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Augsburg

Bei Nigerias Christen betet die Angst mit

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DAS ULRICHSBISTUM 13./14. April 2013 / Nr. 15<br />

Beispiellose Karriere<br />

Vom Bauernbub zum bayerischen Hofkammerrat<br />

Hochgeehrt wurde Pfarrer Heinz Rittner (Dritter von rechts ) in Dillingen an seinem<br />

90. Geburtstag. Unter anderem gratulierten (v. l.) Hans-Jürgen Weigl, Oberbürgermeister<br />

i. R., Monsignore Walter Rau, Schwester Irma Staudinger, Stadtpfarrer Wolfgang<br />

Schneck und Oberbürgermeister Frank Kunz<br />

Foto: Schmidt<br />

Leben in Gottvertrauen<br />

Priesterweihe in Neuzelle, Kaplan in Görlitz<br />

DILLINGEN – „Nur Gott allein<br />

gebührt die Ehre“ betonte Pfarrer<br />

Heinz Rittner, als er von der großen<br />

Pfarreiengemeinschaft Dillingen<br />

und auch von Stadt und Landkreis<br />

zu seinem 90. Geburtstag aus einmalig<br />

mehrfachem Anlass gefeiert<br />

wurde.<br />

Zu Glückwünschen aus Ost und<br />

West zum Neunzigsten des noch täglich<br />

das Messopfer Feiernden kamen<br />

weitere Jubiläen. Es sind der denkwürdige<br />

Beginn seines Studiums am<br />

Priesterseminar Neuzelle/Oder in der<br />

sowjetisch besetzten Zone vor 65 Jahren<br />

1948 und der „zweite Geburtstag“<br />

vor 70 Jahren. Damals wurde der zur<br />

Wehrmacht einberufene Unteroffizier<br />

Rittner im Zweiten Weltkrieg<br />

an der Ostfront durch einen Kopfsteckschuss<br />

schwer verwundet. Ein<br />

Kamerad aus dem Allgäu, Andreas<br />

Schmalholz aus Wolfertschwenden,<br />

schleppte Rittner, der kein Lebenszeichen<br />

mehr von sich gab, aus dem<br />

Kugelhagel.<br />

Von Kindheit an war das Leben<br />

von Heinz Rittner von dramatischen<br />

Ereignissen begleitet. Nach dem Ersten<br />

Weltkrieg musste die Familie die<br />

schlesische Stadt Kattowitz nach der<br />

Besetzung durch Polen verlassen. In<br />

der schlesischen Hauptstadt Breslau<br />

starb der Vater des erst Achtjährigen.<br />

Eng verwurzelt im katholischen<br />

Glauben, erlebte der junge Heinz im<br />

Dritten Reich trotz Verbots abenteuerliche<br />

Jugendarbeit mit Breslauer Jesuiten<br />

und Verhöre durch die Gestapo.<br />

Die Einberufung zur Wehrmacht<br />

ersparte weitere Verfolgung.<br />

Die schwere Verwundung hatte<br />

Lazarettaufenthalte zur Folge. Mit 70<br />

Prozent Schwerkriegsbeschädigung<br />

und dem in seiner Familie gepflegten<br />

Gottvertrauen begann der 21-Jährige<br />

1944 ein Theologiestudium in<br />

Breslau. In der Trümmerlandschaft<br />

der Kriegs- und Nachkriegszeit führte<br />

ihn der Weg mit der Mutter zur<br />

Familie des Kriegskameraden Franz-<br />

Xaver Winter nach Lutzingen bei<br />

Dillingen.<br />

Stationen auf dem unbeirrt verfolgten<br />

Ziel zum Priesterberuf waren<br />

Hochschule und Priesterseminar in<br />

Dillingen und das der schlesischen<br />

Heimat nähere Neuzelle. Nach der<br />

Priesterweihe dort durch Bischof<br />

Heinrich Wienken am 20. März<br />

1949 ging Rittner zur großen Primizfeier<br />

in Lutzingen hin und zurück<br />

illegal über die Zonengrenze. Unvergessen<br />

in Görlitz, in Wittichenau und<br />

im Erzgebirge ist das unerschrockene<br />

und aufopferungsvolle seelsorgliche<br />

Wirken von Pfarrer Rittner in der<br />

dortigen Diaspora. Konflikte mit<br />

dem System in der DDR brachten<br />

ihm auch Gefängnis.<br />

Vor drei Jahrzehnten konnte Pfarrer<br />

Rittner zu seiner Mutter Helene<br />

nach Dillingen ausreisen. Sie starb<br />

1998 mit 95 Jahren. Beim festlichen<br />

Dankgottesdienst für den hoch begehrten<br />

hervorragenden Prediger, der<br />

auch einen Unfall im Jahr 2012 mit<br />

zwei Knochenbrüchen und die Operationen<br />

gut überstanden hat, gab es<br />

ein vielseitiges „Vergelt‘s Gott“. Ihre<br />

Hochachtung und Verehrung bekundeten<br />

die Stadtpfarrer Wolfgang<br />

Schneck und Walter Rau. Das mutige<br />

und mit beispielhafter innerer Stabilität<br />

verbundene Wirken Rittners<br />

würdigte: mit großem Dank und Bewunderung<br />

Monsignore Rau. Er verwies<br />

auch auf den speziell erweiterten<br />

„Blick zum Sternen-Himmel“ des<br />

passionierten Hobby-Astronomen.<br />

Johannes Schmidt<br />

SEEHAUSEN – „Ich will nicht<br />

glänzen, sondern nützen.“ Dies<br />

war der Wahlspruch des Organisators,<br />

Unternehmers, Finanzmanns<br />

und Reformators Joseph von Utzschneider<br />

zeit seines Lebens. Das<br />

Heimatmuseum Seehausen würdigt<br />

den vielseitig begabten Mann<br />

anlässlich der Wiederkehr seines<br />

250. Geburtstages mit einer Ausstellung.<br />

Der Bauernbub Joseph von Utzschneider<br />

hat Bayern reformiert. Foto: Paulus<br />

Aufgeschlagen liegt in einer Vitrine<br />

im ersten Raum das Matrikelbuch<br />

der Pfarrgemeinde Seehausen. Es ist<br />

eine Leihgabe des Diözesanarchivs<br />

<strong>Augsburg</strong> für die Dauer der Ausstellung.<br />

Am 2. März 1763 hat der<br />

Pfarrer die Geburt von Joseph Utzschneider,<br />

Kind des Landwirts Andreas<br />

und seiner Frau Maria aus dem<br />

Weiler Rieden, Gemeinde Seehausen,<br />

sorgfältig notiert. Es hat wohl keiner<br />

geahnt, welch beispiellose Karriere<br />

dieses Kind in seinem Leben nehmen<br />

sollte.<br />

Zunächst ging der Bauernbub<br />

in die ein paar Kilometer entfernte<br />

Dorfschule in Uffing am Staffelsee,<br />

um 1771 auf die Lateinschule des<br />

Augustinerchorherrenstifts Polling zu<br />

wechseln. Dank der Beziehungen seines<br />

Onkels, der in Diensten bei der<br />

Herzogin Maria Anna stand, konnte<br />

der Bub seine Bildung in München<br />

vertiefen und später ein Studium an<br />

der Hochschule in Ingolstadt mit<br />

dem Titel eines Lizentiaten der Rechte<br />

und dem Doktor in Philosophie<br />

abschließen.<br />

Noch während seines Studiums,<br />

erkannte Herzogin Maria Anna Utzschneiders<br />

wachen, aufgeweckten<br />

Geist und ernannte ihn zum Geheimschreiber<br />

und Verwalter ihres Guts<br />

Schwaiganger. Im Heimatmuseum<br />

Seehausen ist auch ein prachtvolles<br />

Messgewand zu bewundern, das<br />

die Herzogin der Pfarrei Seehausen<br />

schenkte und das auch heute noch<br />

an hohen kirchlichen Feiertagen vom<br />

Pfarrer getragen wird.<br />

Utzschneider war ein „Mann der<br />

That“, wie ein Zeitgenosse treffend<br />

bemerkte. Das erkannte auch Maximilian<br />

von Montgelas, Minister<br />

unter dem Kurfürsten und späteren<br />

König Maximilian von Bayern. Er<br />

berief Utzschneider auf die Stelle eines<br />

Hofkammerrats, Utzschneider<br />

war im Finanzdepartement für die<br />

Landstände zuständig und verhalf<br />

durch kluges Management, die Einnahmen<br />

aus Salinen in Reichenhall<br />

für das fast bankrotte Bayern zu steigern.<br />

Er machte sich Gedanken über<br />

eine bessere Nutzung der staatlichen<br />

Wälder und gründete dazu, damals<br />

ein Novum, eine Forstschule.<br />

„Allen Sätteln gerecht“<br />

Utzschneider trat 1783 dem Geheimbund<br />

der Illuminaten bei. Als<br />

ihm bekannt wurde, dass man diese<br />

Organisation verdächtigte, an umstürzlerischen<br />

Maßnahmen beteiligt<br />

zu sein, trat er sofort aus. Doch der<br />

Kurfürst Max Joseph wollte ihn nicht<br />

mehr im Staatsdienst haben, er versetzte<br />

ihn in den Ruhestand.<br />

In den folgenden Jahren wurde<br />

er ein rastloser und vielseitiger Unternehmer.<br />

Er eröffnete in München<br />

eine Lederfabrik und 1804 das Institut<br />

für Kron- und Flintglas in Benediktbeuern,<br />

wo dann unter dem genialen<br />

Joseph von Fraunhofer optische<br />

Geräte von Weltgeltung hergestellt<br />

wurden. Der umtriebige Utzschneider<br />

gründete weitere Unternehmungen,<br />

etwa eine Brauerei, eine Tuch-,<br />

eine Zuckerrüben-, eine Essigfabrik.<br />

Doch der bayerische Staat wollte<br />

auf den „in allen Sätteln gerechten“<br />

Seehauser nicht verzichten. 1807<br />

wurde er wieder eingestellt und<br />

konnte seine schon früh geäußerten<br />

Pläne einer gerechteren Besteuerung<br />

umsetzen. Ein Jahr später machte<br />

er sich daran, alle Grundstücke des<br />

Landes zu vermessen und auf Kalksteinplatten<br />

drucken zu lassen. Der<br />

Besucher des Heimatmuseums kann<br />

dort die Katasterplatte der Gemeinde<br />

Seehausen betrachten. Später wurde<br />

Utzschneider unter König Ludwig I.<br />

noch Vorstand der höchsten technischen<br />

Bildungsanstalt, aus der sich<br />

die Technische Hochschule München<br />

entwickelte. „Man muss keinen<br />

Augenblick müßig vorübergehen lassen“<br />

– ein weiteres Motto Utzschneiders.<br />

Der Tod am 31. Januar 1840<br />

riss ihn aus seinem bewegten und<br />

rastlosen Leben. Ingrid Paulus<br />

Zur Sendung des BR über Joseph von Utzschneider:

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