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Adventskalender 2013 mit Texten von Prälat Dr. Betram Meier

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Das ist der Schlüssel, um Luthers Beziehung zu Maria zu verstehen: Man mag<br />

Maria ehren, loben und lieben, soviel man will, aber <strong>mit</strong> der Ver<strong>mit</strong>tlung des<br />

Heils hat sie in seinen Augen nichts zu tun. Besonders einfühlsam deutet<br />

Luther, <strong>von</strong> dem wir ansonsten auch derbe und deftige Töne kennen, das<br />

Magnificat (1521). Die Titel Jungfrau und Gottesmutter tastet er nicht an, aber<br />

er stellt auch klar, wo Maria steht: Maria gehört nicht in die Ebene Gottes,<br />

auch nicht irgendwohin dazwischen, sondern ganz und gar auf die Seite der<br />

Menschen. Sie ist der Mensch, an dem Gottes Gnade besonders greifbar wird.<br />

So legt er Maria die Worte in den Mund: „Ich bin nur die Werkstatt, in der Gott<br />

wirkt. Aber ich habe nichts zum Werke getan. Darum soll auch niemand mich<br />

loben oder mir die Ehre geben, dass ich Gottes Mutter geworden bin, sondern<br />

Gott und sein Werk soll man an mir ehren und loben. Es ist genug, dass man<br />

sich <strong>mit</strong> mir freut und mich selig preist, weil Gott mich gebraucht hat, diese<br />

seine Werke zu tun.“ Dies hat Auswirkungen auf die Art der Marienverehrung:<br />

„Maria will keine Abgöttin sein. Sie tut nichts; Gott tut alle Dinge. Anrufen soll<br />

man sie, dass Gott um ihretwillen gebe und tue, was wir bitten; im gleichen<br />

Sinn sind auch alle anderen Heiligen anzurufen, da<strong>mit</strong> ja gewiss das Werk<br />

immer ganz allein Gottes Sache bleibe.“<br />

Die Auslegung des Magnificat zeigt also, wie sehr Luther Maria geschätzt<br />

hat. Luther ohne Maria ist undenkbar. Allen anderen Behauptungen zum<br />

Trotz: Luther war Marienverehrer, sein Leben lang. Vor der reformatorischen<br />

Wende rief er sie - wie viele seiner Zeitgenossen - als Mittlerin an, nach der<br />

Wende wies er ihr den Platz zu, der ihr seiner Meinung nach gebührt: Um Jesu<br />

Christi, des einzigen Mittlers, willen, ist und bleibt Maria ein Mensch, wie alle<br />

anderen Menschen auch, allerdings <strong>mit</strong> einer Berufung, die so einzigartig ist,<br />

dass sie ihr niemand nehmen kann: die Mutter Gottes zu sein.<br />

Alles andere über Maria, was nicht in der Bibel steht, lehnt Luther ab. Das<br />

führt dazu, dass er sowohl ihre Sündlosigkeit, die übrigens schon im späten<br />

Mittelalter <strong>von</strong> vielen geglaubt wurde, als auch ihre Himmelfahrt, die sich<br />

aus dem Fest ihres Heimgangs entwickelte, energisch bestritt: „Diese falsche,<br />

in den Himmel gehobene Maria, dieser Marienkult, dieses falsche Vertrauen<br />

auf sie muss abgebaut, ernüchtert, biblisch korrigiert und also diese Maria<br />

abgelehnt und gering geachtet werden, da<strong>mit</strong> die Ehre und das Lob Gott und<br />

Christus allein zuteil wird; wie die echte Maria es ja selbst gesagt und gelebt<br />

hat: ‚Meine Seele erhebt den Herren und mein Geist freut sich Gottes, meines<br />

Heilandes’.“<br />

„Echtes Helfen bedeutet: ‚Ich lege frei, was da ist’, und nicht: ‚Ich lege<br />

etwas dazu’.“ Gerade an seiner Beziehung zu Maria können wir ablesen, was<br />

Martin Luthers Grundanliegen war: Er wollte freilegen, was in der Bibel über<br />

Maria da ist; gleichzeitig wollte er weglegen, was überflüssig und in seinen<br />

Augen übertrieben war; vor allem aber wollte er nichts dazulegen, was die<br />

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