dräum | ausgabe 4 | 12/2015

dräum ist ein periodikum von andreas leonhard hilzensauer – dräum is a periodical by andreas leonhard hilzensauer dräum ist ein periodikum von andreas leonhard hilzensauer – dräum is a periodical by andreas leonhard hilzensauer

31.12.2015 Views

RAUSCH RAUSCH RAUSCH RAUSCH RAUSCH Kakao, und was, begann er, was, wenn du dich getäuscht RAUSCH hast?, wie meinen?, na, wenn deine Enklave der Vernunft nur vermeintlich unerreichbar für den Wahnsinn ist?, wenn er längst hier angekommen ist?, vielleicht in Form eines An der Grenze zum Wahnsinn sitzt ein kleiner Junge voller Tränen, ein Totengräber kommt vorbei, fragt, was los sei, vom Sturm der Maren abzulenken, hast du dir das schon kleinen, weinenden Jungen, der die Angst vorschützt, um Angst habe er, merkte der Kleine an, so fürchterliche Angst einmal durch den Kopf gehen lassen? Es klopft an der Tür, vor den Kreaturen da drüben, Angst musst du nicht vor den man geht hin und macht auf, Tante Emma, Hallo!, hast du Kreaturen haben, Angst musst du vor dem Abgrund haben, was vergessen?, in der Tat, mein Junge, ich glaub, mein vor der Kluft, in die hineinzufallen bloß zu leicht ist, komm, Werkzeug liegt noch bei dir im Bad, welches Werkzeug?, na, geh mit mir, dort vorne habe ich mein Haus gebaut, direkt Werkzeug halt, ich müsste schnell rauf und es holen; Oookay, ich kann’s ja holen, wie sieht’s denn aus?; Nein nein, an der Grenze, von dort hast du einen guten Ausblick auf das dunkle Tal und die andere Seite, ich wohne schon seit ist schon in Ordnung, ich lauf schnell rauf und hol es mir; langem hier und noch hat sich keines dieser Wesen hierher Ach Tante, ist doch viel zu umständlich, Schuhe aufschnüren, ausziehen, nach oben, wieder runter, Schuhe wieder verirrt; so trocknete der Junge seinen Tränenfluss und folgte schweigend dem dürren Männlein; dort angekommen, ließen sie sich auf der Küchenbank bei Kakao und einem Bier- anstrengend, Schuhe sind schon aus, siehst du?, und so an, ich hol’s dir, warte hier, wie sieht’s denn aus?; ach was, chen nieder, der Totengräber zeigte aus dem Fenster auf die alt bin ich auch nicht, dass ich die paar Treppen nicht noch brockenhaften Wanderer, die dunklen Stelzenläufer am Horizont, das sind die sieben Süchtigen des Verführers, merkte Stock in Richtung Bad, ihr nach der Neffe stark verwundert, schaff – so lief sie, doppelt Stufen nehmend, in den ersten er an, außerdem zeigte er ihm die Feuerameisen, wie sie ständig fragend, was für Werkzeug denn; die Badezimmertür war zu, verschlossen, erst der Schlosser konnt’ sie öffnen, loderten im Zwielicht, die doppelten Gesichter, die sich gegenseitig aßen, die aus dampfendem Teer geformten Kinderschaukeln, die Sandgrube der Glassplitter, das Schloss schnell gefunden, welches Werkzeug Emma meinte: klein da kein Pieps aufs Klopfen kam; und da ward die Antwort des grauenvollen Lachens, das bis hierher rüber hallte, und Joseph lag da, die Nadel noch im Arm. HullaHupp-Reifen so ließen sie die Augen durch die Wildnis schweifen, bis der drehen ihre Runden im verlass’nen Supermarkt; wo keiner Junge sich zurück zum Tisch wandte und den Totengräber da ist, ist man frei; am Sonntag, wenn kein Schlüssel sperrt, ansah – warum wohnst du hier?, der Aussicht wegen; hast da hat das Spielzeug Kirtag und die Lebensmittel feiern Orgien; an der Kassa sitzt der Schnellkochtopf und pfeift im du keine Angst?, anfangs, als ich auf meinen Reisen hierher gelangte, ja, da hatte ich fürchterliche Angst, Sterbensangst, Takt der herumeilenden Nudeln, der Kopfsalat wird flügge aber die Faszination aß schnell die Furcht, und so baute ich und die Zwiebeln ziehen sich aus bis auf die nackte Haut. mein Haus hier hin – schließlich kam die Einsicht schnell, Jetzt neu und noch besser als je zuvor – kaufen Sie in wenig kleinen Raten die Lösung all Ihrer Probleme; mit dem dass die da drüben bleiben, die haben kein Interesse, ihr Reich zu verlassen; nickend blickte der Kleine in seinen besten aller je verkauften Produkte werden Sie nicht nur

RAUSCH RAUSCH RAUSCH RAUSCH RAUSCH RAUSCH RAUSCH TEIL 12 RAUSCH glücklicher, nein, auch ihr soziales Ansehen steigt ins Unermessliche – wer sich das entgehen lässt, hat echt nicht alle Schüsseln im Geschirrspüler – nutzen Sie dieses einmalige Angebot und Sie erhalten beim Kauf des ersten auch ein zweites noch dazu, vollkommen kostenlos!, und weil es das beste Produkt der Welt ist und wir Ihnen hier und heute das beste aller Angebote präsentieren dürfen, gibt es – exklusiv für Sie und nur heute – zum geschenkten zweiten besten Produkt aller Zeiten ein drittes bestes Produkt aller Zeiten gratis dazu!, Sie erhalten also nicht nur ein bestes Produkt aller Zeiten, sondern Sie erhalten zwei beste Produkte aller Zeiten zum ersten besten Produkt aller Zeiten geschenkt dazu, vollkommen gratis und kostenlos!, alles, was Sie dafür tun müssen, ist Ihr Telefon in die Hand nehmen, sich damit den Schädel einschlagen und uns ein Video von der Aktion schicken – und wenn Sie die ganze Zeit im Video manisch grinsen, kriegen Sie zu den zwei geschenkten besten Produkten aller Zeiten das ultimative Bonus-Extra-Spezial-Exklusiv-Geschenk dazu: dann erhalten Sie zu ihrem gekauften besten Produkt aller Zeiten und den zwei geschenkten besten Produkten aller Zeiten ein bestes Produkt aller Zeiten noch gratis dazu!, wer diese Chance nicht sofort ergreift, muss ein Riesen-Hornochse sein, was meinst du Mary? Genau John, genau hier hat mich der Bastard gestern mit seiner Nudel überrascht, einfach den Mantel aufgemacht, und mir sein Dralli entgegengehalten, ekelhaft, was kann man dagegen bloß machen?, ich habe Albträume von seinem stupiden Grinsen, immer wieder presst er durch zusammengekniffenen Zähne: mal ziehen?, mal ziehen?, mal ziehen, Madame? – hier, nimm den Pfefferspray, wenn so was noch einmal passiert, voll drauf halten, das brennt denen ein, wem sie ihre Nudel zu zeigen haben, abscheuliche Pasta-Köche! Neuerdings sperrt Müller immer doppelt zu, bei allen Nachbarn ist schon eingebrochen worden, jetzt ist er ein klein wenig paranoid, lieber doppelt zusperren, bevor auch mir einer auf den Esstisch kackt. Im Nebel liegt ein See, darauf ein Schiff mit einem Segel, darunter ein schlangenhaftes Wesen, das Mythen prägt; im Boot der Angler, an der Angel ein Köder: Eingeweide vom jungen Kalb, mit Safran noch verfeinert, gilt doch das Ungetüm als großer Gaumen feiner Küche; das lange Warten bis zum Biss verkürzet man sich am besten durch ein Selbstgespräch, da geht es um die Inflation, die audiophilen Genüsse des aktuellsten Bowes and Wilkes, das richtige Führen und Pflegen eines Kalenders, über das schnelle Querlesen und das ausführliche Genusslesen, die gestrigen Zickereien bei der Wahl zur Aprikosen-Königin und die eigentümlichen, neidvollen Blicke von denen, die durch die Finger schauten, da wurde von batteriebetriebenen Spitzern gesprochen, von der Waschleistung günstiger und teurer Spülmaschinentabs, vom langsamen Aussterben der Schuster und vom kommenden Revival, denn Wegwerfschuhe werden den Menschen immer mehr zuwider, die Wichtigkeit der lateinischen Sprache für die Welt, den Hagelschaden bei den Kolterfingers, den rätselhaften Verbleib der kleinen Anneliese, die kombinierten CO2-Emissionen des neuen BMW im Vergleich zum neuen VW, die sich ja beide als umweltfreundlich bezeichnen, und so weiter und so fort; als das Thema auf die hautfreundlichste Methode zur Hornhaut-Entfernung kam, konnte das Untier sich nicht länger zurückhalten, es streckte seinen Schädel aus dem Wasser und schrie dem Angler ins Gesicht, dass das doch niemand aushielte, da bekomme man doch Migräne von dem ganzen Geschwafel, wenn er weiter so viel Scheiße reden würde, dann solle er ihm gleich das Messer in den Kopf rammen, denn länger hielte man das nicht mehr aus – also, alter Angler, pack dein Zeug und hau ab von meinem Dach, oder du bist einen Kopf kürzer!

RAUSCH<br />

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Kakao, und was, begann er, was, wenn du dich getäuscht<br />

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hast?, wie meinen?, na, wenn deine Enklave der Vernunft<br />

nur vermeintlich unerreichbar für den Wahnsinn ist?, wenn<br />

er längst hier angekommen ist?, vielleicht in Form eines<br />

An der Grenze zum Wahnsinn sitzt ein kleiner Junge voller<br />

Tränen, ein Totengräber kommt vorbei, fragt, was los sei, vom Sturm der Maren abzulenken, hast du dir das schon<br />

kleinen, weinenden Jungen, der die Angst vorschützt, um<br />

Angst habe er, merkte der Kleine an, so fürchterliche Angst einmal durch den Kopf gehen lassen? Es klopft an der Tür,<br />

vor den Kreaturen da drüben, Angst musst du nicht vor den man geht hin und macht auf, Tante Emma, Hallo!, hast du<br />

Kreaturen haben, Angst musst du vor dem Abgrund haben, was vergessen?, in der Tat, mein Junge, ich glaub, mein<br />

vor der Kluft, in die hineinzufallen bloß zu leicht ist, komm, Werkzeug liegt noch bei dir im Bad, welches Werkzeug?, na,<br />

geh mit mir, dort vorne habe ich mein Haus gebaut, direkt Werkzeug halt, ich müsste schnell rauf und es holen; Oookay,<br />

ich kann’s ja holen, wie sieht’s denn aus?; Nein nein,<br />

an der Grenze, von dort hast du einen guten Ausblick auf<br />

das dunkle Tal und die andere Seite, ich wohne schon seit ist schon in Ordnung, ich lauf schnell rauf und hol es mir;<br />

langem hier und noch hat sich keines dieser Wesen hierher Ach Tante, ist doch viel zu umständlich, Schuhe aufschnüren,<br />

ausziehen, nach oben, wieder runter, Schuhe wieder<br />

verirrt; so trocknete der Junge seinen Tränenfluss und folgte<br />

schweigend dem dürren Männlein; dort angekommen, ließen<br />

sie sich auf der Küchenbank bei Kakao und einem Bier-<br />

anstrengend, Schuhe sind schon aus, siehst du?, und so<br />

an, ich hol’s dir, warte hier, wie sieht’s denn aus?; ach was,<br />

chen nieder, der Totengräber zeigte aus dem Fenster auf die alt bin ich auch nicht, dass ich die paar Treppen nicht noch<br />

brockenhaften Wanderer, die dunklen Stelzenläufer am Horizont,<br />

das sind die sieben Süchtigen des Verführers, merkte Stock in Richtung Bad, ihr nach der Neffe stark verwundert,<br />

schaff – so lief sie, doppelt Stufen nehmend, in den ersten<br />

er an, außerdem zeigte er ihm die Feuerameisen, wie sie ständig fragend, was für Werkzeug denn; die Badezimmertür<br />

war zu, verschlossen, erst der Schlosser konnt’ sie öffnen,<br />

loderten im Zwielicht, die doppelten Gesichter, die sich gegenseitig<br />

aßen, die aus dampfendem Teer geformten Kinderschaukeln,<br />

die Sandgrube der Glassplitter, das Schloss schnell gefunden, welches Werkzeug Emma meinte: klein<br />

da kein Pieps aufs Klopfen kam; und da ward die Antwort<br />

des grauenvollen Lachens, das bis hierher rüber hallte, und Joseph lag da, die Nadel noch im Arm. HullaHupp-Reifen<br />

so ließen sie die Augen durch die Wildnis schweifen, bis der drehen ihre Runden im verlass’nen Supermarkt; wo keiner<br />

Junge sich zurück zum Tisch wandte und den Totengräber da ist, ist man frei; am Sonntag, wenn kein Schlüssel sperrt,<br />

ansah – warum wohnst du hier?, der Aussicht wegen; hast da hat das Spielzeug Kirtag und die Lebensmittel feiern Orgien;<br />

an der Kassa sitzt der Schnellkochtopf und pfeift im<br />

du keine Angst?, anfangs, als ich auf meinen Reisen hierher<br />

gelangte, ja, da hatte ich fürchterliche Angst, Sterbensangst, Takt der herumeilenden Nudeln, der Kopfsalat wird flügge<br />

aber die Faszination aß schnell die Furcht, und so baute ich und die Zwiebeln ziehen sich aus bis auf die nackte Haut.<br />

mein Haus hier hin – schließlich kam die Einsicht schnell, Jetzt neu und noch besser als je zuvor – kaufen Sie in wenig<br />

kleinen Raten die Lösung all Ihrer Probleme; mit dem<br />

dass die da drüben bleiben, die haben kein Interesse, ihr<br />

Reich zu verlassen; nickend blickte der Kleine in seinen besten aller je verkauften Produkte werden Sie nicht nur

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