VOKAL
Vokal_Sep_Dez_2015_Vol_01_Nr_03_RED Vokal_Sep_Dez_2015_Vol_01_Nr_03_RED
Zeitschrift der Türkisch-Deutschen Universität VOKAL November - Dezember 2015. Vol. 01, Nr. 03 Onlineausgabe Neuer MA-Studiengang an der TDU PRIVATRECHT
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- Page 42: VOKAL „Die Bedeutung von Innovati
Zeitschrift der Türkisch-Deutschen Universität<br />
<strong>VOKAL</strong><br />
November - Dezember 2015. Vol. 01, Nr. 03<br />
Onlineausgabe<br />
Neuer MA-Studiengang an der TDU<br />
PRIVATRECHT
IMPRESSUM<br />
Herausgeber<br />
im Namen der<br />
TDU<br />
Halil Akkanat<br />
Chefredakteur<br />
Ünal Bilir<br />
V. Redakteur<br />
(V.i.S.d.P)<br />
Tamer Tekgül<br />
Autoren<br />
Vera Nünning<br />
Zafer Zeytin<br />
Ünal Bilir<br />
Hüseyin Hayri Nuroğlu<br />
Hanna-Lisa Hauge<br />
Hüsnü Yavuz Aytekin<br />
Selim Emre Ercan<br />
Turgut Paşahan<br />
Abdullah Enes Kurt<br />
Titelfoto<br />
Ünal Bilir<br />
Anschrift<br />
<strong>VOKAL</strong><br />
Türk-Alman Üniversitesi<br />
Şahinkaya Cad. No: 86<br />
34820, Beykoz-Istanbul-Türkei<br />
Tel: +90-2163333027<br />
E-Mail: vokal@tau.edu.tr<br />
Alle Rechte der in dieser Zeitschrift veröffentlichten<br />
Artikel und Bilder sind urheberrechtlich geschützt<br />
und dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung der<br />
Redaktion sowie gegebenenfalls mit dem<br />
zusätzlichen Einverständnis jeweiliger<br />
Autoren/innen und Fotografen/innen weiter<br />
veröffentlicht werden. Jede Autorin, jeder Autor ist<br />
für ihre/seine Schriften im Sinne des Presserechtes<br />
selbst verantwortlich.
November-Dezember 2015 Vol. 01, Nr. 03<br />
<strong>VOKAL</strong><br />
| Zeitschrift der Türkisch-Deutschen Universität |<br />
Prof. Dr. Wolfgang<br />
Wessels im Gespräch<br />
Prof. Wessels ist Vize-Präsident des<br />
deutschen Konsortiums der TDU<br />
und seit 1994 Inhaber des Jean-<br />
Monnet-Lehrstuhls am<br />
Forschungsinstitut für Politische<br />
Wissenschaft und Europäische<br />
Fragen der Universität zu Köln. Als<br />
Redaktion der Zeitschrift Vokal<br />
haben wir um ein Gespräch Herrn<br />
Wessels gebeten und wollten von<br />
ihm besonders erfahren, „wie es<br />
eigentlich mit der Türkei und der EU<br />
im Bereich der Forschung und<br />
Wissenschaft ist“. Prof. Wessels<br />
stand uns in der Bibliothek der TDU<br />
für ein Interview zur Verfügung.<br />
Dieses Gespräch mit Herrn Wessels<br />
lesen Sie unter der Rubrik „Face to<br />
Face“.<br />
Partner im Fokus:<br />
Universität zu Köln<br />
Seit Gründung des Konsortiums der<br />
TDU ist die Universität zu Köln am<br />
Aufbau der TDU beteiligt und hat<br />
für die deutsche Seite die<br />
Federführung für den Aufbau der<br />
Wirtschafts- und<br />
Verwaltungswissenschaftlichen<br />
Fakultät der TDU übernommen.<br />
Am 29.04.2015 haben die<br />
Rektoren, Prof. Axel Freimuth und<br />
Prof. Halil Akkanat, ein Erasmus-<br />
Abkommen zwischen der TDU und<br />
der Universität zu Köln<br />
unterzeichnet. In dieser Ausgabe<br />
stellen wir die Universität zu Köln<br />
ausführlich vor.<br />
Themen in dieser Ausgabe<br />
Rendezvous mit den Gründern der TDU<br />
Das erste Campusgebäude der TDU in Betrieb<br />
Face to Face: Prof. Dr. Wolfgang Wessels im Gespräch<br />
Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften<br />
Startschuss für den BA-Studiengang Psychologie<br />
Masterstudiengang Privatrecht<br />
Der Gouverneur von Istanbul zu Besuch an der TDU<br />
ThyssenKrupp Türkei CEO Çetin Nazikkol an der TDU<br />
Partner im Fokus: Die Universität zu Köln<br />
Erfahrungsbericht: Ein Jahr in Köln<br />
Innovationstage in Istanbul
<strong>VOKAL</strong><br />
Rendezvous<br />
mit den Gründern der TDU<br />
Von Ünal Bilir,<br />
Kultur-und Kommunikationswissenschaften<br />
Es sind mehr als fünf Jahre vergangen seit der deutsche Bundespräsident Christian<br />
Wulff und der türkische Staatspräsident Abdullah Gül am 22. Oktober 2010 den<br />
Grundstein der Türkisch-Deutschen Universität als Leuchtturmprojekt der deutschtürkischen<br />
Hochschulkooperation legten. Seit diesem Oktobertag ist im politischen<br />
Leben beider ehemaliger Staatsoberhäupter viel passiert. Auch die deutschtürkischen<br />
Beziehungen haben seit dieser Gründungszeremonie viele stürmische<br />
wie auch ruhige Tage erlebt.<br />
1
<strong>VOKAL</strong><br />
Die beiden ehemaligen<br />
Staatspräsidenten Gül<br />
und Wulff setzten sich<br />
jedoch auch über ihre<br />
Amtszeiten hinaus für<br />
die deutsch-türkische<br />
Freundschaft ein. In<br />
diesem Zusammenhang<br />
trafen sich die beiden<br />
Staatschefs am 17.<br />
November 2015 erneut<br />
auf dem Campus der<br />
TDU, sowohl um sich<br />
selbst ein Bild von der<br />
Entwicklung der jungen<br />
Universität zu machen,<br />
als auch um „die derzeitigen Verständnisprobleme zwischen der Türkei und<br />
Deutschland und die Zukunft der Beziehungen beider Länder zu diskutieren“.<br />
Offizieller Anlass des Treffens war „die IV. Internationale IDI-Konferenz“ unter dem<br />
Titel „Brücken zwischen Deutschland und der Türkei", die an der Türkisch-<br />
Deutschen Universität in Kooperation mit dem Inter Dialog Institute (IDI)<br />
organisiert worden war.<br />
Bevor die zwei Staatsmänner in Anwesenheit von angesehenen Gästen,<br />
Akademikern und Studierenden das Rednerpult betraten, begrüßte der Rektor der<br />
TDU, Prof. Dr. Halil Akkanat, die Gäste und informierte sie ausführlich über die<br />
rasante Entwicklung der TDU seit der feierlichen Eröffnung. Prof. Dr. Akkanat<br />
berichtete auch über das erfreulich hohe Interesse, das die TDU trotz ihrer jungen<br />
Vergangenheit bei den Akademikern und Studierenden aus<br />
beiden Ländern genießt. „Das Interesse an und das<br />
Vertrauen in unsere neu gegründete Universität ist sehr<br />
hoch. Wir haben sowohl bei den türkischen als auch bei<br />
den deutschen Akademikern das Interesse geweckt. Obwohl<br />
die Universität nur in vorübergehend genutzten,<br />
provisorischen Gebäuden in Betrieb ist, befinden sich<br />
unsere Studierenden unter den besten 1 % der<br />
universitären Aufnahmeprüfung, insbesondere bei den<br />
Fakultäten der Ingenieurwissenschaften und Jura”, so<br />
Akkanat. Er wies zugleich auch darauf hin, dass sich in<br />
dieser Zeit nicht nur das Vertrauen gegenüber der TDU,<br />
sondern auch die Erwartung an sie erhöht habe.<br />
„Das Interesse<br />
an und das<br />
Vertrauen in unsere<br />
neu gegründete<br />
Universität ist sehr<br />
hoch“<br />
Halil Akkanat<br />
2
<strong>VOKAL</strong><br />
„Ich bin beeindruckt<br />
von allem, was ich<br />
gehört und gesehen<br />
habe”<br />
Abdullah Gül<br />
Nachdem sich Rektor Akkanat sowohl bei den ehemaligen Staatschefs als auch bei<br />
den deutsch-türkischen Mitinitiatoren für die bisherige Unterstützung sehr herzlich<br />
bedankt hatte, betrat zunächst der ehemalige türkische Staatspräsident Abdullah<br />
Gül das Rednerpult. Gül stellte die kürzlich erschienene türkische Ausgabe der<br />
Autobiographie des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, die den Titel<br />
"Zirveden Düşerken" trägt, in dessen Beisein vor und sprach danach über die<br />
Bedeutung und Mission der TDU. Anlässlich der bisherigen Entwicklung der TDU<br />
zeigte sich Gül sehr zufrieden und machte auf die Brückenfunktion der TDU<br />
zwischen Deutschland und der Türkei aufmerksam: „Die Türkisch-Deutsche<br />
Universität dient als eine Brücke zwischen beiden Ländern. Deshalb beobachte ich<br />
diese Universität seit ihrer Gründung. Herr Akkanat hat es sehr schön<br />
zusammengefasst. Ich bin beeindruckt von allem, was ich gehört und gesehen<br />
habe”. Obwohl er nicht aus einer deutschsprachigen Schultradition komme, habe er<br />
das Fehlen einer deutschsprachigen Universität in der Türkei immer gesehen und<br />
sich damals als Außenminister für die Gründung der TDU eingesetzt. Gül sprach<br />
weiter: „In der Zeit, als ich Außenminister war, habe ich das Fehlen einer türkischdeutschen<br />
Universität immer gesehen, obwohl ich nicht aus einer<br />
deutschsprachigen Schule komme. Gerade sehe ich bei den Ingenieurwissenschaften<br />
eine gute Universität mit deutscher Disziplin in der Türkei. Ich glaube, dass die<br />
Universität nicht nur der Türkei vieles bringen wird, sondern auch die türkischdeutschen<br />
Beziehungen werden dadurch immer stärker”. Diesbezüglich begrüßte<br />
Abdullah Gül auch die Gründung der Stiftung zur Förderung der TDU: „Ich freue<br />
mich auch auf die neue gegründete Stiftung. Ich habe oftmals vorgeschlagen, dass in<br />
Deutschland und in der Türkei eine Stiftung gegründet wird, weil eine<br />
deutschsprachige Universität die Unterstützung auch aus Deutschland bekommen<br />
muss. Diese Universität wird hoffentlich sowohl von den Stiftungen als auch von<br />
der Privatwirtschaft intensiv unterstützt“.<br />
3
<strong>VOKAL</strong><br />
„Die TDU wird zu einer<br />
großartigen Universität<br />
als Perle in der 40<br />
Universitäten<br />
umfassenden<br />
Universitätslandschaft<br />
Istanbuls und unter<br />
den 200 Universitäten<br />
der Türkei<br />
heranwachsen sowie<br />
eine der<br />
bedeutendsten<br />
und wahrscheinlich<br />
die größte deutsche<br />
Auslanduniversität<br />
sein“<br />
Ähnlich wie Abdullah Gül bezeichnete auch der ehemalige Christian Wulff<br />
Bundespräsident Christian Wulff die TDU als das Brückenund<br />
Netzwerkprojekt für die deutsch-türkische<br />
Freundschaft und lobte die Verdienste von Staatspräsident<br />
Gül und von der K-TDU-Präsidentin Süssmuth: „Rita<br />
Süssmuth ist eine erfolgreiche Politikerin und gehört zu<br />
den erfolgreichen Müttern diese Universität. Aber einer -<br />
das muss ich für die Geschichtsbücher sagen - einer hat<br />
den Knoten wirklich durchgeschlagen, sodass es diese<br />
Universität so überhaupt gibt. Das war Abdullah Gül.<br />
Denn diese Universität ist über Jahrzehnte erfunden, beschlossen und geplant<br />
gewesen. Dass aber der Grundstein wirklich gelegt wurde, dass sie wirklich<br />
vorangebracht wurde, dafür sorgte Abdullah Gül”. In Bezug auf die weitere<br />
Entwicklung der TDU forderte Wulff mehr Engagement und Sorgfalt: „Deswegen<br />
haben wir alle die ganz große Verantwortung, dass diese Universität, deren<br />
Grundstein wir gelegt haben, sich wie ein Baby entwickelt und zu einer großartigen<br />
Universität als Perle in der 40 Universitäten umfassenden Universitätslandschaft<br />
Istanbuls und unter den 200 Universitäten der Türkei heranwachsen sowie eine der<br />
bedeutendsten und wahrscheinlich die größte deutsche Auslanduniversität sein<br />
wird“, so Wulff.<br />
Fotos: Gülten Kılınç<br />
4
<strong>VOKAL</strong><br />
Das erste Campusgebäude<br />
der TDU wurde in Betrieb genommen<br />
D a s e r s t e G l i e d d e s B a u ko m p l ex e s d e r T D U , d a s G e b ä u d e d e s<br />
Fremdsprachenzentrums, wurde rechtzeitig vor Beginn des Wintersemesters<br />
2015/16 in Betrieb genommen. Nachdem das Bauunternehmen Birkan Müh. İnş.<br />
Tur. Teks. San. ve Tic. Ltd. Şti am 01.12.2014 den Zuschlag für den Bau des ersten<br />
Gebäudes der TDU bekam, wurde der Bauvertrag unverzüglich am 09.01.2015<br />
unterzeichnet und am 12.01.2015 der erste Stein für die Bauarbeiten gelegt. Um das<br />
Gebäude für das Wintersemester 2015/16 bereitstellen zu können, wurde der<br />
Neubau in einer Rekordzeit von 249 Tagen fertiggestellt und am 07.09.2015 in<br />
Betrieb genommen. Durch den Bau des ersten Campusgebäudes der TDU erhielt<br />
das Fremdsprachenzentrum eine geschlossene Gesamtfläche in Höhe von 8.323,70<br />
m 2 für seine Lehr- und Forschungstätigkeiten. Für den Bau des neuen<br />
Dienstgebäudes der TDU investierte der türkische Staat insgesamt 12.019.383<br />
Türkische Lira plus Mehrwertsteuer.<br />
5
<strong>VOKAL</strong><br />
Das neue Gebäude des Fremdsprachenzentrums verfügt über 38 Seminarräume für 800<br />
Studierende und zwei Computerlabors für je 40 Teilnehmer. Laut Informationen der<br />
Abteilung für Bau und Technik der TDU ist das Heizungs- und Kühlungssystem des neuen<br />
Gebäudes technisch auf dem neusten Stand und es wurden in jedem Seminarraum<br />
interaktive Lerntafeln installiert. Während das neue Gebäude über 10 Räume für 60<br />
Lehrkräfte verfügt, wurden für die Verwaltungspersonen und die Leitung 9 Büroräume<br />
reserviert. Darüberhinaus steht im neuen Gebäude neben den 3 kleinen<br />
Besprechungszimmern für je 16 Personen zusätzlich ein Konferenzraum für 42 Personen<br />
zur Verfügung. Auch eine Mensa und eine Cafeteria für die Studierenden<br />
fanden im neuen Gebäude ihren Platz.<br />
Fotos: Ünal Bilir<br />
6
Face to Face<br />
mit Prof. Dr. Wolfgang Wessels,<br />
dem Inhaber des Jean-Monnet-Lehrstuhls der<br />
Universität zu Köln<br />
Zur Person<br />
Prof. Dr. Wolfgang Wessels ist seit 1994 Inhaber des Jean-Monnet-Lehrstuhls am Forschungsinstitut für<br />
Politische Wissenschaft und Europäische Fragen der Universität zu Köln. Schwerpunkte seiner Forschung und<br />
Lehre sind das politische System der Europäischen Union, die Rolle der EU im internationalen System, die<br />
Vertiefung und Erweiterung der EU, der Wandel der politischen Systeme Europas sowie Theorien der<br />
internationalen Beziehungen und europäischen Integration. Gemeinsam mit Prof. Weidenfeld gibt er seit 1991<br />
das Taschenbuch „Europa von A-Z“ heraus. Im Rahmen seiner Schwerpunkte engagiert er sich u.a. im Vorstand<br />
des Instituts für Europäische Politik (Berlin), als Chairman der Trans European Policy Association (Brüssel),<br />
als Gründungsmitglied des Jean Monnet Centre of Excellence sowie als Visiting Professor am College of Europe,<br />
Brügge und Natolin. Prof. Dr. Wolfgang Wessels ist Vize-Präsident des deutschen Konsortiums der Türkisch-<br />
Deutschen Universität sowie Fakultätskoordinator von deutscher Seite für die Wirtschafts- und<br />
Verwaltungswissenschaftliche Fakultät. Ab 2016 wird er zudem als Koordinator eines EU-geförderten<br />
internationalen Forschungsprojektes (FEUTURE) zur Zukunft der EU-Türkei-Beziehungen tätig sein.<br />
7<br />
FACE TO FACE
Ünal Bilir: Was führte Sie eigentlich von Köln nach Beykoz in Istanbul?<br />
Wolfgang Wessels: Die Türkei war für mich sowohl privat als auch beruflich immer eine<br />
Konstante. Meine Frau kommt aus der Türkei und darüber hinaus habe ich enge Kontakte<br />
zu vielen akademischen Kollegen in der Türkei. Gemeinsam haben wir viele europäische<br />
Projekte initiiert und umgesetzt. Insofern hatte ich direkt ein großes Interesse, eine<br />
solche Universität als Leuchturm der deutsch-türkischen, aber auch der türkischeuropäischen<br />
Beziehungen aufzubauen.<br />
Bilir: Die TDU gilt ja als „Leuchtturmprojekt der deutsch-türkischen Hochschulkooperation“ und<br />
wird die größte deutsche Auslandsuniversität. Also, was verstehen Sie unter dem Leuchtturm-Projekt?<br />
Wessels: Ein solches „Leuchtturmprojekt“ soll aus meiner Sicht ein Beispiel dafür<br />
setzen, wie man zwischen verschiedenen akademischen Bereichen zusammenarbeiten<br />
kann – sowohl in der Forschung als auch in der Lehre. Es gibt ja schon viele<br />
Austauschprogramme zwischen Deutschland und der Türkei, wie das klassische<br />
Erasmusprogramm, aber auch Doppeldiplomabkommen. Auch in diesem Bereich der<br />
Lehre können wir an der TDU Beispiele und Modelle entwickeln. Ich denke, das ist eine<br />
wichtige Funktion der TDU.<br />
„Die Türkei war für<br />
mich sowohl privat<br />
als auch beruflich<br />
immer eine<br />
Konstante“<br />
Bilir: Welche Risiken und Erfolgsvisionen sehen Sie in der Zukunft der<br />
TDU?<br />
Wessels: Die Risiken und Erfolgschancen sind natürlich nicht<br />
nur von uns, sondern auch von vielen externen Faktoren<br />
abhängig. Das fängt ganz klassisch mit dem Geld an, das zum<br />
Ausbau dieser Universität, aber auch zur Fortsetzung des<br />
deutschen Engagements, benötigt wird.<br />
FACE TO FACE<br />
8
Bisher werden ja die deutschen<br />
Lehrenden von deutscher Seite<br />
über den DAAD finanziert.<br />
Dass die Parlamente auf beiden<br />
Seiten in ihren jeweiligen<br />
H a u s h a l t e n d a s P r o j e k t<br />
langfristig weiter unterstützen,<br />
ist also ein wichtiger Punkt.<br />
Was die Lehre angeht, haben<br />
wir den Vorteil, dass die TDU<br />
eine kleine Universität ist und<br />
auch bleiben wird. Langfristig<br />
wollen wir hier ungefähr 5.000<br />
Studierende unterrichten. An<br />
meiner Universität in Köln gibt<br />
es dagegen 40.000 Studierende.<br />
Ganz selten gebe ich in Köln<br />
einen Kurs mit nur zehn oder<br />
15 Studierenden, meist sind es<br />
viel mehr. Die Bedingungen hier<br />
an der TDU ermöglichen uns<br />
einen persönlicheren Kontakt<br />
mit den Studierenden und das<br />
U n t e r r i c h t e n i n k l e i n e n<br />
Gruppen. Diesen Vorteil gilt es<br />
zu nutzen. Ein wichtiger Punkt<br />
ist, dass wir wirklich eine<br />
Gemeinschaft bilden von allen Lehrenden und Beschäftigten hier – über die<br />
Nationalitäten, akademischen Disziplinen und auch die verschiedenen Generationen<br />
hinweg. Dazu sollten wir mehr gemeinsame Gremien schaffen oder die bestehenden<br />
ausbauen, um den Austausch und die Integration zu fördern. Das ist eine Vision, an der<br />
wir gemeinsam arbeiten sollten.<br />
Bilir: Ja, die kooperative akademische Führung und Lehre an der TDU ist das Originellste. Ein<br />
Alleinstellungsmerkmal. Welche Probleme und Chancen sehen Sie in diesem Bereich?<br />
Wessels: Eine besondere Herausforderung ist, dass wir zum Teil aus verschiedenen<br />
akademischen Kulturen stammen. Damit meine ich gar nicht zwangsläufig Unterschiede<br />
zwischen Deutschland und der Türkei. Ich habe manchmal auch Schwierigkeiten in der<br />
Zusammenarbeit mit der Philosophischen Fakultät in Köln, weil wir in manchen<br />
Bereichen in meiner Fakultät ganz anders arbeiten als unsere Kolleginnen und Kollegen<br />
an der Philosophischen Fakultät.<br />
9<br />
FACE TO FACE
Außerdem stellt sich mir manchmal die Frage, welche akademische Kultur wir auch in<br />
Bezug auf die Studierenden besonders pflegen möchten. Für mich ist wichtig, dass die<br />
Studierenden lernen zu diskutieren, zu analysieren und nicht nur den Stoff wiedergeben.<br />
Also müssen wir dies frühzeitig im Studium fördern. In meinem Unterricht an der TDU<br />
versuche ich diese Lernkultur von Anfang an zu prägen. Als kleines Beispiel: vor meinem<br />
Seminar ordne ich die Tische so an, dass man im Kreis sitzt und nicht wie im Theater<br />
oder in der Schule hintereinander. Wir Lehrpersonen können ganz konkrete Maßnahmen<br />
ergreifen.<br />
Selbstverständlich ist die Diskussion über unterschiedliche Lehrstile eine Aufgabe, der<br />
wir uns im Kollegium sehr intensiv widmen müssen. Außerdem braucht man sicherlich<br />
noch weitere Kolleginnen und Kollegen für die Lehre, dies ist natürlich eine weitere<br />
wichtige Aufgabe für die Universitätsleitung und für uns alle.<br />
Bilir: Eine ergänzende Frage zu Ihrem<br />
Fachbereich: Das Fach “Politikwissenschaft<br />
und Öffentliche Verwaltung” ist eigentlich von<br />
den Lehrkräften her ganz gut besetzt. Das hat<br />
auch ein ganz interessantes Curriculum. Und<br />
trotzdem sind die besten Studierenden nicht<br />
daran interessiert. Mit den Besten verstehe ich<br />
die ersten 50.000 bei der Aufnahmeprüfung.<br />
Wo liegt das Problem?<br />
Wessels: Diese Frage müsste ich Ihnen,<br />
ehrlich gesagt, zurückgeben. Mir ist<br />
bewusst, dass dieser Messlatte in der Türkei eine hohe Bedeutung beigemessen wird.<br />
Aber ich weiß nicht, nach welchen Kriterien die besten türkischen Absolventinnen und<br />
Absolventen tatsächlich ihre Entscheidung fällen. Das kann zum Beispiel auch mit dem<br />
Fach an sich zu tun haben. In Deutschland stehen schon aufgrund der finanziellen<br />
Perspektive Fächer wie die Betriebswirtschaftslehre oder Medizin mehr im Fokus.<br />
Vielleicht klingen Studiengänge wie Politik- und Verwaltungswissenschaften oder auch<br />
Jura für einige Bewerbende auch von der Disziplin her nicht so attraktiv. Es ist aber<br />
definitiv ein Thema, mit dem man sich auseinandersetzen muss.<br />
Bilir: Das Thema “deutsche Sprache”. Die deutsche Sprache hat in der Türkei nicht den Stellenwert,<br />
den sie verdient. Kann die TDU hier den erforderlichen Beitrag leisten und für Verbesserung sorgen?<br />
Wessels: Natürlich kann man überlegen, ob und inwiefern die deutsche Sprache über die<br />
TDU hinausgehend verbreitet werden kann. Gleichzeitig ist die Reichweite der TDU<br />
begrenzt, da es eine kleine Universität ist. Da teile ich die Ansicht des Vorsitzenden<br />
Ihrer Stiftung: er sagte, dass Englisch zwar die Sprache ist, die man in jedem Fall<br />
benötigt, aber wenn man zusätzlich auch Deutsch spricht, dann stellt dies einen großen<br />
Vorteil dar. Also sollte man das Deutsche als ein ergänzendes und sehr hilfreiches<br />
zusätzliches Element für die beruflichen Chancen der Studierenden betrachten.<br />
10<br />
FACE TO FACE
Bilir: Welche positiven Rollen können die TDU-<br />
Akademiker oder -Studierenden für die deutschtürkischen<br />
Beziehungen übernehmen?<br />
Wessels: Wir sprachen eben von der Rolle als<br />
“Leuchtturmprojekt“. Die Beziehungen zwischen<br />
Nationen beruhen ja nicht nur auf der Frage, ob<br />
die Regierungschefs sich mögen. Also ist es<br />
keine Frage, ob nun Erdoğan und Merkel<br />
Freunde sind – die Bedeutung dessen, ob man<br />
sich auf dieser Ebene versteht, wird manchmal übertrieben. In unseren pluralistischen<br />
Gesellschaften muss dies vielschichtiger gedacht werden. Besonders wichtig sind die<br />
Beziehungen auf der Ebene der Zivilgesellschaft. Darunter können wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit, Medienkooperationen, aber eben auch akademische Beziehungen<br />
zwischen Universitäten fallen. Ich glaube, dass es sehr richtig und wichtig ist, Netzwerke<br />
auf dieser Ebene auf- und auszubauen und diese Kontakte sind ja bereits breit aufgestellt.<br />
Als Beispiel – der Staatssekretär des Integrationsministeriums, welcher an unserer letzten<br />
Tagung 2015 an der TDU zu Gast war, ist einer meiner ehemaligen Studenten vom<br />
Europakolleg. Daran kann man sehen, dass wir auch einen Einfluss über die Universität<br />
hinaus haben können. Aber die TDU sollte sich auch noch weiter entwickeln in Richtung<br />
eines Forums, was auch zu ihrer Bekanntheit in beiden Ländern beitragen würde.<br />
Bilir: Die europäische Integration ist ja einer der Schwerpunkte Ihrer Forschung. Wie ist es eigentlich<br />
mit der Türkei und der EU im Bereich der Forschung und Wissenschaft?<br />
Wessels: In diesem Zusammenhang gibt es überhaupt<br />
„Besonders wichtig sind<br />
kein Problem. Vor kurzem war ich zum Beispiel in<br />
die Beziehungen auf der<br />
Pittsburgh und habe an einem EU-finanzierten Projekt<br />
Ebene der<br />
teilgenommen, welches von einer türkischen Universität<br />
Zivilgesellschaft. Darunter<br />
annonciert worden war. Die Türkei ist ja in vielen<br />
können wirtschaftliche<br />
Programmen der EU voll integriert, so beispielsweise in<br />
Zusammenarbeit,<br />
die Erasmus- und auch Horizon 2020 Programme der EU.<br />
Medienkooperationen,<br />
Horizon 2020 zielt auf größere Forschungsprojekte über<br />
aber eben auch<br />
mehrere Jahre ab – hier hat mein Lehrstuhl übrigens in der<br />
akademische<br />
letzten Ausschreibung zu den EU-Türkei-Beziehungen<br />
Beziehungen zwischen<br />
gemeinsam mit einem internationalen Konsortium den<br />
Universitäten fallen“<br />
Zuschlag erhalten. In diesem Konsortium werden natürlich<br />
auch türkische Universitäten und Think Tanks beteiligt<br />
sein. Grundsätzlich gibt es natürlich einen umkämpften Wettbewerb um die Ausrichtung<br />
dieser EU-Projekte, deshalb kosten die Anträge viel Mühe und Zeit. Bei der Beantragung<br />
liegt die Erfolgswahrscheinlichkeit etwa zwischen 15 und 20 Prozent. Das ist kein<br />
einfaches Geschäft und da kommt es auch gelegentlich zu Enttäuschungen, aber von der<br />
Grundlage her ist die Türkei voll integriert.<br />
11<br />
FACE TO FACE
Bilir: Jetzt wollen wir ein bisschen auf die Politik Bezug nehmen und Sie fragen: Welche gemeinsamen<br />
Probleme sehen Sie eigentlich in naher Zukunft, die die Türkei und Deutschland gemeinsam anzugehen<br />
haben?<br />
Wessels: Es gibt viele Probleme, von denen wir alle betroffen sind, wie z.B. den<br />
Klimawandel. Die Konsequenzen werden sowohl in der Türkei als auch in Deutschland zu<br />
spüren sein. Dadurch ist offensichtlich, dass beide Staaten dazu aufgerufen sind, sich an<br />
der Entwicklung von Maßnahmen in diesem Bereich zu beteiligen. Das ist natürlich kein<br />
spezifisch türkisch-deutsches Problem, aber um einer globalen Verantwortung gerecht zu<br />
werden, muss auch die Kommunikation auf bilateraler Ebene stimmig sein.<br />
Der Umbruch im Mittleren und Nahen Osten erfordert natürlich eine enge<br />
Zusammenarbeit der Türkei mit Deutschland und der EU. Die Entwicklungen in Syrien,<br />
im Irak, der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern, die Machtverhältnisse<br />
zwischen dem Iran und Saudi-Arabien oder auch die Beziehungen zu Russland sind<br />
Themen, welche sich nicht nur auf die Türkei, sondern auch auf die Länder der EU<br />
auswirken. In Zukunft wird auch spannend zu beobachten sein, wie sich die<br />
Energiebeziehungen zwischen der Türkei und der EU entwickeln – hier scheint die Türkei<br />
langfristig möglicherweise eine weniger große Rolle zu spielen, als man lange Zeit<br />
dachte. Aber ganz konkret kann man selbstverständlich in der gegenwärtigen<br />
Flüchtlingsfrage beobachten, wie wichtig die Türkei als Partner ist.<br />
Bilir: Man merkt schon, dass einige der deutschen oder europäischen Bürger Angst vor den<br />
Flüchtlingen haben. Glauben Sie, dass die europäische Zivilisation deswegen untergeht?<br />
12<br />
FACE TO FACE
Wessels: Nein der Begriff "untergehen"<br />
erscheint mir zu stark. Von einem globalen<br />
Standpunkt her ist es so, dass etwa das<br />
Bevölkerungswachstum der EU in den<br />
kommenden Jahren rückläufig ist und dass<br />
es in fünfzig Jahren also vergleichsweise<br />
weniger „Europäer“ geben wird. Diese<br />
demographische Entwicklung halte ich für<br />
gravierender. Gleichzeitig ist es so, dass in<br />
D e u t s c h l a n d i n d e r a k t u e l l e n<br />
Flüchtlingssituation auch eine sehr große<br />
Hilfsbereitschaft vorzufinden ist. Oft findet<br />
diese in der Berichterstattung zu wenig<br />
Aufmerksamkeit und es wird mehr über die<br />
Gegner oder Feinde dieser Entwicklung<br />
berichtet. Natürlich wird dies auch eine<br />
Herausforderung darstellen, zum Beispiel<br />
für die Schulen, welche die deutsche<br />
Sprache vermitteln müssen. Ich glaube, dass<br />
sich in Deutschland oder in Europa – wie<br />
etwa in den USA – vielleicht die<br />
Gesellschaft verändern, aber in keinem Falle<br />
etwas untergehen wird. In Europa und auch in Deutschland haben wir in den<br />
vergangenen Jahren immer wieder einschneidende Veränderungen erlebt, wie z.B. die<br />
Folgejahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Natürlich braucht es für die Bewältigung der<br />
gegenwärtigen Situation enorme Anstrengungen, aber ich bin zuversichtlich, dass auch<br />
neue positive Effekte entstehen werden.<br />
Bilir: Wir bedanken uns für dieses Gespräch. Das wären dann alle unsere Fragen. Gibt es noch<br />
irgendwelche Punkte, die Sie weiter definieren oder ergänzen wollen?<br />
Wessels: Für die Zukunft halte ich drei weitere Aspekte für sehr zentral, auf die wir in<br />
unserem bisherigen Gespräch nur am Rande eingegangen sind. Wir müssen uns<br />
Gedanken über die Integration, die Vernetzung und die Verstetigung der Qualität an der<br />
TDU machen. Zuerst frage ich mich: Was ist mit unseren Absolventen und<br />
Absolventinnen? Sicher wäre es zukünftig gut, Alumniversammlungen der Ehemaligen<br />
zu organisieren und diese Netzwerke zu nutzen. Zum zweiten ist es wichtig, die TDU<br />
nicht nur mit deutschen Universitäten zu vernetzen, sondern auch in den europäischen<br />
Kontext einzubringen. Dies ist ein ganz zentraler Punkt, wo es viele Möglichkeiten gibt.<br />
Ansonsten ist natürlich auch die Frage, wie man weiterhin gute Lehrkräfte für die TDU<br />
gewinnen kann – sowohl im Sinne der Forschung als auch der Lehre.<br />
Fotos: Gülten Kılınç<br />
13<br />
FACE TO FACE
<strong>VOKAL</strong><br />
FAKULTÄT FÜR<br />
KULTUR- UND SOZIALWISSENSCHAFTEN<br />
Von Vera Nünning,<br />
Koordinatorin der Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften<br />
Foto: Ü. Bilir<br />
Sowohl Deutschland als auch die Türkei sind international für<br />
viele Qualitäten bekannt. In Bezug auf Deutschland denkt<br />
man heutzutage oft zunächst an Expertise im Bereich der<br />
Technik, aber kurz darauf folgt die deutsche Kultur, die als<br />
Wiege des ‚Lands der Dichter und Denker‘ gilt und auf deren<br />
Grundlage diese wissenschaftliche Expertise herausgebildet<br />
wurde. So steht Deutschland auch für anspruchsvolle<br />
Literatur, für neue Wege im Bereich der Medien, und nicht<br />
zuletzt dafür, offene Fragen gründlich zu durchdenken und<br />
valide Lösungen zu finden.<br />
Die Fakultät<br />
für Kultur- und<br />
Sozialwissenschaften verfügt<br />
derzeit über zwei<br />
BA-Studiengänge,<br />
nämlich Kultur- und<br />
Kommunikationswissenschaften<br />
sowie Psychologie.<br />
14
<strong>VOKAL</strong><br />
Foto: G. Kılınç<br />
Die Planungsgruppe des BA-Studienganges Kultur- und Kommunikationswissenschaften der Fakultät<br />
für Kultur und Sozialwissenschaften arbeitet seit knapp einem Jahr an der Entwicklung des<br />
Curriculums und plant im Wintersemester 2016/17 mit der Vorbreitungsklasse anzufangen.<br />
Nicht nur in diesem Punkt gleichen sich die Traditionen der türkischen und deutschen<br />
Kultur: Die Hochschätzung von Bildung und die Bereitschaft, von international<br />
anerkannten Wissenschaftlern, Architekten und Künstlern zu lernen, zeichnen beide<br />
Länder aus. Gleichzeitig geraten diese Gemeinsamkeiten oft aus dem Blick; stattdessen<br />
werden interkulturelle Unterschiede betont, die oftmals die<br />
Verständigung und die Zusammenarbeit erschweren.<br />
Die kulturwissenschaftliche Fakultät befasst sich nicht nur<br />
mit der Art und Weise, wie Kulturen Denk- und<br />
Handlungsweisen der Menschen prägen, sondern auch mit<br />
den Ausdrucksformen dieser kulturellen Handlungsweisen:<br />
mit Kommunikationsformen, mit Wissensordnungen, mit<br />
Literatur, mit den Künsten, und zudem – und insofern ist<br />
es von großer Bedeutung für uns, dass die Psychologie in<br />
den Bereich der kulturwissenschaftlichen Fakultät gehört –<br />
mit der kulturellen Prägung der menschlichen Psyche. In<br />
den geisteswissenschaftlichen Fächern zeigt sich die<br />
kulturelle Prägung von Inhalten, Theorien und Konzepten<br />
s t ä r ke r a l s i n a n d e r e n Fa ku l t ä t e n . E t w a d i e<br />
Konzeptionalisierung von Kulturwissenschaft unterscheidet<br />
sich in Deutschland und der Türkei. Auch das Studium der<br />
Psychologie wird in Deutschland etwas anders definiert als<br />
in der Türkei, in der man sich in diesem Fach stark am<br />
amerikanischen System orientiert.<br />
„Verfolgt die Universität<br />
das Ziel, dass Studierende<br />
und Lehrende aus<br />
(mindestens) zwei<br />
unterschiedlichen<br />
Kulturen gemeinsam<br />
forschen und lernen, um<br />
daraus einen Mehrwert<br />
gegenüber der<br />
normalerweise recht<br />
einseitigen<br />
Vorgehensweise zu<br />
erzielen, so reflektiert die<br />
kulturwissenschaftliche<br />
Fakultät über die<br />
Grundlagen dieses<br />
interkulturellen<br />
Lernprozesses“<br />
Prof. Dr. Vera Nünning<br />
15
<strong>VOKAL</strong><br />
I n s o f e r n n i m m t d i e<br />
kulturwissenschaftliche Fakultät<br />
nicht nur durch die Entwicklung<br />
von innovativen Studiengängen,<br />
die die Vorzüge türkischer und<br />
deutscher Wissenschaft vereinen,<br />
eine zentrale Rolle innerhalb der<br />
TDU ein: Verfolgt die Universität<br />
das Ziel, dass Studierende und<br />
Lehrende aus (mindestens) zwei<br />
unterschiedlichen Kulturen<br />
gemeinsam forschen und lernen,<br />
um daraus einen Mehrwert<br />
gegenüber der normalerweise<br />
recht einseitigen Vorgehensweise<br />
zu erzielen, so reflektiert die<br />
kulturwissenschaftliche Fakultät<br />
über die Grundlagen dieses<br />
interkulturellen Lernprozesses.<br />
Damit trägt sie zur Bildung von<br />
Studierenden bei, die sich ihrer<br />
eigenen kulturellen Prägung<br />
bewusst sind, und die deshalb in<br />
der Lage sind, erfolgreich an Foto: T. Schwerdt<br />
i n t e r k u l t u r e l l e n<br />
Ko m m u n i ka t i o n s p r o z e s s e n<br />
teilzunehmen, die in unseren modernen Gesellschaften eine<br />
immer größere Rolle spielen.<br />
Auf diesen Zielen unserer Fakultät beruht die Planung aller<br />
Studiengänge. So sollen diese die Studierenden dazu<br />
qualifizieren, nach dem BA in der Türkei oder in<br />
Deutschland gesellschaftlich verantwortungsbewusste<br />
Berufe zu ergreifen, ihre theoretischen und methodischen<br />
Kenntnisse in einer sich rasch wandelnden und zunehmend<br />
komplexen Arbeitswelt anzuwenden, oder aufbauende MA-<br />
Studiengänge zu absolvieren.<br />
Ganz besondere Relevanz besitzen diese Ziele im BA-<br />
Studiengang „Kultur- und Kommunikationswissenschaften“,<br />
dessen Planung unter tatkräftiger Mithilfe von türkischen<br />
und deutschen Kollegen so gut vorangeschritten ist, dass der<br />
Studiengang im kommenden Wintersemester 2016/17<br />
beginnen kann.<br />
Prof. Dr. Vera Nünning<br />
koordiniert seit 2010<br />
die Fakultät für Kultur- und<br />
Sozialwissenschaften an der<br />
TDU.<br />
16
<strong>VOKAL</strong><br />
Dem geplanten interdisziplinären MA-Programm “Bauforschung und Kulturerhalt“ wurde<br />
großes Interessepotential für Studierende aus der Türkei und Deutschland zugeschrieben.<br />
Damit ist ein zentraler Studiengang im Aufbau, der es Studierenden auch ermöglicht, im<br />
Anschluss an den BA den bereits angelaufenen MA-Studiengang ‚Interkulturelles<br />
Management‘ zu belegen. Aufgrund der inhaltlichen Breite und der im Studiengang<br />
bereits angelegten Interdisziplinarität hatte die Planung dieses BA, in die Vertreter 16<br />
unterschiedlicher Universitäten und Institute eingebunden waren, auch innerhalb des<br />
deutschen Hochschulkonsortiums eine besondere verbindende Funktion.<br />
Aufgrund der zentralen Rolle, die Sprache sowohl für die Ausprägung von Kultur als<br />
auch für die interkulturelle Kommunikation spielt, stellt die kompetente Beherrschung<br />
des Deutschen und des Türkischen eine besondere Herausforderung für die Dozenten<br />
und Studierenden der kulturwissenschaftlichen Fakultät dar. Gegenwärtig ist es nicht<br />
leicht, Personen zu finden, die eine herausragende fachliche Qualifikation haben und<br />
darüber hinaus beide Sprachen (und am besten noch Englisch dazu) sehr gut sprechen.<br />
Dies weist zugleich auf die besondere Bedeutung unserer Fakultät hin, in der auch ein<br />
Studiengang geplant ist, der ‚Deutsch als Fremdsprache‘ vermittelt, und insofern auch<br />
künftige Dozenten für das Sprachenzentrum ausbilden kann. Ein erster Entwurf für<br />
einen solchen BA-Studiengang, der von Kollegen der Universität Heidelberg entwickelt<br />
wurde, liegt bereits seit längerer Zeit vor und soll demnächst in Zusammenarbeit mit<br />
dem Sprachenzentrum, der Universität Bielefeld und türkischen Kollegen weiter<br />
entwickelt werden. Ein MA-Studiengang ‚Bauforschung und Kulturerhalt‘ soll unter<br />
anderem künftige Denkmalpfleger ausbilden, deren kulturwissenschaftliche und<br />
technische Kompetenz gerade in dem an erhaltenswerten Bauwerken so reichen Istanbul<br />
dringend von Nöten ist. Auch dieser Studiengang zeigt beispielhaft, wie fruchtbar die<br />
Vernetzung mit der Kulturwissenschaft für die Studierenden an der TDU sein kann. Ob<br />
in der Zusammenarbeit mit den Naturwissenschaften und der Technik (wie im MA<br />
Bauforschung und Kulturerhalt), in der Zusammenarbeit mit dem Sprachenzentrum<br />
(wie der geplante BA Deutsch als Fremdsprache) oder im Austausch mit den<br />
Wirtschaftswissenschaften (wie im MA Interkulturelles Management): interkulturelle<br />
Kompetenzen gehören zum Kernbestand der Fähigkeiten von Lehrenden und<br />
Studierenden der TDU.<br />
17
<strong>VOKAL</strong><br />
Startschuss für den BA-Studiengang<br />
Psychologie<br />
Von Hüsnü Yavuz Aytekin,<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fach „Kultur- und Kommunikationswissenschaften“<br />
Foto:T. Schwerdt<br />
Deutsche und türkische AkademikerInnen aus unterschiedlichen Universitäten<br />
kamen am 13.11.2015 an der TDU zusammen, um über den Leitfaden des<br />
Curriculums und die Zukunftsvisionen des geplanten BA-Studienganges<br />
Psychologie an der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät zu diskutieren. An<br />
der Versammlung nahmen neben dem Rektor der TDU, Prof. Dr. Halil Akkanat, und<br />
die Koordinatorin der Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften, Prof. Dr. Vera<br />
Nünning, auch die folgenden Wissenschaftler aus beiden Ländern teil: Prof. Dr. Izzet<br />
Furgaç (Koordinator des deutschen Konsortiums an der TDU), Prof. Dr. Yeşim<br />
Korkut (Leiterin des Instituts für Psychologie an der Universität Acıbadem), Prof.<br />
Dr. Canan Başar-Eroğlu (Institut für Psychologie und Kognitionsforschung der<br />
Universität Bremen), Prof. Dr. Arthur Jacobs (Fachbereich<br />
Erziehungswissenschaften und Psychologie der Freie Universität Berlin) sowie die<br />
wissenschaftlichen MitarbeiterInnen Neslihan Şener (FU-Berlin) und Hüsnü Yavuz<br />
Aytekin (TDU).<br />
18
Der Rektor der TDU,<br />
<strong>VOKAL</strong><br />
Prof. Akkanat, betont die<br />
Notwendigkeit der<br />
Berufsperspektive der<br />
Studiengänge und bat<br />
die Planungsgruppe<br />
deshalb, bei der<br />
Entwicklung des<br />
Curriculums<br />
den Praxisbezug und<br />
die theoretische<br />
Fundierung sowie<br />
Praktika im Lehrplan zu<br />
implementieren.<br />
Foto: G. Kılınç<br />
In seinem Grußwort bei der Eröffnung der Versammlung sprach Herr Akkanat unter<br />
anderem von den Schwierigkeiten, akademisches Personal finden zu können, das die<br />
deutsche Sprache beherrscht und zugleich die türkische Staatsbürgerschaft besitzt.<br />
Er betonte darüber hinaus die Notwendigkeit der Berufsperspektive der<br />
Studiengänge der TDU und bat die Planungsgruppe, bei der Entwicklung des<br />
Curriculums den Praxisbezug und die theoretische Fundierung sowie Praktika im<br />
Lehrplan zu implementieren. Prof. Dr. Jacobs erzählte seinerseits von seinen<br />
Erfahrungen bezüglich des Psychologiestudiums in Frankreich und sagte, es sei „ein<br />
wichtiger Punkt, dass Absolventen der TDU auch in Deutschland ihren Beruf<br />
praktizieren können. Außerdem sei das Fach Psychologie vergleichbar mit Medizin,<br />
da bei beiden Studienrichtungen eine gute Balance zwischen Theorie und Praxis<br />
gebraucht wird”.<br />
Auf die Frage, was alles in Deutschland und der Türkei gebraucht werde, um als<br />
klinischer Psychologe arbeiten zu dürfen, stellte sich heraus, dass das türkische und<br />
deutsche Studium im Bereich der Psychologie vom Umfang und Dauer her sehr<br />
unterschiedlich sind und insbesondere die DIN-Konformität eines Psychologie-<br />
Studiums von hoher Bedeutung ist. Im Hinblick auf das gewünschte Profil der<br />
Absolventen wies Prof. Jacobs auf die erforderlichen Qualitätsnormen des geplanten<br />
Studiengangs und unterstrich, „dass die Menschen beim Psychologiestudium für<br />
eine große Verantwortung ausgebildet werden und es nicht verantwortungsvoll<br />
wäre, Menschen in einem „Fast-Food Bachelor“ vorzubereiten“. Darüber hinaus<br />
betonte er „die Wichtigkeit der statistischen Lehrinhalte dieses Faches, also die<br />
empirische Forschung, Experimente, Dateninterpretation, das Praktikum und das<br />
Labor“ und machte deutlich, dass „zwei Fächer im Bereich der Psychologie für die<br />
DIN-Konformität erforderlich wären, nämlich Persönlichkeitspsychologie und<br />
Grundlagen der psychologischen Diagnostik“.<br />
19
Da alles sehr gut im<br />
<strong>VOKAL</strong> Zeitplan liegt, ist Prof.<br />
Nünning zuversichtlich,<br />
dass der BA-<br />
Studiengang<br />
Psychologie im WS<br />
2017/18 starten kann.<br />
Foto: T. Schwerdt<br />
Um die Grundlagen und den Stand des Psychologie-Studiums zusammenfassend<br />
vermitteln zu können, informierte Prof. Dr. Yeşim Korkut die Planungsgruppe über<br />
das Bachelorstudium der Psychologie in der Türkei und stellte fest, dass die Qualität<br />
des Studiums hierzulande entweder sehr gut oder sehr schlecht sei. Darüber hinaus<br />
betonte Prof. Korkut die Notwendigkeit der Akkreditierung des geplanten<br />
Studienganges und hielt es für möglich, dass man sich bei der TPA (Turkish<br />
Psychological Association) bewerben könne. Abschließend diskutierten die<br />
Mitglieder der Planungsgruppe über den Entwurf des Curriculums und des YÖK-<br />
Antrags. Vor allem die fachspezifische Übersetzung der deutschsprachigen<br />
Lehrinhalte gemäß den YÖK-Kriterien bildeten wichtige Punkte der Diskussionen.<br />
Im Anschluss an das Treffen zeigte sich Prof. Nünning, die Koordinatorin der<br />
Kultur-und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, mit dem Ergebnis der Sitzung<br />
zufrieden und kündigte gegenüber unserer Zeitschrift die weitere Optimierung des<br />
Curriculums an: „Es freut mich sehr, dass die Planung des BA Psychologie so gut<br />
begonnen hat. Bereits im Vorfeld ist viel geleistet worden: Es wurden viele BA-<br />
Studiengänge Psychologie an den bedeutenden türkischen und deutschen<br />
Universitäten ausgewertet, um zentrale Bestandteile des Curriculums zu ermitteln,<br />
die den Studierenden einen optimalen Start für das Berufsleben oder für ein MA-<br />
Studium in der Türkei oder in Deutschland ermöglichen. Dies ist deshalb<br />
außergewöhnlich, weil fast alle bestehenden Studiengänge entweder für eine<br />
Karriere in der Türkei oder in Deutschland vorbereiten. Wir werden das Curriculum<br />
nun mit Hilfe türkischer und deutscher Kollegen weiter optimieren und damit die<br />
Grundlagen dafür schaffen, dass das Rektorat der TDU die entsprechenden Anträge<br />
beim YÖK einreichen kann. Parallel dazu planen wir Aktivitäten, um den<br />
Studiengang bei Kollegen und Studierenden bekannt zu machen. Da alles sehr gut<br />
im Zeitplan liegt, sind wir zuversichtlich, dass der Studiengang im WS 2017/18<br />
starten kann“.<br />
20
<strong>VOKAL</strong><br />
Masterstudiengang Privatrecht<br />
Von Zafer Zeytin,<br />
Dekan der Fakultät für Rechtswissenschaft<br />
Foto: Ü. Bilir<br />
Der Masterstudiengang Privatrecht, der die wichtigsten Erfolge und Gewinne der<br />
türkischen und deutschen Hochschultraditionen im Zusammenhang von Forschung<br />
und Lehre vereinigt und ihr Hauptaugenmerk auf die politischen, sozialen,<br />
wirtschaftlichen und technologischen Entwicklungen auf nationaler und<br />
internationaler Ebene richtet, hat am 09. September 2015 begonnen.<br />
Das Masterprogram Privatrecht sieht eine Studienzeit von zwei Jahren vor. Im<br />
ersten Jahr werden hauptsächlich Lehrveranstaltungen stattfinden und im zweiten<br />
Jahr haben die Studenten dann eine Diplomarbeit zu schreiben. Das Privatrecht<br />
bestimmt beinahe alle Gebiete unseres alltäglichen Lebens. Eine vertiefte<br />
Auseinandersetzung mit dieser Materie hingegen setzt Kenntnisse im deutschen<br />
und schweizerischen Recht voraus. Daher wurde ein Studiengang konzipiert, in dem<br />
die Lehre zu 30 % in deutscher Sprache stattfindet und in dem die Themen aus<br />
verschiedenen Perspektiven behandelt werden. Der Studiengang soll informativ und<br />
zugleich unterhaltsam sein. Das Ziel ist es, den Studenten Kenntnisse auf einem<br />
postgraduierten Niveau zu vermitteln, ihnen Forschungstechniken beizubringen<br />
und ihre praktischen Fähigkeiten zu verbessern.<br />
21
<strong>VOKAL</strong><br />
Foto: G. Kılınç<br />
Mit diesem Studiengang wird bezweckt, den Absolventen jene Fähigkeiten an die<br />
Hand zu geben, die sie benötigen, um ihren Beruf sowohl auf nationaler als auch auf<br />
internationaler Ebene bestens ausüben zu können. Ein weiteres Grundanliegen<br />
dieses Studiengangs ist die Erforschung von Problemen aus der deutsch-türkischen<br />
Perspektive, die im Bereich Privatrecht in<br />
der Lehre und in der Praxis immer wieder<br />
anzutreffen sind.<br />
Erasmus+<br />
Für diesen Studiengang wurden zu<br />
Beginn des Studienjahres verschiedene<br />
Kurse als Wahlfächer von Herrn Prof. Dr.<br />
Zafer Zeytin, Herrn Prof. Dr. Aziz<br />
Taşdelen, Herrn Ass. Prof. İrfan Akın und<br />
Herrn Ass. Prof. Mesut Serdar angeboten.<br />
Zwei Fächer, die von Herrn Prof. Dr.<br />
Philip Kunig und Herrn Prof.Dr. Detlef<br />
Leenen unterrichtet werden, sind<br />
obligatorisch. Diese Akademiker, die<br />
ihre Master- und Promotionsstudien in<br />
Deutschland abgeschlossen haben,<br />
stammen aus der Türkei und aus<br />
Deutschland. Die Studenten, die sich für<br />
den Masterstudiengang Privatrecht<br />
eingeschrieben haben, befinden sich<br />
zurzeit in der letzten Phase des ersten<br />
Semesters. Kurz vor Ende des Semesters<br />
müssen die Studierende eine Hausarbeit<br />
zu einem Thema, das sie vorher<br />
ausgesucht haben, fertigstellen und eine<br />
Präsentation darüber halten.<br />
Die Türkisch-Deutsche Universität hat 3<br />
bilaterale Erasmus-Verträge mit den<br />
Universitäten FU-Berlin, Köln und<br />
Bialystok in Polen. Die Verträge mit der<br />
FU Berlin und Bialystok sind zwischen<br />
den juristischen Fakultäten, der Vertrag<br />
mit der Universität zu Köln besteht<br />
sowohl zwischen den juristischen als<br />
auch zwischen den wirtschafts- und<br />
verwaltungswissenschaftlichen<br />
Fakultäten. Alle Verträge sehen ein<br />
Kontingent von zwei Personen vor.<br />
In naher Zukunft werden unsere<br />
Jurastudenten Iremgül Mansur und<br />
Ozan Emin Halhalli im Rahmen des<br />
Erasmus-Programmes an die FU Berlin<br />
und die Studierenden Yavuz Bahadır<br />
Çınar und Adem Çakman an die<br />
Universität zu Köln gehen.<br />
22
<strong>VOKAL</strong> Erfahrung der Studierenden<br />
Meine persönliche Erfahrung im Masterprogramm an der Türkisch-Deutschen<br />
Universität ist soweit sehr befriedigend. Im Masterprogramm sind wir eine kleine<br />
Gruppe mit 5 Personen. Im Programm wird Privatrecht behandelt. Uns wurden<br />
viele sowohl für die Praxis als auch für die wissenschaftliche Forschung wichtigen<br />
und interessanten Themen angeboten. Wir hatten bei der Wahl der Fächer die<br />
Möglichkeit, uns mit den Professoren über den Inhalt der Kurse zu unterhalten<br />
und haben gemeinsam die für uns hilfreichsten und unseren Bedürfnissen am<br />
meisten entsprechenden Kurse ausgesucht. Mit türkischen Professoren bzw.<br />
Dozenten behandeln wir Kauf- und Konzernrecht der UN, während wir mit<br />
deutschen Professoren die wichtigsten sowie berühmtesten höchstrichterlichen<br />
Entscheidungen aus Deutschland und völkerrechtliche und europäische<br />
Einwirkungen auf das innerstaatliche Recht näher untersuchen. Die Kurse sind<br />
anspruchsvoll und zielen darauf ab, sowohl das theoretische Wissen zu vermitteln<br />
als auch eine Anleitung dazu zu geben, wie dieses theoretische Wissen in der<br />
Praxis anzuwenden ist. Das Arbeitsklima in der Klasse ist sehr angenehm und die<br />
Lehrveranstaltungen sind keine Vorlesungen, die nur das passive Lernen<br />
ermöglichen, sondern es wird über das behandelte<br />
Thema diskutiert. Unsere aktive Teilnahme wird sehr<br />
geschätzt und man wird dazu aufgefordert. Dank<br />
unserer deutschen Professoren, die uns gegenüber<br />
sehr verständnisvoll sind, haben wir die Möglichkeit,<br />
uns einen tiefen Einblick in das deutsche Recht zu<br />
verschaffen. Die deutsche Falllösungsmethodik, die<br />
uns beigebracht wird, ermöglicht uns, unser<br />
nationales Recht aus einer neuen Perspektive zu<br />
betrachten und erweitert unseren beruflichen<br />
Horizont. Die Vorträge, die wir halten müssen, und<br />
„Die deutsche<br />
Falllösungsmethodik,<br />
die uns beigebracht wird,<br />
ermöglicht uns, unser<br />
nationales Recht aus einer<br />
neuen Perspektive zu<br />
betrachten“<br />
Selim Emre Ercan<br />
die Hausarbeiten, die wir aufbekommen, bringen uns die Methodik des<br />
wissenschaftlichen Arbeitens bei. Somit wird nicht nur unser Wissensschatz für<br />
die Praxis erweitert, sondern man lernt durch dieses Masterprogramm auch, wie<br />
man akademisch arbeitet. Ich würde dieses Masterprogramm jedem<br />
weiterempfehlen, der sich im Bereich des Privatrechts fortbilden und das deutsche<br />
Recht näher kennenlernen will.<br />
23
Der Gouverneur von Istanbul<br />
Vasip Şahin<br />
zu Besuch an der TDU<br />
Von Ünal Bilir,<br />
Kultur-und Kommunikationswissenschaften<br />
Der Gouverneur von Istanbul, Vasip Şahin, besuchte am 15. Dezember 2015 die<br />
Türkisch-Deutsche Universität (TDU) und kam mit den Studierenden der<br />
rechtswissenschaftlichen Fakultät zusammen. Auf Einladung des Rektorats der TDU<br />
hielt der Gouverneur Şahin im Beisein des Rektors Halil Akkanat sowie der<br />
Akademiker einen Vortrag und schilderte die Visionen und Chancen eines<br />
Jurastudiums bezüglich einer Karriere im Staatsdienst.<br />
Gleich nachdem er durch den Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät, Prof. Dr.<br />
Zafer Zeytin, vorgestellt worden war, betrat der Gouverneur Şahin das Rednerpult und<br />
informierte das Publikum zunächst über die Bedeutung und Aufgaben der<br />
Gouverneure im politischen System der Türkei. Bezüglich der beruflichen Perspektive<br />
künftiger Juristen schilderte er die Möglichkeiten im bürokratischen System des<br />
Landes und gab Empfehlungen für eine Karriere im Staatsdienst.<br />
24
„Die TDU wurde<br />
infolge eines<br />
Staatsvertrages<br />
zwischen den<br />
beiden Ländern<br />
gegründet und ist<br />
eine Universität,<br />
die sowohl für den<br />
türkischen als auch<br />
für den deutschen<br />
Staat von hoher<br />
Bedeutung ist”<br />
Als das wichtigste Erfolgsrezept eines Juristen nannte Şahin die fundierten Kenntnisse<br />
über die Grundbegriffe des Rechts und die Kenntnis der durch diese Begriffe<br />
vermittelten Werte. Er unterstrich auch die Bedeutung der Praxis und machte auf die<br />
Unterschiede zwischen dem theoretischen Wissen und der Problemlösung mit<br />
folgenden Worten aufmerksam: “Zunächst müssen Sie die Werkzeuge, die Sie<br />
benutzen werden, sehr gut kennen. Ihre praxisorientierte Ausbildung wird dabei<br />
behilflich sein. Denken Sie nicht, dass jedes Wissen, das Sie im Studium erwerben,<br />
nach Ihrem Abschluss gleichermaßen Verwendung findet, sodass Sie deshalb unsicher<br />
sind und das Gefühl haben, nicht ausreichend ausgebildet worden zu sein. Nicht jedes<br />
Wissen aus dem Studium werden Sie im Leben unbedingt brauchen.”<br />
Auf die Frage eines Studenten ging der Gouverneur Şahin auf die Bedeutung und<br />
besondere Lage der TDU ein und führte die Wichtigkeit der TDU als ein<br />
Leuchtturmprojekt der deutsch-türkischen Hochschulkooperation folgendermaßen vor<br />
Augen: “Während der Gründungsphase der Türkisch-Deutschen Universität war in ich<br />
Ankara. Obwohl ich die Gründungsphase und Ziele der TDU nicht näher verfolgt<br />
habe, wurde ich jedoch ein Zeuge ihrer Geburtsstunde. Die TDU wurde infolge eines<br />
Staatsvertrages zwischen den beiden Ländern gegründet und ist eine Universität, die<br />
sowohl für den türkischen als auch für den deutschen Staat von hoher Bedeutung ist”.<br />
Şahin sieht diese Bedeutung als Chance für die Studierenden und als einen Garant<br />
dafür, dass sich die TDU in kurzer Zeit zur einer der populärsten Universitäten der<br />
Türkei etablieren wird.<br />
25
Selbst das vom türkischen Staat zur Verfügung gestellte Grundstück sei ein Privileg<br />
und zeige die Bedeutung der TDU, die ihr durch den türkischen Staat zuteil werde.<br />
“Deshalb sind sowohl die Investitionen für Ihre Ausbildung als auch die Erwartungen<br />
an Sie dementsprechend groß. Zunächst werden Sie sehr gut ausgebildet und sehr gut<br />
auf die Zukunft vorbereitet. Aus diesem Grund werden die Absolventen der<br />
rechtswissenschaftlichen Fakultät sowohl in der Praxis als auch in der akademischen<br />
Forschung im Vorteil sein. Sie müssen wissen, dass die Erwartungen des Staates und<br />
Volkes an Sie sehr hoch sind”, fuhr Şahin in seiner Ansprache an die Studierenden fort.<br />
Am Ende seines Vortrages informierte der Gouverneur von Istanbul auch über die<br />
spezifischen, bürokratischen Schwierigkeiten hinsichtlich der Baumaßnahmen auf dem<br />
Campus der TDU. Er versicherte den Studierenden, dass sie sobald wie möglich<br />
moderne Lehrräume bekommen werden und lobte in diesem Zusammenhang die<br />
Mühe und konstante Arbeit der Leitung der TDU.<br />
Der Auftakt der Vortragsreihe mit dem Titel “Karrieretalk“ wurde vom Dekanat der<br />
rechtwissenschaftlichen Fakultät organisiert und hatte das Ziel, die führenden<br />
Wissenschaftler, Politiker und Bürokraten aus der Türkei und Deutschland mit den<br />
Studierenden der TDU zusammenzubringen und diesen bezüglich ihrer beruflichen<br />
Perspektive neue Horizonte zu öffnen. In diesem Zusammenhang wurde der<br />
Gouverneur von Istanbul, Vasip Şahin, als erster Gastredner eingeladen. Şahin<br />
übernahm nach dem Abschluss seines Jurastudiums an der Istanbul Universität<br />
wichtige Leitungsaufgaben in den schwierigeren Regionen der Türkei und wurde am<br />
15. September 2014 zum Gouverneur von Istanbul ernannt. Fotos: Gülten Kılınç<br />
26
<strong>VOKAL</strong><br />
Erfahrung spricht<br />
ThyssenKrupp CEO Çetin Nazikkol<br />
an der TDU<br />
Von Hüseyin Hayri Nuroğlu,<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Studiengang „BWL“<br />
ThyssenKrupp Türkei CEO Çetin Nazikkol war zu Gast an der Türkisch-Deutschen<br />
Universität und hielt einen Vortrag. Die Veranstaltung begann mit der Begrüßung<br />
und Vorstellung des Gastes durch den TDU-Stiftungsvorsitzenden Emre Can.<br />
Dieser wandte sich anschließend an den Rektor, den Universitätskoordinator, die<br />
Professoren und Studierenden: “Heute haben wir einen der besten Manager von<br />
ThyssenKrupp zu Gast. Er ist nicht nur zuständig für die Türkei, sondern auch für<br />
den Nahen Osten und den gesamten afrikanischen Kontinent. Unser Gast hat einen<br />
ähnlichen Hintergrund wie einige von Ihnen. Er ist Sohn eines Gastarbeiters in<br />
Deutschland.”<br />
27
<strong>VOKAL</strong><br />
“Als ich<br />
von der<br />
Gründung<br />
der TDU in<br />
Istanbul<br />
gehört<br />
habe,<br />
habe ich<br />
gesagt<br />
“super<br />
Idee”<br />
Zu Beginn seines Vortrages verdeutlichte Nazikkol seinen Zuhörern, dass er die<br />
TDU bereits ein wenig kennengelernt habe - was ihm besonders gefallen habe, sei,<br />
dass hier Menschen tätig sind, die eine Vision haben. “Als ich von der Gründung der<br />
TDU in Istanbul gehört habe, habe ich gesagt “super Idee”. Derzeit ist die<br />
Universität noch klein, aber der dahinter stehende Gedanke ist riesig. Das war<br />
damals Vision. Vision, Leidenschaft und Engagement. Ich bin nicht hier, um über<br />
ThyssenKrupp zu sprechen, sondern alles, was ich weiß und fast 50 Jahre gelernt<br />
habe, mit Ihnen zu teilen. Ich lese viel, weil ich immer wissen wollte, warum sind<br />
die Dinge, wie sie sind, was sind die Hintergründe, was sind die Aktionen, die ich<br />
unternehmen kann?<br />
Der ThyssenKrupp-Konzern ist mehr als 200 Jahre alt, und das Unternehmen hat<br />
eine beeindruckende Geschichte. ThyssenKrupp bestand ursprünglich aus zwei<br />
Unternehmen, Thyssen und Krupp. Beide waren Familienunternehmen und waren<br />
Wettbewerber in der gleichen Stadt. Im Jahr 1999 hat Thyssen Krupp erworben - am<br />
Ende von Verhandlungen, die drei Jahre dauerten. Der Konzern beschäftigt 160.000<br />
Mitarbeiter weltweit, davon 600 in der Türkei. Das Unternehmen erzielt 400 Mio.<br />
Umsatz in der Türkei. Innerhalb des ThyssenKrupp-Konzerns gibt es ca. 600<br />
Unternehmen, und die stellen nicht nur Fahrtreppen und Aufzüge her. Wir sind sehr<br />
stark in der Automobilindustrie sowie in elektronischen Lenksystemen, im Bereich<br />
Energie bzw. Windturbinen. 60% der Fahrtreppen und Aufzüge in den U-Bahn-<br />
Stationen von Istanbul sind von ThyssenKrupp.<br />
Wofür mache ich das? Ingenieurwesen ist sehr wichtig. Um einen Unterschied zu<br />
machen, muss man sehr, sehr gut sein, was die Technologie angeht – aber es gibt<br />
noch etwas, das viel wichtiger ist: Ich muss verstehen, was der Kunde haben<br />
möchte, was der Markt will. Im Grunde genommen muss ich verstehen, was die<br />
Probleme der Menschheit sind.<br />
28
<strong>VOKAL</strong><br />
Wie kann ich mit einer Technologie eine Lösung entwickeln für die Probleme der<br />
Menschheit? Das ist noch wichtiger als die Technologie selbst. Ich habe mir dieselbe<br />
Frage gestellt, als ich im Labor arbeitete. Wofür mache ich das? Alleine die<br />
Technologie reicht nicht. Man muss auch mit den Betriebswirten eng<br />
zusammenarbeiten.<br />
Das ist sehr wichtig, dass Sie ein stabiles theoretisches Fundament haben. Eine<br />
Sache richtig, systematisch, tief, bis zum Ende durchführen. Aber ein Diplom allein<br />
sagt gar nichts. Nehmen Sie keine passive Rolle ein. Nein, wir wollen die Welt<br />
verbessern!”<br />
Dr. Nazikkol fragte die Studierenden, wie sie Erfolg definieren würden.<br />
Anschließend führte er aus: “Wir müssen genau wissen: Was tut uns gut? Erfolg<br />
wird anders gemessen. Erfolg ist nicht Karriere, ist nicht Geld. Erstens: Warum<br />
machen wir das, was ist unsere Motivation? Zweitens: Vertrauen. Vertrauen ist<br />
enorm wichtig und viel wertvoller als Geld und jede Position der Welt. Drittens: Wir<br />
leben in einer Welt, die sehr stark vernetzt ist, und Sie müssen in der Lage sein zu<br />
kommunizieren. Diese drei Faktoren sind wichtig, aber Sie müssen sie mit einer<br />
Vision ergänzen. Positives Denken ist auch wichtig, aber das geht nicht ohne einen<br />
gesunden Körper. Ethisches Verhalten ist ein weiterer bedeutender Wert. Wenn Sie<br />
etwas durchsetzen wollen, müssen Sie es 10.000 Mal üben. Das ist nicht nur die<br />
Essenz, ein erfolgreicher Unternehmer zu sein - aus meiner Sicht ist das die Essenz,<br />
ein richtiger Mensch zu sein!”<br />
Fotos: Gülten Kılınç<br />
29
<strong>VOKAL</strong><br />
Partner im Fokus<br />
Die Universität<br />
zu Köln<br />
Als forschungsstarke Volluniversität bietet die Universität zu Köln ein breites Spektrum<br />
an Disziplinen von den Wirtschafts-, Sozial- und Rechtswissenschaften über Geistes- und<br />
Naturwissenschaften, Medizin und Mathematik bis hin zu Humanwissenschaften.<br />
Foto: J. Willebrand<br />
30
<strong>VOKAL</strong><br />
Die ca. 51.000 Studierenden profitieren von einem vielfältigen und interdisziplinären<br />
Studienangebot, das auch Doppelabschlüsse mit renommierten internationalen<br />
Partneruniversitäten beinhaltet und speziell im Lehramtsstudium eine einzigartige<br />
Kombinierbarkeit aufweist. Der wissenschaftliche Nachwuchs wird durch die<br />
Graduiertenschulen, wie der internationalen a.r.t.e.s. Graduiertenschule der<br />
Geisteswissenschaften oder der gemeinsam mit der Universität Bonn geführten<br />
Graduiertenschule für Physik und Astronomie, gefördert und profitiert u.a. von den<br />
Clustern für Spitzenforschung, CECAD und CEPLAS, mit den jeweiligen<br />
Schwerpunkten in der Alterns- und Pflanzenforschung.<br />
Foto: F. Stürtz<br />
Weiterhin erhielt die Universität 2012 im Rahmen der<br />
Hochschul-Exzellenzinitiative den Exzellenzstatus und<br />
kann sich damit zum Kreis der deutschen Hochschulen<br />
zählen, die sich durch besondere Qualität im Universitätsund<br />
Wissenschaftsbereich auszeichnen.<br />
Eingebettet in die im Herzen Europas gelegene<br />
Metropolregion Rheinland bieten sich der Universität zu<br />
Köln vielfältige Vernetzungsmöglichkeiten mit der<br />
Wirtschaft und anderen Wissenschaftseinrichtungen,<br />
während Wissenschaftler/innen und Studierende von den<br />
hervorragenden Lebens- und Arbeitsbedingungen profitieren.<br />
Die ca. 51.000 Studierenden der<br />
Universität zu Köln profitieren von<br />
einem vielfältigen und<br />
interdisziplinären Studienangebot<br />
in der im Herzen Europas<br />
gelegene Metropolregion<br />
Rheinland<br />
31
<strong>VOKAL</strong><br />
International vernetzt:<br />
Beziehungen zu türkischen<br />
Universitäten<br />
Das internationale Netzwerk der Universität zu Köln ist<br />
mit ca. 70 universitätsweiten Hochschulpartnerschaften<br />
und etwa 500 Austauschpartnerschaften auf<br />
Fakultätsebene sehr ausgedehnt und gut etabliert. Die<br />
Kooperation mit türkischen Universitäten, sowohl auf<br />
der Ebene der Studierenden als auch der Forschenden,<br />
stellt ein wichtiges Element dieses internationalen<br />
Netzwerkes dar. Mehrere Fakultäten pflegen enge<br />
Kontakte und Austauschprogramme zu türkischen<br />
Universitäten. Neben der Türkisch-Deutschen<br />
Universität (TDU) zählen u.a. Koc University, Sabanci<br />
University, Istanbul Üniversitesi, Middle East Technical<br />
University sowie Bilgi University zur Liste der türkischen<br />
Partneruniversitäten. Die juristische Fakultät bietet<br />
zudem einen deutsch-türkischen Bachelorstudiengang<br />
Rechtswissenschaften mit der Istanbul Kemerburgaz<br />
Universität sowie einen Masterstudiengang „Deutsches<br />
und Türkisches Wirtschaftsrecht“ mit der Istanbul Bilgi<br />
Universität an.<br />
Die Universität zu Köln hält<br />
für die TDU eine besondere<br />
Stellung, da sie<br />
die Federführung für den Aufbau<br />
der Wirtschafts- und<br />
Verwaltungswissenschaftlichen<br />
Fakultät der TDU<br />
für die deutsche Seite<br />
übernommen hat.<br />
Aufbau der TDU: Von Anfang an dabei<br />
Seit Gründung des Konsortiums der TDU ist die<br />
Universität zu Köln am Aufbau der TDU beteiligt und<br />
hat für die deutsche Seite die Federführung für den<br />
A u f b a u d e r W i r t s c h a f t s - u n d<br />
Verwaltungswissenschaftlichen Fakultät der TDU<br />
übernommen. Prof. Wolfgang Wessels ist dabei als<br />
Projektverantwortlicher und Vizepräsident des<br />
Konsortiums in enger Zusammenarbeit mit den<br />
türkischen Kolleginnen und Kollegen bei der<br />
Durchführung und Lehre der Studiengänge an der<br />
Fakultät engagiert.<br />
Seit 2013 läuft bereits der Lehrbetrieb im englischsprachigen Masterprogramm<br />
„European and International Affairs“ und zu diesem Wintersemester hat auch der<br />
Bachelorstudiengang „Politikwissenschaft und Öffentliche Verwaltung“ mit der Lehre<br />
begonnen. Ebenfalls an der Fakultät angesiedelt ist der Bachelorstudiengang BWL,<br />
welchen für die Westfälische Wilhelms-Universität Münster Prof. Klaus Backhaus von<br />
deutscher Seite koordiniert.<br />
32
<strong>VOKAL</strong><br />
Foto: G. Kılınç<br />
Austauschabkommen mit Köln<br />
Um weitere Kooperationen mit türkischen Universitäten anzuregen und die<br />
bestehenden zu vertiefen, reiste der Rektor der Universität Köln, Prof. Dr. Axel<br />
Freimuth, im April 2015 mit einer Delegation in die Türkei. Im Rahmen dessen<br />
besuchte die Delegation führende Universitäten in Ankara und Istanbul, um über<br />
zukünftige Kooperationen im Hochschulbereich zu diskutieren sowie existierende<br />
Zusammenarbeiten weiter auszubauen.<br />
Der Besuch der Türkisch-Deutschen Universität in Istanbul stellte einen wichtigen<br />
Schwerpunkt der Reise dar. Auch der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Köln,<br />
Jürgen Roters, begleitete die Kölner Delegation bei diesem Besuch. Höhepunkt der<br />
Zusammenkunft an der TDU war die Übergabe eines Gastgeschenks: ein Erasmus-<br />
Abkommen zwischen der TDU und der Universität zu Köln, welches von Herrn Prof.<br />
Axel Freimuth und Herrn Prof. Halil Akkanat, Rektor der TDU, unterzeichnet wurde.<br />
Außerdem vereinbarten die beiden Rektoren weitere Kooperationsprojekte, wie die<br />
Planung einer Sommerschule in Köln für die erste Kohorte von Studierenden des<br />
Bachelor Politikwissenschaft und Öffentliche Verwaltung oder die Einladung einer<br />
Verwaltungsmitarbeiterin aus dem internationalen Büro der TDU nach Köln durch das<br />
International Office.<br />
Im Rahmen dieser Kooperationsvereinbarungen war Frau Sema Engür, Mitarbeiterin<br />
des Büros für Internationale Beziehungen der TDU und Erasmus-Koordinatorin zu<br />
einem einmonatigen Aufenthalt in Köln (Mitte September bis Mitte Oktober). Sie<br />
führte zahlreiche Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen im International Office und<br />
im Zentrum für Internationale Beziehungen der Rechtswissenschaftlichen Fakultät<br />
und besuchte einen vierwöchigen Sprachkurs im Lehrbereich "Deutsch als<br />
Fremdsprache".<br />
Text: Die Universität zu Köln<br />
33
<strong>VOKAL</strong><br />
Erfahrungsbericht<br />
Ein Jahr<br />
in Köln<br />
Die TDU-Studentin Ceyda<br />
Meriç studierte für zwei<br />
Semester an der Universität zu<br />
Köln Politikwissenschaften,<br />
bevor sie zum laufenden<br />
Wintersemester 2015/16 ihr<br />
Studium an der TDU<br />
aufgenommen hat. Unsere<br />
Reporterin besuchte die<br />
Studentin Meriç und befragte<br />
sie über ihre Eindrücke im<br />
politikwissenschaftlichen<br />
Studium in Köln.<br />
34
<strong>VOKAL</strong><br />
Die Absolventen der deutschsprachigen Gymnasien, die die Sprachprüfung für<br />
das Studium an der TDU direkt nach ihrer Zulassung bestehen, erhalten die<br />
Möglichkeit, zwei Semester an den Partneruniversitäten in Deutschland zu<br />
s t u d i e r e n , w ä h r e n d d i e a n d e r e n S t u d i e r e n d e n s i c h i n d e r<br />
Deutschvorbereitungsklasse auf die DSH-Prüfung vorbereiten.<br />
Die TDU-Studentin Ceyda Meriç studierte für zwei Semester an der Universität<br />
Köln Politikwissenschaften, bevor sie zum laufenden Wintersemester 2015/16<br />
ihr Studium an der TDU in Istanbul aufgenommen hat. Die Absolventin eines<br />
deutschsprachigen Gymnasiums bestand bereits vor einem Jahr direkt nach ihrer<br />
Zulassung für das Studium die Sprachprüfung. Aus diesem Grund hatte sie die<br />
Möglichkeit, an der Universität zu Köln unter Betreuung des Lehrstuhls von Prof.<br />
Wessels zwei Semester zu studieren. Ihr Ziel ist es, an der TDU einen<br />
Doppelabschluss in Jura und Politikwissenschaften abzulegen, weshalb sie<br />
derzeit sowohl Vorlesungen der Politikwissenschaften als auch der<br />
Rechtswissenschaften besucht.<br />
Die Reporterin der Zeitschrift Vokal besuchte die<br />
Studentin Meriç und befragte sie über ihre<br />
Eindrücke vom politikwissenschaftlichen Studium<br />
an der Universität zu Köln. Vom Studium in Köln<br />
habe sie sehr profitiert, so resümiert Meriç die<br />
Erfahrung ihres Auslandstudiums. Über ihren<br />
Aufenthalt in Köln spricht sie sehr positiv und<br />
„Die schöne Stadt Köln<br />
und die vielen Erfahrungen<br />
des Universitätslebens<br />
dort werde ich nie in<br />
meinem Leben vergessen“<br />
erklärt folgendes: „Die zwei Semester in Köln waren nicht nur in akademischer<br />
Hinsicht, sondern auch in einem weiteren Sinne lehrreich für mich. Ich habe sehr<br />
viele Erfahrungen gesammelt, die mich sowohl als Studentin als auch als Person<br />
weiterentwickelt haben.“<br />
Laut der Studentin war das Studium im Fach Politikwissenschaften zwar<br />
anspruchsvoll, aber die Lehrveranstaltungen haben ihr Spaß gemacht: „Seien es<br />
die Tutoren und Dozenten oder Assistenten und Studenten – alle waren immer<br />
sehr nett und haben mir geholfen, wenn ich Fragen hatte. Der Inhalt der<br />
Seminare und Vorlesungen war zwar sehr umfangreich und ich musste viel<br />
lernen, aber mir hat besonders gefallen, dass mir beigebracht wurde,<br />
Fragestellungen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten“. Auch die Stadt<br />
Köln und das Campusleben der Universität waren für die Studentin Meriç sehr<br />
beeindruckend: “Die schöne Stadt Köln und die vielen Erfahrungen des<br />
Universitätslebens dort werde ich nie in meinem Leben vergessen. Dafür will ich<br />
mich auch beim DAAD besonders bedanken, weil ich während meines Studiums<br />
durch ein Stipendium unterstützt wurde“. Interview-Fotos: Hanna-Lisa Hauge<br />
35
<strong>VOKAL</strong><br />
INNOVATIONSTAGE IN ISTANBUL<br />
Von Abdullah Enes Kurt und Turgut Paşahan<br />
BA-Studenten im Fach „Technik Mechatronischer Systeme“<br />
Die Studierenden des Faches „Technik Mechatronischer Systeme“<br />
an der Türkisch-Deutschen Universität (TDU) haben am 3.<br />
Dezember 2015 die Innovationswoche im Istanbuler Kongress<br />
Zentrum besucht. Die Innovationsmesse wurde in Kooperation mit<br />
dem Türkischen Exportgemeinderat (Türkiye İhracatçılar Meclisi)<br />
und dem Ministerium für Wirtschaft organisiert und diente dazu<br />
Studierende, Politiker, Lehrende sowie auch andere Bürger über die<br />
innovativen Lösungen im Bereich der Wissenschaft, Technologie,<br />
Marketing, Forschung&Entwicklung und Energie zu informieren.<br />
Die Innovationswoche<br />
der Türkei fand am<br />
3.-5. Dezember 2015<br />
im Istanbuler Kongress<br />
Zentrum statt.<br />
36
<strong>VOKAL</strong><br />
N e b e n Po l i t i ke r n , C E O ’ s u n d<br />
zahlreichen Wissenschaftlern nahmen<br />
auch führende Innovationsexperten<br />
wie Peter Hesseldahl, Chris Austin<br />
Hadfield und Dale Dougherty an der<br />
Veranstaltung teil und präsentierten<br />
ihre prägenden Forschungs- und<br />
Produktionsergebnisse.<br />
Während das Hauptmotto der Messe:<br />
„Veränderungen herbeiführen um die<br />
Zukunft zu gestalten“ war,<br />
interessierten sich die Studierenden<br />
des Faches „Technik Mechatronischer<br />
Systeme“ auch für die Veranstaltungen<br />
über Themen wie „Können wir durch<br />
Technologie das Leben der Menschen<br />
verändern“, „Modernes Designen<br />
durch Innovation“, „Innovatives<br />
D e n ke n“ , „ N e u e Vi s i o n e n d e s<br />
Unternehmertums“. Insbesondere die<br />
von Dave Blang (Twente Universität)<br />
vorgestellte „Nanotechnologie“ und<br />
die „Erfolgsgeschichten der Ungewöhnlichen Frauen“ lagen im<br />
Zentrum des Interesses der Studierenden der TDU. Die<br />
Nanotechnologie ist ein breites Gebiet, welches sich ständig<br />
weiterentwickelt, weshalb auch sehr viele neue Firmen gegründet<br />
werden. Mit Hilfe von Nanotechnologie kann bei niedrigeren Kosten<br />
mehr Produktion gewährleistet werden. Es war das Ziel von Dave<br />
Blang, dem Publikum durch seinen Vortrag eine andere Perspektive<br />
zu dem Thema zu geben.<br />
„Veränderungen<br />
herbeiführen um die<br />
Zukunft zu gestalten“<br />
war das Hauptmotto<br />
der Messe.<br />
Zum Thema „Ungewöhnliche Frauen“ präsentierten die jungen<br />
Wissenschaftlerinnen Binnur Görer (Boğazici Universität), Canan<br />
Dağdeviren (Harvard Universität) und Inside Sales Spezialistin<br />
Duygu Kayaman ihre Beiträge zu aktuellen innovativen<br />
Technologien. Binnur Görer beschäftigt sich mit Robotern, die<br />
gymnastische Übungen an Patienten ausüben. Ziel dieses Projektes<br />
ist es menschliche Bewegungen zu erkennen und zu speichern, um<br />
diese gespeicherten Übungen später mit Hilfe künstlicher<br />
Intelligenz und im Gespräch mit Patienten ausüben zu lassen.<br />
37
<strong>VOKAL</strong><br />
Die Studierenden der TDU (von links nach rechts): Turgut Paşahan, Yeliz Subaş, Mert İmekci,<br />
Cansu Tanrıkulu, Abdullah Enes Kurt, Selcan Savran, Samet Erdem und Oğuzhan Memişoğlu<br />
Dr. Canan Dağdeviren erlangte Bekanntschaft in den USA durch ihre Entwicklung eines<br />
Herzschrittmachers. Dieser ist zwar noch in der Entwicklungsphase, soll aber die<br />
jetzigen großen, batteriebetriebenen Schrittmacher, die eine Lebensdauer von 5-7 Jahren<br />
haben, durch einen papierförmigen, 100-fach dünneren Aufkleber ersetzen, welcher<br />
ohne Batterie funktioniert und somit eine lebenslange Funktion ermöglicht. Duygu<br />
Kayaman, die seit dem Alter von zweieinhalb Jahren in Folge einer Krankheit<br />
sehbehindert ist, hat trotz allem einen großen Erfolg in ihrem Berufsleben erreicht. In<br />
einem jungen Alter wurde sie Mitglied der Young Guru Academy (YGA) und hat die<br />
Entwicklung von dem Smartphone App Hayal Ortağım (Mein Traum-Partner) geleitet.<br />
Diese App ermöglicht es blinden Menschen, ihre täglichen Nachrichten, Zeitungen,<br />
Horoskope, E-Books etc. als Hörbuch abzuspielen. Somit wird ihr Lebensstandard<br />
erhöht und auf eine Ebene mit der übrigen Gesellschaft gebracht.<br />
Die Studierenden der TDU waren von den Vorträgen insgesamt sehr beeindruckt, zumal<br />
es besonders interessant war, solche technologischen Fortschritte von den Entwicklern<br />
selbst zu hören. Die Innovationswoche diente auch dazu, andere Firmen an ihren<br />
Ständen wo ihre Projekte vorgestellt wurden, näher kennenzulernen. Im Auftrag von der<br />
Vokal-Redaktion haben wir die Studierenden des Faches „Technik Mechatronischer<br />
Systeme“ über ihren Messebesuch befragt und ihre Eindrücke kurz zusammengestellt.<br />
„Die Entwicklung der Innovation ist wichtig, weil sie unser<br />
Cansu Tanrıkulu Leben einfacher macht. In allen Bereichen, von den Textilien die<br />
wir tragen, bis hin zum Haus, in dem wir wohnen, oder der<br />
Medizin kann man von Innovation reden. Durch die Globalisierung und das verfügbare<br />
Wissen besteht Wettbewerb zwischen den Unternehmen und dieser Wettbewerb führt<br />
zu einer positiven Weiterentwicklung der Innovation. An dieser Messe haben mir<br />
besonders die Projekte gefallen, die von den verschiedenen Universitäten vorgestellt<br />
wurden. Dass die Studierenden in meinem Alter solche Projekte machen, hat mich auch<br />
dazu motiviert an solchen Projekten mitzuarbeiten. Ich fand alle drei Frauen interessant,<br />
da sie alle drei einen gemeinsamen Punkt haben: Probleme aus ihrem eigenen Leben mit<br />
Hilfe von Technologie zu überwinden“.<br />
38
<strong>VOKAL</strong><br />
„Die Bedeutung von Innovation ist, dass man bereits vorhandene<br />
Selcan Savran<br />
Sachen und Erfindungen aus dem Alltag verbessert, indem man<br />
sich einen anderen Lösungsweg überlegt und nicht nur die schon<br />
vorhandenen Wege wiederholt. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist innovativ<br />
weiterzuentwickeln. Durch Innovationen wird unser Lebensstandard erhöht und<br />
verbessert. Bei der Konferenz „Außergewöhnliche Frauen“ hat mir besonders gut<br />
gefallen, dass diese Frauen weltweit arbeiten und anerkannt werden. Außerdem fand ich<br />
gut, dass diese Frauen sich alleine hochgearbeitet haben und sich nicht von den<br />
Hindernissen in ihrem Leben beeinträchtigt haben lassen. Am beeindruckendsten war<br />
für mich Canan Dağdeviren, da sie immer das Ziel vor Augen hatte, die Welt etwas<br />
besser zu machen. Dabei versuchte sie immer etwas gegen die Krankheiten in ihrer<br />
Familie zu finden“.<br />
„Ich denke,<br />
Yeliz Subaş dass die neuen<br />
Technologien<br />
einen sehr großen Einfluss auf die<br />
Art und Weise der Lebensführung<br />
von Menschen haben werden.<br />
Ganz besonders hat mir die<br />
Konferenz von Futurist Peter<br />
H e s s e l d a h l g e f a l l e n . D e r<br />
Themenbereich war hauptsächlich<br />
Smart Homes, wobei es um<br />
Produkte geht, die zum Teil<br />
virtuell und physisch sind. Smart<br />
Homes hatten wir auch schon mal<br />
an der Türkisch-Deutschen<br />
Universität auf dem Programm<br />
u n d d e s w e g e n f a n d i c h e s<br />
interessant, die Neuigkeiten<br />
darüber zu hören. Unter den<br />
innovativen Frauen fand ich auf<br />
jeden Fall Duygu Kayaman gut,<br />
d e n n t r o t z i h r e r B l i n d h e i t<br />
studierte sie Psychologie, ist ein<br />
Mitglied von der Young Guru<br />
Academy und arbeitet bei Microsoft. Sie ist auch sehr aktiv in Projekten und Vereinen,<br />
die Menschen mit Behinderungen unterstützen. Duygu Kayaman ist wirklich eine sehr<br />
bewundernswerte Dame“.<br />
Fotos: Turgut Paşahan<br />
39