Augsburg
Bei Nigerias Christen betet die Angst mit
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NACHRICHT UND HINTERGRUND 13./14. April 2013 / Nr. 15<br />
Bauarbeiten unter Polizeischutz: Teile der East<br />
Side Gallery wurden bereits abgerissen.<br />
Kani Alavi ist stinksauer. „Es<br />
ist würdelos, wenn das Werk,<br />
für dessen Erhalt ich ausgezeichnet<br />
wurde, jetzt wieder von<br />
der Stadt zerstört wird.“ Sollte sich<br />
in dem Streit um die Berliner East<br />
Side Gallery für ihn keine vernünftige<br />
Lösung abzeichnen, will der<br />
Künstler sein Bundesverdienstkreuz<br />
zurückgeben.<br />
Ein Ende des Konflikts ist nicht<br />
in Sicht: Auf der einen Seite steht<br />
ein Investor mit Linken-Parteibuch<br />
und möglicher Stasi-Vergangenheit,<br />
der ein Grundstück am Spreeufer<br />
im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg<br />
erworben hat, um darauf ein Hochhaus<br />
zu errichten. Auf der anderen<br />
Der „Fall“ der Mauer<br />
Streit um Berliner East Side Gallery: Der Konflikt schwelt weiter<br />
Seite haben sich empörte Bürger,<br />
Künstler und Aktivisten formiert,<br />
die die East Side Gallery – das längste<br />
noch stehende Teilstück der Berliner<br />
Maier – erhalten wollen.<br />
Längst laufen die Bauarbeiten auf<br />
Hochtouren. Maik Uwe Hinkel, der<br />
Geschäftsführer von Living Bauhaus,<br />
kann sich auf einen vom Bezirk bewilligten<br />
Bebauungsplan berufen.<br />
Dass dem Vorhaben Abschnitte der<br />
kunstvoll bemalten Mauer zum Opfer<br />
fallen, wollen viele Berliner nicht<br />
hinnehmen.<br />
Wie Kani Alavi von der Künstlerinitiative<br />
East Side Gallery schlagen<br />
auch die kapitalismuskritisch eingestellten<br />
Aktivisten von „Mediaspree<br />
versenken“ Alarm: „Die East Side<br />
Gallery und der Todesstreifen sind<br />
ein nationales Mahnmal der deutschen<br />
Geschichte und stehen unter<br />
Denkmalschutz!“, sagen sie.<br />
Kein Kompromiss<br />
Die vom Regierenden Bürgermeister<br />
Klaus Wowereit vorgebrachte<br />
Kompromiss-Lösung, das Areal<br />
über das Nachbargrundstück eines<br />
israelischen Bauherren zu erschließen,<br />
um möglichst wenige Mauerstücke<br />
durchbrechen oder versetzen<br />
zu müssen, erscheint ihnen nicht<br />
akzeptabel. „Dieser Kompromiss ist<br />
keiner“, sagt Sascha Disselkamp.<br />
„Was als angebliche Lösung verkauft<br />
wird, ist exakt das, wogegen<br />
wir protestieren. Wenn die Luxuswohnungen<br />
kommen, wird das<br />
Denkmal zerstört“, stellte der Sprecher<br />
des Bündnisses „East Side Gallery<br />
retten“ klar. Die Einzigartigkeit<br />
der Mauer-Galerie, die Touristen<br />
aus aller Welt anziehe, würde durch<br />
das Bauprojekt verloren gehen.<br />
Über den Streit um die East Side<br />
Gallery berichtete sogar die britische<br />
BBC – und auch US-Sänger David<br />
Hasselhoff hat sich eingeschaltet.<br />
Seit er 1989 vor über 500 000 Menschen<br />
an der Berliner Mauer seinen<br />
Hit „Looking for Freedom“ (Auf<br />
der Suche nach Freiheit) zum Besten<br />
gab, fühlt er sich dem „Fall der<br />
Mauer“ offenbar in besonderer Weise<br />
verbunden. „Der Kampf ist noch<br />
nicht vorbei“, twitterte der 60-Jährige<br />
an die Protestler in Berlin.<br />
Darüber hinaus sind im Rahmen<br />
einer Internet-Petition bisher fast<br />
90 000 Unterschriften für den Erhalt<br />
des Mauerstücks zusammengekommen.<br />
Nach Ansicht des Denkmalschützers<br />
Leo Schmidt wäre die East<br />
Side Gallery sogar „für einen Platz<br />
auf der Unesco-Weltkulturerbe liste<br />
prädestiniert“.<br />
Ungeachtet dessen schreiten die<br />
Bauarbeiten voran – unter Polizeischutz.<br />
Mehrere Segmente wurden<br />
bereits aus der Mauer gerissen und<br />
entfernt. „Es ist wie alles in Berlin,<br />
es geht daneben“, kommentierte<br />
Liedermacher Reinhard Mey den<br />
Teil-Abriss der East Side Gallery.<br />
„Ich sehe heute schon die Farbbeutel<br />
auf die Fassade fliegen.“<br />
Das macht deutlich: Im Grundsatz<br />
ist das Problem noch nicht gelöst.<br />
Der Konflikt schwelt weiter –<br />
bis die nächsten Mauerteile weichen<br />
müssen.<br />
Christian Soyke<br />
Aktivisten demonstrieren für den<br />
Erhalt der East Side Gallery.<br />
Fotos: Soyke<br />
Hinweis<br />
Ein „Pro und Contra“ zum Streit um die<br />
East Side Gallery lesen Sie auf Seite 10.