EFBx
Trialog_16-2015
Trialog_16-2015
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
TRI∆LOG 16/2015<br />
Schwierigkeiten in der rechtlichen Vertretung von<br />
Flüchtlingsfamilien im Asylverfahren anhand eindrucksvoller<br />
Beispiele berichtete.<br />
In der anregenden Diskussion wurde deutlich, dass<br />
die Erziehungs- und Familienberatung mit ihren<br />
vielfältigen und flexiblen beratungstherapeutischen<br />
und präventiven Angeboten einen wichtigen Beitrag<br />
dazu leisten könnte, Flüchtlingskinder, Flüchtlingsjugendliche<br />
und ihre Eltern auf ihrem Weg in ein<br />
neues und angstfreies Leben zu unterstützen und<br />
zu begleiten. Beraterisch-therapeutische Leistungen<br />
in der Erziehungsberatung können helfen, die<br />
teils dramatischen Erziehungs- und Familien-Krisen<br />
in einem völlig neuen sozialen Umfeld aufzufangen,<br />
Symptome abzubauen und die teils extremen Belastungen<br />
der Kinder und ihrer Eltern zu verringern.<br />
Auch die Anpassung an eine möglicherweise „fremde<br />
Erziehungskultur“ in deutschen Kitas und Schulen<br />
und eine Integration in die veränderten gesellschaftlichen<br />
Lebensbedingungen kann erleichtert<br />
werden – nicht zuletzt durch gezieltes Coaching und<br />
Beratung der einschlägigen Multiplikatoren, wie z.B.<br />
Lehrerinnen und Lehrern in „Willkommens-Klassen“.<br />
FAZIT<br />
Der große Zulauf vonseiten der Fachkräfte der EFB<br />
zu diesem Workshop der LAG Berlin zeigte das zivile<br />
und fachliche Interesse und die hohe Aktualität des<br />
Themas. Im Verlauf der Veranstaltung wurde aber<br />
auch deutlich, dass wir uns intensiv damit beschäftigen<br />
müssen, wie und unter welchen praktischen, finanziellen<br />
und fachlichen Rahmenbedingungen wir in Berlin<br />
angemessene Unterstützungsangebote für Flüchtlingsfamilien<br />
realisieren, fort entwickeln und wirksam<br />
zum Tragen bringen können. Besonderes Augenmerk<br />
muss wohl zuallererst darauf gelegt werden, wie die<br />
bisherigen strukturellen und systematischen Hindernisse<br />
und Artefakte 4 des derzeitigen Verwaltungsverfahrens<br />
überwunden werden können, an denen Flüchtlingskinder<br />
und ihre Eltern tagtäglich verzweifeln.<br />
4 Sinnvolle und „faire“ Kriterien zur Verteilung der Abertausende Flüchtlingsfamilien<br />
auf die 12 Berliner Bezirke bspw. fehlen (rbb-Inforadio FAQ: ‚Flüchtlinge<br />
in Berlin’ vom 7.7.15). In Berlin exisitert kein Verteilungsschlüssel. Während<br />
bundesweit die Verteilung der Asylbewerber auf die verschiedenen Bundesländer<br />
nach dem sogn. „Königssteiner Schlüssel“ (gemäß Steueraufkommen & Bevölkerungszahl)<br />
erfolgt, konnten sich die Berliner Bezirksbürgermeister bislang<br />
auf keine fairen und sachgerechten Regelungskriterien einigen. So kommt es,<br />
daß bei ungefähr gleicher Fläche und Einwohnerzahl kurioserweise im Bezirk<br />
Spandau 1822 Flüchtling Schutz und Aufnahme fanden, in Zehlendorf/Steglitz<br />
dagegen nur 268 (ebd.).<br />
Zu Redaktionsschluss waren es inzwischen wohl 312 (TSP vom 13. August<br />
2015, S.10).<br />
Folgerungen und Forderungen:<br />
Die Moderator_Innen des LAG-Fachtages:<br />
Achim Haid-Loh (ezi Berlin) und Karin Jakob<br />
(SOS Familienzentrum Hellersdorf)<br />
Folgende Aspekte kristallisierten sich in der Veranstaltung<br />
und ihrer anschließenden Auswertung als<br />
zielführend heraus:<br />
• Es sollte dringlichst angemessener Wohnraum<br />
zur Verfügung gestellt werden, eine Unterbringung<br />
vorrangig in Gemeinschaftsunterkünften<br />
stellt eine große Belastung insbesondere für<br />
Kinder und deren Eltern dar<br />
• Es ist ein umfassendes Dolmetscherangebot<br />
notwendig, auf das Einrichtungen der Jugendhilfe<br />
und Schulen kostenfrei zurückgreifen können<br />
(Sprachmittler-Gutscheine!)<br />
• Sowohl unbegleitete, aber auch viele der begleiteten<br />
Flüchtlingskinder, Jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen (vgl. § 41 SGB VIII) brauchen<br />
gezielten individuellen Schutz und (z.T.<br />
auch rechtliche) Unterstützung, damit sie ihr<br />
Grundrecht auf Bildung und Teilhabe wahrnehmen<br />
können und die ihnen zustehende Begleitung<br />
und Förderung erhalten (bspw. durch speziell<br />
geschulte Ergänzungspflegschaften mit<br />
aufenthaltrechtlicher Kompetenz!)<br />
• „Das Flüchtlingskind“ gibt es nicht. Jedes Flüchtlingskind<br />
ist ein Individuum, mit einer ganz individuellen<br />
und besonderen Fluchterfahrung.<br />
Es braucht also auch flexible, individuelle und<br />
differenzierte Hilfen (ggf. mit traumapädagogische<br />
oder beraterisch-therapeutische Interventionen).<br />
Häufig ist ein differenzialdiagnostischer<br />
Blick auf das einzelne Flüchtlingskind notwen-<br />
Seite 41