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Adventskalender 2013 mit Texten von Prälat Dr. Betram Meier

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Beim Religionsunterricht ist sie höchstens körperlich anwesend. Nicht <strong>von</strong><br />

ungefähr bleibt das Fach unbenotet.<br />

Hören wir Edith selbst, wie sie ihren Weggang nach Hamburg gesehen<br />

hat: „Es fiel mir nicht schwer, <strong>von</strong> zu Hause wegzugehen. Es war die Zeit,<br />

in der ich meinen Kinderglauben verlor und anfing, mich als selbständiger<br />

Mensch aller Leitung durch Mutter und Geschwister zu entziehen. In Hamburg<br />

habe ich mir das Beten ganz bewusst und aus freiem Entschluss abgewöhnt.<br />

Über meine Zukunft dachte ich nicht nach, aber ich lebte weiter in der<br />

Überzeugung, dass mir etwas Großes bestimmt sei“.<br />

Diese erste Tür zum Leben hat besonders denen etwas zu sagen, die<br />

junge Menschen ins Leben begleiten: Obwohl sie heute als Heilige verehrt<br />

werden darf, war Edith als Jugendliche nicht nur die Lieblingstochter, sondern<br />

auch ein Sorgenkind. Wie sie damals ihrer Mutter manch schlaflose Nacht<br />

bereitet hat, so können auch wir Lieder da<strong>von</strong> singen, wenn Kinder nicht<br />

mehr in die Kirche gehen, wenn Heranwachsende plötzlich <strong>von</strong> zu Hause<br />

ausbrechen und sich <strong>von</strong> Autoritäten nichts mehr sagen lassen. Auguste Stein<br />

hat ihrer Tochter die Tür niemals zugeschlagen. Als sie ihr nach Hamburg<br />

nachfuhr, hat sie ihr nichts nachgetragen. Umgekehrt wusste Edith ihr Leben<br />

lang, dass die erste Tür des Lebens, das Elternhaus, stets offen stand. Obwohl<br />

die Mutter sicher Tränen vergoss, als Edith sich gegen ihre Einwilligung für<br />

den Lazarettdienst meldete, und mehr noch, als sie sich katholisch taufen<br />

ließ und schließlich sogar in den Karmel eintrat – die innere Beziehung zur<br />

Mutter ist niemals abgerissen. Selbst aus dem Kloster hat Schwester Teresia<br />

Benedicta a Cruce ihrer Mutter jede Woche einen Brief geschrieben. Auf diese<br />

Weise wollte sie die Frau, der sie das Leben verdankte, ein wenig in ihr Ich<br />

hineinschauen lassen.<br />

Die Tür zur Wahrheit<br />

Die Mutter hat sich oft eine Frage gestellt, die uns nicht fremd ist: Was<br />

wird aus meinem Kind einmal werden? Für die junge Edith Stein war klar:<br />

Ich bin für etwas Großes bestimmt. Hier deutet sich an, dass jeder Mensch<br />

aufgrund seiner Veranlagung und seines Charakters seine ihm eigene<br />

Versuchungsgeschichte hat. Hätten sich die Träume der Schülerin und<br />

Studentin nach ihren Vorstellungen erfüllt, wäre sie vielleicht so etwas wie ein<br />

„Star“ im Reich des Denkens geworden. Aber das wurde sie nicht. Sie wurde<br />

vielmehr ein „Stern“ der Kirche. Was ist der Unterschied zwischen einem<br />

„Star“ und einem „Stern“?<br />

Ein Star kommt und glänzt, aber wenn er am hellsten strahlt, macht er<br />

schon wieder einem anderen Platz. Das kennen wir aus der Mode ebenso wie<br />

vom Sport. Ein Stern hingegen kommt und geht auf, er brennt und verbrennt<br />

sich – und gerade darin bleibt er. An Edith Stein sehen wir: Nur wer brennt,<br />

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