23.09.2015 Views

Adventskalender 2013 mit Texten von Prälat Dr. Betram Meier

Adventskalender 2013 mit Texten von Prälat Dr. Betram Meier

Adventskalender 2013 mit Texten von Prälat Dr. Betram Meier

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Von der Erfüllung dieser Verheißung singt das Adventslied. Allerdings erfüllt<br />

sich die Hoffnung anders als erwartet: nicht ein machtvoller Gott interveniert,<br />

sondern ein „zarter Zweig“, der „aus dem trockenen Baumstumpf Isais<br />

hervorsprießt“ (Jes 11, 1.6 f.). Der zarte Zweig, das kleine Kind, wird <strong>von</strong> einer<br />

Jungfrau ausgetragen, in der die Kirche Maria erkennt, die reine „Magd des<br />

Herrn“, die deshalb immer wieder gern als „edler Rosengarten“ und „Rose<br />

ohne Dornen“ besungen wird. Durch Maria, die Ja zu diesem Plan gesagt hat,<br />

konnte Gott sich einen Weg bahnen durch den Dornwald der Welt.<br />

Während Maria <strong>mit</strong> dem Jesuskind den Dornwald durchquert, fängt das<br />

Gestrüpp zu blühen an: Da haben die Dornen Rosen getragen. Aus dem<br />

Dornwald wird ein Rosengarten. Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel<br />

zart. Wohlgemerkt: Es sind die Dornen selbst, die Rosen tragen. Das heißt: Wir<br />

müssen uns dem Gestrüpp, den Disteln, der Trockenheit stellen, alles zu Gott<br />

vorbringen, da<strong>mit</strong> er es wandeln kann zur Blüte, zur neuen geistlichen Frucht.<br />

Noch eine Frage bleibt offen: Hat sich Jesus in seiner „unvorsichtigen“<br />

Liebe zu uns Menschen nicht selbst in deren „Dornwald“ hineinverstrickt,<br />

so dass diese Dornen ihn sogar begleiten bis zum Ende seines irdischen<br />

Lebensweges? „Sie setzten ihm eine Krone <strong>von</strong> Dornen auf, die sie geflochten<br />

hatten“ (Mk 15,17). Die Macht des Bösen scheint nicht gebrochen zu sein.<br />

Sind die Rosen der Weihnacht womöglich nur eine Episode in der endlosen<br />

Geschichte vom Dornwald menschlicher Schuld?<br />

Nein, dürfen wir als Christen voller Hoffnung antworten. Die Welt bleibt<br />

ein Dornwald und ist kein Paradies. Auch in der Kirche wird es Disteln und<br />

Dornen geben, neben dem guten Weizen wird das Unkraut wachsen. Aber<br />

Jesus Christus hat unseren menschlichen Weg geteilt, <strong>von</strong> der Krippe bis zum<br />

Kreuz. Unserem Weg hat er in seiner Auferstehung ein Ziel gegeben: das<br />

Leben in Fülle (vgl. Joh 10,10). Auch aus dem Gestrüpp unserer Sünde und<br />

Schuld kann eine Rose wachsen. Diese Rose duftet noch heute. Sie treibt an,<br />

gibt Kraft in Zeiten der Dornen, wenn Stacheln schmerzen. Doch der Duft<br />

der Hoffnung treibt zum Weitergehen. Er versprüht Lebenskraft, Frieden,<br />

Gerechtigkeit und Liebe. Dieser Duft lässt nicht mehr los: Sehnsucht nach einer<br />

Welt voll göttlichen Rosendufts. So schließen wir <strong>mit</strong> einem Gedicht <strong>von</strong> Kurt<br />

Marti „Der Rat der Rose“:<br />

Bleib aufrecht<br />

Rät die Rose<br />

Zeig Dornen<br />

Sei stolz<br />

Beuge dich nur<br />

Der Liebe.<br />

Jesus ist aufrecht geblieben bis zum Kreuz. Er hat sich nur der Liebe gebeugt.<br />

Deshalb tragen die Dornen Rosen – Rosen, die nicht totzukriegen sind.<br />

90

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!