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Adventskalender 2013 mit Texten von Prälat Dr. Betram Meier

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19. Dezember<br />

Luther und Maria<br />

4<br />

„Echtes Helfen bedeutet: ‚Ich lege frei, was da ist’, und nicht: ‚Ich lege etwas<br />

dazu’.“ Auf diesen Spruch <strong>von</strong> Ute Lauterbach bin ich beim Blättern in einem<br />

Kalender gestoßen. Er trifft gut auf die Beziehung zu, die Martin Luther <strong>mit</strong><br />

Maria pflegte. „Echtes Helfen bedeutet: ‚Ich lege frei, was da ist’, und nicht:<br />

‚Ich lege etwas dazu’.“<br />

Martin Luther wollte helfen. Er wollte den Menschen heraushelfen, die<br />

<strong>von</strong> religiösen Ängsten bedrückt und <strong>von</strong> Skrupeln des Gewissens gepeinigt<br />

waren. Wie ist das zu verstehen?<br />

Das späte Mittelalter war eine Zeit, in der die Marienverehrung groß<br />

geschrieben wurde. Künstler schufen Madonnen, die bis heute als kostbare<br />

Kunstschätze gelten. Es entstanden Bilderzyklen, um das Marienleben<br />

auszumalen. Viele Gotteshäuser wurden der Muttergottes geweiht,<br />

auch Kathedralen wie die Münchener Frauenkirche oder der Augsburger<br />

Mariendom. Um sog. Gnadenbilder herum entstanden Wallfahrtsorte wie<br />

Altötting, Andechs oder Maria Beinberg. Wen wundert es da, dass sich auch<br />

eine eigene Kultur der Mariendichtung und der Marienlieder herausbildete.<br />

Besonders nennen möchte ich marianische Antiphonen, z.B. das Salve Regina<br />

oder das Regina Coeli. Auch das Rosenkranzgebet kommt aus dieser Zeit.<br />

Wie schön es auch war, dass die Marienverehrung üppig blühte, so<br />

drängend war die Versuchung, die sich daraus ergab: Maria wurde für die<br />

Volksseele immer wichtiger und größer bis dahin, dass sie Jesus Christus zu<br />

überdecken und zu verdrängen drohte: als eine Art „Mittlerin zum Mittler“,<br />

denn „wir hielten Christus für einen zornigen Richter und Maria für unseren<br />

Gnadenstuhl, darin all unser Trost und Zuflucht stand. Gott wurde dargestellt<br />

bald als der Vater, bald als der Donnergewaltige. Er konnte besänftigt werden<br />

durch die Fürsprache des freundlicheren Sohnes, der auch selber als ein<br />

unversöhnlicher Richter gezeichnet wurde, wenn ihn nicht seine Mutter milder<br />

stimmte. Diese als eine Frau trug keine Bedenken, Gott und den Teufel zu<br />

Gunsten ihrer Bittsteller hinters Licht zu führen; und wenn sie nicht da war,<br />

konnte man sich an ihre Mutter, die hl. Anna, halten.“<br />

Diese Gedanken geben den Rahmen an, wie Luther als junger Mann<br />

Maria verehrte. Als Student verletzte er sich einmal <strong>mit</strong> dem Degen die<br />

Beinschlagader und drohte daran zu verbluten. In seiner Not stieß er ein<br />

Stoßgebet zu Maria aus: „Maria, hilf!“ Als nachts die Wunde erneut aufbrach,<br />

wandte er sich wieder an die Gottesmutter: „Da wäre ich auf Mariam<br />

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