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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

der Tat zur Vernunft bringen, durch die methodische Negation des Bestehenden. Die Spaltung<br />

der <strong>Hegels</strong>chen Schule beruht also [170] beiderseits darauf, daß die bei Hegel in <strong>ein</strong>em<br />

metaphysischen Punkt ver<strong>ein</strong>igten Sätze von der Vernunft des Wirklichen und der Wirklichkeit<br />

des Vernünftigen nach rechts und nach links ver<strong>ein</strong>zelt wurden <strong>–</strong> zunächst in der Frage<br />

der Religion und dann in der der Politik. Die Rechte betonte, daß nur das Wirkliche auch das<br />

Vernünftige, und die Linke, daß nur das Vernünftige auch das Wirkliche sei, während bei<br />

Hegel der konservative und revolutionäre Aspekt, formell mindestens, so gleich wichtig sind<br />

...“ 1<br />

Engels schreibt in s<strong>ein</strong>er Schrift wörtlich: „K<strong>ein</strong> philosophischer Satz hat so sehr den Dank<br />

beschränkter Regierungen und den Zorn ebenso beschränkter Liberaler auf sich geladen wie<br />

der berühmte Satz <strong>Hegels</strong>: ,Alles was wirklich ist, ist vernünftig, und alles was vernünftig ist,<br />

ist wirklich.‘“ 2<br />

In besagter Schrift setzt sich Engels auch mit den Linkshegelianern selbst aus<strong>ein</strong>ander und<br />

beschreibt sie folgendermaßen: „Der linke Flügel, die sogenannten Junghegelianer, gaben im<br />

Kampf mit pietistischen Orthodoxen und feudalen Reaktionären <strong>ein</strong> Stück nach dem anderen<br />

auf von jener philosophisch-vornehmen Zurückhaltung gegenüber den brennenden Tagesfragen,<br />

die ihrer Lehre bisher staatliche Duldung und sogar Protektion gesichert hatten; und als<br />

gar 1840 die orthodoxe Frömmelei und die feudal-absolutistische Reaktion mir Friedrich<br />

Wilhelm IV. den Thron bestiegen, wurde offene Part<strong>ein</strong>ahme unvermeidlich. Der Kampf<br />

wurde noch mit philosophischen Waffen geführt, aber nicht mehr um abstrakt-philosophische<br />

Ziele; es handelte sich direkt um Vernichtung der überlieferten Religion und des bestehenden<br />

Staates. Und wenn in den ,Deutschen Jahrbüchern‘ die praktischen Endzwecke noch vorwiegend<br />

in philosophischer Verkleidung auftraten, so enthüllte sich die junghegelsche Schule in<br />

der ,Rh<strong>ein</strong>ischen Zeitung‘ von 1842 direkt als die Philosophie der aufstrebenden radikalen<br />

Bourgeois und brauchte das philosophische Deckmäntelchen nur noch zur Täuschung der<br />

Zensur.“ 3<br />

[171] An anderer Stelle charakterisiert er <strong>ein</strong>ige der Vertreter der Junghegelianer, um abschließend<br />

Marx als denjenigen hinzustellen, der als <strong>ein</strong>ziger, in der Spaltung der Hegel-<br />

Schule, Bedeutung erlangte.<br />

„Strauß, Bauer, <strong>Stirner</strong>, Feuerbach, das waren die Ausläufer der <strong>Hegels</strong>chen Philosophie,<br />

soweit sie den philosophischen Boden nicht verließen. Strauß hat, nach dem ,Leben Jesu‘ und<br />

der ,Dogmatik‘, nur noch philosophische und kirchengeschichtliche Belletristik à la Renan<br />

geschrieben; Bauer hat nur auf dem Gebiet der Entstehungsgeschichte des Christentums etwas<br />

geleistet, aber hier auch Bedeutendes; <strong>Stirner</strong> blieb <strong>ein</strong> Kuriosum, selbst nachdem<br />

Bakunin ihn mit Proudhon verquickt und diese Verquickung ,Anarchismus‘ getauft hatte;<br />

Feuerbach all<strong>ein</strong> war bedeutend als Philosoph: Aber nicht nur blieb die Philosophie, die angeblich<br />

über allen besonderen Wissenschaften schwebende, sie zusammenfassende Wissenschaftswissenschaft,<br />

für ihn <strong>ein</strong>e unüberschreitbare Schranke, <strong>ein</strong> unantastbares Heiliges; er<br />

blieb auch als Philosoph auf halbem Weg stehen, war unten Materialist, oben Idealist; er<br />

wurde mit Hegel nicht kritisch fertig, sondern warf ihn als unbrauchbar <strong>ein</strong>fach beiseite, während<br />

er selbst, gegenüber dem enzyklopädischen Reichtum des <strong>Hegels</strong>chen Systems, nichts<br />

Positives fertigbrachte als <strong>ein</strong>e schwülstige Liebesreligion und <strong>ein</strong>e magere, ohnmächtige<br />

Moral.<br />

Aus der Auflösung der <strong>Hegels</strong>chen Schule ging aber noch <strong>ein</strong>e andere Richtung hervor, die<br />

<strong>ein</strong>zige, die wirklich Früchte getragen hat, und diese Richtung knüpft sich wesentlich an den<br />

1 Ebd. S. 15.<br />

2 Engels, Fr.: Ludwig Feuerbach. S. 542.<br />

3 Ebd. S. 548.

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