Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

OCR-Texterkennung und Copyright by Max Stirner Archiv Leipzig – 12.09.2009
erschöpflichen Anlass zu stets neuer Beleuchtung der herrschenden Gewalt bot; die Zwanzig-
Bogen-Frage; die immer mehr um sich greifende Bewegung des Sozialismus und ihr Gang
durch die verschiedenen Länder; der beginnende Judenhass; die religiöse und studentische
Bewegung; die eigenen, unaufhörlichen Kämpfe mit den Autoritäten – um nur einige dieser
Themata zu nennen und hundert andere zu übergehen.“ 1
[182] Im großen und ganzen – so kann man sagen – „benahm man sich wie in seinen Flegeljahren:
ungeduldig, launisch und widerspruchsvoll“. 2
Dieser „merkwürdige Kreis“ (Mackay) hielt sich fast ein ganzes Jahrzehnt – ein „Beweis
schon für seine Bedeutung“ 3 – die in einem „unablässigen Ringen nach Freiheit lag“. 4
Zum Abschluß seiner Betrachtungen über den Kreis der „Freien“ spricht John Henry Mackay
noch seine Würdigung für diesen aus, um daran anschließend auf jenen Mann – das eigentliche
Sujet seiner Arbeit – zu verweisen, der „während eines vollen Jahrzehnts“ 5 an seinen
Zusammenkünften teilnahm.
„Darum ist es nicht zu Viel, wenn wir sagen: Kaum jemals in der Geschichte eines Volkes –
es sei denn zur Zeit der französischen Encyclopädisten – hat sich ein Kreis von Männern zusammengefunden,
so bedeutend, so eigenartig, so interessant, so radikal und so unbekümmert
um jedes Urteil, wie die ,Freien‘ bei Hippel ihn in dem fünften Jahrzehnt des Jahrhunderts in
Berlin gebildet haben. Es war ein Kreis, vielleicht nicht werth, aber auch nicht unwürdig eines
Mannes, der eines seiner treuesten Mitglieder und seine grösste Zierde gewesen ist, eines
Mannes, durch den er für die Nachwelt eine Bedeutung und ein Interesse gewonnen hat, die
den Namen der ,Freien‘ mit dem seinen hinübergetragen werden in das Gedächtniss der Zukunft.“
6
Dieser Mann ist Max Stirner.
[183]
6. Max Stirners Leben bis 1856
Nach den kurzen Exkursen über die Spaltung der Hegel-Schule in einen rechten und einen
linken Flügel bzw. über den Kreis der „Freien“ wollen wir nun Max Stirners Leben bis zu
seinem Tode weiterverfolgen, um daran anschließend auf sein Lebenswerk ‚Der Einzige und
sein Eigentum‘ einzugehen.
Wann Max Stirner in den Kreis der „Freien“ eintrat, läßt sich – nach den Aussagen von John
Henry Mackay – „mit Bestimmtheit kaum sagen: der Berechnung nach mag es Mitte oder
Ende 1841 gewesen sein, denn er kannte Karl Marx nicht, der Berlin zu Anfang dieses Jahres
verlassen hatte“. 7
Man kann Stirner aber durchaus zum engeren Kreis rechnen. Er war „mit den Bauer‘s, besonders
mit Bruno, mit Buhl, Meyen, Engels, Rutenberg, Mussak und Anderen ... gut befreundet
und bekannt, und stand mit den meisten von ihnen auf Du und Du.
Besonders liiert soll er mit F. C. Köppen und mit Hermann Maron gewesen sein; ebenso mit
Dr. Arthur Müller“. 8
Mackay schreibt jedoch, daß er mit keinem von allen „eigentlich intim“ 9 war.
Er läßt auch die Frage offen, auf welche Art und Weise Stirner zuerst mit dem Kreis in Be-
1 Ebd.
2 Ebd. S. 79.
3 Ebd. S. 81.
4 Ebd. S. 80.
5 Ebd. S. 85.
6 Ebd. S. 81.
7 Ebd. S. 90.
8 Ebd.
9 Ebd.