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Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7720 Am 29. Dezember 2007 trat das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz vom 20. Dezember 2007 (GVBl. S. 256) in Kraft, dessen Geltung auf fünf Jahre befris - tet war. Es verwies weitgehend auf das IFG des Bundes, ohne eine Landesbeauftragte oder einen Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit vorzusehen. Der Evaluationsbericht bezieht sich auf die Jahre 2008 bis 2010. In diesen drei Jahren gab es 606 antragstellende Personen. 9,82 % der Anträge wurden abgelehnt und 13,53 % wurden teilweise abgelehnt. Thematische Schwerpunkte waren insbesondere Umweltrecht (27,39 %), Polizei- und Ordnungsrecht (18,31 %) und Baurecht (15,61 %). 86,62 % der Anfragen wurden bei den Kommunen gestellt. Der durchschnittliche Zeitaufwand pro Antrag betrug 319 Minuten. Im Laufe des Jahres 2008 trat in Sachsen-Anhalt das Informationszugangsgesetz Sachsen-Anhalt (IZG LSA) vom 19. Juni 2008 (GVBl. S. 242) in Kraft. Zur retrospektiven, auf den Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis einschließlich 30. September 2013 gerichteten Gesetzesfolgenabschätzung wurde ein Evaluierungsbericht vorgelegt (LT-Drs. 6/4288). Danach wurden insgesamt 327 Anträge gestellt, was umgerechnet 29 Anträge pro einer Million Einwohner pro Jahr entspricht. 79,5 % der Anträge wurden bei den Kommunen gestellt. Am 1. Februar 2009 trat in Rheinland-Pfalz das Landesinformationsfreiheits - gesetz (LIFG) vom 26. November 2008 (GVBl. S. 296) in Kraft. Die Anwendung in der Zeit bis zum 30. September 2011 wurde evaluiert (Ziekow/Sicko/Piesker, Evaluation des Landesgesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen, 2012). Danach wurden in den knapp drei Jahren insgesamt 896 Anträge gestellt, die in 12,8 % der Fälle abgelehnt wurden. 88,7 % der Anfragen bezogen sich auf konkrete Verwaltungsvorgänge, wovon die meisten Anfragen Steuern, Haushalt, Finanzen (31,7 %), Bauordnungsrecht und Erschließung (18,7 %) sowie Vergaberecht und unternehmerische Tätigkeit privater Unternehmer (8,3 %) betrafen. 45,9 % der Anfragen wurden bei den Kommunalverwaltungen gestellt. Die gesammelten Erfahrungen belegen, dass einerseits für ein verfahrensunabhängiges Informationszugangsrecht ein Bedarf existiert und andererseits die öffent - lichen Stellen durch dieses neue Instrument unter dem Gesichtspunkt des Verwaltungsaufwandes nicht übermäßig belastet werden. Die Gewährung des verfahrensunabhängigen Informationszugangs trägt zu einem deutlichen Zugewinn an Transparenz in den Verwaltungen und zugleich zu einer Förderung des Interesses der Bürgerinnen und Bürger an dem, was in „ihrer“ Verwaltung geschieht, bei. Trotz der zumeist sehr ähnlichen gesetzlichen Ausgestaltung der evaluierten Regelungen sind aber auch erhebliche Unterschiede erkennbar. Die Antragszahlen waren – auch in Relation zur Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner des Bundeslandes – sehr unterschiedlich. Weiter schwankt der Anteil der bei den Kommunen gestellten Anträge zwischen 45,9 % (Rheinland-Pfalz) und 86,62 % (Thüringen) sehr erheblich. Um also feststellen zu können, ob auch in Baden- Württemberg die mit dem Landesinformationsfreiheitsgesetz angestrebten Ziele tatsächlich erreicht werden und welche sonstigen Auswirkungen sich ergeben werden, soll das Gesetz nach Ablauf von fünf Jahren evaluiert werden. Nennenswerte Auswirkungen auf die Zielbereiche „Klimawandel“, „Ressourcenverbrauch“, „Biologische Vielfalt“, „Ökologische und soziale Modernisierung der Wirtschaft“, „Chancengerechtigkeit“, „Kulturelle Vielfalt und Integration“, „Legitimation“, „Demografischer Wandel“, „Bildungs- und Wissensgesellschaft“, „Globalisierung“ sowie „Sonstige Auswirkungen“ werden nicht gesehen. V. Finanzielle Auswirkungen Ob und ggf. in welcher Höhe Kosten entstehen, hängt vor allem von der Zahl der Anträge und dem organisatorischen Aufwand der Informationsaufbereitung und -veröffentlichung für die informationspflichtigen Stellen ab. Außerdem kann der durch die Antragsbearbeitung entstehende Aufwand weitgehend durch Gebühren- 16

Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 7720 und Auslagenerhebungen von den antragstellenden Personen reduziert beziehungsweise im kommunalen Bereich kompensiert werden. Für die Privatwirtschaft und für private Haushalte ergeben sich lediglich bei Stellung von Anträgen geringfügige Kosten für die Entrichtung von Gebühren und Auslagen. Durch dieses Gesetz wird das Konnexitätsprinzip nach Artikel 71 Absatz 3 der Landesverfassung (LV) nicht ausgelöst, weil es zu keinen wesentlichen Mehrbelastungen der Gemeinden oder Gemeindeverbände führt. Das Gesetz verursacht nur insoweit zwangsläufig zusätzliche Kosten, als nach Artikel 1 § 10 Absatz 2 gebühren- und auslagenfrei über die voraussichtliche Höhe der Kosten eines Antrages vorab gebühren- und auslagenfrei zu informieren ist. Im Übrigen kann ein Ausgleich für die Kosten der Antragsbearbeitung vollständig nach dem jeweils maßgebenden Gebührenrecht erreicht werden. Mittel- bis langfristig kann davon ausgegangen werden, dass das Prinzip der Öffentlichkeit der Verwaltung zu einer besseren Akzeptanz verwaltungsbehördlicher Entscheidungen führt, sodass Nachfragen, Beanstandungen und Beschwerden aufgrund der Möglichkeiten eines frühzeitigen Informationszugangs entfallen, Klagen vermieden und dadurch auch die Kosten der öffentlichen Haushalte reduziert werden können. VI. Ergebnis der Anhörung 1. Stellungnahmen zum Gesetzentwurf Zu dem Gesetzentwurf wurden die kommunalen Landesverbände nach Artikel 71 Absatz 4 LV, der Landesbeauftragte für den Datenschutz nach § 31 Absatz 4 Satz 2 LDSG und vorsorglich nach § 14 Absatz 3 des Landes-Behindertengleichstellungsgesetzes der Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen sowie über 100 weitere Verbände und Institutionen angehört. Folgende Verbände und Institutionen haben Stellungnahmen abgegeben: – Anwaltsverband Baden-Württemberg im Deutschen Anwaltverein e. V. (nachfolgend Anwaltsverband im DAV) – AOK Baden-Württemberg – Arbeitsgemeinschaft Verwaltungsrecht im Deutschen Anwaltsverein – Landesgruppe Baden-Württemberg – (nachfolgend AG VwR im DAV) – Architektenkammer – Baden-Württembergischer Handwerkstag e. V. – BBW – Beamtenbund Tarifunion (nachfolgend BBW) und seine Fachgewerkschaft Deutsche Steuer-Gewerkschaft (DSTG), Landesverband Baden-Württemberg (nachfolgend DSTG) – BKK Landesverband Süd – Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e. V., Landesgruppe Baden-Württemberg – Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg e. V. (nachfolgend BdSt) – Deutscher Gewerkschaftsbund DGB-Bezirk Baden-Württemberg (nachfolgend DGB) – Deutscher Journalisten-Verband, Landesverband Baden-Württemberg (nachfolgend DJV) 17

Landtag von Baden-Württemberg Drucksache <strong>15</strong> / <strong>7720</strong><br />

Am 29. Dezember 2007 trat das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz vom<br />

20. Dezember 2007 (GVBl. S. 256) in Kraft, dessen Geltung auf fünf Jahre befris -<br />

tet war. Es verwies weitgehend auf das IFG des Bundes, ohne eine Landesbeauftragte<br />

oder einen Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit vorzusehen. Der<br />

Evaluationsbericht bezieht sich auf die Jahre 2008 bis 2010. In diesen drei Jahren<br />

gab es 606 antragstellende Personen. 9,82 % der Anträge wurden abgelehnt und<br />

13,53 % wurden teilweise abgelehnt. Thematische Schwerpunkte waren insbesondere<br />

Umweltrecht (27,39 %), Polizei- und Ordnungsrecht (18,31 %) und Baurecht<br />

(<strong>15</strong>,61 %). 86,62 % der Anfragen wurden bei den Kommunen gestellt. Der durchschnittliche<br />

Zeitaufwand pro Antrag betrug 319 Minuten.<br />

Im Laufe des Jahres 2008 trat in Sachsen-Anhalt das Informationszugangsgesetz<br />

Sachsen-Anhalt (IZG LSA) vom 19. Juni 2008 (GVBl. S. 242) in Kraft. Zur retrospektiven,<br />

auf den Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis einschließlich 30. September<br />

2013 gerichteten Gesetzesfolgenabschätzung wurde ein Evaluierungsbericht<br />

vorgelegt (LT-Drs. 6/4288). Danach wurden insgesamt 327 Anträge gestellt, was<br />

umgerechnet 29 Anträge pro einer Million Einwohner pro Jahr entspricht. 79,5 %<br />

der Anträge wurden bei den Kommunen gestellt.<br />

Am 1. Februar 2009 trat in Rheinland-Pfalz das Landesinformationsfreiheits -<br />

gesetz (LIFG) vom 26. November 2008 (GVBl. S. 296) in Kraft. Die Anwendung<br />

in der Zeit bis zum 30. September 2011 wurde evaluiert (Ziekow/Sicko/Piesker,<br />

Evaluation des Landesgesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen,<br />

2012). Danach wurden in den knapp drei Jahren insgesamt 896 Anträge gestellt,<br />

die in 12,8 % der Fälle abgelehnt wurden. 88,7 % der Anfragen bezogen sich auf<br />

konkrete Verwaltungsvorgänge, wovon die meisten Anfragen Steuern, Haushalt,<br />

Finanzen (31,7 %), Bauordnungsrecht und Erschließung (18,7 %) sowie Vergaberecht<br />

und unternehmerische Tätigkeit privater Unternehmer (8,3 %) betrafen. 45,9 %<br />

der Anfragen wurden bei den Kommunalverwaltungen gestellt.<br />

Die gesammelten Erfahrungen belegen, dass einerseits für ein verfahrensunabhängiges<br />

Informationszugangsrecht ein Bedarf existiert und andererseits die öffent -<br />

lichen Stellen durch dieses neue Instrument unter dem Gesichtspunkt des Verwaltungsaufwandes<br />

nicht übermäßig belastet werden. Die Gewährung des verfahrensunabhängigen<br />

Informationszugangs trägt zu einem deutlichen Zugewinn an<br />

Transparenz in den Verwaltungen und zugleich zu einer Förderung des Interesses<br />

der Bürgerinnen und Bürger an dem, was in „ihrer“ Verwaltung geschieht, bei.<br />

Trotz der zumeist sehr ähnlichen gesetzlichen Ausgestaltung der evaluierten Regelungen<br />

sind aber auch erhebliche Unterschiede erkennbar. Die Antragszahlen<br />

waren – auch in Relation zur Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner des Bundeslandes<br />

– sehr unterschiedlich. Weiter schwankt der Anteil der bei den Kommunen<br />

gestellten Anträge zwischen 45,9 % (Rheinland-Pfalz) und 86,62 %<br />

(Thüringen) sehr erheblich. Um also feststellen zu können, ob auch in Baden-<br />

Württemberg die mit dem Landesinformationsfreiheitsgesetz angestrebten Ziele<br />

tatsächlich erreicht werden und welche sonstigen Auswirkungen sich ergeben<br />

werden, soll das Gesetz nach Ablauf von fünf Jahren evaluiert werden.<br />

Nennenswerte Auswirkungen auf die Zielbereiche „Klimawandel“, „Ressourcenverbrauch“,<br />

„Biologische Vielfalt“, „Ökologische und soziale Modernisierung der<br />

Wirtschaft“, „Chancengerechtigkeit“, „Kulturelle Vielfalt und Integration“, „Legitimation“,<br />

„Demografischer Wandel“, „Bildungs- und Wissensgesellschaft“,<br />

„Globalisierung“ sowie „Sonstige Auswirkungen“ werden nicht gesehen.<br />

V. Finanzielle Auswirkungen<br />

Ob und ggf. in welcher Höhe Kosten entstehen, hängt vor allem von der Zahl der<br />

Anträge und dem organisatorischen Aufwand der Informationsaufbereitung und<br />

-veröffentlichung für die informationspflichtigen Stellen ab. Außerdem kann der<br />

durch die Antragsbearbeitung entstehende Aufwand weitgehend durch Gebühren-<br />

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