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Adventskalender 2013 mit Texten von Prälat Dr. Betram Meier

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Diese unscheinbare Szene macht auf Verschiedenes aufmerksam. Zunächst<br />

erfahren wir: Wo ein Mensch den Mut hat, die Schwelle in einen Raum<br />

ehrfürchtigen Schweigens zu überschreiten, da lässt Gott nicht lange auf sich<br />

warten, da macht Er sich in irgendeiner Weise zu diesem Menschen auf den<br />

Weg. Und sonderbar ist dabei: Jene Frau, die den Dom betrat, konnte nicht<br />

einmal ahnen, dass Gott sich ihrer bedienen sollte. Es bleibt sein Geheimnis,<br />

wie oft er sich schon des einzelnen <strong>von</strong> uns bedient hat und noch bedienen<br />

wird, um in ähnlicher Weise in das Leben anderer hineinzuwirken. So sind<br />

wir nichts anderes als Gottes Instrumente. Oder anders gesagt: Wir sitzen<br />

sozusagen im Vorzimmer Gottes und stellen die Verbindung her. Wenn das<br />

Gespräch durchgestellt ist, dann hat die Sekretärin ihre Aufgabe erfüllt. So<br />

geht es auch uns. „Herr benutze uns als lebendige Bibel für diejenigen,<br />

welche die gedruckte Bibel nicht verstehen“.<br />

Noch etwas lehrt uns diese Episode: Ob die Frau, die <strong>mit</strong> ihrem<br />

Einkaufskorb in den Dom kam, alt war oder jung, arm oder reich, das wissen<br />

wir nicht. Doch wie unwichtig ist das alles im Vergleich zu dem, was <strong>von</strong> ihr<br />

gesagt wird. Mitten im Alltag lebend, ist sie nicht alltäglich geworden. Denn<br />

sie hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, das alltägliche Vielerlei immer<br />

wieder hinter sich zu lassen und die Nähe dessen zu suchen, der in der Stille<br />

auf uns wartet.<br />

Gibt es das noch, dass jemand aus dem Getriebe des Alltags in eine<br />

Kirche tritt, um Gott einen kurzen Besuch abzustatten? Ich glaube schon –<br />

auch heute in vielen Städten und Dörfern, wenn die Kirche nicht gerade<br />

zugesperrt ist. Wäre es nicht eine wunderbare adventliche Geste, sich <strong>mit</strong>ten<br />

im Stress der Weihnachtsvorbereitungen eine kleine Ruhepause bei dem zu<br />

gönnen, der am Heiligen Abend wirklich im Kommen ist! „Was tut der Herr<br />

im Tabernakel?“, wurde der Pfarrer <strong>von</strong> Ars gefragt. Und der Heilige gab<br />

zur Antwort: „Er wartet auf dich.“ Bei ihm darf deine Seele Atem holen –<br />

gerade dann, wenn daheim, im Büro oder im Betrieb dicke Luft herrscht. Bei<br />

ihm darfst du frische Luft schnappen und Energie auftanken. Ich bin sicher,<br />

dass wir nach solch einer Pause anders aus der Kirche herauskommen, als<br />

wir hineingegangen sind. Die Tür zur Kirche erschließt uns nicht nur ein<br />

Bauwerk, sondern auch den geistlichen Raum der Christen, der Kirche heißt.<br />

Hier findet das seine Vertiefung, was wir eben bedacht haben: Bei seinen<br />

Annäherungsversuchen setzt Gott Menschen ein. Während die Frau im<br />

Frankfurter Dom anonym bleibt, kennen wir andere <strong>mit</strong> Namen, derer Gott<br />

sich bedient hat, um Edith Stein zur Schwelle der Kirche und darüber hinaus<br />

zu führen. Neben Bekannten unter Philosophen, Ordensleuten und Priestern<br />

sticht besonders ihre wohl beste Freundin hervor: Hedwig Conrad-Martius,<br />

ihre „Hatti“, wie Edith Stein sie liebevoll nannte. Es war ihr Bücherschrank,<br />

aus dem Edith das Leben der Teresa <strong>von</strong> Avila nahm und daraufhin die<br />

Entscheidung traf, sich taufen zu lassen.<br />

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