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14. November 2014 ERFURT

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Er trinkt - wie immer - Tee. Spielt - wie immer - auf einem "Schimmel"-Flügel. Und kommt am<br />

Schluss - wie immer - im Bademantel auf die Bühne. Und doch ist etwas anders am Freitagabend in<br />

der Erfurter Messehalle: Udo Jürgens ist gerade 80 Jahre alt geworden.<br />

In Klagenfurt fing alles an", steht in riesigen Lettern auf der Bühnenrückwand geschrieben, vor der die 25<br />

Musiker gleich Platz nehmen werden, und vor der er gleich stehen, sitzen, und sogar tanzen wird. Der Stern<br />

beginnt seine Reise, fliegt von Kontinent zu Kontinent, von Oslo nach Sidney, von Wien nach Los Angeles,<br />

von Stockholm nach Moskau - und schließlich nach Erfurt. Hunderte Städte mögen es sein. "Lieder zeichnen<br />

die Wege meines Lebens" ist zu lesen. Und dann hört man diese Stimme, die man seit "Merci, Cherie",<br />

seit "Griechischer Wein" oder "Aber bitte mit Sahne" nie wirklich vergessen hat. "Fliegen gegen den Wind",<br />

erklingen die Textzeilen aus dem Off. "Schwimmen gegen den Strom", "Segeln gegen den Sturm", "Der<br />

Gewalt Widerstand leisten", "Seine Stimme erheben und singen, ehe uns hören und sehen vergeht". Ja Udo,<br />

"Die Welt braucht Lieder". Wie recht Du doch hast. Und wie Du es doch triffst, das Herz Deiner Fans, mit<br />

diesem ersten Lied, vielleicht sogar Dein schönstes, das nun auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat.<br />

"Die Welt braucht Lieder" singst Du, und sie jubeln Dir dabei so ausgelassen zu, als stündest Du schon auf<br />

der Bühne. Dieser Moment, Udo, ist der Mühe vieler Jahre Lohn.<br />

Mit Weisheit geadelt<br />

Am 30. September bist Du Achtzig geworden. Was für ein Alter für einen Sänger! Was für ein Alter für jemanden,<br />

der noch immer wie eh und je an seinem Flügel sitzt. Wackelig Deine Stimme, ein ganz klein wenig<br />

nur - bei Deinen ersten Liedern. Aber niemand, der Dir das ankreiden würde an diesem Abend. Ganz im<br />

Gegenteil: Wie durch Altersweisheit geadelt legt sich die Art, Deine alten Lieder heute ganz anders zu sin -<br />

gen, in Deine Konzerte. Mal leise, wenn Dir die Gedanken besonders wichtig erscheinen. Mal laut, wenn<br />

Du die Kraft der Musik brauchst, um ein Wort zu unterstreichen. Mit Achtzig, Udo, haben Deine Lieder<br />

neues Gewicht. Denn in ihnen schwingen die Gedanken eines Menschen, der fast ein ganzes Jahrhundert<br />

durchschritten, und manchmal auch durchlitten hat, ohne dass Du nur eine Zeile hättest ändern müssen:<br />

"Mit 66 Jahren", "Das ehrenwerte Haus", "Liebe ohne Leiden", "Immer wieder geht die Sonne auf", "Ich<br />

war noch niemals in New York". Jeder kennt sie. Und doch ist es anders, wenn Du heute vom "Griechischen<br />

Wein erzählst". Wenn Du es ganz langsam spielst auf Deinem Flügel, jedem Wort mit Bedacht Stimme<br />

gibst. Tiefer, viel tiefer, geht dieses Lied unter die Haut. Erst heute, Udo, versteht man vielleicht wirklich,<br />

was Du schon vor so vielen Jahren damit sagen wolltest.<br />

Bescheiden bist Du Zeit Deines Lebens geblieben, so wie es auch Deine Autobiografie, wie es der Film

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