von allen Seiten und<br />

sogar von oben beobachten.<br />

„Ich möchte so viele Perspektiven<br />

wie möglich auf die Musik geben“, erklärt<br />

Levit. „Für mich ist Musik nie einfach<br />

nur so da. Sie ist immer Utopie. Es<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

49<br />

geht in Konzerten nie um mich, sondern<br />

immer um das Wir. Das ist essenziell.<br />

Ich will das Miteinander mit dem<br />

Publikum. Das ist eine politische Aussage,<br />

die ich als Künstler formulieren<br />

muss. Daran glaube ich. Das ist meine<br />

Motivation.“<br />

Hier sehe er auch die neue Elbphilharmonie<br />

in Hamburg in der Pflicht: „Das<br />

Haus sollte offen für alle sein. Ein Ort<br />

„Es geht in<br />

Konzerten<br />

nie um mich,<br />

sondern um<br />

das Wir.“<br />

der Inspiration und Entdeckung für<br />

möglichst viele Menschen.“ Sprach’s<br />

und zitiert das passende „Lieblingsgedicht“<br />

von T. S. Eliot:<br />

„We shall not cease from exploration<br />

And the end of all our exploring<br />

Will be to arrive where we started<br />

And know the place for the first time.“<br />

(„Wir werden nicht vom Forschen ablassen,<br />

bis am Ende aller Entdeckungen<br />

wir wieder zu unserem Ausgangspunkt<br />

zurückkehren und diesen zum ersten<br />

Mal richtig erkennen.“)<br />

„Das ist es doch, oder?“, fügt der<br />

Künstler mit seinem strahlend weißen<br />

Lächeln hinzu. „Es ist eigentlich ganz<br />

einfach: Never give up!“ •<br />

Igor Levit spielt auf dem Festival „Freiheit“<br />

der Stiftung Elbphilharmonie „The people<br />

united“: Mo, 16.5., 20 Uhr, Fabrik, Barnerstraße<br />

36, 21 Euro. Weitere Festival-Künstler:<br />

Patricia Kopatchinskaja mit „Bye bye<br />

Beethoven“ und Thomas Hengelbrock,<br />

der mit dem Balthasar-Neumann-Ensemble<br />

Purcells Oper „Dido and Aeneas“ aufführt.<br />

Weitere Infos: www.musikfest-hamburg.de<br />

<br />

MELANIE MARTINEZ<br />

<br />

<br />

NIKKI LANE<br />

<br />

SOUTHSIDE JOHNNY<br />

& THE ASBURY JUKES<br />

<br />

<br />

YES<br />

<br />

<br />

<br />

SÓLSTAFIR<br />

<br />

<br />

<br />

JULIAN LE PLAY<br />

<br />

<br />

TALKING TO TURTLES<br />

<br />

<br />

NILS WÜLKER & BAND<br />

<br />

<br />

THE CORRS<br />

<br />

<br />

PRIME CIRCLE<br />

<br />

JOCOWOODS OF BIRNAM<br />

<br />

ARTHUR BEATRICE<br />

<br />

CHRIS BROWN<br />

<br />

<br />

MARC COHN<br />

<br />

<br />

HANS SCHEIBNER & BAND<br />

<br />

<br />

<br />

BEN HARPER & THE INNOCENT<br />

CRIMINALS<br />

<br />

<br />

HUBERT VON GOISERN<br />

<br />

<br />

ZUCCHERO<br />

<br />

<br />

RUNRIG<br />

<br />

TICKETS:<br />

KARSTEN JAHNKE<br />

<br />

GMBH<br />

<br />

KJ.DE


Ihre Eltern hatten nur einen<br />

Wunsch: Sie möge etwas<br />

SOLIDES lernen. Doch<br />

Andrea Bongers gehört nun<br />

mal auf die Kabarettbühne.<br />

Die mit den<br />

Puppen spielt<br />

Heinz hat einen riesigen Kopf, Schnecke Finchen eine piepsige Stimme<br />

und das Schaf „Schaf“ sehr dicke Hoden – mit ihren stofftierischen Kollegen tritt<br />

Andrea Bongers beim 5. Hinz&<strong>Kunzt</strong> Kabarettgipfel auf.<br />

TEXT: SYBILLE ARENDT<br />

FOTO: DMITRIJ LELTSCHUK


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

Andrea Bongers ist auf der Bühne ein echtes<br />

Chamäleon. Die Kabarettistin wechselt die<br />

Rollen, dass einem Hören und Sehen<br />

vergehen. Mal ist sie Luder, mal Grantler<br />

und wechselt dabei virtuos Stimmlage und<br />

Dialekt. Das Besondere: Sie verführt ihr<br />

Publikum mithilfe von Puppen, mit denen sie witzige Dialoge<br />

führt. Da ist zum Beispiel Heinz. Der brummige Kerl mit<br />

dem riesigen Kopf und den wulstigen Lippen steht seit<br />

30 Jahren mit Bongers gemeinsam auf der Bühne und weiß<br />

immer alles besser. Heinz ist selbst gemacht – wie alle Puppen<br />

der Künstlerin. „Der ist mit der Nagelschere<br />

vor dem Fernseher entstanden“,<br />

so Bongers.<br />

Abseits der Bühne ist Andrea Bongers<br />

weder grummelig noch zickig,<br />

sondern nahbar und bodenständig.<br />

Ein Typ zum Pferdestehlen. Sie kann<br />

sich noch genau an ihre erste selbst gemachte<br />

Puppe erinnern. Da war sie<br />

zehn Jahre alt. „Sie entstand aus meinem<br />

Kommunionsstrumpf.“ Gebastelt<br />

hat sie schon damals gern. Mit 15 Jahren<br />

wollte sie sogar Malerin werden. „Mein Eltern waren<br />

anderer Meinung. ‚Nee, mach mal was Solides‘, sagten sie.“<br />

Ein gemeinsamer Besuch bei der Berufsberatung Köln mündete<br />

in eine Lehre als Erzieherin. „Das habe ich noch<br />

durchge zogen, auch noch mein Fachabi gemacht. Aber dann<br />

war Schluss.“ Ein Leben als Pädagogin konnte sie sich nicht<br />

vorstellen.<br />

Andrea Bongers zog aufs Land in die Nähe von München<br />

und arbeitete in einem Figurentheater mit. Eine schöne<br />

und lehrreiche Zeit. Aber das Landleben war auf Dauer<br />

nichts für die quirlige Künstlerin. In den 1980er-Jahren kam<br />

sie nach Hamburg und zog in eine Künstler-WG in Sasel und<br />

hatte bald erste Bühnenerfolge, als Mitglied von „Aprillfrisch<br />

– MäGäDäM Schwarz“. Die Shows mit Stefan Gwildis und<br />

Rolf Claussen wie „Wuttke II“ und „Piraten der Liebe“ im<br />

Schmidt Theater und auf Kampnagel erreichten Kultstatus.<br />

Die Programme waren frech, anarchisch und witzig. Andrea<br />

Bongers mittendrin. „Dabei wollte ich eigentlich nie lustig<br />

sein, aber es kam so.“ Das Publikum kam in Scharen, obwohl<br />

die Truppe anfangs niemand kannte. „Heute wäre das<br />

anders. Die Leute wollen nur noch Bekanntes.“ Namen, die<br />

sie aus dem Netz oder dem Fernsehen kennen.<br />

Inzwischen ist Andrea Bongers längst als Solokünstlerin<br />

etabliert. Sie brachte die Hamburger zum Beispiel als „Prinzessin<br />

von Barmbek“ zum Lachen und zum Nachdenken.<br />

Und dass die Kabarettistin richtig anständig singen kann,<br />

„Ich wollte<br />

eigentlich nie<br />

lustig sein,<br />

aber es kam so.“<br />

51<br />

bewies sie bis 2014 im Hamburger DamenLikörChor, für<br />

den sie auch die Texte schrieb. Im Fernsehen ist sie als Miss<br />

Izzy an der Seite der Komikerin und Moderatorin Mirja<br />

Boes in der Castingshow „Die Puppenstars“ auf RTL zu<br />

sehen. Außerdem gehört sie seit vielen Jahren zum Ensemble<br />

der Sesamstraße und spielt die Schnecke „Finchen“.<br />

Die Puppenspielerin liebt ihre Figuren und die Rollenwechsel,<br />

die sie ihr ermöglichen. Zum selbstbewussten Heinz<br />

haben sich im Laufe der Jahre die listige Stoffschlange und<br />

Sexualtherapeutin Sissi Snake gesellt sowie ein Schaf, das<br />

Andrea Bongers animalische Seite verkörpern soll und deshalb<br />

wohl auch mit überdimensional<br />

großen Hoden ausgestattet ist. Dann<br />

ist da noch der komische Vogel Dr.<br />

Richard von Holzofen, der seine<br />

Lehrerlaufbahn beenden musste und<br />

nun frustriert unter Schafen im Wendland<br />

lebt. Plus Manolo Panik, Typ bester<br />

Freund.<br />

Ihr gesamtes skurriles Personal hat<br />

Andrea Bongers selbst gemacht. „Ich<br />

liebe das Basteln und Nähen.“ Manche<br />

der Figuren entstehen ganz<br />

schnell, wie Manolo Panik. „Der war nach einem halben Tag<br />

fertig.“ Andere, wie die Schlange, brauchen länger und<br />

haben eine besondere Geschichte: „Die wollte ich bauen,<br />

weil ich Angst vor Schlangen habe. Schon seit Kindertagen.“<br />

Bongers kaufte dafür edle Stoffe, färbte und experimentierte.<br />

Das Ergebnis war unbefriedigend. „Am Ende brachte es eine<br />

Schlangenhose von Cavalli für einen Euro bei eBay.“<br />

Die Themen für ihre Shows findet Andrea Bongers im<br />

Alltag: Erziehungswahn, Trennungsschmerz, Helikopter-<br />

Eltern, Bettgeschichten und das Älterwerden – was Frauen<br />

und Mütter eben im Alltag bewegt. Ihre Programme seien gesellschaftskritisch,<br />

aber nicht politisch, meint die Künstlerin.<br />

„Ich mag Themen, die real sind.“ Zum Beispiel, dass ihr<br />

Sohn ausgezogen ist, um zu studieren. Oder das Altern.<br />

„Damit muss man sich auseinandersetzen.“ Dazu hat sie inzwischen<br />

schon zwei Produktionen gemacht und ist zu einem<br />

positiven Schluss gekommen: „Ich habe das Gefühl, etwas zu<br />

bekommen, nämlich Gelassenheit.“ Um alle anderen Gefühle<br />

zu zeigen, hat sie ja auch Heinz, Manolo und Sissi. •<br />

5. Hinz&<strong>Kunzt</strong> Kabarettgipfel – eine Benefizveranstaltung für<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>: mit Andrea Bongers, Axel Pätz, Sebastian Schnoy,<br />

Alma Hoppe und Bidla Buh; Alma Hoppes Lustspielhaus,<br />

Sonntag, 29. <strong>Mai</strong>, 14.30 Uhr, 22/18 Euro<br />

Bis in die Puppen, Andrea Bongers Soloprogramm,<br />

6. bis 9. Juli im Schmidtchen, Spielbudenplatz 27, 28/18 Euro


<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />

AUSSTELLUNG<br />

Schuhe im Museum<br />

Tipps ( 1)<br />

1. bis 15. <strong>Mai</strong> <strong>2016</strong><br />

Briefmarken und Bilder sammeln war<br />

gestern: Heutzutage sind Turnschuhe<br />

Kult. Seit den 1990er-Jahren sind die<br />

Sneaker durch künstliche Verknappung<br />

zu begehrten Objekten geworden.<br />

Innerhalb von wenigen Minuten sind<br />

neue Modelle, designt von Prominenten<br />

wie Michael Jordan oder Kanye<br />

West, ausverkauft. Kurze Zeit später<br />

werden sie dann im Internet für bis zu<br />

1000 Euro gehandelt. Die Sammler<br />

schreckt das nicht ab: bis zu 600 Paare<br />

haben sie im Schrank. Die Ausstellung<br />

„Sneaker. Design für schnelle Füße“<br />

geht dem skurrilen Trend auf<br />

den Grund. Zu sehen sind 100 Plakate<br />

mit origineller Schuhwerbung und<br />

Raritäten aus der Sammlung von<br />

Sneaker-Junkies. •<br />

Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz,<br />

13.5.–28.8., Di–So10–18 Uhr,<br />

Do bis 21 Uhr, 12/8 Euro, bis 17 Jahre frei<br />

VORTRAG<br />

In INDIEN heilige Tiere,<br />

im Nachbarland Bangladesch<br />

Lieferanten für<br />

Fleisch und Leder: Fotograf<br />

Christian Faesecke<br />

hat diesen Weg verfolgt.<br />

Jüdische Religion hautnah<br />

Wer sich für jüdische Kultur interessiert,<br />

sollte sich die Führung durch die<br />

Synagoge an der Hohe Weide nicht<br />

entgehen lassen. Die langjährige Religionslehrerin<br />

der Gemeinde, Miriam<br />

Solomon, gibt zwei Stunden lang interessante<br />

Einblicke in den Gottesdienst<br />

und den jüdischen Alltag. „Mir ist es<br />

wichtig, den Besuchern das Judentum<br />

näherzubringen. Wenn man die Religion<br />

besser versteht, kann man auch<br />

andere Dinge kritischer beurteilen“, so<br />

Soloman. Das Betreten des Gebäudes<br />

ist nur mit angemessener Kleidung<br />

erlaubt. Außerdem sollten Besucher<br />

wegen der Sicherheitskontrollen ihren<br />

Ausweis dabei haben. •<br />

Synagoge, Hohe Weide 34,<br />

So, 8.5., 16–18.15 Uhr, 8 Euro, Anmeldung<br />

erforderlich unter 428 41 14 93,<br />

Volkshochschule Eimsbüttel,<br />

www.vhs-hamburg.de, Kurs 3300MMK07<br />

AUSSTELLUNG<br />

Kuhschmuggel in Indien<br />

Ein Mal im Jahr packt der Hamburger<br />

Christian Faesecke seine Kamera und<br />

reist in ferne Länder, um dort Lebensund<br />

Arbeitsbedingungen zu dokumentieren.<br />

In Indien war der semiprofessionelle<br />

Fotograf schon häufiger. Bei<br />

seinem letzten Besuch ist er Kühen<br />

gefolgt. Die Tiere sind im hinduistischen<br />

Indien heilig, aber jenseits der<br />

Grenze im muslimischen Bangladesch<br />

nur noch eine Ware. Faesecke zeigt,<br />

wie die Rinder zu Viehmärkten im<br />

Grenzgebiet getrieben und dort zu<br />

Schlachtvieh umdeklariert werden.<br />

In den Schlachthäusern Dhakas startet<br />

dann ein industrieller Verwertungsprozess,<br />

der billiges Leder, vor allem<br />

aber kranke Arbeiter und verseuchte<br />

Gewässer zur Folge hat. Die 80 Fotos<br />

der Ausstellung „Heiliges Leder“ zeichnet<br />

diesen Weg eindrucksvoll nach. •<br />

Galerie Schichtwechsel, Eiffestraße 426,<br />

noch bis 7.5., Mi–Sa, 16–20 Uhr,<br />

So, 16–18 Uhr, Eintritt frei<br />

BÜHNE<br />

Spaßvögel aus Leipzig: The<br />

Fuck Hornisschen Orchestra<br />

Die skurrile Show von „The Fuck<br />

Hornisschen Orchestra“ ist eine echte<br />

Wundertüte: Sie enthält eine Schlager-<br />

Persiflage, handfeste Kritik an extremen<br />

Gesellen der rechten Sorte im Osten,<br />

abgedrehte Heimatschmonzetten im<br />

Pferdemilieu ebenso wie Songs zum<br />

Thema Pubertät. Julius Fischer und<br />

Christian Meyer sind seit 2008 unter<br />

dem Namen The Fuck Hornisschen<br />

Orchestra unterwegs und haben bereits<br />

über 500 Konzerte gespielt. Bei der<br />

Veranstaltungsreihe Nightwash und im<br />

Quatsch Comedy Club sind sie Stammgäste,<br />

und seit 2014 haben sie ihre<br />

eigene TV-Sendung namens „Comedy<br />

mit Karsten“ im MDR. Ihr neues Programm<br />

„Palmen“ präsentieren die beiden<br />

studierten Germanisten aus Leipzig<br />

mithilfe einer Armada an Spielzeuginstrumenten<br />

und allerlei Krimskrams<br />

aus 1-Euro-Läden. •<br />

Polittbüro, Steindamm 45,<br />

Do, 12.5., 20 Uhr, 15/10 Euro<br />

52


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

BÜHNE<br />

Monolog über Liebesqual<br />

und Leistungsdruck<br />

KINO<br />

Königlich irre: wahnsinnig<br />

werden mit zwei Freundinnen<br />

LESUNG<br />

Ein neuer Fall für<br />

Chastity Riley<br />

FOTOS: CHRISTIAN FAESECKE, JULIA KNEUSE; COLLAGEN: GRAFIKDEERNS<br />

Ein junger Mann ist schwer in die<br />

Postbotin verliebt. Um ihr endlich gegenüberstehen<br />

zu können, hat er sich<br />

selbst ein Paket geschickt. Während des<br />

Wartens quält er sich mit Fragen: Wie<br />

spreche ich sie an? Muss man eigentlich<br />

sprechen, um mit jemandem in Kontakt<br />

zu kommen? Und was ist Sprache überhaupt?<br />

Der Monolog des Einpersonenstücks<br />

„Finnisch“ ist amüsant,<br />

wirft aber auch einen ernsten Blick auf<br />

Leistungsdruck und Einsamkeit. •<br />

Monsun Theater, Friedensallee 20,<br />

10.+11.5., 20 Uhr, 15,90/13,40 Euro<br />

VORTRAG<br />

Gegen das Verdrängen<br />

Die Publizistin Alexandra Senfft beschäftigt<br />

sich seit Jahren mit den Nachwirkungen<br />

des Nationalsozialismus.<br />

Zunächst schaute sie auf ihre eigene<br />

Familiengeschichte, später setzte sie<br />

sich auch mit fremden Biografien<br />

auseinander und forschte nach<br />

Mustern vererbter Schuld und kollektiver<br />

Traumatisierungen. Die Autorin<br />

stellt ihr Buch „Der lange Schatten<br />

der Täter“ bei einer Lesung mit<br />

anschließendem Gespräch vor. •<br />

Körber Forum, Kehrwieder 12, Mi, 11.5.,<br />

19 Uhr, Eintritt frei, Anmeldung erforderlich<br />

unter www.koerberforum.de<br />

MUSIK<br />

Der Körper als Instrument<br />

Zum Musikmachen braucht man<br />

eigentlich nur den eigenen Körper<br />

und bestenfalls ein paar alte Dosen.<br />

Das „Body Rhythm Festival“ tritt den<br />

Beweis an und bringt Trommeln,<br />

Beatbox, Gesang, Tanz und Percussion<br />

zusammen. Auf der Bühne stehen<br />

unter anderem Pedro Consorte von<br />

„Stomp“, das beatboxende Duo<br />

„Fuchs & Hahn“, „Fogo do Samba“<br />

und „Barbatuques“ aus São Paulo.<br />

Garantiert ist: Der Saal wird kochen. •<br />

Fabrik, Barnerstraße 36,<br />

So, 15.5., 21 Uhr, 16,50 Euro<br />

Mit dem Wahnsinnigwerden ist das ein<br />

wenig so wie mit einem Dampfdrucktopf.<br />

Langsam erhöht sich der Druck.<br />

Und die Realität wird weich gekocht.<br />

Wenn dann kein Dampf entweichen<br />

kann, fängt es irgendwann ordentlich<br />

an zu scheppern. Denke ich. Schließlich<br />

bin ich irre nur theoretisch.<br />

Ansonsten ziemlich normal. Aber so<br />

ungefähr müsste es sein.<br />

„Queen of Earth“ ist ein Film mit<br />

vielen Klischees im Irren. Ein Haus am<br />

See. Alte Freundinnen. Dunkle<br />

Geheimnisse. Langsam, aber stetig<br />

wird aus Normalität Hysterie. Alles<br />

schon mal gesehen. Trotzdem gut.<br />

Und darum geht es: Zwei Frauen<br />

machen gemeinsam Urlaub. Virginia<br />

und Catherine sind seit Ewigkeiten<br />

Freundinnen. Virginias Leben verläuft<br />

in der Gleichförmigkeit des Alltags –<br />

unbeschwert, aber ein wenig langweilig.<br />

Das ist halt der Preis, den sie zahlen<br />

muss. Catherine geht es dagegen gar<br />

nicht gut. Verängstigt, von einer persönlichen<br />

Krise gebeutelt, möchte sie<br />

sich vor der Unbill der Welt am<br />

liebsten für immer verkriechen. In<br />

einem Ferienhaus am See wollen die<br />

beiden ihre Freundschaft neu aufleben<br />

lassen. Doch – man ahnt es schon –<br />

dort erst einmal angekommen, kommt<br />

dann doch alles anders, als man denkt.<br />

Und der Totenschädel, den Virginia in<br />

Catherines Schrank findet, ist erst der<br />

Anfang …<br />

Alex Ross Perrys Drama Queen of<br />

Earth zeichnet akribisch das Abgleiten<br />

in den Wahnsinn nach. Klar, beide<br />

Frauen eint ein Geheimnis. Und das zu<br />

lüften, ist tatsächlich besonders in der<br />

zweiten Filmhälfte enorm fesselnd.<br />

Vorausgesetzt, man lässt sich drauf ein<br />

und hält dabei einiges aus. Bis zum<br />

Schluss baut sich die Spannung auf –<br />

ohne Ventil und ganz schön<br />

zermürbend. So ist das eben mit dem<br />

Wahnsinn. In der Theorie. Und in<br />

Filmen. „Queen of<br />

Earth“ – ganz großes<br />

Drama. ASCHMI<br />

•<br />

Neu im Kino<br />

ab Do, 5.5.<br />

53<br />

Chastity Riley ist Deutschlands härteste<br />

Krimiheldin: trinkfest, tough und gern<br />

in schmuddeligen Kiezkneipen unterwegs.<br />

„Blaue Nacht“ heißt ihr sechster<br />

Fall. Darin ist die ehemalige Staatsanwältin<br />

zur Opferschutzbeauftragten degradiert<br />

worden, weil sie einen korrupten<br />

Vorgesetzten überführt hat. Riley<br />

soll in einer Klinik einem Schwerverletzten,<br />

von dem niemand weiß, wer er<br />

ist, auf den Zahn fühlen. Sie sticht dabei<br />

in ein Wespennest aus Drogenhandel<br />

und organisierter Kriminalität. Außer<br />

einer spannenden Geschichte liefert<br />

Simone Buchholz wie in jedem ihrer<br />

Bücher wieder wunderbare Milieustudien<br />

aus ihrer Wahlheimat Hamburg. •<br />

Polizeikommissariat 36, Ellernreihe 35,<br />

Do,12.5., 20 Uhr, 3/2 Euro<br />

MUSIK<br />

Aufregende Klänge der<br />

Mensch-Maschine<br />

„L’homme machine – Die Maschine-<br />

Mensch“ heißt das Werk, mit dem der<br />

französische Arzt Julien Offray de la<br />

Mettrie im 18. Jahrhundert berühmt<br />

wurde. Darin beschreibt er den Menschen<br />

als ein Ding, das sich selbst steuert<br />

– ohne Gottes Hilfe. Das Künstlerkollektiv<br />

„Kommando Himmelfahrt“<br />

setzt dem Querdenker nun mit seiner<br />

Arbeit „Geisterbahn“ ein Denkmal. •<br />

Kampnagel, Jarresstraße 20,<br />

5.–7.5., 19.30 Uhr, 12/8 Euro<br />

Wer sind wir? Was macht<br />

uns aus? Prägt uns eine<br />

Seele oder sind wir nur ein<br />

MECHANISMUS? Ein<br />

Konzertabend mit Tiefgang.


<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

Tipps (2)<br />

16. bis 31. <strong>Mai</strong> <strong>2016</strong><br />

LESUNG<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />

Kreativ gelogen: ein Schelmenroman<br />

von Jakob Hein<br />

Friedrich Bender hat ein kreatives<br />

Verhältnis zur Wahrheit: Schon als<br />

Kindergartenkind behauptet er<br />

schwimmen zu können. Als seine Eltern<br />

daran zweifeln, springt er einfach<br />

ins Wasser, schwimmt eine Bahn. Auch<br />

später erfindet sich Bender permanent<br />

neu und schummelt sich durchs Leben:<br />

Er betreibt eine Kneipe, ohne sich an<br />

Auflagen zu halten, ergaunert sich<br />

Studienbescheinigungen der Universität<br />

Stockholm, betreibt dank eines<br />

Adelstitels eine Heiratsvermittlung.<br />

Die Schwindeleien und erotischen<br />

Abenteuer in Jakob Heins neuem<br />

Roman „Kaltes Wasser“ sind ein<br />

köstliches Lesevergnügen. Jakob Hein,<br />

Sohn des nicht minder tollen<br />

Schriftstellers Christoph Hein, liest<br />

die schönsten Stellen. •<br />

Nochtspeicher, Bernhard-Nocht-Straße<br />

69a, Di, 24.5., 20 Uhr, 9 Euro<br />

VORTRAG<br />

Nachhaltige Wohnungspolitik<br />

selber machen<br />

Bezahlbarer Wohnraum ist in Hamburg<br />

Mangelware. Daran ändert auch<br />

die Selbstverpflichtung des Hamburger<br />

Senats nichts, pro Jahr mindestens<br />

6000 Wohnungen zu bauen. Die<br />

Mieten steigen wie nie zuvor, Sozialwohnungen<br />

fehlen. Zugleich gibt es<br />

Leerstand und die Umwandlung in Eigentumswohnungen.<br />

Doch wie könnte<br />

eine nach haltige Wohnungspolitik aussehen?<br />

Darüber diskutieren auf Einladung<br />

des Zukunftsrats Karin Siebeck,<br />

Leiterin des Amtes für Wohnen, Stadterneuerung<br />

und Bodenordnung, Marko<br />

Lohmann vom Verband Norddeutscher<br />

Wohnungsunternehmen, Matthias<br />

Günther vom Pestel Institut Hannover<br />

und ein Vertreter des Zusammenschlusses<br />

„St. Pauli selber machen“. •<br />

Staatsbibliothek, Von-Melle-Park 3,<br />

Di, 24.5., 18 Uhr, Eintritt frei<br />

VORTRAG<br />

Die Natur als Vorbild<br />

Die Idylle täuscht: Die<br />

RENTIERZÜCH-<br />

TER der Tundra sind<br />

bedroht. Wie Fotograf<br />

Dmitrij Leltschuk zeigt.<br />

Jeder redet vom Klimawandel. Doch<br />

obwohl wir erkennbar auf die Katastrophe<br />

zurasen, verändert die Menschheit<br />

ihr Verhalten nur in winzigen<br />

Schritten. Dabei gibt es durchaus<br />

Lösungen, wenn man sich die Natur als<br />

Vorbild nimmt. Der Verfahrenstechniker<br />

und Chemiker Michael Braungart<br />

hat sich sein „Cradle to Cradle“-<br />

Konzept der kompletten Abfallvermeidung<br />

von ihr abgeschaut. Mit dem<br />

Philosophieprofessor Jürgen Goldstein,<br />

der über den Naturforscher Georg<br />

Forster publiziert hat und dem Hamburger<br />

Journalisten Reinhard Kahl<br />

diskutiert er über „Die Entdeckung<br />

und Wiederentdeckung der Natur.“ •<br />

Freie Akademie der Künste, Klosterwall<br />

23, Do, 19.5., 19 Uhr, 14/10 Euro<br />

BÜHNE<br />

Die Abstiegsangst der<br />

Wohlstandsbürger<br />

Eigentlich müsste sich die Familie<br />

wohlfühlen: Vater, Mutter und Kind<br />

wohnen in einer „Gated Communitiy“,<br />

einer jener umzäunten Siedlungen,<br />

die Sicherheit und geregelte Verhältnisse<br />

versprechen. Vor ihrer Tür ist<br />

umkämpftes Gebiet, mit dem die Bewohner<br />

nichts zu tun haben möchten.<br />

Sind dort Schüsse oder Schreie zu hören,<br />

wird Meeresrauschen eingespielt,<br />

damit sich alle schnell wieder beruhigen.<br />

Dennoch herrscht innerhalb der<br />

schützenden Mauern Angst: die Angst,<br />

die Komfortzone einmal verlassen zu<br />

müssen, etwa, wenn das Geld nicht<br />

mehr reicht. Friederike Barthel hat<br />

Falk Richters Stück „Im Ausnahmezustand“<br />

neu inszeniert. Sie interpretiert<br />

das Stück mit dem Blick auf die<br />

Abstiegsängste der westlichen Mittelschicht-Wohlstandsgesellschaft<br />

und<br />

berücksichtigt auch die derzeitige<br />

Flüchtlingssituation in Deutschland. •<br />

Sprechwerk, Klaus-Groth-Straße 23,<br />

Do, 26.5., 20 Uhr, 21/13,50 Euro<br />

FOTOS: DMITRIJ LELTSCHUK, MARGAUX WEISS; COLLAGEN: GRAFIKDEERNS<br />

54


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />

BÜHNE<br />

Jugendtheater zwischen<br />

Pubertät und Drama<br />

Nini und Jameelah sind unzertrennlich.<br />

Die beiden 14-Jährigen halten sich für<br />

erwachsen und verhalten sich entsprechend:<br />

Sie feiern mit Freunden, trinken<br />

ein Gebräu aus Milch, Maria-cron und<br />

Maracujasaft, das sie Tigermilch nennen,<br />

und planen ihre Entjungferung.<br />

Doch dann soll Jameelah in den<br />

Irak abgeschoben werden. Und in der<br />

Nachbarschaft geschieht ein Mord.<br />

„Tigermilch“ ist eine sehenswerte Bühnenfassung<br />

von Stefanie des Velascos<br />

gleich namigem Jugendroman und läuft<br />

beim Kinder- und Jugendtheaterfestival<br />

„Hart am Wind“. •<br />

Lichthof Theater, Mendelssohnstraße 15,<br />

27./28.5., 19/20 Uhr, 13/7,50 Euro, ab<br />

15 Jahre, gesamtes Programm unter www.<br />

schauspielhaus.de/de_DE/hartamwind<br />

AUSSTELLUNG<br />

Bedrohte Rentierzüchter am<br />

Polarkreis – fotografiert<br />

Dmitrij Leltschuk war zweieinhalb<br />

Wochen lang für den Greenpeace Photo<br />

Award (in Medienpartnerschaft mit<br />

Geo) in der arktischen Tundra unterwegs,<br />

um das Leben der Rentierzüchter<br />

am Polarkreis zu dokumentieren.<br />

In rund 50 Bildern zeigt Leltschuk, der<br />

auch viel für Hinz&<strong>Kunzt</strong> fotografiert,<br />

die durch die russische Erdölindustrie<br />

bedrohte traditionelle Lebensweise der<br />

Nomaden. Die Rentiere, ihre Lebensgrundlage,<br />

verletzen sich an herumliegendem<br />

Schrott, viele Flüsse sind verseucht<br />

und verlassene Ölfelder werden<br />

zu stinkenden Seen. Außer Leltschuks<br />

Arbeiten sind die Fotos von zwei weiteren<br />

Preisträgern in der Ausstellung<br />

„Bis zum letzten Tropfen“ zu sehen.<br />

Uwe H. Martin dokumentiert die extreme<br />

Trockenheit im Westen der USA,<br />

und Manuel Bauer zeigt die Folgen<br />

des Klimawandels im Himalaya. •<br />

Museum der Arbeit, Wiesendamm 3,<br />

25.5.–24.7., Mo, 13–21 Uhr, Di–Sa,<br />

10–17 Uhr, So, 10–18 Uhr, 7,50/4,50 Euro<br />

Mo, 30.5., 19 Uhr, „Komische Arktis –<br />

Rentierzüchter am Polarkreis“, Dmitrij<br />

Leltschuk berichtet von seiner Reportage<br />

MUSIK<br />

Retrofunk im Maßanzug<br />

Der neue James Brown heißt Ryo<br />

Nakata und kommt aus Japan. Mit<br />

seiner neunköpfigen Band „Osaka<br />

Monaurail“ spielt er perfekten Funk<br />

und Sixties-Soul. Auch optisch machen<br />

die Jungs was her: Scharfe Anzüge,<br />

imposante Bläserchoreografien und<br />

eine echte Rampensau als Bandleader<br />

sorgen für Megastimmung bei den<br />

Konzerten. •<br />

Mojo Club, Reeperbahn 1,<br />

Mi, 18.5., 21 Uhr, 17,20 Euro<br />

KINDER<br />

Ängste überwinden im Theater<br />

Erwachsene wollen Kinder vor Gefahren<br />

beschützen. Doch auch zu viel Sicherheit<br />

kann gefährlich sein. Deshalb<br />

werden Kleine und Große beim Forschungstheaterstück<br />

„Da Gefahr!“ ausdrücklich<br />

dazu ermuntert, gelegentlich<br />

auch ein Risiko einzugehen: Mal an<br />

einer Batterie zu lecken oder Feuer zu<br />

machen, kann sehr lehrreich sein. •<br />

Fundus Theater, Hasselbrookstraße 25,<br />

24.–26.5., 10 Uhr, 28.+29.5., 16 Uhr, 7/6<br />

Euro, für Kinder von 3–10 Jahre<br />

Keine Angst vor Monstern!<br />

Das können Kinder lernen<br />

– wie jetzt im Haus<br />

des Fundus THEATER.<br />

RUNDGANG<br />

Kräuterkunde in Kaltehofe<br />

Fast 100 Jahre war das Wasserwerk auf<br />

der Elbinsel Kaltehofe in Betrieb, bis es<br />

1990 stillgelegt wurde. Viele Jahre<br />

wurde das Gelände mit den hübschen<br />

Backsteinbauten danach sich selbst<br />

überlassen, bis dort 2011 ein Museum<br />

und Café entstanden. Besonders interessant<br />

ist der Außenbereich mit seiner<br />

Artenvielfalt. 250 Pflanzenarten wachsen<br />

dort. Viele von ihnen sind essbar.<br />

Aber welche? Das erklärt eine diplomierte<br />

Umweltwissenschaftlerin beim<br />

zweistündigen Wildkräuterrundgang.<br />

Spitz- oder Breitwegerich wirken zum<br />

Beispiel entzündungshemmend. Aus<br />

Vogelmiere oder Giersch, dem Todfeind<br />

jedes Gärnters, können leckere<br />

Salate entstehen. Wann und wie diese<br />

Kräuter am besten geerntet werden<br />

können, lernt man bei der Führung<br />

ebenso. Das Probieren am Wegesrand<br />

ist dabei ausdrücklich erwünscht. •<br />

Wasserkunst Kaltehofe, Kaltehofe<br />

Hauptdeich 6–7, So, 22.5., 12–14 Uhr,<br />

15/12 Euro, Anmeldung bis fünf Tage vor<br />

Veranstaltungsbeginn unter folgender<br />

Nummer möglich: 78 88 49 99-0<br />

LESUNG<br />

Humor statt Fäuste: aus dem<br />

Leben dreier Türsteher<br />

Als Türsteher in Hamburger Clubs<br />

muss man hart im Nehmen sein. Dumme<br />

Sprüche und betrunkene Gäste gehören<br />

zum Arbeitsalltag. Viktor Hacker,<br />

Henning Geisler und Mark Büttner haben<br />

ihre Erlebnisse als Türsteher in einen<br />

unterhaltsamen Lese- und Anekdotenabend<br />

verpackt. Wichtiger als dicke<br />

Oberarme sind ihrer jahrelangen<br />

Erfahrung nach gute Nerven und viel<br />

Humor. Die drei verstehen sich entsprechend<br />

in erster Linie als Unterhalter –<br />

an der Tür und in ihrem Bühnenprogramm<br />

„Zeit für Zorn“. Ihre Shows<br />

sind immer schnell ausverkauft, aber<br />

wir verlosen drei Mal zwei Karten unter<br />

allen Einsendungen bis zum 15. <strong>Mai</strong>.<br />

Eine <strong>Mai</strong>l an unsere E-<strong>Mai</strong>l-Adresse<br />

info@hinzundkunzt.de genügt. •<br />

Schanzenzelt, Marktstraße 131, „Zeit für<br />

Zorn“, Mi, 18.5., 20 Uhr, 9,30 Euro


PEDRU<br />

Abendbrot? So wie in Deutschland,<br />

wo man abends Brotscheiben mit Wurst<br />

oder Käse belegt? Das gibt es in<br />

Rumänien eher selten. Stattdessen<br />

wird warm gegessen, gerne deftig.<br />

Das Kartoffelragout gehört dabei zu den<br />

Standards. „Das Gute ist, das es auch<br />

Muslime kochen können – man nimmt<br />

einfach Hühner- statt Schweinefleisch“,<br />

sagt Pedru. Der gelernte Koch hat<br />

lange in Spanien gearbeitet.<br />

Er hat den soliden Eintopf bei uns schon<br />

zwei Mal gekocht und serviert: als eine<br />

neue Ausgabe heraus kam, dann wird<br />

immer für die Verkäufer gekocht, und bei<br />

einer Aufzeichnung von TIDE TV.<br />

Tocana de Cartofi<br />

1000 g Kartoffeln<br />

500 g Gulaschfleisch<br />

(Rind, Schwein oder Huhn<br />

nach Geschmack)<br />

2 gro e Karotten<br />

1 Paprikaschote<br />

3 Tomaten<br />

2 gro e Zwiebeln<br />

je ein Bund Petersilie<br />

und Dill<br />

100 ml Olivenöl<br />

300 Milliliter Wasser<br />

Salz, Pfeffer, Paprikapulver<br />

mampfs Krautsalat<br />

1000 g Wei kohl<br />

1 rote Paprikaschote<br />

1 EL Salz, 1 Zwiebel<br />

1 TL Senf, 50 g Zucker<br />

50 ml Pflanzenöl<br />

100 ml Kr uteressig<br />

Heimat auf dem Löffel<br />

Wenn Kartoffelragout nach rumänischer Art auf den Tisch kommt,<br />

bleibt bei Pedru kein Fitzelchen übrig. Wie bei ihm zu Hause typisch,<br />

isst er am liebsten Gewürzgurken und Krautsalat dazu.<br />

TEXT: FRANK KEIL; FOTO: CHRISTIAN HAGEN<br />

SO WIRD ES GEKOCHT:<br />

Am Vortag den Krautsalat zubereiten: Kohl in feine Streifen schneiden. Mit 1 EL Salz<br />

in eine Schüssel geben und 30 Minuten stehen lassen. Dann kräftig durchkneten.<br />

Der Kohl bricht auf und wird weich. Paprika in feine Streifen schneiden und dazugeben.<br />

Zwiebel würfeln. Mit Senf, Öl, Zucker und Essig in einen Topf geben und ein Mal<br />

aufkochen. Die Marinade heiß über den Kohl geben. Abgedeckt im Kühlschrank<br />

24 Stunden ziehen lassen.<br />

1. Für das Ragout das Fleisch würfeln und portionsweise in 2 EL Olivenöl rundherum<br />

anbraten. Mit Salz, Pfeffer und Paprikapulver kräftig würzen. Beiseite stellen.<br />

2. Zwiebeln schälen und würfeln. Karotten schälen und in dicke Scheiben schneiden.<br />

Kartoffeln schälen und in 2 cm große Würfel schneiden. Tomaten waschen und hacken.<br />

3. In einem großen Topf 100 ml Öl (ja, das ist reichlich!) erhitzen. Zwiebeln, Karotten und<br />

Kartoffeln fünf Minuten dünsten.<br />

4. Tomaten und Fleisch dazugeben und das Ganze mit Wasser bedecken.<br />

Aufkochen und etwa 20 Minuten köcheln lassen, bis die Kartoffeln gar sind.<br />

5. Währenddessen Dill und Petersilie hacken. Das Ragout mit Salz und Pfeffer<br />

abschmecken und die Kräuter unterrühren.<br />

Das fertige Tocana de Cartofi mit dem Krautsalat servieren.<br />

Getestet von MAMPF: www.mampf-hh.de<br />

56


WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />

Rätsel<br />

ILLUSTRATION (BLEISTIFT): BERND MÖLCK-TASSEL<br />

Blattvorderseite<br />

umgangssprachlich:<br />

werfen<br />

Glanzpunkt,<br />

Zugstück<br />

(franz.)<br />

Fluss<br />

durch<br />

Lüttich<br />

(Belgien)<br />

franz.<br />

Schriftsteller<br />

†<br />

(Jules)<br />

alte italienische<br />

Silbermünze<br />

Satz zusammengehöriger<br />

Dinge<br />

Frau<br />

Adams im<br />

Alten Testament<br />

norweg.<br />

Polarforscher<br />

† 1930<br />

griech.<br />

Göttin<br />

der Zwietracht<br />

Vorraum,<br />

breiter<br />

Flur<br />

Jahrmarktsattraktion<br />

antike<br />

Stadt in<br />

Ionien<br />

5<br />

9<br />

1<br />

Gefährte<br />

Evas im<br />

Paradies<br />

2<br />

1<br />

Schuldsühnung<br />

sagenhafter<br />

keltischeaffe<br />

Menschen-<br />

König<br />

gegrillte<br />

Hackfleischröllchen<br />

3<br />

6<br />

314<br />

16<br />

5<br />

4<br />

9<br />

Gartenzierpflanze,<br />

Wau<br />

Stadt im<br />

südöstl.<br />

Münsterland<br />

zweiteil.<br />

Badeanzug<br />

längerer<br />

Riss<br />

5<br />

4<br />

28<br />

Heiligenbild<br />

der Ostkirche<br />

produzieren<br />

Meeressäugetier<br />

norddeutsch:<br />

Schilf,<br />

Röhricht<br />

6<br />

3<br />

2<br />

kanadischer<br />

Wapitihirsch<br />

französisch:<br />

Königin<br />

unbestimmter<br />

Artikel<br />

Weißhandgibbon<br />

kohlensäurehaltiges<br />

Wasser<br />

Kurzform<br />

von: Ursula<br />

oder<br />

Ulrike<br />

5849<br />

in jedem Neun-Kästchen-Block<br />

69<br />

7<br />

3<br />

7<br />

5<br />

Behälter<br />

aus Stoff<br />

oder<br />

Papier<br />

Wohnraum<br />

8<br />

7<br />

US-Schauspielerin<br />

englisch:<br />

zehn<br />

(Glenn)<br />

Kurzform<br />

von: Wilhelmine<br />

Maßeinheit<br />

der Masse<br />

(Kurzwort)<br />

Stadt am<br />

Südfuß<br />

der Hohen<br />

Eifel<br />

Geheimnis,<br />

Verbergung<br />

Spezialmediziner<br />

zweitgrößte<br />

Stadt von<br />

Indien<br />

1683<br />

10<br />

82<br />

9<br />

8<br />

10<br />

Fluss zum<br />

Weißen<br />

Meer<br />

kurz für:<br />

an das<br />

AR1115-0116_4<br />

Füllen Sie das Gitter so<br />

aus, dass die Zahlen von<br />

1 bis 9 nur je einmal in jeder<br />

Reihe, in jeder Spalte und<br />

vorkommen.<br />

Als Lösung schicken Sie<br />

uns bitte die unterste, farbig<br />

gerahmte Zahlenreihe.<br />

931<br />

Lösungen an: Hinz&<strong>Kunzt</strong>, Altstädter Twiete 1–5, 20095 Hamburg,<br />

per Fax an 040 30 39 96 38 oder per E-<strong>Mai</strong>l an info@hinzundkunzt.de.<br />

Einsendeschluss: 30. <strong>Mai</strong> <strong>2016</strong>. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Wer<br />

die korrekte Lösung für eines der beiden Rätsel einsendet, kann zwei<br />

Karten für die Hamburger Kunsthalle oder eines von drei Büchern „Immer<br />

Montags beste Freunde“ von Laura Schroff und Alex Tresniowski (Diana<br />

Verlag) gewinnen. Das Lösungswort beim Kreuzworträtsel war: Adlerhorst.<br />

Die Sudoku-Zahlenreihe war: 139 457 826.<br />

Impressum<br />

Redaktion und Verlag<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

gemeinnützige Verlags- und Vertriebs GmbH<br />

Altstädter Twiete 1–5, 20095 Hamburg<br />

Tel. 040 32 10 83 11, Fax 040 30 39 96 38<br />

Anzeigenleitung Tel. 040 32 10 84 01<br />

E-<strong>Mai</strong>l info@hinzundkunzt.de<br />

www.hinzundkunzt.de<br />

Herausgeber<br />

Landespastor Dirk Ahrens,<br />

Diakonisches Werk Hamburg<br />

Externer Beirat<br />

Prof. Dr. Harald Ansen (Armutsexperte HAW-Hamburg),<br />

Mathias Bach (Kaufmann), Rüdiger Knott (ehem. NDR 90,3-Programmchef),<br />

Olaf Köhnke (Ringdrei Media Network),<br />

Thomas Magold (BMW-Niederlassungsleiter i.R.),<br />

Beate Behn (Lawaetz-Service GmbH), Karin Schmalriede (Lawaetz-Stiftung),<br />

Dr. Bernd-Georg Spies (Russell Reynolds),<br />

Alexander Unverzagt (Medienanwalt), Oliver Wurm (Medienberater)<br />

Geschäftsführung Dr. Jens Ade<br />

Redaktion Birgit Müller (v.i.S.d.P.),<br />

Frank Keil (CvD, Stellv.), Annette Woywode<br />

Mitarbeit Sybille Arendt, Simone Deckner, Jonas Füllner,<br />

Ulrich Jonas, Benjamin Laufer, Uta Sternsdorff,<br />

Annabel Trautwein und Kerstin Weber<br />

Redaktionsassistenz Sonja Conrad,<br />

Dina Fedossova<br />

Online-Redaktion Simone Deckner, Jonas Füllner,<br />

Benjamin Laufer<br />

Artdirektion grafikdeerns.de<br />

Öffentlichkeitsarbeit Isabel Schwartau, Friederike Steiffert<br />

Anzeigenleitung Isabel Schwartau<br />

Anzeigenvertretung Christoph Wahring,<br />

Wahring & Company, Tel. 040 284 09 40, info@wahring.de<br />

Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 20 vom 1. Januar 2015<br />

Vertrieb Marcus Chomse, Christian Hagen (Leitung),<br />

Sigi Pachan, Jürgen Jobsen, Meike Lehmann, Sergej Machov, Frank Nawatzki,<br />

Cristina Stanculescu, Marcel Stein,<br />

Cornelia Tanase, Silvia Zahn<br />

Rechnungswesen/Systemadministration Frank Belchhaus<br />

Spendenmarketing Gabriele Koch<br />

Spendenverwaltung Susanne Wehde<br />

Sozialarbeit Ana-Maria Ilisiu, Stephan Karrenbauer (Leitung), Isabel Kohler<br />

Litho PX2@ Medien GmbH & Co. KG<br />

Produktion Produktionsbüro Romey von Malottky GmbH<br />

Druck A. Beig Druckerei und Verlag,<br />

Damm 9–15, 25421 Pinneberg<br />

Umschlag-Druck Neef+Stumme premium printing GmbH & Co. KG<br />

Verarbeitung Delle und Söhne, Buchbinderei<br />

und Papierverarbeitungsgesellschaft mbH<br />

Spendenkonto Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />

IBAN: DE56 200505501280167873<br />

BIC: HASPDEHHXXX<br />

Die Hinz&<strong>Kunzt</strong> gGmbH mit Sitz in Hamburg ist durch den aktuellen<br />

Freistellungsbescheid des Finanzamts Hamburg-Nord, Steuernummer<br />

17/414/00797, vom 15.11.2013 nach §5 Abs.1 Nr. 9<br />

des Körperschaftssteuergesetzes von der Körperschaftssteuer und nach<br />

§3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes von der Gewerbesteuer befreit.<br />

Geldspenden sind steuerlich nach §10 EStG abzugsfähig. Hinz&<strong>Kunzt</strong> ist als<br />

gemeinnützige Verlags- und Vertriebs GmbH im Handelsregister<br />

beim Amtsgericht Hamburg HRB 59669 eingetragen. Wir bestätigen,<br />

dass wir Spenden nur für die Arbeit von Hinz&<strong>Kunzt</strong> einsetzen.<br />

Adressen werden nur intern verwendet und nicht an Dritte weitergegeben.<br />

Beachten Sie unsere Datenschutzerklärung, abrufbar auf www.hinzundkunzt.de.<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong> ist ein unabhängiges soziales Projekt, das obdachlosen und<br />

ehemals obdachlosen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe bietet.<br />

Das Magazin wird von Journalisten geschrieben, Wohnungslose und<br />

ehemals Wohnungslose verkaufen es auf der Straße. Sozialarbeiter<br />

unterstützen die Verkäufer.<br />

Das Projekt versteht sich als Lobby für Arme.<br />

Gesellschafter<br />

Durchschnittliche monatliche<br />

Druckauflage 1. Quartal <strong>2016</strong>:<br />

78.333 Exemplare<br />

57


Momentaufnahme<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />

„Man braucht ein<br />

Quäntchen Glück“<br />

Günter, 56, hatte einen festen Willen: nicht ewig Hinz&Künztler sein<br />

TEXT: BIRGIT MÜLLER<br />

FOTO: JONAS FÜLLNER<br />

Es kommt öfter vor, dass Freunde von<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong> vorbeikommen, Kleidung<br />

bringen oder eine Spende abgeben.<br />

Was selten ist: Dass uns ein ehemaliger<br />

Verkäufer besucht und<br />

Klamotten und Geld spendet. Jahre<br />

hatten wir keinen Kontakt mehr zu<br />

Günter. So etwas passiert oft: Von einem<br />

Tag auf den anderen verschwindet<br />

jemand, und wir wissen nicht, was<br />

aus ihm geworden ist.<br />

Was uns sehr freut: Günter geht es<br />

inzwischen wieder richtig gut. Zwei<br />

Jahre war der Wiener obdachlos, hat<br />

mit elf anderen unter der Kennedybrücke<br />

gelebt. Im Winter hatte er Glück<br />

Kam aus Wien<br />

nach Hamburg,<br />

lebte zwei Jahre<br />

auf der Straße.<br />

Von seinen ersten<br />

EINNAHMEN<br />

als Verkäufer<br />

kaufte sich Günter<br />

Unterwäsche<br />

und Socken.<br />

und bekam einen Container. „Ich war<br />

zwar auf Platte“, sagt der 56-Jährige<br />

bei seinem Besuch. „Aber ich wusste<br />

immer: Das soll nicht so bleiben.“<br />

Auch Hinz&Künztler wollte er<br />

nicht ewig bleiben. Aber es half ihm<br />

über die erste Zeit hinweg: „Sobald ich<br />

Geld verdient habe, bin ich nicht mehr<br />

oft in die Suppenküche gegangen, sondern<br />

habe mich selbst versorgt.“ Bald<br />

machte er sich auf die Suche nach einem<br />

Job, „egal wo“. Und den fand er:<br />

putzen in der legendären Kneipe „Goldener<br />

Handschuh“. Nebenbei arbeitete<br />

er noch zeitweise ehrenamtlich auf einem<br />

Dampfeisbrecher im Hafen.<br />

2009 bekam Günter dann einen Job bei<br />

einer Sicherheitsfirma, 2011 wurde er<br />

dort fest angestellt. Inzwischen ist er<br />

Objektleiter und Hausmeister. Und<br />

glücklich mit seiner Arbeit. „Wir sind<br />

dort wie eine große Familie“, sagt er<br />

über sein Verhältnis zu den Mitarbeitern<br />

in seinen „Objekten“.<br />

Warum er sich so lange nicht gemeldet<br />

hat? Er brauchte wohl Abstand<br />

zu uns – und vor allem zur Obdachlosenszene.<br />

Für ihn, der keinen Alkohol<br />

trank, war es schwierig auszuhalten,<br />

dass bei manchen Frühstück und<br />

Abendessen aus einer Flasche Rum mit<br />

Orangensaft bestand. „Da schläfst du<br />

zwar gleich tief, aber am nächsten Morgen<br />

ist alles wieder da.“ Er fügt hinzu:<br />

„Das meine ich gar nicht abfällig.“ Die<br />

meisten seien nämlich menschlich okay<br />

gewesen. „Wir haben immer aufeinander<br />

aufgepasst, und wer was hatte, hat<br />

mit den anderen geteilt.“ Und das will<br />

er auch noch sagen: Rauszukommen<br />

aus der Obdachlosigkeit ist gar nicht<br />

leicht. „Man braucht eine Perspektive<br />

und ein Quäntchen Glück.“<br />

Er hatte das. Vielleicht das Wichtigste:<br />

Er ließ sich weder von Umständen<br />

noch von Menschen unterkriegen,<br />

die sich seinem Willen zum Ausstieg in<br />

den Weg stellten. Obwohl das oft<br />

schwer war. Symptomatisch diese Geschiche:<br />

Er war wieder mal beim Arbeitsamt.<br />

Da war er 40 Jahre alt. „Mein<br />

Sachbearbeiter war ein Schnösel, vielleicht<br />

23 Jahre alt. Der sagte mir, ich sei<br />

nicht leistungsfähig genug, um einen<br />

Container zu leeren.“ Da habe er an<br />

sich halten müssen. „Ich war doch erst<br />

40! Ich wollte doch unbedingt arbeiten!“<br />

Hartz IV hat er als Österreicher<br />

sowieso nicht bekommen.<br />

Das alles ist jetzt überstanden. Fehlt<br />

nur noch ein Hobby! Es soll wieder ein<br />

Traditionsschiff sein, auf dem will er<br />

ehrenamtlich arbeiten. „Ich habe schon<br />

eins im Auge“, sagt der Wiener. „Mal<br />

seh’n, ob ich dort anheuern kann.“ •<br />

A. Beig<br />

Druckerei und Verlag<br />

GmbH & Co. KG<br />

Damm 9-19, 25421 Pinneberg<br />

Tel. 0 41 01/5 35-0<br />

Wir sorgen für den nötigen Druck!<br />

In unserer modernen und leistungsstarken Druckerei in Pinneberg<br />

produzieren wir neben unseren eigenen Publikationen auch zahlreiche<br />

Fremdaufträge. Wir stellen jährlich so ca. 90 Mio. Zeitungen her<br />

und verarbeiten über 350 Mio. Beilagen.<br />

www.a-beig.de


KUNZT-<br />

KOLLEKTION<br />

BESTELLEN SIE DIESE UND WEITERE PRODUKTE BEI: Hinz&<strong>Kunzt</strong> gGmbH,<br />

www.hinzundkunzt.de/shop, shop@hinzundkunzt.de, Altstädter Twiete 1–5, 20095 Hamburg,<br />

Tel. 32 10 83 11. Preise zzgl. Versandkostenpauschale von 2,50 Euro bis 4 Euro,<br />

Ausland auf Anfrage. Versand ab 100 Euro Warenwert kostenlos.<br />

4.<br />

1.<br />

1. Bio-Schwarztee-Mischung<br />

Aromatisiert mit Kakao und Vanillegeschmack.<br />

Zutaten: Schwarzer Tee*, Kakaoschalen*, Zimt*,<br />

Orangenschalen*, *aus kontrolliert biologischem<br />

Anbau (k. b. A.). 100 g, Nachfülldose,<br />

Preis: 7,50 Euro<br />

Bio-Rotbuschtee<br />

Mit Kakao-Orange aromatisiert. Zutaten:<br />

Rotbuschtee*, Kakaoschalen*, Zimt*,<br />

Orangenschalen*, *k. b. A., 75 g,<br />

Nachfülldose, Preis: 7,50 Euro<br />

Beide Sorten: In Kooperation mit dem<br />

Chocoladenmuseum Chocoversum.<br />

Hersteller: Dethlefsen&Balk<br />

1.<br />

2. 3.<br />

5.<br />

2.<br />

2. „Macht auch wach!“<br />

Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Bio-Kaffeemischung,<br />

100% Arabica gemahlen, 250-g-Beutel, 5,95 Euro<br />

oder Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Bio-Espresso, italienische<br />

Mischung, kräftiger Geschmack, ungemahlen,<br />

250-g-Beutel, 5,95 Euro,<br />

exklusiv von der Kaffeerösterei Burg aus Hamburg.<br />

3. „Gegens Abstempeln“<br />

10 selbstklebende 62-Cent-Briefmarken<br />

mit Porträts von Hinz&Künztlern im A5-Heftchen.<br />

Konzeption: Agentur Lukas Lindemann Rosinski,<br />

Preis: 11 Euro<br />

4. 5.<br />

6.<br />

4. „Hamburg Hommage“ – Klappkarten<br />

5 verschiedene Motive mit Umschlag,<br />

DIN A6, Fotograf Mauricio Bustamante<br />

Preis: 8 Euro<br />

3.<br />

5. „Hamburg Hommage“ – Print<br />

Format 40 x 40 x 2,5 cm, fotokaschiert auf<br />

MDF-Platte, mit Bienenwachs versiegelt, einzeln<br />

angefertigter Rahmen aus Palettenholz,<br />

5 verschiedene Motive:<br />

1. #118 / 2. #058 / 3. #153 / 4. #095 / 5. #117<br />

Preis: 99 Euro<br />

6. „Hamburg zeigt Herz“-Becher<br />

Porzellanbecher mit Silikondeckel, in<br />

Deutschland gefertigt. Idee und Design von einer<br />

Auszubildendengruppe der Firma OTTO.<br />

Preis: 8,50 Euro<br />

7.<br />

7. „Ein mittelschönes Leben“<br />

Eine Geschichte für Kinder über Obdachlosigkeit<br />

von Kirsten Boie, illustriert von Jutta Bauer.<br />

Preis: 4,80 Euro


Eine der wichtigsten<br />

Wärmequellen für Hamburg<br />

Am Guten soll man festhalten. So halten wir es auch mit unserem<br />

Einsatz für Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Seit April 2000 unterstützt E.ON Hanse das<br />

Hamburger Straßenmagazin. Und daran wird sich nichts ändern.<br />

Auch als HanseWerk werden wir unser Engagement fortsetzen. Mehr<br />

menschliche Wärme – eine der wichtigsten Energien für den Norden.<br />

Energielösungen für den Norden

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