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Trialog_16-2015

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TRI∆LOG 16/2015<br />

erleben, auch aus dem analogen Zeitalter. Während<br />

sich diese Delikte jedoch in der Vorgehensweise weiterentwickelt<br />

haben und sogar gänzlich neue Phänome<br />

– wie Sexting und Sextortion 24 – entstanden sind,<br />

muss hinterfragt werden ob unsere Präventionsmechanismen<br />

im selbigen Maße mit gewachsen sind.<br />

Für diesen Gedankengang hilft eventuell ein kleines<br />

Beispiel. Wenn ein erwachsener Mann auf einem<br />

Spielplatz an ein 8jähriges Kind herantritt und sich<br />

als gleichaltriges Kind – eventuell noch eines anderen<br />

Geschlechts – ausgibt, wird das diesen Umstand<br />

vermutlich erkennen können und entsprechend sensibel<br />

reagieren. Auch etwaige Umstehende sind entsprechend<br />

sensibilisiert und können reagieren. Dies<br />

funktioniert so gut, weil das Kind und die Anwesenden<br />

einerseits die situative Gegebenheit und Gefahr identifizieren<br />

können. Andererseits auch, weil die Kinder<br />

auf diese Art der Gefahr in den meisten Fällen durch<br />

verantwortungsbewusste Eltern vorbereitet wurden.<br />

Achtung Vorfahrt! Können Eingeborene Fahrradfahren<br />

lehren?<br />

Neben verinnerlichten Grundregeln wie „rechts vor<br />

links“ sind im Straßenverkehr Verkehrsschilder, Ampeln<br />

oder auch Zebrastreifen ein ganz alltäglicher Anblick<br />

der unser Miteinander reguliert. Sicherlich kann<br />

darüber diskutiert werden, wie viele Schilder benötigt<br />

werden, wann es zu viel ist und so weiter. Aber das<br />

wir Regeln und Normen brauchen stellt vermutlich<br />

niemand in Frage. Erst diese Regeln und ihre Durchsetzung<br />

ermöglichen bei Einhaltung der Regeln ja<br />

tatsächlich ein überwiegend gefahrloses Bewegen<br />

im Straßenverkehr. Auf Eltern bezogen bedeutet<br />

dies, dass sie ihren Kindern insbesondere diese Regeln<br />

und die Bedeutung der wichtigsten Verkehrszeichen<br />

beibringen und dies ein wichtiger Aspekt der<br />

Prävention ist. Gleichzeitig bedeutet es aber auch,<br />

dass der Staat gesagt hat, nur Sensibilisieren kann<br />

es nicht sein, wir benötigen auch rudimentäre staatliche<br />

Schutzmechanismen. Fraglich erscheint nun,<br />

ob die jetzigen Eltern – also die vermutlich erste herangewachsene<br />

Generation der Digital Natives – im<br />

selbigen Maße Kinder auf die Risiken des digitalen<br />

Raumes vorbereiten können, wie sie diese auf die Risiken<br />

des physischen Raumes vorbereiten wurden.<br />

Und wenn nicht, ob der Staat diese Lücke – beispielsweise<br />

über den Kinder- und Jugendmedienschutz<br />

24 Rüdiger, 2015<br />

schließen kann. Denn auch im Straßenverkehr ist es<br />

ja ein gesellschaftlicher Konsens, dass eine wirksame<br />

Prävention sowohl die familiäre Sensibilisierung<br />

als auch die staatliche Regulierung benötigt.<br />

Dies wäre vor allem wichtig, weil sich die Vorgehensweisen<br />

und –risiken doch im virtuellen im Verhältnis<br />

zum physischen Raum auch strukturell verändert haben.<br />

Im obigen Beispiel stellen wir uns ein beliebiges<br />

Spiel auf einem Smartphone oder PAD vor. Das Spiel<br />

hat eine kindgerechte Grafik und beinhaltet weder<br />

Gewalt- noch Sexualkomponenten. Eltern werden<br />

solche Programme meistens vermutlich oberflächlich<br />

prüfen, um zu sehen, ob das Spiel kindgerecht ist.<br />

Was viele Eltern jedoch häufig nicht genau prüfen<br />

(können) ist die Frage, ob in dem Spiel andere Spieler<br />

mit ihrem Kind in Kontakt treten können. Dies ergibt<br />

sich u.a. auch aus der KIM Studie 2014, nach der nur<br />

56 % der Eltern angaben, bei Spielen eher auf das<br />

eigene Urteil zu vertrauen als auf die Alterseinstufungen<br />

25 . Im Gegenzug bedeutet dies aber auch, dass<br />

44 % eher den Alterseinstufungen als dem eigenen<br />

Urteil vertrauen. Entweder aus mangelnder Kenntnis<br />

und dem Zutrauen an den Staat, dass diese Einstufungen<br />

schon richtig sind, oder schlicht aus Bequemlichkeit.<br />

Alterseinstufungen können dabei einerseits<br />

eine Art Warnfunktion entfalten – dieses Programm /<br />

Spiel erscheint uns als noch nicht geeignet für Kinder<br />

in der Altersstufe – und kann andererseits auch die<br />

Betreiber durch die Alterseinstufungen zu Anpassungen<br />

der Schutzmechanismen bewegen. Dabei kann<br />

insbesondere im Bereich der Spiele die Inneffektivität<br />

des aktuellen Medienschutzes dargestellt werden.<br />

So fallen datenträgerbasierende Spiele – also z.B.<br />

auf eine Blueray ausgeliefert – in den Regelungsbereich<br />

des Jugendschutzgesetzes (JuschG) und somit<br />

des Bundes. Hier hat der Gesetzgeber eine Vielzahl<br />

an Institutionen geschaffen die die Regelungen umsetzen<br />

sollen. Die wichtigste hierbei ist vermutlich<br />

die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK),<br />

eine Betreiberorganisation die letztlich im Auftrag des<br />

Staates Altersempfehlungen von Spielen erarbeitet.<br />

Diese Empfehlungen beinhalten vereinfacht dargestellt<br />

nur die Frage, ob ein Programm gewalthaltige,<br />

pornografische oder sichtbar extremistische Programmbestandteile<br />

beinhaltet. Hintergrund hierbei<br />

ist, dass diese Reglungen zu einer Zeit erstellt wurden,<br />

als Spiele in den meisten Fällen keine Onlinekommunikation<br />

kannten. Diese Alterseinstufungen<br />

der USK können zudem auch bei reinen Online-Pro-<br />

25 Feierabend, et.al, 2014 S.57<br />

Seite 29

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