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Bombing HL

Graffiti und Street Art in und aus Lübeck

Graffiti und Street Art in und aus Lübeck

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BOM<br />

BING<br />

<strong>HL</strong><br />

Nora Hein


Konzept, Gestaltung, Texte: Nora Hein<br />

Fotorechte: Nora Hein, Northcoast Graffix Team, Enrico Pense<br />

Schriften: Titel-Whatka, Überschriften-Dekar, Texte&Interviews-Nirmala UI<br />

Buchumschlag: Les Naturals-Pappe, Naturkarton<br />

BOMBING <strong>HL</strong><br />

© 2014 Nora Hein<br />

Entstanden als Teil der Bachelorarbeit im Studiengang Informationstechnologie<br />

und Gestaltung an der Fachhochschule Lübeck<br />

BOM<br />

BING<br />

<strong>HL</strong><br />

Anmerkung zum Titel: Das Wort <strong>Bombing</strong> bezeichnet relativ einfache, schnell<br />

gemachte Graffiti. Die Durchführung, also das Sprayen, wird ebenfalls Bomben<br />

oder <strong>Bombing</strong> genannt.


Inhalt<br />

Vorwort Hello my name is... 6<br />

Graffiti 8<br />

Interviews mit Lübecker Writern 20<br />

Interview mit Bastian Langbehn 44<br />

Interview mit Enrico Pense 58<br />

Street Art 62<br />

Danke 80


Graffiti, als fester Bestandteil der meisten Städte, prägt vielerorts das Bild städtischer<br />

Ballungsräume. Glücklich macht dieser Umstand allerdings nur die wenigsten<br />

Bewohner, da Graffiti in vielen Fällen illegal sind und eher als Störfaktor<br />

empfunden werden. Trotzdem scheint es, als würden diese negativen Belastungen<br />

keinerlei Auswirkungen auf die Existenz und Verbreitung von Graffiti haben.<br />

Sicher ist, dass das Phänomen nicht einfach verschwinden wird und somit die<br />

Beschäftigung mit dem Thema unter neuen Gesichtspunkten stattfinden muss.<br />

In diesem Buch soll eine andere Sicht auf die Werke und Aktivisten der Graffiti-<br />

Szene vermittelt werden - fernab von Kriminalisierung und Skandalisierung. Es<br />

soll zum Hinterfragen anregen und auch bisher Unbeteiligten einen Einblick in<br />

die Szene ermöglichen, um so zu einem neuen Verständnis von Graffiti beizutragen.<br />

Aus diesem Grund werden in dem vorliegenden Buch nicht nur Bilder<br />

der Graffiti-Werke präsentiert, sondern auch Interviews abgedruckt, welche die<br />

unterschiedlichen Beweggründe von Sprayern näher beleuchten. Weitere Gespräche<br />

mit einem professionellen Sprayer und dem ehemaligen Besitzer eines<br />

Geschäftes für Graffitibedarf bringen zusätzliche Betrachtungsweisen ein.<br />

Durch die Auswahl der Interviewpartner und der Fotografien wird ein Ausschnitt<br />

der Lübecker Szene dargestellt, der in keinem Fall Anspruch auf Vollständigkeit<br />

erhebt, sondern einen Blick auf die Szene zeigt. Die verwendeten Fotos sind<br />

teils eigens aufgenommen und zum anderen Teil von Northcoast Graffix zur<br />

Verfügung gestellt worden. Entstanden sind die Aufnahmen zwischen 2007 und<br />

2014. Durch diesen langen Zeitraum und die Präsentation vieler unterschiedlicher<br />

Writer soll die gesamte Bandbreite der Lübecker Graffiti-Szene wiedergespiegelt<br />

werden.<br />

Nicht zuletzt soll das Buch auch ein Tribut an alle Sprayer sein, die es sich Nacht<br />

für Nacht zur Aufgabe machen, die Stadt bunter zu gestalten und dafür Einiges<br />

riskieren.<br />

Wenn man sich also einmal darauf einlässt, die wechselnden Motive an den<br />

Wänden und die daraus folgende stetige Veränderung in der Stadt wahrzunehmen,<br />

öffnet sich eine andere Perspektive, aus der die Stadt durch Graffiti zu<br />

einer lebhafteren und kommunikativen Umgebung wird.<br />

6 7


GR<br />

AF<br />

FITI<br />

9


10 11


12


17


18 19


Interviews mit<br />

Lübecker Writern<br />

20


Kesn Ters anonym<br />

+ Writer aus Lübeck<br />

+ anonyme Fragebögen<br />

Wie ist dein Name und wie bist du darauf gekommen?<br />

Hat er eine Bedeutung?<br />

Kesn: Kapier eure Styles nicht/kaltes Essen<br />

schmeckt nicht. Das waren hübsche Buchstaben,<br />

es geht um Lettern nicht um Worte.<br />

Ters: Es hat keinen tieferen Sinn.<br />

anonym: anonymer Teilnehmer<br />

Gehörst du zu einer Crew oder bist du lieber<br />

allein unterwegs?<br />

K: AEK, beste Crew. Nein, alleine scheiß ich mir<br />

immer viel zu krass in die Hose, man steigert<br />

sich in seine Paranoia rein etc. - gerade wenn<br />

man stoned ist. Alleine höchstens mal an die<br />

Line. Oder eben Yards auschecken (ohne Dosen)<br />

geht auch gut alleine.<br />

T: Ich gehöre zu der Crew MC, seit 2005.<br />

a: Ich habe viele Crews vertreten, aber das<br />

Gefühl Crew-Bilder zu malen löst einfach nur<br />

Langeweile aus. Ein Wort, ein Mann, sag ich<br />

lieber.<br />

Seit wann sprayst du? Und bist du noch aktiv?<br />

K: Seit circa 2000, in den letzten 2-3 Jahren<br />

eher so semi-aktiv bis gar nicht mehr.<br />

T: Ich sprühe seit 2005. Vorher lediglich auf<br />

Zetteln oder in Büchern. Ich sprühe seit 2013<br />

nicht mehr; am Schreibtisch nur noch sehr<br />

selten und wenn, dann eher Tattoovorlagen.<br />

a: Seit 2001 mach ich diesen Blödsinn.<br />

Wie bist du dazu gekommen? Was war deine<br />

Motivation am Anfang und hat sie sich in den<br />

letzten Jahren verändert?<br />

K: Naja, war damals halt so dieses Hip Hop<br />

Ding in das man hinein geraten ist: Rapmusik,<br />

kiffen, skaten, etc. - da war Graffiti irgendwie<br />

auch allgegenwärtig.<br />

Total unterschiedlich. In den ersten 2-3 Jahren<br />

definitiv Fame. Den Namen verbreiten, diesen<br />

ganzen anderen Spacken aus der Szene zeigen,<br />

wer den „Größten“ hat. Die eigene Crew<br />

gegen den Rest der Welt, und so. Dann hatte<br />

ich ‘ne kurze Pause und seit Ende 2004 male<br />

ich eigentlich vor Allem für mich. Fame ist auf<br />

jeden Fall immer unbedeutender geworden<br />

mit den Jahren.<br />

T: Es war strickt verboten für Kids. Ich und<br />

Verbote, naja... Meine Motivation ist und war<br />

es mich, meine Crew, meine Jungs und meine<br />

Stadt in jeglicher Art und Form zu präsentieren.<br />

Ich bin sehr stolz auf meine Stadt.<br />

a: Graffiti ist eine weltweite Sprache, die überall<br />

vertreten ist. Ich finde überall auf der Welt<br />

Gleichgesinnte- überall gibt es Wände oder<br />

Metro-Systeme ;) (die Quellen der Inspiration<br />

sind ausschlaggebend für meine Motivation).<br />

Hattest du viele Freunde in der Szene oder<br />

warst du der Einzige in deinem normalen Umfeld<br />

(also in der Schule/ Ausbildung o.Ä.)?<br />

K: In den ersten 2-3 Jahren nur und ausschließlich<br />

mit meiner Crew rumgehangen,<br />

der Rest der Szene waren eher Konkurrenten<br />

bis Feinde. Wir haben jeden Tag zusammen<br />

‘rumgehangen und gekifft und abends sind<br />

wir los gezogen. Viel Anderes gab es nicht,<br />

Graffiti war schon der Lebensinhalt. In den<br />

darauf folgenden Jahren wurde es immer<br />

mehr eine von meinem normalen Leben (mit<br />

Freundin, Abi nachholen, Studium etc.) abgespaltene<br />

Welt, die nicht sonderlich weit in<br />

meinen Alltag hineinragte.<br />

T: Ich gewann durch Graffiti viele Freunde<br />

hinzu. Da ich aber aus der Stadt zog und inaktiv<br />

bin, bildet sich das zurück. Am Anfang<br />

in der Schule war ich der Einzige, der es ernst<br />

nahm.<br />

a: „Freunde“, in der Szene gibt es keine Freunde.<br />

Das ist ein grosses Haifischbecken. Leute,<br />

die es ernst nehmen, sind pure Egoisten und<br />

Einzelgänger.<br />

Wissen deine Eltern davon? Und deine Freunde?<br />

K: Normal! Es gab auf jeden Fall unschöne<br />

Zeiten deswegen. Mittlerweile sind das aber<br />

alles alte Kamellen und Jugendsünden. Ich<br />

bin froh, dass meine Mutter nicht mehr diesen<br />

sorgenvollen Blick von damals drauf hat,<br />

wenn ich sie besuche.<br />

T: Ja, die wissen soweit Bescheid- sogar mein<br />

Chef.<br />

a: JA.<br />

Was inspiriert dich? Hast du Vorbilder?<br />

K: Freunde, die Menschen, die mir nahestehen,<br />

Literatur, Musik, Alltägliches, halt diese<br />

‘gähn‘... Standardaufzählung, die wohl jeder<br />

hier anbringen würde.<br />

Im Graffiti: Ich feier zum Beispiel Moses und<br />

Taps, aber Vorbilder sind das jetzt nicht so.<br />

T: Jede Fahrt mit der U-Bahn, S-Bahn,<br />

akn,deut.bahn, dem Bus. Jedes Bild inspiriert<br />

mich, spornt an. Meine Vorbilder sind Meine<br />

Crew.<br />

a: Ich seh‘ meine Kunst sehr gerne auf Zügen,<br />

Metros, S-Bahnen, Regios usw. Die Zeit in der<br />

ich Wände gemacht habe, ist schon lange<br />

vorbei. Ab und zu mal mit 20 Restdosen an<br />

die Line ist ok.<br />

Verbindest du bestimmte Gedanken, Gefühle,<br />

Vorstellungen mit dem Sprayen? Geht es<br />

für dich z.B. um das reine Sprühen und das<br />

Ergebnis oder ist es eher der Akt an sich, der<br />

Adrenalinstoß?<br />

K: Es ist schon eine der krassesten Sachen,<br />

die es gibt. Aber es grenzt an eine Vergewaltigung,<br />

hier einen 2-3 Absätze langen Text<br />

über ein etwaiges „Warum“ hin zu kritzeln.<br />

Wie immer, wenn es um Kunst geht, kann<br />

kein monokausaler Ansatz („Ich mache es,<br />

weil...“) diese Sache hinreichend erklären, es<br />

würde immer eine unzulässige Reduktion dabei<br />

herauskommen. Wenn es einen konkreten<br />

kausalen Antrieb gäbe, wäre es wohl auch per<br />

Definition keine Kunst mehr, oder? Darum<br />

lasse ich das hier lieber.<br />

T: In erster Linie geht es um das technische<br />

Geschick. Die Farben, Formen zu einem schönen<br />

Bild zusammen zusetzen. In Zweiter meine<br />

ich damit meine Stadt zu verschönern.<br />

a: Mir geht es darum immer besser zu werden.<br />

Mich interessiert es auch nicht, ob jemand<br />

22 23


meine Werke sieht. Ganz im Gegenteil: lieber<br />

Metros machen, damit nicht jeder Spotter das<br />

Ding im Internet veröffentlicht.<br />

Wie suchst du deine Spots aus? Erkundigst du<br />

dich vorher oder arbeitest du eher spontan?<br />

K: Straße ja schon lange nicht mehr. Da ist<br />

man halt so tagsüber durch die Stadt gerannt<br />

und hat nach Plätzen geguckt. Bei Trains<br />

kennt man halt die Spots und checkt sie halt<br />

eine Weile vorher aus, bevor man da mal wieder<br />

‘reinrennt- sollte man zumindest.<br />

T: Ich wurde nie erwischt. Und da gab es viele<br />

Situationen. Ich war sehr überlegt in meinem<br />

Handeln.<br />

a: Bin da eher spontan. Ich kenne schon den<br />

einen oder anderen Spot. Am liebsten immer<br />

da wo keiner hingeht, wegen großer Gefahr<br />

oder Paranoia vor der Wache.<br />

Sprayst du lieber an legalen Wänden oder gefällt<br />

dir das Illegale besser?<br />

K: Legal interessiert mich Null. Da geh‘ ich<br />

höchstens mal zum Üben hin, wenn ich<br />

nachts los will und lange keine Dose in der<br />

Hand hatte. Dann hau‘ ich da mein schnelles<br />

Train-Panel auf die Wand und gehe wieder.<br />

Auch andere legale Bilder interessieren mich<br />

nicht wirklich.<br />

T: Wenn ich mal wieder etwas mache, dann<br />

wohl nur noch legal.<br />

a: Wer trägt mir die Wand am Ende durchs<br />

Land, ich mache nur noch Züge.<br />

Meinst du, es hat dich besonders geprägt in<br />

Lübeck aktiv zu sein? Glaubst du, deine Entwicklung<br />

wäre anders verlaufen wenn du z.B.<br />

in Berlin oder Hamburg angefangen hättest?<br />

K: Auf jeden Fall, alles krass familiär hier.<br />

Zwar auch anstrengend, wenn in so einer kleinen<br />

Szene alle so dicke Eier haben und sooo<br />

ein Ego vor sich herschieben, aber was erwartet<br />

man von einem Milieu in dem es darum<br />

geht seinen Namen riesengroß auf Züge zu<br />

schreiben? Mittlerweile sind eigentlich auch<br />

alle Feinde von damals zu Kollegen geworden.<br />

Außerdem weiß ich mittlerweile, dass es<br />

in Hamburg nicht besser läuft.<br />

T: Hamburg ist ein sehr hartes Pflaster für illegale<br />

Sprayer. Lübeck dagegen hat kaum Beamte,<br />

die sich damit befassen. Also eher eine<br />

Spielwiese.<br />

a: Hamburg wäre krasser gewesen, aber ich<br />

wohne zur Zeit auch hier.<br />

Weißt du etwas über die Graffiti Geschichte<br />

in Lübeck? Wann, Wer, Wie angefangen hat<br />

usw. ?<br />

K: Sehr viel. Eigentlich kenn‘ ich, glaube ich,<br />

alle, die seit 2000 in <strong>HL</strong> irgendwas gemacht<br />

haben. Wäre mir jetzt aber schon ein bissl zu<br />

anstrengend das alles aufzuzählen. Sorry...<br />

T: Seit 2004 kenne ich die meisten Sachen.<br />

Und auch Leute. Davor eher weniger.<br />

a: Die Leute, die als erstes Züge gemacht haben,<br />

sind: Die Schwulen Freunde, auch Bekannt<br />

als „DSF“. Vor ca. 14-15 Jahren sind mir<br />

die Sachen von Oster Erase Payer Razor aufgefallen<br />

als ich am Bahnhof stand. Das fand<br />

ich cool. Ich habe das selber angefangen zu<br />

zeichnen und mir die BACKSPIN zu kaufen.<br />

Würdest du gern mal eine Auftragsarbeit anfertigen<br />

oder hast du das schon mal getan?<br />

Wenn ja, wofür war der Auftrag (privat/geschäftlich)?<br />

K: Neee.<br />

T: Ja, mehrfach. Einmal geschäftlich für eine<br />

Schule. Dann für meine Eltern und weitere.<br />

a: Nein!<br />

Hat sich dein Style im Laufe der Zeit verändert?<br />

Wenn ja, in welche Richtung? Gefällt dir<br />

die Entwicklung?<br />

K: Nee, war immer ‘nen Stempel und wird<br />

auch immer nen Stempel bleiben. Sauber<br />

und handwerklich gekonnt ist wichtig. Darüber<br />

hinaus zählt für mich eigentlich vor Allem<br />

Quantität.<br />

T: Ja, hat er sich (sollte er auch) und er ist wilder,<br />

intelligenter und besser geworden. Eher<br />

in Richtung Wildstyle.<br />

a: Früher wollten alle Wildstyles machen. Ich<br />

habe auch damit angefangen, aber ich sag:<br />

Weniger ist Mehr. Etwas simpel und sauber<br />

sind meine Werke zurzeit.<br />

Wie findest du Street Art? Siehst du es als<br />

eine Weiterentwicklung von Graffiti?<br />

K: Nein, man! Ist Street Art nicht nur was für<br />

versnobte Modestudenten, die sich nicht<br />

trauen echtes Graffiti zu machen, aber trotzdem<br />

auf dieser Hype-Welle um urbane Kunst<br />

mitschwimmen wollen? Manche feier‘ ich<br />

auch. Kommt drauf an.<br />

T: Nein, für mich ist Street Art ein eigener Bereich<br />

und keine Weiterentwicklung. Dazu ist<br />

es auch nicht meins.<br />

a: Street Art ist kein Graffiti. Street Art sagen<br />

die Leute, die keine Ahnung von Graff haben.<br />

Ich find‘ es gut, dass Leute die Stadt bunt halten.<br />

Egal, ob Streetbomb oder Tag- einfach<br />

alles bunt machen. MICH HAT AUCH KEINER<br />

GEFRAGT OB ICH WERBETAFELN VON MC<br />

DONALDS SEHEN WILL!<br />

Was bedeutet Graffiti im Allgemeinen für<br />

dich? Ist es eine Lebenseinstellung oder Hobby?<br />

K: Graffiti ist ein Tempel, man sollte es ehren<br />

und diese Heiligkeit im Hinterkopf haben,<br />

wenn man irgendwas mit Farbe vollsprüht.<br />

Der Rest ist Jedem selbst überlassen. Es hat<br />

übertrieben doll mein Leben und mein Werte-System<br />

geprägt.<br />

T: Es war mir sehr sehr wichtig. Mittlerweile<br />

begutachte ich nur noch anderer Leute Bilder.<br />

a: Es ist schon eine Lebenseinstellung geworden,<br />

trains over bitches ist die Devise. Alle<br />

meine engen Freunde malen, wie soll man<br />

auch davon weg kommen. Besser als sich zum<br />

Saufen zu treffen wie diese Idioten, die jede<br />

Woche aufm Kiez abspacken müssen.<br />

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Interview mit<br />

Bastian Langbehn<br />

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Bastian Langbehn<br />

+ Einzelhandelskaufmann, angehender<br />

Tischler, DJ<br />

+ Gründer von Northcoast Graffix<br />

Wie kamst du zu dem ersten Geschäft? Was<br />

war dein Ansporn zur Eröffnung?<br />

Also ich brauchte einen Weg meine eigene<br />

Plattensucht zu finanzieren, deswegen stand<br />

zum Anfang die Idee mit dem Plattenverkauf<br />

im Vordergrund. Nach mentaler Vorbereitung<br />

und Raumsuche konnte ich 2006 den<br />

Laden (Northcoast Records) in der Beckergrube<br />

aufmachen. Die Sache mit den Spraydosen<br />

kam eher nebenbei dazu, weil‘s zum HipHop<br />

dazugehört, wurde mit der Zeit aber immer<br />

größer.<br />

Wie ging‘s dann weiter mit dem Laden?<br />

Na ja, die Plattenabteilung wurde immer kleiner<br />

und der Bestand für den Graffitibedarf<br />

ausgeweitet, das wurde einfach mehr verkauft.<br />

2008 sind wir dann in die Wahmstraße<br />

umgezogen und ein Jahr später in die Krähenstraße,<br />

da war der Laden dann bis zum<br />

Schluß, 2012. Der große Anteil an Dosen hat<br />

dann auch die Namensänderung in Northcoast<br />

Graffix gebracht.<br />

Wie war denn so die Stimmung? Gab es oft<br />

Ärger mit Eltern oder so?<br />

Ziemlich gut. Es kamen ja immer die gleichen<br />

Leute, um ihre Dosen usw. zu kaufen, so konnte<br />

man die Kids richtig aufwachsen sehen und<br />

auch deren „künstlerische“ Entwicklung verfolgen.<br />

Dadurch war es schon familiär. Groß<br />

Ärger gab es nicht, ab und zu mal, aber das<br />

kam eher durch Außenstehende und ist ja in<br />

allen Geschäften zu finden. Die Eltern waren<br />

eher aus Interesse da, um zu erfahren was<br />

die Kinder so genau machen oder um Weihnachtsgeschenke<br />

zu kaufen.<br />

Und warum war dann 2012 Schluss? Lag es<br />

am Umsatz?<br />

Nein, damit hatte es nichts zu tun, das lief<br />

eigentlich ganz gut. Das ist aus persönlichen<br />

Gründen passiert. Es war aber immer eine super<br />

Zeit im Laden und ich würde es auf jeden<br />

Fall wieder machen.<br />

Was machst du denn seitdem der Laden zu<br />

ist?<br />

Ich habe eine Tischlerlehre angefangen, die<br />

ich noch immer mache. Nebenbei bin ich<br />

auch schon lange als DJ unterwegs und bei<br />

DIE PARTEI aktiv. Aber vielleicht bietet sich irgendwann<br />

wieder eine gute Möglichkeit für<br />

einen Laden- mal gucken was noch so passiert.<br />

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Interview mit<br />

Enrico Pense<br />

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Enrico Pense Sanek<br />

+ Maler, Grafiker und Illustrator<br />

+ lebt in Greifswald<br />

+ überregionale Projekte im Bereich<br />

Graffiti&Streetart<br />

Wie bist du zum Graffiti gekommen? War es<br />

ein großer Teil deiner Kindheit/Jugend oder<br />

hast du es erst später für dich entdeckt?<br />

In unserer kleinen Stadt Greifswald ging einige<br />

Zeit mal ziemlich viel in Sachen Graffiti. Es<br />

gab viele Writer mit ganz unterschiedlichen<br />

Stilen. Und da gab es natürlich auch große<br />

Wandbilder (Murals), welche ich sehr interessant<br />

fand und wo ich immer beim Malen<br />

zugeschaut habe. Dann sind mir nach und<br />

nach Leute in der Schule aufgefallen, die mit<br />

bemalten Rucksäcken rumliefen. Na ja, und<br />

dann hat sich das eben so nach und nach ergeben.<br />

Wie bist du auf deinen Namen gekommen<br />

und hat er eine Bedeutung?<br />

Das ergab sich durch eine Aneinanderreihung<br />

von Buchstaben welche ich damals interessant<br />

fand. Es gibt also keinen großartigen<br />

Hintergrund zu dem Namen.<br />

Woher kam deine Motivation zum Graffiti<br />

sprayen am Anfang und hat sie sich im Laufe<br />

der Zeit verändert?<br />

Ich denke, am Anfang war es bestimmt das<br />

„Neue“ und man kennt niemanden - alles<br />

ganz geheimnisvoll. Dann haben mich natürlich<br />

immer diese großen Bilder begeistert<br />

und ich habe mich gefragt wie man so etwas<br />

malen kann. Ich glaube, ich bin einfach auch<br />

ein neugieriger Mensch. Ich fand aber auch<br />

schon immer interessant zu experimentieren<br />

und da war ich mit einigen Freunden auf<br />

einer Wellenlänge, was natürlich das Malen<br />

zusammen auch immer wieder interessant<br />

machte. Ich glaube, Ansporn ist auch einfach<br />

immer wieder etwas Neues zu schaffen.<br />

Was inspiriert dich? Hast du Vorbilder?<br />

Das ist immer schwierig, gerade im Zeitalter<br />

von Facebook und Co. Es gibt so viele coole<br />

Künstler, wo man immer wieder mal etwas<br />

aufschnappt...<br />

Verbindest du bestimmte Gedanken, Gefühle<br />

oder Vorstellungen mit dem Sprayen?<br />

Früher gab es mal eine Zeit wo ich tagtäglich<br />

über Buchstaben nachgedacht habe<br />

oder mehr über so ein Gefühl für Linien oder<br />

Formen. Malen ist generell sehr beruhigend<br />

und mittlerweile mag ich es, wenn man dabei<br />

auch einfach gut in Form ist und sich voll<br />

auf die Sache konzentrieren kann. Ich glaube<br />

direkt beim Malen schalte ich auch teilweise<br />

einfach ab. Manchmal ist es auch ein wenig<br />

wie Urlaub.<br />

Hast du schon immer lieber legal als illegal<br />

gesprayt?<br />

Ich bin ja sehr vielschichtig, also was Techniken<br />

oder Materialien angeht, nicht so festgefahren.<br />

Darum habe ich immer schon gern<br />

beispielsweise auch mit Pinsel auf Leinwand<br />

gemalt oder verschiedene Drucktechniken<br />

getestet. Natürlich mag ich das pure Graffiti,<br />

Buchstaben, Styles... Aber mein Fokus liegt<br />

eher auf einer anderen Sache.<br />

Wie reagieren die Leute auf deine Arbeiten<br />

(Freunde, Familie, Bekannte)? Erfährst du<br />

auch negatives Feedback?<br />

Ich denke, bei mir müsste man das ein wenig<br />

teilen. Also, es gibt ja die Auftragsarbeiten,<br />

damit können natürlich die Meisten etwas<br />

anfangen. Dann gibt es freie Arbeiten, welche<br />

aber teilweise auch nicht mehr großartig etwas<br />

mit Graffiti zu tun haben. Wenn ich jetzt<br />

von meiner Familie ausgehe, würden die am<br />

wenigsten mit meinen Styles ( Buchstaben)<br />

etwas anfangen können, aber das ist auch<br />

völlig in Ordnung und mir auch egal.<br />

Siehst du eine Verbindung zwischen Street<br />

Art und Graffiti? Wenn ja, in welcher Weise?<br />

Na ja, Graffiti kommt ja von der Straße und<br />

ich denke, das gehört schon dazu, zumindest<br />

ein Teil davon.<br />

Wie siehst du die Graffiti-Szene in Nord-<br />

Deutschland? Glaubst du sie könnte bes<br />

ser gefördert werden? Wenn ja, könnte dies<br />

durch das Schaffen von mehr legalen Flächen<br />

passieren?<br />

Ich finde die Szene ist in einigen Bereichen/<br />

Gebieten ja auch wieder etwas geschrumpft.<br />

Wenn ich jetzt von Greifswald ausgehe, haben<br />

wir hier eine Wand, welche bisher völlig<br />

ausreichend ist, denke ich. Wenn ich beispielsweise<br />

nach Stralsund oder Neubrandenburg<br />

schaue, gibt es dort auch genug<br />

Flächen. Also, ich habe zumindest keine klagenden<br />

Writer gehört. Aber kann auch sein,<br />

dass ich das einfach nicht mitbekomme. Also,<br />

ich würde meinen, es ist alles in Ordnung so<br />

wie es ist. Vielleicht könnte es mehr Festivals/<br />

Veranstaltungen geben. Daraus ergeben sich<br />

ja auch immer ganz gute Freundschaften/<br />

Verbindungen, woraus interessante neue Sachen<br />

entstehen können.<br />

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STR<br />

EET<br />

ART<br />

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Danke ...<br />

Großen Dank an: Northcoast Graffix für viele Fotos und Unterstützung, Writer/Interviewpartner,<br />

Bastian, Enrico<br />

... außerdem an alle, die das Projekt und mich unterstützt haben!<br />

AHOI<br />

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