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Trialog_16-2015
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TRI∆LOG 16/2015<br />
nung und Scheidung beschäftigt. So thematisiert<br />
die empirische Untersuchung die Fragen nach der<br />
Umsetzung lösungsorientierter Begutachtung, die<br />
Möglichkeiten der Herstellung elterlichen Einvernehmens<br />
und welche längerfristigen Effekte ein<br />
auf dieser Art und Weise erwirktes Einvernehmen<br />
auf Familien hat. Ziel des vorliegenden Beitrags ist<br />
es, die Studie und deren Ergebnisse vorzustellen<br />
und kritisch zu würdigen.<br />
AUSGEWÄHLTE ASPEKTE ZUR STICHPROBE<br />
UND METHODIK DER STUDIE<br />
Zwischen August 2009 und März 2011 konnten<br />
65 Elternpaare für das Projekt gewonnen werden.<br />
„Die teilnehmenden Eltern füllten im Abstand von<br />
circa acht Monaten zwei ausführliche Fragebögen<br />
aus, in denen sie zu ihrer persönlichen und zur<br />
familiären Situation vor und nach der Begutachtung,<br />
zu ihrer aktuellen Beziehung zum anderen<br />
Elternteil, zur Situation ihrer Kinder vor und nach<br />
der Begutachtung sowie zu ihren Erfahrungen mit<br />
der Begutachtung befragt wurden (...). Zusätzlich<br />
hierzu wurde in jedem Fall der oder die Sachverständige<br />
in einem leitfadengestützten Interview<br />
telefonisch befragt. Hierbei wurden Fragen zur<br />
Fallvorgeschichte, dem sachverständigen Vorgehen<br />
im jeweiligen Fall und deren persönliche<br />
Einschätzung hinsichtlich des Falles gestellt sowie<br />
demografische Daten der Sachverständigen<br />
erfasst“ (Bergau 2014: 98f). „64,6 Prozent der<br />
Fälle konnten über die GWG München [Gesellschaft<br />
für wissenschaftliche Gerichts- und Rechtspsychologie<br />
Anm. d. Autors] rekrutiert werden,<br />
die überwiegend in Bayern tätig ist, somit stammt<br />
ein Großteil der Fälle der gesamten Stichprobe<br />
aus Bayern (78,5 Prozent). 29,2 Prozent der<br />
Fälle wurden nicht über die GWG sondern von<br />
anderen Gutachtervereinigungen oder einzelnen<br />
Sachverständigen deutschlandweit vermittelt“<br />
(Bergau 2014: 98). Weitere interessante Aspekte<br />
zur Stichprobe: „30,8 Prozent [hatten Anm. d. Autors]<br />
ausschließlich eine Umgangsregelung, 15,4<br />
Prozent ausschließlich eine Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts<br />
und nur 7,7 Prozent das<br />
gesamte Sorgerecht oder andere Teilbereiche zur<br />
Fragestellung (...). In 16,9 Prozent der Fälle waren<br />
Fragen des Umgangs und Aufenthalts in Kombination<br />
zu beantworten. 46,6 Prozent der Eltern<br />
hatten vor der Begutachtung bereits eine Paarberatung<br />
sowie 16,9 Prozent eine Mediation in Anspruch<br />
genommen. In 18,5 Prozent der Familien<br />
hatte vor der Begutachtung die Maßnahme begleiteter<br />
Umgangskontakte stattgefunden. 40 Prozent<br />
der Eltern hatten noch keine Intervention für<br />
Trennungspaare durchlaufen, 32,3 Prozent hatten<br />
hingegen bereits zwei oder mehr Interventionen<br />
hinter sich“ (Bergau 2014: 102f). An der Studie<br />
nahmen zudem 24 Sachverständige teil (58 Prozent<br />
Frauen, 42 Prozent Männer). Im Folgenden<br />
sollen nun für die Beratungspraxis ausgewählte<br />
Ergebnisse dargestellt werden.<br />
ZUSAMMENFASSENDE ERGEBNISSE ZUR<br />
WIRKUNGSWEISE DER LÖSUNGSORIENTIER-<br />
TEN BEGUTACHTUNG<br />
Innerhalb dieser Fragestellung wurde sowohl die<br />
Sicht der Sachverständigen als auch die der Eltern<br />
erhoben, um etwaige Angaben bezüglich der Wirkungsweise<br />
lösungsorientierter Begutachtungen<br />
machen zu können. Zusammenfassend kann hierbei<br />
festgehalten werden, das aus der Perspektive<br />
der Sachverständigen „vor allem über eine Einstellungsänderung<br />
der Eltern und eine Besinnung<br />
auf die Bedürfnisse der Kinder, meist erzielt durch<br />
eine Rückmeldung der Begutachtungsergebnisse,<br />
am ehesten Einigungen erzielt werden konnten.<br />
Das elterliche Konfliktniveau wurde dabei als ausschlaggebende<br />
Komponente angesehen“ (Bergau<br />
2014: 197). Kam es auch innerhalb der Begutachtung<br />
zu keiner Einigung der elterlichen Konfliktparteien,<br />
sahen diese „vor allem das Verhalten des<br />
anderen Elternteils, die Väter auch das Verhalten<br />
des Sachverständigen oder des Richters als ursächlich<br />
an (...)“ (ebd.). Weitere Analysen ergaben,<br />
„dass vor allem der Interventionsschritt des<br />
Probehandelns die Wahrscheinlichkeit einer Einigung<br />
erhöht“ (ebd.). Unter „Probehandeln“ wird<br />
hierbei das Ausprobieren neuer Regelungen, in<br />
Absprache mit dem Gericht verstanden. Interessant<br />
ist auch: „Werden vom Sachverständigen aus<br />
Diagnostikgründen Dritte befragt, so verringert<br />
dies die Einigungswahrscheinlichkeit“ (ebd.). Wurden<br />
Vorwürfe gegen die Mutter laut (z.B. Entfremdung<br />
des Kindes, mangelnde Erziehungskompetenz)<br />
verminderten dieses die Wahrscheinlichkeit<br />
einer Einigung. Nahmen Familien im Vorfeld der<br />
Begutachtung bereits an mehrere Interventionen<br />
(z.B. Mediation, Trennungs- und Scheidungsbera-<br />
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