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Adventskalender 2013 mit Texten von Prälat Dr. Betram Meier

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Anruf. Ihr ganzes weiteres Leben setzt den Anfang der Verkündigung fort. Die<br />

Botschaft über Maria als Hörende bringt übrigens etwas sehr Ökumenisches in<br />

unsere katholische Mariologie: Menschlich brachte Maria nichts <strong>mit</strong>, was Gott<br />

die Möglichkeit gab, aus ihr alles zu machen. So steht sie vor uns wie eine<br />

große Ohrmuschel.<br />

Maria als Ohrmuschel hält uns den Spiegel hin: Sind wir fähig zuzuhören?<br />

Der Hörende erwartet mehr als Informationsaustausch. Er versucht, sich in den<br />

anderen hineinzuhören: Was schwingt <strong>mit</strong> in seiner Stimme? Sagt er etwas,<br />

indem er schweigt? Einem Menschen lauschen, kann eine Neuentdeckung<br />

sein. Ich denke, wir haben oft das Lauschen verlernt. Vielleicht hängt<br />

der Mangel an Berufungen in den Priester- und Ordensstand auch an der<br />

mangelnden Hörbereitschaft und Schwerhörigkeit derer, die junge Menschen<br />

in der Familie, im Freundeskreis und in der Seelsorge begleiten. Ein<br />

Jugendlicher fällt <strong>mit</strong> seinen persönlichen Fragen normalerweise nicht <strong>mit</strong> der<br />

Tür ins Haus, er klopft zaghaft bei Menschen an, zu denen er Vertrauen hat.<br />

Der Blick auf Maria kann uns eine Hilfe sein, die Gehörgänge unseres<br />

Herzens zu reinigen, da<strong>mit</strong> sie wieder sensibler werden für den leisen Anruf<br />

Gottes und die schüchternen Anfragen der Menschen, die uns um Rat und<br />

Begleitung bitten. Maria, wir beglückwünschen dich zu deinen offenen<br />

Ohren und bitten um den Mut, uns der Stille des Wartens und Lauschens<br />

auszusetzen, in der Gottes Verkündigung auch heute ergehen kann.<br />

Aus dem Hören erwächst die Antwort: Maria, wir beglückwünschen dich<br />

zu deinem beherzten Ja. Wir müssen uns einmal in die Lage des jungen<br />

Mädchens hineinversetzen. Erschreckt und verwirrt stellt es fest, dass sich<br />

in seinem Körper etwas tut. „Bekomme ich ein Kind?“, mag sie beklommen<br />

gefragt haben. „Oder stimmt etwas <strong>mit</strong> meiner Gesundheit nicht?“. Welche<br />

innere Not hat sie wohl ausgestanden? Wie es bei uns Menschen so ist,<br />

musste sie über kurz oder lang zum Mittelpunkt des Dorftratsches werden:<br />

Keine leichte Situation für ein Mädchen, sich selbst und noch mehr den<br />

anderen die unerwartete Schwangerschaft plausibel zu machen.<br />

Gottes Antwort klingt überraschend. Sie bietet kein einsichtiges Rezept,<br />

wie der Mensch es sicht wünscht. Maria bekommt nur die Zusicherung des<br />

Heiligen Geistes: „Fürchte dich nicht. (...) Der Heilige Geist wird über dich<br />

kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten“. Das ist alles.<br />

Unerklärlich für den Kopf, nur einsichtig für ein liebendes Herz. Und Maria ist<br />

nicht nur wie eine große Ohrmuschel, sie hat vor allem ein liebendes Herz.<br />

Deshalb konnte sie auf die unglaubliche Botschaft ihrer Berufung antworten<br />

<strong>mit</strong> einem beherzten Ja: „Ich bin die Magd des Herrn. Mir geschehe, wie du<br />

es gesagt hast“.<br />

Marias Ja-Wort ist der Maßstab für unsere Entscheidungen. An Maria<br />

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