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Augsburg

Auf dem Weg zur Wahl des neuen Papstes

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2./3. März 2013 / Nr. 9 mAgAzIn<br />

er hat gern auf gottes Welt gelebt<br />

Kinderbuchautor Otfried Preußler: Ein Nachruf auf den Vater von Hotzenplotz und Krabat<br />

Der Räuber Hotzenplotz – im Film dargestellt<br />

von Gerd Fröbe – und die kleine<br />

Hexe sind zwei von Preußlers beliebten<br />

Kinderbuchfiguren.<br />

In der Öffentlichkeit war Otfried<br />

Preußler in den vergangenen<br />

Jahren nur noch selten präsent.<br />

Die große Bühne überließ der Autor<br />

lieber seinen literarischen Geschöpfen<br />

wie dem „Räuber Hotzenplotz“<br />

und der „kleinen Hexe“. Nach seinem<br />

80. Geburtstag vor knapp zehn<br />

Jahren machte sich der Schriftsteller<br />

rar, verbrachte seinen Lebensabend<br />

in einer betreuten Altersresidenz in<br />

Oberbayern. In Prien am Chiemsee<br />

ist er vorige Woche gestorben.<br />

gen Tagen erschien sein letztes Werk<br />

„Der kleine Wassermann – Sommerfest<br />

im Mühlenweiher“, eine neue<br />

Bilderbuchfassung zu seinem Klassiker,<br />

mit dem ihm 1956 der Durchbruch<br />

gelang. Seinen Erfolg erklärte<br />

der Literat einmal so: „Ich habe<br />

Glück, sehr viel Glück gehabt.“ Dabei<br />

ließ es sein „zähes Arbeiten“ nie<br />

zu, sich an Trends zu orientieren.<br />

böhmische sagen<br />

Das hatte der gebürtige Böhme<br />

auch gar nicht nötig. Zu sehr prägten<br />

ihn die Erzählungen seiner Heimat.<br />

Dort setzten sich abends im<br />

Lichtschein der Petroleumlampe die<br />

Nachbarn zusammen und trugen einander<br />

Sagen und Geschichten vor.<br />

„Mein Vater stenografierte alles mit,<br />

und auch ich nahm als Achtjähriger<br />

alles in mir auf.“ Aus diesem Fundus<br />

schöpfte er. So diente dem Hotzenplotz<br />

ein historischer Raubmörder<br />

namens Karasek als Vorbild.<br />

Die Zeiten waren für Preußler<br />

nicht immer rosig. Gleich nach<br />

dem Abitur wurde er 1942<br />

Soldat an der Ostfront<br />

und geriet in sowjetische<br />

Kriegsgefangenschaft.<br />

Es folgten fünf Jahre<br />

als Zwangsarbeiter,<br />

danach der Aufbau einer<br />

neuen Existenz als<br />

„Schulmeister“ im oberbayerischen<br />

Rosenheim,<br />

wohin es seine Angehörigen<br />

nach der Vertreibung<br />

verschlagen<br />

hat te.<br />

Seine Frau<br />

Annelies und<br />

die drei<br />

Töchter<br />

waren<br />

immer<br />

die ersten Testpersonen für seine<br />

Geschichten – und natürlich seine<br />

Schüler. Wenn er zu erzählen anfing,<br />

kam Ruhe in die Klasse mit den 52<br />

Mädchen und Jungen.<br />

Ab 1970 widmete sich der Lehrer<br />

Preußler ganz der Schriftstellerei.<br />

Jungen Leuten, die Autor werden<br />

wollten, riet er stets, erst einen „gescheiten<br />

Beruf“ zu erlernen: „Nur<br />

wenn ich nicht um Brot schreiben<br />

muss, bin ich frei in meinen Entscheidungen.“<br />

Das tägliche Schreiben,<br />

später auch am Computer, gehörte<br />

für ihn zum Leben: „Meine<br />

wichtigsten Haustiere sind dabei die<br />

gefräßigen Papierkörbe.“<br />

Selbst sein vielfach ausgezeichnetes<br />

Buch „Krabat“ wäre dort für immer<br />

gelandet, hätte nicht seine Frau<br />

die Seiten heimlich aufgehoben.<br />

Als der Gatte später bereute, die<br />

Geschichte weggeworfen zu haben,<br />

konnte sie ihn als Retterin überraschen.<br />

2008 wurde der Roman zu<br />

seiner Zufriedenheit<br />

verfilmt.<br />

Zusammen mit seiner Tochter Susanne<br />

war er selbst in die Produktion<br />

eingebunden.<br />

Der Autor war kein Freund von<br />

Serien. Die zwei Fortsetzungen des<br />

„Hotzenplotz“ mussten ihm seine<br />

jungen Fans förmlich abringen.<br />

Preußler ermutigte seine Leser lieber,<br />

die Geschichten selbst weiter zu<br />

spinnen. Sein riesiges Archiv, in dem<br />

auch solch eingesandte Werke aufgehoben<br />

sind, befindet sich im Besitz<br />

der Internationalen Jugendbibliothek<br />

in München. Seinen Erben wollte er<br />

nicht zumuten, sich mit „Zentnern<br />

von Papier“ rumzuschlagen.<br />

Kinder waren für Preußler das<br />

„beste und klügste Publikum“. Er<br />

nannte sie „strenge, unbestechliche<br />

Kritiker“. Auf Gottes Welt hat er<br />

gerne gelebt und gearbeitet, betonte<br />

Preußler einmal – getreu seinem<br />

Wahlspruch: „Dankbar für jeden<br />

Tag!“<br />

von bischöfen gewürdigt<br />

Die Deutsche Bischofskonferenz<br />

würdigte den verstorbenen Autor.<br />

Ihr Vorsitzender, der Freiburger Erzbischof<br />

Robert Zollitsch, gedenke<br />

Preußlers im Gebet, sagte Pressesprecher<br />

Matthias Kopp. Preußler<br />

war mehrfach für den Katholischen<br />

Kinder- und Jugendbuchpreis nominiert<br />

und erhielt die Auszeichnung<br />

einmal zuerkannt.<br />

Barbara Just<br />

Übersetzt in 55 sprachen<br />

Wie kein anderer erfreute Preußler<br />

mit seinen Büchern, die in 55<br />

Sprachen übersetzt wurden, seit fünf<br />

Jahrzehnten junge Leser. Vor weni-<br />

Ein begnadeter Geschichtenerzähler:<br />

Otfried Preußler starb im Alter von 89<br />

Jahren in Priem am Chiemsee.<br />

Fotos: KNA (2), Keystone<br />

Zur Internetseite von Ottfried Preußler

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