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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

Hegelianer handelt. Diese Schule lebte als solche zunächst aus der gem<strong>ein</strong>samen Überzeugung,<br />

daß das philosophische Lebenswerk <strong>Hegels</strong> als ganzes unüberholbar sei. Man erwartete<br />

philosophisch vorerst nichts Neues und beschied sich mit der Rolle von <strong>Schüler</strong>n, die die Arbeit<br />

des Meisters im <strong>ein</strong>zelnen fortsetzen, die in ihr wirksame Tendenzen weiter verfolgen<br />

und die gegen die Ungunst der Zeit zur Geltung bringen“. 1<br />

In gleicher Weise läßt sich dies auch <strong>ein</strong>em Nekrolog entnehmen, den Eduard Gans verfaßte<br />

und welcher bei Lübbe zitiert wird, in dem es heißt: „Die Philosophie hat fürs Erste ihren<br />

Kreislauf vollendet; ihr Weiterschreiten ist nur als gedankenvolle Bearbeitung des Stoffes<br />

nach der Art und Methode anzunehmen, die der unersetzlich Verblichene ebenso scharf als<br />

klar bezeichnet und angegeben hat.“ 2 Und weiters: „Hegel hinterläßt <strong>ein</strong>e Menge geistreicher<br />

<strong>Schüler</strong>, aber k<strong>ein</strong>e Nachfolger.“ 3<br />

[158] Die bei Karl Rosenkranz in dessen Hegelbiographie abgedruckte Rede Friedrich Försters<br />

am Grabe <strong>Hegels</strong> ergibt denselben Sinn: „S<strong>ein</strong>e Lehre zu bewahren, zu verkündigen, zu<br />

befestigen, sey fortan unser Beruf ... den erledigten Thron Alexanders wird k<strong>ein</strong> Nachfolger<br />

besteigen. Satrapen werden sich in die verwaisten Provinzen theilen.“ 4<br />

Diese Aussagen veranschaulichen das Eingeständnis, daß man nach <strong>Hegels</strong> Tod das „Amt<br />

der Erbschaftverwaltung“ antrat und sich das Erbe teilte.<br />

Lübbe zitiert auch noch <strong>ein</strong>e von <strong>ein</strong>em anonymen Autor verfaßte Abhandlung über die<br />

nachhegelsche Philosophie, in der es wie folgt <strong>–</strong> in Anlehnung an die Grabrede <strong>–</strong> heißt:<br />

„Wie nach Alexanders Tode dessen Generale sich in die eroberten Provinzen theilten, so<br />

theilten nach <strong>Hegels</strong> Tode dessen <strong>Schüler</strong> sich in die große geistige Eroberung s<strong>ein</strong>es Systems,<br />

und pflanzten, wie jene, in gesonderten Heerlagern f<strong>ein</strong>dliche Banner auf.“ 5<br />

Anfänglich taten dies <strong>Hegels</strong> <strong>Schüler</strong> jedoch noch nicht. „Vielmehr fanden sie sich zu <strong>ein</strong>er<br />

gem<strong>ein</strong>samen, gleichsam arbeitsteiligen Pflege des <strong>Hegels</strong>chen Erbes zusammen, wie sie sich<br />

insbesondere schon bei der ersten Gesamtausgabe der Werke <strong>Hegels</strong> bewährte, zu der sich die<br />

,Freunde des Verewigten‘ ver<strong>ein</strong>ten.“ 6<br />

Zu den „Freunden des Verewigten“ zählt man Ludwig Boumann, Friedrich Förster, Eduard<br />

Gans, Karl Hegel, Leopold von Henning, H<strong>ein</strong>rich Gustav Hotho, Philipp Marh<strong>ein</strong>eke, Carl<br />

Ludwig Michelet, Karl Rosenkranz und Johannes Schulze.<br />

[159] Die „f<strong>ein</strong>dlichen Banner“ pflanzte man erst auf, als die „Linke“ <strong>–</strong> wie Lübbe es ausdrückt<br />

<strong>–</strong> „aus der Treue zum Werke <strong>Hegels</strong> sich emanzipiert“ hatte und mit der „Rechten“<br />

zerstritten war.<br />

Die anfangs religionsphilosophisch geführte Diskussion unter den Nachfolgern <strong>Hegels</strong> bezog<br />

in der Folgezeit noch philosophische und politische Themenkreise <strong>ein</strong>, die zu <strong>ein</strong>er zunehmenden<br />

Radikalisierung dieser Aus<strong>ein</strong>andersetzung führte.<br />

5. 2. Die Linkshegelianer<br />

Die erwähnte „Emanzipation“ der Linken deutet bereits auf <strong>ein</strong>en neuen Abschnitt hin.<br />

In s<strong>ein</strong>er Arbeit über „Die Thematik des ,Eigners‘ in der Philosophie <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong>s“ erwähnt<br />

Bernd Kast <strong>ein</strong>e Abhandlung von Richard Wisser, in welcher dieser „,die links-rechts<br />

Schablone‘“ 7 näher betrachtet. Wisser erkennt die Richtungsbestimmung, die er im 19. Jahr-<br />

1 Lübbe, H.: Politische Philosophie. S. 39.<br />

2 Ebd.<br />

3 Ebd.<br />

4 Ebd. (Vgl. Rosenkranz. S. 565.)<br />

5 Ebd. Ebd. S. 40. (Vgl. Kast. S. 1.)<br />

6 Wisser, Richard: Grund-Richtungen des 19. Jahrhunderts in Abkehr von Hegel, in: Alte Fragen und neue Wege<br />

des Denkens. Festschrift für Josef Stallmach. Bonn 1977.<br />

7 Kast, B.: Eigner. S. 14.

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