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TRI∆LOG 16/2015<br />

Nutzen und Nebenwirkungen<br />

„Wenn Du nicht sofort den Computer ausmachst<br />

und zum Abendessen kommst, ziehe ich den Routerstecker<br />

raus!“. Diese oder ähnliche Elternappelle<br />

sind vielen Kindern und Jugendlichen heute bestens<br />

bekannt. Gerade das Thema Medienkonsum<br />

sorgt in 52% der Familien für tägliche Konflikte (vgl.<br />

Wagner, Gebel, Lampert 2013; S.102). Mangelnde<br />

Privatsphäre, sexuelle Übergriffe im Netz, jugendgefährdende<br />

Inhalte aber auch übermäßiger Konsum<br />

sind nur einige Stichworte, die Eltern Sorgen<br />

bereiten und nicht selten für innerfamiliäre Konflikte<br />

sorgen. Populäre Schlagzeilen, wie moderne Medien<br />

machen „tatsächlich dick, dumm, aggressiv,<br />

einsam, krank und unglücklich“ (Spitzer, 2012; S.<br />

325), tragen zudem nicht dazu bei, diese komplexe<br />

gesellschaftliche Situation zu verstehen. Vielmehr<br />

entsteht der Eindruck, als würden die Ängste der<br />

Eltern genutzt, Komplexität zu reduzieren, um einfache<br />

Lösungen an sie heranzutragen.<br />

Weiterhin ist „Mediensucht“ ein Begriff zum öffentlichen<br />

Diskurs, der immer dann gern herangezogen<br />

wird, wenn Eltern der Meinung sind, ihr Kind<br />

beschäftige sich zu viel mit Computerspielen und<br />

sozialen Netzwerken. Dass aber „Sucht“ ein komplexes<br />

Störungsbild ist, wird dabei häufig außer<br />

Acht gelassen. Ob eine tatsächliche Störung bezogen<br />

auf Medien diagnostizierbar ist, wird im wissenschaftlichen<br />

Diskurs kontrovers diskutiert. Dass<br />

exzessiver Medienkonsum zu erheblichen Problemen<br />

im realen Leben führen kann, soll damit nicht<br />

relativiert werden. Ob aber eine solch diagnostizierte<br />

„Mediensucht“ nicht vielmehr das Ergebnis einer<br />

Bewältigungsstrategie jahrelangen Stresses in der<br />

Familie, Schule oder Peer-Group ist und sich bspw.<br />

im exzessiven Computerspielen äußert, bleibt zu<br />

klären.<br />

Nach Dreier et al. zeichnet sich Internetsuchtverhalten<br />

durch wiederholten Kontrollverlust in Bezug<br />

auf die Internetnutzung aus. Die Folgen dieses dysfunktionalen<br />

Verhaltensmusters sind die Vernachlässigung<br />

verschiedener Lebensbereiche bis hin zu<br />

gesundheitlichen Einschränkungen (vgl. Dreier et<br />

al. 2013; S.3).<br />

Dreier und seinen Kolleg_innen kommen in ihrer<br />

vorgelegten Studie zu Internetsuchtverhalten von<br />

europäischen Jugendlichen zu dem Ergebnis, dass<br />

bereits 1,2 Prozent der befragten Jugendlichen im<br />

Alter von 14–19 Jahren eine Internetsucht aufzeigen<br />

und weitere 12,5 Prozent der Probanden ein<br />

erhöhtes Risiko aufweisen (vgl. Dreier et al. 2013;<br />

S.4). Verglichen mit anderen Studien, in denen<br />

auch junge Erwachsene befragt wurden, ergibt sich<br />

eine Prävalenzschätzung von 35 Prozent, die dieses<br />

Ergebnis bestätigen (vgl. Wölfling 2012; S.27).<br />

Die PINTA-Studie (Prävalenz der Internetabhängigkeit)<br />

der Drogenbeauftragten der Bundesregierung<br />

Deutschland kommt zu einem ähnlichen Ergebnis<br />

(vgl. PINTA Studie 2011). Demnach seien deutschlandweit<br />

etwa 560.000 Menschen im Alter zwischen<br />

14-64 Jahren betroffen.<br />

Diese herangeführten Studien illustrieren sehr<br />

deutlich, dass ein geringer Teil der Jugendlichen<br />

die oben genannten Suchtkriterien tatsächlich erfüllen<br />

und etwa 1/8 ein riskantes Konsumverhalten<br />

aufweisen.<br />

Die Bedeutung von Präventionsarbeit von Medienabhängigkeit<br />

Was bedeuten diese Erkenntnisse für eine erfolgreiche<br />

Präventionsarbeit von Medienabhängigkeit?<br />

Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um<br />

Präventionsarbeit gelingen lassen zu können?<br />

Fest steht, dass die Unüberschaubarkeit und die<br />

Geschwindigkeit des technologischen Wandels bei<br />

Eltern häufig für Verunsicherung und damit auch zu<br />

Ängsten und Abwehr führen, wenn es um die Medienerziehung<br />

ihrer Kinder geht. Medienwelten, in<br />

denen junge Menschen aufwachsen und sich darin<br />

scheinbar mühelos bewegen, sind für Erwachsene<br />

oftmals schwer zugänglich. Zugleich wachsen<br />

junge Menschen heran, für die das Internet eine<br />

Selbstverständlichkeit ist, die sich die virtuellen<br />

Räume alleine erobern und damit auch oben aufgeführten<br />

Gefahren relativ hilflos gegenüber stehen.<br />

Oftmals stehen wenig erwachsene Ansprechpartner_innen<br />

zur Verfügung, weil diese entweder als<br />

verständnislos und abwertend oder schlicht als „ahnungslos“<br />

wahrgenommen werden. Jedoch ist die<br />

Medienerziehung durch die Eltern und anderer naher<br />

Bezugspersonen ein wichtiger Bestandteil zur<br />

Prävention von Mediensucht. Eltern sollten deshalb<br />

großes Interesse daran haben, ihre Kinder beim Erwerb<br />

von Medienkompetenz zu unterstützen.<br />

Vor diesem Hintergrund hat Medienbildung die Aufgabe<br />

einen „kommunikativen Austausch zwischen<br />

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