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Mixology - Magazin für Barkultur 1-15

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Ananas<br />

Mango Pfirsich<br />

Cherry Brandy<br />

Mezcal<br />

Orangenlikör<br />

Frischkäse<br />

Vacherin<br />

Livarot<br />

Salami<br />

Schinken<br />

Ibérico<br />

Starkes Abteibier<br />

Ingwer<br />

Muskat<br />

Bourbon-<br />

Vanille<br />

Koshian<br />

Chorizo<br />

Queller<br />

Garnele<br />

Ahornsirup<br />

Kakaopulver<br />

Olivenöl<br />

Cornicabra<br />

Schwarze<br />

Olive<br />

Gelber Pfeffer<br />

Jakobsmuschel<br />

Shortbread<br />

Rote Bete<br />

Petersilienwurzel<br />

In Kooperation mit<br />

foodpairing.com


aPeritiF<br />

Bildstrecke › Datensätze: foodpairing.com, Illustration: studio grau<br />

werte<br />

mixoLogy­Leser!<br />

Europa steht derzeit in vielerlei Hinsicht im Fokus.<br />

Die Freiheit und Vielfalt der Weltanschauungen<br />

und Kulturen stehen auf dem Spiel. Wir<br />

sind nicht so vermessen, dass ein <strong>Magazin</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Barkultur</strong> sich hier in die Diskurshöhen aufschwingen<br />

will. Aber zu den nationalen Identitäten<br />

gehört nicht zuletzt eine gewachsene<br />

Genusskultur. Dinge, die den Menschen das Leben<br />

erträglich machen. Somit ist Europa auch<br />

bei <strong>Mixology</strong> in aller Munde. Darüber hinaus<br />

blicken wir diesmal wieder über den »Großen<br />

Teich« auf den amerikanischen Kontinent. Und<br />

zu Hause haben wir uns auch umgesehen.<br />

Belgische Flüche und Genüsse<br />

»troglodyten, Hagel und Granaten, Himmelund<br />

Höllenhunde, Piraten«, wer kennt sich<br />

nicht, die legendären Flüche von Kapitän Haddock<br />

aus dem berühmten belgischen Comic<br />

Tim und Struppi. Tim, dieser weitgereiste und<br />

furchtlose Reporter, der allerdings nie eine Zeile<br />

schrieb. Wir sind auch gereist, allerdings haben<br />

wir darüber geschrieben. Zunächst waren<br />

wir in Belgien, in Antwerpen. Dieser ehemals<br />

reichsten Stadt der Welt, dem Zentrum des<br />

inter nationalen Diamantenhandels, haben wir<br />

in die Nacht geschaut. In die Bars, Gassen und<br />

Bierkneipen. Unser wettergegerbter Reporter<br />

Nils Wrage erzählt Ihnen, wie es sich dort nach<br />

Sonnenuntergang anfühlt (S. 26).<br />

Im Zuge seiner Nachforschungen ist er neugierig<br />

geworden und hat sich einmal wegbewegt<br />

von den gedanklichen Trampelpfaden, also jenseits<br />

der Klischees, und hat die belgische Trinkwelt<br />

in toto erkundet. Dabei galt es zunächst<br />

einmal eine erstaunliche Gesetzesinitiative mit<br />

ins Kalkül zu ziehen. Belgien hatte es in Sachen<br />

Trinkkultur lange nicht leicht (S. 72).<br />

Aber jenseits dessen macht sauer ja bekanntlich<br />

lustig. Diese Binse abstrahierend, hat sich<br />

Peter Eichhorn mit dem insbesondere in Belgien<br />

vertretenen Bierstil sauerbier verlustiert<br />

und dennoch profunde Zeilen über den wiederkehrenden<br />

Klassiker zu Papier gebracht. Ein<br />

hochkomplexes Bier, das nicht nur in Europa,<br />

sondern auch in den USA gefeiert wird. »Ein<br />

Hauch von feuchtem Pferd, Anklänge von Essig<br />

mit etwas Gorgonzola, überreifen Äpfeln und<br />

Nagellack.« Diese Verkostungsnotiz macht doch<br />

neugierig? Lassen Sie sich überraschen (S. 38).<br />

avantgardistan, Cocktailklassiker und<br />

Mezcal unter Gaunern<br />

Wir bleiben in Belgien, aber in Köln. Im belgischen<br />

Viertel hat eine neue hochambitionierte<br />

Bar eröffnet, die zum einen die erstklassige<br />

lokale Barszene bereichert und zum anderen in<br />

ihrem Namen bereits das Konzept trägt: Little<br />

Link. Küche und Bar sollen hier konsequent<br />

fusioniert werden. Und man reist auch hier gerne.<br />

Da können Eigenkreationen dann auch mal<br />

unter dem Namen Avantgardistan rubriziert<br />

werden. Wir stellen Ihnen die neue Bar von Impresario<br />

Stephan Hinz vor (S. 22).<br />

Nicht nur in Belgien wird französisch gesprochen,<br />

sondern auch in den USA. Glauben Sie<br />

nicht? Dann trinken Sie einmal einen Vieux<br />

Carreé. Dieses Synonym <strong>für</strong> das French Quarter<br />

in New Orleans ist der Namenspatron <strong>für</strong><br />

einen lange vergessenen Cocktailklassiker, der<br />

raketengleich die Barkarten in den letzten Jahren<br />

gestürmt hat. Wir haben uns auf die Spuren<br />

seiner Geschichte begeben (S. 68).<br />

Auf dem amerikanischen Kontinent, genauer<br />

genommen in Mexiko, lebt der Autor Airen.<br />

Der Mann <strong>für</strong> ungewöhnliche Orte und skurrile<br />

Menschen. Vor allem liebt er Mezcal. Also ist er<br />

auf der Suche nach den Helden dieser sagenumwobenen<br />

Spirituose und gerät in Gegenden,<br />

die nur so wimmeln von Exzentrikern, Drogen,<br />

deren Baronen, Kleinkriminellen und Militärs<br />

(S. 98)<br />

stars in Bars, rum, stout und ein Cold<br />

Dripper<br />

Wieder in der Heimat, haben wir in der Rubrik<br />

Stars in Bars den Zeremonienmeister des Highballs<br />

Andrej Busch porträtiert (S. 24), und in unserem<br />

neu gestalteten <strong>Mixology</strong> Taste Forum<br />

kamen British Style Heavy Bodied Rum und<br />

Stout Biere in die Gaumen (S. 54).<br />

Jack the Dripper? Nein, Cold Dripper! Der<br />

Alchemist erläutert Ihnen dieses interessante<br />

Verfahren, um Spirituosen zu aromatisieren.<br />

Geeignet nicht nur <strong>für</strong> professionelle Bars,<br />

sondern auch <strong>für</strong> experimentelle Connaisseurs<br />

(S. 46). Darüber hinaus, gibt es natürlich in dieser<br />

Ausgabe noch viel mehr Interessantes zu<br />

entdecken.<br />

Haben Sie Spaß beim Lesen, Ärgern, Freuen –<br />

genießen Sie die Tage, zelebrieren Sie die Nächte.<br />

Ihr Markus Orschiedt<br />

Markus Orschiedt<br />

ein Füllhorn des guten Geschmacks ergießt sich uns<br />

in belgischem Bier, das wiederum die aromenbäume<br />

auf unserer Bildstrecke zum sprießen bringt. Passend<br />

zum Länderschwerpunkt der vorliegenden ausgabe<br />

haben wir einige der bekanntesten, typischsten<br />

belgischen Biere nach dem aus – Überraschung! –<br />

Belgien stammenden Foodpairing-verfahren in ihre<br />

einzel aromen aufschlüsseln lassen. Das zeigt uns<br />

nicht nur, welch sinnliche Wucht und komplexe<br />

aromatik in den feinen suden des kleinen Königreichs<br />

liegen, sondern ebenso, welche speisenvielfalt<br />

dazu genossen werden kann. so tritt etwa die unerwartete<br />

Kombination von dunklem trappistenbier<br />

mit geräucherter Makrele zutage. oder jene zwischen<br />

Leffe Blond und tomatenketchup.<br />

Haben wir ihr interesse geweckt? Dann klettern sie<br />

doch noch ein wenig in unseren Bier-Bäumen.<br />

5


80 Interview<br />

Der Agavenpapst<br />

Julio Bermejo im Gespräch<br />

65 Das Labor<br />

Charakter ist alles – Versuchsaufbau<br />

mit weißem Rum<br />

26 Stadtgeschichten<br />

Belgische Bars – Nächtliche Geschichten aus Antwerpen<br />

Bars & Menschen<br />

18 Zehn<br />

Zehn neue Vokabeln <strong>für</strong> den Bierstammtisch<br />

20 <strong>Mixology</strong> Intern<br />

<strong>Mixology</strong>-Mitarbeiter und ihre Erfahrungen mit Ei im<br />

Drink<br />

22 Neue Bars<br />

Das Little Link und die Kölner Nacht<br />

24 Porträt<br />

Andrej Busch über Cola, Kunden und eine<br />

Badewanne voll Manhattan<br />

26 Stadtgeschichten<br />

Die schillernden Facetten der Nacht im belgischen<br />

Antwerpen<br />

80 Interview<br />

Julio Bermejo und die Tequilarevolution<br />

90 Interview<br />

Der Onkel-Brauer Phillip Roberts und sein Freiheitsgebot<br />

Flüssiges<br />

14 Meinung<br />

Bartender und ihre liebsten Overproof-Rums<br />

36 Food & Drink<br />

Muscheln mit Bier und Fritten<br />

38 Titel<br />

Ein Plädoyer <strong>für</strong> Sauerbiere<br />

44 Four of a Kind<br />

Demerara-Rum im Redaktionstest<br />

46 Alchemist<br />

Aromenfänger in Tropfenform<br />

51 Essenzen<br />

Tools und Technik <strong>für</strong> Cold Dripping<br />

54 Taste Forum<br />

Rum und Stout in der Verkostungsrunde<br />

65 Das Labor<br />

Experimente mit weißem Rum<br />

68 Cocktail<br />

Französische Geheimnisse und ein Schuss Big Easy<br />

im Vieux Carré


98 <strong>Mixology</strong> on the Road<br />

Mezcal – Auf heiligen Pfaden durch Mexiko<br />

104 Tiefenrausch<br />

Glück und Rausch – Anleitung <strong>für</strong> ein gutes<br />

Leben mit Alkohol<br />

38 Titel<br />

Sauerbiere – Neue Interpretationen<br />

von alter Magie<br />

72 Trinkwelt<br />

Belgiens flüssige Schätze jenseits des Bieres<br />

77 Back to Basics<br />

Trinkwasser als guter Freund am Tresen<br />

83 Wein<br />

Mischen gegen das Mittelmaß<br />

84 Whisk(e)y News<br />

Die wichtigsten Neuheiten der Whiskywelt<br />

86 Sparkling<br />

Ein Rieslingsekt wie Sex<br />

88 Biernotizen<br />

Die wichtigsten Hopfenneuheiten<br />

98 <strong>Mixology</strong> on the Road<br />

Drogen, Gewalt und die Suche nach dem besten<br />

Mezcal<br />

Wirtschaft &<br />

Kultur<br />

92 Global Player<br />

Warum Craft das neue Premium ist<br />

95 Business<br />

Fred Noe über die Dynamik im Whiskeymarkt<br />

101 Essential Culture<br />

Zehn neue Schätze <strong>für</strong> Augen und Ohren<br />

102 Musik<br />

Synthie-Pop aus der Provinz<br />

104 Tiefenrausch<br />

Das Glück liegt am Glasboden<br />

106 Homebar<br />

Elektrische Helfer <strong>für</strong> die Hausbar<br />

Neues & Notizen<br />

8 Mixtur<br />

Neue Produkte aus dem Baruniversum<br />

108 Veranstaltungen & Wettbewerbe<br />

Alle wichtigen Termine der vergangenen und<br />

kommenden Wochen<br />

112 Impressum


Eins zu Sechs<br />

Weisswange Virgin Gin & Tonic-Sirup<br />

Kim Weisswange ist Wahlhamburgerin,<br />

Parfumeurin und die Nase hinter vielen<br />

Parfum- und Naturkosmetikserien namhafter<br />

Marken. Seit einiger Zeit ist sie zudem<br />

Produzentin von Gin und diverser<br />

Sirups von Chai Lemonade bis Physalis.<br />

Eine ihrer neusten Kreationen ist der<br />

Weisswange Virgin Gin & Tonic-Sirup.<br />

Dieser, eins zu sechs in Kombination<br />

mit Sodawasser und eventuell Zitruszeste<br />

serviert, verspricht so den gewohnten<br />

Gin & Tonic-Geschmack auf völlig alkoholfreier<br />

Basis.<br />

Wer sich also während der nächsten<br />

Detox-Phase aus Abstinenzgründen an<br />

alkoholfreie Gin & Tonics halten muss,<br />

findet den Sirup im Onlineshop von<br />

Kim Weisswange. Die 250-Milliliter-Flasche<br />

kostet <strong>15</strong> Euro und ist wie auch alle<br />

anderen Weisswange-Food-Produkte mit<br />

Inhaltsstoffen aus überwiegend kontrolliertem<br />

biologischen Anbau und durch<br />

Extraktion natürlicher Aromen entstanden.<br />

CK<br />

— weisswange.de<br />

Veneto Vidi Vici<br />

Scavi & Ray Superiore Valdobbiadene<br />

Denominazione di origine controllata e garantita,<br />

kurz DOCG, ist als Gütesiegel der italienische<br />

Ritterschlag <strong>für</strong> Schaumweine. Und ebendiese<br />

Ursprungsbezeichnung darf künftig auch<br />

der im Dezember eingeführte Scavi & Ray Superiore<br />

Valdobbiadene tragen. Die moussierende<br />

Neuentwicklung ist <strong>für</strong> MBG-Geschäftsführer<br />

Andreas W. Herb ein weiterer wichtiger Zuwachs<br />

der Range, um »unseren Premiumanspruch<br />

zu betonen« und speziell im höherpreisigen<br />

Segment aufgestellt zu sein.<br />

Diesem gewünschten Auftritt zugute kommt<br />

wohl auch das edle schwarze Flaschendesign<br />

und der feinperlige Inhalt. In Flaschengärung<br />

mit Trauben aus kontrollierten Lagen<br />

unweit Venedigs hergestellt, ist der Prosecco<br />

Spumante künftig deutschlandweit im ausgewählten<br />

Handel erhältlich. Der Preis <strong>für</strong> die<br />

0,75- Liter-Flasche liegt bei ungefähr 10 Euro.<br />

CK<br />

— scavi-ray.com<br />

Hausmachergin<br />

Dr. Charles Levine Gin Kit<br />

Ja, das Thema Gin mag <strong>für</strong> viele Bartender<br />

mittlerweile ziemlich überholt sein. Im Konsumentenmarkt<br />

jedoch blüht der Wacholder<br />

immer üppiger, und so war es hier nur eine<br />

Frage der Zeit, bis die Do-It-Yourself-Welle an<br />

heimische Tresen schwappt. Denn schließlich<br />

ist das auch gar nicht schwer, wie der Berliner<br />

Unternehmer Daniel Meisen zeigt.<br />

Vodka, Botanicals, ziehen lassen, Gin & Tonic!<br />

So die simple Funktionsweise seines Dr. Charles<br />

Levine Gin Kits. Ausgestattet mit zwei Apothekerfläschchen,<br />

einer Botanical- Mischung, Korken,<br />

Filtern und Trichter ist das Set <strong>für</strong> knapp<br />

40 Euro im Handumdrehen einsatzbereit und<br />

wartet lediglich auf die Zugabe von Vodka<br />

als Grundspirituose. Wer sich daran probieren<br />

möchte und gar demnächst sein eigenes<br />

Wacholdermazerat in der Homebar verkosten<br />

will, findet das Gin Kit über den Onlineshop<br />

der offiziellen Homepage.<br />

CK<br />

— makegin.com<br />

12 Mixtur


FassapotHeKe<br />

barrel ageD peycHauD’s bitters<br />

»Wir dachten, es sei ein interessantes Experiment<br />

,unsere Peychaud’s Bitters im Sazerac-Rye-Fass zu<br />

reifen. Wir wussten auch nicht, was wir zu erwarten<br />

hatten und waren dann nach ein paar Monaten selbst<br />

überrascht, wie gut das Experiment ausging«, erklärt<br />

Harlen Wheatley, Master Distiller der Buffalo<br />

Trace Distillery, ganz pragmatisch den neuen Zuwachs<br />

der Peychaud’s Bitters-Range.<br />

Das beschriebene, eigentliche kleine Wunder hinter<br />

den Rye Barrel Aged Peychauds Bitters geschieht<br />

während 140 Tagen Reifezeit im Eichenholz und<br />

schafft es anschließend, klassischen Cocktails durch<br />

Sazerac-Aromen einen neuen Twist zu verleihen. Der<br />

einzige Haken ist die momentan begrenzte Verfügbarkeit<br />

der neuen Tröpfchen. Wer noch ein Fläschchen<br />

der ersten Charge erstehen möchte, muss dieses über<br />

die den offiziellen Onlineshop aus den USA beziehen.<br />

Ohne Versandkosten werden da<strong>für</strong> umgerechnet<br />

circa 14 Euro fällig.<br />

CK<br />

— thesazeracgiftshop.com<br />

WolF unD esel<br />

lupina ginger lemonaDe<br />

Vor etwas mehr als drei Jahren feierte die pinkfarbene Paloma Lemonade ihr Debüt an der<br />

Bar. Eine Punktlandung <strong>für</strong> viele. Und seit dem vergangenen Herbst nun liefert die Hamburger<br />

Firma Borco einen zweiten »Easy-to-Mix«-Filler nach. Auf den Namen Lupina Ginger<br />

getauft und in knallig grün-gelber Dose verpackt, ist die fruchtig-scharfe Mischung aus Ingwer,<br />

Zitrone und Honig fortan in der Gastronomie und im Handel erhältlich.<br />

Als Antwort auf die gestiegenen Vorlieben zum Ingwer ist Lupina Ginger sowohl zum<br />

Pur-Genuss wie auch als Filler in diversen Mule-Variationen erdacht. Die einst in Kalifornien<br />

entwickelte Drink-Kategorie ist auch die Erklärung hinter dem Schriftzug »Californian<br />

Style«, der unter einem heulenden Wolf auf jeder Dose prangt. Hergestellt auf Basis von 100<br />

Prozent natürlichen Inhaltsstoffen, ist die alkoholfreie Limonade in der 0,355-Liter-Dose <strong>für</strong><br />

ungefähr 1,30 Euro im Handel erhältlich.<br />

CK<br />

— borco.com<br />

spaniscHer neKtar<br />

Dos DÉus Wermut<br />

Die Katalanen sind ein stolzes Volk. Stolz auf ihre Kultur, ihre Sprache<br />

und die Rezepte ihrer Region. Und ebenfalls stolz auf das flüssige Handwerk<br />

ist man vor allem in der kleinen Kellerei Bellmunt del Priorat,<br />

Produzent des katalanischen Dos Déus Wermuts. In Kleinserie wird dort<br />

der würzige Aperitifwein auf Basis einer Mazeration verschiedener Kräuter<br />

und in Vermählung mit Weinen der Region hergestellt. Die anschließende<br />

Reifung erfolgt im Eichenfass und führt zu einem Produkt, das<br />

auf etwas mehr als 1000 Flaschen limitiert und <strong>für</strong> ungefähr 14 Euro zu<br />

erstehen ist.<br />

Besonderes Augenmerk bei der Fertigung und im Ausbau der »Zwei Götter«,<br />

so die Übersetzung aus dem Katalanischen, legte man neben der<br />

nahe liegenden Verwendung im Cocktail auch auf den Einsatz in der<br />

Küche. So sollen speziell Süße und Würze des klassischen roten Aperitifs<br />

auch ideale Begleiter bei Süßspeisen sein.<br />

CK<br />

— dosdeus.com<br />

13


26


staDtGesCHiCHteN<br />

du dunkLes,<br />

stiLLes JuweL!<br />

27


Brüssel mag die Hauptstadt Belgiens sein,<br />

das Zentrum der Entscheidungen. Aber fragt<br />

man die Antwerpener, ist schnell klar, dass<br />

diese Festlegung ein Konstrukt der Verwaltung<br />

ist. Antwerpen ist nicht nur die größte<br />

Stadt des Landes, sie ist auch das unangefochtene<br />

kulturelle Zentrum. Kein Weg führt<br />

vorbei an diesem Ort, der an jeder seiner<br />

Ecken Historie atmet.<br />

Text Nils Wrage<br />

Fotos Jeroen Hanselaer<br />

Antwerpen ist eine stolze, alte Königin. Obwohl im Laufe der Jahrhunderte<br />

immer wieder geknechtet von Invasoren, von Deutschen, Österreichern<br />

und Spaniern, hat es doch niemand geschafft, ihre Würde zu<br />

brechen. Die Stadt ist nicht nur das Zentrum des globalen Diamantenhandels,<br />

sie ist auch selbst ein Juwel, das von manchmal vergangenem<br />

Glamour zehrt. Einst, in der großen Blütezeit Flanderns, war<br />

Antwerpen vielleicht die reichste Stadt der Welt, eine Hochburg des<br />

Handels, der Seefahrt, der Kunst, der Wissenschaft und des Glaubens.<br />

Und sie ist ein Schmelztiegel der Religionen, aus Katholizismus und<br />

Protestantismus, Judentum und Islam: Als Mahnmal der christlichen<br />

Wucht steht die Liebfrauenkathedrale in der Mitte der Stadt, und auch<br />

die Jüdische Gemeinde, die zu den größten Europas gehört, prägt bis<br />

heute das Stadtbild.<br />

Trotz der zwei Weltkriege, die auf belgischem Boden verheerend gewütet<br />

haben, ist die Altstadt mit ihrem monolithischen, behäbigen Glanz<br />

fast gänzlich erhalten geblieben. Und die Einheimischen sind, man<br />

kann es nicht anders ausdrücken, geprägt durch einen großen Stolz,<br />

Teil dieser Festung der Kultur zu sein. Der große Identitätsmagnet Pieter<br />

Pauwel Rubens, der hier begraben liegt, scheint seine Hand wie einen<br />

schützenden, einenden Schirm über der Stadt gespannt zu haben,<br />

so oft begegnet er uns.<br />

Zentrum der Betriebsamkeit<br />

Und die Antwerpener sind geschäftig. Die Emsigkeit aus früheren Tagen,<br />

Rastlosigkeit und Fleiß, die Jagd nach Effizienz – sie alle sind nicht<br />

verschwunden. Die Stadt empfängt den Neuankömmling mit großem<br />

geschäftigem Trubel. Direkt vor den Toren des Centraal-Bahnhofs<br />

schickt sich die erste Armada an Diamantenschleifern und Juwelieren<br />

an, dem Fremden zu zeigen, in welcher Liga hier gespielt wird. Das<br />

Zentrum wirkt nur auf den ersten Blick wie beliebig, denn zwischen<br />

den großen Schaufenstern gesichtsloser Kettenretailer funkelt viel zu<br />

oft die Eigenheit der Stadt durch, die Individualität aus Reichtum<br />

und Geschichte. Und obwohl Antwerpen von unzähligen Reisenden<br />

besucht wird, die es nach Geschichte und Kultur dürstet, hat die alte<br />

Königin es doch geschafft, ihre Kronjuwelen unter einer festen Decke<br />

von Unantastbarkeit gegenüber der entwürdigenden Faust des Mainstreamtourismus<br />

zu verwahren. Die Antwerpener wissen die Schönheit<br />

zu schätzen. Gilt das auch <strong>für</strong> einen guten Drink?<br />

Jüdisches Understatement und eine leere Bar<br />

Wir machen uns zunächst auf in den Südosten der Stadt, fort von der<br />

beliebigen Altstadtschönheit. Die Lange Leemstraat führt fast wie<br />

eine dünne Nabelschnur vom christlichen Zentrum durch das stolze,<br />

aber schlichte jüdische Viertel bis hin zum alten Hospitalgelände. In<br />

der Straße schwirren die Chassidim ihrer täglichen Tüchtigkeit nach,<br />

obwohl der Tag längst zur Neige geht. Doch in den Schatten der sich<br />

ausbreitenden Nacht liegt bereits der Silberstreif des nächsten Tages,<br />

und so laufen alte Herren mit Kippa auf dem Schädel dem neuen Tag<br />

bereits mit schweren Gemüsekisten entgegen, um ihre Stände zu bestücken,<br />

während die jungen Männer mit steifem Filzhut, langen Bärten<br />

und schwarzem Gehrock ihren Abendspaziergang machen. Das Viertel<br />

der orthodoxen Juden ist still, aber nicht leblos. Es zeigt die andere<br />

Seite der Stadt, die keinen Prunk braucht, um ihren Reichtum auszudrücken.<br />

In der Mitte all dessen liegt das alte Krankenhausgelände. Die dortige<br />

Kirche hat man entkernt und in den ehemals sakralen Hallen einen<br />

Tempel des fleischlichen Genusses errichtet. Über zwei Etagen erstreckt<br />

sich das The Jane, das erst vor Kurzem seine Pforten geöffnet<br />

hat. Während im Restaurant der Hochküche gefrönt wird, zeigen wir<br />

Interesse <strong>für</strong> die Upper Room Bar, die sich rasch einen hervorragenden<br />

Ruf erarbeiten konnte. Leider zeigt sich hier die Kuriosität manch<br />

gehobener Gastronomie: man sei leider restlos ausreserviert in der Bar.<br />

Ja, auch am Tresen. Ob denn nicht vielleicht doch ein schneller Aperitif<br />

an der Bar möglich sei, fragen wir. Das ginge leider nicht, denn obwohl<br />

bislang noch so gut wie keiner der angemeldeten Gäste anwesend<br />

sei, müsse man doch auf die Reservierungslage Rücksicht nehmen. So<br />

kommen wir heute leider nur in den Genuss, uns die Räumlichkeiten<br />

und die Karte anzusehen. Die Upper Room Bar ist pure Eklektik, ist<br />

Flohmarktchic unter der vergoldeten Kuppel, sie ist gesichtslose Loungemusik<br />

neben einer sorgsam ausstaffierten Bar. Am Tresen bereiten<br />

sich junge Männer mit gekonnten Handgriffen auf den Abend vor. Die<br />

Karte verspricht einiges: der verantwortliche Barchef ist ursprünglich<br />

Koch, so dass es nicht verwundert, wenn hier offenbar Cuisine Style auf<br />

hohem Niveau praktiziert wird. Nach einem kurzen Plausch und ohne<br />

Drink müssen wir uns leider verabschieden, denn in dem leeren Raum,<br />

an der leeren Bar ist leider alles reserviert.<br />

Wo bist Du, Stadt?<br />

Stille und internationale Volkstümlichkeit<br />

Zurück auf der Straße stellen wir fest, dass sich die Geschäftigkeit der<br />

Stadt verzogen hat wie ein Nebel. Die Antwerpener ziehen sich am<br />

Abend zurück, die Betriebsamkeit wird weniger und die Stadt beruhigt<br />

28<br />

Stadtgeschichten — Antwerpen


Restaurants<br />

The Jane Antwerp<br />

Sperrstunde<br />

Neue <strong>Barkultur</strong><br />

Essen ist ihre Religion und damit macht<br />

das Jane die Küche zum Altar. So stellen<br />

es sich die The-Jane-Betreiber in Antwerpen<br />

vor. Das Restaurant liegt in einer<br />

imposanten alten Kirche. Erst vor Kurzem<br />

durfte es sich über einen Michelin Stern<br />

freuen. Das Restaurant im Erdgeschoss<br />

des ehemaligen Gotteshauses bietet<br />

Platz <strong>für</strong> 60 Gäste. Außen hui, innen<br />

hui, präsentiert es sich mit traditionellen<br />

Stil elementen, gemischt mit zeitgenössischer<br />

Kunst. In der Küche des Gourmet-Restaurants<br />

regieren Nick Bril und<br />

Sternekoch Sergio Herman.Die Mischung<br />

aus Kunst, Musik und Design setzt sich<br />

auch im Menü fort. Trotzdem setzt er auf<br />

regionale, biologische Produkte. Während<br />

der Zubereitung der Gerichte sitzen die<br />

Köche wortwörtlich im gläsernen Kasten.<br />

Die Küche ist in den Gästeraum integriert.<br />

Wer im Anschluss an das Essen noch auf<br />

einen Drink bleiben möchte, setzt sich ein<br />

Stockwerk höher in die Upper Room Bar.<br />

Paradeplein 1, 2018 Antwerpen<br />

— thejaneantwerp.com<br />

Barnini<br />

Im Barnini kehrt man am besten <strong>für</strong> den<br />

kleinen Hunger zwischendurch ein. Hier<br />

werden hauptsächlich Bagels serviert.<br />

Aber auch ein kleines Frühstück und<br />

Kuchen finden sich in der Auslage der<br />

kleinen Location. Die entspannte Atmosphäre<br />

zieht ein vielfältiges Publikum an.<br />

Wer mit der belgischen Speisekarte nicht<br />

zurechtkommt, dem wird geholfen.<br />

Gern besucht, auch von den Einheimischen,<br />

<strong>für</strong> ein schnelles Mittagessen<br />

oder einen Kaffee. Im Sommer sitzt man<br />

gemütlich auf der Terrasse.<br />

Oudevaartplaats 10, 2000 Antwerpen<br />

— facebook.com/barniniantwerp<br />

Josephine’s Restaurant<br />

Das Josephine’s ist eines der wenigen gut<br />

mit dem Auto erreichbaren Restaurants in<br />

Antwerpen. Das Restaurant & Bar liegt im<br />

Stadtteil Zuid. In der Küche wird klassisch<br />

belgisch-französische Kochkunst vollführt.<br />

Lokal und regional versteht sich bei<br />

den Betreibern von selbst. Wer auf der<br />

Weinkarte nicht fündig wird, wechselt von<br />

der Küche zur Bar und genießt dort einen<br />

Cocktail. Wer in Gruppen kommt, <strong>für</strong> den<br />

stehen zwei separate Speiseräume <strong>für</strong><br />

ein privates Abendessen zur Verfügung.<br />

Verschiedene Abende werden von Musikern<br />

begleitet. Am besten, man wirft einen<br />

kurzen Blick auf den Internetauftritt.<br />

Gentplaats 1, 2000 Antwerpen<br />

— josephines.be<br />

Graanmarkt 13<br />

Hier wird eine täglich wechselnde<br />

Auswahl an Fleisch oder Fischgerichten<br />

zubereitet. Wer zum Abendessen kommt,<br />

den erwartet stets ein Drei-Gänge-Menü.<br />

Ob Vegetarier, Allergiker oder verschiedene<br />

Diät-Varianten, alle sind hier herzlich<br />

willkommen, die Küchenchefs geben alles,<br />

um jedem Gast ein perfektes Abendessen<br />

zu präsentieren. Die Betreiber bezeichnen<br />

sich selbst als Teamsportler am Herd,<br />

ihre Sportart: belgische Kochkunst. Das<br />

seit vier Jahren bestehende Restaurant<br />

legt außerordentlichen Wert auf Qualität.<br />

Sowohl in der Küche als auch im Service.<br />

Wer hier ein Essen in sehr privater<br />

Atmosphäre genießen will, reserviert in<br />

der Galerie.<br />

Graanmarkt 13, 2000 Antwerpen<br />

— graanmarkt13.be<br />

Zaowang<br />

Vielerorts beschrieben als das beste Sushi-Restaurant<br />

in Antwerpen. Im Restaurant<br />

dominieren erdige Töne, viel Grünes und<br />

Holz. Sobald man das Restaurant betritt,<br />

fühlt man sich willkommen in einem<br />

Tempel asiatisch-japanischer Gastronomie.<br />

Dabei hebt sich das Zaowang von<br />

den herkömmlichen Sushi-Schnellimbissen<br />

deutlich ab. Kein Laufband in der<br />

Mitte, das die Speisen an den Besuchern<br />

vorbeiführt. Bestellt wird à la Carte.<br />

Das Menu umfasst alle gängigen Sushi-<br />

Arten des europäischen Raumes. Die<br />

Sushi-Bar befindet sich in der Antwerpener<br />

Stadtmitte. Fußläufig entfernt liegt das<br />

Plantin-Moretus-Museum mit der ältesten<br />

funktionierenden Druckerpresse der Welt.<br />

Wer hier mit mehreren Personen einkehrt,<br />

sollte auf jeden Fall das Deluxe-Boote<br />

probieren.<br />

Oude Koornmarkt 22, 2000 Antwerpen<br />

— zaowang.be<br />

29


Das<br />

zum <strong>Mixology</strong> Taste Forum (MTF). Für die<br />

Verkostung und Bewertung von Spirituosen und Bier<br />

Das <strong>Mixology</strong> Taste Forum (MTF) widmet sich in jeder Ausgabe der Verkostung von zwei<br />

Getränken. Den Rahmen <strong>für</strong> die Verkostung bietet ein Raum, frei von Fremdgerüchen<br />

und Störfaktoren. Die Verkoster sitzen an Einzelplätzen, um ihre Produkte dort konzentriert<br />

<strong>für</strong> sich zu probieren und zu bewerten. Ein Austausch zu den jeweiligen Getränken<br />

ist zu diesem Zeitpunkt nicht vorgesehen.<br />

Die Teilnehmer verkosten blind, also kennen die einzelnen Produkte nicht, die ihnen<br />

als Set oder in verschiedenen Flights vorgesetzt werden. Zuvor erhalten sie von den<br />

Moderatoren eine kurze Einführung zu der jeweiligen Produktkategorie, den typischen<br />

Merkmalen der Stilistik und zum Ablauf des Taste Forums.<br />

Zwischen Überflieger und U-Boot<br />

Alle Produkte erfahren die gleichen Rahmenbedingungen (so sollen beispielsweise die<br />

Biere ein einheitliches Temperaturniveau aufweisen, Spirituosen werden ohne die Beimengung<br />

von Wasser getestet), daher erfolgt die Verkostung aus einheitlichen Gläsern.<br />

Für Spirituosen verwendet das <strong>Mixology</strong> Taste Forum den Whisky Snifter Premium des<br />

Glasherstellers Spiegelau. Für die Kategorie Bier setzt das <strong>Mixology</strong> Taste Forum die<br />

Biertulpe, ebenfalls aus dem Hause Spiegelau, ein.<br />

Es besteht die Möglichkeit, dass die Moderatoren entscheiden, ein U-Boot in die<br />

Verkostung einfließen zu lassen, also ein Produkt einer anderen, fremden, aber möglicherweise<br />

artverwandten Kategorie oder Stilistik. Die Tester füllen während der Verkostung<br />

Bewertungsbögen aus, in denen sie Aspekte wie Aussehen, Geruch, Geschmack,<br />

Aroma, Balance und Mundgefühl beachten müssen.<br />

Im Anschluss an die Bewertung enthüllen die Moderatoren die Produkte und<br />

laden zu einer Gesprächsrunde ein, bei der die Tester ihre Eindrücke und Überraschungen<br />

austauschen und auch Faktoren wie Flaschendesign, Preis-Genuss-Verhältnis oder<br />

Anwendbarkeit diskutieren. Diese Ergebnisse fließen dann in die Texte der Taste- Forum-<br />

Autoren ein, spielen aber bei der Punktevergabe keine Rolle.<br />

Die MTF<br />

Der dritte Platz ging nach Jamaika und brachte viele Teilnehmer dazu,<br />

von Mai Tai, Planters Punch und weiteren Drinks im Tiki-Stil zu<br />

schwärmen. Der Smith & Cross errang 2012 den Titel zur Spirituose des<br />

Jahres im Rahmen der <strong>Mixology</strong> Bar Awards und rechtfertigte diese<br />

Auszeichnung erneut. Die Experten bescheinigten dem Rum einen<br />

hohen Wiedererkennungswert und witterten einen kernigen Charakter<br />

mit Holzanklängen, aber auch eine dezente Frische, wie sie <strong>für</strong> Rhum<br />

Agricole typisch ist. Die faire Preisgestaltung trägt ebenfalls zur Attraktivität<br />

des Smith & Cross bei.<br />

Einem Rum gelang es, die Verkoster-Runde zu spalten. Der Rum Nation<br />

Jamaica war nicht nur der teuerste Rum im Rennen, er polarisierte<br />

wie kein zweiter. Einige Verkoster empfanden das spezielle Destillat als<br />

hochkomplex und überaus ansprechend, sogar eine glatte 100 wurde vergeben.<br />

Andere störten sich an estrigen und medizinalen Noten, die an<br />

Klebstoff erinnerten. Am Ende überwogen die Stimmen der Skeptiker,<br />

aber der Rum bedeutet sicher eine spannende Erfahrung <strong>für</strong> fortgeschrittene<br />

Rum-Connaisseurs.<br />

Eine Kernfrage in Bezug auf Rum konnte am fünftplatzierten sehr deutlich<br />

festgemacht werden. Der Chairman’s Reserve aus St. Lucia stieß<br />

auf großes Wohlgefallen bei einem Teil der Gruppe, deren Verkostungsnotizen<br />

oftmals vermerkten: angenehm trocken, nicht zu süß. Die Süße<br />

polarisiert. Manchen Verkostern ist eine intensive Süße angenehm,<br />

andere schätzen es, wenn der süße Geschmack nur subtil im Hintergrund<br />

mitschwingt. Chairman’s Reserve bietet dabei ein Highlight <strong>für</strong><br />

die Liebhaber der trockenen, weniger süßen Variante. Fans der süßen<br />

Variante kommen hingegen bei Platz vier auf ihre Kosten, dem Plantation<br />

aus Guyana.<br />

Wann ist ein rum volljährig?<br />

95 – 100<br />

Excellent<br />

90 – 94<br />

Very Good<br />

Die MTF<br />

85 – 89<br />

Good<br />

80 – 84<br />

Solid<br />

70 – 79<br />

Average<br />

60 – 69<br />

Below average<br />

59 and less<br />

not<br />

recommended<br />

Eine Problematik, welche das Experten-Team kritisch diskutierte, waren<br />

die verwirrenden Altersangaben bei Rum. Irritierend <strong>für</strong> jeden Verbraucher<br />

ist die Tatsache, dass es im Gegensatz zu anderen Spirituosen keine<br />

konsequente Regelung zur Alters-Deklaration gibt. Jedes Land hat eigene<br />

Gesetze zur Etikettierung. Wohlwollend nimmt das MTF-Team den<br />

Vorstoß des WIRSPA (West Indies Rum and Spirits Producers’ Association)<br />

zur Kenntnis, die mit ihrem ACR-Siegel (Authentic Caribbean<br />

Rum) <strong>für</strong> klarere Informationen und Qualitäten sorgen möchte. Marken<br />

wie El Dorado oder Chairman’s Reserve, aber auch Mount Gay, Doorly’s,<br />

Barbancourt und viele andere hochwertige Produzenten schlossen<br />

sich dem Verbund bereits an.<br />

Um eine hohe Aussagekraft <strong>für</strong> das <strong>Mixology</strong> Taste Forum (MTF) zu gewährleisten, legen<br />

die Moderatoren hohe Anforderungen an die Teilnehmer und Tester. Für jede der beiden<br />

Produktgattungen steht ein Stamm von ca. 20 Verkostern zur Verfügung, von denen<br />

dann mindestens zehn am Taste Forum mitwirken.<br />

Ein geschulter Gaumen und eine erfahrene und zugleich sensible Nase bilden die Grundvoraussetzungen<br />

<strong>für</strong> die Einladung zum MTF.<br />

Der Stamm besteht aus Gastronomen, Bartendern und weiteren Fachleuten wie Sommeliers,<br />

Händlern und fortgeschrittenen Connaisseurs. Er wird je nach Thema erweitert,<br />

um ausgewiesene Experten zu dem jeweiligen Produkt befragen zu können, die dann<br />

individuell <strong>für</strong> ein bestimmtes MTF hinzugebeten werden.<br />

Vorbereitet, moderiert und ausgewertet wird das Taste Forum Bier von Rory Lawton in der<br />

vorliegenden Ausgabe . Das Taste Forum Spirituose betreut Peter Eichhorn.<br />

Haben wir schon über den Sieger gesprochen? Er kommt aus dem Hause<br />

Plantation, einem unabhängigen Abfüller, der zur renommierten Cognac-Marke<br />

Pierre Ferrand gehört. Bartender lieben die markante Optik<br />

der Flaschen mit dem Bast-Netz im Backboard und die zuverlässigen<br />

Qualitäten der Produkte. Der Guyana errang bereits den vierten Platz,<br />

der Jamaika wurde von der MTF-Jury zum Sieger erkoren. Die Komplexität<br />

begeistert. Reife Früchte und ein balanciertes Aroma inspirieren<br />

zu Old Fashioneds oder zu einem ausgefeilten Planters Punch. Dazu<br />

kommt ein vorzüglicher Preis. Mit diesem Rum lässt sich somit hervorragend<br />

anstoßen. Dazu ein letzter Trinkspruch der britischen Marine,<br />

der mittwochs ausgesprochen wurde: »Auf uns selbst, weil sich sonst<br />

vermutlich niemand schert!«<br />

58<br />

MTF — <strong>Mixology</strong> Taste Forum


Imperial Stout<br />

Für das neue <strong>Mixology</strong> Taste Forum galt es, ganz bewusst einen reichhaltigen,<br />

komplexen und wärmenden Bierstil <strong>für</strong> die kalten Wintermonate<br />

auszuwählen. Welcher Stil könnte diesbezüglich geeigneter sein als<br />

das Imperial Stout? Über ein ganzes Jahrhundert sträflich vernachlässigt,<br />

erleben Imperial Stouts heute ein Comeback. Die Wiederentdeckung<br />

historischer britischer Spezialitäten verdanken wir vornehmlich<br />

den jungen Craft-Brauereien in den USA und dem Einfluss, den sie mit<br />

ihren Brau-Interpretationen auf Kollegen in aller Welt ausüben.<br />

In Deutschland befindet sich dieser Bierstil noch in den Kinderschuhen<br />

und nur eine Handvoll Brauer bietet ein Imperial Stout im regulären<br />

Sortiment an. Dennoch verwundert es nicht, dass dieser opulenteste<br />

und komplexeste unter den Bierstilen eine wachsende Gefolgschaft unter<br />

Liebhabern gewinnt. Dabei bleibt es ein Bier, das Zeit beansprucht.<br />

Sowohl im Brauprozess und der Reifung wie auch beim Genuss im Glas.<br />

In einer Zeit, in welcher der Begriff »Imperial« im Brauwesen beinahe<br />

überstrapaziert wird – Imperial IPA, Imperial Red und sogar Imperial<br />

Pils –, sollte man sich daran erinnern, dass das Imperial Stout<br />

den Ursprung dieser Begrifflichkeit bedeutet. Man könnte sogar so weit<br />

gehen zu behaupten, dass dieser Stil als einziger den Titel mit Berechtigung<br />

trägt.<br />

Ein britischer Stil, gemeistert <strong>für</strong> Zeit und<br />

Entfernung<br />

Der Ursprung des Brauens von Porter liegt im London des frühen 18.<br />

Jahrhunderts. Das obergärige, mit dunklem Malz gebraute Bier entwickelte<br />

sich rasch zum beliebtesten Bier in England und blieb dies <strong>für</strong> die<br />

nächsten 100 Jahre. Stärkere Varianten von Porter – mit höherem Alkoholgehalt<br />

und einem kraftvolleren Körper – wurden als ›Stout‹ Porters<br />

bekannt. Heute wird ein Stout zumeist gleichgesetzt mit den trockenen,<br />

irischen Bieren, aber die Stouts, die im späten 18. Jahrhundert in London<br />

gebraut wurden, waren ausnahmslos deftige Porter-Biere mit sehr<br />

hoher Stammwürze.<br />

Es ist die Hoch-Zeit der britischen Handelsflotten, und so kann die<br />

hohe Nachfrage im Baltikum und bis Russland befriedigt werden. Inspiriert<br />

von britischen Porters und Stouts fertigen noch heute Brauereien<br />

in Skandinavien, Polen und Russland ihre Interpretationen. Im ausgehenden<br />

18. Jahrhundert behaupteten die Briten den Ruf, die erlesensten<br />

Stouts herzustellen, und starke, intensiv gehopfte Versionen wurden<br />

nach Sankt Petersburg verschifft. Diese Biere, seinerzeit der Höhepunkt<br />

britischer Braukunst, erlangten ihre Berühmtheit unter dem Begriff<br />

»Russian Imperial Stout«.<br />

Eine Stilanalyse<br />

Jedes Stout besteht aus einer vielfältigen Getreidemischung und enthält<br />

helle Malze als Hauptbestandteil der Gärung sowie Spezialgetreide,<br />

Karamellmalz und meist auch geröstete, ungemälzte Gerste. Bei Imperial<br />

Stout liegt der Anteil der dunklen Malze besonders hoch, um dem<br />

hohen Alkoholgehalt eine volle, malzige Komplexität entgegenzusetzen.<br />

Vom optischen Erscheinungsbild her blicken wir auf die dunkelste<br />

aller Biergattungen. Von undurchsichtigem Dunkelbraun bis Pechschwarz<br />

reicht die Farbpalette. Die Kohlensäure ist gering und je nach<br />

der Reifungszeit in der Flasche kann die ›››› weiter auf S. 62<br />

59


CoCKtaiL<br />

vieux Carré<br />

new orLeans’<br />

aLtstadt im gLas<br />

Text Peter eichhorn<br />

New Orleans, Wiege des Jazz,<br />

Tor zur alten Pracht der Südstaaten,<br />

Partymeile des Mardi Gras<br />

Karnevals und geheimnisvolles<br />

Mysterium des Voodoo. Dazu die<br />

Stadt, die das Herz jedes Cocktailenthusiasten<br />

höherschlagen<br />

lässt: Geburtsort von Sazerac,<br />

Ramos Gin Fizz, Absinthe Frappé,<br />

Hurricane und Peychaud’s Bitters.<br />

Dazu Austragungsort der Tales of<br />

the Cocktail, jener legendärsten<br />

Cocktail-Veranstaltung der USA.<br />

Die Tales im Sommer und auch der Mardi Gras,<br />

der »Fetter Dienstag« genannte Faschingsdienstag,<br />

zum Jahresbeginn bevölkern das französische<br />

Viertel der Altstadt immens. Diesem<br />

French Quarter, auch Vieux Carré genannt,<br />

widmete der Bartender Walter Bergeron<br />

im Hotel Monteleone in den 1930er-Jahren einen<br />

herrlichen Drink, der vor wenigen Jahren<br />

seine Wiederentdeckung erfuhr. Möchte man<br />

die Geschichte dieses Drinks erkunden, so<br />

68<br />

führt die Reise weit über die Südstaaten-Metropole<br />

hinaus. Von Louisiana geht es einmal<br />

nordwärts entlang der Ostküste in den Big Apple,<br />

New York, und zurück in die Südstaaten.<br />

Das Barhockercarousel<br />

»Mein Leben ist eher eine fröhliche Taverne<br />

als ein trauriges Hotel«, bemerkte der Autor<br />

und Pulitzerpreisträger Tennessee Williams<br />

(1911 – 1983) anlässlich der Veröffentlichung seiner<br />

Memoiren im Jahre 1975. Mit »Die Katze<br />

auf dem heißen Blechdach« taucht er ein in<br />

die Welt einer stolzen Südstaaten-Familie, mit<br />

»endstation sehnsucht« macht er New Orleans<br />

unsterblich und mit dem Theaterstück »vieux<br />

Carré« beschreibt er das bunte, tragisch-glamouröse<br />

Treiben jenes French Quarters, seiner<br />

Wohnstätte <strong>für</strong> einige Zeit in den späten<br />

1930er-Jahren.<br />

Das stark autobiografisch geprägte Stück<br />

beginnt Thomas Lanier Williams III., wie<br />

Tennessee Williams mit bürgerlichem Namen<br />

heißt, 1939 zu schreiben, vollendet es aber erst<br />

knapp 40 Jahre später. Erst 1977 in New York<br />

kann es uraufgeführt werden. Williams wohnt<br />

1938 in der Adresse 722 Toulouse Street in New<br />

Orleans, gleich um die Ecke der Royal Street,<br />

wo bereits seit 1886 das Hotel Monteleone seine<br />

Gäste beherbergt. In der Lobby Bar des Hotels<br />

präsentiert zu jener Zeit der Chef-Bartender<br />

Walter Bergeron den Gästen des Hauses seine<br />

neueste Kreation, den Vieux Carré Cocktail<br />

aus Whiskey, Cognac, Wermut, Bénédictine,<br />

Angostura und Peychaud’s Bitters. Womöglich<br />

nahm Williams den Drink damals oder bei<br />

späteren Aufenthalten, als er gerne im Monteleone<br />

abstieg, begeistert zu sich. Anders als<br />

bei Williams’ Leidenschaft <strong>für</strong> den Ramos Gin<br />

Fizz ist eine Begegnung mit dem Vieux Carré<br />

Cocktail leider nicht überliefert.<br />

Legendär ist heute die berühmte Carousel<br />

Bar des Hotels. Seit 66 Jahren rotieren dort 25<br />

Barhocker um den Tresen. Das Hotel verweist<br />

stolz auf das einzige Karussell, <strong>für</strong> das man 21<br />

Jahre alt sein muss. Zu Bergerons Zeiten war<br />

der Tresen noch fest, und <strong>für</strong> die Gäste drehte<br />

sich der Boden erst nach den Drinks, nicht<br />

vorher.<br />

Die erste Überlieferung des Vieux Carré Cocktails<br />

findet sich im Buch »Famous New orleans<br />

Drinks & How to Mix them«, gesammelt und<br />

veröffentlicht von Stanley Clisby Arthur<br />

im Jahre 1937. Der Autor verweist auf die Absicht<br />

des Barmanns, dessen ganzer Stolz dieser<br />

Cocktail ist, das romantische Gefühl des alten<br />

New Orleans mit seinem French Quarter dem<br />

Besucher ins Glas zu zaubern.<br />

Woher kommt die Inspiration? Mit Cognac<br />

und Bénédictine ist auf einen Hauch<br />

Frankreich verwiesen, und die Apotheke von<br />

Antoine Peychaud, Schöpfer des feinen<br />

Bitters, befand sich ursprünglich nur wenige<br />

Schritte entfernt vom Hotel.<br />

Illustration: studio grau


VI EUX<br />

CARRÉ<br />

New Orleans


curaçao<br />

Erdbeere<br />

BAR<br />

CONVENT<br />

BERLIN<br />

6 & 7 OCTOBER 20<strong>15</strong><br />

INTERNATIONAL BAR AND<br />

BEVERAGE TRADE SHOW<br />

Kürbis<br />

IzzarA<br />

Verte ®<br />

Apfel<br />

Kreuzdorn<br />

Senf<br />

Lychee<br />

Likör<br />

Rote Bete<br />

SAVE THE DATE!<br />

Pfefferminze<br />

Baguette<br />

Japanische<br />

Kirschblüte<br />

Dulce De<br />

Leche<br />

Sesamsaat<br />

Jus vom<br />

Schwein<br />

Chorizo<br />

Dunkles Trappistenbier<br />

Rindfleisch<br />

Haselnussöl<br />

Kürbiskernöl<br />

Hopfensprossen<br />

Getreide-<br />

Tortilla<br />

Emmentaler<br />

Brie<br />

Fourme<br />

d’Ambert<br />

Roter<br />

Knurrhahn<br />

Holzmakrele<br />

Gestreifter<br />

Seewolf<br />

Birne<br />

*Conference*<br />

Erdnuss<br />

Brombeere<br />

Creme<br />

de Cassis<br />

Gin<br />

Schwarzer<br />

Tee<br />

barconvent.com facebook.com/BarConvent twitter.com/BarConventBER


»In Bierlaune kommt man auf<br />

Schnapsideen.«<br />

<br />

Rupert Schützbach,<br />

deutscher Schriftsteller<br />

mix·ol·o·gy<br />

(mĭk-sŏľə-jē) n.<br />

1) the study or skill of preparing<br />

mixed drinks<br />

2) magazine of bar culture<br />

www.mixology.eu<br />

Einzelverkaufspreis D 7,50 € A 8,50 € CH 10,50 sFr

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