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Adventskalender 2013 mit Texten von Prälat Dr. Betram Meier

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und Gott offenbart durch ein Zeichen, dass dieser Größere sein „geliebter<br />

Sohn“ ist (Lk 3,22).<br />

Scheinbar hat Johannes, der Lehrer, Jesus, den Schüler, als seinen<br />

„Nachfolger“ ausersehen: „Es kommt aber einer, der stärker ist als ich“ (Lk<br />

3,16). Johannes war kein eifersüchtiger Lehrer, der es nicht haben kann, wenn<br />

ein Schüler den Meister übertrifft. Wir kennen das aus eigener Erfahrung<br />

im Großen und im Kleinen: Wie geht es manchen bedeutenden und hohen<br />

Persönlichkeiten, wenn die Kinder ihnen über den Kopf wachsen, wenn der<br />

Schüler auf einmal besser oder gar berühmter wird als sein Lehrer? Gute<br />

Lehrer können das ohne Neid anerkennen, vor allem dann, wenn es ihnen<br />

weniger um sich selbst als um die Schüler und um die Sache geht, die sie<br />

gemeinsam ver<strong>mit</strong>teln wollen. Sie freuen sich am Wachstum des anderen: Er<br />

muss wachsen, ich aber muss abnehmen.<br />

Ein weiteres Element, das die Beziehung zwischen Jesus und Johannes<br />

so fest macht, ist das himmlische Band, das zwischen beiden besteht in der<br />

Person des Erzengels Gabriel. Im Buch Daniel taucht Gabriel als Bote der<br />

Endzeit auf: „Achte auf das Wort, und begreife die Vision! Siebzig Wochen sind<br />

für dein Volk und deine heilige Stadt bestimmt, bis der Frevel beendet ist,<br />

bis die Sünde versiegelt und die Schuld gesühnt ist, bis ewige Gerechtigkeit<br />

gebracht wird, bis Visionen und Weissagungen besiegelt werden und ein<br />

Hochheiliges gesalbt wird“ (Dan 9,20-24).<br />

Wenn wir diese Worte hören, denken wir sofort an die Vorgeschichten,<br />

die den Geburten <strong>von</strong> Johannes und Jesus vorausgehen. Zacharias<br />

erhält zur Zeit des Opfers Besuch <strong>von</strong> Gabriel (vgl. Lk 1,10), und aus der<br />

Aufgabenbeschreibung des angekündigten Kindes Johannes geht hervor, dass<br />

es eine wichtige Rolle für das Reich Gottes haben soll. Der Evangelist geht<br />

so weit, dass er die „siebzig Wochen“ aus dem Buch Daniel aufgreift und<br />

zum Zeitraster seines Evangeliums macht. Denn <strong>von</strong> der Ankündigung der<br />

Geburt Johannes des Täufers bis zur Ankündigung der Geburt Jesu zählt er<br />

sechs Monate (vgl. Lk 1,26) und <strong>von</strong> der Ankündigung der Geburt Jesu bis zu<br />

seiner Darstellung im Tempel sind es neun Monate und vierzig Tage (vgl. Lk<br />

2,22). Rechnen wir den Monat <strong>mit</strong> dreißig Tagen, dann ergeben sich 490 Tage<br />

= 70 Wochen = 7 mal 70 Tage, vollkommene Zeit, erfüllte Zeit: Als die Fülle<br />

der Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn (vgl. Gal 4,4). Wende der<br />

Zeit, Zeitenwende. Der Augenblick, da Jesus <strong>von</strong> seinen Eltern in den Tempel<br />

gebracht wird, ist der Beginn der Endzeit. Das Reich Gottes ist da, schon<br />

<strong>mit</strong>ten unter uns – in diesem Kind, in dem sich Altes und Neues Testament<br />

gleichsam kreuzen, in dem die alten Visionen eines Simeon und einer Hanna<br />

sich erfüllen. Die „ewige Gerechtigkeit“, die Gabriel dem Daniel ankündigte,<br />

bricht an. Ein „Hochheiliges“ wird im Tempel gesalbt: Es ist Christus, der Herr.<br />

Gabriel, der Dolmetscher des Daniel, ist auch der Interpret für den Priester<br />

Zacharias und der Gottesmutter Maria.<br />

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