Augsburg
Hüter des Volkes Gottes
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LITURGIE 23./24. März 2013 / Nr. 12<br />
Frohe Botschaft<br />
Palmsonntag<br />
Erste Lesung<br />
Jes 50,4-7<br />
Gott, der Herr, gab mir die Zunge<br />
eines Jüngers, damit ich verstehe,<br />
die Müden zu stärken durch ein aufmunterndes<br />
Wort. Jeden Morgen<br />
weckt er mein Ohr, damit ich auf<br />
ihn höre wie ein Jünger. Gott, der<br />
Herr, hat mir das Ohr geöffnet.<br />
Ich aber wehrte mich nicht und wich<br />
nicht zurück. Ich hielt meinen Rücken<br />
denen hin, die mich schlugen,<br />
und denen, die mir den Bart ausrissen,<br />
meine Wangen. Mein Gesicht<br />
verbarg ich nicht vor Schmähungen<br />
und Speichel.<br />
Doch Gott, der Herr, wird mir<br />
helfen; darum werde ich nicht in<br />
Schande enden. Deshalb mache ich<br />
mein Gesicht hart wie ein Kiesel;<br />
ich weiß, dass ich nicht in Schande<br />
gerate.<br />
Zweite Lesung<br />
Phil 2,6-11<br />
Christus Jesus war Gott gleich, hielt<br />
aber nicht daran fest, wie Gott zu<br />
sein, sondern er entäußerte sich und<br />
wurde wie ein Sklave und den Menschen<br />
gleich. Sein Leben war das<br />
eines Menschen; er erniedrigte sich<br />
und war gehorsam bis zum Tod, bis<br />
zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn<br />
Gott über alle erhöht und ihm den<br />
Namen verliehen, der größer ist als<br />
alle Namen, damit alle im Himmel,<br />
auf der Erde und unter der Erde<br />
ihre Knie beugen vor dem Namen<br />
Jesu und jeder Mund bekennt: „Jesus<br />
Christus ist der Herr“ - zur Ehre<br />
Gottes, des Vaters.<br />
Evangelium<br />
Feier des Einzugs Christi in Jerusalem:<br />
Lk 19,28-40<br />
In jener Zeit ging Jesus nach Jerusalem<br />
hinauf. Als er in die Nähe von<br />
Bétfage und Betánien kam, an den<br />
Berg, der Ölberg heißt, schickte er<br />
zwei seiner Jünger voraus und sagte:<br />
Geht in das Dorf, das vor uns liegt.<br />
Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr<br />
dort einen jungen Esel angebunden<br />
finden, auf dem noch nie ein<br />
Mensch gesessen hat. Bindet ihn los,<br />
und bringt ihn her! Und wenn euch<br />
jemand fragt: Warum bindet ihr<br />
ihn los?, dann antwortet: Der Herr<br />
braucht ihn.<br />
Die beiden machten sich auf den<br />
Weg und fanden alles so, wie er es<br />
Audiobeiträge zur Karwoche<br />
Lesejahr C<br />
ihnen gesagt hatte. Als sie den jungen<br />
Esel losbanden, sagten die Leute,<br />
denen er gehörte: Warum bindet<br />
ihr den Esel los?<br />
Sie antworteten: Der Herr braucht<br />
ihn. Dann führten sie ihn zu Jesus,<br />
legten ihre Kleider auf das Tier und<br />
halfen Jesus hinauf.<br />
Während er dahinritt, breiteten die<br />
Jünger ihre Kleider auf der Straße<br />
aus. Als er an die Stelle kam, wo der<br />
Weg vom Ölberg hinabführt, begannen<br />
alle Jünger freudig und mit<br />
lauter Stimme Gott zu loben wegen<br />
all der Wundertaten, die sie erlebt<br />
hatten.<br />
Sie riefen: Gesegnet sei der König,<br />
der kommt im Namen des Herrn.<br />
Im Himmel Friede und Herrlichkeit<br />
in der Höhe! Da riefen ihm einige<br />
Pharisäer aus der Menge zu: Meister,<br />
bring deine Jünger zum Schweigen!<br />
Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn<br />
sie schweigen, werden die Steine<br />
schreien.<br />
Aus dem 13. Jahrhundert stammt dieses<br />
Glasfenster mit der Darstellung des<br />
auf einem Esel reitenden Heilands.<br />
Es befindet sich in der Templerkapelle<br />
im lothringischen Metz, wo einst eine<br />
große Burg des grausam vernichteten<br />
Ritterordens stand. Foto: Günter Schenk<br />
Gedanken zum Sonntag<br />
Eselsohr und Eselsbrücke<br />
Zum Evangelium – von Domdekan Bertram Meier<br />
Wenn Bücher<br />
Eselsohren haben,<br />
wissen wir,<br />
was mit ihnen<br />
los ist. Sie sind<br />
viel gelesen worden.<br />
Ein Eselsohr<br />
im Buch der<br />
Bücher hat der<br />
Palmsonntag. Wer sich damit beschäftigt,<br />
denkt sofort an den Palmesel<br />
Jesu Christi.<br />
Die Straßen Jerusalems hatten<br />
schon viele gesehen, denen der rote<br />
Teppich ausgerollt wurde. Auch Jesu<br />
Ankunft glich einem Triumphzug.<br />
Die Menschen jubelten ihm „Hosanna“<br />
zu. Doch Jesus kommt nicht<br />
hoch zu Ross, sondern dem Boden<br />
näher auf dem Rücken eines Esels.<br />
Damit drückt Jesus aus, auf welcher<br />
Seite er steht: Er nimmt Partei für<br />
die Armen und Kleinen. Weder dem<br />
edlen Lipizzaner noch dem stolzen<br />
Schlachtross, sondern dem Lasttier<br />
der Armen kommt die Ehre zu, den<br />
Friedenskönig in die Heilige Stadt zu<br />
tragen.<br />
Ein militärisch wertloses Tier<br />
bringt Christus ins Zentrum der politischen<br />
und religiösen Macht. Es<br />
ist der graue, gedrungene, vielleicht<br />
etwas schwerfällige, bisweilen auch<br />
störrische Esel, der Jesu Lebensentscheidung<br />
publik macht, die bis heute<br />
der Kirche ins Stammbuch geschrieben<br />
ist: die Option für die Armen.<br />
Schon am Palmsonntag schürzt<br />
sich der Knoten, der im Triduum<br />
Paschale, den drei dramatischen<br />
Tagen, zur höchsten Spannung gebracht<br />
wird. Geht es doch um nichts<br />
Geringeres als um das Duell zwischen<br />
Leben und Tod. Wir feiern das<br />
Grundgesetz unserer Erlösung – dass<br />
Erhöhung erst dann geschieht, wenn<br />
ihr die Erniedrigung vorausgeht. Jesus<br />
Christus „war Gott gleich, hielt<br />
aber nicht daran fest, wie Gott zu<br />
sein, sondern er entäußerte sich und<br />
wurde wie ein Sklave und den Menschen<br />
gleich. Sein Leben war das<br />
eines Menschen. Er erniedrigte sich<br />
und war gehorsam bis zum Tod, bis<br />
zum Tod am Kreuz“ (Phil 2, 6-8).<br />
Jesus hat den Esel in den Dienst<br />
genommen als Botschafter der Erlösung,<br />
des Friedens. Wer sich auf einen<br />
Esel setzt, steigt eigentlich nicht auf,<br />
sondern ab. Gerade der Esel hat es Jesus<br />
ermöglicht, allen alles zu werden,<br />
König und Knecht zugleich, zu reiten<br />
und doch dem Boden nahe zu bleiben.<br />
Der Esel predigt Bodenhaftung<br />
und Erdverbundenheit, weil er den<br />
Reiter dem Erdboden nahe sein lässt.<br />
Für mich ist der Esel ein „Kirchenlehrer“,<br />
obwohl er im Heiligenkalender<br />
nicht verzeichnet ist. Ich erinnere<br />
an einen Jesuiten, der der Gesellschaft<br />
Jesu in einer Zeit beitrat, die in der<br />
Nachfolge Christi eine Eselei sah:<br />
Alfred Delp. Er mahnte, die Kirche<br />
müsse auf dem Boden bleiben, den<br />
Menschen nahe: „Das Schicksal der<br />
Kirchen wird in der kommenden<br />
Zeit nicht von dem abhängen, was<br />
ihre Prälaten und führenden Instanzen<br />
an Klugheit, Gescheitheit, ‚politischen<br />
Fähigkeiten’ usw. aufbringen.<br />
Auch nicht von den ‚Positionen’, die<br />
sich Menschen aus ihrer Mitte erringen<br />
konnten. Das alles ist überholt.<br />
Stattdessen geht es um die Rückkehr<br />
der Kirchen in die ‚Diakonie’, in den<br />
Dienst der Menschheit. Und zwar<br />
in einen Dienst, den die Not der<br />
Menschheit bestimmt, nicht unser<br />
Geschmack (Gesammelte Schriften<br />
4, Frankfurt 1984, 318-320).<br />
Ich bin froh, dass der Palmsonntag<br />
nicht nur ein Eselsohr hat, sondern<br />
eine Eselsbrücke ist, um mir<br />
hinter die Ohren zu schreiben, was<br />
Nachfolge heißt.