Marienheim Rundschau

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4 Unsere Bewohner erzählen von ihrer Schulzeit Ulrike Lenthe, MAS Für unsere Bewohner war es selbstverständlich, dass sie den Schulweg, unabhängig von der Jahreszeit, dem Wetter und der Weglänge, zu Fuß zurücklegten: einen Schulbus oder ein Elterntaxi gab es für sie nicht. So erzählte Frau Kozlica, dass sie im Winter wegen des starken Glatteises oft nicht in die Schule gehen konnte. Dies hatte für sie den Vorteil, dass sie an diesem Tag auch keine Hausaufgaben machen musste. Auch Frau Karoh erinnerte sich, dass sie manchmal über Schneehaufen klettern musste, um in die Schule zu gelangen. Zu spät kam sie deswegen nie, denn Disziplin war groß geschrieben und dies bedeutete, rechtzeitig von Daheim wegzugehen. Frau Kneidl berichtete uns, dass in ihrer Schulezeit vor allem auf Erziehung geachtet wurde. Die Lehrer waren Respektspersonen und einen Lehrer zu duzen war damals undenkbar. Es war üblich, merkte Frau Bichler an, dass, wenn der Lehrer das Klassenzimmer betrat, die Kinder aufstanden und ihn im Chor begrüßten. Anschließend wurde dann noch gemeinsam gebetet, ergänzte Frau Wotruba. In der Schule herrschten strenge Sitten und für undiszipliniertes Verhalten gab es mehrere Disziplinierungsmaßnahmen, erzählte Herr Schmidt: „Für’s Frech sein, bekam man mitunter schon manchmal das Rohrstaberl zu spüren. Doch auch die Aussicht auf das Rohrstaberl hielt uns nicht von Lausbubenstreichen ab.“ Eine beliebte Bestrafungsmethode war das seitenweise Abschreiben von Texten aus dem Schulbuch, oder 100-mal den Satz „Ich darf nicht schwätzen“ auf ein Blatt Papier zu schreiben, berichtete Frau Lang. Weil das Nachsitzen seinerzeit noch nicht als Freiheitsentzug galt, war es vermutlich eine der gängigsten Strafen, meinte Herr Schmidt. Für ihn aber auch die am leichtesten zu umgehende: denn vor seinem Klassenzimmer stand ein großer Zwetschkenbaum, der ihm den Weg in die Freiheit ermöglichte. Frau Windholz wiederum erzählte, dass schlimme Kinder im Winkel stehen mussten. Frau Kozlica gestand uns, dass auch sie so manche Unterrichtstunde im Winkel verbracht hatte, dabei Grimassen geschnitten und so
ihre Mitschüler zum Lachen. gebracht hatte. Schulbücher waren ein kostbares Gut, berichtete Frau Holpfer. Sie mussten von den Eltern gekauft werden, deswegen übernahm man meist die gebrauchten Bücher von älteren Schülern um einen geringen Betrag. Man achtete darauf die Bücher sauber zu halten, Eselsohren zu vermeiden und nichts hineinzuschreiben, um einen möglichst hohen Wiederverkaufspreis zu erzielen. Als Schreibutensilien standen unseren Bewohnern Schreibfedern und Tinte zur Verfügung. Um das Umstoßen von Tintenfässern zu vermeiden, gab es in den Schulbänken eigens für das Tintenfass gebohrte Einlässe, erzählte Frau Lang. Geschrieben hatte man in Kurrentschrift, im Fach Schönschreiben wurden Redisfedern verwendet, erinnerte sich Frau Windholz. Den Lernstoff schrieb der Lehrer an die Tafel oder diktierte ihn den Schülern. Ansagen waren laut Frau Bichler eine gute 5 Fr. Kozlica Fr. Karoh Fr. Kneidl Fr. Bichler Fr. Wotruba Hr. Schmidt Fr. Lang Fr. Windholz Fr. Holpfer Methode, den Kindern das richtige Schreiben der Wörter zu lernen. Wer im Jahreszeugnis einen Fünfer hatte, musste Sitzenbleiben, Nachprüfungen gab es seinerzeit nicht, erzählte Herr Schmidt. Das Wiederholen einer Klasse hat aber nicht gleich den Weltuntergang bedeutet. Ins Schwärmen kamen unsere Bewohnerinnen beim Erzählen über die Handarbeitsstunden. Allen machte das Stricken, Häkeln und Nähen große Freude. Stolz berichtet Frau Wotruba, dass sie in der Schule Ajourstickerei gelernt hatte; Frau Karoh wiederum strickte aus rosa Wolle Unterwäsche. Die meisten unserer Bewohner haben ihre Schulzeit in guter Erinnerung, auch wenn so manche Lehrer streng waren: an Lernstress oder Schulangst können sie sich nicht erinnern. Ein Grund, weshalb sie sich immer gefreut hatten in die Schule zu gehen, lag darin, dort ihre Freunde zu treffen.
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