Augsburg
Hüter des Volkes Gottes
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23./24. März 2013 / Nr. 12 PAPST FRANZISKUS<br />
Der Papst zahlt selbst<br />
Volksnah und bescheiden wirkt Franziskus glaubwürdig<br />
Mit seiner bescheidenen, menschenfreundlichen<br />
Art hat Papst<br />
Franziskus im Sturm die Herzen<br />
der Römer erobert. Egal, ob er<br />
nach der Frühmesse trotz seiner<br />
entsetzten Begleiter allen Teilnehmern<br />
die Hände schüttelt oder ob<br />
er selbst im Hotel die Rechnung<br />
begleicht: Ein solcher Papst überzeugt<br />
– auch die, die sonst nicht<br />
viel von der Kirche halten und<br />
immer und immer wieder behaupten,<br />
sie liebe den Prunk um<br />
seiner selbst willen und sei reich.<br />
Am Morgen seines ersten Amtstages,<br />
nach dem historischen Auftritt<br />
auf dem Balkon über dem<br />
Petersplatz, wollte Franziskus erst<br />
einmal vor dem alten Gnadenbild<br />
der Maria „Salus populi romani“<br />
beten. Hierher kommen oft auch<br />
die Römer, wenn sie etwas auf<br />
dem Herzen haben. Passanten und<br />
Schulkinder schauten verdutzt, als<br />
das Kirchenoberhaupt vor Santa<br />
Maria Maggiore der schwarzen Limousine<br />
mit Zivilkennzeichen entstieg<br />
(ein Volkswagen „Phaeton“)<br />
und die Basilika durch einen Seiteneingang<br />
betrat.<br />
„Was macht es, bitte?“ Papst Franziskus bezahlt im Hotel.<br />
Auf dem Rückweg zum Vatikan<br />
machte der Papst bei der Kleriker-<br />
Unterkunft „Domus Internationalis<br />
Paulus VI.“ in der römischen<br />
Altstadt halt, „um ein paar Sachen<br />
mitzunehmen“, wie es hieß. In dem<br />
Haus in der Via della Scrofa hatte<br />
er die Tage vor dem Konklave<br />
gewohnt. Jetzt wollte er sich dort<br />
verabschieden und die Rechnung<br />
begleichen. Ein Stellvertreter Christi,<br />
der die Schulden selbst bezahlt:<br />
Bei italienischen Medien macht das<br />
Eindruck.<br />
Es sind diese Gesten selbstbewusster<br />
Bescheidenheit, die in den<br />
ersten Tagen des neuen Papstes zur<br />
Nachricht werden: Angeblich wollten<br />
die Zeremoniäre Franziskus als<br />
erstes zum Schneider bringen; er<br />
bestand auf den Gebetsausflug zur<br />
Muttergottes. Zur traditionellen<br />
Huldigung der Kardinäle nach der<br />
Wahl lehnte er es ab, sich auf einen<br />
Sessel zu setzen. Kardinal Wilfrid<br />
Napier berichtet, am Ende<br />
der Zeremonie sei Franziskus<br />
noch einmal zur<br />
Sixtinischen Kapelle zurückgekehrt,<br />
weil der gebrechliche Kardinal Ivan<br />
Dias (76) nicht hinterherkam.<br />
Die deutschen Kardinäle Karl<br />
Lehmann und Reinhard Marx loben<br />
die Umgänglichkeit und den<br />
Humor des neuen Kirchenführers.<br />
Von der Wahl, die ihn zum Oberhirten<br />
über 1,2 Milliarden Katholiken<br />
machte, fuhr Franziskus mit den<br />
anderen Kardinälen im Bus zurück<br />
zum Gästehaus. Beim Abendessen<br />
soll er gesagt haben: „Möge euch<br />
Gott vergeben, was ihr getan habt.“<br />
Er habe das scherzhaft gemeint,<br />
sagt Vatikansprecher Federico<br />
Lombardi.<br />
Bei guter Gesundheit<br />
Die gleichen Worte hatte Albino<br />
Luciani 1978 nach seiner Wahl<br />
zum Papst Johannes Paul I. gebraucht;<br />
33 Tage später war er tot.<br />
Manche sorgen sich schon jetzt<br />
um die gesundheitliche Konstitution<br />
des 76-Jährigen, der nun das<br />
Amt antritt, das Benedikt XVI. zu<br />
schwer geworden ist. Dieser war bei<br />
seiner Wahl gerade mal zwei Jahre<br />
älter. Doch der Vatikan versichert,<br />
auch die teilweise Entfernung eines<br />
Lungenflügels in der Jugend sei<br />
für Franziskus kein Handicap. „Die,<br />
die ihn seit 30, 40 Jahren kennen,<br />
wissen, dass er bei guter Gesundheit<br />
ist“, versicherte Lombardi.<br />
Burkhard Jürgens/KNA<br />
EIN LANDSMANN ALS PAPST<br />
Argentinier begeistert<br />
Die Freude über die Wahl des<br />
neuen Papstes ist besonders bei<br />
Argentiniern groß. Papst Franziskus<br />
hat zwar italienische Wurzeln,<br />
er bezeichnete aber seine<br />
Heimatstadt Buenos Aires schon<br />
immer als seine „esposa“ – seine<br />
„Gattin“.<br />
Als vom Schornstein über der<br />
Sixtinischen Kapelle der weiße<br />
Rauch aufstieg, war es einige tausend<br />
Kilometer weiter südwestlich<br />
Nachmittag. Im argentinischen<br />
Kongress unterbrach der Vorsitzende<br />
der Abgeordnetenkammer, Julián<br />
Domínguez, die Sitzung. Er rief aus:<br />
„Es gibt einen Papst und der ist Argentinier!“<br />
Der Oppositionsführer<br />
und Abgeordnete Ricardo Alfonsín<br />
zeigte sich „ergriffen und glücklich“<br />
über die Wahl Bergoglios.<br />
In Rom, wenige Meter von der<br />
Sixtinischen Kapelle, saß der argentinische<br />
Jesuitenpater Guillermo<br />
Ortiz vor dem Bildschirm und<br />
kommentierte live für Radio Vatikan.<br />
Er leitet seit einigen Jahren die<br />
spanischsprachige Abteilung. In den<br />
70er Jahren war er Student von Jorge<br />
Mario Bergoglio. Als der Kardinalprotodiakon<br />
Jean-Louis Tauran<br />
den Namen des neuen Papstes verkündete,<br />
war er zuerst sprachlos und<br />
weinte dann ergriffen. Sein Lehrer<br />
und Mitbruder war nun Papst. Pater<br />
Bergoglio sei „anspruchsvoller<br />
Lehrmeister“ gewesen, sagt<br />
Ortiz. „Er verlangte viel, aber<br />
er hat einen nicht allein gelassen.“<br />
Die argentinische Gemeinschaft<br />
in Rom trifft sich jeden<br />
Sonntag bei der Muttergotteskirche<br />
an der Piazza Buenos Aires,<br />
mitten in Rom. Der Rektor der Kirche,<br />
Pater Antonio Maria Grande,<br />
kennt den neuen Papst gut. „Er hat<br />
mich als Vorsitzender der argentinischen<br />
Bischofskonferenz vor zwei<br />
Jahren ernannt.“ In Argentinien sei<br />
Jorge Mario Bergoglio schon immer<br />
als „Mann des Dialogs“ bekannt<br />
gewesen, der den Umgang mit Andersgläubigen<br />
nicht scheut.<br />
Mario Galgano<br />
Argentinier in Deutschland<br />
freuen sich über den Papst<br />
aus der Heimat<br />
Die Freude in Argentinien<br />
ist groß<br />
über die Wahl eines<br />
Landsmanns zum<br />
neuen Pontifex.<br />
Fotos: KNA