Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
- No tags were found...
You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
zen Gattung zu erkennen sei“. 1<br />
So hat es die Natur gewollt, „daß der Mensch alles, ... gänzlich aus sich selbst herausbringe“<br />
und sich „durch eigene Vernunft“ 2 produziere.<br />
Das Mittel, „dessen sich die Natur bedient, ..., ist der Antagonismus“, worunter Kant die<br />
„Ungeselligkeit der Menschen“ versteht, „d. i. der Hang derselben in Gesellschaft zu treten,<br />
der doch mit <strong>ein</strong>em durchgängigen Widerstande, welcher diese Gesellschaft beständig zu<br />
drängen droht, verbunden ist. Hierzu liegt die Anlage offenbar in der menschlichen Natur.<br />
Der Mensch hat <strong>ein</strong>e Neigung sich zu vergesellschaftlichen: weil er in <strong>ein</strong>em solchen Zustande<br />
sich mehr als Mensch, d. i. die Entwicklung s<strong>ein</strong>er Naturanlagen, fühlt. Er hat aber auch<br />
<strong>ein</strong>en großen Hang sich zu ver<strong>ein</strong>zeln (isolieren): weil er in sich zugleich die ungesellige Eigenschaft<br />
antrifft, alles bloß nach s<strong>ein</strong>em Sinne richten zu wollen ...“ 3<br />
[15] Gerade dieser Antagonismus gilt Kant als Ursache für die natur-gesetzmäßige Ordnung<br />
der menschlichen Gesellschaft und „das größte Problem für die Menschengattung, zu dessen<br />
Auflösung die Natur ihn zwingt, ist die Erreichung <strong>ein</strong>er allgem<strong>ein</strong> das Recht verwaltenden<br />
bürgerlichen Gesellschaft“ 4 und zwar dergestalt „nur in der Gesellschaft, die die größte Freiheit,<br />
mithin <strong>ein</strong>en durchgängigen Antagonismus ihrer Glieder und doch die genaueste Bestimmung<br />
und Sicherung der Grenzen dieser Freiheit hat, damit sie mit der Freiheit anderer<br />
bestehen könne, <strong>–</strong> da nur in ihr die höchste Absicht der Natur, nämlich die Entwicklung aller<br />
ihrer Anlagen, in der Menschheit erreicht werden kann, die Natur auch will, daß sie diesen so<br />
wie alle Zwecke ihrer Bestimmung sich selbst verschaffen solle: so muß <strong>ein</strong>e Gesellschaft, in<br />
welcher Freiheit unter äußeren Gesetzen im größtmöglichen Grade mit unwiderstehlicher<br />
Gewalt verbunden angetroffen wird, d. i. <strong>ein</strong>e vollkommen gerechte bürgerliche Verfassung,<br />
die höchste Aufgabe der Natur für die Menschengattung s<strong>ein</strong>, weil die Natur nur vermittelst<br />
der Auflösung und Vollziehung derselben ihre übrigen Absichten mit unserer Gattung erreichen<br />
kann.“ 5<br />
Dieses Problem sieht Kant im sechsten Satz als „zugleich das schwerste und das, welches<br />
von der Menschengattung am spätesten aufgelöst wird“ 6 , an. Das Schwierige der bloßen Idee<br />
dieser Aufgabe ist jenes: „Der Mensch ist <strong>ein</strong> Tier, das, wenn es unter anderen s<strong>ein</strong>er Gattung<br />
lebt, <strong>ein</strong>en Herrn nötig hat ... Wo nimmt er aber diesen Herrn her? Nirgends anders als aus<br />
der Menschengattung ... Das höchste Oberhaupt soll aber gerecht für sich selbst und doch <strong>ein</strong><br />
Mensch [16] s<strong>ein</strong>. Diese Aufgabe ist daher die schwerste unter allen; ja ihre vollkommene<br />
Auflösung ist unmöglich: aus so krummen Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann<br />
nichts ganz Gerades gezimmert werden.“ 7<br />
Weiters weist Kant darauf hin, daß die Errichtung <strong>ein</strong>er vollkommenen bürgerlichen Verfassung<br />
„von dem Problem <strong>ein</strong>es gesetzmäßigen Staatenverhältnisses abhängig“ ist, welches ohne<br />
letzteres nicht aufgelöst werden kann, da die dem Menschen eigene Ungeselligkeit auch in<br />
den Beziehungen der Staaten wirksam ist.<br />
Kant schlägt deshalb die Bildung <strong>ein</strong>es Völkerbundes vor, „wo jeder, auch der kl<strong>ein</strong>ste Staat<br />
s<strong>ein</strong>e Sicherheit und Rechte nicht von eigener Macht, oder eigener rechtlicher Beurteilung,<br />
sondern all<strong>ein</strong> von diesem großen Völkerbunde ..., von <strong>ein</strong>er ver<strong>ein</strong>igten Macht und von der<br />
Entscheidung nach Gesetzen des ver<strong>ein</strong>igten Willens erwarten könnte.“ 8<br />
1 Fenske, H.: ebd.<br />
2 Kant, I.: Schriften zur Geschichtsphilosophie. S. 24.<br />
3 Ebd. S. 25 f.<br />
4 Ebd. S. 27.<br />
5 Ebd. S. 27 f.<br />
6 Ebd. S. 28.<br />
7 Ebd. S. 28 f.<br />
8 Ebd. S. 30.