Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
rührung kam. So weiß er nicht mit Gewißheit zu sagen, „ob es durch Bruno Bauer selbst geschehen<br />
war, den er schon als Studenten kennen gelernt haben mochte, denn auch dieser hatte<br />
1827 zu Füssen Hegel‘s gesessen? <strong>–</strong> Ob s<strong>ein</strong>e ersten Arbeiten die nähere Bekanntschaft mit<br />
sich brachten, oder ob er vielmehr durch die scharfen Geister selbst erst dazu veranlasst wurde,<br />
die Feder zu ergreifen zur Mitarbeiterschaft an denselben Zeitungen?“ 1<br />
[184] Gesichert <strong>–</strong> und für Mackay auch genug <strong>–</strong> ist, daß die „Freien“ der „<strong>ein</strong>zige Kreis geblieben<br />
(ist), dem er sich je enger angeschlossen hat; in ihm fand er die Geselligkeit, die er<br />
brauchte, und auf Manche hat es den Eindruck gemacht, als ob er sich mehr dieser Geselligkeit,<br />
als <strong>ein</strong>er inneren geistigen Gem<strong>ein</strong>schaft wegen zu ihm hingezogen fühlte“ 2 , dennoch,<br />
„so laut und lärmend es sonst bei Hippel zuging, so still und zurückhaltend verhielt sich <strong>Stirner</strong>“.<br />
3<br />
In s<strong>ein</strong>er <strong>–</strong> nun schon hinlänglich bekannten <strong>–</strong> Manier schildert John Henry Mackay <strong>Stirner</strong>s<br />
angebliches Verhalten bei den Treffen der „Freien“: „Ganz selten betheiligte er sich an den<br />
leidenschaftlichen Discussionen und nie verfiel er in die cynischen, sich selbst überbietenden<br />
Redensarten, mit denen sie so oft endeten. Nie hat jemand <strong>ein</strong> heftiges, rohes oder gar gem<strong>ein</strong>es<br />
Wort von ihm gehört, wie sie bei Hippel gerade k<strong>ein</strong>e Seltenheit waren. Ruhig, lächelnd,<br />
,behaglich‘, wie <strong>ein</strong> ,Genussmensch‘ sass er da in dem ewig bewegten Kreise, warf ab und zu<br />
<strong>ein</strong>e treffende Bemerkung oder <strong>ein</strong> Scherzwort, die bewiesen, wie genau er trotz alledem zuhörte,<br />
in die allgem<strong>ein</strong>e Unterhaltung, und sah dem Rauch s<strong>ein</strong>er Cigarre nach.<br />
Dabei war er durchaus nicht eigentlich schweigsam. Im Gegentheil, er unterhielt sich gern<br />
mit s<strong>ein</strong>em zufälligen Nachbar, und dieser hatte oft Gelegenheit, innerlich das ausgebreitete<br />
sichere Wissen, mit dem <strong>Stirner</strong> die verschiedensten Gebiete beherrschte, die das Gespräch<br />
betrat, als der Gelehrte ersten Ranges, für welchen er bei s<strong>ein</strong>en näheren Bekannten galt, zu<br />
bewundern. Er soll ungern philosophiert haben, sagt der Eine; wenn er es that, geschah es sicherlich<br />
über Feuerbach, sagt der Andere.“ 4<br />
[185] Auf Grund von <strong>Stirner</strong>s Introvertiertheit mag wohl Mackay zu dem Schluß gekommen<br />
s<strong>ein</strong>: „Die Meisten, die gar k<strong>ein</strong>en Begriff von s<strong>ein</strong>er eigentlichen Bedeutung hatten, hielten<br />
den ‚stillvergnügten‘, <strong>ein</strong>fachen, p<strong>ein</strong>lich-bescheidenen Mann für <strong>ein</strong>en harmlosen, wenig bedeutenden<br />
Menschen, ohne zu ahnen, was hinter ihm steckte, und sahen über ihn hinweg, bis<br />
er dann später die Aufmerksamkeit Aller in so hohem Grade auf sich ziehen sollte.“ 5<br />
Bei Hippel, wo er immer wieder angetroffen wurde, liegen jedenfalls die Fäden, die er zur<br />
Außenwelt knüpfte.<br />
Mackay <strong>–</strong> auf den hier immer wieder aus den bereits erwähnten Gründen zurückgegriffen<br />
wird <strong>–</strong> versucht s<strong>ein</strong>er sehr ausführlichen Arbeit die äußere Ersch<strong>ein</strong>ung, das Wesen und den<br />
Charakter <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong>s darzustellen, woraus sich die oben angeführte Schilderung ergab.<br />
„Äusserlich von Mittelgröße ... war <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>ein</strong> gut gewachsener, schlanker, fast hagerer<br />
Mann, unauffällig in jeder Weise. Einfach, aber stets mit p<strong>ein</strong>licher Sorgfalt und Sauberkeit<br />
gekleidet, war s<strong>ein</strong>e gedrungene Ersch<strong>ein</strong>ung durchaus die <strong>ein</strong>es Menschen ohne jede äussere<br />
Prätension ... Er hatte etwas von <strong>ein</strong>em höheren Lehrer an sich, ... und dieser Eindruck wurde<br />
noch verstärkt durch die silberne Brille ... Er trug <strong>ein</strong>en kurzen blonden Backen- und<br />
Schnurrbart, während das Kinn stets glattrasiert war ... Hinter der Brille blickten helle, blaue<br />
Augen ruhig und sanft, weder träumerisch noch durchbohrend, auf Menschen und Dinge. Den<br />
f<strong>ein</strong>en, schmallippigen Mund umspielte gern <strong>ein</strong> freundliches Lächeln, das sich ... mit den<br />
Jahren verschärfte und die innerliche Ironie verrieth, wie überhaupt von Manchem <strong>ein</strong>e ,stille<br />
1 Ebd.<br />
2 Ebd. S. 90 f.<br />
3 Ebd. S. 91.<br />
4 Ebd.<br />
5 Ebd.