STARKE PAARE
Mehr Rechte und mehr Pflichten Es geht um Liebe. Um ... - ZwygArt
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3 JAHRE ZUSAMMEN TV-Moderator<br />
Patrick Rohr (l.) und Freund Simon Ming.<br />
2 JAHRE ZUSAMMEN Ex-Radprofi Baba<br />
Ganz und Partnerin Priska Imboden (r.).<br />
12 JAHRE ZUSAMMEN Die Schauspieler<br />
Erich Vock (l.) und Hubert Spiess.<br />
<strong>STARKE</strong><br />
<strong>PAARE</strong><br />
Mehr Rechte und mehr Pflichten Es geht um Liebe. Um Gefühle zwischen zwei Männern<br />
3 JAHRE ZUSAMMEN Miss Gay<br />
Karin Eschmann und Denise Brändli (l.).<br />
12 JAHRE ZUSAMMEN Moderator Dani<br />
Fohrler (l.) und Freund Thomas Blum.<br />
3 JAHRE ZUSAMMEN SP-Nationalrat<br />
Claude Janiak und Saverio Verrascina (r.).<br />
oder zwei Frauen. Am 5. Juni stimmt die Schweiz über das Partnerschaftsgesetz ab.<br />
Prominente Paare kämpfen für ihre Überzeugung und verraten, was für sie «Liebe ist ...»<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE 21
«Wir müssen zu unserer Liebe<br />
stehen – sonst ändert sich nie was»<br />
Man soll nicht nur über Schwule und<br />
Lesben sprechen – sondern auch<br />
mit ihnen. Das ist der Wunsch von<br />
Ex-Radprofi Baba Ganz, 40, und ihrer<br />
Lebenspartnerin Priska Imboden, 32. Die<br />
beiden wissen, dass nicht alle Menschen<br />
von ihrer Lebensform begeistert sind.<br />
«Aber wer uns kennt, der merkt rasch, wie<br />
tief unsere Liebe ist – und akzeptiert sie»,<br />
sagt Baba. Und Priska doppelt nach:<br />
«Man kann nicht über etwas urteilen, das<br />
man nicht kennt. Deshalb müssen wir<br />
offen zu unserem Leben stehen – sonst<br />
ändert sich nie etwas.»<br />
Auch wenn die rechtlichen Möglichkeiten<br />
für Schwule und Lesben vielleicht<br />
bald ändern, wird das Paar nicht<br />
gleich aufs Standesamt eilen. Baba war<br />
mal verheiratet – mit einem Mann. «Auf<br />
was ich mich da rechtlich eingelassen<br />
habe, merkte ich allerdings erst bei der<br />
glücklicherweise friedlichen Scheidung»,<br />
sagt sie. Ein so grosser Schritt will also gut<br />
überlegt sein, und deshalb diskutieren die<br />
zwei nun erst mal intensiv. «Gut ist natürlich<br />
die Möglichkeit, sich gegenseitig abzusichern»,<br />
so Priska. Zumal die beiden<br />
eben ein eigenes Haus gekauft haben.<br />
Dass es in einer Beziehung nicht nur<br />
Hochs gibt, wissen Baba und Priska.<br />
Die beiden sind seit bald zwei Jahren zusammen,<br />
zwischendurch haben sie sich<br />
jedoch für ein paar Wochen getrennt.<br />
«Wir hatten eigentlich keine Probleme.<br />
Und doch brauchten wir eine Pause», so<br />
Baba. Kennen gelernt haben sich die zwei<br />
Frauen in Babas Massage-Praxis, Priska<br />
war dort in Behandlung. Beide waren für<br />
eine Beziehung eigentlich nicht bereit,<br />
dennoch hatte es gefunkt. «Aus unserer<br />
Trennung haben wir viel Positives gezogen»,<br />
sagt Priska. Vor allem die Gewissheit,<br />
dass sie zusammengehören.<br />
LIEBE IST ...<br />
«... ja zu seinen Gefühlen zu sagen und ein<br />
freies Leben zu führen.»<br />
SYMPATHISCHE<br />
JUNGS<br />
TV-Moderator<br />
Patrick Rohr (r.) mit<br />
seinem Freund<br />
Simon Ming in der<br />
Schiffbauhalle<br />
Zürich. Von hier aus<br />
starten sie oft in<br />
den Ausgang.<br />
PATRICK<br />
ÜBER SIMON<br />
«Er ist der intelligenteste<br />
und<br />
witzigste Mensch,<br />
den ich kenne.<br />
Simon vereinigt<br />
alle Eigenschaften,<br />
die mir wichtig<br />
sind – und er<br />
zwingt mich, ehrlich<br />
mit Gefühlen<br />
zu sein. Denn er<br />
lässt keine Oberflächlichkeit<br />
zu.»<br />
SIMON<br />
ÜBER PATRICK<br />
«Er trägt das Herz<br />
auf der Zunge.<br />
Schön finde ich,<br />
dass Patrick<br />
manchmal<br />
Blumen mitbringt<br />
und mir bei wichtigen<br />
Terminen<br />
mit kleinen Aufmerksamkeiten<br />
zur Seite steht.»<br />
«Jeder soll so leben können, wie er will»<br />
BABA ÜBER PRISKA<br />
«Mit ihrer Bodenständigkeit ergänzt sie mich und gibt mir<br />
Halt. Gemeinsam erkennen wir vieles klarer und teilen die<br />
guten und schweren Zeiten mit Kraft und Harmonie.»<br />
PRISKA ÜBER BABA<br />
«Ich mag ihre Ehrlichkeit und dass wir über wirklich alles<br />
reden können. Ich habe tiefes Vertrauen in Baba. Und auch<br />
während unserer Trennung habe ich gespürt und gewusst,<br />
dass wir wieder zueinander finden.»<br />
FRÖHLICHE<br />
MÄDELS<br />
Ex-Radprofi Baba<br />
Ganz (l.) und ihre<br />
Lebenspartnerin Priska<br />
Imboden daheim<br />
in ihrer Wohnung in<br />
Einsiedeln SZ.<br />
Er sah ihn im Ausgang, erkannte ihn<br />
und dachte: «Der ist hübsch – doch<br />
ich rechnete mir keine Chancen aus»,<br />
erzählt Student Simon Ming, 23. Also ergriff<br />
TV-Moderator Patrick Rohr, 36, die<br />
Initiative, denn «es war Liebe auf den ersten<br />
Blick». Sein Kompliment über Simons<br />
Tanzstil liegt über drei Jahre zurück, die<br />
beiden leben seit zweieinhalb Jahren gemeinsam<br />
in Zürich. Ein aufgestelltes Paar,<br />
das behutsam miteinander umgeht. Ja, die<br />
Beziehung sei harmonisch – «auch wenn<br />
wir beide manchmal stur sind und wegen<br />
Kleinigkeiten einen ‹Grind› machen können»,<br />
sagt Simon.<br />
Patrick schleppt Simon in jedes Museum,<br />
Simon jagt Patrick jeden Hügel<br />
hinauf. Verbindend ist die Liebe für Reisen,<br />
und eben haben die beiden eine<br />
Zweitwohnung in Amsterdam eingerichtet.<br />
Nähe ist ihnen wichtig, ebenso Distanz.<br />
«Jeder lebt auch sein eigenes Leben,<br />
hat seine eigenen Freunde», sagt Patrick.<br />
Selbst Simons Studiensemester in Schweden<br />
war kein Problem. «Wir haben und<br />
lassen einander unsere Freiheiten.»<br />
Simon soll in einer Notlage nicht zu einem<br />
Bittsteller werden. Das ist Patricks<br />
Wunsch, und deshalb ist ihm das Partnerschaftsgesetz<br />
sehr wichtig: «Wenn zwei<br />
Menschen miteinander etwas aufbauen<br />
und füreinander sorgen, sollen sie sich<br />
auch rechtlich absichern können», sagt er.<br />
Auch Simon kann sich vorstellen, die<br />
Partnerschaft eintragen zu lassen. «Noch<br />
fühle ich mich jedoch zu jung», sagt er.<br />
Und dafür hat Patrick Verständnis. Beide<br />
finden, dass die rechtliche Möglichkeit<br />
geschaffen werden muss. «Es ist eine Frage<br />
des Grundrechts. In einem liberalen<br />
Staat soll jeder so leben können, wie er<br />
will», sagt Patrick, «solange er dabei niemandem<br />
schadet oder etwas wegnimmt.»<br />
LIEBE IST...<br />
«... miteinander durchs Leben zu gehen – auch<br />
wenn man nicht jede Minute zusammen ist.»<br />
22 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE 23
KARIN ÜBER<br />
DENISE<br />
«Sie ist eine gute<br />
Zuhörerin, und ich<br />
liebe ihre Spontaneität.<br />
Gerade in<br />
meinem Jahr als<br />
Miss Gay hat<br />
Denise gezeigt,<br />
wie tolerant sie<br />
ist. Ausserdem ist<br />
sie unternehmungslustig<br />
und<br />
sportlich.»<br />
DENISE<br />
ÜBER KARIN<br />
«Ich bin eine emotionale<br />
Frau, und<br />
Karin gleicht das<br />
aus. In brenzligen<br />
Situationen sagt<br />
sie: ‹Easy, es<br />
chunnt scho guet<br />
…›, und verhält<br />
sich auch so. Ich<br />
schätze sehr,<br />
dass ich mit ihr<br />
über alles reden<br />
kann.»<br />
FRÜHLINGS-<br />
GEFÜHLE<br />
Miss Gay Karin<br />
Eschmann (r.)<br />
und Freundin<br />
Denise Brändli in<br />
ihrer Wohngemeinde<br />
Wädenswil<br />
ZH am See.<br />
«Die Beziehung hat für unsere<br />
Familien einen neuen Stellenwert»<br />
Sie wagten den grossen Schritt. Zu<br />
ihrem 10-Jahr-Jubiläum haben die<br />
Schauspieler Erich Vock, 43, und Hubert<br />
Spiess, 40, zueinander Ja gesagt – im<br />
Kanton Zürich dürfen Schwule und Lesben<br />
ihre Partnerschaft eintragen lassen.<br />
«Das war sehr emotional», erinnert sich<br />
Erich an jenen Tag im Sommer 2003 auf<br />
dem Standesamt. «Vor allem für unsere<br />
Familien hat unsere Beziehung seither<br />
einen anderen Stellenwert», erzählt<br />
Hubert. Und das sei wunderschön.<br />
Mit der kommenden Abstimmung<br />
setzt die Schweiz ein starkes Signal. «In<br />
vielen Ländern haben Homosexuelle keine<br />
Möglichkeit, ihre Partnerschaft eintragen<br />
zu lassen, da die Regierungen es nicht<br />
ermöglichen. Wenn jetzt aber die Mehrheit<br />
der Schweizer Stimmberechtigten<br />
Nein sagen würde, wäre dies viel schlimmer»,<br />
ist Erich überzeugt.<br />
Für Eltern und Familienangehörige<br />
könne es zudem eine enorme Entlastung<br />
bedeuten, wenn die Lebensform der Kinder<br />
vom Staat akzeptiert werde. «Das würde<br />
in unserer Gesellschaft viel ändern»,<br />
sagt auch Hubert. Die beiden haben ihre<br />
Liebe nie verheimlicht – und das neue<br />
Gesetz könne vielen Betroffenen Mut<br />
machen, zu ihrem Leben zu stehen.<br />
Erich und Hubert gehören privat und<br />
geschäftlich zusammen. Gemeinsam<br />
leiten sie die Zürcher Märchenbühne und<br />
produzieren auch Schwänke. «Wir sind<br />
Profis genug, persönliche Querelen zu<br />
Hause zu lassen», sagt Hubert. Kennen<br />
gelernt haben sich die Männer bei einem<br />
Engagement im gleichen Theater, und es<br />
war Sympathie auf den ersten Blick. Seit<br />
zwölf Jahren lieben sie sich, seit zwei Jahren<br />
ist ihre Partnerschaft eingetragen –<br />
gab es da nie den Wunsch nach Kindern?<br />
«Zwei Männer können keine Kinder bekommen.<br />
Das ist nun mal so», sagt Erich.<br />
LIEBE IST ...<br />
«... dort, wo das Herz zu Hause ist.»<br />
«Hauptsache man ist glücklich – e gal mit wem»<br />
Sie wollen warten. Bis das verflixte<br />
siebte Jahr vorbei ist. «Dann machen<br />
wir eine mega Party!», sagt Karin<br />
Eschmann, 30, amtierende Miss Gay und<br />
Reisebüro-Angestellte. «Unsere Freunde<br />
freuen sich schon darauf», so Partnerin<br />
Denise Brändli, 31 – denn im Kanton<br />
Zürich können Homosexuelle ihre Partnerschaft<br />
seit ein paar Jahren eintragen<br />
lassen. Aber eben, es eilt den beiden<br />
nicht. Seit gut drei Jahren sind sie ein<br />
Paar, kennen gelernt haben sie sich in<br />
einer Aerobic-Stunde. Und sportlich sind<br />
die zwei Frauen auch heute noch. «Wir<br />
sind viel in der Natur unterwegs. Mit dem<br />
Velo, zu Fuss oder zum Brätle – und im<br />
Sommer in den Openair-Kinos.»<br />
In ihrem Amtsjahr kämpft Karin an vordester<br />
Front für ihre Rechte. Sie gibt<br />
Interviews, spricht am Radio, besucht<br />
Anlässe und hält Reden. «Es geht bei der<br />
Abstimmung um wichtige Rechte bei<br />
Themen wie Erben, Steuern und Besuchsrecht<br />
im Spital. Wir sind doch schliesslich<br />
alles nur Menschen», sagt sie. Menschen,<br />
die lieben. Geliebt werden. Und wer sich<br />
liebt, will einander Sicherheit geben können<br />
und gegenseitig Verantwortung übernehmen.<br />
Genau dies würde mit dem Partnerschaftsgesetz<br />
möglich. «Man sollte<br />
sich freuen, wenn jemand glücklich ist.<br />
Egal mit wem», so Denise.<br />
Schritt für Schritt erkämpfen sich<br />
die Homosexuellen ihre Rechte – und<br />
Pflichten. Verboten bleibt weiterhin die<br />
Adoption. Für Karin sind Kinder kein<br />
Thema – «ich habe ein Gottenkind. Das<br />
finde ich wunderschön. Doch das kann<br />
ich auch wieder zurückbringen», meint<br />
sie und schmunzelt. Bei Denise sieht das<br />
anders aus. «Ich hätte gerne Kinder.<br />
Allerdings nicht jetzt.» Und vielleicht ändert<br />
sich dieser Wunsch ja auch wieder.<br />
LIEBE IST ...<br />
«... am Abend nebeneinander einzuschlafen<br />
und sich dabei zu berühren.»<br />
HABEN JA GESAGT<br />
Die Schauspieler Erich<br />
Vock (l.) und Hubert<br />
Spiess im Restauant<br />
Terrasse in Zürich. Sie<br />
haben im Sommer<br />
2003 ihre Partnerschaft<br />
eintragen lassen.<br />
ERICH ÜBER HUBERT<br />
«Wir sind eigentlich sehr unterschiedlich – und dennoch<br />
haben wir eine grosse, gemeinsame Basis. Wir können<br />
beispielsweise etwas zusammen anschauen und ohne<br />
Worte plötzlich darüber lachen. Das finde ich wunderbar.»<br />
HUBERT ÜBER ERICH<br />
«Ich habe in Erich ein tiefes Urvertrauen. Auf ihn<br />
kann ich mich immer und in jeder Situation verlassen.<br />
Geschäftlich und privat.».<br />
24 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE 25
DAS INTERVIEW<br />
mit CLAUDE JANIAK<br />
DANI ÜBER<br />
THOMAS<br />
«Wir sind beide so<br />
richtige ‹Gefühlshaufen›!<br />
Wir<br />
spüren sehr gut,<br />
was der andere<br />
denkt. Thomas ist<br />
für mich ein Seelenverwandter,<br />
mit<br />
dem ich lachen<br />
und weinen kann.<br />
Er ist mir in meinem<br />
Leben eine<br />
grosse Stütze.»<br />
THOMAS<br />
ÜBER DANI<br />
«Dani ist ein feinfühliger<br />
Mensch<br />
mit viel Witz und<br />
Humor. Er ist<br />
kreativ – und auf<br />
seine Zuverlässigkeit<br />
kann ich<br />
immer setzen.<br />
Und ich schätze<br />
die Vertrautheit,<br />
die wir haben.»<br />
«GEWALT GEGEN SCHWULE gibts immer noch.» Claude Janiak mit SI-Polit-Redaktorin Christine Zwygart.<br />
Ein Gesetz für<br />
die Gerechtigkeit<br />
Schwul – na und? Seine Homosexualität war für ihn<br />
nie ein Stolperstein. SP-Nationalrat Claude Janiak, 56,<br />
über Scheinehen, Familienpolitik und Freund Saverio, 37.<br />
Sie teilen ihre Leidenschaft für Kuchen,<br />
Schoggi und Süsses – und seit<br />
zwölf Jahren auch ihr Leben: Radiound<br />
TV-Moderator Dani Fohrler, 37, und<br />
Thomas Blum, 43, Projektleiter bei der<br />
Aidshilfe Aargau. Kennen gelernt haben<br />
sich die beiden an den Solothurner Filmtagen<br />
– «wir hatten eine lange Startphase»,<br />
erinnert sich Thomas. Mit vielen Treffen<br />
und Pausen, bis es dann gefunkt hat.<br />
Mittlerweile wohnen die beiden seit<br />
zwölf Jahren in einem kleinen Dorf in der<br />
Nähe von Solothurn, ihre Liebe zueinander<br />
haben sie dort stets offen gezeigt.<br />
«Und dabei sind wir nie auf Ablehnung<br />
gestossen, unsere Umgebung hat uns immer<br />
akzeptiert», sagt Dani.<br />
Thomas und Dani würden sich gerne<br />
rechtlich absichern. In zwölf Jahren hat<br />
man viel gemeinsam erschaffen, gemeinsam<br />
erlebt – und gemeinsam durchgestanden:<br />
«Als Thomas nach einem Unfall<br />
im Spital lag, musste seine Familie das<br />
ZWEI GENIESSER Moderator Dani Fohrler (l.) und<br />
Freund Thomas Blum bei Schoggikuchen und Latte<br />
macchiato im Restaurant Baseltor in Solothurn.<br />
«Es geht nicht darum, eine Ehe na chzuspielen»<br />
Einverständnis geben, dass ich ihn besuchen<br />
durfte», erzählt Dani. Das war zwar<br />
kein Problem – aber dennoch irgenwie eigenartig.<br />
Deshalb kann sich das Paar gut<br />
vorstellen, seine langjährige Beziehung<br />
eintragen zu lassen. Mit allen Rechten und<br />
Pflichten, die dazugehören. «Es geht nicht<br />
darum, eine Ehe nachzuspielen», bekräftigt<br />
Dani. Viel wichtiger sei es, die offenen<br />
rechtlichen Fragen zu regeln.<br />
Dass Schwule und Lesben auch mit<br />
eingetragener Partnerschaft keine Kinder<br />
adoptieren dürfen, ist für das sympathische<br />
Paar kein Problem. «Während meiner<br />
langjährigen Arbeit als Sozialpädagoge<br />
habe ich Kinder sehr intensiv erlebt», sagt<br />
Thomas. Umso mehr geniessen die beiden<br />
den Kontakt zu ihren Familien und<br />
zu Freunden. «Und mindestens einmal<br />
pro Jahr machen wir eine grosse Reise!»<br />
LIEBE IST ...<br />
«... wenn in der Beziehung durch Vertrautheit<br />
immer wieder neue Ebenen entstehen.»<br />
Nein, er will keine Galionsfigur der<br />
Schwulen sein. Dafür eigne er sich<br />
nicht. «Bis jetzt habe ich immer ganz<br />
bewusst einen Strich zwischen Politik und<br />
Privatleben gezogen», sagt SP-Nationalrat<br />
Claude Janiak, 56. Doch bei der Vorlage<br />
zum Partnerschaftsgesetz kommen<br />
seine Prinzipien ins Wanken. «Mir ist klar,<br />
dass ich nun Konzessionen machen muss<br />
– aber nur sehr ungern!»<br />
Der Baselbieter Politiker lebt seit<br />
bald drei Jahren mit Saverio Verrascina,<br />
37, zusammen. Der Süditaliener ist Architekt,<br />
arbeitet jedoch als Journalist.<br />
Mehr soll öffentlich nicht<br />
bekannt werden. Claude<br />
Janiak spricht lieber über die<br />
politischen Seiten der Abstimmungsvorlage.<br />
In Ihrer Jugend ist die<br />
Gesellschaft anders mit Schwulen<br />
umgegangen.<br />
Es hat sich zweifellos viel geändert. Sonst<br />
wäre es jetzt nicht möglich, ein solches<br />
Gesetz zu erarbeiten. Das darf jedoch<br />
nicht darüber hinwegtäuschen, dass es<br />
auch heute noch Diskriminierungen gibt.<br />
In welchen Bereichen?<br />
Es gibt Gesetze, die diskriminieren – das<br />
Partnerschaftsgesetz würde hier endlich<br />
Gerechtigkeit schaffen. Tatsächlich gibt es<br />
auch gewalttätige Angriffe gegen Homosexuelle.<br />
Ich war zum Glück nie persönlich<br />
betroffen, aber Klienten von mir wurden<br />
am helllichten Tag zusammengeschlagen.<br />
Sie sind Anwalt und spezialisiert<br />
auf Ehe- und Konkubinatsrecht.<br />
Mit welchen Problemen kommen<br />
homosexuelle Paare zu Ihnen?<br />
Meistens wollen sie Fragen rund ums<br />
Leben oder Erben klären. Doch ein Vertrag<br />
räumt nicht alle Schwierigkeiten aus<br />
«Paare müssen sich intimste Fragen<br />
gefallen lassen, um zu beweisen, dass<br />
sie zusammengehören. Entwürdigend!»<br />
dem Weg. Ich hatte einen Fall, da ist nach<br />
30 Jahren Beziehung ein Mann gestorben,<br />
sein Partner muss 40 Prozent Erbschaftssteuer<br />
bezahlen. Bei einem auch<br />
nur kurz verheirateten Paar wärens<br />
0 Franken gewesen.<br />
Probleme gibts auch, wenn ein<br />
Partner Ausländer ist.<br />
26 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE 27
CLAUDE JANIAK PERSÖNLICH<br />
Geboren am 30. Oktober 1948 in Basel (Skorpion)<br />
Karriere Rechtsstudium, Anwaltsprüfung, seit 1978 Partner<br />
in einer Kanzlei. Gemeinderat, Landrat und Landratspräsident,<br />
seit 1999 Nationalrat. In der Wintersession wird er voraussichtlich<br />
zum Nationalratspräsidenten gewählt Partner<br />
Lebt mit Saverio Verrascina, 37, zusammen Herzenswunsch<br />
«Ich würde gerne eine längere Reise machen – nach Südamerika<br />
oder in afrikanische Staaten, die nicht von Touristen<br />
überschwemmt sind» E-Mail janiak@bluewin.ch<br />
Durch die Freizügigkeit mit der EU wurde<br />
das Problem ein bisschen entschärft,<br />
doch bei Menschen aus anderen Ländern<br />
herrscht absolute Willkür. Es gibt liberale<br />
Kantone, aber auch restriktive. Dort<br />
muss ein Paar sich intimste Fragen gefallen<br />
lassen, um zu beweisen, dass es zusammengehört.<br />
Das ist entwürdigend.<br />
Was raten Sie einem solchen Paar.<br />
Man muss versuchen, eine Bewilligung<br />
zu erhalten. Und keine Scheinehe eingehen,<br />
sonst wird man erpressbar – abgesehen<br />
davon macht man sich strafbar.<br />
Nun wird ein neuer Zivilstand für<br />
Lesben und Schwule kreiert. Wieso?<br />
SPORTLICH<br />
Zweimal in der Woche<br />
gehen Claude Janiak<br />
(l.) und sein Freund<br />
Saverio Verrascina<br />
im Fitorama in Basel<br />
zum Spinning.<br />
Dieser Frage gingen lange Diskussionen<br />
voraus. Die Politiker haben sich schliesslich<br />
auf einen eigenen Zivilstand geeinigt,<br />
somit ist es keine Ehe.<br />
Würden Sie Ihre Partnerschaft denn<br />
eintragen lassen?<br />
Das ist Privatsache, diese Frage beantworte<br />
ich Ihnen nicht!<br />
Die Gegner sehen mit diesem Gesetz<br />
die traditionelle Ehe gefährdet.<br />
Mir ist ein Rätsel, wie ausgerechnet ein<br />
homosexueller Mann die Ehe gefährden<br />
soll. Es gibt aufgrund dieses Gesetzes keine<br />
Ehe mehr oder weniger. Wenn man<br />
die Ehe schützen will, muss man eine moderne<br />
Familienpolitik betreiben. Die traditionelle<br />
Familie hat sich gewandelt,<br />
Frauen wollen arbeiten, es braucht Betreuungsplätze<br />
für die Kinder.<br />
Die Adoption bleibt für die Lesben<br />
und Schwulen auch mit dem neuen<br />
Gesetz verboten. Einverstanden?<br />
Ich habe da eine ganz eigene Meinung.<br />
Jedes Kind hat den Anspruch, seine leiblichen<br />
Eltern zu kennen. Solange beide<br />
da sind, sehe ich keinen Anlass für eine<br />
Adoption. Dieser Grundsatz hat für mich<br />
Priorität. Selbstverständlich bleibt diese<br />
Frage aber ein Thema.<br />
Genau davor haben die Gegner Angst.<br />
Sie sagen, das Verbot werde früher<br />
oder später aufgehoben. Deshalb soll<br />
man schon heute besser nein sagen.<br />
Das wäre etwa das Gleiche, wie wenn wir<br />
den Frauen das Stimmrecht nie gegeben<br />
hätten. Nur damit sie später ja nicht eine<br />
Gleichberechtigung fordern können!<br />
Oder haben die Gegner etwa Angst vor<br />
dem Volk, das auch in Zukunft das letzte<br />
Wort hat?<br />
War Ihre Homosexualität in Ihrer<br />
beruflichen oder politischen Karriere<br />
jemals ein Stolperstein?<br />
Offensichtlich nicht, sonst wäre ich heute<br />
nicht an diesem Punkt. Ich habe kein<br />
Geheimnis daraus gemacht, aber es auch<br />
nie an die grosse Glocke gehängt.<br />
Sie werden in der nächsten Wintersession<br />
voraussichtlich zum «höchsten<br />
Schweizer» gewählt. Was wünschen<br />
Sie sich für unser Land?<br />
Diese Offenheit und Toleranz, die nun<br />
bei der Diskussion um dieses Gesetz entstanden<br />
ist, wünsche ich mir auch weiter<br />
für die Schweiz. Je mehr wir uns einigeln,<br />
desto weniger offen sind wir.<br />
ÜBER DAS PARTNERSCHAFTSGESETZ<br />
BERICHTETEN: CHRISTINE ZWYGART<br />
(TEXTE), HERVÉ LE CUNFF, MARCEL<br />
NÖCKER UND KARL-HEINZ HUG (FOTOS)<br />
DIE VORLAGE<br />
Am 5. Juni stimmen wir über das Partnerschaftsgesetz ab.<br />
Dieses regelt die Lebensgemeinschaft von gleichgeschlechtlichen<br />
Paaren ZIVILSTAND Schwule oder Lesben<br />
können ihre Partnerschaft auf dem Standesamt eintragen<br />
lassen. Dafür wird ein neuer Zivilstand geschaffen. Es ist<br />
also keine Ehe RECHTE UND PFLICHTEN Eingetragene<br />
Partner müssen füreinander aufkommen und sorgen.<br />
Im Erbrecht, den Sozialversicherungen und der beruflichen<br />
Vorsorge erhalten sie die gleichen Rechte wie Ehepaare.<br />
Eine erleichterte Einbürgerung ist nicht vorgesehen<br />
KINDER Ausdrücklich verboten bleibt die Adoption eines<br />
Kindes und der Zugang zur Fortpflanzungsmedizin NAME<br />
Die Partner behalten ihre eigenen Nachnamen.<br />
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE 29