Augsburg
Bei Nigerias Christen betet die Angst mit
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13./14. April 2013 / Nr. 15 LEBEN AUS DEM GLAUBEN<br />
Am Santiago-Fieber erkrankt<br />
Online-Lexikon gestartet: Pilgernder Pallottinerpater will für Jakobsweg begeistern<br />
das nicht nur die verschiedenen<br />
Sprachen vereint, sondern auch Europa<br />
– so wie der Pilgerweg selbst.<br />
Wikis, an denen sich jeder Nutzer<br />
beteiligen kann, sind nicht unumstritten.<br />
Wikipedia wird bisweilen<br />
vorgeworfen, es sei in Sachen<br />
Kirche und Glaube nicht objektiv.<br />
Wie wollen Sie verhindern,<br />
dass das SantiagoWiki ideologisch<br />
missbraucht wird?<br />
Wer Missbrauch betreibt, wird<br />
verwarnt. Entsprechende Beiträge<br />
werden gelöscht. Hartnäckiger oder<br />
grober Missbrauch wird mit Ausschluss<br />
geahndet. Wer gegen Wallfahrt,<br />
Glaube oder Kirche schreiben<br />
will, darf dies gerne machen, aber<br />
nicht im SantiagoWiki.<br />
Pilger erreichen Hontanas, eine Station am „Camino Francés“, dem spanischen Jakobsweg. Foto: Kolossus/CC-BY-SA 3.0<br />
„Ich bin dann mal weg“ hat Komiker<br />
Hape Kerkeling sein Buch<br />
über den Jakobsweg genannt. Einer,<br />
der die beliebte Pilgerstrecke<br />
noch besser kennt, ist der Karlsruher<br />
Klinikseelsorger Klaus Schäfer<br />
SAC. Im Interview erzählt er vom<br />
neuen „SantiagoWiki“, einem vom<br />
ihm initiierten Internet-Lexikon<br />
über den Weg zum Grab des heiligen<br />
Jakobus im nordspanischen<br />
San tiago de Compostela.<br />
Pater Klaus, obwohl der christliche<br />
Glaube in seiner kirchlichen<br />
Ausprägung für immer mehr Menschen<br />
fremd ist, ist das Pilgern wieder<br />
„in“. Warum?<br />
Die Gründe, nach Santiago de<br />
Compostela zu pilgern, sind so verschieden<br />
wie jene, warum man sonst<br />
zu einem „Event“ geht. Menschen<br />
scheinen zu allen Zeiten von einem<br />
gewissen Fernweh oder gar Abenteuerlust<br />
ergriffen zu sein. Sie wollen<br />
aus dem Alltag aussteigen und<br />
Neues erleben, zur inneren Ruhe<br />
kommen, zu sich selbst finden. Die<br />
Menschen wollen das machen, was<br />
andere Menschen vor ihnen auch<br />
gemacht haben. Im Mittelalter war<br />
es der „Liber Sancti Jacobi“, der<br />
älteste erhaltene Pilgerführer überhaupt.<br />
Ende des 15. Jahrhunderts<br />
war es Hermann Künig von Vach<br />
und heute ist es Hape Kerkeling mit<br />
seinem Buch, der die Menschen auf<br />
diese große Wallfahrt aufmerksam<br />
macht.<br />
Man kann zu Fuß pilgern, mit dem<br />
Rad oder motorisiert. Welchen spirituellen<br />
Unterschied macht die<br />
Fortbewegungsart?<br />
Der Fußpilger ist eindeutig der<br />
spirituellere Pilger. Er muss nicht<br />
ständig auf den Straßenverkehr achten.<br />
Er kann oder muss sich stundenlang<br />
dem Weg hingeben, der<br />
nur durch seine Ortsdurchquerungen<br />
aufgelockert wird. Der Radpilger<br />
hat hingegen den Vorteil, dass er<br />
in vier Wochen von Deutschland bis<br />
ans Jakobsgrab pilgern kann.<br />
Ihr SantiagoWiki richtet sich zunächst<br />
einmal an Pilger. Ist es auch<br />
für Menschen geeignet, die „nur“<br />
wandern wollen?<br />
Pallottinerpater Klaus Schäfer initiierte<br />
das SantiagoWiki. Foto: privat<br />
Das SantiagoWiki steht noch am<br />
Anfang. Jeder darf daran mitarbeiten.<br />
Der Ausbau der Informationen<br />
ist damit auch entscheidend dafür,<br />
an wen diese gerichtet sind. Meine<br />
Absicht ist es, dem Pilger eine Plattform<br />
zu geben, auf der er alle wichtigen<br />
Informationen, Entscheidungshilfen<br />
und Tipps erhält, um seine<br />
eigene Wallfahrt gut vorzubereiten<br />
und durchzuführen. Interessierte<br />
Menschen soll es zu dieser Wallfahrt<br />
motivieren. Wer sich einfach nur<br />
auf „Jakobs Straß“ begeben will, ist<br />
in gleicher Weise herzlich willkommen.<br />
Er findet im SantiagoWiki<br />
die entsprechende Streckenführung<br />
samt GPS-Navigation, getrennt für<br />
Fuß- und Radpilger.<br />
Wie soll der Aufbau weitergehen?<br />
Von mir kommen die über Jahre<br />
hinweg gesammelten Informationen<br />
über Orte in Frankreich und Spanien<br />
entlang des Jakobswegs, dazu<br />
eine Auswahl meiner über 50 000<br />
Bilder. Bis Ende 2014 sollen diese<br />
Informationen im SantiagoWiki<br />
stehen. Wie bei Wikipedia kann sich<br />
jeder mit seinem Wissen einbringen.<br />
Dadurch, dass das Lexikon in sieben<br />
Sprachen angelegt ist, kann jeder in<br />
seiner Muttersprache die Jakobswege<br />
seines Landes dokumentieren.<br />
Die eingestellten Bilder stehen allen<br />
Sprachversionen zur Verfügung.<br />
Dies ist eine wichtige Voraussetzung<br />
dafür, dass das SantiagoWiki ein<br />
umfassendes Kompendium wird,<br />
Was macht den Jakobsweg so besonders?<br />
„Der Weg ist das Ziel“, sagte<br />
schon Konfuzius. Es kommt bei der<br />
Jakobuswallfahrt nicht nur auf das<br />
Ziel an, sondern auch auf den Weg.<br />
Andernfalls würden die Pilger – wie<br />
bei anderen Wallfahrten – einfach<br />
nur in den Bus, Zug oder das Flugzeug<br />
steigen. Pilgern bedeutet jedoch,<br />
selbst unterwegs zu sein. Daher<br />
muss der Fußpilger noch heute<br />
mindestens 100 Kilometer und der<br />
Radpilger mindestens 200 Kilometer<br />
Pilgerweg zurücklegen. Das<br />
Besondere am Jakobsweg ist: Die<br />
Pilger sammelten sich bei kleineren<br />
und größeren Wallfahrtsorten und<br />
zogen dann weiter. Wie die Perlen<br />
eines Rosenkranzes beteten sie mit<br />
ihren Füßen den Pilgerweg ab, um<br />
schließlich am Apostelgrab anzukommen.<br />
Sie waren in Santiago, in Rom, in<br />
Jerusalem. Welche Ihrer Pilgerreisen<br />
hat Sie am meisten „bewegt“?<br />
Jedes dieser drei Pilgerziele bewegte<br />
mich auf die eigene Art und<br />
Weise. Das „Romfieber“ wurde vom<br />
„Santiagofieber“ abgelöst, an dem<br />
ich unheilbar „erkrankt“ bin. Bei<br />
keiner anderen Wallfahrt wurde mir<br />
die Parallele zum eigenen Leben so<br />
deutlich erfahrbar wie bei der Santiago-Wallfahrt<br />
– wenn man am Kap<br />
Finisterre, dem westlichsten Punkt<br />
Europas, steht und erkennen muss,<br />
dass der Weg hier zu Ende geht und<br />
man nun auf eine ganz andere Art<br />
und Weise in die unendliche Weite<br />
der Ewigkeit schreiten kann.<br />
Interview: Thorsten Fels<br />
Das SantiagoWiki<br />
finden Sie im Internet: www.4sdc.de<br />
Bücher aus dem Sankt Ulrich Verlag zum Thema:<br />
Paolo Asolan, Nach Santiago<br />
Hans Schiermeier, Buen Camino