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dräum | ausgabe 4 | 12/2015

dräum ist ein periodikum von andreas leonhard hilzensauer – dräum is a periodical by andreas leonhard hilzensauer

dräum ist ein periodikum von andreas leonhard hilzensauer – dräum is a periodical by andreas leonhard hilzensauer

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ÜBER ANGST


Immerfort prescht die Brandung<br />

Wieder und wieder an mein Hirn,<br />

Macht Gewöhnliches gefährlich,<br />

Füllt Alltägliches mit Angst.<br />

Wo einst die Leichtigkeit regierte,<br />

Wo die Gier nach Neuem sich<br />

Mit dem Drang nach Taten traf,<br />

Da thront heut ein Fels der Panik.<br />

Daran gefesselt prangt mein Lebenswandel,<br />

Beengt, gelähmt, zurückgehalten,<br />

Die Welt geschrumpft zur Westentasche.<br />

In Sicherheit, da stehen sie<br />

Und lachen über mich,<br />

Den schwachen kranken Sklaven,<br />

Der sich selbst zum Krüppel schnürt.<br />

Verzweifelt zerr' ich an den Banden,<br />

Strampel wie ein Kind im Traum,<br />

Starr in den tiefen Schlund der Wasser,<br />

Und bange vor der nächsten Welle,<br />

Fürcht' mich vor der großen Flut.


RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

Im ungebremsten Rausch der Worte taumelt‘s<br />

RAUSCH<br />

durch das Unbekannte, bricht mit jedem Punkt ein<br />

RAUSCH<br />

neues Bild vom Schädel auf das Blatt und sucht im<br />

trüben Geistesnebel bisher ungeahnte Kreaturen.<br />

Grüne Tabletts<br />

der noch unverwandelte Frosch seine Runden dreht, der blickt<br />

Essen Tabletten<br />

ungläubig in die ausgekotzte Menge, denkt, es ist Weihnachten,<br />

und verschlingt gierig die Geschenke, von außen sieht<br />

Zum Vergessen<br />

Dass Gläser ihre Herren<br />

ein Außenstehender das Schauspiel, beschließt, einen Film<br />

Tropfen immer Bier<br />

davon zu machen, holt die Kamera und das Team und castet<br />

Cola Wein und Saft<br />

schöne Frauen, die die Rolle der Bakterien zu spielen hätten,<br />

Dann die Teller<br />

wäre da bloß nicht der anfangs so begeisterte Investor abgesprungen,<br />

sorry, die Zukunft steckt in Gummibändern, die<br />

Schwer und stinken<br />

Lassen Knödel kullern<br />

einen da für gute Zwecke, wo Sportler ihr Gesicht hinhalten<br />

Mittel zum Zweck<br />

und sagen, das kleine Ding symbolisiere das und das, ganz<br />

Lastenträger<br />

wichtige Themen immer, von Kinderkrebs und Erwachsenenkrebs<br />

bis hin zum Hunger dieser Welt, ja, da steckt das<br />

Nie begehrt, nur beladen<br />

Protest im Spüler<br />

Geld drin heutzutage, Dokus schaut doch keine Sau, außer<br />

Schnell erstickt<br />

welche über Schweine, die sind wieder voll in Mode, die Leute<br />

wollen doch sehen, was ihre Schnitzel so durchmachen,<br />

Staatsstreich<br />

Misslingt<br />

ehe sie sie mit anfänglich schlechtem Gewissen dann doch<br />

Tabletts bleiben eben bloß<br />

ihrem Hunger zum Opfer machen, schmecken halt einfach,<br />

Tabletts<br />

und Sachen kann man aus denen machen, glaubt man ja<br />

kaum, vom Schnäuzchen bis zum Schwänzelchen ist alles<br />

An der Kreuzung steht ein Proll mit Manta und gut für irgendwas, die Kaiserteile fressen wir, die andern Teile<br />

sagt sein Mantra, hinten sitz der Yogi, macht Yoga, zeigt dem schicken wir den Afrikanern, da sparen wir uns nicht nur die<br />

Yeti, wie Jäten geht, der macht sich zum Affen, genauer: zum Entsorgungskosten, glaub es oder glaub es nicht, wir machen<br />

sogar Gewinn damit – und ruinieren ganz nebenbei,<br />

Menschenaffen, doch im Ausweis steht: Legende – das Grün<br />

prescht los und nimmt die Kurve wie ein alter Profi, der sitzt der europäischen Tradition entsprechend, lokale Märkte und<br />

auf der Veranda und sieht dem Trio zu, Nostalgie zieht ein, Gelegenheiten, dass die Neger neger bleiben sich niemals<br />

nimmt das Zimmer im ersten Stock, stellt alle Fotos wie aufgefädelt<br />

hin, setzt sich in den Schaukelstuhl und strickt ein wir, und kurzfristig auch die anderen, hamm immerhin or-<br />

endlich selbst erhalten könnten – so gewinnt jeder was, also<br />

Joghurt, die Bakterien spielen Ringel-Ringel-Reih, ein Fäkalit dentlich zu fressen, also das zumindest, was man von Schweinefüßchen<br />

und abgeschabten Wirbelsäuln so runterkriegt,<br />

schummelt sich rein, da wird allen schlecht und es speit aus<br />

dem Becher, genau in einen andern rein, in dem eigentlich aber wenigstens billig hamm’ses, da sin wir doch die reinsten


RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH TEIL 10<br />

RAUSCH<br />

Wohltäter mit reinstem Gewissen und feinem Wohlstandsbauch,<br />

was will man mehr – aber jetzt mal was anderes, wie<br />

geht’s denn eigentlich der Uschi?, geht die noch mit dem<br />

Orthopäden?, macht die noch Gymnastik?, ich meine, ich<br />

hab die mal gesehen, in ihren engen Hosen und knappen<br />

Tops, was für ein Anblick, wenn die sich bückt, vergisst man<br />

ganz, dass man eigentlich Verpflichtungen hat, zum Beispiel<br />

in der Gewerkschaft, oder im Freibad, zweimal pro Woche<br />

Knirps-Schwimmen, da muss ich aufpassen, dass kein Kind<br />

absäuft, ist ja schlecht fürs Image, nicht jede PR ist gute PR,<br />

da muss man schon ein wenig unterscheiden; die Regierung<br />

führt Stricherllisten über die ertrunkenen Kinder in den<br />

Bädern, und je mehr da zusammen kommen, desto kleiner<br />

fällt die Förderung aus – jetzt haben’s mich eingestellt, meine<br />

Kosten amortisieren sich sozusagen wie von selbst, unser<br />

Schwimmbad, und das sage ich mit vollstem Stolz, bezieht<br />

seit Jahren die höchste Förderung des Landes, dafür streich<br />

ich mir halt dann gelegentlich ne Uhr ein, oder eine Luis Vitton<br />

– meine Frau soll ja auch was von haben, dass ich so viel<br />

arbeite, ja, schon viel, ich bin wie gerädert nach einem Tag<br />

Kinder aus dem Wasser schleppen, schwer sind die heutzutage,<br />

das glaubst du ja gar nicht, damals, in den guten alten<br />

Zeiten, da waren die Kinder so leicht, die sind am Wasser<br />

geschwommen, die konnte man übern Fußballplatz schleudern,<br />

wenn man wollen hätte, und dürr waren die, hätt’st<br />

locker fünfzig in einen Pater Noster bekommen, jaja, die<br />

guten alten Zeiten, heut gibt’s ja nicht nur keine dürren Kinder<br />

mehr, fett sind die alle, auch die Pater Noster hamm’se<br />

ausgerottet – zu gefährlich, lieber überall die immergleichen<br />

OTIS Kästen, aber man will sich ja nicht aufregen, uns geht’s<br />

ja eh gut, hab einen Fernseher, ein Auto UND ein Fahrrad,<br />

hab ne Frau und zwei Kinder, ja, auch fett, aber da kann ich<br />

nichts dafür, und einen Hobbyraum, in dem ich aus Bierdeckeln<br />

Idealbilder baue, ich kann mich nicht beschweren –<br />

Bar!, Bier!.<br />

Am Strand liegt Unrat ohne Ende, rastlos taumelt<br />

der Gestrandete umher, bemerkt, die ganze Insel ist aus<br />

Unrat, Plastik, wo man hinsieht Plastik, bis zum Horizont<br />

der Augen wabert dieses Ding aus Plastik übers Meer, wieder<br />

schwimmen oder wandern?, die Antwort lag klar, das<br />

Schwimmen zehrt zu sehr, und so weit kann’s auch nicht sein;<br />

Woche um Woche strichen in die Welt, hie und da ein Kübel,<br />

in dem Regenwasser trinkbar war, da und dort ein Fisch, am<br />

Granulat verendet, sonst hauptsächlich Sonnenbrand und<br />

Einsamkeit; ein ganzer Kontinent durchquert sich nun mal<br />

nicht von selbst; dort, wo – beim maßstabsgetreuen Verwandten<br />

die Hauptstadt liegt, steht doch tatsächlich ein Parlament,<br />

darin die Vertreter aller Meeresländer, verhandelnd über den<br />

Gegenschlag, die Vergeltung für die ewige Vergiftung: unser<br />

aller Welt, meine Freunde, unsre ganze Welt zu Grund gerichtet<br />

von diesen Affen, wäre es nur die schwarze Pest, die<br />

klebrige, die unser Firmament verschwärzt, ja, da würden wir<br />

schon irgendwie mit leben können, nicht wegen der Netze,<br />

die uns alle ins Verderben reißen, das ist Qual und Massenmord,<br />

jedoch in Anbetracht der Weite unserer Welt verkraftbar;<br />

aber das, werte Mitnauten, dieser Kontinent des Plastiks,<br />

ist zu viel, wir töten allesamt, nicht, weil es uns noch retten<br />

würde, sondern einfach deshalb, weil wir eh schon alle des<br />

Todes sind – dann sollen sie zumindest mit uns gehen, wir<br />

... – da bricht der Redner ab, starrt zum Eingang, blickt erbost<br />

und schreit: ein Mensch, ein Hurenkind von Mensch!, greift<br />

ihn, bringt ihn mir, heut gibt’s feinstes Grillfleisch!<br />

Das Gottesweib am einen End, der Göttermann am anderen,<br />

dazwischen stilles Schweigen und das laute Missverständnis;<br />

er betrunken, sie frustriert, zeigen gegenseitig auf die Mängel,<br />

kennen keine Eintracht, hinterrucks schleicht die Schlange,<br />

lispelt Abgründigkeiten, macht sich die Feinde zum Freund<br />

und die Freunde zu Feind’, am Ende trifft man sich in der<br />

Mitte, widerwillig, macht einen Kompromiss, dass man sich<br />

einigt, die Menschheit zu erhalten, wenn’s denn sein muss.


text<br />

3D-Scheiß.txt<br />

text<br />

3D-Scheiß.pdf Ein Chat<br />

Ja, genau, fick dich! :D Bis morgen du Pfeife ...<br />

ProN<br />

nachbarn_gegenueb.mp4<br />

Kuendig_entwurf.txt<br />

audio<br />

DJ_Anders_live.aud<br />

list<br />

Bitsches<br />

Jeeesus fucking christ. Ich hatte gerade wieder diesen fucking weirden Typen am Rohr ...<br />

text<br />

AGB_rev.txt<br />

Privat<br />

HAHa, ja, der kann's ...<br />

Aber ich mein den Scheißhaufenkerl.<br />

Kunden-zeugs<br />

nightshoots<br />

BACKUP<br />

Nope, den Creep mit den E-Mails und dem imaginären Serverproblem ...<br />

URL-Verwaltung.lst<br />

DATA<br />

list<br />

pussypounder_nr1<br />

list<br />

wen? den alten mit dem s-fehler?<br />

schulden-neu.lst<br />

Provisionsabr... .lst<br />

pussypounder_nr1<br />

russian_insults.lst<br />

fucking_idioten<br />

Problemfaelle-neu<br />

den der meint, jemand müsse ihn verleumdet haben? weil die ganzen porno-mails und so?<br />

Fehler<br />

Frauenstimmen<br />

Urlaubstage_2.lstAch, Penis-Enlarger-Paule? lol ... nö, den hat Erich heut abbekommen ...<br />

list<br />

Das Programm 'Chat' wurde unerwartet beendet.<br />

pussypounder_nr1<br />

13:22 h<br />

13:24 h<br />

13:25 h<br />

| Heute |<br />

der typ ist der hammer ...<br />

Ignorieren tschik-tabelle.lst Neu starten<br />

list<br />

pres<br />

whoreslapper_2000<br />

21:08 h<br />

list<br />

whoreslapper_2000 13:24 h<br />

whoreslapper_2000<br />

list<br />

Budget_Okt.lst<br />

pres<br />

User-Support-Guide... .prs<br />

13:25 h<br />

pkg<br />

list<br />

Feinde.lst<br />

fette_eigenbeats.pkg<br />

whoreslapper_2000 13:25 h<br />

pussypounder_nr1<br />

chatroulette_11Dez.mp4<br />

??<br />

13:25 h<br />

Beweise_Chefs<br />

Best_of_<strong>2015</strong>_NSFW.prs<br />

StarWars_Ep7_cam.mp4<br />

Server_Crash_Fruehjahr<br />

audio<br />

whoreslapper_2000<br />

audio<br />

13:28 h<br />

Du kennst Scheißhaufenschorsch GAbriele_Klo.mp4nicht? Gegen den ist Penis-Enlarger-Paule Bilder_Vectra ja ein Nullachtfuchzehn-Weirdo.<br />

braune_sauce.aud<br />

KaZantip_Aug<br />

pussypounder_nr1<br />

text<br />

13:28 h<br />

text<br />

endless-DrumNBass.aud<br />

KaZantip_Aug<br />

hat der eine url bei uns?<br />

audiodes_pudels_kern.txt<br />

pkg<br />

bohrender-nachbar.txt<br />

whoreslapper_2000<br />

audio<br />

13:28 h<br />

|<br />

Wenn textdu mich random_rave.aud<br />

fragst, hat der sogar DIE URL bei uns. Der ruft immer an und fragt, ob es Probleme bloodandgore.aud<br />

mit<br />

seinem Server gibt. Er hat das Gefühl, da funktioniere was nicht ...<br />

Rita<br />

cum_join_me.pkg<br />

pussypounder_nr1 13:30 h<br />

lucky_jonny.mp4<br />

bruderherz.txt<br />

was soll nicht hinhauen?<br />

mitscHnitte_perverse<br />

whoreslapper_2000<br />

13:22 h<br />

trash<br />

Papierkorb<br />

CHAT!


text<br />

3D-Scheiß.txt<br />

text<br />

3D-Scheiß.pdf Ein Chat<br />

was soll nicht hinhauen?<br />

Budget_Okt.lst<br />

ProN<br />

nightshoots<br />

whoreslapper_2000 13:30 h<br />

nachbarn_gegenueb.mp4<br />

pres<br />

Kuendig_entwurf.txt<br />

audio<br />

Schau ... der Typ (ich kann es ja selbst kaum fassen) hat bei uns eine Homepage liegen,<br />

auf der ... Nein, schau am besten selbst, so viel Weirdness Bitscheskann man nicht erzählen ...<br />

list<br />

Hab dir die Kundendaten im Intranet geschickt list<br />

User-Support-Guide... .prs<br />

DJ_Anders_live.aud<br />

pussypounder_nr1 13:31 h<br />

Kunden-zeugs<br />

list<br />

...<br />

schulden-neu.lst<br />

Provisionsabr... .lst<br />

du willst mich verarschen oder?<br />

das kann doch nicht...... oder?<br />

URL-Verwaltung.lst<br />

DATA<br />

list<br />

Urlaubstage_2.lst<br />

russian_insults.lst<br />

fucking_idioten<br />

Fehler<br />

Dacht ich auch beim ersten Mal. Tony hat mir den Typen gezeigt ...<br />

... Scheißhaufenschorsch ... lmao!<br />

pussypounder_nr1<br />

text<br />

13:41 h<br />

Frauenstimmen<br />

Das Programm 'Chat' wurde unerwartet beendet.<br />

AGB_rev.txt<br />

Ignorieren<br />

Neu starten<br />

Genau, und ca 1 x pro Woche meldet er sich tschik-tabelle.lst<br />

bei uns und fragt, ob alle Server laufen oder ob es<br />

irgendwo Probleme gibt. Er bekommt nämlich keine Mails.<br />

Privat<br />

pres<br />

pussypounder_nr1 13:42 h<br />

list<br />

und der scannt wirklich seine scheißhaufen und verkauft 3d-drucke davon in seinem online-shop?<br />

list<br />

BACKUP<br />

whoreslapper_2000 13:38 h<br />

list<br />

Problemfaelle-neu<br />

Feinde.lst<br />

whoreslapper_2000<br />

pkg<br />

fette_eigenbeats.pkg<br />

13:42 h<br />

list<br />

chatroulette_11Dez.mp4<br />

was bitte soll das sein? kunst=?<br />

Beweise_Chefs<br />

Best_of_<strong>2015</strong>_NSFW.prs<br />

StarWars_Ep7_cam.mp4<br />

Server_Crash_Fruehjahr<br />

whoreslapper_2000 13:42 h<br />

Ich glaube in etwa so ...<br />

"Georg Kramsmann wägt Vergänglichkeit gegen Ewigkeit ab und bannt das restlos Verdaute in<br />

die Unsterblichkeit des Kunststoffs – mittels aufwändigster Laser-Vermessungstechnik, modernster<br />

Rendersoftware GAbriele_Klo.mp4<br />

und High-End-3D-Druck-Technologie enstehen Bilder_Vectra Tag für Tag fäkale Freiskulpturen, die<br />

als unikale Vanitasgebilde daran erinnern, text dass in allem auch ein Ende steckt."<br />

braune_sauce.aud<br />

KaZantip_Aug<br />

lmao!!!1<br />

text<br />

audio<br />

audio<br />

endless-DrumNBass.aud<br />

pussypounder_nr1 13:44 h<br />

audiodes_pudels_kern.txt<br />

audio<br />

...<br />

pkg<br />

bohrender-nachbar.txt<br />

KaZantip_Aug<br />

ich dachte ja eigentlich, die mösenmelinda wär schon schräg, ich mein, was die sich alles in die<br />

text<br />

möse schiebt<br />

random_rave.aud<br />

...... aber der scheißhaufenschorsch is dann doch noch mal ne nummer für<br />

bloodandgore.aud<br />

sich.<br />

|<br />

Rita<br />

whoreslapper_2000<br />

cum_join_me.pkg<br />

lucky_jonny.mp4<br />

Ja, und heut hat er wieder mal Alarm geschlagen – hat mir echt den Tag gerettet ... zwischendurch<br />

bruderherz.txt<br />

musste ich ihn zwei Mal auf Warteschleife stellen, um mich wieder einzukriegen ...<br />

mitscHnitte_perverse<br />

pussypounder_nr1 13:22 h<br />

13:44 h<br />

trash<br />

Papierkorb<br />

CHAT!


text<br />

3D-Scheiß.txt<br />

text<br />

3D-Scheiß.pdf Ein Chat<br />

Ja, und der hat heut wieder mal Alarm geschlagen – hat mir echt den Tag gerettet ... zwischendurch<br />

musste ich ihn zwei Mal auf Warteschleife stellen, um mich wieder einzukriegen ProN ...<br />

nightshoots<br />

pussypounder_nr1 13:44 nachbarn_gegenueb.mp4<br />

h<br />

Kuendig_entwurf.txt<br />

audio<br />

und was wollte derr spacko?<br />

Bitsches<br />

list<br />

list<br />

whoreslapper_2000<br />

DJ_Anders_live.aud<br />

Ja, er bietet jetzt auch eine Art "User generated COntent"an – Leute können Kunden-zeugs<br />

ihre eigenen<br />

list Scheißhaufen schulden-neu.lst<br />

einschicken und scannen lassen. Dann kriegen sie die hochwertigen 3D-Drucke<br />

zugestellt.<br />

Provisionsabr... .lst<br />

pussypounder_nr1 13:45 h<br />

list<br />

BACKUP<br />

list<br />

Budget_Okt.lst<br />

pres<br />

User-Support-Guide... .prs<br />

13:45 h<br />

URL-Verwaltung.lst<br />

...<br />

list<br />

DATA<br />

russian_insults.lst<br />

fucking_idioten<br />

Fehler<br />

whoreslapper_2000<br />

Problemfaelle-neu<br />

Und nicht nur Kunststoff, auch Metalle kann Frauenstimmen<br />

er jetzt verarbeiten und sogar Bronze gießen ist neu im<br />

Angebot. Gerade jetzt text zu Weihnachten also die perfekte Gelegenheit für ein edles Geschenk. Jetzt<br />

versteht er nicht, dass keine Mails rein kommen.<br />

Urlaubstage_2.lst<br />

"Können Sie bitte Das überprüfen, Programm dass die 'Chat' Server auch wurde list wirklich funktioneieren?" unerwartet hat beendet.<br />

er gebettelt ...<br />

13:45 h<br />

pkg<br />

list<br />

Feinde.lst<br />

Privat<br />

AGB_rev.txt<br />

13:46 h<br />

fette_eigenbeats.pkg<br />

scheiße, ich kann Ignorieren<br />

nicht aufhören, mir Neu starten<br />

tschik-tabelle.lst<br />

die beschissene homepage reinzuziehn. dass leute echt mit<br />

so etwas ihr leben verschwenden, unpackbar ......<br />

pussypounder_nr1<br />

pres<br />

whoreslapper_2000 13:48 h<br />

Also, Lebenszeit verschwenden ist ja das eine. Was meinst du kostet das ganze Equipment? Außerdem<br />

hat er mir die Ohren vollgesudert, dass er gerade jetzt zu Weihnachten groß ins Marketing<br />

investiert hat ... Beweise_Chefs<br />

StarWars_Ep7_cam.mp4<br />

Best_of_<strong>2015</strong>_NSFW.prs Server_Crash_Fruehjahr<br />

chatroulette_11Dez.mp4<br />

Facebook, Adwords, sogar einen Radiospot hat er angeleiert ... "Wer Werbung einstellt, um Geld zu<br />

sparen, ist wie jemand, der die Uhr anhält, um Zeit zu sparen" hat er mir erklärt. Er hat sich extra bei<br />

seiner Tochter noch einmal 10000 geliehen, um durchzustarten ... und dann keine Bestellungen? audio Da<br />

muss irgendwas am Server nicht stimmen ... gibt es vielleicht noch irgendwo einen Spam-Ordner?<br />

pussypounder_nr1<br />

KaZantip_Aug<br />

13:51 GAbriele_Klo.mp4<br />

h<br />

text<br />

Bilder_Vectra<br />

braune_sauce.aud<br />

WTF!°!? ich weiß genau was da nicht stimmt. und die server sinds text nicht..... looooool!!1!<br />

audiodes_pudels_kern.txt<br />

Naja, Künstler sind halt eine besondere Brut ... das sind völlig<br />

pkg<br />

bohrender-nachbar.txt<br />

verpeilte Leute, mit völligem<br />

KaZantip_Aug Realitätsverlust und eigentlich grundsätzlich zu besachwaltern.<br />

whoreslapper_2000<br />

audio<br />

audio<br />

endless-DrumNBass.aud<br />

13:51 h<br />

text<br />

pussypounder_nr1<br />

random_rave.aud<br />

13:51 h<br />

bloodandgore.aud<br />

gewissermaßen hat der scheißhaufenschorsch cum_join_me.pkg dann ja doch einen s-fehler ... einen "s-geht-mirnicht-gut"-fehler.....<br />

HAHAHAHA *badum tsss<br />

lucky_jonny.mp4<br />

bruderherz.txt<br />

mitscHnitte_perverse<br />

Keinen S-, Rita sondern einen SCH-Fehler! Einen SCHEIß-FEHLER! AHAHA! So ein fucki|<br />

whoreslapper_2000<br />

13:52 h<br />

trash<br />

Papierkorb<br />

CHAT!


text<br />

list<br />

3D-Scheiß.txt<br />

text<br />

Kuendig_entwurf.txt<br />

audio<br />

DJ_Anders_live.aud<br />

nachbarn_gegenueb.vid<br />

list<br />

Bitsches<br />

list<br />

ProN<br />

Kunden-zeugs<br />

Budget_Okt.lst<br />

nightshoots<br />

pres<br />

User-Support-Guide... .prs<br />

list<br />

schulden-neu.lst<br />

Provisionsabr... .lst<br />

list<br />

BACKUP<br />

URL-Verwaltung.lst<br />

list<br />

Urlaubstage_2.lst<br />

DATA<br />

russian_insults.lst<br />

fucking_idioten<br />

text<br />

Fehler<br />

Frauenstimmen<br />

list<br />

Das Programm 'Chat' wurde unerwartet beendet.<br />

Problemfaelle-neu<br />

Feinde.lst<br />

AGB_rev.txt<br />

fette_eigenbeats.pkg<br />

pkg<br />

list<br />

Privat<br />

Ignorieren tschik-tabelle.lst<br />

pres<br />

Neu starten<br />

chatroulette_11Dez.vid<br />

Beweise_Chefs<br />

Best_of_<strong>2015</strong>_NSFW.prs<br />

StarWars_Ep7_cam.vid<br />

Server_Crash_Fruehjahr<br />

audio<br />

audio<br />

KaZantip_Aug<br />

GAbriele_Klo.vid<br />

text<br />

Bilder_Vectra<br />

text<br />

braune_sauce.aud<br />

endless-DrumNBass.aud<br />

audio<br />

des_pudels_kern.txt<br />

audio<br />

KaZantip_Aug<br />

pkg<br />

bohrender-nachbar.txt<br />

text<br />

random_rave.aud<br />

bloodandgore.aud<br />

bruderherz.txt<br />

cum_join_me.pkg<br />

mitscHnitte_perverse<br />

lucky_jonny.vid<br />

trash<br />

Papierkorb<br />

Rita


[…] with no direction home_like a rolling stone […]<br />

„Papa?“ / lustige tanzende Rücklichter spielen Polonaise<br />

durch die Nacht / „Ja?“ / „Wie kann so was sein?“ / "Wie kann<br />

was sein, mein Kleiner?“ / "Naja, das im Radio, was der Nachrichtenmann<br />

gesagt hat.“ / „Himmel, Kind. Du musst schon<br />

etwas genauer sein, der redet doch so arschviel, wenn der Tag<br />

lang …“ / „Das mit den Toten und Verletzten und den ungeklärten<br />

Ursachen.“ / „Den Unfall meinst du?“ / „Ja.“<br />

‚So etwas passiert einfach.‘, schlägt mein Hirn als Antwort<br />

vor; ‚Unfälle gehören zum Autofahren eben dazu.‘, will ich<br />

erklären; „Das waren die Geister ...“, höre ich mich sagen –<br />

„... die Highwaygeister“, um da keine Missverständnisse<br />

aufkommen zu lassen. Ja, die Highwaygeister, antworte ich<br />

schweigend auf seine tausend stummen Fragen.<br />

„DU DUMMES VERFICKTES SCHEISS-ARSCHLOCH-FOTZE!“<br />

– Flüche überschlagen sich, vermengen sich, verkrüppeln<br />

sich in Anbetracht dermaßen hirngestörter Vollidioten. Die<br />

Hupe hallt wie eine Wohltat durch das Schweigen, das den<br />

Innenraum beherrscht. „FuckFuckFuck – FUCK! … Alles<br />

in Ordnung?“, frage ich. „Ja.“, gibt er zurück. Ich weiß doch,<br />

dass du lügst, du tapferer kleiner Scheißer. „Wirklich?“ / „Ja.“<br />

[…] like a complete unknown […] „Ehrlich gesagt: Nein,<br />

Papa. Nichts ist in Ordnung.“<br />

Wie fallende Sterne stürzen die Entgegenkommenden<br />

durchs Blickfeld, im kalten Auge die schreckliche Verheißung,<br />

dass da vorne nichts mehr zu gewinnen sei – „Weißt du, mein<br />

Sohn“, JESUS!, wie ein Scheiß Märchenonkel ..., „die Nacht<br />

am Highway ist speziell. Zwischen den Reihen der Reisenden<br />

brüllen dunkle Schatten umher, Männer in mattschwarzen<br />

Panzerwagen, ohne Scheinwerfer, ohne Bremslichter, ohne<br />

Rücksicht oder Furcht. Ihr Ziel ist es, so knapp als möglich<br />

um die anderen zu tänzeln, mit Vollgas durch die Lücken der<br />

Nichtwissenden zu preschen. Je weniger Millimeter Abstand,<br />

desto aufregender, desto besser für ihr Prestige untereinander.<br />

Sie sind so dermaßen schnell, dass sie nur ein Flackern<br />

im Augenwinkel sind. Ein Knacken in den Boxen. Ein Schlagen<br />

der gestressten Stoßdämpfer. Dann sind sie und ihre<br />

brüllenden Monstermotoren schon drei Meilen weiter – nur<br />

noch eine Ahnung, dass da irgendetwas war.<br />

Gelegentlich, naja, immer wieder muss man sagen, verschätzt<br />

sich einer der Geister um den, wie ich ihn nenne,<br />

menschlichen Millimeter. Dann schiebt sich der schwarze<br />

Stahl in das billige Mittelklasseblech, zermalmt die Nullachtfuchzehn-Familienkutsche<br />

zu einem brennenden Geschoss,<br />

das blindlings in den Gegenverkehr donnert, um dort in einem<br />

Knäuel aus Blech, Blut, Fleisch und Knochen zu enden,<br />

in einer verheerenden Karambolage eben, wie die vorhin im<br />

Radio.“ […] with the tombstone blues […] "Der Geist ist dann<br />

logischerweise längst über alle Berge, kein Kratzer im Lack,<br />

kaum Notiz nehmend von seinem Unfall, von dem Chaos,<br />

das er da hinterlassen hat, von den weinenden Verwandten,<br />

den traumatisierten Helfern, den blutigen Schlagzeilen, die<br />

dann irgendein Radiosprecher wieder und wieder ins Mikro<br />

leiert.“ […] stop all this weeping, swallow your pride_you will<br />

not die, it's not poison […]<br />

Gottverschissen, ich muss dem kleinen Scheißer ja eine<br />

verfickte Scheißangst eingeredet haben – Jungfrau Maria,<br />

was zum Teufel läuft bloß falsch mit mir? „Hast du Angst?“ /<br />

„Nein.“ / „Es ist okay, Angst zu haben, weißt du?“ Noch im Verharren<br />

kann ich dein Zittern hören. „Aber Angst vor Geistern ist<br />

verschwendete Liebesmüh', reine Fehlinvestition deiner Kräfte.<br />

Nicht nur sind die Geister die besten Fahrer der Welt, sie<br />

wollen und sollen so wenig Unfälle wie möglich bauen. Jede<br />

Kollision ist nämlich schlecht für den persönlichen Ruf, und<br />

ab einer gewissen Unfallquote wird ein Fahrer suspendiert.<br />

Zu viele Vorfälle werden nämlich auffällig und könnten das<br />

Misstrauen der Versicherungsfirmen auf den Plan rufen. Und<br />

selbst die reichsten und einflussreichsten Automobilfirmen<br />

wollen sich nicht mit den großen Versicherern anlegen. Die<br />

Schnüffler von denen sind verdammt noch mal wie Herpes:<br />

Unmöglich wieder loszuwerden, wenn man die erst mal am<br />

Sack hat, das kannst du mir glauben.“<br />

„Nein.“, platzt es aus ihm heraus. / „Bitte?“ / „Nein, ich ver-


steh das alles nicht. Wozu soll das gut sein? Dürfen die das?“<br />

/ „Weißt du ...“ / „Und warum hat der im Radio nichts davon<br />

gesagt? Warum dann ungeklärte Ursachen?“ / „Kind, hör mir<br />

zu. Es ist eine Art Geheimnis. Beweise gibt es nie, die verunfallten<br />

Wagen sind immer völlig zerstört und die Opfer meist<br />

auf der Stelle tot. Zeugen gibt es genauso wenig wie irgendwelche<br />

Hinweise auf Fremdverschulden, es ist ja kaum noch<br />

was übrig von den Karren. Und die Geister, die sind längst<br />

in der Nacht verschwunden, ehe irgendwer beginnt, dumme<br />

Fragen zu stellen.“ / „Aber, Dad, das ist doch Mord?“ / „Ja,<br />

irgendwie schon. Aber du musst verstehen, die Geister sind<br />

weltweit, ein Club, gegründet und bezahlt von den großen<br />

KFZ-Konzernen, die stecken Unmengen an Kohle und Forschung<br />

in die Panzerfahrzeuge. Stell dir einen Wagen vor, der<br />

mit zweihundert Meilen einen handelsüblichen Pickup von<br />

der Straße räumen kann, ohne auch nur ins Schlingern zu<br />

geraten. Wir reden hier von Hightech, von hochentwickelter<br />

Kriegstechnologie, unzerstörbaren PS-Monstern, verdammte<br />

Scheiße, das ist beängstigend und beeindruckend zugleich!"<br />

/ "Warum bauen die dann nicht alle Wagen so? […] I need a<br />

dump truck mama to unload my head […] Ich meine, dann<br />

wären doch alle sicher und niemand müsste sterben." / "Und<br />

wer kauft dann noch einen Neuwagen? Einen mit den neuesten<br />

Sicherheitsfeatures? Wäre jeder Wagen eine uneinnehmbare<br />

Festung, dann könnten die großen Marken ihre Läden<br />

dicht machen. Man muss Ängste schüren, um anschließend<br />

die Sicherheit zu verkaufen. So macht man Kohle, das nennt<br />

man Kalkül, mein Kind.“ / „Kalkühl?“ / „Ja, Berechnung, ähm,<br />

Statistik. Wenn pro Unfall so und so viele Wagen in Scherben<br />

gehen, ensteht am Markt eine so und so große Lücke, die<br />

wiederum die Nachfrage nach Neuwagen steigert. Ich meine,<br />

dass die paar Toten dann keine großen Bestellungen mehr<br />

aufgeben, ist klar. Das fällt aber nicht ins Gewicht – Hauptsache,<br />

der Gebrauchtwagenmarkt wird ausgedünnt.“<br />

auf ihre Kappe. Und man wäre überrascht, wie viele<br />

es von den mattschwarzen Boliden gibt, wie oft man nur<br />

knapp dem zerquetschenden Schicksal entrinnt. Kannst du<br />

dich erinnern, letzte Woche, als Frederik sich über den Kratzer<br />

im Lack seines neuen Fünftürers erboste? Das war ein<br />

Geist, nur um Haaresbreite verfehlt. Ein echter Glückspilz,<br />

dieser verdammte Schweinehund.“ / „Und du hast gar keine<br />

Angst?“, fragt er schüchtern, als würde er sich schämen für<br />

seine Frage. „Früher einmal, ja. Inzwischen habe ich eingesehen,<br />

dass man dieses Risiko nun mal eingeht, wenn man<br />

am Highway ist. Und wenn wir morgen früh da sein wollen,<br />

dann kann man es leider nur schwer verhindern. Hast du<br />

denn Angst?“ – selbstverständlich du verschissener Idiot –<br />

sieh ihn dir an! Sieh ihn dir doch an! Viel zu jung ist er noch<br />

für solche verfluchten Geschichten, für solche Märchen, höre<br />

ich seine Mutter plärren, für die Wahrheit, versichere ich mir<br />

selbst. Sein verstörtes Gesichtchen schimmert von Kummer<br />

im Lichte des Radios. Ich habe keine Ahnung, was ich auf sein<br />

Schweigen antworten soll.<br />

„Ich beweise dir, dass du keine Angst zu haben brauchst.“<br />

HA! Ich wusste, dass ich dich damit krieg! […] because something<br />

is happening here_but you don't know what it is_<br />

do you, Mister Jones? […] Danke Bob, mach Pause. „Es dauert<br />

nie lange, bis man einen der Geister hören kann. Man muss<br />

es nur wissen, dann gelangen sie ins Bewusstsein, drängen<br />

sich förmlich auf. Seitdem wir unterwegs sind, und du wirst<br />

staunen, haben uns zwölf Geister passiert. Und fällt dir was<br />

auf?“ Ich liebe diesen Blick. „Wir leben noch?“ / „Genau, mein<br />

Sohn, wir leben noch, verdammt noch mal, wir leben noch.<br />

Und was lernst du daraus?“ / „Dass. Man. Keine. Angst haben<br />

muss?“ Ich spare mir die anerkennenden Worte, ich forme<br />

kleine Pistolen und feuere zur Feier in den Himmel, während<br />

ich mit dem Knie die Spur halte. Er lächelt. Na Bitte.<br />

„Passieren alle Unfälle so?“ / „Tagsüber sind die Leute selber<br />

schuld, unachtsam, dumm. Aber nach Sonnenuntergang,<br />

wenn die Welt wie jetzt im Dunkel schläft, ja, dann fliegen<br />

die Geister und tänzeln umher, dann geht fast jeder Unfall<br />

„Also“, sage ich, „warte auf ein dumpfes Summen, ein Vibrieren,<br />

weniger hör- als spürbar; es lässt deinen Magen brennen<br />

und deinen Hodensack schrumpfen, es raubt dir deine gottgegebene<br />

Hoffnung, dass es noch ein Morgen geben und


du jemals noch die<br />

Sonne sehen wirst. Es<br />

klingt nach den Gesängen<br />

der Luft, die dir um die Ohren<br />

rauscht, während du ein dunkeltiefes<br />

Loch hinabstürzt. Es klingt nach Albtraum<br />

ohne Erwachen, nach Herzschlag in Stakkato,<br />

nach dröhnendem Schwarz am tiefsten Grunde eines<br />

endlosen Meeres. Lausche nach der Ewigkeit, die nach dir<br />

Ausschau hält, dann wirst du die Geister tanzen hören, ich<br />

versprech es dir.“ Du hast Angst, ich weiß, du verstehst kein<br />

Wort, ich weiß, aber ich weiß auch, dass du tapfer bist und<br />

neugierig und verdammt noch mal mein Sohn. Wie ein<br />

junger Hund springst du nach hinten auf die Rückbank<br />

und lauscht dem Summen der Reifen, den teilnahmslosen<br />

Rosenkränzen des Asphalts, hältst Ausschau nach den<br />

Schatten in der Nacht. Jetzt sitzt die Neugier am Ruder deiner<br />

Nerven, ja, Adrenalin kann die Angst ein wenig heilen.<br />

Ein Geist kommt. Meine Härchen hören ihn als erstes,<br />

dann meine Zähne, dann mein Bewusstsein. „Hörst du<br />

ihn?“ / „Was? Kommt einer?“ / Wenn du wüsstest, wie<br />

sie klingen, könntest du ihn schon hören. "Nur Geduld,<br />

er kommt näher.“ Oh, und wie er näher kommt. Wie eine<br />

längst fällige Rechnung auf einem mattschwarzen Tablett.<br />

Hier, genau in dieser Schlucht, hier ist damals Gott<br />

gestorben. Hier hat Hoffnung keinen Grund zu hoffen<br />

mehr.<br />

Ich kann ihn hören, ich kann ihn fühlen. "Hörst du<br />

ihn?" Kannst du ihn hören, mein Junge? KANNST DU?<br />

Im verschwitzten Lärm der Welt dringt keine Antwort<br />

durch, mein Kind ist bloß noch Mimik, bloß noch Fratze.<br />

Junge, hörst du<br />

ihn?, hörst du ihn<br />

denn nicht?, hörst du<br />

ihn denn nicht heranstürzen<br />

zu unserm warmen Nest im<br />

kalten Universum? "Oh Gott, oh<br />

Gott, hilf mir!", warum hilft denn keiner?<br />

Junge, hörst du die Geister, "sie<br />

kommen, die Geister kommen, uns mitzunehmen,<br />

uns fortzureißen in die Nacht!"<br />

Uns in Teile zu zerhaun und in die Ewigkeit<br />

zu schleudern "sie kommen sie kommen sie<br />

kommen oh Gott oh Gott" oh Gott oh Gott oh<br />

Gott die warmen Tränen ätzen meine Wangen,<br />

glitzern auf denen meines Sohnes. Oh Gott oh<br />

Gott oh Gott sie kommen, "SIE KOMMEN, JUNGE,<br />

SIE KOMMEN, KANNST DU SIE HÖREN? KANNST DU<br />

SIE SEHEN?" durch den Wahn bricht's jämmerlichst:<br />

"Daddy, Bitte! Aufhören! Ich habe SO FÜRCHTERLICHE<br />

ANGST!"


Knietief schlägt mir Verachtung ins Gesicht,<br />

Verbrecher schreien die Blicke,<br />

Doch das Wort Verzeihung bleibt<br />

– ersehnt – erhofft – erschöpft –<br />

Im Halse, im Ansatzrohr verschluckt.<br />

Ja, bin ich wirklich schuld?<br />

Ausreden ließen sich finden – genug!<br />

Die Knie bluten Überdruß,<br />

Die Hände krampfen Bitte,<br />

Die Zunge bricht sich selbst.<br />

Im Wintersturm der anderen<br />

Steht mein Ich seit jeher nackt,<br />

Stirbt weinerliche Tode und<br />

– so jämmerlich –<br />

Duckt sich ans Flämmchen<br />

Absoluter Selbstverleumdung.<br />

Mir wohl Gesinnte wacheln<br />

Mit nett gemeinter Lapidanz<br />

Guten Rat in meine Richtung<br />

Und sehen nicht (und können's nicht)<br />

Verstehen nicht (und wollen's nicht)<br />

Dass sie – anstatt mir aufzuhelfen –<br />

Mich bloß noch tiefer in die Schande rammen.


Und wieder bin ich schuld,<br />

Schuld des Nichtverstehens,<br />

Schuld des Schwachseins,<br />

Schuld des Mir-nicht-zu-meinem-Recht-Verhelfens,<br />

Nach all dem guten Zureden<br />

Fühlt man sich als einzig großer Vorwurf.<br />

Stimmen der Verteidigung<br />

Verhallen leider ungehört durch meinen Kopf,<br />

Das Recht liegt bei der Anklage,<br />

Beweise überflüssig und erdrückend liegen sie<br />

Auf meiner gefrierbrandigen Haut.<br />

Von unten giert mein Blick<br />

Zitternd gen Aggressor,<br />

Den Schmied meines eig'nen Glücks<br />

Ganz bitterlich verfluchend,<br />

Dass mein Rüstzeug noch am Amboß glimmt.<br />

Zwischen brechenden Zähnen<br />

Flüstert's um Vergebung,<br />

Der Richter nickt im Mitleid –<br />

Und verschont mich.<br />

Erneut davon gekommen.<br />

Die Erleichterung aber schmeckt teuer:<br />

Ich bin schon wieder schuld, verdammt,<br />

Schuldig gegen mich selbst.


RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

du nicht; da rackern andre sich ab, suchen Ideen aus dem<br />

RAUSCH<br />

Nichts zu schaffen, sie mit Tiefgang und Finesse ans Licht der<br />

Welt zu heben, verleben sich am Versuch und scheitern nur<br />

RAUSCH<br />

allzu oft, weil eben jener Weg, den man sich sucht und macht,<br />

im Dickicht endet ohne Ausweg, man wohnt bescheiden, isst<br />

RAUSCH<br />

selten, gönnt sich keinen Luxus, und verkommt verachtet von<br />

RAUSCH<br />

der Welt, während andermann sich in Safran suhlt, güld’ne<br />

Manschetten an maßgemachten Hemden trägt und das Trophäenweib<br />

noch ohne Rückhalt hintergeht; das Wasser ins<br />

Gesicht, du Schuft, Stück Scheiße tauf’ ich dich.<br />

In anderen Untiefen unseres Universum strandet ein Schiff<br />

voll Schwimmflügerl am Strand des Nichtschwimmerbeckens;<br />

aufgebracht und panisch plustern sich die Plastik-Pas-<br />

Draußen springt ein Springball mit zwei Eutern auf dem<br />

Kopf um Aufmerksamkeit von den Lektoren, akademische sagiere auf, laufen rund und toll herum, schreien schrill<br />

Würdigung wäre wünschenswert, aber da findet sich keiner, pfeifend, bis ihnen die Luft ausgeht; das ist die Gegend der<br />

der eine Sekunde fände, sich mit dem Springball zu beschäftigen;<br />

ist zu banal, zu normal, zu unphänomenal, hat keine hier herum, fressen Scherben mit Schoko, Champignons<br />

spitzen Nadeljungen, vom Festland verstoßen, trollen sie sich<br />

Ausbildung und keinen tieferen Sinn, am Ende seines Lebens mit scharfen Kanten, spielen Volleyball mit Messers Schneide,<br />

produzieren spitzfindige Bemerkungen und zeigen sich<br />

war all das Springen umsonst, Zeitverschwendung, schien es,<br />

doch hundert Jahre später, als alle Leut das Springen lang verlernt,<br />

da kommt der tote Hüpfer legendenhaft zurück, war Insibelchen<br />

wie uns. Vielfach verfluchte Einfältigkeit, ich kenne<br />

generell als ziemlich scharf; denkbar üble Gegend für Senhalt<br />

mancher Lesung, Mittelpunkt von Analysen, Biographen deinen Wert; bist zuckersüße Labung für fehlende Begabung,<br />

stritten sich um’s Recht, des Springballs Leben aufzuschreiben,<br />

und so der Menschheit zum großen Sprung zu helfen. Einsicht und Vernunft Verstecken spielen, spendest du gedan-<br />

bist heilspendende Ration für gedanklich Verhungernde; wo<br />

Händereibend, gierig, ungeduldig steht der Schirmständer kenlose Leichtigkeit, zeigst deinem Herrn den sichern Weg,<br />

in der Ecke, schimpft in sich über das schöne Wetter, nichts den einfachen, umzäunt von Schranken der leichten Narretei;<br />

zu tun, Langeweile, kein langer Stock in ihm. Auf der Sitzbank oh du Nation der Unbedarften, du Festungsmauer gegen anstrengendes<br />

Gedankengut; wie gerne wäre ich manchertags<br />

zeigt der Photograph die neuesten Errungenschaften, Bilder<br />

von Kätzchen, er wird demnächst wieder ein Buch rausbringen,<br />

mit Bildern von Kätzchen, drittes Exemplar inzwischen, hermetisch gegen allen Kummer und alle Angst versiegelt,<br />

dein Gast, hätte mein warmes Bett in deinen Kammern, die<br />

haben ihm ein Haus mit Pool und eine Frau gebracht, dankbares<br />

Thema, diese schmusetollen Tatzenmonster; der andere deiner Obhut eingeschlagen, verbannst du gnadenlos und<br />

doch ist das Schloss erst einmal aufgebrochen, der Weg aus<br />

blickt starr und fassungslos, mit Kätzchenfotos zum Millionär, ohne Chance auf Widerkehr, von da an gehören wir der Wildnis<br />

an, laben uns an des Zweifels Busen und klauben die Bee-<br />

ein Photograph, der sich fragen sollte, was denn seine Leistung<br />

sei, da hat er junge Kätzchen, von Natur aus mit all dem ren vom Strauch der Verunsicherung; Glauben fällt hier draußen<br />

schwer, wo die heilige Schrift nicht gilt, wo der kosmische<br />

ausgestattet, was die Menschen lieben, und da kommt der<br />

Tropf mit Objektiv, setzt zwanzig in den Raum und drückt die Zufall sinnstiftend ist; lass mich ein, poltert’s an deinen Toren,<br />

Serienaufnahme, um dann aus dreitausend Bildern ein neues<br />

Buch zu machen – Nutznießer der Niedlichkeit, mehr bist Kinder. Kinder, Kinder, jetzt mal ein bisschen leiser,<br />

aber du bleibst ignorant und ohne Herz für die verlorenen<br />

Mittags-


schlaf heißt Mittagsschlaf, weil ihr schlafen, nicht tollen sollt!,<br />

Justin, hör auf zu quatschen, Lisa-Marie, leg die Puppe weg,<br />

Jacqui, mach bitte das Buch zu, das Buch zu, das Buch zu. Im<br />

Einrichtungshaus liegt eine Leiche auf der mittelweichen Matratze,<br />

zeigt sich unzugänglich für die Beschwichtigungen des<br />

Personals, bitte nicht hier zu schlafen, dies sei schließlich nur<br />

zum Probeliegen konzipiert, da auch das Rütteln und die Ohrfeige<br />

wenig Wirkung zeigten, drohten die drei Angestellten<br />

und die beiden Lehrlinge mit Polizei; da das gesellschaftliche<br />

Reglement nach dem Besuch von Gevatter Tod aber eher<br />

nebensächlich wird, schreckt der Tote auch vor der Staatsgewalt<br />

nicht zurück; sollen sie doch kommen, mit ihren Kapperl<br />

und ihren Hundterl und ihren Wafferl, und mir meine Rechte<br />

vorlesen, mit Schweigen werde ich sie strafen; so eingestellt,<br />

zeigte sich die Leiche natürlich auch im Angesicht der Rechtewahrer<br />

uneinsichtig, ließ sich bei seinem Schläfchen nicht aus<br />

der Ruhe bringen; gut, sie lassen uns keine Wahl, abführen!,<br />

Kollegen; am Präsidium nahm man seine Stellungnahme<br />

auf, der beauftragte Beamte war froh, dass der Herr sich nicht<br />

übermäßig redselig zeigte, Maschinenschreiben lag ihm<br />

nicht, also schnalzte er Kürzel und Stempel auf das recht leere<br />

Formular und wies ihm eine Zelle hinten zu, dort solle er sich<br />

mal ordentlich ausschlafen; der Vermutung folgend, dass der<br />

Gefangene nicht gehen könne und vielleicht im Querschnitt<br />

eher gelähmt sei, setzte man ihn in den Rollstuhl und fuhr ihn<br />

zu der Anhörung, Mayr hieß der Untersuchungsrichter, kurz<br />

überlegte die Leiche, ob sie nach der Schreibweise fragen<br />

sollte, falls man im Nachhinein eine Beschwerde formulieren<br />

müsse, aber dann war es ihr doch zu blöd; sich schuldig<br />

gemacht der Erregung öffentlichen Ärgernisses; geschlafen,<br />

wo zwar Matratzen, aber Schlafen nicht erlaubt; Zeugen über<br />

Zeugen, fast alle, die in den 20 Minuten durch die Bettenabteilung<br />

geschlendert, waren als Zeugen vorgeladen; am Ende<br />

der anderthalbstündigen Verhandlung verlas der Richter sein<br />

Urteil: Todesstrafe, denn an solch rüpelhaften Regelbrechern<br />

muss ein Exempel statuiert werden; da können Sie dann viel<br />

schlafen, das tun sie ja so gern, formulierte Hochwürden noch<br />

sarkastisch Richtung Angeklagten; führt ihn ab, ich kann ihn<br />

nicht mehr sehen.<br />

Tausendköpfig steht die Hydra<br />

Reif gemästet für die Falle<br />

Komm her, tritt vor, du Biest,<br />

Riesenklinge schwingt herab<br />

haut links nach rechts<br />

die tausend Köpfe ab<br />

Und was da nachwächst<br />

Haut sie um<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH TEIL 11<br />

RAUSCH<br />

Liegt da mit doppelt tausend Köpfen,<br />

windet sich und quengelt<br />

ewiglich der Schwerkraft angebunden.<br />

So besiegt man,<br />

was scheinbar<br />

nicht besiegt<br />

werden kann.<br />

Berge von Sperrmüll prasseln hernieder, begraben den<br />

Umweltminister mit Schmerzen unter sich, verzeihen Sie<br />

bitte, das war nicht meine Absicht, schon gut, winkte der<br />

untersetzte Mittvierziger ab, ich habs ja kommen sehen,<br />

all die Fabrikanten sperrigen Mülls geben ja einen Scheißdreck<br />

drauf, wo ihr Unrat landet, kenn ich aus meinem<br />

Wohnhaus, setzte er fort, während er sich in die Freiheit<br />

kämpfte, da schmeißen’s alles achtlos irgendwohin, in der<br />

klaren Absicht, dass sich schon einer finden wird, endlich<br />

frei, stellte sich der Minister vor den Müll, und zahlen<br />

darf’s dann wieder ich, weil das geht ja auf die Betriebskosten,<br />

und so plauderten sie noch eine Weile gleich<br />

mit gleich, sprachen über die Verwandtschaft, ja Cousin<br />

Wohnlandschaft hat Hexenschuss, über die Gesundheit,<br />

meine Staublunge wird immer schlimmer, und auch über’s<br />

Wetter, hätt ich g’wusst, dass’ heute Sperrmüll hagelt ...,<br />

schließlich verständigte man sich, in Kontakt zu bleiben,<br />

verabschiedete sich und ging von hinnen; der Minister,<br />

kaum ums Eck, schon am Telefon: genau, Rathaus Ecke<br />

Florianigasse, bitte gleich entsorgen, aber schnell und<br />

schmerzlos.


Grundgütiger – schau! – da unten<br />

am Grunde der Gütigen, da sitzt<br />

alleine und verlassen ein Kind.<br />

Es heult ganz hoffnungslos,<br />

hockt in blitzenden Scherben<br />

die schnitzen bis tief ins Blut,<br />

die häckseln die Glut im Herzen<br />

und drohen dem Zitternden mit Tod.<br />

Ich schmeiß ein Seil,<br />

das bei der Hälfte stoppt,<br />

lauf ich um ein läng'res, dann reicht<br />

auch das bei meiner Wiederkehr<br />

wieder und wieder längst nicht mehr.<br />

Tiefer, immer tiefer wird das<br />

scherbenreiche Loch, der Schlund,<br />

aus dem das Weinen immer kleiner klingt.


H<br />

06:10<br />

snooze


schwellennovelle<br />

Ich werde heute wie jeden Tag um zehn<br />

Minuten nach sechs Uhr morgens aufstehen.<br />

Ich werde mich an die Bettkante setzen und<br />

mir den Schlaftalg von der Stirn wischen, dann<br />

werde ich wie jeden Tag urinieren gehen. Das<br />

Zähneputzen wird mir auch heute keinen Spaß<br />

machen, ebenso wenig wie das Kleidung aussuchen.<br />

Ich hasse meinen Kleiderschrank – Tag<br />

für Tag verhöhnt er mich mit all dem Mist, den<br />

ich in ihm horte. Ich werde Socken suchen, die<br />

keine Löcher haben, Hemden, die noch über<br />

die Schwarte passen, dann werde ich mich<br />

langsam mit dem Gedanken anfreunden, bald<br />

ins Büro zu gehen. Ich werde die Treppe ins<br />

Erdgeschoß kaum wahrnehmen, während ich<br />

mich auf den Kaffee, nicht aber aufs Kaffee-<br />

Machen freue. Es wird auch heute wieder ewig<br />

dauern, länger, als der Faden meiner Nerven<br />

lang sein wird. Ich werde dann die Tasse aus<br />

dem Schrank holen, die Kanne aus der Kaffee-​<br />

maschine nehmen und die drei Trotztropfen,<br />

die sie auf die heiße Platte rotzt, mit Wehmut<br />

akzeptieren – irgendwann muss man sowieso<br />

mal eine neue kaufen. Wie üblich werde ich<br />

laktosefreie Milch einfüllen, wenn ich keine<br />

habe, dann werde ich ihn eben schwarz ​trinken.<br />

Es ist mir einerlei, ich bin alt genug, um mich<br />

über solche Dinge nicht mehr zu beklagen.<br />

Mein Gang ins Wohnzimmer wird wie immer<br />

träge sein, beschwert von den Gedanken, die<br />

um meinen Terminkalender kreisen.<br />

Langsam dämmern all die Dinge, die man<br />

heute von mir erwarten wird. Ach, könnte<br />

man doch einfach liegen bleiben. Ich werde<br />

meine erste Tasse trinken, dann werde ich<br />

versuchen, Stuhl abzusetzen. In meinem Alter<br />

kann man davon nicht mehr als selbstverständlich<br />

ausgehen, man muss über jede Korinthe


glücklich sein. Anschließend werde ich eine<br />

zweite Tasse bis zum Rand füllen, hoffen,<br />

dass sie etwas bewirkt. Schließlich werde ich,<br />

wie so oft, die Hoffnung aufgeben und mich<br />

selbst beschwichtigen, dass vielleicht in der<br />

Arbeit noch was geht. Ich werde überlegen,<br />

heute den schweren Don Quixote daheim zu<br />

lassen, mich dann aber dagegen entscheiden,<br />

schließlich muss ich ein paar Seiten weiter<br />

kommen. Die Erkenntnis, dass es inzwischen<br />

viel zu spät sein wird, um noch pünktlich ins<br />

Büro zu kommen, kann mir keinen Schrecken<br />

mehr einjagen. Ich werde dann einfach beschließen,<br />

meinen Aufbruch nicht mehr länger<br />

aufzuschieben. Ich werde die Tür zum Vorraum<br />

öffnen, überlegen, welche Jacke dem heutigen<br />

Wetter wohl am genehmsten sein mag, werde<br />

aus all den Schuhen, die im Kasten gammeln,<br />

wieder das eine Paar nehmen, dessen Ende<br />

ich schon schlimm befürchte – so tolle Schuhe<br />

zu so einem tollen Preis, das findet man leider<br />

selten. Nach der Einsicht, dass beim Bücken<br />

fast der Kaffee auf die Schuhe gegangen wäre,<br />

sammle ich alle meine Überwindung und<br />

drehe mich zur Tür. Ich werde bei dem Anblick<br />

einen Schritt zurück machen, dabei die heilige<br />

Grenze zum Wohnraum überschreiten und<br />

Äußeres ins Innere tragen, dann werde ich wie<br />

kaltes Blut gerinnen, wie Mayonaise stocken.<br />

Meine Augäpfel werden in den Höhlen brennen,<br />

meine Härchen auf Habtacht sich stellen,<br />

meine Ohren taubes Pfeifen anstimmen. Ich<br />

werde langsam realisieren, dass vor meiner<br />

Haustüre aus Sichtschutzglas eine Silhouette<br />

steht, ein gigantischer Schatten, der in gleichmäßigem<br />

Takt wächst und wieder schrumpft,<br />

er atmet, schnaubt, röchelt, scheint auf mich<br />

zu warten mit einem Berg von Nacken und<br />

einem Fass von Kopf. In seiner Rechten ruht<br />

etwas langes, schweres, vielleicht ein Stock,<br />

ein Schläger, möglicherweise ein Satz oder gar<br />

eine Erinnerung. Wer weiß das schon. Während<br />

ich warten werde, bis mein Gefühl zurück<br />

in meine Zehen fließt, werde ich bemerken,<br />

dass auch er zu warten scheint. Reglos wird<br />

er hinter der Scheibe stehen, aufgetürmt zum<br />

Gipfel aller Drohung. Ich werde merken, dass<br />

ich nun doch gerne Stuhl absetzen würde.<br />

Zwei Wochen werden in die Lande ziehen, er<br />

wird weiter vor der Türe stehen. Er wird, wie<br />

vom ersten Tage an, den Schläger, die Erinnerung,<br />

die Waffe fester greifen, sich scheinbar<br />

auf den Angriff freuen, wenn ich mich der<br />

Türe näher, den Schlüssel drehe, die Klinke<br />

drücke. Auf Nachfragen wird er mit Knurren,<br />

auf Drohungen nur mit Schweigen kontern,<br />

und wenn ich ihn überlisten, ihn durch den<br />

Hinterausgang umgehen will, dann wird er<br />

mich auch dort – egal, wie schnell ich renne<br />

– im Sichtschutzglas der Türe immer schon erwarten.<br />

Ich werde ein Gefangener in meinem<br />

eigenen Heim sein, mir Gedanken übers Rationieren<br />

machen. Im Keller hab ich noch ein<br />

bisschen was, aber nächste Woche wird schon<br />

schwierig werden.


Nach gefühltem Ewig-Hin-und-Her werde ich<br />

alle Hoffnung aufgebraucht finden. Dann wird<br />

es heißen: Verhungern oder Vordertür. Ich<br />

werde mich, im Angesichte meines Todes, der<br />

Schwelle nähern und den Schlüssel drehen,<br />

werde den Angstbrei schlucken und die Klinke<br />

senken. Er da draußen wird noch größer werden,<br />

sich aufplustern, um im Moment seiner<br />

Pflichtausübung möglichst groß und prächtig<br />

auszusehen, so furchteinflößend wie nur möglich.<br />

Und wo ich beginne, seines flirrenden,<br />

wabernden Wesens im Lichte meines letzten<br />

Tages gewahr zu werden, da werde ich – wie<br />

jeden Tag – um 10 Minuten nach sechs Uhr<br />

morgens von meinem Wecker aus dem Schlaf<br />

gerissen werden.<br />

Ich stehe wie jeden Tag um zehn Minuten nach<br />

sechs Uhr morgens auf. Ich setze mich an die<br />

Bettkante und wische mir den Schlaftalg von<br />

der Stirn. Ich gehe wie jeden Tag urinieren. Das<br />

Zähneputzen macht mir so wenig Spaß wie eh<br />

und je. Mein Kleiderschrank hohnlacht aus allen<br />

Fächern. Schon wieder ein Paar mit Loch.<br />

Jetzt passt auch dieses Hemd nicht mehr. Eine<br />

gute Tasse Kaffee – störrische Brösel überall,<br />

werden wohl fürs Erste liegen bleiben. Spuck<br />

nur deine Trotztropfen, bald hau ich dich sowieso<br />

raus und besorge eine neue, eine bessere.<br />

Es überfällt mich eine Ahnung aus der Nacht,<br />

verdunkelt meine Tagesplanung, dämmert mir<br />

beim Durchgehen all der Dinge, die man heute<br />

von mir erwarten wird. Ich gehe am Klo vorbei<br />

in Richtung Eingang, halte vor der Vorraumtüre<br />

inne. Ich befürchte etwas, glaube, etwas zu wissen,<br />

etwas zu sehen. Ich merke, dass ich jetzt<br />

durchaus Stuhl absetzen könnte. Ich versuche,<br />

rational zu bleiben, und öffne die Tür zum Vorraum.<br />

Zwei Wochen sind ins Land gezogen, mein<br />

Krankenstand hat sich vermutlich längst in<br />

eine Kündigung verwandelt. Ob mich sonst<br />

noch wer vermisst? Ich sitze im Wohnzimmer<br />

und starre an die Vorraumtür, die ich<br />

immer noch nicht öffnen konnte. Ich zeichne<br />

in Gedanken eine Silhouette an die dahinter<br />

liegende Eingangstür aus Sichtschutzglas.<br />

Kann Verdrängung tödlich sein? Zur Sicherheit<br />

beginne ich ein Abschiedsschreiben, eröffne<br />

mit den Worten: „Ich habe bald keine Fisolen<br />

mehr.“ Alles andere scheint mir zu pathetisch.<br />

Ich beschließe, es geht nicht mehr. Nach der<br />

letzten Tasse Kaffee ohne laktosefreier Milch<br />

entscheide ich, dem Verhungern durch die<br />

Vordertür zu trotzen. Ich nähere mich, im Einverständnis<br />

mit dem Tode, der Schwelle meiner<br />

Vorraumtür, senke die Klinke, schmecke den<br />

bitteren Angstbrei aus Aluminium und schlucke<br />

zum Nachtisch gammligen<br />

Mundgeruch. Ich öffne<br />

die Vorraumtür und gerinne<br />

wie kaltes Blut, stocke wie<br />

Mayonnaise. Ich erkenne,<br />

dass.


Fliegen<br />

des Krieges


Die Fliegen des Krieges<br />

überziehen wieder gierig unsere Welt.<br />

In Angst verdunkelt sich die Zuversicht,<br />

verschwindet in der Monsterschar der Flügel.<br />

Das Fliegen des Krieges<br />

dröhnt Zungen taub und Richter blind,<br />

wirft Kollaps über Skylines ab und<br />

spritzt zur Hexenjagd noch frisches Gift.<br />

Im Fliegen des Krieges<br />

tönt Schlachtgebrüll und Siegesnonsense,<br />

dahinter klingt’s von durchgeschissenen Hosenböden<br />

und Kotsaft schlürfenden Fliegenrüsseln.<br />

Mehr und immer mehr muss man sich nehmen,<br />

immer mehr von dem,<br />

was man den Fliegen noch entgegnen könnte.<br />

Zerrissen schießt man<br />

auf die Fliegen,<br />

die um Münder kriechen.<br />

Verbissen flieht man<br />

in die Lügen,<br />

die besser klingen.<br />

Verschissen sieht man<br />

alles liegen,<br />

die Kinder.<br />

So bleibt am End'<br />

von all dem Lärmen<br />

bloß ein Krieg der Fliegen.<br />

Er ist's, der allerletzte Streit<br />

des Menschen.


RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

Kakao, und was, begann er, was, wenn du dich getäuscht<br />

RAUSCH<br />

hast?, wie meinen?, na, wenn deine Enklave der Vernunft<br />

nur vermeintlich unerreichbar für den Wahnsinn ist?, wenn<br />

er längst hier angekommen ist?, vielleicht in Form eines<br />

An der Grenze zum Wahnsinn sitzt ein kleiner Junge voller<br />

Tränen, ein Totengräber kommt vorbei, fragt, was los sei, vom Sturm der Maren abzulenken, hast du dir das schon<br />

kleinen, weinenden Jungen, der die Angst vorschützt, um<br />

Angst habe er, merkte der Kleine an, so fürchterliche Angst einmal durch den Kopf gehen lassen? Es klopft an der Tür,<br />

vor den Kreaturen da drüben, Angst musst du nicht vor den man geht hin und macht auf, Tante Emma, Hallo!, hast du<br />

Kreaturen haben, Angst musst du vor dem Abgrund haben, was vergessen?, in der Tat, mein Junge, ich glaub, mein<br />

vor der Kluft, in die hineinzufallen bloß zu leicht ist, komm, Werkzeug liegt noch bei dir im Bad, welches Werkzeug?, na,<br />

geh mit mir, dort vorne habe ich mein Haus gebaut, direkt Werkzeug halt, ich müsste schnell rauf und es holen; Oookay,<br />

ich kann’s ja holen, wie sieht’s denn aus?; Nein nein,<br />

an der Grenze, von dort hast du einen guten Ausblick auf<br />

das dunkle Tal und die andere Seite, ich wohne schon seit ist schon in Ordnung, ich lauf schnell rauf und hol es mir;<br />

langem hier und noch hat sich keines dieser Wesen hierher Ach Tante, ist doch viel zu umständlich, Schuhe aufschnüren,<br />

ausziehen, nach oben, wieder runter, Schuhe wieder<br />

verirrt; so trocknete der Junge seinen Tränenfluss und folgte<br />

schweigend dem dürren Männlein; dort angekommen, ließen<br />

sie sich auf der Küchenbank bei Kakao und einem Bier-<br />

anstrengend, Schuhe sind schon aus, siehst du?, und so<br />

an, ich hol’s dir, warte hier, wie sieht’s denn aus?; ach was,<br />

chen nieder, der Totengräber zeigte aus dem Fenster auf die alt bin ich auch nicht, dass ich die paar Treppen nicht noch<br />

brockenhaften Wanderer, die dunklen Stelzenläufer am Horizont,<br />

das sind die sieben Süchtigen des Verführers, merkte Stock in Richtung Bad, ihr nach der Neffe stark verwundert,<br />

schaff – so lief sie, doppelt Stufen nehmend, in den ersten<br />

er an, außerdem zeigte er ihm die Feuerameisen, wie sie ständig fragend, was für Werkzeug denn; die Badezimmertür<br />

war zu, verschlossen, erst der Schlosser konnt’ sie öffnen,<br />

loderten im Zwielicht, die doppelten Gesichter, die sich gegenseitig<br />

aßen, die aus dampfendem Teer geformten Kinderschaukeln,<br />

die Sandgrube der Glassplitter, das Schloss schnell gefunden, welches Werkzeug Emma meinte: klein<br />

da kein Pieps aufs Klopfen kam; und da ward die Antwort<br />

des grauenvollen Lachens, das bis hierher rüber hallte, und Joseph lag da, die Nadel noch im Arm. HullaHupp-Reifen<br />

so ließen sie die Augen durch die Wildnis schweifen, bis der drehen ihre Runden im verlass’nen Supermarkt; wo keiner<br />

Junge sich zurück zum Tisch wandte und den Totengräber da ist, ist man frei; am Sonntag, wenn kein Schlüssel sperrt,<br />

ansah – warum wohnst du hier?, der Aussicht wegen; hast da hat das Spielzeug Kirtag und die Lebensmittel feiern Orgien;<br />

an der Kassa sitzt der Schnellkochtopf und pfeift im<br />

du keine Angst?, anfangs, als ich auf meinen Reisen hierher<br />

gelangte, ja, da hatte ich fürchterliche Angst, Sterbensangst, Takt der herumeilenden Nudeln, der Kopfsalat wird flügge<br />

aber die Faszination aß schnell die Furcht, und so baute ich und die Zwiebeln ziehen sich aus bis auf die nackte Haut.<br />

mein Haus hier hin – schließlich kam die Einsicht schnell, Jetzt neu und noch besser als je zuvor – kaufen Sie in wenig<br />

kleinen Raten die Lösung all Ihrer Probleme; mit dem<br />

dass die da drüben bleiben, die haben kein Interesse, ihr<br />

Reich zu verlassen; nickend blickte der Kleine in seinen besten aller je verkauften Produkte werden Sie nicht nur


RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH<br />

RAUSCH TEIL <strong>12</strong><br />

RAUSCH<br />

glücklicher, nein, auch ihr soziales Ansehen steigt ins Unermessliche<br />

– wer sich das entgehen lässt, hat echt nicht alle<br />

Schüsseln im Geschirrspüler – nutzen Sie dieses einmalige<br />

Angebot und Sie erhalten beim Kauf des ersten auch ein<br />

zweites noch dazu, vollkommen kostenlos!, und weil es das<br />

beste Produkt der Welt ist und wir Ihnen hier und heute das<br />

beste aller Angebote präsentieren dürfen, gibt es – exklusiv<br />

für Sie und nur heute – zum geschenkten zweiten besten<br />

Produkt aller Zeiten ein drittes bestes Produkt aller Zeiten<br />

gratis dazu!, Sie erhalten also nicht nur ein bestes Produkt<br />

aller Zeiten, sondern Sie erhalten zwei beste Produkte aller<br />

Zeiten zum ersten besten Produkt aller Zeiten geschenkt<br />

dazu, vollkommen gratis und kostenlos!, alles, was Sie dafür<br />

tun müssen, ist Ihr Telefon in die Hand nehmen, sich damit<br />

den Schädel einschlagen und uns ein Video von der Aktion<br />

schicken – und wenn Sie die ganze Zeit im Video manisch<br />

grinsen, kriegen Sie zu den zwei geschenkten besten Produkten<br />

aller Zeiten das ultimative Bonus-Extra-Spezial-Exklusiv-Geschenk<br />

dazu: dann erhalten Sie zu ihrem gekauften<br />

besten Produkt aller Zeiten und den zwei geschenkten<br />

besten Produkten aller Zeiten ein bestes Produkt aller Zeiten<br />

noch gratis dazu!, wer diese Chance nicht sofort ergreift,<br />

muss ein Riesen-Hornochse sein, was meinst du Mary?<br />

Genau John, genau hier hat mich der Bastard gestern mit<br />

seiner Nudel überrascht, einfach den Mantel aufgemacht,<br />

und mir sein Dralli entgegengehalten, ekelhaft, was kann<br />

man dagegen bloß machen?, ich habe Albträume von seinem<br />

stupiden Grinsen, immer wieder presst er durch zusammengekniffenen<br />

Zähne: mal ziehen?, mal ziehen?, mal<br />

ziehen, Madame? – hier, nimm den Pfefferspray, wenn so<br />

was noch einmal passiert, voll drauf halten, das brennt denen<br />

ein, wem sie ihre Nudel zu zeigen haben, abscheuliche<br />

Pasta-Köche! Neuerdings sperrt Müller immer doppelt zu,<br />

bei allen Nachbarn ist schon eingebrochen worden, jetzt ist<br />

er ein klein wenig paranoid, lieber doppelt zusperren, bevor<br />

auch mir einer auf den Esstisch kackt.<br />

Im Nebel liegt ein See, darauf ein Schiff mit einem Segel,<br />

darunter ein schlangenhaftes Wesen, das Mythen prägt;<br />

im Boot der Angler, an der Angel ein Köder: Eingeweide<br />

vom jungen Kalb, mit Safran noch verfeinert, gilt doch das<br />

Ungetüm als großer Gaumen feiner Küche; das lange Warten<br />

bis zum Biss verkürzet man sich am besten durch ein<br />

Selbstgespräch, da geht es um die Inflation, die audiophilen<br />

Genüsse des aktuellsten Bowes and Wilkes, das richtige<br />

Führen und Pflegen eines Kalenders, über das schnelle<br />

Querlesen und das ausführliche Genusslesen, die gestrigen<br />

Zickereien bei der Wahl zur Aprikosen-Königin und die eigentümlichen,<br />

neidvollen Blicke von denen, die durch die<br />

Finger schauten, da wurde von batteriebetriebenen Spitzern<br />

gesprochen, von der Waschleistung günstiger und<br />

teurer Spülmaschinentabs, vom langsamen Aussterben der<br />

Schuster und vom kommenden Revival, denn Wegwerfschuhe<br />

werden den Menschen immer mehr zuwider, die<br />

Wichtigkeit der lateinischen Sprache für die Welt, den Hagelschaden<br />

bei den Kolterfingers, den rätselhaften Verbleib<br />

der kleinen Anneliese, die kombinierten CO2-Emissionen<br />

des neuen BMW im Vergleich zum neuen VW, die sich ja<br />

beide als umweltfreundlich bezeichnen, und so weiter und<br />

so fort; als das Thema auf die hautfreundlichste Methode<br />

zur Hornhaut-Entfernung kam, konnte das Untier sich nicht<br />

länger zurückhalten, es streckte seinen Schädel aus dem<br />

Wasser und schrie dem Angler ins Gesicht, dass das doch<br />

niemand aushielte, da bekomme man doch Migräne von<br />

dem ganzen Geschwafel, wenn er weiter so viel Scheiße reden<br />

würde, dann solle er ihm gleich das Messer in den Kopf<br />

rammen, denn länger hielte man das nicht mehr aus – also,<br />

alter Angler, pack dein Zeug und hau ab von meinem Dach,<br />

oder du bist einen Kopf kürzer!


GESCHIEDENE<br />

LEUTE


Geschiedene Leute zerren<br />

an der obdachlosen Unschuld,<br />

dazwischen preschen Böen der Verachtung<br />

aneinander wie auf schwarzer See.<br />

Ertrunken sinken die Zärtlichen,<br />

gemeinsame Häuser zum Ballast,<br />

vergangen ist die Freundschaft,<br />

die manchmal Liebe war<br />

– und zwischen brüllenden Zeilen ist längst<br />

kein Platz mehr für geflüsterte Worte.<br />

Gestundete Versprechungen verdampfen<br />

im Feuerschein der Eitelkeit,<br />

dahinter sprechen Fliegen von<br />

Verwesung wie in dunkler Nacht.<br />

Entbunden türmen die Geächteten,<br />

ihre wertvollsten Erinnerungen<br />

zur fürchterlichsten Last.<br />

Nichts bleibt außer Feindschaft,<br />

die manchmal Liebe gleicht -<br />

und zwischen schweigenden Fronten<br />

weht kaum noch Luft zum Atmen.


Posaunenlied<br />

Verquollene Lider werden aufgeschlagen im Zwielicht des<br />

letzten Tages, im Hintergrund geben Streicher dramatisches<br />

Kommentar. Ein Vibrieren entfährt den erstarrten Kanzelsprechern,<br />

dann zerklingen sie in tausend Scherben. Am Ende des<br />

roten Teppichs knien Kinder in Tränen, knöcheltief, die Nasenglocken<br />

läuten der Welt zur Beichte. Plötzlich wird es unrund<br />

im Dorf, die Obersten und die Mittleren und sogar die Unteren<br />

wechseln vom Morgenmantel in den Frack, marschieren<br />

Reih’ und Glied die Landstraße entlang zum Gipfelkreuz, man<br />

macht einen Knicks und springt. Die Rache folgt auf den Fuß,<br />

denn im Stürzen noch sieht man haushohe Hornissen in die<br />

Lande stürmen, hinter sich eine rachsüchtige Kaltfront, die der<br />

schwülen Hitze ins Gesicht fährt und grinsend bis nach oben<br />

Blitzen türmt. Die dürren Beine brechen oberhalb der Knie,<br />

zeigen in alle Richtungen, formen Bilder des Gestern zum<br />

heutigen Tanz – im Hagel weinen die zerschundenen Leiber<br />

auf den Feldern, die Ernte ist verderbt, lasst fahren alle Hoffnung,<br />

die Posaunen schluckten sie und speien nun Verachtung<br />

über euch. Engel kreisen fahlen Blickes, stoisch, gleichgültig,<br />

unbeeindruckt, gehen, weil euer Ende sie langweilt.<br />

Die ganze Ernte ist verderbt.


<strong>dräum</strong> – ein periodikum<br />

Medieninhaber, Verleger, Herausgeber und Redaktion: Andreas Leonhard Hilzensauer<br />

Ausgabe 4 | Erscheinungsdatum: Dezember <strong>2015</strong> | 1. Auflage<br />

Alle Rechte vorbehalten © <strong>2015</strong> | Wien<br />

www.alehilz.at/draeum

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