Mein Tagebuch
chantra Flückiger - ZwygArt
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Montag<br />
Pflege hätte ich meinen Alltag nicht meistern können – sie lernte mich nach und<br />
nach wieder selbstständiger zu werden. Als ich dann das erste Mal im Rollstuhl sass,<br />
schlief ich vor Erschöpfung fast ein, und doch durchströmte mich ein Glücksgefühl.<br />
Die Albträume sind seither weniger geworden. Das Durchleben des Unfalls im<br />
Schlaf, immer und immer wieder,<br />
hat mich lange geplagt. Mittlerweile<br />
kommen in meinen Träumen sogar<br />
Rollstühle vor. <strong>Mein</strong> eigenes Modell habe<br />
ich übrigens letzte Woche bestellt: feines<br />
Gestell in den Farben eisblau und weiss.<br />
Cool, nicht?<br />
Neuer<br />
Rekord<br />
Heute Morgen brauchte ich nur 20 Minuten um Hose und Socken anzuziehen.<br />
Das ist ein neuer Rekord! Unglaublich, dass ich mich vor ein paar Monaten<br />
noch über eine Stunde damit abgemüht habe. Ich werde immer beweglicher und<br />
kräftiger – na gut, die Beine hinter dem Kopf verschränken kann ich nie mehr.<br />
Das ist passé :-(<br />
Dafür gelingt es mir wieder, das Make-up selber auf zutragen, Lidstrich und<br />
Lippen zitterfrei nachzuziehen :-) Komme ich mit den Händen nicht klar,<br />
nehme ich die Zähne zu Hilfe – vor allem beim Öffnen der Flaschen und Tuben.<br />
Deshalb sehen die alle ganz zerbissen aus. Und die Haarspray-Dose, die so hart<br />
zu bedienen ist, verschafft meinem linken Daumen jeden Morgen ein Extra-<br />
Training.<br />
Es tut gut zu spüren, dass es mit der Rehabilitation vorwärts geht. Ich weiss noch,<br />
wie hilflos und alleine ich mich hier in Nottwil anfangs fühlte. Nichts ging mehr,<br />
meine Arme versagten, meine Beine waren nutzlos. Ohne die Unterstützung der<br />
<strong>Mein</strong>e Tage in der Klinik sind geprägt<br />
von hartem Training und einem vollen<br />
Stundenplan: Physio-, Ergo-, Reit-,<br />
Sport- und Wassertherapie.<br />
Dazwischen diverse Beratungen und<br />
Untersuche. Das schlaucht ganz schön.<br />
Und so war ich heute Abend zu müde,<br />
um noch etwas zu unternehmen.<br />
Obwohl ich das Chillen in einer Bar<br />
liebe und gerne Kontakt zu Menschen<br />
pflege. Dennoch können solche Ausflüge<br />
ausserhalb der «sicheren SPZ-<br />
Welt» auch mühsam sein. Nicht jeder<br />
Laden ist fürs Shoppen im Rollstuhl<br />
geeignet, denn hie und da sind die<br />
Regale so hoch angebracht, dass ich<br />
mir die Kleider und Schuhe gar nicht<br />
an sehen kann.<br />
So, ich mache mich jetzt fürs Bett<br />
parat. Das dauert bei mir mit allem<br />
drum und dran eine Stunde. Dabei bin<br />
ich jetzt schon so müde –<br />
Chantra,<br />
Durchhalten!!!<br />
Ausfahrt ins Kaleidoskop<br />
im Park des SPZ<br />
Übung macht den Meister !