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Adventskalender 2013 mit Texten von Prälat Dr. Betram Meier

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Stuttgart herrsche ein religiös indifferentes, zum Teil auch antikatholisches<br />

Klima. Dem versuchte er <strong>von</strong> Anfang an entgegenzusteuern. Er tat es nicht nur<br />

durch Worte, sondern in seiner Lebensentscheidung: Jesuit wollte er werden.<br />

Da sich aber der Vater diesem Wunsch vehement entgegenstellt, wird Rupert<br />

zunächst Priester der Diözese Rottenburg.<br />

Aber er lässt nicht locker: Nach einem Jahr verlässt der junge Priester<br />

seine Kaplansstelle in Spaichingen und meldet sich bei den Jesuiten an.<br />

In Holland setzt er seine Studien fort. Dort kristallisiert sich bald seine<br />

eigentliche Berufung heraus: nicht so sehr das Forschen nach der Wahrheit<br />

am Schreibtisch, sondern das Einstehen für die Wahrheit auf der Kanzel. Sechs<br />

Jahre lang zieht Pater Rupert Mayer als Volksmissionar durch die Gemeinden<br />

in Holland, Österreich und der Schweiz. 1912 ruft ihn sein Oberer nach<br />

München. Sein neuer Arbeitsauftrag lautet „Rückeroberung der Arbeiter“, wie<br />

es Kardinal Michael Faulhaber auf den Punkt brachte.<br />

Was Pater Rupert Mayer da an Neuland unter den Pflug nahm, glich harter<br />

Pionierarbeit. Jährlich kamen 8000 bis 10000 Zuwanderer nach München.<br />

Seine Gemeinde setzte sich zusammen aus einfachen Leuten, aus Arbeitern,<br />

Lehrlingen und Dienstmädchen, bunt gemischt und über die ganze Stadt<br />

verstreut. Das „pastorale Zentrum“ dieser Gemeinde wurde die Wohnung<br />

des Paters in der Rottmannstraße 1: eine Anlaufstelle für viele, die nicht<br />

nur einen Seelsorger in psychischer Not suchten, sondern besonders einen<br />

Leibsorger in sozialen Problemen. Rastlos ist er unterwegs: ein Reisender in<br />

„Sachen Christus“ in allen Winkeln der Münchener Innenstadt. Hausbesuche,<br />

lange Gespräche, Klagemauer und Ruhepol, endlose Beichten, … Auf 22000<br />

Karten der Caritas stand damals zu lesen: „wird <strong>von</strong> Pater Mayer versorgt“.<br />

Der Erste Weltkrieg unterbricht die zähe Aufbauarbeit. Pater Mayer stellt sich<br />

der Militärseelsorge zur Verfügung, doch nach einer Verwundung muss man<br />

ihm das linke Bein amputieren. Als Schwerbehinderter kehrt er nach München<br />

zurück: „Es gibt so viele Posten und Pöstchen“, schreibt er voller Hoffnung,<br />

„dass sich für mich auch etwas finden wird“.<br />

Pater Rupert Mayer musste nicht lange suchen. Der einbeinige Jesuit griff<br />

<strong>mit</strong> beiden Armen zu. Er selbst hatte erfahren, wo der Schuh zuerst drückte.<br />

Es waren die heimkehrenden Soldaten, die Zuspruch und Hilfe brauchten.<br />

Viele <strong>von</strong> ihnen waren körperlich kraftlos und innerlich haltlos geworden. Zu<br />

viel hatten sie auf dem Feld erlebt und erlitten. Wie gut, dass es Pater Mayer<br />

gab! Dort konnten sie ihren Kummer vom Herzen reden. Dort konnten sie den<br />

Schutt ihrer Seele abladen. Oft bis zur Erschöpfung opferte er Zeit und Geduld<br />

für die, die Trost und Ermutigung suchten. Augenzeugen berichten: Sein<br />

Beichtstuhl in St. Michael und sein Sprechzimmer glichen manchmal einer<br />

belagerten Festung. 60 bis 70 Besucher kamen täglich zu ihm. Für sie war<br />

Pater Rupert Mayer eine Art „fünfzehnter Nothelfer“, der dann einspringen<br />

muss, wenn es keinen Ausweg mehr gibt.<br />

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