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biotta - ZwygArt

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gruen <strong>unternehmen</strong><br />

Der Saftladen<br />

biotta<br />

Rüebli, Holunder oder Kartoffeln –<br />

in der Ostschweizer Firma landen alle<br />

Früchte- und Gemüsesorten gepresst<br />

in der Flasche. Ein Feldbesuch.<br />

Text: Christine Zwygart<br />

Fotos: Véronique Hoegger<br />

Links: Der Rüeblisaft von<br />

Biotta ist Kult und wurde<br />

erstmals 1957 hergestellt.<br />

Rechts: Geschäftsführer<br />

Clemens Rüttimann besucht<br />

seine Produzenten<br />

regelmässig.<br />

28<br />

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gruen <strong>unternehmen</strong><br />

Die Rüebli werden im<br />

Produktionsgebäude<br />

in Tägerwilen aufs<br />

Förderband gekippt.<br />

Mitarbeitende prüfen<br />

das Gemüse sorgfältig<br />

und sortieren unbrauchbare<br />

Rüebli aus.<br />

Der Saft wird hier für<br />

den Dekanter vorbereitet,<br />

der flüssige von<br />

festen Teilen trennt.<br />

Der Trester, der übrig<br />

bleibt, wird verladen<br />

und dient als Futtermittel<br />

für Tiere.<br />

Ein bekömmlicher Preiselbeersaft, ein würziger<br />

Drink aus Sellerie oder lieber eine<br />

vitalisierende Erfrischung aus Granatapfel?<br />

Was daheim auf den Tisch kommt, hängt<br />

von der Nationalität des Geniessers ab.<br />

Andere Länder, andere Säfte – das zeigt<br />

ein Blick in die Exportbücher des Bio-<br />

Pioniers Biotta aus Tägerwilen TG. «Die<br />

Belgier trinken viel Kartoffelsaft», weiss<br />

Geschäftsführer Clemens Rüttimann. Über<br />

das Wieso kann er nur mutmassen: Vielleicht<br />

liege diese Vorliebe an der Pommesfrites-Kultur,<br />

die in Belgien hochgehalten<br />

wird. In Asien geht die Mischung «Breuss»,<br />

nach einem Originalrezept des gleichnamigen<br />

Heilpraktikers, am häufigsten über<br />

den Ladentisch. Der Renner aus diversen<br />

Gemüsen soll laut dieser Lehre beim Fasten<br />

bei einer Krebserkrankung helfen. Und<br />

seit TV-Starmoderatorin Oprah Winfrey<br />

in ihrer Talkshow einst Randensaft lobte,<br />

stiegen die Umsätze in den USA an.<br />

In 32 Ländern rund um den Globus<br />

stehen biologische Biotta-Produkte in den<br />

Regalen. Die Getränke enthalten zu hundert<br />

Prozent gepresste Säfte. Das heisst:<br />

keinen Zuckerzusatz, keine rückverdünnten<br />

Konzentrate, keine Zusatzstoffe. «Das<br />

unterscheidet uns von den Konkurrenten»,<br />

erklärt Rüttimann. Und darauf ist Biotta<br />

stolz. Denn als die Firma Anfang der Fünfzigerjahre<br />

den ersten Saft nach diesen<br />

Grundsätzen produzierte, war biologischer<br />

Anbau für die meisten ein Fremdwort.<br />

2000 Tonnen Gemüse werden von<br />

September bis Dezember gepresst<br />

und in Flaschen abgefüllt<br />

Rüttimann schlüpft regelmässig aus dem<br />

Anzugskittel und stülpt sich das Produktionsmäntelchen<br />

über. «Ich kenne alle 45 Mitarbeitenden<br />

persönlich und interessiere mich<br />

dafür, was sie machen.» Überhaupt, sagt er<br />

und nestelt am Haarnetz herum, sehe er<br />

sich selber mehr als Fussballtrainer. Als<br />

Chef sei er da, um seine Mitarbeitenden<br />

aufzubauen – «aber die Goals müssen sie<br />

schiessen». Jedes Jahr verarbeitet Biotta<br />

in der Saison von September bis Dezember<br />

rund 2000 Tonnen Gemüse. Die Früchte<br />

kommen je nach Herkunft ganz oder<br />

vorbereitet in die Produktion. Haushohe<br />

Maschinen und Apparate waschen, pressen<br />

und filtern die angelieferte Bio-Ware.<br />

Um eine längere Haltbarkeit zu erlangen,<br />

werden die Getränke vor dem Abfüllen<br />

pasteurisiert.<br />

Der Chef führt ins Lager, in den «Tresor»,<br />

wie er es nennt. Hier im Keller lagern drei<br />

Millionen Flaschen verschiedener Säfte.<br />

„Ich trinke ab und zu auch<br />

die ‚extremen Säfte‘ aus<br />

Kartoffeln und Sauerkraut –<br />

schliesslich muss ich wissen,<br />

wie die Produkte schmecken.“<br />

Die Produktion unterliegt saisonalen Spitzenzeiten,<br />

die Getränke sind jedoch das<br />

ganze Jahr über gefragt. «Und sie sollten<br />

von Saison zu Saison gleich schmecken.<br />

Sonst erhalten wir Reklamationen.» Clemens<br />

Rüttimann erzählt von den Tücken,<br />

die das Arbeiten mit Naturprodukten mit<br />

sich bringt. So ist der Randensaft beispielsweise<br />

aus zwölf verschiedenen Sorten<br />

zusammengemixt. Je nach Beschaffenheit<br />

des Bodens und der Feuchtigkeit kann<br />

das Gemüse süss oder erdig schmecken.<br />

«Die Kunst besteht darin, die Säfte so zu<br />

mischen, dass der Kunde seinen gewohnten<br />

Geschmack erhält.»<br />

70 Prozent der Schweizer kennen Biotta –<br />

das ist für ein so kleines Unternehmen<br />

beachtlich. Ende der Sechzigerjahre schaltete<br />

der Saftproduzent gar einen TV-Spot –<br />

prominent zwischen «Tagesschau» und<br />

Spielfilm. Der prägnante Slogan dazu:<br />

«Kein Fernsehen ohne Biotta-Rüeblisaft.»<br />

Clemens Rüttimann ist davon noch heute<br />

begeistert. Er selber begegnete den Bio-<br />

Getränken erstmals als Bub bei seiner<br />

Grossmutter, die Orangensaft aus einer<br />

grossen, braunen Bügelflasche einschenkte.<br />

«Das war etwas Besonderes.» Heute<br />

trinkt Rüttimann am liebsten «Mango Mix»<br />

zum Zmorge, aber auch von den «extremen<br />

Säften» aus Kartoffeln und Sauerkraut<br />

Turbulente<br />

ZEiten<br />

Viele Jahrzehnte gehörte Biotta dem<br />

Bio-Pionier Hugo Brandenberger,<br />

bis er 2005 an Thurella Schweiz AG<br />

verkaufte. Diese geriet mit ihrem<br />

Expan sionskurs in Schieflage, es folgten<br />

Entlassungen und Redimensionierung.<br />

Der Umsatz der Gruppe schrumpfte von<br />

200 auf 35 Millionen Franken. Clemens<br />

Rüttimann amtet seit Frühling 2011 als<br />

Geschäftsführer: «Wir machten eine Vollbremsung.<br />

Weg von der Masse, zurück<br />

zur Klasse.» Biotta blieb innerhalb des<br />

Unternehmens über all die turbulenten<br />

Jahre hinweg die Perle, die rentiert.<br />

nimmt er ab und zu einen Schluck. «Das<br />

gehört zur Identifikation mit dem Unternehmen.<br />

Ich muss wissen, wie die Produkte<br />

schmecken, die ich vertrete.»<br />

Bio-Landwirt Martin Lussi aus Tägerwilen<br />

bewirtschaftet 32 Hektaren Land, auf<br />

einem Zehntel der Fläche wachsen Randen,<br />

Kartoffeln und Saftrüebli für Biotta.<br />

Jeweils im Frühling vereinbart der 38-Jährige<br />

mit dem Unternehmen, wie viele Tonnen<br />

er von was in die nahe Produktions halle<br />

liefern kann. Und dann gehts los. Säen, pflegen,<br />

ernten. Oder, wie der Bauer präzisiert:<br />

«Die Rohstoffe sind das A und O. Biotta<br />

kann sie zwar veredeln, aber nicht besser<br />

machen.» Lussi ist sich seiner Verantwortung<br />

bewusst. In seiner Arbeit im Gemüseanbau<br />

steckt viel Liebe, Erfahrung und<br />

Handarbeit. Insgesamt sind 32 Bio-Landwirte<br />

in einem Umkreis von 20 bis 30 Kilometern<br />

um Tägerwilen für Biotta tätig. Aus<br />

einer Fläche von einer Hektare gewinnt<br />

Landwirt Lussi je nach Klima, Schäd lingen<br />

und Regenmenge 40 bis 60 Tonnen Rüebli.<br />

Bevor er das Gemüse im Mai sät, macht er<br />

den Boden parat: Das Unkraut wird abgeflammt,<br />

der Boden geeggt.<br />

Nähert sich die Erntezeit, geht<br />

der Bio-Bauer mit Randen,<br />

Rüebli und Co. im Labor vorbei<br />

«Pro Hektare müssen wir mit etwa<br />

200 Stunden Jäten rechnen. Und zwar von<br />

Hand.» Der Zeitaufwand kann sich vervielfachen,<br />

wenn das Wetter Kapriolen<br />

schlägt. Kommt die Erntezeit im September<br />

näher, bringt der Bauer im Biotta-Labor<br />

eine Gemüseprobe vorbei. Erst wenn<br />

das Nitrat um einen gewissen Wert ab- und<br />

der Zuckergehalt zunimmt, sind die<br />

30<br />

Die Firma www.biotta.ch www.thurella.ch Hier wird Gemüse für Saft angebaut www.bio-lussi.ch Bio-Labels www.bio-suisse.ch<br />

www.demeter.ch www.kagfreiland.ch www.delinat.ch Forschung in der Landwirtschaft www.agroscope.admin.ch<br />

31


gruen <strong>unternehmen</strong><br />

Die Biotta-Flasche,<br />

seit Jahrzehnten<br />

unver ändert in ihrer<br />

Form – eine Ikone.<br />

Abgefüllt und trinkbereit<br />

– Rüeblisaft<br />

fördert die Pigmentbildung<br />

der Haut.<br />

Bio-Landwirt Martin<br />

Lussi pflanzt auf<br />

seinen Feldern unter<br />

anderem Randen<br />

für Biotta.<br />

Produkte reif. Martin Lussi schätzt die<br />

Zusammenarbeit mit Biotta: «Für mich ist<br />

es das Schönste, wenn ich die Produkte<br />

vom Feld direkt zur Weiterverarbeitung<br />

bringen kann.»<br />

Wo immer möglich, legt Biotta Wert auf<br />

Produkte aus der Schweiz. Bei Exotischem<br />

wie Mango oder Ananas setzt die Firma<br />

auf eine langjährige Anbaukooperation im<br />

Ausland. «Eben erst haben wir in Costa<br />

Rica 30 000 Ananas-Setzlinge pflanzen<br />

lassen, die wir 2014 ernten können», so<br />

Clemens Rüttimann. Die Frucht reift an<br />

der Staude und wird vor Ort verarbeitet, nur<br />

der frische Saft kommt in die Schweiz. Import<br />

und Export sind wichtig für Biotta,<br />

aber nicht immer einfach. Die Europäische<br />

Union schützt sich mit Zöllen vor Säften<br />

aus der Schweiz – ein Handelshemmnis.<br />

Kartoffelsaft soll bei Magenbrennen<br />

helfen, Sauerkraut belebt<br />

die Darmflora<br />

Die Säfte von Biotta sind Lebensmittel,<br />

keine Heilmittel. Doch weil sie Natur pur<br />

enthalten, wird ihnen eine gesunde Wirkung<br />

nachgesagt. So soll Kartoffelsaft bei<br />

Magenbrennen helfen, und Sauerkraut belebt<br />

die Darmflora. Am beliebtesten ist die<br />

«Wellness Woche» – ein Paket mit Säften<br />

fürs Fasten. Rüttimann hat den Selbstversuch<br />

zweimal gewagt: «Ich fühlte mich<br />

danach leichter, geistig im Hoch, und ich<br />

hatte eine unheimliche Power.» Diesen<br />

Herbst kommt die «Balance Woche» auf<br />

den Markt, die das Gleichgewicht des<br />

Säure-Basen-Haushalts im<br />

Körper fördern soll. Anders<br />

als beim Fasten wird dabei<br />

gegessen. «Das Konzept haben<br />

wir mit Ernährungsberatern<br />

entwickelt», sagt<br />

Clemens Rüttimann. Der eigens<br />

dafür produzierte Saft<br />

enthält Kartoffeln und Sauerkraut,<br />

aber auch Ananas und<br />

Curry. «Wir haben festgestellt,<br />

dass Konsumenten<br />

immer öfter nach solchen<br />

Getränken suchten. Also haben<br />

wir gehandelt.» Neu im<br />

Sor timent ist auch ein Saft aus<br />

purer Aronia, einer «Super-<br />

Beere», die entzündungshemmend<br />

und krebsvorbeugend<br />

wirken soll. Rund zwölf Tonnen<br />

der aus Osteuropa stammenden<br />

Frucht wurden in<br />

der Schweiz heuer geerntet,<br />

Biotta hat die ersten zwei<br />

Tonnen davon zu Saft gepresst.<br />

Rüttimann ist stolz auf solche Innovationen,<br />

die auch den Bauern neue Wege<br />

aufzeigen: «Wir gehen eine Symbiose ein.<br />

Und arbeiten gemeinsam am gleichen<br />

Ziel.» Für bekömmliche, würzige und vitalisierende<br />

Bio-Säfte aus der Schweiz.<br />

der gruen-footprint<br />

Wie grün sind Clemens Rüttimanns Haushaltsgeräte?<br />

1 Effiziente Haushaltsgeräte 12<br />

2 Gerätezahl 8<br />

3 Stand-by 10<br />

4 Wäsche waschen 6<br />

5 Wäsche trocknen 9<br />

6 Kaufverhalten 6<br />

7 Kühlschrank 6<br />

8 Kommunikationsgeräte 6<br />

Total Punkte 63<br />

63 Punkte = Ein sehr gutes Resultat! Der Biotta-Geschäftsführer<br />

wohnt mit seiner Familie in einem zehnjährigen<br />

Haus. Er achtete beim Bauen auf ökologische<br />

Aspekte wie Solarstrom.<br />

Der GRUEN-Footprint wurde vom WWF Schweiz für<br />

SI GRUEN entwickelt. Der Test soll für den Alltag sensibilisieren<br />

und Spass machen.<br />

Berechnen Sie Ihren eigenen Footprint auf den Seiten 18 und 19.<br />

32<br />

Die Standort-Gemeinde www.taegerwilen.ch Aronia www.aroniabeere.ch Saftkuren www.heilfastengesundheit.de<br />

33

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