Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
- No tags were found...
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
Zu diesem Behufe konnte aber nur auf die Vernunft selber zurückgegriffen werden. „Vernunft<br />
muß mit sich ins r<strong>ein</strong>e zu kommen versuchen.“ 1<br />
„Die Neubegründung der Philosophie wird <strong>ein</strong>em Akte kritischer Selbstprüfung der Vernunft<br />
übertragen, wo das Geprüfte, der Prüfer und der Maßstab <strong>ein</strong>s sind. Vernunft wird kritisch.<br />
Die Kritik ... bedeutet im ursprünglichen Wortsinn <strong>ein</strong>e strenge Prüfung und Scheidung des<br />
Rechtmäßigen vom Unrechtmäßigen.“ 2<br />
Das Wort ,Kritik‘ <strong>–</strong> welche Kant zum Programm erhebt <strong>–</strong> taucht in s<strong>ein</strong>en drei Hauptwerken<br />
immer wieder auf.<br />
In <strong>ein</strong>er kl<strong>ein</strong>eren Schrift (‚Prolegomena zu <strong>ein</strong>er jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft<br />
wird auftreten können‘) erläutert Kant die Absicht s<strong>ein</strong>er ‚Kritik der r<strong>ein</strong>en Vernunft‘,<br />
die bei ihrem Ersch<strong>ein</strong>en auf Unverständnis stieß, näher. Demnach bestand der Plan,<br />
sofern man von <strong>ein</strong>em solchen sprechen kann, darin, daß „die Vernunftlehre ... dem fortgeschrittenen<br />
Wissenschaftsparadigma von Physik und Mathematik genügen und auf dem<br />
Wege der Kritik in ihre angestammten Rechte wieder <strong>ein</strong>gesetzt werden“ 3 sollte.<br />
In der ‚Kritik der r<strong>ein</strong>en Vernunft‘ hat Kant den Begriff der Metaphysik geändert und den<br />
der Erkenntnistheorie neu [11] geschaffen. „Metaphysik ist ihm nicht mehr, wie den ,dogmatischen‘<br />
Philosophen, besonders der Wolff-Schule, Wissenschaft vom absoluten, sondern von<br />
den Grenzen der menschlichen Vernunft.“ 4<br />
Die Erkenntnistheorie ist ihm dabei „die ,Grenzpolizei‘ gegen alle Anmaßungen und Grenzüberschreitungen<br />
über das Erfahrbare hinaus, die sich die r<strong>ein</strong>e Vernunft zu Erkenntniszwecken<br />
zuschulde kommen läßt. Denn Erkenntnisse beruhen nach Kant <strong>ein</strong>zig und all<strong>ein</strong><br />
auf Erfahrungen, auf Sinneswahrnehmungen. Die Sinne all<strong>ein</strong> geben uns Kunde von <strong>ein</strong>er<br />
realen Außenwelt. Wenn aber auch unsere sämtliche Erkenntnis mit der Erfahrung anhebt, so<br />
entspringt sie doch nicht vollständig aus der Erfahrung. Sie wird vielmehr geformt durch die<br />
im erkennenden Geiste vor und unabhängig von aller Erfahrung, d. h. apriori, bereitliegenden<br />
Anschauungsformen des Raumes und der Zeit und die Denk- bzw. Verstandesformen der Kategorien,<br />
deren Erforschung von Kant transzendental genannt wird. Freilich geht, nach Kant,<br />
auch die durch Erfahrung gegründete Erkenntnis nicht auf die Dinge an sich, sondern auf deren<br />
Ersch<strong>ein</strong>ungen (Phänomene). R<strong>ein</strong>e Gedankenkonstruktionen hinsichtlich der Dinge an<br />
sich, Noumena aber sind nach Kant erst recht k<strong>ein</strong>e Erkenntnisse. Dies zeigt Kant an der psychologischen,<br />
kosmologischen und theologischen Idee der bisherigen scholastischen, ontologischen,<br />
rationalistischen, damit als dogmatische Sch<strong>ein</strong>wissenschaft entlarvten Metaphysik<br />
und natürlichen Theologie: der Unsterblichkeit der Seele, der Entstehung der Welt, der Existenz<br />
Gottes.“ 5<br />
Dies enthält Kants berühmte ,Kopernikanische Wende‘, bei der er wie folgt argumentiert:<br />
„Die metaphysischen Voraussetzungen des wissenschaftlichen Denkens entstammen allesamt<br />
unserer menschlichen Subjektivität. Nur dann können wir [12] sie als sicheres Wissen und als<br />
gesicherte Rahmenbedingungen empirischer Erkenntnisse in Anspruch nehmen.“ 6<br />
Wo nun die theoretische Erkenntnis an ihre Grenzen stößt, da beginnt das Recht vernünftiger<br />
Praxis. Dieses hat Kant in s<strong>ein</strong>er ‚Kritik der praktischen Vernunft‘ dargelegt. Den Ausgangspunkt<br />
dabei bildet „die unbestreitbare Geltung <strong>ein</strong>es kategorischen Imperativs“ 7 , der bereits<br />
weiter oben erwähnt wurde.<br />
1 Ebd.<br />
2 Ebd. S. 29 f.<br />
3 Ebd. S. 30.<br />
4 Schischkoff, Georgi (Hrsg.): Philosophisches Wörterbuch Stuttgart 1978. S. 347<br />
5 Ebd.<br />
6 Becker, Werner in: Hoerster, N.: Bd. 2; S. 110.<br />
7 Bubner, Rüdiger: Dt. Idealismus. S. 31.