Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
Geneigtheit zum Spott‘ ... bemerkt wurde ... die Nase war mässig groß, kräftig, spitz auslaufend;<br />
das Kinn ebenfalls von energischer Form. Besonders schön waren <strong>Stirner</strong>‘s Hände:<br />
weisse, wohlgepflegte, schlanke, ‚aristokratische‘ Hände ... s<strong>ein</strong>e [186] stattliche Ersch<strong>ein</strong>ung<br />
war durchaus sympathisch. Selbstbewusst, ruhig, ohne hastige und eckige Bewegungen, soll<br />
ihr <strong>ein</strong> leiser Zug von Pedanterie nicht gefehlt haben.“ 1<br />
Für Mackay ist es schmerzlich und bedauerlich, daß k<strong>ein</strong> Bild von <strong>Stirner</strong> existiert, welches<br />
s<strong>ein</strong>e Schilderung untermauern könnte. Wohl aber existiert <strong>ein</strong>e Karikatur.<br />
S<strong>ein</strong>em Äußeren entsprach auch s<strong>ein</strong> Wesen.<br />
„Von unbedingter, gleichmäßiger Liebenswürdigkeit Allen gegenüber ...; nie vom Zorn hingerissen<br />
oder gar von ihm übermannt; gefällig ...; unaufdringlich in jeder Weise, in Wort wie<br />
in That; ohne Überhebung und ohne Eitelkeit, genoss er die allgem<strong>ein</strong>ste Achtung und Sympathie<br />
... So hatte <strong>Stirner</strong> k<strong>ein</strong>en <strong>ein</strong>zigen persönlichen F<strong>ein</strong>d. ... Aber wie er k<strong>ein</strong>en F<strong>ein</strong>d<br />
hatte, so hat er auch k<strong>ein</strong>en <strong>ein</strong>zigen intimen Freund besessen. ... Diese eigenthümliche Verschlossenheit<br />
s<strong>ein</strong>es Charakters erstreckt sich ... auf s<strong>ein</strong> ganzes privates Leben. Man wusste<br />
Nichts von ihm: von s<strong>ein</strong>em Leben, s<strong>ein</strong>em Erwerb, s<strong>ein</strong>en Neigungen, s<strong>ein</strong>en Freuden und<br />
Leiden. Er verbarg sie, indem er nie über sie sprach, sie nie äusserte. ... <strong>Stirner</strong> muss im<br />
Grunde <strong>ein</strong>e äusserst sensible und ungewöhnlich f<strong>ein</strong>fühlige Natur gewesen s<strong>ein</strong>. ... hat die<br />
Zügel s<strong>ein</strong>es Lebens nie aus den Händen verloren; aber er hat sie oft locker gehalten und liess<br />
die Tage meistens laufen, wie sie wollten. Man hielt den äusserlich so leidenschaftslosen<br />
Mann k<strong>ein</strong>er Leidenschaft für fähig und Nichts spricht dafür, dass er es war ... Vielleicht war<br />
er ohne Leidenschaft. Jedenfalls war er ohne alle Brutalität. ... Bedürfnisse waren ihm fast<br />
unbekannt. Mässig im Essen und Trinken lebte er in offenbarer Zufriedenheit in der Einfachheit,<br />
in der er erzogen war, und der <strong>ein</strong>zige Luxus, den er sich gestattete, waren gute Cigarren.<br />
Denn er rauchte viel, fast den ganzen Tag. ...<br />
Ein Mensch, wie wenige dazu geschaffen, <strong>ein</strong> Freier unter Freien und verdammt dazu, <strong>ein</strong><br />
Glied in der Kette der Herren und Knechte zu s<strong>ein</strong>! <strong>–</strong> Und doch <strong>ein</strong> Mensch, stolz und sicher<br />
wie wenig Andere, diese Kette der Menschen von sich [187] streifend, und unter ihnen gehend<br />
ohne Verachtung und Hass, aber auch ohne Mitleid und Liebe, und so die Nothwendigkeit<br />
des Lebens erfüllend, die er als solche erkannte. ... Alles lebt in dem Menschen, was in<br />
s<strong>ein</strong>em Werke lebt: die unerschütterliche Erkenntniss dessen, was das Leben hält <strong>–</strong> die Erkenntniss<br />
der Selbstbewahrung!“ 2<br />
Nur kurze Zeit später, nach dem <strong>Stirner</strong> s<strong>ein</strong>en Eingang in den Kreis der „Freien“ gefunden<br />
hatte, beginnt s<strong>ein</strong>e publizistische Tätigkeit. Noch war er Lehrer an der „Töchterschule der<br />
Madame Gropius“, als im Januar 1842, die beiden ersten bekannten Veröffentlichungen erschienen.<br />
Es war dies der Aufsatz „Über B. Bauers ,Posaunen des jüngsten Gerichts’” und<br />
das ‚Gegenwort‘.<br />
Es muß zu diesen beiden Aufsätzen und auch zu den folgenden <strong>–</strong> bisher bekannten <strong>–</strong> gesagt<br />
werden, daß sie in dieser Arbeit nur namentlich und der Vollständigkeit halber Erwähnung<br />
finden, nicht jedoch <strong>ein</strong>er näheren Analyse unterzogen werden, was jedoch ihrer Bedeutung<br />
und Wichtigkeit zum Verständnis von <strong>Stirner</strong>s eigentlichem Werk k<strong>ein</strong>e Abbruch tun soll.<br />
Eine ausgezeichnete Analyse <strong>–</strong> und darauf sei an dieser Stelle verwiesen <strong>–</strong> findet sich in<br />
Bernd Kasts Dissertation „Die Thematik des ‚Eigners‘ in der Philosophie <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong>s“. Der<br />
darin geführten Argumentation kann im Grunde zugestimmt werden.<br />
Die Besprechung von Bruno Bauers anonym erschienen Buch (‚Die Posaune des jüngsten<br />
Gerichts über Hegel den Atheisten und Antichristen. Ein Ultimatum.‘) erschien „in dem<br />
von Karl Gutzkow bei Campe in Hamburg herausgegebenen ,Telegraph für Deutschland‘ in<br />
1 Ebd. S. 85 f.<br />
2 Ebd. S. 86 ff.